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Gelassenheit durch Malen (Leseprobe)

Inga Buividavice Gelassenheit durch Malen Die Natur mit Wasserfarben entdecken 160 Seiten, Paperback, Euro (D) 20 | Euro (A) 20.70 | CHF 28 ISBN 978-3-03876-286-7 (Midas Collection) Dieses farbenfrohe Aquarellbuch kombiniert diese Aspekte mit den heilenden Kräften der Natur und nimmt uns mit auf eine Reise zu Frieden und Ruhe. Dank der einfach zu befolgenden Anleitungen können auch diejenigen, die keine Malerfahrung haben, mit Leichtigkeit und Freude kreativ werden, indem sie den Illustrationen der Künstlerin Inga Buivadavice folgen, die darauf abzielen, durch Textur und Farbe eine emotionale Verbindung zur natürlichen Welt herzustellen. Entdecken Sie Ihren inneren Künstler - und knüpfen Sie eine neue und kraftvolle Beziehung zur Natur - in diesem beruhigenden Projektbuch, während Sie Ihren Weg zu achtsamem Wohlbefinden aquarellieren.

Inga Buividavice
Gelassenheit durch Malen
Die Natur mit Wasserfarben entdecken

160 Seiten, Paperback, Euro (D) 20 | Euro (A) 20.70 | CHF 28
ISBN 978-3-03876-286-7 (Midas Collection)

Dieses farbenfrohe Aquarellbuch kombiniert diese Aspekte mit den heilenden Kräften der Natur und nimmt uns mit auf eine Reise zu Frieden und Ruhe. Dank der einfach zu befolgenden Anleitungen können auch diejenigen, die keine Malerfahrung haben, mit Leichtigkeit und Freude kreativ werden, indem sie den Illustrationen der Künstlerin Inga Buivadavice folgen, die darauf abzielen, durch Textur und Farbe eine emotionale Verbindung zur natürlichen Welt herzustellen. Entdecken Sie Ihren inneren Künstler - und knüpfen Sie eine neue und kraftvolle Beziehung zur Natur - in diesem beruhigenden Projektbuch, während Sie Ihren Weg zu achtsamem Wohlbefinden aquarellieren.

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<strong>Gelassenheit</strong><br />

Inga Buividavice<br />

<strong>durch</strong> <strong>Malen</strong><br />

DIE NATUR MIT WASSERFARBEN ENTDECKEN<br />

MIDAS


<strong>Gelassenheit</strong><br />

<strong>durch</strong> <strong>Malen</strong><br />

Die Natur mit<br />

Wasserfarben entdecken<br />

Inga Buividavice<br />

MIDAS


Inhalt<br />

006 Einleitung<br />

008 Kann man Natur malen?<br />

012 Ihre kreative Reise<br />

018 Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

PROJEKTE<br />

080 Blätter<br />

100 Blumen<br />

126 Licht<br />

138 Struktur und Symmetrie<br />

146 Abschluss<br />

156 Literatur und Quellen<br />

158 Index<br />

160 Dank


Einleitung<br />

MEINE PERSÖNLICHE REISE<br />

Schon als Kind habe ich mich für Kunst begeistert. Aber als Künstlerin habe ich mich nie<br />

bezeichnet. Denn kreativ zu sein, bedeutete für mich immer harte Arbeit. Und ich habe hart<br />

gearbeitet. Ich habe einen Abschluss als Grafikdesignerin an einer Kunstschule abgelegt,<br />

aber nie aus reiner Freude gezeichnet oder gemalt. Ziemlich komisch: eine Designerin, die<br />

nicht zeichnen kann. Aber immer, wenn ich es ausprobiert habe, klaffte zwischen meinem<br />

Geschmack und meinen Fähigkeiten eine so große Lücke, dass ich von meinen eigenen<br />

Arbeiten immer enttäuscht war. Jahrelang habe ich Nachweise dafür gesucht, dass Kreativität<br />

erlernbar ist, und Bücher und Texte gelesen, die behaupten, dass jeder Mensch malen<br />

lernen kann. Bis zu meinem dreißigsten Lebensjahr habe ich nie einen Pinsel in die Hand<br />

genommen – meine Angst war einfach zu groß. Heute kann ich kaum fassen, wie viel Zeit<br />

ich verschwendet habe, weil ich nicht früher mit dem <strong>Malen</strong> begonnen habe.<br />

Als ich Mutter wurde und im Mutterschutz war, hat sich alles von selbst ergeben. Ich<br />

hatte das Gefühl, etwas für mich selbst tun zu müssen! Für Wasserfarben habe ich mich<br />

entschieden, weil sie so schöne Wirkungen erzeugen, leicht zu säubern sind, wenig Platz<br />

benötigen und schnell trocknen – sie lassen sich ganz einfach in einen ereignisreichen<br />

Alltag integrieren. Mein Problem hat sich also gelöst, weil ich mich mit Begeisterung ans<br />

Werk begeben habe und nicht mit Angst. Daraufhin habe ich einen Kurs nach dem anderen<br />

besucht, unterschiedliche Künstler und ihre Ansätze studiert und jeden Tag gemalt –<br />

manchmal sogar nur 10 Minuten lang. Ich habe aufgehört, jedes Werk kritisch zu betrachten.<br />

Der Prozess wurde für mich wichtiger als das Ergebnis.<br />

Die Welt der Natur ist ausgesprochen attraktiv und inspiriert mich häufig. Als ich anfing,<br />

mich mit ihr zu beschäftigen, suchte ich allzu oft bloß nach einem bestimmten Motiv.<br />

Dann verbrachte ich immer mehr Zeit in der Natur und lernte viel über Pflanzen. Ich habe<br />

sogar Blumen in meinem Garten gepflanzt und mein Zuhause mit Pflanzen dekoriert.<br />

Dabei habe ich gelernt, sehr genau auf die individuellen Eigenschaften unterschiedlicher<br />

Arten zu achten und ihre Farben und ihr Aussehen zu studieren. Diese Art der Konzentration<br />

hat mir Ruhe und Frieden gegeben, Gefühle, die ich in meiner botanischen Kunst<br />

ausdrücke und wiedergebe.


Seit ich meine Werke in sozialen Medien veröffentliche, ist ein kommerzielles<br />

Interesse daran entstanden. Aber immer noch fühle ich mich vor allem dann ganz<br />

in meinem Element, wenn ich an privaten Projekten arbeite. Wasserfarben sind<br />

meine Zuflucht, in der ich in einen Flow geraten und ruhig werden kann. Dieses<br />

wertvolle Gefühl hat mein Leben ungemein bereichert. Mit diesem Buch möchte<br />

ich auch Sie inspirieren, einen Pinsel zur Hand zu nehmen und ruhig zu werden.<br />

Machen Sie das <strong>Malen</strong> zu einem meditativen Ort, an dem es keine Angst vor dem<br />

Scheitern gibt, sondern nur Achtsamkeit und Verbundenheit. Ich möchte mein Wissen<br />

aus dem Kunststudium und aus meiner Arbeit im Bereich Design und Malerei<br />

mit Ihnen teilen. Sie können immer dann darauf zurückgreifen, wenn Sie vor einer<br />

neuen Herausforderung stehen. Doch besonders wichtig ist mir, dass Sie all die<br />

wunderbaren Vorteile des <strong>Malen</strong>s genießen. Erleben Sie das Wohlgefühl, das dabei<br />

entsteht, vor allem, wenn Sie sich auf die Natur in Ihrer Umgebung konzentrieren.


Warum Natur malen?<br />

Urbanisierung und Technologie dominieren unser Leben immer deutlicher.<br />

Wir laufen Gefahr, unsere emotionale Verbindung zur Natur zu<br />

verlieren und sie als selbstverständlich hinzunehmen. Wertschätzung<br />

und Fürsorge für die Natur kommen dabei häufig zu kurz.<br />

Aber wir brauchen die Natur nicht nur zum Überleben. Nachweislich<br />

wirkt sich der Aufenthalt in der Natur positiv auf unsere Stimmung<br />

und unser Wohlbefinden aus. Gartenarbeit ist, genauso wie künstlerische<br />

Tätigkeit, besonders vorteilhaft. Zwar können nicht alle<br />

Menschen einen Garten besitzen, vor allem wenn sie in der Stadt<br />

wohnen, aber einen Farbkasten und einen Pinsel gibt es überall!<br />

9


Sich mit der Natur verbinden<br />

Es genügt nicht, wenn ein Künstler ein persönliches Porträt malen<br />

möchte, bloß die Gesichtszüge seines Modells perfekt zu kopieren,<br />

vielmehr muss er seine Persönlichkeit kennen, um das wahre Wesen<br />

diese Menschen einfangen zu können. Das Gleiche gilt für die Natur:<br />

Sie müssen genau hinschauen, sie berühren und riechen, um ihre<br />

wundervollen Eigenschaften malen zu können.<br />

10 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Als ich mit Wasserfarben zu malen<br />

begann, wählte ich Motive aus der<br />

Natur aus und war ständig auf der<br />

Suche nach Inspiration. Für das Auffinden<br />

neuer Perspektiven auf meinen<br />

Gegenstand bin ich sehr oft nach<br />

draußen gegangen und habe viel über<br />

die Pflanzen im Garten und in meinem<br />

Haus erfahren. Es genügt nicht, die<br />

Natur als Hintergrund wahrzunehmen.<br />

Wenn Sie genau hinschauen, finden Sie<br />

immer wieder neue Aspekte.<br />

Kann man Natur malen?<br />

11


Ihre kreative Reise<br />

Zu Beginn einer kreativen Reise ist der innere Kritiker bei den<br />

meisten Menschen sehr präsent und weist immer wieder auf die<br />

Dinge hin, die schiefgegangen sind. Mein Tipp: Bringen Sie diese<br />

Stimme zum Schweigen, indem Sie sich auf den Prozess konzentrieren.<br />

Allein die Tatsache, dass Sie ein Kunstwerk erschaffen<br />

möchten, zeigt, dass Ihnen Ästhetik wichtig ist und Sie etwas<br />

Schönes herstellen möchten.<br />

Die »Kompetenzlücke« ist der Unterschied zwischen Ihren Fertigkeiten<br />

und der Fähigkeit, das zu tun, was Ihnen Freude bereitet.<br />

Um diese Lücke zu schließen, brauchen Sie Zeit und Übung – Ihre<br />

ersten Arbeiten werden keine Meisterwerke sein. Viele Menschen<br />

geben in diesem Stadium schnell auf, weil sie an ihrem kreativen<br />

Können zweifeln. Das ist ein großer Fehler! Vertrauen Sie auf den<br />

Prozess und hören Sie nicht auf zu üben.<br />

Bis Sie das <strong>Malen</strong> mit Wasserfarben beherrschen und sich der<br />

ersehnte magische Moment einstellt, könnte es eine Weile dauern,<br />

und zu warten, kann frustrieren. Deshalb verrate ich Ihnen<br />

einen Trick, den ich anwende, wenn mein Erfolgserlebnis in weite<br />

Ferne zu rücken scheint: <strong>Malen</strong> Sie etwas ganz Einfaches, das<br />

nicht misslingen kann. So können Sie die Wasserfarben in Kreisen<br />

oder schlichten Formen verlaufen lassen und das Ergebnis genießen.<br />

Damit schaffen Sie nicht nur etwas Schönes, sondern es ist<br />

auch eine gute Übung, die Ihnen den Umgang mit komplexeren<br />

Formen und Ideen näherbringt.<br />

13


PERFEKTE UNVOLLKOMMENHEIT<br />

Nichts ist perfekt. Dennoch sind wir ständig auf der Suche nach Vollkommenheit.<br />

