Phytotherapie in der Neurologie - SMGP
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1/2012<br />
Kongressbericht<br />
ist aber oft die Vorstufe zu e<strong>in</strong>er Alzheimer- o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />
Demenzerkrankung. Zu Beg<strong>in</strong>n letzterer stehen neuropsychologische<br />
Defizite im Vor<strong>der</strong>grund, bei <strong>der</strong> Lewy-Body-Demenz beispielsweise<br />
visuokonstruktive Störungen und Wahrnehmungsstörungen<br />
im Raum.<br />
Der E<strong>in</strong>satz von Medikamenten für dieses Patientenklientel<br />
ist beschränkt. Sowohl zum E<strong>in</strong>satz von Acetylchol<strong>in</strong>esterasehemmer<br />
als auch zur Anwendung von G<strong>in</strong>kgo biloba bei MCI-<br />
Patienten liegen gegenwärtig kontroverse Ergebnisse vor. Erstere<br />
werden <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> Nebenwirkung von <strong>der</strong> Referent<strong>in</strong> nicht<br />
empfohlen, Da die Therapie mit G<strong>in</strong>kgo kaum zu Nebenwirkungen<br />
führt, kann sie versucht werden. Sie hat namentlich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Behandlung e<strong>in</strong>er subjektiven Gedächtnisstörung ihren Wert.<br />
Senioren: synthetische o<strong>der</strong> pflanzliche Mediz<strong>in</strong>?<br />
Prof. Dr. dieteR loew, Wiesbaden, präsentierte unter dem Titel<br />
„Pflanzliche versus synthetische Arzneimittel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geriatrie-<br />
e<strong>in</strong>e Betrachtung zur Arzneimittelsicherheit<br />
aus pharmakologischer<br />
und pharmakok<strong>in</strong>etischer<br />
Sicht“ bedenkenswerte Fakten: Der<br />
Anteil <strong>der</strong> betagten Menschen an <strong>der</strong><br />
Gesamtbevölkerung nimmt stetig zu.<br />
Im Alter gibt es typische physiologische<br />
Verän<strong>der</strong>ungen und typische, multiple<br />
Krankheiten, die bei <strong>der</strong> medikamentösen<br />
Behandlung <strong>der</strong> Patienten und Pati-<br />
Prof. Dr. Dieter Loew<br />
ent<strong>in</strong>nen zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d. Zum<br />
Beispiel besteht e<strong>in</strong>e Hypalbum<strong>in</strong> ämie<br />
mit <strong>der</strong> Gefahr von Überdosierung,<br />
Wechselwirkungen und entsprechend auch Nebenwirkungen.<br />
Betagte werden häufig mit e<strong>in</strong>er Vielzahl von Medikamenten<br />
behandelt.<br />
Phytopharmaka als Alternative zu Synthetika bei älteren Patienten<br />
Indikation Chemisch-def<strong>in</strong>ierte<br />
Substanz<br />
Chron. Herz<strong>in</strong>suffizienz<br />
NYHA II<br />
Chron. Herz<strong>in</strong>suffizienz<br />
NYHA II-III<br />
Diuretika, Betablocker, ACE-<br />
Hemmer, AT 1 -Antagonisten<br />
Diuretika, Betablocker, ACE-<br />
Hemmer, AT 1 -Antagonisten,<br />
Digitalis<br />
Pflanzliches Arzneimittel<br />
Crataegus-Blätter mit Blüten<br />
Dosis: 3 x 300 bzw.<br />
2 x 450 mg<br />
Standard, statt Digitalis<br />
Crataegus-Blätter mit Blüten<br />
Unruhe, Schlafstörung Hypnotika, Benzodiazep<strong>in</strong>e Baldrian, Baldriankomb<strong>in</strong>ation<br />
Leichte und mittlere<br />
Depression<br />
Tri-,Tetrazyclika, SSRI, SNRI,<br />
SSNRI, MAO-Hemmer<br />
Hirnleistungsstörung Acetylchol<strong>in</strong>esterase-Hemmer,<br />
Memant<strong>in</strong><br />
Periphere arterielle<br />
Verschlusskrankheit<br />
Reizmagen-Reizdarm-<br />
Syndrom<br />
Benignes Prostata-<br />
Syndrom<br />
Klimakterische Beschwerden<br />
Buflomedil, Naftidrofuryl,<br />
Pentoxifyll<strong>in</strong><br />
Metoclopramid, Domperidon,<br />
Alizaprid<br />
α-Rezeptorenblocker,<br />
α-Reduktasehemmer<br />
Hypericum-Extrakt<br />
Dosis: 3 x 300 mg,<br />
2 x 450 mg<br />
G<strong>in</strong>kgo-biloba-Extrakt<br />
Dosis 240 mg/Tag<br />
G<strong>in</strong>kgo-biloba-Extrakt<br />
Dosis 240 mg/Tag<br />
Iberogast, Pfefferm<strong>in</strong>zöl,<br />
Pfefferm<strong>in</strong>zöl + Kümmel öl<br />
Sägepalme, Brennnesselwurzel,<br />
Roggenpollen,<br />
Kürbissamen<br />
Östrogene, Gestagene Cimicifuga Wurzelstock,<br />
sibirischer Rhabarber<br />
Spannungskopfschmerz ASS, Paracetamol lokal 10%iges Pfefferm<strong>in</strong>zöl<br />
Arthrosen, Wirbelkörper-<br />
Syndrom, Myalgie<br />
Nichtsteroidale Antiphlogistika,<br />
Analgetika, Myotonolytika<br />
Teufelskralle, Weidenr<strong>in</strong>de,<br />
Capsicum<br />
zaenmagaz<strong>in</strong><br />
Die Vorteile von pflanzlichen Arzneimitteln, namentlich bei<br />
<strong>der</strong> Anwendung beim alten Patienten, s<strong>in</strong>d vielfältig: Deren Prote<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
