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Neues Licht auf Jesus - Turin Shroud

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Helmut Felzmann<br />

Auszüge aus dem Buch<br />

<strong>Neues</strong> <strong>Licht</strong> <strong>auf</strong> <strong>Jesus</strong><br />

Forschungsergebnisse am <strong>Turin</strong>er Grabtuch<br />

führen zu überraschenden Erkenntnissen<br />

eBook-Ausgabe 2010<br />

Felzmann Verlag<br />

Sie können das gesamte eBook <strong>auf</strong> der Website<br />

www.grabtuchvonturin.de für 9,70€ herunterladen


Die Bibelzitate entstammen den Übersetzungen:<br />

„Hoffnung für alle“, Brunnenverlag 1997<br />

„Die Bibel“, revidierte Lutherübersetzung,<br />

Württembergische Bibelanstalt 1970<br />

Das Thomasevangelium ist zitiert nach: Das Evangelium nach Thomas, übersetzt<br />

von Christoph Greiner, Genius Verlag Aach, 1998<br />

Hinweis<br />

Die Widergabe von Bildern oder die Übernahme von Zitaten bedeutet nicht, dass<br />

der jeweilige Autor mit den Ideen dieses Buches übereinstimmt.<br />

Vorderes Umschlagbild: Das Gerokreuz im K7ölner Dom<br />

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gerokreuz<br />

GNU-license http://en.wikipedia.org/wiki/GNU_Free_Documentation_License<br />

Die Verbindung zwischen dem Gerokreuz und dem <strong>Turin</strong>er Grabtuch wird im Kapitel<br />

“Die Geschichte des Grabtuches” dargestellt.<br />

<strong>Neues</strong> <strong>Licht</strong> <strong>auf</strong> <strong>Jesus</strong> – Forschungsergebnisse am <strong>Turin</strong>er Grabtuch führen zu überraschenden<br />

Erkenntnissen<br />

Ditte überarbeitete Auflage, 117 Seiten (eBook A4) / 200 Seiten (Buch A5), 26 Abbildungen:<br />

19 davon farbig<br />

©2010 und Herausgeber: Dr. Helmut Felzmann – Felzmann Verlag<br />

Die Website zu diesem Buch: www.shroud.info<br />

2


Inhaltsverzeichnis des gesamten Buches (ebook-Ausgabe)<br />

3


Vorbemerkungen<br />

Die Existenz des Grabtuchs von <strong>Turin</strong> ist letztlich ein Glücksfall für das krisengeschüttelte<br />

Christentum des 21. Jahrhunderts. Sah es vor einiger Zeit noch so aus, als<br />

wäre mit der C14-Altersuntersuchung der wissenschaftliche Nachweis erbracht<br />

worden, dass es aus dem Mittelalter stammt, und daher nur eine Fälschung sein<br />

kann, so hat sich mittlerweile das Blatt gewendet.<br />

Dieses Buch enthält einen Überblick über den aktuellsten Stand der Grabtuchforschung.<br />

Jeder Leser bekommt so die Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen<br />

und sein eigenes Urteil zu fällen. Es wird gezeigt, wie die verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Disziplinen ein Puzzle erschließen, das nur dann <strong>auf</strong>geht, wenn man die<br />

Annahme trifft, dass tatsächlich <strong>Jesus</strong> von Nazareth unter dem Tuch lag.<br />

Das Tuch bezeugt in beeindruckender Weise das grausame Ereignis der Kreuzigung<br />

mit allen schrecklichen Details – ungeschminkt. Es ist damit neben den Evangelien<br />

ein objektiver Zeuge des zentralen Ereignisses das Christentum. Doch was geschah<br />

weiter im Grab? Erzählt das Tuch eine Geschichte von Verwesung und Tod? Oder<br />

berichtet es von Leben und Auferstehung?<br />

Die Aussagen des Tuches hierzu sind eindeutig. Auch diese werden detailliert und<br />

für jedermann nachvollziehbar dargestellt. Das Tuch bestätigt demnach die Berichte<br />

im Neuen Testament über die vielen Augenzeugen, die <strong>Jesus</strong> nach seiner Kreuzigung<br />

lebend gesehen haben. Damit bezeugt das Tuch eines der unglaublichsten<br />

Dramen, das sich in der Geschichte der Menschheit zugetragen hat. Allerdings muss<br />

es etwas anders verl<strong>auf</strong>en sein, als es der traditionelle Glaube behauptet.<br />

Die Konsequenzen für das Christentum sind weitreichend und erzwingen ein Umdenken.<br />

Allerdings gilt dies nur für die dogmatische Religion, die in den ersten Jahrhunderten<br />

aus dem Leben Jesu gemacht wurde. Die Krise des traditionellen Christentums<br />

bedeutet eben nicht die Unmöglichkeit eines gestärkten Neubeginns. Und<br />

darum geht es auch in diesem Buch. Denn der Kern der heute anstehenden Reformation<br />

ist es, zu einem ideologiefreien Glauben zurückzukehren, wie ihn <strong>Jesus</strong><br />

selbst gelehrt und gelebt hat.


1. Das <strong>Turin</strong>er Tuch – ein brisanter Gegenstand<br />

Kaum ein historischer Gegenstand wurde so intensiv<br />

und von so vielen Disziplinen wissenschaftlich<br />

untersucht wie das <strong>Turin</strong>er Grabtuch.<br />

Kaum ein historischer Gegenstand ist auch so<br />

leidenschaftlich und heftig umstritten.<br />

Das <strong>Turin</strong>er Grabtuch ist ein Leinentuch von 436<br />

cm mal 110 cm Größe, <strong>auf</strong> dem das deutliche<br />

Abbild eines etwa 30-40 Jahre alten 1,80 Meter<br />

großen gekreuzigten Mannes zu erkennen ist. Es<br />

enthält verschiedene Brandflecken sowie eine<br />

Reihe von Blutspuren.<br />

Für die einen ist es eine geniale mittelalterliche<br />

Fälschung, für die anderen das echte Grabtuch<br />

von <strong>Jesus</strong> Christus. Erst in unserer Zeit stehen<br />

wissenschaftliche Methoden zur Verfügung, um<br />

der Sache objektiv <strong>auf</strong> den Grund gehen zu können.<br />

In diesem Buch sind nur die wichtigsten Untersuchungsergebnisse<br />

dargestellt, da hier vor allem die<br />

spirituellen Konsequenzen betrachtet werden sollen.<br />

Es gibt eine Reihe hervorragender Bücher, in<br />

der diese Informationen und auch die Geschichte<br />

des Grabtuches detailliert dargestellt sind 1.<br />

Abb. 1: Tuch im Original<br />

1 Z.B. die Werke von Ian Wilson, Rodney Hoare, Mary und Alan Wanger, John Iannone, Frederick T.<br />

Zugibe, Wolfgang Waldstein und Maria G. Siliato<br />

5


Die Geschichte des Grabtuches<br />

Die unstrittige Geschichte des Grabtuches 2 begann im Jahre, als sich die Witwe des<br />

Ritters Geoffroy de Charny entschloss, das Tuch in der Stiftskirche zu Lirey öffentlich<br />

auszustellen. Es zog sofort große Scharen von Pilgern an und wurde dadurch<br />

so populär, dass die weitere Geschichte des Tuches lückenlos und zweifelsfrei geklärt<br />

ist. Wie es in den Besitz der Familie de Charny gekommen ist, ist jedoch nicht<br />

bekannt. 1452 schenkte ein Nachfahre das Tuch in Ermangelung eigener Erben an<br />

Ludwig von Savoyen – das Adelsgeschlecht, aus dem später die Könige von Italien<br />

hervorgingen.<br />

1532 wäre das Tuch beinahe verbrannt, als die Schlosskapelle von Chambéry niederbrannte.<br />