Das ist für einen Künstler nicht nur entmutigend, sondern<br />

führt auch nicht immer zum besten Ergebnis. Dazu möchte ich Ihnen die<br />

folgende Geschichte erzählen:<br />

Ein Zen-Meister hatte einen wunderschönen<br />

Garten, den er sehr liebte und<br />

sorgsam pflegte. Der Meister hatte<br />

einen Lehrling, den er anwies, den<br />

Garten zu pflegen und vollkommen zu<br />

machen. Der Lehrling tat dies mit großer<br />

Präzision, er jätete Unkraut, schnitt das<br />

Gras, beschnitt die Bäume und harkte<br />

den Boden. Der Meister schaute sich<br />

den Garten an und sagte: »Sehr gute<br />

Arbeit, aber es ist noch nicht vollkommen.«<br />

Der Lehrling bemühte sich noch<br />

mehr, alles perfekt zu machen, aber<br />

der Meister sagte immer das Gleiche.<br />

Eines Tages erwiderte der Lehrling: »Ich<br />

gebe auf. Bitte sagen Sie mir, was ich<br />

tun muss, damit der Garten vollkommen<br />

wird.« Der Meister ging zu einem Baum<br />

und schüttelte ihn, bis einige Blätter zu<br />

Boden fielen. »Jetzt ist er vollkommen.«<br />

14 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Allzu perfekte Arbeiten sehen künstlich<br />

und unnatürlich aus. Sie nehmen<br />

der Natur ihre Schönheit, die perfekt<br />

unvollkommen ist.<br />

Unvollkommenheit ist natürlich, ehrlich,<br />

menschlich und einschätzbar. Um<br />

eine Verbindung zu anderen Menschen<br />

aufzubauen, teilen wir unsere Mühen<br />

und Fehler mit ihnen. Daher sollten<br />

wir uns mit diesen Mängeln abfinden,<br />

anstatt das Unmögliche möglich<br />

machen zu wollen.<br />

Der englische<br />

Garten<br />

Zu meinen Lieblingsorten gehören britische<br />

Gärten mit ihrem wilden Charakter.<br />

Hier erkennt man die Hand des Menschen<br />

– Landschaftsgärtner bringen all<br />

ihr Wissen und ihre Kunstfertigkeit auf,<br />

um die Pflanzen anzuordnen und etwas<br />

Schönes zu erschaffen –, aber sie sehen<br />

natürlich und frei aus, ganz als ob alles<br />

rein zufällig so gewachsen sei. Ähnlich<br />

ist es mit Wasserfarben: Man versucht<br />

immer, ein Gleichgewicht zwischen der<br />

frei verlaufenden Farbe und dem eigenen<br />

kreativen Ausdruck zu finden.<br />

IHRE Kreative Reise<br />

15


IHR STIL<br />

Muss ein Künstler einen eigenen Stil haben? Auf diese Frage gibt es,<br />

wie bei den meisten Dingen im Leben, keine richtige Antwort. Nichts<br />

ist nur schwarz oder weiß.<br />

Ein Künstler mit einem eigenen Stil ist<br />

wiedererkennbar und zieht vielleicht<br />

auch eher Aufträge an Land. Aber<br />

wenn Sie zu früh versuchen, einen Stil<br />

zu entwickeln, kann das tödlich für Ihre<br />

Kreativität sein.<br />

Entwickeln Sie Ihren eigenen Stil<br />

schrittweise und vorsichtig und lassen<br />

Sie genug Raum, um Neues auszuprobieren.<br />

Im Übrigen haben Sie überall<br />

im Leben, bei allen Dingen, die Sie entscheiden,<br />

einen »Stil« entwickelt: Ihre<br />

Kleidung, Ihre Deko, die Kunstwerke,<br />

die Sie sich anschauen, und auch Ihr<br />

Charakter – sind Sie ein eher ruhiger<br />

oder aktiver Mensch?<br />

Mögen Sie Muster? Oder finden Sie<br />

gedeckte Farben schöner? Bevorzugen<br />

Sie eine offene Art oder vorsichtiges<br />

Vorgehen?<br />

16 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Ihre Sicht der Dinge<br />

Ihr Stil entwickelt sich genauso wie<br />

Ihr Pinselstrich. Die Kompetenzlücke<br />

schließt sich nur <strong>durch</strong> Übung. Viele<br />

erfolgreiche Künstler haben sich einen<br />

einfachen, naiven oder lockeren Stil<br />

angeeignet, der scheinbar von jedem<br />

imitiert werden kann (stimmt aber<br />

nicht!). Natürlich können Sie diese<br />

Künstler kopieren, aber viel schwieriger<br />

ist es, etwas Eigenes zu produzieren. Ich<br />

habe ein paar Tipps zusammengestellt,<br />

wie Sie Ihren eigenen Stil entwickeln<br />

können.<br />

˚<br />

˚<br />

Verwenden Sie Ihre Lieblingsfarben.<br />

Das macht nicht nur zufrieden, sondern<br />

Sie entwickeln so auch eine<br />

individuelle Farbpalette.<br />

Wiederholen Sie Pinselstriche. Wenn<br />

Sie einen Pinselstrich, also eine<br />

Form oder ein Muster, entdeckt<br />

haben, der Ihnen richtig gut gefällt,<br />

setzen Sie ihn nicht nur einmal ein.<br />

Wiederholen Sie Ihre Entdeckungen<br />

immer und immer wieder.<br />

˚<br />

˚<br />

Lassen Sie Ihre Erfahrungen einfließen.<br />

Ist Ihr Tastsinn besonders<br />

ausgeprägt? Dann konzentrieren<br />

Sie sich in Ihren Bildern auf unterschiedliche<br />

Oberflächen.<br />

Experimentieren Sie und bringen<br />

Sie immer etwas Neues in Ihre<br />

Kunst, um sich selbst zu motivieren<br />

und Ihre Werke zu lieben.<br />

IHRE Kreative Reise<br />

17


Erste Schritte<br />

mit Wasserfarben<br />

Wasserfarben haben einen großen Vorteil: Um mit dem <strong>Malen</strong> loszulegen,<br />

benötigen Sie keine große Ausrüstung. Dennoch werden<br />

Sie sich, wie die meisten Künstler, mit der Zeit wahrscheinlich<br />

einige schöne neue Farben, Pinsel und viele andere Dinge gönnen,<br />

die Sie nicht unbedingt brauchen. Absoluten Anfängern empfehle<br />

ich, mit nur wenigen Dingen zu beginnen und nicht gleich eine<br />

große Ausstattung anzuschaffen. Warum? Als Neuling der Malerei<br />

mit Wasserfarbe müssen Sie erst einmal herausfinden, was Sie<br />

brauchen. Die angesagten Farben sind nicht unbedingt die Farben,<br />

die Sie am meisten mögen werden.<br />

Besitzen Sie einen Schal, der zu fast allen Ihren Kleidungsstücken<br />

passt, oder einen Stift, mit dem Sie sehr gut und schön schreiben<br />

können? Mit künstlerischem Zubehör ist es nicht anders – Meine<br />

Lieblingsfarben gehen mir nie aus. Ihre Pigmentkonzentration ist<br />

immer richtig. Wenn ich mit diesen Farben male, ist das Ergebnis<br />

immer so, wie ich es mir vorstelle. Finden Sie das Zubehör, mit den<br />

Ihnen das <strong>Malen</strong> jeden Tag Spaß macht.<br />

19


MATERIALIEN<br />

Wasserfarben<br />

Es gibt Wasserfarben in Kästen und<br />

Tuben. Wofür Sie sich entscheiden,<br />

hängt von Ihrer Erfahrung ab. Anfängern<br />

empfehle ich, einen Kasten mit<br />

höchstens 12 Näpfchen zu kaufen, der<br />

alle wichtigen Farben enthält. Mit der<br />

Zeit werden Sie feststellen, dass Sie<br />

einige Farben häufiger verwenden als<br />

andere. Wenn Sie beginnen, Ihre eigene<br />

Farbpalette zusammenstellen, fängt<br />

es an, Spaß zu machen. Kaufen Sie<br />

einzelne Farben, aus denen eine persönliche<br />

Farbpalette entsteht, die Ihren<br />

Geschmack widerspiegelt und Ihren Stil<br />

unterstützt.<br />

Ich bevorzuge Tubenfarben, weil Tuben<br />

mehr Farbe enthalten. Ich kaufe einzelne<br />

Tuben, quetsche die Farben auf<br />

eine Kunststoffpalette (die dann völlig<br />

mit Farbe bedeckt ist) und lasse sie<br />

über Nacht trocknen. Auf die Rückseite<br />

der Palette schreibe ich die Namen<br />

und Marken der Farben, um sie beim<br />

Nachkauf parat zu haben. Sie sollten<br />

sich nicht auf bestimmte Marken festlegen,<br />

sondern die Farben kaufen, die<br />

Sie bekommen können. Professionelle<br />

Wasserfarben haben mehr Sättigung als<br />

der Schul-Wasserkasten und blassen<br />

nicht im Verlauf der Zeit aus. Falls Sie<br />

eine Farbe gekauft haben, die Ihnen<br />

nicht gefällt, oder einen Farbrest haben,<br />

nutzen Sie diese für Pinselübungen und<br />

Ausdrucksweisen, bei denen die Farbe<br />

keine Rolle spielt.<br />

20 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Beim <strong>Malen</strong> mit Wasserfarbe benötigen Sie immer zwei Wasserbehälter<br />

– einen zum Abspülen der warmen Farben (Rot, Orange,<br />

Gelb) vom Pinsel und den anderen für die kalten Farben (Blau,<br />

Grün, Violett). So müssen Sie das Wasser nicht so häufig wechseln.<br />

In diesem Buch habe ich angegeben, welche Farben ich für<br />

die einzelnen Übungen verwendet habe. Aber natürlich können<br />

Sie andere ähnliche oder sogar vollständig andere Farben<br />

und Farbtöne verwenden. Die kreative Freiheit ist wichtig. Der<br />

Künstler reproduziert nie genau das, was er sieht – daher ist<br />

Ihre Farbwahl genauso passend wie meine!<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