ist im Allgeme<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>g, entsprechend besteht<br />
kaum Gefahr von Überdosierungen durch Verdrängung an<strong>der</strong>er<br />
Arzneimittel aus <strong>der</strong> Prote<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung. Xenobiotika werden im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Leber durch CYP450 entgiftet. In Arzneipflanzen<br />
selten vorkommende problematische Bestandteile lassen<br />
sich mit entsprechenden Herstellungsverfahren elim<strong>in</strong>ieren, so<br />
z.B. die Pyrrolizid<strong>in</strong>alkaloide. Mit <strong>der</strong> Ausnahme von vere<strong>in</strong>zelten<br />
Tubulus-Irritationen durch hochdosiertes Wachol<strong>der</strong>öl s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />
glomerulotoxische o<strong>der</strong> tubulotoxische Schädigungen, ke<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>terstitiellen Reaktionen und ke<strong>in</strong>e Kumulation bei Nieren<strong>in</strong>suffizienz<br />
durch pflanzlichen Arzneimittel bekannt.<br />
Perphere Nerven mit Capsaic<strong>in</strong> behandeln?<br />
Dr. med. Stefan hägele-l<strong>in</strong>K begann se<strong>in</strong>en Vortrag über die<br />
„ Lokale Behandlung <strong>der</strong> Polyneuropathie mit Capsaic<strong>in</strong>“<br />
mit <strong>der</strong> Beschreibung des Krankheitsbildes <strong>der</strong> Polyneuropathie:<br />
Die typischen Symptome <strong>der</strong> Polyneuropathie<br />
s<strong>in</strong>d sensible Reiz- und<br />
Ausfallsersche<strong>in</strong>ungen, motorische<br />
Schwäche, Muskelzuckungen, Krämpfe<br />
und Atrophien. Die häufigste Ursache<br />
für e<strong>in</strong>e Polyneuropathie ist <strong>der</strong> Diabetes<br />
mellitus. In über 20 % <strong>der</strong> Fälle kann<br />
die Ursache trotz ausführlicher Abklärung<br />
nicht ausf<strong>in</strong>dig gemacht werden.<br />
Gel<strong>in</strong>gt es nicht, die kausale Ursache<br />
Dr. med. Stefan<br />
Hägele-L<strong>in</strong>k<br />
zu identifizieren, steht die symptomatische<br />
Therapie im Vor<strong>der</strong>grund, namentlich<br />
die Bekämpfung des Schmerzes.<br />
Dazu stehen Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Calciumkanäle<br />
wie Gabapent<strong>in</strong> und Lamotrig<strong>in</strong> zur Verfügung. Auch<br />
Antidepressiva wie Amitryptil<strong>in</strong> und selektive Seroton<strong>in</strong>- und<br />
Noradrenal<strong>in</strong>wie<strong>der</strong>aufnahme-Hemmer sowie lang wirksame<br />
Opioide werden e<strong>in</strong>gesetzt. Die topische Behandlung neuropathischer<br />
Schmerzen mit Capsaic<strong>in</strong> ist beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>teressant. Das<br />
Capsaic<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> Alkaloid aus <strong>der</strong> Paprikapflanze, dessen Wirkung<br />
auf e<strong>in</strong>er Aktivierung des sogenannten TRPV1 (Transient Receptor<br />
Potential Vanilloid-1) Rezeptors beruht, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en nicht selektiven<br />
Kationenkanal darstellt. Die langfristige Zuführung e<strong>in</strong>er<br />
niedrigen Dosis o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e kurzfristige Zuführung e<strong>in</strong>er hohen<br />
Dosis von Capsaic<strong>in</strong> führt zu e<strong>in</strong>em histologisch nachweisbaren<br />
„Rückzug“ <strong>der</strong> für die Schmerzwahrnehmung verantwortlichen<br />
Nozizeptoren. Capsaic<strong>in</strong> wird typischerweise als Pflaster o<strong>der</strong><br />
als Crème appliziert und ist <strong>in</strong> unterschiedlicher Dosierung für<br />
verschiedene Formen <strong>der</strong> Schmerztherapie zugelassen. Die e<strong>in</strong>malige,<br />
topische Applikation e<strong>in</strong>er 8 %-igen Zubereitung führt<br />
nach neusten Erkenntnissen zu e<strong>in</strong>er drei Monate anhaltenden<br />
Schmerzl<strong>in</strong><strong>der</strong>ung.<br />
Helfen L-Dopa-haltige Pflanzen bei Park<strong>in</strong>son?<br />
Den Stand des Wissens bezüglich „L-Dopa <strong>in</strong> Arzneipflanzen<br />
und <strong>der</strong>en Anwendung für Park<strong>in</strong>sonpatienten“ resumierte<br />
Dr. rer. nat. KlauS peteR latté, Landeslabor Berl<strong>in</strong>-Brandenburg,<br />
Berl<strong>in</strong>. Der Morbus Park<strong>in</strong>son ist die zweithäufigste neurodegenerative<br />
Erkrankung. Weltweit s<strong>in</strong>d etwa 1 % <strong>der</strong> über 60-Jäh-<br />
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