Lerche Nr. 24
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Lerche Nr. 24
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Kompetent und voller Erwartungen<br />
Neuer Professor am Fachbereich<br />
Studenten des Studienganges Buchhandel/Verlagswirtschaft<br />
interviewten den<br />
neuen Professor für Rechnungswesen,<br />
Controlling sowie Unternehmensgründung<br />
und -führung.<br />
LEIPZIGER LERCHE: Zum Sommersemester 2006 treten<br />
Sie die Nachfolge von Frau Prof. Erika Barth<br />
an.Was reizt Sie besonders an der neuen Aufgabe<br />
und wie bereiten Sie sich vor?<br />
DR. DIECKMANN: Mit den Gebieten, die ich hier<br />
unterrichten werde, habe ich mich in den letzten<br />
Jahren hauptsächlich beschäftigt. Als kaufmännischer<br />
Leiter bei Weltbild plus war ich zuständig<br />
für Rechnungswesen, Controlling und IT.<br />
Außerdem habe ich schon im Rahmen meiner<br />
Promotion an der Universität Hamburg Begleitkurse<br />
zur BWL gegeben. Insofern ist es mir nichts<br />
Neues, vor Studenten fachliche Inhalte zu vermitteln.<br />
Trotzdem werde ich mich natürlich intensiv<br />
vorbereiten; insbesondere was Didaktik<br />
und Neuheiten in den Bereichen Rechnungswesen<br />
und Controlling betrifft. Ich hoffe auf das<br />
Interesse der Studenten, ich erwarte, dass Studenten<br />
mitmachen, den Stoff kritisch hinterfragen<br />
und den Willen zeigen, ihr Studium erfolgreich<br />
zu Ende zu führen. Nicht nur in meinen Fächern,<br />
sondern in allen.<br />
LEIPZIGER LERCHE: Welches Projekt werden Sie<br />
betreuen?<br />
DR. DIECKMANN: Ich werde von Frau Prof. Barth<br />
das Projekt der Lehrbuchhandlung Bumerang<br />
übernehmen. Erfahrungen im Buchhandel zu<br />
sammeln halte ich für sehr wichtig, besonders<br />
für Studenten ohne buchhändlerische Ausbildung.<br />
Als ich direkt nach der Promotion zu Gondrom<br />
kam, musste man mir »Belletristik« noch<br />
buchstabieren. Gut, buchstabieren nicht, aber in<br />
der Einarbeitungszeit hatte ich Fragen wie: Was<br />
ist ein Barsortiment? Wieso heißt der<br />
Branchenverband »Börsenverein«? Warum muss<br />
man auf Preisbindung Rücksicht nehmen? Obwohl<br />
ich mich intensiv mit Handelsbetriebslehre<br />
beschäftigt habe, waren mir die Branchenspezifika<br />
nicht bekannt.<br />
LEIPZIGER LERCHE: Außer Rechnungswesen und<br />
Controlling geben Sie auch Vorlesungen in Unternehmensgründung<br />
und -führung. Wo werden<br />
Sie den Schwerpunkt legen?<br />
DR. DIECKMANN: Als Assistent des Verlegers beim<br />
Falken Verlag hatte ich den ersten Kontakt zur<br />
Verlagswirtschaft. Dort hatte ich viel mit Lizenzgeschäften<br />
zu tun und habe mich mit Kalkulation<br />
und Preisfindung auseinander gesetzt. Das war<br />
eine spannende Zeit. Trotzdem komme ich aus<br />
dem Buchhandel und würde den Schwerpunkt<br />
hier auch gerne auf den Buchhandel legen. Zum<br />
einen, weil ich mich da auskenne, zum anderen,<br />
weil die großen Buchhandlungen in der Branche<br />
ein immer größeres Gewicht bekommen. Es sind<br />
die Filialisten, die das Gesicht der Branche in Zukunft<br />
noch stärker prägen werden als heute. Aus<br />
meiner Erfahrung bei Weltbild plus, die eine<br />
Tochter von Weltbild und Hugendubel ist, weiß<br />
Prof. Dr. Randolf Dieckmann<br />
ich, dass es bei diesen Unternehmen einen gewissen<br />
Personalbedarf auf der unteren und mittleren<br />
Managementebene geben wird. Dabei sind<br />
aber nicht nur buchhändlerische Fähigkeiten gefragt.<br />
Gesucht werden Menschen mit Personalführungsqualitäten<br />
und damit auch Controllingkenntnissen.<br />
Es ist wichtig eine Wirtschaftlichkeitsrechnung<br />
lesen und verstehen zu können,<br />
denn es bedeutet zu wissen, wo die Stellhebel<br />
