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Ein unermüdlicher Schaffer

Wer von grossen Persönlichkeiten aus Obwalden spricht, kommt um Peter Anton Ming nicht herum. Vor 100 Jahren starb der Politiker und Arzt, der vor allem dem Alkohol den Kampf angesagt hatte.

Wer von grossen Persönlichkeiten aus Obwalden spricht, kommt um Peter Anton Ming nicht herum. Vor 100 Jahren starb der Politiker und Arzt, der vor allem dem Alkohol den Kampf angesagt hatte.

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<strong>Ein</strong> <strong>unermüdlicher</strong> <strong>Schaffer</strong><br />

Wer von grossen Persönlichkeiten aus Obwalden spricht, kommt um<br />

Peter Anton Ming nicht herum. Vor 100 Jahren starb der Politiker<br />

und Arzt, der vor allem dem Alkohol den Kampf angesagt hatte.<br />

<strong>Ein</strong>e unscheinbare Kurzmeldung tauchte<br />

im «Obwaldner Volksfreund» am<br />

6. März 1874 auf. Peter Anton Ming<br />

hatte gerade sein Staatsexamen als Arzt<br />

abgelegt. Der 23-jährige Jüngling liess keine<br />

Zeit verstreichen: Wenige Monate später<br />

informierte er die Obwaldner Bevölkerung<br />

via Zeitungsinserat, dass er fortan als Arzt<br />

in Sarnen seine Dienste anbietet. Dass der<br />

Bauernsohn aus der Schwendi ambitioniert<br />

war, entging seinem Umfeld nicht. Kaum<br />

jemand hätte allerdings damit gerechnet,<br />

dass er auch auf dem politischen Parkett<br />

eine beeindruckende Karriere einschlagen<br />

würde. Angefangen bei Ämtern auf Gemeinde-<br />

und Kantonsebene wurde er 1890 für die<br />

katholisch-konservative Partei in den Nationalrat<br />

gewählt, ab 1910 bekleidete er zusätzlich<br />

das Amt als Obwaldner Regierungsrat.<br />

«Es wäre nicht möglich, eine Gemeinde oder<br />

kantonale Behörde zu finden, deren Mitglied<br />

er nicht gewesen wäre», schrieb der «Volksfreund»<br />

über Peter Anton Ming.<br />

Bekanntheit – sogar als Redner an internationalen<br />

Kongressen – erlangte Ming durch<br />

seinen beharrlichen Kampf gegen den Alkoholismus<br />

und seinen <strong>Ein</strong>satz für die Abstinenzbewegung.<br />

Im September 1896 stellte<br />

er dem Katholischen Pius-Verein sein Heimwesen<br />

«Flüeli» in Wilen zur Verfügung, um<br />

die Pension Vonderflüh zu gründen, eine<br />

Heilanstalt für Alkoholkranke. In den ersten<br />

20 Jahren wurden hier insgesamt 1000<br />

Menschen behandelt. Ming wirkte unter anderem<br />

als ärztlicher Leiter der Pension und<br />

als Präsident der Institutsgesellschaft. <strong>Ein</strong>ige<br />

Zeit nach der Eröffnung hiess es dazu in<br />

den «Zuger Nachrichten»:<br />

«Die Pension Vonderflüh ist keine<br />

Zwangsanstalt, sondern eine Kuranstalt im<br />

wahren Sinne des Wortes. Der Leiter der Anstalt,<br />

Hochw. Hr. Direktor Kupferschmid, ist<br />

wie ein treusorgender Vater bemüht, durch<br />

Milde und Nachsicht und eine individuelle<br />

Behandlung seine Pfleglinge dauernd zu<br />

heilen und sie wieder zu leistungsfähigen,<br />

Meldung im «Obwaldner<br />

Volksfreund» am<br />

6. März 1874, nachdem<br />

Peter Anton Ming sein<br />

Medizinstudium abgeschlossen<br />

hatte.