21


Pinsel<br />

Pinsel gibt es in unterschiedlichen<br />

Größen und mit verschiedenen Haaren.<br />

Jeder Pinsel erzeugt ein anderes Bild –<br />

probieren Sie es einfach aus. Als Anfän­<br />

ger sollten Sie Rundpinsel guter Qualität<br />

in wenigen unterschiedlichen Größen<br />

verwenden und Ihre Sammlung langsam<br />

<strong>durch</strong> andere Pinselarten erweitern.<br />

Nummerierung von Pinseln<br />

Die Nummerierungen und Größen<br />

von Pinseln sind von Hersteller zu<br />

Hersteller unterschiedlich. Wenn Sie<br />

daher nicht mit dem System einer<br />

bestimmten Marke vertraut sind,<br />

wird der Vergleich oder der Kauf von<br />

Pinseln im Internet schwierig. Aber<br />

es ist leider noch komplizierter: Auch<br />

unterschiedliche Pinselarten des gleichen<br />

Herstellers können unterschiedliche<br />

Nummern haben. Rundpinsel<br />

haben zum Beispiel meist die Nummer<br />

000, 00, 0, 1, 2, 3, 4, 5 ... 30. Nr. 000 ist<br />

der dünnste und 30 der dickste Pinsel.<br />

In diesem System ist Nr. 4 recht dünn.<br />

Mop-Pinsel werden in der Regel von<br />

000 bis 12 nummeriert, Pinsel Nr. 4 ist<br />

dann also recht dick. Einige Pinselgrö­<br />

ßen werden in Zoll angegeben, der Wert<br />

bezieht sich auf die Borstenbreite: zum<br />

Beispiel ¹⁄8 Zoll, ¼ Zoll, ¾ Zoll usw.<br />

Damit die Verwirrung nicht allzu groß<br />

wird, sollten Sie Ihr erstes Pinselset in<br />

einem Künstlerfachgeschäft kaufen.<br />

Sobald Sie das Nummerierungssystem<br />

einer bestimmten Marke besser kennen,<br />

wird es einfacher, die Größe auch beim<br />

Online-Einkauf einzuschätzen. Welchen<br />

dicksten Pinsel Sie benötigen, hängt<br />

davon ab, wie groß Ihr Bild werden soll<br />

(und natürlich von Ihrem Budget). Daher<br />

kaufe ich gern Pinselsätze anstelle<br />

einzelner Pinsel, da sie in der Regel alle<br />

Größen beinhalten, die man für Bilder im<br />

A4- oder A3-Format braucht.<br />

RUNDPINSEL<br />

SCHWERTPINSEL<br />

FLACHPINSEL<br />

OVALER PINSEL<br />

OVALER MOP-PINSEL


LINIERER<br />

Formen, Namen und<br />

Anwendungen<br />

Pinsel können aus Naturhaar, meist<br />

Zobel- oder Eichhornhaar, oder synthetisch<br />

gefertigt sein. Naturhaarpinsel<br />

sind weicher als Synthetikpinsel,<br />

nehmen mehr Wasser auf und können<br />

recht teuer sein. Synthetikpinsel sind<br />

fester. Damit eignen sie sich sehr gut<br />

zum <strong>Malen</strong> von Blumen, da sie die<br />

Form beibehalten und einen definierteren<br />

Pinselstrich ermöglichen. Es<br />

gibt viele hochwertige Ausführungen.<br />

Schauen wir uns einige Pinsel und ihre<br />

Anwendungen etwas näher an.<br />

RUNDPINSEL<br />

Ein runder Pinsel gehört zur Grundausstattung<br />

jeden Künstlers. Die<br />

Spitze kann stumpf oder spitz sein,<br />

und Sie können damit dünne und<br />

dicke Linien sowie zahlreiche unterschiedliche<br />

Pinselstriche malen. Er ist<br />

ideal, um lockere, gestenreiche Blumen<br />

zu malen, kann aber auch detailreiche,<br />

realistische Bilder erzeugen.<br />

SCHWERTPINSEL<br />

Die Haare dieses Pinsels sind im<br />

Winkel geschnitten, sodass Sie lange,<br />

spitze Blätter oder Grashalme damit<br />

malen können. Auch lassen sich Striche<br />

in einheitlicher Form und Größe<br />

damit malen, wenn Sie in Ihrem Bild<br />

zum Beispiel eine rhythmische Wiederholung<br />

einfügen möchten.<br />

MOP-PINSEL<br />

Ein Mop-Pinsel erfordert ein wenig Übung<br />

und eignet sich eher für fortgeschrittenere<br />

Künstler, ist aber ein wunderbares<br />

Zubehör zum <strong>Malen</strong> mit Wasserfarben.<br />

Seine weichen Borsten bewahren ihre<br />

scharfe Spitzenform und nehmen viel<br />

Wasser auf. Sie können damit zahlreiche<br />

unterschiedliche dünne und dicke Linien<br />

malen, zum Beispiel für Blätter oder Blüten,<br />

aber auch große Flächen ausfüllen.<br />

FILBERTPINSEL<br />

Ein Filbertpinsel ist flach und hat eine<br />

abgerundete Spitze. Er gehört nicht zu<br />

den Wasserfarbenpinseln, ist aber bei<br />

denjenigen, die gerne florale Motive<br />

malen, aufgrund seiner runden Form und<br />

des weichen, blütenähnlichen Pinselstrichs<br />

sehr beliebt. Mit der flachen Seite<br />

erzeugen Sie einen breiten Strich, mit der<br />

Seite eine runde, eher dünne Linie.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

23


OVALER MOP-PINSEL<br />

Dieser Pinsel hat eine ovale Form und<br />

nimmt viel Wasser auf. Er eignet sich<br />

zum <strong>Malen</strong> großer Flächen, zum Beispiel<br />

Himmel oder Wolken. Außerdem male<br />

ich mit diesem Pinsel gern abstrakte,<br />

runde Blumen.<br />

LINIERER ODER SCHLEPPERPINSEL<br />

Mit diesem Pinsel malen Sie kleine<br />

Details und lange, dünne Linien. Er hat<br />

lange Haare, mit denen Sie zum Beispiel<br />

sehr gut die Adern von Blättern malen<br />

können. Eine gute Ergänzung zu Ihrer<br />

Sammlung an »Blumenpinseln«, außerdem<br />

müssen Sie ihn nur selten in die<br />

Farbe tauchen.<br />

OVALER PINSEL ODER KATZENZUNGE<br />

Ein flacher Pinsel mit einer mittigen,<br />

dünnen Spitze, der sich gut zum Ausfüllen<br />

großer Flächen, aber auch zum<br />

<strong>Malen</strong> von Tropfenformen eignet. Er<br />

kann viele unterschiedliche dünne und<br />

dicke Linien erzeugen, sodass Sie damit<br />

zum Beispiel Rosen oder auch Blätter<br />

malen können.<br />

FLACHPINSEL<br />

Ein flacher Pinsel mit geraden, harten<br />

Haaren oder Borsten zum <strong>Malen</strong> von<br />

Flächen und dekorativen Linien. Mit dem<br />

in der Regel sehr akkuraten Pinselstrich<br />

lassen sich gut Muster malen. Dank<br />

der harten Borsten können Sie schöne<br />

Lifting-Effekte erzielen (siehe Seite 33).<br />

FILBERTPINSEL<br />

Jeder Künstler entwickelt eigene<br />

Anwendungsbereiche für die einzelnen<br />

Pinselarten. Keine Sorge also, wenn Sie<br />

den Pinsel anders einsetzen als vom<br />

Hersteller empfohlen. Probieren Sie alle<br />

möglichen und unmöglichen Pinselstriche<br />

aus, die Ihnen einfallen.<br />

Bitte pflegen Sie Ihre Pinsel sehr sorgfältig.<br />

Reinigen Sie sie nach dem <strong>Malen</strong><br />

unter fließendem Wasser oder sogar<br />

mit Seife, falls sich die Farbe nicht löst.<br />

Wischen Sie den sauberen Pinsel mit<br />

einem Tuch oder Papiertuch trocken<br />

und bringen Sie ihn mit den Fingern wieder<br />

in Form. Bewahren Sie Pinsel immer<br />

mit den Haaren nach oben auf.<br />

MOP-PINSEL<br />

24 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Mit Druck arbeiten<br />

Sie lernen Ihren Pinsel am besten kennen,<br />

indem Sie eine Druckübung <strong>durch</strong>führen.<br />

1. Tauchen Sie den Pinsel in halbfeuchte<br />

Farbe und zeichnen Sie nur<br />

mit der Pinselspitze eine Linie. Üben<br />

Sie dabei so wenig Druck wie möglich<br />

aus. Zeichnen Sie weitere Linien und<br />

erhöhen Sie den Druck mit jeder Linie,<br />

bis Sie die breiteste Linie gemalt<br />

haben, die mit dem Pinsel möglich ist.<br />

2. Nun malen Sie eine weitere Linie,<br />

erhöhen Sie den Druck schrittweise<br />

im Verlauf der Linie. <strong>Malen</strong> Sie bei<br />

viel Druck mit dem Pinselbauch, bei<br />

weniger Druck nur mit der Spitze.<br />

3. Wiederholen Sie diese Übung mit<br />

wellenförmigen Linien. So lernen<br />

Sie, wie Sie <strong>durch</strong> den Pinseldruck<br />

lockere, gestisch-expressive Blumenmotive<br />

malen.<br />

Papier<br />

Auf hochwertigem Baumwollpapier für<br />

Künstler wird Ihr Bild deutlich schöner.<br />

Zum Üben genügt einfaches Papier,<br />

aber auf kostengünstigem Papier können<br />

Details verloren gehen, und die<br />

Farben sehen häufig trübe aus.<br />

Es gibt kalt- und heißgepresstes<br />

Papier. Kaltgepresstes Papier ist texturierter,<br />

und es lässt sich ein wenig<br />

einfacher darauf malen. Es trocknet<br />

langsamer, wo<strong>durch</strong> sich das Pigment<br />

länger verteilen kann. Heißgepresstes<br />

Papier ist weicher, und ich mag es<br />

nicht so sehr.<br />

Das optimale Papiergewicht liegt bei<br />

300 g. Ein solches Papier nimmt viel<br />

Wasser auf, ohne zu wellen, ist aber<br />

nicht zu dick.<br />

Sie können Papierblöcke, Skizzenbücher<br />

und lose Blätter kaufen.<br />

Ich kaufe gerne große Blätter und<br />

schneide sie in kleinere Stücke. Das<br />

ist preiswerter und ich kann selbst<br />

entscheiden, welche Größe zu meinem<br />

Projekt passt.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

25


Weitere Hilfsmittel<br />

Investieren Sie in einige weitere Hilfsmittel, die für Sie<br />

nützlich sein können.<br />

Bleistifte und Radiergummi sollten<br />

Sie immer zur Hand haben.<br />

Mit Kreppband oder Klebeband für<br />

Künstler können Sie das Papier an<br />

einer Unterlage befestigen oder für<br />

einen sauberen Rahmen um das Bild<br />

sorgen.<br />

Abdeckflüssigkeit ist eine Art Kleber,<br />

den Sie auf Bereiche auftragen, auf die<br />

keine Farbe gelangen soll. Lassen Sie<br />

die Flüssigkeit vollständig trocknen und<br />

tragen Sie die Farbe auf. Wenn die Farbe<br />

vollständig getrocknet ist, können Sie<br />

die Flüssigkeit mit einem harten Radiergummi<br />

ablösen.<br />

Zum Auftragen der Abdeckflüssigkeit<br />

können Sie ein spezielles Werkzeug mit<br />

Silikonkopf kaufen oder einen sehr alten<br />

Pinsel verwenden. Nutzen Sie nie einen<br />

hochwertigen Pinsel, die Abdeckflüssigkeit<br />

kann ihn ruinieren.<br />

26 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Mischpaletten sind Flächen,<br />