sind: Wo kann ich angreifen um erfolgreich zu<br />
sein, um dann auch besondere Bücher herstellen<br />
und verkaufen zu können? Ich denke aber, dass<br />
wir nicht nur buchhandelsspezifisch arbeiten,<br />
sondern eher einen betriebswirtschaftlichen<br />
Rundumschlag machen werden.<br />
LEIPZIGER LERCHE: Es ist zu beobachten, dass<br />
immer öfter Buchhandelsunternehmen von<br />
Filialisten übernommen werden, wie seit dem 1.<br />
Januar 2006 Gondrom von Thalia. Wie sehen Sie<br />
die Zukunft der Filialunternehmen, die noch in<br />
Familienhand sind und die der kleineren Sortimenter?<br />
Haben diese in Zeiten von Konzentrationsprozessen<br />
eine Chance zu überleben?<br />
DR. DIECKMANN: Der Buchhandel nimmt die gleiche<br />
Entwicklung wie andere Branchen des<br />
Einzelhandels vor ihm auch. Inhabergeführte<br />
Einzelunternehmen haben es zunehmend schwerer,<br />
das eigene Geschäft bei stagnierenden<br />
Margen und steigenden Kosten wirtschaftlich zu<br />
betreiben.<br />
Die »großen« Filialisten haben es dagegen vielfach<br />
leichter, unrentable durch ertragsstarke<br />
Filialen zu subventionieren und können an<br />
einem Standort existieren, wenn dies für einen<br />
»kleinen« Sortimenter nicht mehr möglich ist.<br />
Gleichzeitig müssen die Filialisten Marktanteile<br />
gewinnen, um zu wachsen, denn Wachstum<br />
bedeutet unter anderem, mit großen Verlagen auf<br />
Augenhöhe zu verhandeln und dadurch die<br />
besten Konditionen zu erzielen. Bei einem stagnierenden<br />
Markt geht das nur über einen<br />
Verdrängungswettbewerb, wobei die Gefahr besteht,<br />
dass insbesondere die finanziell schwachen<br />
Sortimenter auf der Strecke bleiben. Familienbetriebe,<br />
die filialisieren, müssen dabei<br />
besonders aufpassen. Ein Flop in der Standortwahl<br />
kann das Aus für das gesamte Unternehmen<br />
bedeuten. Aber es gibt genug Ansatzpunkte für<br />
Filialunternehmen in Familienhand oder die<br />
kleineren Sortimente. Für die Familien-Filialunternehmen<br />
wie Hugendubel und Mayersche bieten<br />
sich zum Beispiel Kooperationsmodelle an,<br />
indem bestimmte Buchhandelsprozesse gemeinsam<br />
betrieben werden. Kleinere Sortimente<br />
haben unzweifelhaft eine große persönliche<br />
Kompetenz in Sortiments-gestaltung und -kenntnis,<br />
sie sind häufig engagierter und flexibler oder<br />
haben bestimmte Schwerpunkte.<br />
Das sind alles Ansatzpunkte zur langfristigen<br />
Kundenbindung oder zur Verfolgung einer<br />
Nischenstrategie, in der sich hervorragend überleben<br />
lässt. Man sollte die Entwicklung nicht<br />
kleinreden oder ignorieren, aber auch nicht den<br />
Kopf in den Sand stecken, sondern bewusst und<br />
aktiv mit der steigenden Konzentration umgehen.<br />
LEIPZIGER LERCHE: Sie haben in Großstädten wie<br />
Hamburg und München gelebt.Wie gefällt Ihnen<br />
Leipzig?<br />
DR. DIECKMANN: Ich war schon öfter hier zu<br />
Tagungen und es gibt sehr schöne Gebiete. Ich<br />
werde mich in Leipzig sehr wohl fühlen. Da bin<br />
ich ganz sicher.<br />
LEIPZIGER LERCHE: Das ist schön zu hören. Vielen<br />
Dank für das Interview.<br />
INTERVIEW: URSULA EITZEN, CLAUDIA HANKE<br />
FOTO: PROF. DR. RANDOLF DIECKMANN<br />
ZUR PERSON<br />
• Prof. Dr. Randolf Dieckmann<br />
• 1982-88 Studium der Betriebswirtschaftslehre<br />
an der Universität Hamburg<br />
• Schwerpunkte: Handelsbetriebslehre,<br />
Personalwirtschaftslehre<br />
und Wirtschaftsrecht<br />
• 1988-1992 Promotionsstudium<br />
• 1993-1996 Filialleiter bei Gondrom<br />
• 1996-1998 Verlegerassistent<br />
beim Falken Verlag<br />
• 1998-2006 Kaufmännischer Leiter<br />
bei Weltbild plus<br />
HTWK LEIPZIG<br />
Leipziger <strong>Lerche</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>24</strong> 15