Das Tuch lag dabei zusammengefaltet in einem Silberbehälter, der an<br />

einer Ecke in der Hitze schmolz, so dass das Tuch schweren Schaden nahm. Zum<br />

Glück verbrannten jedoch keine Stellen, <strong>auf</strong> denen sich wichtige Teile des Abbildes<br />

befinden.<br />

Das Tuch blieb im Besitz des Hauses Savoyen bis zum Jahre 1983, als Italiens Exkönig<br />

Umberto das Tuch kurz vor seinem Tod dem Vatikan schenkte. Seit 1578 befindet<br />

es sich in <strong>Turin</strong>. Es gibt jedoch viele Dokumente und Spuren, welche die<br />

Geschichte des Tuches zwischen dem 1. und dem 14. Jahrhundert belegen.<br />

Die frühe Geschichte des Tuches wird in einer Festpredigt vom 16. August 944 erzählt.<br />

An diesem Tage wurde das Tuch in die Stadt Konstantinopel überführt,<br />

nachdem es vorher aus der Stadt Edessa (heute Urfa in Südostanatolien) aus den<br />

Händen der Araber gerettet wurde 3. Darin wird berichtet, dass Jünger nach dem<br />

Tod Jesu das Tuch mit dem „nicht von Menschenhand gemachten Bild des Erlösers“<br />

nach Edessa zu dessen Fürsten Abgar gebracht hätten. Hierbei wurde Bezug<br />

genommen <strong>auf</strong> ältere, zum Teil erhaltene syrische Quellen. Abgar und auch sein<br />

Sohn seien Jünger Jesu gewesen. Das Tuch wurde gefaltet, so dass nur das Gesicht<br />

sichtbar war. Es war über dem Stadttor für jeden sichtbar angebracht. Zu dieser<br />

Zeit war es üblich, Abbilder der Schutzgötter einer Stadt über dem Stadttor anzubringen.<br />

2<br />

Die Geschichte des Grabtuches ist sehr ausführlich dargestellt in Ian Wilson, das <strong>Turin</strong>er Grabtuch – die<br />

Wahrheit, 1999, Seiten 357-427<br />

3<br />

Am 16. August wird in der orthodoxen Kirche heute noch dieses Ereignisses gedacht<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/August_16_(Eastern_Orthodox_liturgics)<br />

6


Abb. 2: Ankunft in Konstantinopel am 15. 8. 944 (11. Jh.)<br />

Abb. 3: Bote überreicht das Tuch<br />

mit dem Abbild (Ikone, 10. Jh.)<br />

Abb.4: Das Tuch wird wiederentdeckt<br />

(Miniatur 13. Jh.)<br />

Bemerkenswert ist, dass in den Ruinen von Nachbarorten zwei Köpfe von Göttern<br />

ausgegraben wurden, die datiert wurden <strong>auf</strong> die Jahre 31 und 54 n. Chr., die große<br />

Ähnlichkeit mit dem Antlitz des Grabtuches <strong>auf</strong>weisen.<br />

Kurze Zeit später verschwand das Bild, so die Predigt weiter, und es blieb nur eine<br />

7


dunkle Erinnerung zurück. Abgars Enkel sei nämlich zum alten Dämonenglauben<br />

zurückgekehrt. Aus Angst vor der Zerstörung des Bildes durch den heidnischen<br />

Herrscher wurde es in die Stadtbefestigung eingemauert. Dort blieb es bis zum 6.<br />

Jahrhundert vergessen.<br />

Bei einer Überschwemmung wurden Teile der Stadt Edessa zerstört. Ein Übriges tat<br />

die Belagerung der Stadt durch die Türken. Die Stadtmauer musste saniert werden.<br />

Dabei wurde im Jahr 525 das Tuch wiederentdeckt 4 und das Abbild mindestens seit<br />

544 als das nicht von Händen gemachte Abbild des Erlösers (Acheiropoieton) verehrt<br />

5. Es war so gefaltet, dass man nur das Antlitz sehen konnte, so dass die Tatsache,<br />

dass es sich eigentlich um ein Leichentuch handelte und eine Abbildung des<br />

ganzen Körpers enthielt, allmählich in Vergessenheit geriet.<br />

Die Entdeckung und Verehrung des Mandylion, wie es auch genannt wurde, steht in<br />

unmittelbarem Zusammenhang mit einem abrupten Wandel in der Darstellung des<br />

Gesichtes von <strong>Jesus</strong> in der Malerei der Ostkirche. Bis zum Anfang des 6. Jahrhunderts<br />

gab es die unterschiedlichsten Darstellungen von <strong>Jesus</strong>. Eine häufige Darstellungsart<br />

war beispielsweise die des bartlosen guten Hirten. Mit der Wiederentdeckung<br />

des Tuches wurde dessen Bild innerhalb kürzester Zeit der Maßstab für die<br />

Darstellung Jesu, da es als „das wahre Antlitz Jesu“ verehrt wurde. Es gibt unzählige<br />

Ikonen mit dem Abbild des Mandylion in den orthodoxen Kirchen. Bis zum 1.<br />

Weltkrieg wurde es sogar als Zeichen göttlichen Schutzes in Schlachten mitgeführt.<br />

Besonders interessant ist der Wandel der Christusmosaiken in Ravenna, da diese<br />

Stadt ihre Blütezeit im 5. und 6. Jahrhundert erlebte und es daher Mosaiken gibt, die<br />

aus der Zeit vor dem Auffinden des Tuches stammen und solche, die erst kurz danach<br />

entstanden sind …<br />

Ein Lebender unter den Toten<br />

8<br />

Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ wurden sie [die Frauen, die am Ostermorgen<br />

in das Grab gingen] von den Männern gefragt. "Er ist nicht hier; er ist <strong>auf</strong>erstanden!"<br />

(Lukas 24:5-6)<br />

Zeichen des Lebens sind sicherlich das Letzte, was man <strong>auf</strong> einem Grabtuch erwarten<br />

würde. Wer würde auch einen Lebenden bei den Toten vermuten? Alle Umstände deuten<br />

dar<strong>auf</strong>hin, dass der Mann unter dem Grabtuch tot gewesen sein muss: die schweren<br />

Misshandlungen, die Kreuzigung, dazu bestimmt einen Menschen vom Leben in den<br />

Tod zu befördern, alleine schon die Tatsache, dass hier ein Begräbnis durchgeführt<br />

wurde. Trauer ist hier angesagt; lächerlich, niemand kann diese schwersten Verwundun-<br />

4 Bericht des byzantinischen Historikers Prokop von Caesare<br />

5 Der Geschichtsschreiber Evagrius Scholasticus schrieb in seiner Kirchengeschichte von 594 im Zusammenhang<br />

mit der Belagerung durch die Perser im Jahre 544: „Als sie sich keinen Rat mehr wussten, brachten<br />

sie das von Gott erschaffene Bild herbei, das nicht von Menschenhand gemacht wurde, sondern das<br />

Christus, unser Gott, dem Abgang schickte als dieser ihn zu sehen begehrte“.


gen überleben! Selbst wenn Geißelung und Kreuzigung nicht zum Tode geführt hätten,<br />

spätestens der Lanzenstich - direkt ins Herz, wie manche glauben – muss zum Exitus<br />

geführt haben. Und überhaupt: ein römisches Hinrichtungskommando kann man nicht<br />

täuschen. Die Annahme, dieser Mann habe quasi alle Zeugen von Kreuzigung und Begräbnis<br />

zum Narren gehalten, erscheint einfach aberwitzig - ein Husarenstreich in der<br />

Geschichte der Kreuzigungen sozusagen.<br />

Etwa 1950 hat dennoch ein gewisser Hans Naber im Nachkriegsdeutschland die Aussage,<br />