auf denen Sie den idealen<br />

Farbton mischen können. Entscheiden<br />

Sie sich auf jeden<br />

Fall für eine Porzellanpalette,<br />

damit die Farbe nicht klumpt,<br />

wenn kleine Tropfen oder<br />

Partikel trocknen. Verklumpte<br />

Farbe lässt sich nur sehr<br />

schwer mischen.<br />

Manchmal mische ich Wasserfarbe<br />

auch mit anderen Medien,<br />

die die Farbe für mein Gefühl<br />

anreichern. Mit Gouache oder<br />

einem Posca-Stift (0,7 mm)<br />

zeichne ich weiße Hervorhebungen<br />

auf dunkle Farbe. Im Verlauf<br />

der Jahre habe ich viele unterschiedliche<br />

Gelstifte ausprobiert,<br />

aber der Posca-Stift ist der Einzige,<br />

der nicht unsichtbar wird.<br />

Gouache ist eine Wasserfarbe, aber viel<br />

deckender. Sie können sie wie gewohnt<br />

mit Wasser und anderen Wasserfarben<br />

mischen oder als dickere Schicht über<br />

die Wasserfarbe auftragen. Hierzu müssen<br />

Sie nicht unbedingt Weiß, sondern<br />

können auch andere Farbtöne verwenden.<br />

Meist male ich mit gelbem Ocker<br />

und Fleischfarbe als Alternative zu Weiß.<br />

Bleistift, Farbstifte, Pastellstifte in sanften Farben, Tintenstifte<br />

... es gibt unglaublich viele Medien, die Sie über oder mit<br />

Wasserfarben verwenden können. Jede Besonderheit wird Ihr Bild<br />

aufwerten und seinen erstaunlichen Reiz ausmachen.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

27


Techniken<br />

Techniken sind wie Musiknoten: Wenn Sie sie einmal verstanden<br />

haben, können Sie mit den Noten jedes Lied spielen oder singen und<br />

mit den Wasserfarben alle Ihre Ideen einfach zu Papier bringen.<br />

Wasserfarben sind wasserbasiert; Sie<br />

brauchen daher zum <strong>Malen</strong> viel Wasser.<br />

Wie viel Wasser Sie letztendlich benötigen,<br />

müssen Sie ausprobieren. Doch<br />

nach einigen Übungen werden Sie den<br />

Dreh recht schnell raushaben.<br />

Ein paar grundlegende Techniken<br />

sollten Sie jedoch kennen: Nass auf<br />

Trocken und Nass in Nass. Für Ihre<br />

Bilder werden Sie sehr wahrscheinlich<br />

eine Kombination dieser Methoden<br />

verwenden.<br />

28 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Nass auf Trocken<br />

Halbfeuchte Farbe<br />

Mit leicht angetrocknetem Pinsel<br />

aufgetragene Farbe<br />

Bei der Nass-auf-Trocken-Technik wird<br />

nasse Farbe auf eine trockene Oberfläche<br />

aufgebracht. Dazu können Sie<br />

die nasse Farbe direkt auf das Papier<br />

oder auf ein bereits getrocknetes Bild<br />

auftragen. Nass auf Trocken bezeichnet<br />

in der Regel jede Malerei, bei der Farbe<br />

mit einem Pinsel auf eine trockene<br />

Oberfläche aufgebracht wird. Bei dieser<br />

Methode haben Sie viel Kontrolle über<br />

Ihr Motiv und können bequem mehrere<br />

Farbschichten auftragen.<br />

Mit sehr trockenem Pinsel<br />

aufgetragene Farbe


Nass in Nass<br />

Bei der Nass-in-Nass-Technik wird<br />

nasse Farbe auf ein feuchtes Blatt<br />

Papier oder auf einen noch nassen<br />

Farbbereich aufgebracht. Auch<br />

können Sie zwei nasse Farbbereiche,<br />

die sich berühren, ineinander<br />

verlaufen lassen. Das Ergebnis ist ein<br />

weiches Bild mit natürlichem Farbverlauf.<br />

Sie haben wenig Kontrolle über<br />

die Farbe. Welches Bild entsteht, ist<br />

ebenfalls ziemlich schwer vorhersehbar.<br />

Die Methode macht zudem viel Spaß,<br />

weil man zusehen kann, wie die Farbe<br />

verläuft.<br />

Unmittelbar auf einen nassen<br />

Kreis aufgetragene Farbe<br />

Kurz nach dem<br />

Antrocknen des Kreises<br />

aufgetragene Farbe<br />

Auf den leicht feuchten<br />

Kreis aufgetragene Farbe<br />

Zuerst befeuchten Sie das Papier mit<br />

einer regelmäßigen Schicht sauberen<br />

Wassers. Danach tauchen Sie den<br />

Pinsel in die Farbe und malen auf<br />

dem nassen Bereich. Schauen Sie zu,<br />

wie die Farbe verläuft. Das Ergebnis<br />

hängt vom Farbe-Wasser-Verhältnis<br />

und von der Trockenzeit ab. Aus<br />

diesem Grund ist es wichtig, dass Sie<br />

viel experimentieren. Dazu testen Sie<br />

unterschiedliche Mengen Wasser und<br />

Farben unterschiedlicher Konsistenz.<br />

Tragen Sie die Farbe direkt auf dem<br />

Papier auf oder warten Sie, bis es leicht<br />

angetrocknet ist. Bei jedem Versuch<br />

entsteht ein anderes Bild.<br />

30<br />

<strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Wiederholen Sie Ihr Experiment mit<br />

anderen Farben. Befeuchten Sie das<br />

Papier zuerst mit einer Farbe und<br />

fügen dann eine andere Farbe hinzu.<br />

Sie werden feststellen, dass sich intensive<br />

und vor allem komplementäre<br />

Farben nicht so gut mit helleren Tönen<br />

mischen.<br />

Punkte auf<br />

einer nassen<br />

Oberfläche<br />

Zwei Farben treffen<br />

auf einer nassen<br />

Oberfläche zusammen<br />

direkt nach 1 Minute nach 2 Minuten nach 3 Minuten<br />

Befeuchten Sie das Papier und warten Sie 1 Minute (Sie können<br />

einen Timer einstellen). Tragen Sie die Farbe auf und sehen Sie<br />

zu, wie sie verläuft. Wiederholen Sie dies mit einer Wartezeit<br />

von 2 Minuten. Und so weiter. Notieren Sie sich die Wartezeiten<br />

neben dem Testergebnis, um später erkennen zu können, wie sich<br />

die Farbe nach einer bestimmten Zeit verhält. Achten Sie auf<br />

den Unterschied bei fast einer trockenen im Vergleich zu einer<br />

sehr nassen Oberfläche.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

31


effeKTE<br />

Lasieren<br />

Das Lasieren lässt sich am besten mit<br />

mehreren übereinandergelegten Glasstücken<br />

vergleichen. Mit jeder Schicht<br />

der gleichen Farbe wird der Farbton<br />

dunkler. Wenn Sie unterschiedliche<br />

Farben übereinanderlegen, entsteht –<br />

ähnlich wie beim Mischen von Farben<br />

auf einer Palette – eine neue Farbe.<br />

Wenn also Ihre Farbe nach dem Trocknen<br />

heller als erwartet ist, tragen Sie<br />

einfach eine weitere Schicht der gleichen<br />

Farbe auf.<br />

Lavieren (Verwaschtechnik)<br />

Beim Lavieren malen Sie zuerst Nass auf Trocken. Danach spülen Sie den<br />

Pinsel sorgfältig aus, tauchen ihn in sauberes Wasser und ziehen ihn von<br />

oben nach unten über die immer noch nasse Farbe. So entsteht ein hübscher,<br />

weicher Übergang.<br />

32 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Lifting (Anheben)<br />

Mit dieser auch als Weichzeichnen<br />

bekannten Technik können Sie hellere<br />

und weichere Bereiche auf dem Bild<br />

erzeugen. Dazu nehmen Sie mit einem<br />

feuchten Pinsel einen Teil der noch<br />

nassen Farbe auf. Trocknen Sie den<br />

sauberen Pinsel mit einem Papiertuch<br />

ab, damit er noch feucht, aber nicht<br />

mehr allzu nass ist. Dann nehmen Sie<br />

an der Stelle Farbe auf, die Sie hervor­<br />

heben möchten. Eventuell müssen Sie<br />

diesen Schritt mehrmals wiederholen, da<br />

die Farben gern wieder in den hervorgehobenen<br />

Bereich läuft. Aber mit ein<br />

wenig Geduld können Sie einen schönen,<br />

weichen Effekt erzeugen. Je trockener<br />

Sie auf das Papier malen, desto mehr<br />

Pigment können Sie anheben bzw. entfernen.<br />

Daher sollten Sie immer ein wenig<br />

warten, bis Sie mit dem Lifting beginnen.<br />

Einen bestimmten Bereich anheben<br />

Den gesamten bemalten Bereich anheben<br />

Anstelle des Pinsels können Sie auch<br />

ein Tuch verwenden – tupfen Sie einfach<br />

mit einem trockenen Tuch auf die<br />

nasse Farbschicht. Ist die Farbe noch<br />

ganz frisch und nass, können Sie sie<br />

vollständig entfernen. So lassen sich<br />

auch wunderbar Fehler oder ungewollte<br />

Spritzer entfernen. Aber beachten Sie,<br />

dass ein Tuch im Vergleich zu einem<br />

hochwertigen Pinsel eine sehr scharfe<br />

Kante hinterlassen kann.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

33


Blumenkohl-Effekt<br />

Der Blumenkohl-Effekt wird mit einem<br />

Überschuss an Wasser erzeugt und<br />

verleiht dem Bild eine schöne Oberfläche.<br />

Diesen Effekt streben Künstler<br />

in der Regel entweder sehr bewusst<br />

an oder sie wollen ihn unbedingt<br />

vermeiden. Im Allgemeinen ist dieser<br />

junge Trend recht beliebt, denn er<br />

erzeugt viel Spannung im Bild – eine<br />

wirklich unvorhersehbare Methode.<br />

Bestenfalls entsteht der Effekt als ein<br />

geglückter Zufall. Aber sie können ihn<br />

auch bewusst erzeugen, indem Sie viel<br />

Wasser auf eine sehr dicke Farbschicht<br />

auftragen. Sie können das Wasser in die<br />

Farbe tropfen lassen oder <strong>durch</strong> Streichen<br />

einen Farbverlauf erstellen.<br />

34 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

35


Das Zusammenspiel<br />

der Pigmente<br />

Experimentieren Sie mit unterschiedlichen Effekten der Wasserfarbenmalerei<br />

– natürlich müssen Sie alle erst einmal ausprobieren.<br />

Eine einfache Übung, mit der Sie das<br />

Zusammenspiel der Pigmente gut kennenlernen,<br />

ist das <strong>Malen</strong> von Kreisen. Es<br />

hat eine sehr therapeutische Wirkung,<br />

verkörpert der Kreis an sich bereits<br />

reine Harmonie.<br />

Wenden Sie alle Techniken aus den<br />

vorherigen Kapiteln an. Aus den Kreisen<br />

können Sie sogar Planeten machen,<br />

indem Sie einfach ein paar Details<br />

hinzufügen.<br />

Probieren Sie alle Möglichkeiten der<br />

Nass-in-Nass-Technik aus und erkunden<br />

Sie unterschiedliche Farbe-Wasser-Verhältnisse<br />

und Trockenzeiten. Sie denken,<br />

Sie wissen intuitiv, wie viel Wasser<br />

Sie nehmen oder wie lange Sie die Farbe<br />

trocknen lassen müssen, bevor Sie eine<br />

neue Farbe auftragen können? Falsch!<br />

Dieses Wissen erwerben Sie nur, indem<br />

Sie malen und <strong>durch</strong> Übungen wie diese,<br />

die Sie immer und immer wiederholen.<br />

36 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Das Schönste am <strong>Malen</strong> sind glückliche Zufälle! Vielleicht<br />

