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Blattwerk Ausgabe No21 April bis Juni 2024

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Der Angler<br />

ist ein Krowod<br />

ICH HABE POST BEKOMMEN.<br />

Nicht die nette Art von Post.<br />

Ein burgenländischer Zuseher – hat sich bei mir per E-Mail gemeldet,<br />

nachdem er mich in der ORF2-Sendung Heimat Fremde<br />

Heimat gesehen hat. In der Sendung habe ich verlautbart, dass<br />

ich mir mehr Möglichkeiten wünsche, meine Minderheitensprache<br />

als Amtssprache zu verwenden wie in der Verfassung vorgesehen.<br />

Die Fanpost möchte ich gemeinsam mit euch durchgehen und<br />

beantworten:<br />

„Meine Freunde sind Burgenlandkrowoden, doch die sprechen<br />

kaum noch diese Sprache. Wir haben unseren Kindern dies<br />

auch nicht aufgetragen. In der Schule ist das Zwangsunterricht.“<br />

Das schöne Wort „Zwang“ verwendet der Schreiberling also.<br />

Gurtenzwang oder natürlich auch der Schulzwang sind ganz<br />

verwerfliche Errungenschaften der zivilisierten Welt. Dass der<br />

Unterricht in Minderheitensprachen kein Zwang ist, erkennt man<br />

daran, dass viele Eltern ihre Kinder davon befreien. Oder den<br />

Lehrer:innen androhen, sie würden die Kinder abmelden, sobald<br />

dieser Sprachunterricht in irgendeiner Weise die Kinder fordern<br />

könnte, die Sprache auch zu erlernen. Wir wollen ja einen Einser<br />

und weiter ins Gehnasium, Herr Oberleera.<br />

Zurück zum Brief:<br />

„Klar, wer sich nicht zu Österreich in allen Facetten bekennen<br />

will, der bleibt in seinen Wurzeln stecken.“<br />

Österreich in all seinen Facetten? Na gut. Ich bekenne mich zu<br />

allen Facetten Österreichs. Wenn ich mich nicht täusche, inkludiert<br />

das auch uns alle? Alle uns Minderheiten, die autochthonen<br />

auf jeden Fall. Sozusagen bekenne ich mich zu allen Facetten<br />

Österreichs, weil ich ja, und weil auch meine Minderheitensprache,<br />

Teil dieses österreichischen Facettenreichtums ist. Super!<br />

Zitat des Schreibenden über einen Freund:<br />

Foto © iStockphoto<br />

„Als ich ihn fragte, ob er (Burgenland-)Krowodisch spricht,<br />

sagte er vor seiner Mutter zu mir, ich wollte es nicht lernen.<br />

Das ist keine schöne Sprache, und außerdem möchte ich mich<br />

nicht zu erkennen geben, ich bin kein echter Österreicher. Doch<br />

weder er noch seine Kinder, wollten diese Sprache erlernen.“<br />

Das tut mir wirklich leid für Sie alle zusammen. Aufgrund der Recherchen<br />

meiner Kollegen und mir weiß ich, das war ein gern hervorgeholtes<br />

Argument der Assimilationsbefürworter, etwa von<br />

SP-Bürgermeister Fritz Robak in den 1970er-Jahren. Als Robak<br />

sogar an Drug Tito schrieb: „Wir sprechen einen 400 Jahre alten<br />

Dialekt mit zu wenig Ausdrucksmöglichkeiten für die heutige Zeit,<br />

aber wir fühlen österreichisch und sind loyale österreichische<br />

Staatsbürger.“ Also loyal <strong>bis</strong> zur Assimilierung. Wenngleich es<br />

nicht für alle technischen Vokabel in burgenländischem Kroatisch<br />

passende Ausdrücke gibt, so ist die Sprache keineswegs nur eine<br />

Haus- und Hofsprache. Manche gehen sogar davon aus, dass die<br />

sprachliche Qualität aufgrund von Wörterbüchern und höherer<br />

Bildung besser ist als noch vor ein paar Jahrzehnten — auch wenn<br />

die Quantität der Sprecher:innen stark rückläufig ist.<br />

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