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Städtische Wohnungspolitik in der Weimarer Republik 1918-1933

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1. E<strong>in</strong>leitung<br />

1.1. Fragestellung<br />

Politische Intention und städtebauliche Entwicklung<br />

Bereits gegen Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts entwickelten sich verstärkte<br />

wohnungsreformerische Diskussionen über die desolate Entwicklung <strong>der</strong><br />

Großstädte und die massive Wohnungsnot. Industrialisierung und<br />

Bevölkerungsexplosion ließen die Städte so schnell wachsen, daß ihr Wohnraum<br />

zusehens knapper wurde. Trotz <strong>der</strong> katastrophalen Wohnverhältnisse überließ<br />

die kaiserliche Regierung das Wohnungswesen dem Markt und verzichtete auf<br />

e<strong>in</strong>e gesamtstaatliche <strong>Wohnungspolitik</strong>. Durch den Ersten Weltkrieg verschärfte<br />

sich die Situation weiter, so daß die <strong>Wohnungspolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> jungen <strong>Weimarer</strong><br />

<strong>Republik</strong> zu e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> vorrangigsten Politikfel<strong>der</strong> wurde. Schon <strong>1918</strong> wurde e<strong>in</strong><br />

erstes reichsweit geltendes Wohnungsgesetz verabschiedet, dem dann bald<br />

weitere folgten. 1<br />

<strong>Wohnungspolitik</strong> wurde e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wichtigsten Bereiche des sozialstaatlichen<br />

gesellschaftlichen Ausgleichs. Es g<strong>in</strong>g vorrangig um die Versorgung<br />

e<strong>in</strong>kommensschwacher Bevölkerungsgruppen mit Wohnraum zu günstigen<br />

Preisen <strong>in</strong> guter Qualität. Gerade <strong>in</strong> den dicht bevölkerten Wohnbezirken <strong>der</strong><br />

Großstädte, den Arbeitervierteln, war die Wohnungsnot am größten. Oft wurde<br />

<strong>der</strong> ohneh<strong>in</strong> schon enge Wohnraum noch an Untermieter o<strong>der</strong> sogenannte<br />

Schlafstellenmieter abgegeben, die nur e<strong>in</strong>en Schlafplatz, jedoch ke<strong>in</strong>en Raum<br />

mieteten. 2 Die hygienischen Bed<strong>in</strong>gungen waren <strong>in</strong> diesen engen<br />

Wohnverhältnissen außerordentlich dürftig, so daß schließlich<br />

gesundheitspolitische Ziele oft stärkster Motor für die Errichtung neuer<br />

Arbeiterwohnsiedlungen wurden. 3<br />

Bedeutend war jedoch nicht nur die Quantität des neu zu schaffenden<br />

Wohnraumes, son<strong>der</strong>n auch die Qualität <strong>in</strong> funktionaler, aber auch (und damit<br />

eng verbunden) ästhetischer H<strong>in</strong>sicht: Das Wachstum <strong>der</strong> Städte entwickelte sich<br />

zu e<strong>in</strong>er „sozialen Frage, die ästhetisch <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung trat“. 4 Es g<strong>in</strong>g um die<br />

Sicherstellung <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destversorgung mit Wohnraum und um die Schaffung<br />

gesellschaftlich befriedigen<strong>der</strong> Wohnbed<strong>in</strong>gungen durch e<strong>in</strong>e humane<br />

Gestaltung <strong>der</strong> städtebaulichen Umwelt und e<strong>in</strong>e neue Formensprache <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Architektur. 5<br />

Die kommunalen Wege sahen, von diesem Grundziel-Konsens abgesehen, sehr<br />

unterschiedlich aus. Schon über Grundlagen des Städtebaus und <strong>der</strong><br />

Siedlungsanlagen herrschte ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igkeit:<br />

1 Geregelt wurden <strong>in</strong> diesem Gesetz Maßnahmen zur staatlichen Bewirtschaftung des Wohnungs -<br />

bestandes, Mieterschutz, gesetzliche Mietpreisb<strong>in</strong>dung und Wohnraumbewirtschaftung, siehe:<br />

Hüter, Karl-He<strong>in</strong>z: Architektur <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 1900-<strong>1933</strong>, Dresden 1988, S.167 ff.<br />

2 Zu den Schlafstellenmietern siehe: Longerich, Peter (Hg.): Die Erste <strong>Republik</strong>, Dokumente zur<br />

Geschichte des <strong>Weimarer</strong> Staates, München 1992, S.290-293.<br />

3 Siehe dazu z.B. Kähler, Gert: Wohnung und Stadt, Hamburg, Frankfurt, Wien, Modelle sozialen<br />

Wohnens <strong>in</strong> den zwanziger Jahren, Braunschweig 1985, S.246.<br />

4 Kähler, 1985, S.23.<br />

5 Blumenroth, Ulrich: Deutsche <strong>Wohnungspolitik</strong> seit <strong>der</strong> Reichsgründung, Darstellung und kritische<br />

Würdigung, Münster 1975, S.222.<br />

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