haben Sie zu viel Wasser aufgetragen, damit aber einen schönen<br />

Effekt erzielt. Oder Sie haben die nächste Farbschicht zu früh<br />

auf die noch zu nasse vorherige Schicht aufgetragen und<br />

damit eine sehr interessante Textur geschaffen. Aus manchem<br />

»Unfall« wird eine Technik, mit der Sie Ihren individuellen<br />

Stil vervollkommnen können.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

37


Farbe<br />

Wir sind uns einig darin, dass Farbe das wichtigste Element<br />

eines Kunstwerkes ist. Sie transportiert Stimmungen und<br />

Gefühle schneller als jede Form und jedes Wort.<br />

Im Verlauf der Jahrhunderte wurden<br />

viele komplizierte Farbtheorien entwickelt.<br />

Geht es aber darum, wann<br />

welche Farbe eingesetzt wird, entscheiden<br />

wir nach Geschmack oder<br />

Vorliebe. Mit Farben kann der Künstler<br />

ein Statement abgeben. Setzt er<br />

sie aber nicht mit größter Sorgfalt<br />

ein, können sie das Bild auch kaputt<br />

machen.<br />

Eine der schönsten Eigenschaften von<br />

Wasserfarben ist, dass sie auf dem<br />

Papier verlaufen und sich mischen,<br />

wo<strong>durch</strong> wundervolle Formen entstehen.<br />

In diesem Kapitel schauen wir<br />

uns die Grundlagen von Farben an und<br />

überlegen, wie Sie Farben optimal einsetzen<br />

können.<br />

38 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Wasserfarbe und Weiß<br />

Beim <strong>Malen</strong> mit Wasserfarbe ist eigentlich nur das Papier weiß. Wenn Sie den Ton<br />

einer anderen Farbe verändern möchten, fügen Sie mehr Wasser hinzu. Diese Technik<br />

müssen Sie unbedingt üben – am besten, indem Sie viel experimentieren. Sie<br />

werden überrascht sein, wie viel Wasser Sie brauchen, um eine Farbe aufzuhellen.<br />

Bringen Sie eine sehr dicke Schicht<br />

einer beliebigen Farbe auf Ihre Palette<br />

auf. <strong>Malen</strong> Sie aus dieser Farbe einen<br />

Pinselstrich auf das Papier: So sieht<br />

der natürliche Zustand der Farbe aus.<br />

Fügen Sie nun auf der Palette etwas<br />

Wasser hinzu und malen Sie erneut<br />

einen Strich auf das Papier. Fügen Sie<br />

der Farbe nach und nach immer mehr<br />

Wasser hinzu und beobachten Sie, wie<br />

sie immer heller wird. Wenn sich die<br />

Farbe <strong>durch</strong> Hinzufügen von Wasser<br />

nicht weiter aufhellt, waschen Sie den<br />

Pinsel ein wenig aus und malen Sie<br />

mit dem übrigen Pigment einen Strich<br />

auf das Papier. Wiederholen Sie diesen<br />

Schritt, bis Sie fast nur noch mit Wasser<br />

und einem Hauch Farbe malen.<br />

Beim <strong>Malen</strong> empfiehlt es sich, die gesamte Farbpalette zu nutzen, die Sie<br />

mithilfe von Wasser erstellen können. Legen Sie sich nicht auf die mittleren<br />

Farbtöne – also auf die Farben, die nicht zu dunkel oder zu hell sind – fest.<br />

Viele Wasserfarbkästen enthalten weiße Farbe. Aber wenn Sie<br />

eine Farbe mit Weiß mischen, bekommt sie eine schwerfällige<br />

Textur und wirkt eher kalkig. Weiße Farbe sorgt dafür, dass<br />

die Wasserfarbe ihre natürliche Transparenz verliert.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

39


Farben mischen<br />

Das Farbrad ist ein tolles Hilfsmittel,<br />

wenn Sie Farben mischen oder Farbharmonien<br />

finden möchten. Gelb, Rot<br />

und Blau sind die Primär- oder Grundfarben.<br />

Theoretisch können Sie <strong>durch</strong><br />

Kombinieren dieser Farben alle Farben<br />

herstellen. Tatsächlich ist das aber gar<br />

nicht so einfach; viele Farbtöne wie<br />

Türkis, Gold oder Magenta lassen sich<br />

nämlich nur schwer zusammenmischen<br />

(und das ist auch, ehrlich gesagt, nicht<br />

der Mühe wert).<br />

Primärfarben<br />

Primär- und Sekundärfarben<br />

Wenn Sie zwei Primärfarben mischen,<br />

entsteht eine Sekundärfarbe. Sekundärfarben<br />

sind Orange (Gelb + Rot),<br />

Violett (Rot + Blau) und Grün (Blau +<br />

Gelb). Beim Mischen von Primär- mit<br />

Sekundärfarben entstehen Tertiärfarben.<br />

Mischen Sie Farben, die auf dem Farbrad<br />

nebeneinander liegen, entstehen<br />

ganz unterschiedliche Farbtöne. Die<br />

Mischung aller drei Primärfarben in<br />

gleichem Verhältnis ergibt eine sehr<br />

dunkle, fast schwarze Farbe, da sich<br />

die Farben neutralisieren.<br />

40 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Je mehr Farben Sie mischen, desto matter wird der Farbton.<br />

Daher sollten Sie maximal drei Pigmente kombinieren – zwei<br />

sind optimal. Wenn Sie nur wenige Farben kombinieren,<br />

werden die Farben satter. Diese Sättigung ist beim <strong>Malen</strong><br />

mit Wasserfarben wichtig, weil Wasserfarben in der Regel<br />

recht matt werden, wenn sie trocknen.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

41


Zarte Farbtöne<br />

Wenn Sie dezentere Farbtöne ausprobieren<br />

möchten, fügen Sie einer Farbe<br />

schrittweise ein paar Tropfen von einer<br />

anderen Farbe hinzu. Beginnen Sie<br />

dabei immer mit der helleren Farbe und<br />

reichern Sie sie nach und nach mit der<br />

dunkleren an. Auf diese Weise werden<br />

Sie viele neue und großartige Farben<br />

entdecken.<br />

Neapelgelb<br />

Scharlachrot<br />

Farben neutralisieren<br />

Möchten Sie eine weniger satte Farbe<br />

erzielen, dann fügen Sie eine Komplementärfarbe<br />

hinzu (siehe Seite 45). Hier<br />

können Sie sehen, was passiert, wenn<br />

Sie der Farbe Pink nach und nach Grün<br />

beimischen. Je mehr Grün hinzukommt,<br />

desto mehr verliert das Pink seine Sättigung<br />

(Intensität), bis es schließlich ein<br />

sehr staubiges Pink ist.<br />

42 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Warme und kalte Farben<br />

Farben können warm oder kalt sein.<br />

Für eine gute Farbharmonie sollten<br />

warme und kalte Farben im Bild in<br />

einem ausgeglichenen Verhältnis stehen.<br />

Bilder in wärmeren und kälteren<br />

Farben erzeugen unterschiedliche<br />

Emotionen. Doch zunächst sollten Sie<br />

wissen, wie Sie warme und kalte Farben<br />

unterscheiden können. Farben,<br />

die an Feuer erinnern – Gelb, Orange,<br />

Rot –, sind warme Farben, während<br />

Farben, die mit dem Kosmos assozi­<br />

iert werden – Violett, Blau, Smaragdgrün<br />

–, zu den kalten Farben gehören.<br />

Grün kann sowohl warm als auch kalt<br />

sein, je nachdem, wie viel Blaupigment<br />

es enthält. Am einfachsten stellen Sie<br />

fest, ob eine Farbe kalt oder warm ist,<br />

wenn Sie sie anschauen und überlegen,<br />

wie Sie sich dabei fühlen. Die<br />

Begriffe »warm« und »kalt« sind dabei<br />

nur relativ, da jede einzelne Farbe<br />

kältere und wärmere Töne hat.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

43


Farbharmonien<br />

Werfen wir noch einen kurzen Blick auf einige Farbharmonien. Dazu stelle<br />

ich Ihnen meine Favoriten vor, die auch häufig in der Natur anzutreffen sind.<br />