<strong>Jesus</strong> wäre nicht am Kreuz gestorben, gemacht. Er begründete sie mit einer direkten<br />

Botschaft von <strong>Jesus</strong> Christus an ihn, sowie mit Beobachtungen am <strong>Turin</strong>er<br />

Grabtuch, wonach zu viel Blut <strong>auf</strong> diesem Tuch sei, weil Leichen nicht mehr bluten<br />

würden - zumindest würden sich die großen Blutmengen <strong>auf</strong> dem Tuch nicht mit einer<br />

Leiche vertragen.<br />

Naber war sehr aktiv, publizierte selbst eine Reihe von Büchern, wurde jedoch heftig<br />

angegriffen und sogar zu zwei Jahren Gefängnis wegen Betrugs verurteilt. Sowohl die<br />

deutsche Presse als auch die kirchlichen Autoritäten ignorierten ihn einfach. Immerhin<br />

berief jedoch im Jahre 1969 der <strong>Turin</strong>er Kardinal Pellegrino unbemerkt von der<br />

Öffentlichkeit eine Expertenkommission, um Naber’s Hypothese an Hand des Tuches<br />

zu überprüfen. Das Resultat war zu erwarten: der Mann unter dem Tuch wäre<br />

wirklich tot gewesen, Naber liege falsch mit seiner Behauptung 6. Aber die Idee war in<br />

die Welt gesetzt und auch andere Autoren kamen später ebenfalls zu dieser Erkenntnis<br />

7.<br />

Was ist also wirklich dran an der Idee, der Mann hätte im Grab noch gelebt und Beobachtungen<br />

am Tuch würden dies bestätigen? Da hier etwas äußerst Unwahrscheinliches<br />

(aber natürlich grundsätzlich Mögliches) behauptet wird, bedarf es schon sehr<br />

guter Argumente beziehungsweise sehr überzeugender Indizien, um diese Behauptung<br />

als wahr anzunehmen 8.<br />

Im Grunde kann man diese Frage (Tod oder Leben) nur dadurch beantworten, dass<br />

man zwei Szenarien entwickelt: was wäre zu erwarten, wenn der Mann tot war, was dagegen,<br />

wenn er noch am Leben war. Besonders wichtig sind hier Blutflecken, Hinweise<br />

<strong>auf</strong> Leichenstarre sowie die Frage ob diese Grundannahme auch Auswirkungen <strong>auf</strong> eine<br />

Erklärung für die Entstehung des Abbildes hat. Natürlich muss man für eine endgültige<br />

Entscheidung das Gesamtbild betrachten, da einzelne Details einen Interpretations-<br />

6 Die ganze Geschichte wird dargestellt in: http://www.kroi.de/NABER3.HTM<br />

7 Holger Kersten, <strong>Jesus</strong> lebte in Indien, 1983, Die <strong>Jesus</strong>verschwörung, 1992; Rodney Hoare, The <strong>Turin</strong><br />

shroud is genuine, 1984/94); Karl Herbst, Kriminalfall Golgatha, 1992; Helmut Felzmann, Revolution im<br />

Christentum, 2002; Gerhard Kuhnke, Rom und das Grabtuch, 2004.<br />

8 Diese Aussage entspricht einem der Hauptsätze der Statistik (Satz von Bayes): je unwahrscheinlicher<br />

ein Ereignis ist, um so mehr Indizien muss es geben, damit es als „wahr“ angenommen werden darf. Dies<br />

entspricht ja auch der allgemeinen Lebenserfahrung – Beispiel: man hörte ein Geräusch am Himmel, sieht<br />

hoch und erkennt ein Objekt, das wie ein Flugzeug aussieht. „Aha, eine Flugzeug“, denkt man und geht<br />

zur Tagesordnung über. Wenn das Objekt aber wie eine fliegende Untertasse aussieht (sehr unwahrscheinlich),<br />

sieht man schon genauer hin. Man würde sehr viele starke Indizien benötigen, um zu glauben,<br />

man habe tatsächlich eine fliegende Untertasse gesehen.<br />

9


spielraum offen lassen, und man sich immer für einzelne Aspekte <strong>auf</strong> dem Tuch Umstände<br />

ausdenken kann, wodurch dann sowohl das eine als auch das andere Szenario<br />

möglich ist.<br />

…<br />

Die Entstehung des Abbildes<br />

…<br />

Beim Abbild handelt es sich nicht um einen Kontaktabdruck, denn es sind Details<br />

von Körperstellen zu erkennen, an denen das Tuch einen Abstand von bis zu 5cm<br />

vom Körper gehabt haben musste. Diffusionsprozesse (durch Moleküle die vom<br />

Körper <strong>auf</strong>steigen) alleine scheiden aus, da dadurch nie ein Abbild in dieser photografischen<br />

Schärfe entstanden sein konnte.<br />

Es besteht daher ein breiter Konsens unter den Grabtuchforschern, dass die Entstehung<br />

des Abbildes etwas mit Energie zu tun haben muss. Geht man von einem<br />

toten, also kalten Körper aus, so gibt es keinen bekannten Prozess, der die Entwicklung<br />

eines derartigen Bildes erklären würde. Wo soll in diesem Fall die Energie<br />

für die Entstehung eines Bildes mit einer derart hohen Auflösung auch herkommen?<br />

Viele gläubige Menschen gehen daher von einem Art Energieblitz aus, der bei der<br />

Auferstehung freigesetzt wurde und das Abbild des Körpers irgendwie in das Tuch<br />

eingebrannt hat, möglicherweise durch das plötzliche Auftreten einer hohen elektrischen<br />

Spannung zwischen Tuch und Körper.<br />

Diese “Corona Discharge Hypothese” wird z.B. vertreten von Prof. Fanti 9 (Univ.<br />

von Padua) und wird derzeit sehr kontrovers diskutiert. Der amerikanische Chemiker<br />

Raymond Rogers (gestorben 1995) hat festgestellt, dass elektromagnetische Wellen,<br />

die energiereicher sind als die Farbe Grün, Fasern beschädigen. Er hat nun solche<br />

Beschädigungen, die auch z.B. <strong>auf</strong>grund natürlicher Radioaktivität erfolgen<br />

können, verglichen in Fasern mit Bild und Fasern ohne Bild und ist zu dem Ergebnis<br />

gekommen, dass es hier keine signifikanten Unterschiede gibt. Er schließt daraus,<br />

„dass das Bild nicht durch Energiestrahlen gleich welcher Art entstanden sein<br />

kann: Photonen, Elektronen, Protonen, Alpha Teilchen und/oder Neutronen”. 10 In<br />

meinen Augen ist die Wissenschaft dann nicht mehr zuständig, wenn ein Wunder als<br />

Teil der Erklärung herangezogen wird.<br />

Was hat die Forschung nun über die Eigenschaften des Abbildes herausgefunden?<br />