des Aufenthalts in der Pension die Kraft und<br />

<strong>Ein</strong>sicht bekommen, vollständige Enthaltsamkeit<br />

innezuhalten», wie es in einer Beschreibung<br />

hiess. Die Pension Vonderflüh<br />

bestand bis 1951. In der festen Absicht,<br />

dass die Liegenschaft weiterhin einem gemeinnützigen<br />

Zweck dienen sollte, wurde<br />

daraus der «Bruderklausenhof» des Sarner-<br />

Schwestern-Vereins. Heute finden wir dort<br />

das Kurhaus am Sarnersee.<br />

Landammann und Nationalrat Peter Anton Ming<br />

(1851–1924). (Staatsarchiv Obwalden)<br />

arbeitskräftigen Gliedern der Gesellschaft zu<br />

machen. In dem stillen Vonderflüh am Sarnersee<br />

wohnt der Friede und der Geist eines<br />

echt katholischen Familienlebens.»<br />

Mindestens sechs Monate dauerte ein<br />

Aufenthalt in der Pension. Die Preise waren<br />

sehr moderat, da unter anderem 14 Kantone<br />

die Institution mit Hilfe des sogenannten<br />

Alkoholzehntels subventionierten (Gewinn<br />

aus der Spirituosenbesteuerung). Als geheilt<br />

betrachtet wurden jene, die «während<br />

Vollwaise als 4-Jähriger<br />

Was Peter Anton Ming zu einer faszinierenden<br />

Person macht, ist auch die Tatsache,<br />

dass ihm der Erfolg nicht in die Wiege gelegt<br />

wurde. Im Unterschied zu vielen anderen<br />

einflussreichen Obwaldner Politikern finden<br />

sich in Mings Stammbaum keine Vorfahren,<br />

die bereits zur bürgerlichen Elite in der kantonalen<br />

Politik zählten. Kommt hinzu, dass<br />

Peter Anton Ming als 4-Jähriger zur Vollwaise<br />

wurde. Glück im Unglück war, dass er<br />

nach dem frühen Tod seiner Eltern in einer<br />

Pflegefamilie bei Verwandten ein trautes<br />

und liebevolles Daheim fand.<br />

Sein hohes Ansehen erarbeitete sich<br />

Ming bereits als junger Arzt, der sich un-<br />

Inserat der Pension<br />

Vonderflüh in der<br />

Zeitung «Neue Zürcher<br />

Nachrichten»<br />

im Jahr 1915.


Peter Anton Ming (3. v. links) anlässlich eines Besuchs von General Ulrich Wille (rechts). (Staatsarchiv OW)<br />

ermüdlich für das Wohl anderer einsetzte.<br />

Der vielseitig interessierte Sarner betätigte<br />

sich auch als Mundartdichter und leidenschaftlicher<br />

Musiker. Neun Kinder zog er<br />

gemeinsam mit seiner Frau Agnes Ming-<br />

Omlin gross, darunter Rosalie Küchler-Ming<br />

(1882–1946), die sich als Mundartdichterin<br />

in Obwalden einen Namen machte.<br />

Als 73-Jähriger war Peter Anton Ming<br />

immer noch amtierender Nationalrat, Regierungsrat<br />

und Gemeindearzt, dazu noch Mitglied<br />

in verschiedensten Kommissionen und<br />

Vereinen. In diesem Alter starb er am Nachmittag<br />

des 15. April 1924 in einem Spital in<br />

Bern an den Folgen einer heftigen Grippe<br />

mit Lungenentzündung. Der «Obwaldner<br />

Volksfreund» widmete dem Staatsmann<br />

zwei aufeinanderfolgende Frontseiten mit<br />

einem langen Nachruf. Auch die nationale<br />

Presse reagierte auf den Tod des Obwaldner<br />

Magistraten mit Lobeshymnen auf sein<br />

unermüdliches Schaffen und Wirken: «Ming<br />

war wirklich der menschenfreundliche Arzt,<br />

so wie er im Buche steht. Beinahe überall<br />

im Obwaldnerlande begegnete man ihm auf<br />

seinen Krankenbesuchen. Immer hatte er ein<br />

Buch in der Hand, in welchem er auf dem<br />

Wege eifrig und aufmerksam las. Alles konnte<br />

und kannte er. Nur eins hatte er nie gelernt<br />

– einen Augenblick müssig zu sein.» (ve)<br />

Todesanzeige<br />

in der Zeitung<br />

«Neue Zürcher<br />

Nachrichten»<br />

vom 19. April<br />

1924.

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