Analoge Farben<br />

Analoge Farben liegen auf dem Farbrad<br />

nebeneinander. Sie bestehen aus ähnlichen<br />

Pigmenten und passen immer<br />

gut zusammen. In der Natur erzeugen<br />

analoge Farben häufig ein angenehmes<br />

Gefühl – denken Sie nur an gelbes,<br />

oranges und rotes Herbstlaub oder einen<br />

leuchtenden Sonnenuntergangshimmel<br />

in Blau, Violett und Pink. Ein Bild in analogen<br />

Farben wirkt immer sehr harmonisch.<br />

44 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Komplementärfarben<br />

Komplementärfarben liegen einander<br />

gegenüber auf dem Farbrad. Sie<br />

kontrastieren und scheinen zu leuchten,<br />

wenn Sie nebeneinander verwendet<br />

werden. In der Natur finden sich viele<br />

Komplementärfarben, zum Beispiel ein grüner<br />

Strauch mit roten Beeren, violette und gelbe<br />

Stiefmütterchen oder das bunte Federkleid<br />

eines tropischen Vogels.<br />

Auf einem Bild wirken zwei Komplementärfarben<br />

nicht automatisch harmonisch.<br />

Harmonie entsteht, wenn eine<br />

Farbe einen kleinen Teil der anderen<br />

Farbe enthält. Fügen Sie Rot zum Beispiel<br />

ein klein wenig Grün hinzu, wird<br />

Rot zwar etwas neutralisiert, passt<br />

dafür aber besser zu Grün. Aus diesem<br />

Grund sind weniger gesättigte Farben<br />

für das Auge oft angenehm und beruhigend,<br />

während leuchtende Farben zwar<br />

energiegeladener, dafür aber schwerer<br />

auszugleichen sind.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

45


Farbfilter<br />

Wenn die Sonne im Herbst recht tief<br />

steht, sieht alles ein wenig wie in Gold<br />

getaucht aus. Ein magischer Moment –<br />

denn <strong>durch</strong> die Position der Sonne wirkt<br />

alles wärmer und weicher, ganz als ob<br />

jemand einen Hauch von Gelb aufgetragen<br />

hätte. Deshalb sehen auch Fotos<br />

mit einem Filter so viel schöner aus – der<br />

Filter legt eine einheitliche Farbe über<br />

das Bild. Fügen Sie beim Zusammenstellen<br />

Ihrer Farbpalette jeder Farbe, die<br />

Sie verwenden möchten, ein klein wenig<br />

einer anderen Farbe hinzu, damit Ihr Bild<br />

kohärenter, stimmiger wird.<br />

Für ein Bild mit Pilzen zum Beispiel<br />

sollten Sie also jeder Farbe ein klein<br />

wenig Goldbraun beimischen.<br />

46 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Farbproportion<br />

Wollen Sie wissen, wie Sie Ihr Bild ganz<br />

einfach vermasseln können? Wenn Sie<br />

in zu vielen ganz unterschiedlichen<br />

Farben malen!<br />

Für eine gut ausgewogene Farbharmonie<br />

sollten Sie helle, neutrale,<br />

dunkle und Pastelltöne von nur zwei<br />

oder drei Farben verwenden. Neutrale<br />

und pastellene Farben machen helle<br />

Farben knalliger, während dunkle Farben<br />

Kontrast erzeugen und den Blick<br />

auf die hellen Farben lenken.<br />

Auch die Proportion spielt eine wichtige<br />

Rolle. Im Innendesign gilt die 60-30-10-<br />

Regel und sie ist auch auf die Malerei<br />

anwendbar. Die Hauptfarbe Ihres Bildes<br />

sollte zu 60 Prozent vertreten sein, die<br />

zweite Farbe zu 30 und die Akzentfarbe<br />

zu 10 Prozent. Einfacher gesagt: Verwenden<br />

Sie eine große Menge einer Farbe<br />

oder Farbgruppe in Ihrem Bild und eine<br />

kleinere Menge der zweiten Farbe. Die<br />

dritte Farbe fügen Sie nur hier und da<br />

hinzu. Das ist besonders wichtig, wenn Sie<br />

ein Bild in mehreren Farben malen, von<br />

denen eine oder zwei dominieren sollen.<br />

60 % 30 % 10 %<br />

Wählen Sie immer Farben aus beiden Seiten des Farbrades aus,<br />

die aber nie im gleichen Verhältnis erscheinen sollten. So können<br />

Sie zum Beispiel vier unterschiedliche Farbtöne verwenden, aber<br />

jeweils nur zwei Töne der gleichen warmen Farbe.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

47


Farbmuster erstellen<br />

Nun habe ich eine lustige und praktische<br />

Übung für Sie. Sie haben bestimmt<br />

schon bemerkt, dass Wasserfarben im<br />

nassen und trockenen Zustand ganz<br />

anders aussehen. Schon oft dachte ich,<br />

das perfekte Bild mit schönen Farben<br />

gemalt zu haben, um nach dem Trocknen<br />

festzustellen, dass die Farben matt<br />

und schmutzig aussehen. Um solche<br />

unschönen Überraschungen zu vermeiden,<br />

sollten sie Muster Ihrer Farbmischungen<br />

an fer tigen.<br />

neutral<br />

Opernrosa Ultramarinblau<br />

Umbra<br />

Siena<br />

gold<br />

48 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Solche Farbmuster haben verschiedene<br />

Vorteile:<br />

˚<br />

Sie lernen Ihre Farben besser<br />

kennen.<br />

Sie sehen, wie die Farben nach<br />

dem Trocknen aussehen.<br />

Sie können Ihre Farbharmonien<br />

vorausplanen.<br />

Beim Mischen machen Sie völlig<br />

neue Entdeckungen.<br />

Sie können die Farben, die Ihnen<br />

gefallen, zukünftig erneut mischen.<br />

Es ist egal, wie Sie Ihre Muster<br />

anordnen. Wichtig ist nur, dass Sie<br />

die Farbmischungen aufschreiben<br />

und die dunkle und helle Version der<br />

einzelnen Farben notieren, denn es<br />

kann vorkommen, dass Sie nur eine<br />

Version verwenden möchten.<br />

Auch können Sie einen Papierstreifen<br />

mit zwei oder mehr Farben bemalen<br />

und beobachten, wie die Farben aufeinander<br />

reagieren und sich mischen.<br />

Siena + Scharlach<br />

Braun + Scharlach<br />

Siena + Roségold<br />

Siena + Opernrosa<br />

Umbra + Deep Gold<br />

Umbra + Dunkelrot<br />

Roségold + Umbra<br />

Permanent Rose + Rose Dore<br />

Orange + Umbra<br />

(Umbra + Dunkelrot) + Rose Dore<br />

Farbmuster erleichtern Ihnen den Einstieg, wenn Sie vor<br />

einem leeren Blatt Papier stehen. <strong>Malen</strong> Sie zuerst zufällige<br />

Farbmischungen und lassen Sie sich dann zu weiteren<br />

Experimenten inspirieren!<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

49


Von der Natur inspiriert<br />

Halten Sie Ausschau nach hübschen<br />

Farbharmonien, egal wohin Sie gehen<br />

oder wo Sie gerade sind. Betrachten Sie<br />

Blumen, Bäume oder den Himmel im<br />

Morgengrauen – dabei werden Ihnen die<br />

besten Ideen kommen.<br />

Fotografieren oder notieren Sie sich die<br />

Farben, die Ihnen am besten gefallen. An<br />

Tagen, an denen die Inspiration Sie verlässt,<br />

werden Sie froh darüber sein.<br />

50 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Farbpalette einschränken<br />

Zu viele Farben sind ein Garant für eine<br />

Katastrophe! Viele Illustratoren konzentrieren<br />

sich auf eine kleine Farbpalette.<br />

Ich selbst weiß aus Erfahrung, dass ein<br />

Bild mit wenigen Farben eindringlicher<br />

wirkt und viel schöner aussieht.<br />

Gibt es zu viele Elemente in Ihrem Bild,<br />

weiß der Betrachter nicht, wohin er<br />

schauen soll, und verliert das Interesse.<br />

Auch in der Natur weist kaum ein Ding<br />

alle Farben des Regenbogens auf (mit<br />

Ausnahme eines Regenbogens natürlich).<br />

<strong>Malen</strong> Sie maximal mit sechs oder sieben Tönen von zwei<br />

Farben, zum Beispiel mit zwei unterschiedlichen Grüntönen<br />

und vier unterschiedlichen Pinktönen.<br />

51


Mit Farben eine<br />

Geschichte erzählen<br />

Farben wecken emotionale Assoziationen<br />

und beeinflussen Ihre Stimmung.<br />

Achten Sie einmal darauf, welch unterschiedliche<br />

Gefühle warme und kalte<br />

Töne einer Farbe in Ihnen hervorrufen.<br />

Überlegen Sie für Ihr nächstes Projekt,<br />

welche Stimmung Sie vermitteln möchten,<br />

und planen Sie Ihre Farbpalette<br />

entsprechend. Wenn Sie die Ruhe der<br />

Natur hervorheben möchten, nehmen<br />

Sie Moosgrün, Rauchgrau, Creme oder<br />

Dunkelbraun. Ein Gefühl von Magie entsteht<br />

<strong>durch</strong> Violett, Schwarz und Türkis.<br />

Sehr dunkle und satte Farben erzeugen<br />

eine düstere Stimmung im Kunstwerk.<br />

52 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Die Wahl der Farben ist eine sehr persönliche Entscheidung.<br />

Wählen Sie Kombinationen, die Sie mögen und mit denen Sie<br />

sich verbunden fühlen. Die Qualität Ihres Bildes wird es<br />

Ihnen danken.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

53


EXPERIMENTE<br />

Kakteen<br />

Kakteen zu malen macht richtig Spaß,<br />

ist einfach und eine wunderbare Übung<br />

zum Spiel der Farben. Experimentieren<br />

Sie mit analogen Farben, zum Beispiel<br />

mit Grün- und Blautönen, oder mit Komplementärfarben,<br />

indem Sie Rot und<br />

Grün nebeneinandersetzen. Achten Sie<br />

auf das Verhältnis der Farben, vor allem<br />

bei den Akzentfarben – sie sollten nicht<br />

übermächtig werden.<br />

54 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Verwenden Sie nicht nur konventionelle<br />

Farben, sondern lösen Sie sich<br />

vom realistischen Motiv und malen Sie<br />

Ihre Kakteen in Ihrer Lieblingsfarbe.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

55


Vereinfachte Formen<br />

Die Regeln der Gestaltpsychologie<br />

besagen, dass Gegenstände nicht<br />

immer präzise dargestellt werden<br />

müssen. Das Gehirn füllt Lücken auf<br />

und kann einfache Objekte sehr gut<br />

interpretieren.<br />

Wenn Sie einen roten Kreis mit einem<br />

Blatt malen, erkennt das Gehirn mühelos<br />

einen Apfel, selbst wenn einige<br />

Details fehlen.<br />

<strong>Malen</strong> Sie nur die allernötigsten<br />

Details Ihrer Motive und denken<br />

Sie daran: Das, was Sie malen, ist<br />

genauso wichtig wie das, was Sie<br />

nicht malen. Auch weiße Lücken<br />

können eine Form gut beschreiben<br />

und bestimmte Stellen hervorheben.<br />

Einige Punkte können die Textur des<br />

Gegenstands andeuten und alles<br />

andere der Vorstellungskraft überlassen.<br />

Das simple Ganze betont seine<br />

Bedeutung.<br />

56 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Wenn Sie Formen noch weiter vereinfachen<br />

und selbst interpretieren, »stilisieren«<br />

Sie sie. Damit verleihen Sie dem<br />

Bild Ihren persönlichen künstlerischen<br />

Ausdruck, der vielleicht nicht der Realität<br />

entspricht, aber für Ihren Stil typisch<br />

ist und trotzdem so viel über das Objekt<br />

verrät, dass es erkennbar ist.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

