Hägele-Link Stefan - SMGP
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Gelingt es nicht die kausale Ursache der Neuropathie zu finden und zu behandeln,<br />
steht die s ymptomatische Therapie insbesondere neuropathischer Schmerzen im<br />
Vordergrund der Behandlung. Hier stehen Antikonvulsiva mit W irkung auf neuronale<br />
Kalziumkanäle wie Gabapentin oder Pregabalin und mit W irkung auf Natriumkanäle<br />
wie Carbamazepin und Lamotrigin zur Verfügung. Ebenso kommen Antidepressiva wie<br />
Amitriptylin oder selektive Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer sowie<br />
besonders lang wirksame Opioide zum Einsatz. Eine besonders interessante Therapie<br />
ist die topische Behandlung neuropathischer Schmerzen mit Lidocain oder Capsaicin.<br />
Capsaicin ist ein Alkaloid, welches aus der Paprika-Pflanze (Capsicum, Familie der<br />
Nachtschattengewächse, Gattung Capsicum, häufigste verbreitete Art Capsicum<br />
annum) gewonnen wird. Es handelt sich um eine krautig wuchernde, kräftig blühende<br />
Pflanze mit langgedehnten Früchten die sich in glühender Sonne am W ohlsten fühlt<br />
und sehr kälteempfindlich ist. Die Farbtönen der Früchte reichen von gelb bis rot über<br />
violett bis fast schwarz mit grosser Variationsbreite, wobei grüne Früchte immer unreif<br />
sind.<br />
Capsaicin wirkt auf pharmakologischer Ebene durch Aktivierung des sog. TRPV1<br />
(Transient Receptor Potential Vanilloid-1) Rezeptor. Hierbei handelt sich um einen<br />
aus sechs transmembranösen Domänen bestehenden, durch Liganden gesteuerten,<br />
nicht selektiven Kationenkanal welcher auf der Oberfläche von sensiblen Neuronen<br />
angesiedelt ist, die wiederum viele Organe und Strukturen z.B. Haut, Blase, Nieren,<br />
Leber und Darm innervieren. Dieser Rezeptortyp kommt somit im peripheren und im<br />
zentralen Nervens ystem vor und spielt eine zentrale Rolle in der Verarbeitung von<br />
sensorischen Prozessen. Derselbe Kanal wird neben Capsaicin z. B. auch durch Hitze<br />
über 42°C stimuliert. Die Bindung von Capsaicin an TRPV1 führt zu einer Erhöhung<br />
des intrazellulären Calciumspiegels gefolgt von einer Freisetzung verschiedener<br />
Neuropeptide wie Substanz P und Calcium Gene Related Peptide (CGRP). Vom<br />
betroffenen Menschen wird eine schmerzhafte Erhitzung wahrgenommen, gefolgt von<br />
einer Hyperämie mit lokaler Rötung der Haut. Capsaicin löst sich in Alkohol und Fett,<br />
jedoch nicht in W asser, weshalb nach scharfen Speisen ölhaltige und fettige Produkte<br />
wie Joghurt oder Milch sowie hochprozentige alkoholische Getränke zu einer<br />
Linderung des wahrgenommenen Schärfegefühls führen.<br />
Entwicklungsgeschichtlich dient die als brennende Schärfe wahrgenommene W irkung<br />
der Paprikafrüchte als Abwehrmechanismus, da nur Säugetiere darunter leiden, nicht<br />
jedoch Vögel, welche nach dem Verzehr der Früchte über den Kot zu einer weiten<br />
Verbreitung der Pflanze beitragen. Die lokale Anwendung auf der Haut führt im<br />
Verlauf zu einer Schmerzlinderung, da es durch Entleerung von Substanz-P zur<br />
Unterdrückung der W eiterleitung von schmerzauslösenden Signalen im Sinne einer<br />
Desensibilisierung der Nozizeptoren kommt. Eine langfristig niedrig dosierte oder<br />
eine kurzfristig hochdosierte Therapie mit Capsaicin führt zu einem histologisch<br />
nachweisbaren „Rück zug“ der für die Schmerzwahrnehmung verantwortlichen