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Baumeister 5/2024

Wohnen von morgen

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56 Wohnen<br />

legenen Stadtentwicklungsgebiet auf dem ehemaligen<br />

Nordbahnhofgelände, wo ein neuer<br />

Stadtteil in absehbarer Zukunft fertiggebaut sein<br />

wird.<br />

Folgte die erste Phase der Entwicklung einem<br />

städtebaulichen Leitbild von Boris Podrecca und<br />

Heinz Tesar aus den frühen 1990er-Jahren, entschloss<br />

man sich 20 Jahre später für den nördlichen<br />

Teil zu einer Abkehr von der Struktur aus mit<br />

Punkthäusern und Zeilen bebauten orthogonalen<br />

Rasterfeldern. Nach dem von Bernd Vlay und Lina<br />

Streeruwitz sowie dem Landschaftsarchitekturbüro<br />

Agence Ter erarbeiteten Konzept konzentriert sich<br />

die Bebauung mit stark differenzierten Gebäudehöhen<br />

bis hin zum 100-Meter-Hochhaus an den<br />

Rändern und bildet den Rahmen für die „Freie Mitte“.<br />

Indem die Bebauung an den Rändern an die<br />

bestehende Infrastruktur andockt, ist nur etwa ein<br />

Siebtel der ansonsten notwendigen Straßeninfrastruktur<br />

vonnöten, hat man errechnet. Die eingesparten<br />

Kosten können für den Park mit teils ruderalem<br />

Landschaftscharakter in der Mitte verwendet<br />

werden. Ob diese Kalkulation aufgeht, wird<br />

man wohl erst in wenigen Jahren fair beurteilen<br />

können, wenn die Entwicklung der Stadt drumherum<br />

abgeschlossen sein wird.<br />

Ein so großes<br />

Wohnhaus braucht<br />

auch soziale<br />

Kontrolle. Das ist<br />

weniger eine Frage<br />

der Architektur<br />

als der Verwaltung,<br />

mehr eine der<br />

Software als der<br />

Hardware.<br />

Mit „Wohnen im Hochhaus“ assoziieren die einen<br />

Monotonie und Elend des Plattenbaus, die anderen<br />

haben Prestigereicheres im Sinn und denken<br />

an eine Eingangshalle mit Concierge und luxuriöse<br />

Apartments mit atemberaubender Aussicht.<br />

Das Wohnhochhaus „Taborama“ in Wien ist irgendwo<br />

dazwischen angesiedelt. Es liegt im zentral ge-<br />

Begrünte weiße Stapel<br />

Das nach seiner Lage am Straßenzug „Am<br />

Tabor“ benannte Hochhaus Taborama am<br />

südlichen Eingang zur Freien Mitte ist der<br />

erste fertiggestellte der insgesamt sechs<br />

Türme im Quartier. Nicht nur wegen seiner<br />

60 Meter Höhe sticht er hervor, sondern<br />

auch wegen seiner leichtfüßigen Ausstrahlung,<br />

die viel heiterer anmutet als die<br />

von Investorenlogik und Bauträgerpragmatik<br />

gezeichneten grauschattierten Blöcke<br />

im unmittelbaren Umfeld. An der östlichen<br />

Gebäudefront wird noch eine niedrigere<br />

Bebauung entlang der Hauptstraße<br />

des Quartiers, der Bruno-Marek-Allee, die<br />

Lücke schließen. Querkraft Architekten<br />

schichteten die Baumasse in unterschiedlich<br />

dimensionierte „Pakete“, so erscheint<br />

der Bau weniger dominant.<br />

Das oberste Segment springt zurück, um<br />

die Nachbarbauten möglichst wenig zu<br />

beschatten. Fassadenbegrünungen sind<br />

als Maßnahmen gegen Hitzeinseln in Wien<br />

zwar dezidiert erwünscht, in manchen Fällen<br />

sogar vorgeschrieben. Nicht jedoch<br />

bei Hochhäusern, wo das Grün Kollisionen<br />

mit dem Brandschutz verursacht. Daher<br />

wird aus großen Pflanztrögen entlang der<br />

geschossübergreifenden Stäbe nur in jeder<br />

zweiten Schicht ein grünes Kleid emporwachsen<br />

dürfen. Zwischen den vier weißen Stapeln liegen<br />

drei „Zäsurgeschosse“ mit umlaufender Balkonzone<br />

und schwarzer Fassade. Mit drei Metern<br />

beträgt ihre Raumhöhe etwas mehr als bei den anderen<br />

Geschossen. Im Wettbewerbsprojekt hatten<br />

die Architekten hier gewerbliche Nutzungen wie<br />

Arztpraxen und Büros sowie größere Terrassen an<br />

den Schmalseiten vorgeschlagen. Doch schon die<br />

Jury befand, dass eine Wohnnutzung nicht dem<br />

strukturellen und gestalterischen Konzept widerspräche.<br />

Gemeinschaft vertikal<br />

Im geförderten Wiener Mietwohnungsbau sind<br />

verpflichtend Kriterien der sozialen Nachhaltigkeit<br />

zu erfüllen. Während in diesem Marktsegment<br />

mittlerweile oft sehr kreativ programmierte Ge-

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