57


Motten<br />

Wenn Sie sich soweit fühlen, noch mehr<br />

zu experimentieren, versuchen Sie<br />

Schmetterlinge und Motten zu malen.<br />

Bei einem Besuch im Naturkundemuseum<br />

werden Sie erstaunt sein, wie<br />

viele Motten unterschiedlicher Größe<br />

und Form es gibt – und fast alle haben<br />

verschiedene Flügelmuster. Experimentieren<br />

Sie, indem Sie die Form vereinfachen,<br />

verschiedene Techniken und<br />

Farben ausprobieren.<br />

58 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Mit Texturen<br />

experimentieren<br />

Unterschiedlich gestaltete Oberflächen<br />

machen Ihr Bild spannend. Bei meinen<br />

täglichen Spaziergängen sammle ich<br />

allerhand Dinge aus der Natur, um sie<br />

später zu malen. Mithilfe von Pinselstrichen,<br />

dem trockenen Pinsel, einem<br />

weißen Posca-Stift oder Spritzern<br />

lassen sich viele interessante Texturen<br />

wiedergeben. Häufig genügt auch hier<br />

ein kleiner Hinweis auf eine Textur.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

59


SICH INSPIRIEREN LASSEN<br />

Inspiration finden Sie überall – in den Dingen, die Sie sehen, Ihren Erfahrungen,<br />

die Sie machen und den Emotionen, die Sie empfinden. Doch<br />

leider kommt die Inspiration nie dann, wenn man sie am meisten braucht.<br />

Die besten Ideen werden geboren, wenn Sie sehr beschäftigt sind. Aber<br />

sobald Sie Zeit zum <strong>Malen</strong> finden, ist der Kopf oft wie leergefegt! Die<br />

Lösung: Sammeln Sie Gegenstände, Farben und Motive und heben Sie sie<br />

auf, damit Sie jederzeit etwas Inspirierendes zur Hand haben.<br />

Sammeln<br />

Kreativität besteht darin, etwas Be ­<br />

kanntes in ein neues Licht zu rücken.<br />

Darum ist es so wichtig, Dinge zu sammeln,<br />

denn auf diese Weise bauen Sie<br />

sich eine Bibliothek möglicher Motive<br />

und Ideen auf. Sie finden auf Ihrem<br />

Spaziergang im Park einen interessanten<br />

Tannenzapfen oder Samen oder am<br />

Meer eine Muschel oder einen Kieselstein?<br />

Nehmen Sie Ihren Fund mit nach<br />

Hause, und es wird Ihnen nie wieder<br />

an einer Inspiration fehlen. Sie können<br />

auch verschiedene Gegenstände zu<br />

einer Komposition zusammenstellen, die<br />

Sie anschließend malen.<br />

Es ist nicht immer möglich, Elemente aus<br />

der Natur einfach mit nach Hause zu nehmen,<br />

vor allem Blumen, an deren Wachstum<br />

jeder Mensch Freude haben soll. Aber<br />

in einem solchen Fall können Sie ein Foto<br />

von Ihrem Objekt machen. Dabei sollten<br />

Sie sich eher auf eigene Fotos verlassen<br />

als auf Fotos aus dem Internet, denn so<br />

können Sie verschiedene Perspektiven<br />

einnehmen und Details heranzoomen.<br />

Machen Sie überall Fotos – selbst an den alltäglichsten Orten kann<br />

es faszinierende Motive geben. Sie müssen nur genau hinschauen!<br />

Wenn die Inspiration dann mal ausbleibt, können Sie Ihre eigene<br />

Bibliothek <strong>durch</strong>forsten und ein Motiv auswählen.<br />

60 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Gepresste Blumen und Pflanzen<br />

Eine Möglichkeit, die Schönheit von<br />

Blumen und Pflanzen zu bewahren, ist,<br />

sie zu pressen. Ihre vielen Fundstücke<br />

aus der Natur behalten häufig nicht<br />

sehr lange ihre Form. Wenn Sie Blätter,<br />

Samen und Blumen pressen, bleiben sie<br />

länger haltbar und Sie können sie jederzeit<br />

als Anschauungsobjekt verwenden.<br />

Gepresste Blumen verleihen Ihrem<br />

Kunstwerk auch eine ganz besondere<br />

Stimmung, denn das Pressen bringt Texturen<br />

und Eigenschaften zum Vorschein,<br />

die bei frischen Blumen in der Regel<br />

nicht erkennbar sind. Wahrscheinlich<br />

werden die Farben etwas dunkler und<br />

matter, doch die Adern treten besser<br />

hervor und die Blütenblätter werden<br />

häufig <strong>durch</strong>sichtig, sodass Sie mehrere<br />

übereinanderlegen können.<br />

62 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Nicht jede Blume eignet sich zum<br />

Pressen; bevorzugen Sie Blumen mit<br />

dünneren Blütenblättern, wie zum<br />

Beispiel Stiefmütterchen. Ich nehme<br />

meist Blumen aus meinem Garten und<br />

schneide sie kurz unterhalb der Blüte<br />

ab. Danach arrangiere ich Blumen,<br />

Blätter und alles andere auf einem Blatt<br />

einfachem Zeichenpapier und lege ein<br />

weiteres Blatt Papier darauf. Dieses<br />

»Sandwich« lege ich zwischen die Seiten<br />

eines Buches, schließe es und lege eine<br />

Menge dicker Bücher darauf. Nach etwa<br />

drei Wochen verlieren die Pflanzen ihre<br />

Feuchtigkeit und trocknen in einer ganz<br />

flachen Form.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

63


Motive wiederholen<br />

Ein Bild entwickelt sich am besten,<br />

wenn Sie mit einem Motiv spielen. Nehmen<br />

Sie ein Motiv, das Ihnen gefällt –<br />

ein Blatt, eine Blume oder einen<br />

Samen – und malen Sie es frei Hand, so<br />

oft Sie mögen. <strong>Malen</strong> Sie es aus unterschiedlichen<br />

Blickwinkeln und wiederholen<br />

Sie es solange, bis es Ihnen ganz<br />

vertraut ist. Dann kreieren Sie unterschiedliche<br />

Kompositionen mit diesem<br />

Motiv, fügen Sie Stiele oder andere<br />

Elemente hinzu, damit es zu einer<br />

neuen Komposition »heranwächst«.<br />

Es ist schwer, sich einfach hinzusetzen<br />

und sich eine neue Anordnung auszudenken.<br />

Aber wenn Sie ohne nachzudenken<br />

mit Ihrem Motiv spielen, wird<br />

es sich ganz natürlich entwickeln.<br />

64 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

65


Muster<br />

Muster folgen einer einheitlichen<br />

Form und ziehen die Aufmerksamkeit<br />

des Betrachters auf sich. Wenn Sie<br />

besonders meditativ malen möchten,<br />

wiederholen Sie ein oder mehrere Muster<br />

immer und immer wieder. Irgendwann<br />

entsteht das erste Element und<br />

danach können Sie sich einfach entspannen<br />

und es immer wieder malen.<br />

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten,<br />

Muster zu malen:<br />

˚<br />

Wählen<br />

Sie das Element aus, das Sie<br />

wiederholen möchten, und malen Sie<br />

es viele Male. Je öfter Sie die gleiche<br />

Sache malen, desto zuverlässiger und<br />

freier wird Ihr Malstil.<br />

˚<br />

<strong>Malen</strong> Sie das gleiche Muster in<br />

unterschiedlichen Größen, Farben<br />

und Ansichten. Auch unterschiedliche<br />

Oberflächen sind eine schöne<br />

Abwechslung.<br />

˚<br />

Zeigen Sie das Motiv aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven: eine<br />

ganze, halbe oder Viertel Birne, von<br />

oben, von der Seite, nur die Samen in<br />

der aufgeschnittenen Frucht usw.<br />

66 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


˚<br />

Soll das Muster etwas anspruchsvoller<br />

werden, fügen Sie einige<br />

andere Elemente hinzu – es sollten<br />

nicht mehr als fünf sein – und gestalten<br />

Sie eine Komposition, indem Sie alle<br />

Elemente wiederholen.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

67


Skizzenbuch<br />

<strong>Malen</strong> in Skizzenbüchern ist wie »Journaling«–<br />

die perfekte Methode, um Ihre<br />

Funde zu dokumentieren, Notizen zu<br />

machen und Farben zu protokollieren.<br />

Die Magie eines Skizzenbuchs liegt<br />

darin, dass Ihre Einträge nicht perfekt<br />

sein müssen. Es ist der Ort, an dem Sie<br />

experimentieren und Ihrer Kreativität<br />

freien Lauf lassen können; selbst eine<br />

einfache Skizze sieht in einem Skizzenbuch<br />

wie ein echtes Kunstwerk aus. Das<br />

Skizzenbuch ist ein sicherer Ort, an dem<br />

Sie nur für sich selbst malen.<br />

Es lässt sich einfach verstauen und<br />

überall mit hinnehmen. Hier können Sie<br />

alle Ihre Ideen und Experimente aufbewahren.<br />

Jedes Mal, wenn Sie mit dem<br />

<strong>Malen</strong> beginnen, können Sie Ihr Skizzenbuch<br />

<strong>durch</strong>blättern, um sich von Ihren<br />

vorherigen Arbeiten inspirieren zu lassen.<br />

Aus den Skizzen werden Sie neue<br />

Ideen entwickeln, vorhandene Skizzen<br />

ausbauen, kombinieren, zum Beispiel,<br />

indem Sie sie in anderen Farben malen.<br />

Ich rate Ihnen, mehrere Skizzenbücher<br />

gleichzeitig zu führen. So können Sie<br />

während des Trocknens einer Skizze in<br />

dem anderen Buch weitermalen und<br />

den perfekten Moment weiterführen.<br />

Haben Sie keine Angst, eine Seite Ihres Skizzenbuchs zu<br />

»ruinieren«. Dazu gibt es eine perfekte Abhilfe: Ruinieren<br />

Sie es am Anfang bewusst! <strong>Malen</strong> Sie einfach drauf los,<br />

die Seite soll nicht sauber und hübsch sein. Dann gibt es<br />

nichts mehr, wovor Sie Angst haben könnten.<br />

68 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Die Komposition<br />

Die Grundlage für ein Kunstwerk ist eine gute Komposition. Sie verleiht<br />

ihm den visuellen Anker und sorgt dafür, dass der Betrachter das<br />

Bild als angenehm wahrnimmt. Bei einer guten Komposition wirkt es<br />

aus der Distanz wohlgeformt und ist auch aus der Nähe interessant.<br />

Eine gute Komposition zu entwickeln, ist nicht immer leicht, aber mit<br />

ein wenig Übung und Grundlagenwissen wird es schnell einfacher.<br />

70 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Um zu erkennen, ob das Bild eine einheitliche<br />