Genaue Untersuchung von Leinenfasern, die sich im Bereich des Abbildes befinden,<br />

haben Folgendes ergeben 11:<br />

9 Giulio Fanti et al, Body Image Formation Hypothesis based on Corona Discharge,<br />

http://www.dim.unipd.it/misure/fanti/corona.pdf<br />

10 http://www.shroud.com/pdfs/rogers8.pdf<br />

11 Raymond N. Rogers und Anna Arnoldi, Scientific method applied to the <strong>Shroud</strong> of <strong>Turin</strong> – a review,<br />

http://www.shroud.com/pdfs/rogers2.pdf<br />

10


….<br />

• Nur <strong>auf</strong> der Oberfläche der Fasern befindet sich eine gelbe chemische Substanz,<br />

die von einem gewissen Abstand aus betrachtet den Eindruck eines<br />

Abbildes vermittelt. Die Fasern selbst sind unverändert. In den Fasern selbst<br />

ist weder eine Verfärbung noch eine andere irgendwie geartete Veränderung<br />

feststellbar.<br />

• Nicht alle Fäden im Bildbereich sind mit dieser Substanz besetzt. Es kann<br />

unmittelbar danebenliegende Fäden geben, deren Oberflächen unverändert<br />

(also ohne Bildsubstanz) geblieben sind.<br />

• Die Entstehung des Abbildes muss bei relativ geringer Temperatur (Raum-<br />

bzw. Körpertemperatur) stattgefunden haben. Auf keinen Fall kann es durch<br />

Hitzeeinwirkung (Versengungsprozess) entstanden sein. In diesem Fall müssten<br />

bei UV-Bestrahlung die reflektierten Farben ein anderes Spektrum haben,<br />

als die Untersuchungsergebnisse zeigen. Die Bildbereiche unterscheiden sich<br />

hier ganz wesentlich von den Bereichen, die beim Feuer in Chambéry angesengt<br />

wurden. Es ist also davon auszugehen, dass der Vorgang der Abbildentstehung<br />

eine gewisse Zeit benötigt hat.<br />

• Die gelbe Substanz befindet sich <strong>auf</strong> allen Seiten der betroffenen Fasern, also<br />

auch <strong>auf</strong> der vom Körper abgewandten Seite. Wäre das Bild durch direkte<br />

Energieeinwirkung zustande gekommen, dann müsste die Energie so stark<br />

gewesen sein, dass sie vorher auch das Innere der Faser verfärbt hätte, bevor<br />

sie an der gegenüberliegenden Seite der Fasern eine Verfärbung verursacht<br />

hätte.<br />

• Bei dem Tuch, das <strong>auf</strong> der Körperoberseite gelegen hat, ist auch <strong>auf</strong> der Außenseite<br />

an manchen Stellen ein Abbild zu erkennen. Das Abbild ist also an<br />

einigen Stellen <strong>auf</strong> beiden Seiten des Stoffes entstanden. 12<br />

Lag unter dem Tuch der historische <strong>Jesus</strong> von Nazareth?<br />

Kann man so etwas wirklich zu 100 Prozent wissen - ist eine solche Aussage im wissenschaftlichen<br />

Sinne überhaupt zulässig? Natürlich nicht, denn keine Aussage über<br />

die Vergangenheit lässt sich hundertprozentig beweisen, da man sie nicht experimentell<br />

nachvollziehen kann.<br />

Waren vor 40 Jahren wirklich Menschen <strong>auf</strong> dem Mond und sind dort herumspaziert?<br />

Vielleicht war das Ganze nur eine meisterhafte Inszenierung Hollywoods - eine<br />

geniale Fälschung eben und alle haben es geglaubt, eine gigantische Verschwörung<br />

mit dem Ziel, Pluspunkte im kalten Krieg zu sammeln? Kann man das sicher<br />

ausschließen? Man braucht nur ein wenig zu googeln, und schon werden eine Fülle<br />

12 Giulio Fanti and Roberto Maggiolo, The double superficiality of the frontal image of the <strong>Turin</strong> shroud,<br />

Journal of Optics A : Pure and Applied Optics, 6/2004 www.sindone.info/fanti.pdf<br />

11


von „Indizien“ – sogar mit Fotos und Filmen - frei Haus geliefert 13.<br />

Dennoch wird ganz selbstverständlich - und wie ich glaube zu Recht - behauptet,<br />

Apollo wäre tatsächlich <strong>auf</strong> dem Mond gelandet, obwohl niemand, der nicht selbst<br />

mitgeflogen ist, das absolut sicher wissen kann. Der französische Philosoph Descartes<br />

behauptete sogar: das einzige, was wir wirklich sicher wissen können ist, dass<br />

wir existieren. Offensichtlich bleibt uns gar nichts anderes übrig, als im Grunde alles<br />

als Wirklichkeit zu glauben, auch wenn wir es nicht hundertprozentig wissen oder<br />

beweisen können.<br />

Können Sie in diesem Sinne glauben, dass unter dem <strong>Turin</strong>er Grabtuch einmal ein<br />

wirklicher, gekreuzigter Mensch gelegen hat? Gut, dann geht es „nur“ noch um die<br />

Frage: war es der historische <strong>Jesus</strong> von Nazareth (also „unser“ <strong>Jesus</strong> Christus), oder<br />

war es eine andere Person, die so wie <strong>Jesus</strong> gekreuzigt wurde. Hundertprozentig<br />

werden wir das nie wissen können, aber vielleicht reichen die Indizien aus, damit wir<br />

es glauben können. Schauen wir uns die Sache einmal sehr genau an. Es gibt Indizien<br />

ersten Grades (möglich), zweiten Grades (wahrscheinlich) und dritten Grades<br />

(eindeutig) 14. Ein „falscher“ <strong>Jesus</strong> hätte alle Indizien auch erfüllen müssen, denn es<br />

gibt kein einziges Indiz, das gegen den echten <strong>Jesus</strong> spricht – von der C14-<br />

Alterbestimmung einmal abgesehen, mittels der das Tuch in das Mittelalter datiert<br />

wurde, aber das ist etwas ganz anderes und wird eingehend im nächsten Kapitel behandelt.<br />

Wenn irgendetwas nicht zu „unserem“ <strong>Jesus</strong> passen würde, der Mann des Grabtuches<br />

also zum Beispiel zerschlagene Unterschenkel hätte, dann wäre die Sache sofort<br />

erledigt - jede weitere Diskussion würde sich übrigen, auch wenn alles andere<br />

passen würde. Aber dem ist eben nicht so.<br />

…<br />

13 Schlüsselworte „moon landing fake“ ergeben z.B. http://www.ufos-aliens.co.uk/cosmicapollo.html :<br />

„The faked Apollo landings“ (die gefälschten Apollo Landungen)<br />

14 Diese Klassifizierung habe ich von Karl Herbst übernommen (S. 79ff)<br />

12


Die Misshandlung des Grabtuches<br />

There will be hell to pay when the truth comes out.<br />

Raymond Rogers, einer der prominenteste Grabtuchwissenschaftler über die C14-<br />

Untersuchung 15<br />

Leider sind die Informationen rund um das Grabtuch nicht komplett, ohne dass man<br />

auch diese dunkle Ecke behandelt. Nicht nur der Mann des Grabtuches wurde nämlich<br />

misshandelt, sondern auch „sein“ Tuch wurde und wird in den letzten Jahrzehnten<br />

misshandelt. Was ist damit gemeint?<br />

Mit dem <strong>Turin</strong>er Grabtuch ist es gerade so, als stünde <strong>Jesus</strong> vor einer skeptischen, nur<br />

<strong>auf</strong> Fakten ausgerichteten Welt und sagte wie damals zu Thomas: „Lege deine Finger <strong>auf</strong><br />

meine durchbohrten Hände! Gib mir deine Hand und lege sie in die Wunde an meine Seite! Zweifle<br />

nicht länger, sondern glaube!“ (Joh. 20:27) – gäbe es da nicht ein einziges Forschungsergebnis,<br />

welches alle diese Indizien in Frage stellen würde.<br />

1988 gab die katholische Kirche die Erlaubnis, ein Stück aus dem Grabtuch herauszuschneiden<br />

und damit eine Altersbestimmung nach der Radiokarbonmethode<br />

durchzuführen. Diese nutzt die Tatsache, dass ein gewisser Anteil des Kohlenstoffs<br />

in der Luft aus radioaktiven C14-Isotopen besteht. Diese zerfallen zwar mit einer<br />

gewissen Halbwertszeit, es entstehen jedoch in den obersten Schichten der Atmosphäre<br />

<strong>auf</strong> Grund der Sonnenstrahlung permanent neue C14-Isotope, so dass sich<br />

in der Luft ein Gleichgewicht bildet. In einem lebenden Organismus entspricht der<br />

