Unfaire Blicke auf das Ganze - Christian Reder
Unfaire Blicke auf das Ganze - Christian Reder
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an der Bürokratie, die üblicherweise intern herrschen. Dabei könnte die plausible<br />
Distanz, die praktisch alle Beteiligten der Kunstausbildung gegenüber einnehmen,<br />
als die eigentliche Chance begriffen werden, und sie wird es auch, punktuell, sehr<br />
personenorientiert, im Sinn filigraner Prozesse, in denen sich Ursache und<br />
Wirkung, Lehren und Lernen, Theorie und Praxis, Aufwand und Ergebnis, Pro und<br />
Kontra einer Effizienzbetrachtung eher entziehen, weil der individuelle Werdegang<br />
in künstlerischen Bereichen eben ein Experiment schlechthin ist, mit höchst<br />
ungewissem Ausgang.<br />
Daß diese Ungewißheit die Investitionsneigung von Staat und Wirtschaft, die<br />
>Strukturen< betreffend, weiterhin in Grenzen hält, ist die Kehrseite davon. Spürbar<br />
wird, für wie teuer eine künstlerische Ausbildung, gerade in ihren noch nicht<br />
industrialisierten Formen, angesehen wird, wo sie doch im Zweifel bloß<br />
Startchancen verbessern kann und sich vage als Infiltration der Gesellschaft mit<br />
künstlerischen Gesichtspunkten auswirkt. Mit in gewissem Sinn bestechender<br />
Konsequenz gilt <strong>das</strong> Interesse immer mehr dem Ende des gesamten Verfahrens -<br />
den Museen. Diesen Weg andersherum zu beginnen, also in vorgelagerten Phasen<br />
für ein anregendes, veränderungsbereites Klima Impulse zu setzen - <strong>auf</strong> die<br />
Produktion von Kunst und Wissenschaft, von Gestaltungsleistungen, von Forschung<br />
selbst bezogen - paßt nicht so ohne weiteres ins System des allgemeinen<br />
Börsenspiels. Ein, zwei Milliarden für ein Museum sind zuletzt politisch ohne<br />
weiteres (und fast überall) diskutabel gewesen, für eine modellhafte<br />
Kunsthochschule zum Beispiel, mit großzügigen Werkstatt- und Laborbereichen<br />
oder für die Evaluierung künstlerischer Arbeits- und Nachfragesituationen bleiben<br />
solche Einsätze jenseits des Denkbaren. Das damit zusammenhängende Do-ityourself-Konzept,<br />
als Ausdruck der allgemeinen Linie (Sich-Durchsetzen,<br />
Tüchtigkeit, Deregulierung, Entstaatlichung, Wettbewerb), tendiert wieder deutlich<br />
zur Heroisierung und Verklärung des >großenKarriereIch habe dort und dort, bei dem<br />
und dem studiert< paßt daher längst nicht mehr in selbstbewußte<br />
Künstlerbiographien, es sei denn, ein Name-Droping erweist sich eine zeitlang als<br />
nützlich. Wie - trotz allem - künstlerische Haltungen, selbst wenn sie letztlich nicht<br />
greifen, nichts >bewirkenKulturgesellschaft< eine sonderbar marginalisierte<br />
Frage. Interessant an ihr ist, daß es um den permanenten Versuch geht, um<br />
Unbestimmbares, um Sehweisen, um Einzelkontakte, um Gruppensituationen, um<br />
>freie