visuelle Struktur hat, müssen<br />

Sie zwei Formen im Auge behalten:<br />

Die erste Form ist das Bild als Ganzes –<br />

alle Elemente, die auf dem Bild zu sehen<br />

sind. Die zweite Form setzt sich aus den<br />

dunkleren Elementen zusammen.<br />

Wenn die dunklen Elemente keine einheitliche<br />

Form bilden, wirkt die Komposition<br />

zerrissen, ohne Zusammenhalt,<br />

und das Auge weiß nicht, wohin es<br />

schauen soll.<br />

Lassen Sie eine Art Pfad entstehen,<br />

dem das Auge selbstverständlich<br />

folgt. Um zu prüfen, ob die dunkleren<br />

Elemente an der richtigen Stelle stehen,<br />

kneifen Sie die Augen zusammen.<br />

Wenn das Bild dann verschwimmt,<br />

werden Sie nicht von Details abgelenkt<br />

und das Bild wirkt nicht flach.<br />

Wenn sich zu viele Bildelemente in Form und Größe ähneln, wirkt<br />

das Bild langweilig. Entscheiden Sie, auf welches Element Sie<br />

sich konzentrieren wollen und fügen Sie unterschiedliche, weniger<br />

auffällige Elemente hinzu.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

71


Statisch und dynamisch<br />

Eine Komposition kann statisch oder<br />

dynamisch sein. Eine statische Komposition<br />

ist ruhig und ausgeglichen, hat viele<br />

vertikale Linien und vermittelt ein Gefühl<br />

von Harmonie und Stabilität. Das Auge<br />

kann sich ausruhen und konzentrieren.<br />

Ein dynamisches Bild ist dramatischer<br />

und interessanter. Häufig finden sich<br />

in solchen Kompositionen organische<br />

Formen, daher eigenen sie sich gut für<br />

Werke, die von der Natur inspiriert sind.<br />

72 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


So wird Ihre Komposition dynamischer:<br />

Variieren Sie die Größen und<br />

Proportionen der Bildelemente, malen<br />

Sie sich überschneidende Elemente<br />

und Diagonalen, um Spannung und<br />

Neugier zu erzeugen, und wiederholen<br />

Sie Formen, damit Bewegung im Bild<br />

aufkommt. Auch Asymmetrie, Farb­<br />

variationen und Kontraste lassen eine<br />

interessante, dynamische Komposition<br />

entstehen. Lassen Sie das Bild offen –<br />

als würde das Motiv über die Papierkanten<br />

hinauswachsen –, damit der<br />

Eindruck entsteht, alles sei in ständiger<br />

Bewegung.<br />

Linien<br />

Die Linienführung in Ihrem Bild spielt<br />

eine wichtige Rolle für die Komposition.<br />

Eine horizontale Mittellinie<br />

verleiht dem Bild eine neutrale Stimmung.<br />

Eine aufsteigende Linie ist<br />

positiv und optimistisch – sie eignet<br />

sich gut für frische, fröhliche Blumenarrangements.<br />

Eine absteigende Linie<br />

sorgt für einen eher negativen, pessimistischen<br />

Eindruck wie zum Beispiel in<br />

stimmungsvollen Landschaften.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

73


Die Drittel-Regel<br />

Die Drittel-Regel ist auch bei Fotografen<br />

bekannt und unterstützt die Planung<br />

einer ausgeglichenen und dennoch<br />

interessanten Komposition. Teilen Sie<br />

das Papier in neun gleiche Teile,<br />

indem Sie zwei vertikale Linien und<br />

zwei horizontale Linien im gleichen<br />

Abstand zeichnen.<br />

Richten Sie die Bildelemente entlang<br />

dieser Linien oder an deren Schnittpunkten<br />

aus. Die Linien sind eine<br />

Art Führungshilfe, anhand derer Sie<br />

erkennen, wo der Horizont in einem<br />

Landschaftsbild beginnen und wo die<br />

größte Blume in einem Blumenbild<br />

stehen muss.<br />

74 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Symmetrie<br />

Symmetrie ist in ausgeglichenen Kompositionen<br />

wichtig. Alles in der Natur ist<br />

mehr oder weniger symmetrisch – ein<br />

Tannenzapfen, ein Stiel mit Blättern,<br />

Muscheln usw. In Ihrem Bild können Sie<br />

<strong>durch</strong> einen (imaginären) Spiegel für Symmetrie<br />

sorgen – dann finden sich auf beiden<br />

Seiten genau die gleichen Elemente.<br />

Auch können Sie <strong>durch</strong> Umkehren und<br />

Drehen eines Elements Symmetrie<br />

erzeugen. Auf diese Weise bleibt eine<br />

symmetrische Komposition ausgeglichen,<br />

wird aber zugleich ein wenig<br />

dynamischer.<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

75


Miniaturen<br />

Planen Sie Ihr Bild mithilfe von Miniaturskizzen.<br />

So erkennen Sie die Komposition<br />

sowie die Schwerpunkte und<br />

dunklen Elemente, bevor Sie eine<br />

größere Arbeit beginnen. Tragen Sie<br />

einen Stift und Papier bei sich. So<br />

können Sie immer dann eine Miniaturskizze<br />

anfertigen, wenn Ihnen eine Idee<br />

in den Kopf kommt. Wenn Sie endlich<br />

richtig loslegen wollen, hilft Ihnen diese<br />

Miniatur und erspart Ihnen eine Menge<br />

Kopfschmerzen.<br />

76 <strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong>


Geometrie<br />

Die Geometrie kann Ihre Komposition<br />

stützen. Anhand der Beispiele erkennen<br />

Sie, wie Kompositionen bestimmten<br />

Linien folgen.<br />

Komposition mit C-Linie<br />

Dreieckige Komposition<br />

X-förmige Komposition<br />

Komposition mit S-Linie<br />

Erste Schritte mit Wasserfarben<br />

77


PROJEKTE<br />

In diesem Kapitel setzen wir die Theorie in einigen Übungen<br />

praktisch um. Sie können alle selbst ausprobieren und beim<br />

Nachdenken über Motive neue Perspektiven entdecken. Ich<br />

zeige Ihnen hier nur einige Beispiele für das, was möglich ist.<br />

Gleichzeitig möchte ich Sie ermuntern: Schauen Sie Ihr Bild<br />

aus unterschiedlichen Blickwinkeln an und – jetzt kommt das<br />

Wichtigste – haben Sie Spaß dabei!<br />

Für alle Übungen haben ich kaltgepresstes 300-g-Papier verwendet<br />

(siehe Seite 25). Im Innenumschlag dieses Buches<br />

finden Sie alle meine Farbmuster. Wenn Sie keine bestimmte<br />

Lieblingsfarbe haben, nehmen Sie eine dieser Farben oder entwickeln<br />

Sie eigene Farben – das ist noch besser! Meine Empfehlungen<br />

zu Pinseln habe ich Ihnen bereits gegeben,<br />

aber Sie können jeden Pinselstrich auch mit einem<br />

Rund- oder Mop-Pinsel (siehe Seite 23) erzeugen.<br />

Außerdem hängt die Größe des Pinsels<br />

immer von der Größe Ihrer Skizze ab.


Dank<br />

Mein herzlicher Dank geht an das Team des Leaping Hare Verlags, das mich bei diesem<br />

Projekt so freundlich und hilfsbereit unterstützt hat. Vor allem danke ich Monica Perdoni,<br />

die mich motiviert, mit ihrer positiven Energie inspiriert und immer an mich und dieses<br />

Buch geglaubt hat. Meine Lektorin Charlotte Frost hat mich liebevoll angeleitet und unterstützt<br />

und letztendlich dafür gesorgt, dass Sie dieses Buch in der Hand halten. Vielen Dank<br />

dafür. Ich danke auch all den anderen wunderbaren Menschen, die dieses Buch möglich<br />

gemacht haben: Nicki Davis und Rachel Malig – danke, dass ihr mit mir gearbeitet habt!<br />

Danke an meine Familie. Arunas, mein geliebter Mann und Freund, glaubt immer an mich<br />

und unterstützt mich in allen großen und kleinen Schritten. Vor allem danke ich ihm, dass<br />

er mir die Zeit zum <strong>Malen</strong> und Schreiben ermöglicht. Mein Sohn Lukas ist verantwortlich<br />

dafür, dass ich mit dem <strong>Malen</strong> angefangen habe. Heute ist er mein größter Fan und meine<br />

größte Inspirationsquelle.<br />

Danke an meine Eltern, Irina und Alfred, die mich immer ermutigt haben und bedingungslos<br />

stolz auf mich sind.<br />

Danke an meine Instagram-Community, die mir auf meiner Reise folgt und meine Kunst<br />

sichtbar macht. All diesen Menschen widme ich dieses Buch!<br />

<strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> <strong>Malen</strong><br />

© 2024<br />

Midas Collection<br />

Ein Imprint der Midas Verlag AG<br />

ISBN 978-3-03876-286-7<br />

1. Auflage 2024<br />

Übersetzung: Martina Panzer<br />

Lektorat: Dr. Friederike Römhild<br />

Layout: Ulrich Borstelmann<br />

Midas Verlag AG<br />

Dunantstrasse 3, CH-8044 Zürich<br />

E-Mail: kontakt@midas.ch<br />

www.midas.ch<br />

Englische Originalausgabe:<br />

»Painting Calm«<br />

Text und Illustrationen © Inga Buividavice 2023<br />

© 2023 Quarto Publishing Plc<br />

Printed in China<br />

Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte<br />

bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.<br />

Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und<br />

Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung<br />

des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar.


Wenn Sie le idenschaftli ch gerne malen<br />

oder einfach kreativ sind, dann ist dieses Buch<br />

ein Muss für Ihre Sammlung!<br />

Anna Koliadych, @dearannart<br />

Jede Seite ist voll er wunderschöner,<br />

zum Schwärmen anregender Bilder und<br />

Ill ustrationen, die Sie dazu inspirieren, den Pinsel<br />

in die Hand zu nehmen.<br />

Sushma Hegde, @sushhegde<br />

Inga Buividavice ist bildende Künstlerin, Dozentin und Designerin mit<br />

Sitz in Großbritannien und einer Instagram-Fangemeinde von über<br />

130.000 Followern. Sie erstellt Video-Tutorials und Lektionen über<br />

erdverbundene und gefühlvolle Aquarellmalerei, darunter einen der<br />

erfolgreichsten Kurse bei der Online-Plattform Domestika. In ihrem<br />

unverwechselbaren Stil verwendet sie Texturen und Farben, um eine<br />

emotionale Verbindung mit der natürlichen Welt zu schaffen.<br />

@inga.buive


Verbinden Sie sich mit der Natur und finden Sie<br />

<strong>Gelassenheit</strong> <strong>durch</strong> meditatives <strong>Malen</strong> mit Wasserfarben<br />

In diesem bezaubernden und leicht verständlichen Leitfaden erforscht<br />

die beliebte Künstlerin und Dozentin Inga Buividavice die Achtsamkeit<br />

der botanischen Kunst und bietet Inspiration, praktische Tipps und<br />

Schritt-für-Schritt-Projekte. Sie konzentriert sich auf die Schönheit des<br />

Aquarells und unsere emotionale und intuitive Verbindung zur Natur.<br />

Dieses Buch ermutigt Sie zum Erforschen, Experimentieren und <strong>Malen</strong><br />

auf Ihrer Suche nach Ruhe und <strong>Gelassenheit</strong>.<br />

ISBN 978-3-03876-286-7<br />

www.midas.ch

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