Anteil dieser Atome exakt dem Verhältnis der Luft. Stirbt der Organismus jedoch,<br />

dann verringert sich die Zahl der C14-Isotope nach jeweils 5730 Jahren <strong>auf</strong> die Hälfte.<br />

Je geringer der C14-Anteil, umso älter ist also das organische Material.<br />

Das herausgeschnittene Stoffstück wurde zerteilt und an drei renommierte Institute<br />

geschickt. Am 13. Oktober 1988 wurde das Ergebnis bekannt gegeben: das Grabtuch<br />

stamme mit höchster Sicherheit aus dem 13. bis 14. Jahrhundert. Der Kardinal<br />

von <strong>Turin</strong>, Ballestrero, erklärte kurz dar<strong>auf</strong>, es sei nun erwiesen, dass es sich bei dem<br />

Grabtuch um eine mittelalterliche Fälschung handle.<br />

Was würde passieren, wenn Ötzi, die Gletscherleiche aus Südtirol, per C14-Methode<br />

ins Mittelalter datiert werden würde? Kein Mensch würde wahrscheinlich von dieser<br />

peinlichen Messung je etwas erfahren. Aber beim <strong>Turin</strong>er Grabtuch wurde dieses<br />

Alter wie ein Dogma verkündet, wurde diese Information als unbestechliche, wissenschaftliche<br />

Wahrheit so geschickt unters Volk gebracht, dass es zwei Jahrzehnte<br />

dauerte, bis diese Messung auch von einer breiteren Öffentlichkeit allmählich als<br />

falsch geglaubt wird.<br />

Da das C14-Ergebnis sämtlichen anderen Forschungsergebnissen widerspricht,<br />

15 Rückseite von William Meacham’s book, The Rape of the <strong>Turin</strong> <strong>Shroud</strong> – How Christianity’s most precious<br />

relic was wrongly condemned, and violated, 2005 – Deutsche Übersetzung: „Das wird ein höllisches<br />

Abzahlen geben, wenn die Wahrheit ans <strong>Licht</strong> kommen wird.“<br />

13


muss etwas falsch gemacht worden sein. In der Tat ist jedoch viel Schlimmeres passiert,<br />

als dass man sagen könnte, es ist einfach etwas schief gel<strong>auf</strong>en. Das Ganze liest<br />

sich wie eine Kriminalgeschichte. Dan Brown’s „Sakrileg“ ist harmlos dagegen.<br />

Letztlich gibt es nämlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder das falsche Datum war<br />

die Folge eines sträflichen und unglaublichen Dilettantismus, mit dem die Probe<br />

entnommen wurden, oder die Proben wurden in <strong>Turin</strong> schlicht und einfach vorsätzlich<br />

ausgetauscht, bevor sie zu den Instituten geschickt wurden. Das einzige, was<br />

wirklich fest steht ist, dass die C14-Institute gut und sorgfältig gearbeitet und auch<br />

richtig gemessen haben, nur leider - bitte lachen Sie jetzt nicht - hatten sie kein<br />

Stück aus dem Originaltuch erhalten, sondern ein Stück aus einem mittelalterlichen<br />

Tuch.<br />

Was ist da passiert? Als die Probenentnahme und das ganze Prozedere der Altersbestimmung<br />

in den 80er Jahren entschieden und allmählich festgelegt wurde, haben<br />

Fachleute wie der Archäologe William Meacham immer wieder eindringlich gefordert,<br />

unbedingt an verschiedenen Stellen des Tuches Proben zu entnehmen, weil ansonsten<br />

immer die Gefahr besteht, dass versehentlich eine Stelle gewählt wird, an<br />

der sich kein Originaltuch befindet, weil die Stelle zum Beispiel in späterer Zeit perfekt<br />

geflickt wurde. Das „unsichtbare“ Ausbessern von wertvollen Tüchern war im<br />

Mittelalter eine hohe Kunst. Leider hatten jedoch Leute das Sagen, die von solchen<br />

Dingen offensichtlich nichts verstanden, und so wurde beschlossen, nur an einer<br />

einzigen Stelle eine Probe zu entnehmen.<br />

Doch es kam noch schlimmer: es waren auch keinerlei chemische Tests vorgesehen,<br />

mit der hätte überprüft werden können, ob wenigstens die chemischen Eigenschaften<br />

der Probe mit den bekannten Eigenschaften des Kerntuches übereinstimmten.<br />

Es war ursprünglich geplant, das entnommene Stück in sieben Teile zu zerschneiden<br />

und an die gleiche Anzahl Forschungsinstitute zu schicken. Buchstäblich in letzter<br />

Minute wurde dieses Protokoll jedoch kommentarlos abgeändert und die Zahl der<br />

Forschungsinstitute <strong>auf</strong> drei reduziert. Über die Stelle, an der die Probe herausgeschnitten<br />

werden sollte, wurde gar nicht erst diskutiert. Die Entscheidung darüber<br />

geschah hinter den Kulissen bzw. wurde quasi ad hoc getroffen. Gewählt wurde eine<br />

sehr ungünstige Stelle in der Nähe einer Ecke, an der das Tuch im L<strong>auf</strong>e seiner<br />

Geschichte unzählige Male angefasst und dabei verschmutzt und beschädigt wurde.<br />

…<br />

14


2. Abschied vom traditionellen Gottesbild<br />

Unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk…<br />

Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie<br />

ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat<br />

ich ab, was kindlich war. (1. Kor. 13:9-11)<br />

Wie geht es Ihnen jetzt, nachdem Sie das erste Kapitel gelesen haben? Vielleicht<br />

kannten Sie das alles schon irgendwie, haben vor vielen Jahren bereits das Buch „<strong>Jesus</strong><br />

lebte in Indien" gelesen, und die jetzige Lektüre hat Sie nur in Ihrer Auffassung<br />

bestätigt. Oder diese Informationen um das <strong>Turin</strong>er Grabtuch waren einfach nur interessant<br />

für Sie, weil sie sowieso noch nie wirklich an die übernatürliche Seite des<br />

Christentums geglaubt haben.<br />

Möglicherweise aber wurden durch das, was Sie hier gelesen haben, für Sie heilige<br />

Wahrheiten in Frage gestellt. Vielleicht kämpfen Sie jetzt gerade innerlich, sammeln<br />

Gegenargumente, denken vielleicht: „Wie kann es dieser Autor wagen, die Glaubwürdigkeit<br />

der Bibel, die Autorität des Wortes Gottes und seiner Kirche, die seit fast<br />

2000 Jahren Bestand hat, derart in Frage zu stellen? Soll der Papst jetzt konsequenterweise<br />

die Kerndogmen des Glaubens, an die so viele Generationen von Menschen<br />

über die Jahrhunderte hinweg fest geglaubt haben, abschaffen? Ich jedenfalls<br />

werde weiterglauben, so wie es überliefert ist, egal was ein altes Tuch vielleicht an<br />

„Indizien“ enthält.“<br />

Es dürfte wohl mindestens noch zwei bis drei Generationen brauchen, bis es möglich<br />

sein wird, das christliche Glaubensbekenntnis, wie es im Kern <strong>auf</strong> dem Konzil<br />

von Nicea im Jahre 325 beschlossen wurde, überhaupt <strong>auf</strong> Konzilsebene zu diskutieren.<br />

Die offizielle Glaubenswelt wird also sicherlich noch einige Zeit (scheinbar)<br />

unverrückbar bleiben.<br />

Religionsfreiheit gilt ja immer in zwei Richtungen: etwas Bestimmtes nicht (mehr)<br />

zu glauben oder etwas Bestimmtes eben weiterhin zu glauben. Es ist auch klar, dass<br />

niemand die Macht hat, Ihren Glauben zu verändern. Das können nur Sie selbst.<br />

Vielleicht aber erging es Ihnen so wie mir, und Sie konnten sich diesen Argumenten<br />

nicht entziehen. Für mich war das Grabtuch von <strong>Turin</strong> über Jahrzehnte ein Hinweis<br />

<strong>auf</strong> die übernatürliche Auferstehung Jesu. Es war mir klar, dass die Entstehung des<br />

Abbildes etwas mit Energie zu tun haben musste, aber wo soll diese Energie bei einer<br />

Leiche herkommen? Also kann – so dachte ich - doch nur ein übernatürliches<br />

Ereignis quasi fotografisch festgehalten worden sein. Ich hatte gerade angefangen,<br />

ein neues Buch zu schreiben, das auch über das Grabtuch handeln sollte, als ich zufällig<br />

beim Stöbern in einer Buchhandlung <strong>auf</strong> ein Werk mit dem Titel: „<strong>Jesus</strong> starb<br />

nicht am Kreuz - die Botschaft des <strong>Turin</strong>er Grabtuchs“ stieß. „Nein, mit so etwas<br />

Ketzerischem beschäftige ich mich nicht!", war meine erste Reaktion. Doch dann<br />

dachte ich mir, dass, wenn ich schon ein Buch über das <strong>Turin</strong>er Grabtuch schreiben<br />

15


will, ich mich auch mit Meinungen auseinandersetzen sollte, die mir nicht behagen,<br />

und las dieses Buch schließlich doch. Es bereitete mir auch gleich eine schlaflose<br />

Nacht, denn ein blinder Glaube, der wissenschaftlichen Erkenntnissen offensichtlich<br />

widerspricht, kommt für mich grundsätzlich nicht in Frage.<br />

Ich befand mich damals bereits in einer Zeit der spirituellen Neuorientierung. Noch<br />

zwei Jahrzehnte vorher, in meiner „Sturm und Drangzeit“, stand ich regelmäßig mit<br />

anderen freikirchlichen Christen <strong>auf</strong> den Straßen Münchens, um den <strong>auf</strong>erstanden<br />

Christus zu predigen. Und jetzt wurde mir zunehmend klar, dass das historisch so<br />

gar nicht stimmen konnte. Ich musste mich konsequenterweise auch noch von einigen<br />

anderen orthodoxen Glaubensvorstellungen verabschieden. <strong>Neues</strong>, insbesondere<br />

die christliche Mystik, trat in mein Leben. Und von diesem Umbau sollen die folgenden<br />

zwei Kapitel handeln. Es ist mir sehr wichtig, den gläubigen Leser jetzt nicht<br />

quasi im Regen stehen zu lassen („ist alles Mist was du glaubst!“), sondern zu zeigen,<br />

dass es jetzt erst anfängt, interessant zu werden.<br />

Es geht dabei in diesem Buch nicht um die Predigt einer neuen ketzerischen Lehre.<br />

Es geht hier eben gerade nicht um Dogmatik. Erst die wissenschaftlichen Instrumente<br />

und Betrachtungsweisen unserer Zeit haben zu Erkenntnissen geführt, die eine Neubewertung<br />

des traditionellen Glaubens erforderlich machen. Die Sache lässt sich daher<br />

recht gut vergleichen mit der Geschichte von Galileo Galilei…<br />

…<br />

Von <strong>Jesus</strong> zu Christus - die Entstehung einer neuen Religion<br />

16<br />

Die Kirche lebt davon, dass die Ergebnisse der wissenschaftlichen<br />

Leben-Jesu-Forschung in ihr nicht publik sind.<br />

Der Theologe Conzelmann 16<br />

Wie ist es dazu gekommen, dass aus dem Sohn eines Handwerkers, der durch die<br />

Lande zog und bedingungslose Liebe, Wahrheit, sowie den Weg zum wahren Glück<br />

predigte, Christus, die zweite Person der göttlichen Trinität wurde? Wie wurde aus<br />

dem Menschen Jeshua, der einfach nur ein Bruder sein wollte, diese überirdische<br />

Gestalt: von einem Engel angekündigt, von einer Jungfrau geboren, mit magischen<br />

Fähigkeiten ausgestattet, ein Wesen, das über das Wasser gehen konnte, das nach der<br />

Kreuzigung <strong>auf</strong>erstand, einen überirdischen Leib hatte und schließlich mit diesem<br />

Leib in den Himmel <strong>auf</strong>gefahren ist und dort zur Rechten Gottes, des Vaters sitzt,<br />

um irgendwann einmal ein zweites Mal zu kommen und alle Menschen zu richten?<br />

Bevor wir uns nun der Entstehungsgeschichte der christlichen Religion zuwenden,<br />

macht es Sinn, der Frage nachzugehen, von welchen religiösen und philosophischen<br />

16 Conzelmann, Zur Methodik der Leben-<strong>Jesus</strong>-Forschung, S. 8


Vorstellungen der damaligen Zeit <strong>Jesus</strong> eventuell selbst beeinflusst war. Wie ist <strong>Jesus</strong><br />

von Nazareth selbst spirituell „<strong>auf</strong>gewachsen“?<br />

Der spirituelle Hintergrund Jesu<br />

Aus der Sicht des traditionellen Glaubens ist dies ein Tabuthema. Wenn <strong>Jesus</strong> als der<br />

Sohn Gottes direkt vom Himmel in diese Welt gekommen wäre, dann erschiene es<br />

nur logisch, wenn er bereits alle Weisheit und Erkenntnis mitgebracht hätte. Kein<br />

Wunder, dass die Bibel kaum etwas davon berichtet, was zwischen seiner frühesten<br />

Kindheit und dem Beginn seines Wirkens als Erwachsener passiert ist – sieht man<br />

einmal von der kurzen Episode des Zwölfjährigen im Tempel ab. Im Lukas Evangelium<br />

steht lediglich:<br />

"So wuchs <strong>Jesus</strong> heran. Sein Wissen und sein Verständnis nahmen zu. Die Menschen liebten ihn<br />

und erkannten: Gott hat etwas Besonderes mit ihm vor" (Lk. 2:52).<br />

Offensichtlich ging Lukas schon davon aus, dass <strong>Jesus</strong> einen eigenen spirituellen<br />

Entwicklungsprozess durchgemacht hat.<br />

Was hat <strong>Jesus</strong> in der Zeit zwischen seinem zwölften und seinem dreißigsten Lebensjahr<br />

gemacht? Hat er seinem Vater im Handwerksbetrieb geholfen? War er in einer<br />

religiösen Gemeinschaft? Hat er Reisen unternommen, um bei anderen zu lernen?<br />

Die Bibel schweigt sich hier aus – Spekulationen blühen. Es wird sogar behauptet,<br />

<strong>Jesus</strong> hätte während dieser Zeit und auch nach seiner Kreuzigung in Indien gelebt. 17<br />

Diese Hypothese würde zum Beispiel dadurch gestützt, dass viele Kernaussagen Jesu<br />

buddhistischen Texten mit einer Genauigkeit gleichen, die in ihrer Gesamtheit<br />

nicht zufällig sein kann. Buddha hat bekanntlich 500 Jahre vor <strong>Jesus</strong> gelebt. Für Teile<br />

der Bergpredigt und der Gleichnisse finden sich im Buddhismus Texte aus der<br />

Zeit vor <strong>Jesus</strong>, die sogar in der Wahl der Symbole und Bilder übereinstimmen. Diese<br />

Tatsachen sind schon seit langem allgemein bekannt. Hier einige Beispiele 18:…<br />

Braucht Gott ein Opfer für die Erlösung der Menschheit?<br />

Die zarte Blume der Gottlosigkeit gedeiht am besten in unmittelbarer Nähe des Heiligen.<br />

Nirgends sind unsere Versuchungen erfolgreicher als <strong>auf</strong> den Stufen des Altars.<br />

C.S. Lewis 19<br />

17<br />

S. z.B. www.tombof<strong>Jesus</strong>.com<br />

18<br />

Zitiert nach Elmar R. Gruber und Holger Kersten, Der Ur-<strong>Jesus</strong>, die buddhistischen Quellen des Christentums,<br />

1996, S. 113 ff.<br />

19<br />

C.S. Lewis, Der innere Ring und andere Essays, S. 28. Rede des Unterteufels Screwtape beim Abschlussdinner<br />

eines Versuchertrainingslehrganges<br />

17


Der Glaube, dass für die Erlösung ein Opfer notwendig ist, ist nur möglich vor dem<br />

Hintergrund eines bestimmten Gottesbildes, eines bestimmten Menschenbildes und<br />

von gewissen Überzeugungen darüber, was Erlösung eigentlich ist.<br />

„Gott ist Liebe, und wer in dieser Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“. (1. Joh.<br />

4:16)<br />

Der Gott der Bibel liebt aber eben nicht immer bedingungslos. Er hat sehr<br />

„menschliche“ Züge. Er ist auch ein zorniger Gott, ein Gott des schrecklichen Gerichtes.<br />

Er sieht die Sünde und ahndet sie. Spätestens in der Ewigkeit stellt Gott –<br />

auch durch das Mittel der Bestrafung – die Gerechtigkeit wieder her.<br />

Die Liebe Gottes gilt in erster Linie für die Gläubigen: „Das ganze Ausmaß der göttlichen<br />

Liebe zeigt sich darin, dass wir dem Tag des Gerichtes ohne Angst entgegen gehen können“.<br />

(1. Joh. 4:17)<br />

Mit anderen Worten: „Die Ungläubigen werden schon noch sehen; für uns jedenfalls<br />

hat <strong>Jesus</strong> bezahlt…“. Für viele Gläubige gleicht das Leben jedoch einer Gradwanderung:<br />

Einerseits fühlen sie sich von Gott geliebt, anderseits erkennen sie dennoch,<br />

dass sie das hohe Ideal der Liebe nicht leben können und fühlen sich schuldig.<br />

Wird Gott mich nicht vielleicht doch zusammen mit den Ungläubigen verdammen?<br />

Dieser Gott hat also auch eine sehr bedrohliche Seite. Die Welt und der eigene<br />

Körper bieten nur eine begrenzte Sicherheit vor ihm. Jederzeit kann der Tod zuschlagen,<br />

und dann kommt die Stunde der Wahrheit, das göttliche Gericht, vor dem<br />

kein Mensch aus sich selbst heraus bestehen kann.<br />

Aus dieser Sicht ist die Frage, wie man vor einem solchen Gott Gnade finden kann,<br />

natürlich sehr berechtigt. Nach katholischer Überzeugung wird ein Sünder, der<br />

schwere oder gar Todsünden begangen hat, durch Beichte und gültige Absolution eines<br />

Priesters vor Fegefeuer oder sogar ewiger Verdammnis bewahrt. Diese Vollmacht<br />

zur Vergebung der Sünden bildete für die Kirche über viele Jahrhunderte die Basis ihrer<br />

Macht. Der Bau der Peterskirche in Rom wurde hauptsächlich aus Geldern finanziert,<br />

die für Sündenablässe bezahlt wurden. Das Ganze könnte man auch als eine erfolgreiche<br />

Marketingstrategie bezeichnen: Man kreiere zunächst einen rachsüchtigen<br />

Gott, der seine Geschöpfe <strong>auf</strong> Grundlage seiner Gerechtigkeit in die ewige Verdammnis<br />

schickt und habe gleichzeitig das Monopol für das Gegenmittel. Die Macht<br />

vieler Sekten basiert auch heute noch <strong>auf</strong> diesem Prinzip.<br />

Das Ganze würde jedoch nicht funktionieren, wenn nicht tatsächlich eine Entsprechung<br />

tief in unserer Seele vorhanden wäre. Die Botschaft fällt durchaus <strong>auf</strong> fruchtbaren<br />

Boden, sonst hätte sie nicht diese Wirkung gehabt und diese Verbreitung gefunden.<br />

Im Urgrund unserer Psyche glauben wir tatsächlich so etwas wie: wir hätten<br />

uns von Gott getrennt und er wäre sauer <strong>auf</strong> uns. Die Vorstellung, dass höhere<br />

Mächte besänftigt werden müssen, gehört von Anbeginn zu den Urmustern menschlichen<br />

Denkens. Dies drückt sich zum Beispiel in Beschwörungs-, Opfer- und Reinigungsriten<br />

aus, die praktisch in jeder Kultur zu finden sind…<br />

18


3. Annäherung an den „wirklichen Gott“<br />

Gott wohnt in einem <strong>Licht</strong>, zu dem niemand kommen kann (1. Tim. 6:16)<br />

Kann man sich dem „wirklichen Gott“ nähern? Wie soll das gehen? Was ist das eigentlich,<br />

der „wirkliche Gott“? Kann es einen Gott da draußen überhaupt geben, im<br />

Himmel, in der 5. Dimension oder sonst wo?<br />

Die Frage nach Gott ist nicht tot zu kriegen. Der Kommunismus hat gelehrt, das alles<br />

wäre Aberglaube, Religion - Opium fürs Volk eben. Die Materie wäre die eigentliche<br />

und letzte Wirklichkeit. Der DDR-Staatsratsvorsitzende Honecker soll einmal<br />

gesagt haben: „Der Sozialismus wird siegen, denn er ist wahr“. Pustekuchen!<br />

Auch in Westeuropa war es bis in die Neunziger Jahre eher verpönt, das Thema<br />

„Gott“ ernst zu nehmen. Heute stürmen religiöse Lieder die Hitparaden. Doch vieles<br />

findet außerhalb der traditionellen Kirchen statt. Die meisten Menschen des 21.<br />

Jahrhunderts lassen sich von Papst, Bischöfen und Kirchen nicht mehr vorschreiben,<br />

was sie über Gott zu glauben haben.<br />

Theologie wird heute im Allgemeinen nicht mehr als eine Wissenschaft gesehen und<br />

gilt daher an den Universitäten eher als Fremdkörper. So hat im Fall Prof. Lüdemann<br />

der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die theologische Fakultät der Universität<br />

Göttingen eine konfessionsgebundene Einrichtung sei, die der Ausbildung des<br />

theologischen Nachwuchses der evangelischen Kirche wie auch der Vertiefung und<br />

Übermittlung von Glaubenssätzen diene 20. Es ist klar, dass so etwas nichts mit Wissenschaft<br />

zu tun haben kann, denn Motor der Wissenschaft ist letztlich immer der<br />

Zweifel. Jede Hypothese gilt nur solange, bis sie widerlegt wird. Echte wissenschaftliche<br />

Forschung muss deswegen ergebnisoffen sein und darf eben gerade nicht der<br />

„Vertiefung und Übermittlung von bestehenden Glaubenssätzen dienen“.<br />

<strong>Neues</strong> entsteht, jahrtausendealte „Wahrheiten“ und Tabus werden heute infrage gestellt.<br />

Dadurch wird der Mensch automatisch auch mehr selbstverantwortlich für<br />

„seine“ Wahrheit. Er kann und sollte sich entscheiden. Doch wie soll man sich zurechtfinden<br />

im religiösen Dschungel unserer Tage, wem oder was kann man vertrauen,<br />

was trägt wirklich?<br />

Dieses Kapitel muss zwangsläufig persönlich werden. Ich halte allerdings nichts davon,<br />

die Frage nach Gott theologisch, also <strong>auf</strong> Basis eines „heiligen Buches“ abzuhandeln.<br />

Zum einen dürfte dies kaum mehr jemanden interessieren, zum zweiten<br />

sind mir Menschen sogar eher suspekt, die so genau wissen wollen, wer Gott ist,<br />

was er denkt, was er möchte und wie er handelt und ich will versuchen, nicht den<br />

gleichen Fehler zu machen...<br />

20 Quelle: http://ibka.org/node/582<br />

19


4. Die Spiritualität des <strong>Jesus</strong> von Nazareth<br />

Auch wenn <strong>Jesus</strong> von Nazareth vielfach missverstanden wurde und in seinem Namen<br />

furchtbare Untaten in der Geschichte verübt wurden, so hat er doch vielen<br />

Menschen geholfen, den Weg zu Gott zu finden. Dies gilt nicht nur für die Menschen,<br />

die ihm körperlich begegnet und nachgefolgt sind, sondern auch für die vielen<br />

Menschen in späterer Zeit, die ihm „nur“ in geistiger Weise begegnet sind, und<br />

die trotzdem dieselben oder ähnliche Erfahrungen und Veränderungen erlebt haben,<br />

wie die erste Generation seiner Jünger.<br />

Die Erkenntnis der Wahrheit macht schrittweise frei<br />

„Wenn ihr in meinen Worten bleibt, dann seid ihr in Wahrheit meine Jünger. Dann werdet ihr die<br />

Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh. 8,31-32)<br />

Freiheit und Erlösung kommen aus der Erkenntnis der Wahrheit. Wahrheit wiederum<br />

erfährt derjenige, der den gleichen inneren Weg geht, den <strong>Jesus</strong> gegangen ist. Dieses<br />

Erkennen ist jedoch kein intellektueller Prozess des Verstandes – die Wahrheit ist nämlich<br />

ganz einfach. Damit sie jedoch wirksam wird, muss man sie durch Erfahrung verinnerlichen,<br />

sie muss sich quasi in jede Zelle des Körpers einprägen. Wer sie jedoch erfahren<br />

hat, ist selbst zum Träger eines tiefen Geheimnisses geworden. <strong>Jesus</strong> vergleicht<br />

diesen Vorgang folgendermaßen: „Das Reich Gottes ist wie ein verborgener Schatz, den ein<br />

Mann <strong>auf</strong> einem Feld entdeckte und wieder verbarg. In seiner Freude verk<strong>auf</strong>te er alles, was er hatte,<br />

um den Acker zu k<strong>auf</strong>en und so den Schatz zu bekommen.“ (Mt. 13:44)<br />

Wer diese Wahrheit noch nicht kennt, <strong>auf</strong> den wartet eine große Überraschung. Doch<br />

wie kommt man da hin? Wie findet man diese „Wahrheit“? Die Antwort Jesu ist wieder<br />

ganz simpel: „Suchet, so werdet ihr finden.“ (Mt. 7:7)<br />

Wer Gott (die Wahrheit, das Leben) bedingungslos und von Herzen sucht, wem es<br />

wirklich wichtig ist, die Wahrheit zu finden, der kann eine überraschende Entdeckung<br />

machen: in dem Maße, wie er bereit ist, seine eigene kleine egoistische Weltsicht in Frage<br />

zu stellen, werden neue Bedeutungen hinter den Dingen sichtbar, gerade so, als hätte<br />

er eben erst die Augen erhalten, um diese Dimensionen wahrzunehmen. Das Leben<br />

scheint nur dar<strong>auf</strong> zu warten, eine echte Bereitwilligkeit nutzen zu können, um befreiende<br />

Wahrheit zum Sehen anzubieten. Die Wahrheit zu finden setzt allerdings voraus,<br />

dass man grundsätzlich bereit ist, alle bisherigen Werte und „Wahrheiten“, so lieb und<br />

teuer sie einem auch sein mögen, zur Disposition zu stellen: „Wer das Reich Gottes nicht<br />

annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“. (Lk. 18:17)<br />

„<strong>Jesus</strong> sprach: ‚Wenn die, die euch leiten, euch sagen: ‚Seht, das Reich ist im Himmel’, so werden die<br />

Vögel des Himmels euch zuvorkommen. Wenn sie euch sagen: ‚Es ist im Meer’, so werden die Fische<br />

euch zuvorkommen. Das Reich ist vielmehr in eurem ‚Inneren’ … Wenn ihr euch selbst erkennt, dann<br />

werdet ihr erkannt werden. Und ihr werdet wissen, dass ihr die Söhne des lebendigen Vaters seid.<br />

Wenn ihr euch aber nicht erkennt, so lebt ihr in Armut und ihr selbst seit diese Armut.“ (Thomas-<br />

20


evangelium: 3)<br />

Entscheidend ist also die Erkenntnis über den Kern der eigenen Identität als Kind Gottes.<br />

Nur, wer sich darüber im klaren ist, wer er eigentlich ist, und was er damit eigentlich<br />

hat, erkennt seinen wahren Reichtum, der sich daraus ableitet, dass er in seinem<br />

Wesenskern eine über diese materielle Welt hinausgehende Schöpfung Gottes ist.<br />

…<br />

Nachwort<br />

In den 70er und 80er Jahren hatte ich eine Glaubensüberzeugung, die ich heute als<br />

orthodox bzw. fundamentalistisch bezeichnen würde. Regelmäßig habe ich zusammen<br />

mit anderen charismatischen Gläubigen <strong>auf</strong> den Straßen von München den<br />

Menschen das Wort vom <strong>auf</strong>erstanden Christus gepredigt. Ein Beweis für die Auferstehung<br />

stellte für mich das <strong>Turin</strong>er Grabtuch dar. Ich hätte mir damals nie träumen<br />

lassen, dass ich noch einmal ein Buch wie dieses schreiben sollte. Bestimmt<br />

hätte ich einen solchen Schreiber <strong>auf</strong> ewig an den heißesten Ort der Hölle gewünscht.<br />

Aber man weiß eben nie, was im Leben noch kommt und wie man sich<br />

entwickeln wird.<br />

Nicht dass ich dabei jede Vorstellung von Gott komplett über Bord geworfen hätte,<br />

aber ich musste vieles neu überdenken und manche Überzeugung hinter mir lassen.<br />

Ich habe versucht, das, was man heute über das <strong>Turin</strong>er Grabtuch weiß, so wahrheitsgemäß<br />

und objektiv wie mir möglich darzustellen. Die Folgerungen daraus<br />

müssen zwangsläufig subjektiv und persönlich sein.<br />

Jeder Mensch ist natürlich <strong>auf</strong>gerufen, zu seinen eigenen Überzeugungen zu finden.<br />

Die Entscheidungen, die damit verbunden sind, spiegeln den innersten Kern unserer<br />

Freiheit wider. Niemand sollte diese Freiheit leichtfertig abgeben, weder an ein<br />

Buch, noch an einen Pastor oder an eine Kirche.<br />

Das <strong>Turin</strong>er Grabtuch kann ganz wesentlich dazu beitragen, Wissenschaft und<br />

(christliche) Religion zu versöhnen und dadurch uns Menschen des 21. Jahrhunderts<br />

wieder zu einem durchgängigen und ganzheitlichen Weltbild zu verhelfen, ohne dass<br />

dabei die spirituelle Dimension der Wirklichkeit zu kurz kommen muss.<br />

Und mehr noch: Erst ein demütig gewordenes Christentum, das wirklich zur bedingungslosen<br />

Liebe zurückgefunden und trennende Orthodoxie hinter sich gelassen<br />

hat, kann zu einer spirituellen Grundlage für alle Menschen <strong>auf</strong> diesem Planeten<br />

werden. Dann könnte sich auch zeigen, dass in der Botschaft Jesu weit mehr steckt,<br />

als viele Menschen ihr heute möglicherweise zutrauen.<br />

21

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