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Rhythmus und Instrumentation im Theater Einar Schleefs233

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provokative Jokus, wenn z.B. auf dunkler Bühne Mozarts Im Arsch ist<br />

finster gesungen wird.<br />

Schleef vereindeutigt durch seine Musikalisierung. Wo bei Jelinek viele<br />

mögliche Tonfälle mitschwingen, entscheidet er sich meist für einen. Am<br />

vieldeutigsten bleiben, musikalisch gesehen, die Monologe, die zwar vorwiegend<br />

mit großem Gestus gesprochen werden, aber von vielen individuellen<br />

Nuancierungen geprägt sind. Elisabeth Augustins Monolog als „Andi“<br />

z.B. ist, unterstützt von der schwachen Beleuchtung der Szene, ein<br />

komplexes kleines Hördrama, in dem sie unzählige Sprachregister zieht.<br />

Auch bei Elisabeth Rath fällt die hohe Sprechkultur auf: Trotz des oft deklamatorischen<br />

Gestus‘ differenziert sie stets sehr genau in Dynamik <strong>und</strong><br />

Klangfarbe. Das Sprechtempo hingegen variiert weniger, rhythmische<br />

Variation entsteht bei ihr eher durch Pausen, Phrasierung <strong>und</strong> extreme<br />

Artikulation.<br />

Die dritte Äußerungsform, von der ich weiter oben gesprochen habe,<br />

betrifft vorwiegend die Chorsequenzen <strong>und</strong> einige wenige solistische Partien,<br />

wie etwa die Auftritte von Julia von Sell <strong>im</strong> ersten Teil der Inszenierung:<br />

Sie sind best<strong>im</strong>mt von einer stark musikalisierten, stilisierten Sprache.<br />

Die Chorsequenzen <strong>im</strong> Besonderen verdienen genauere<br />

Aufmerksamkeit. Sie sind durchgehend musikalisiert, meist einheitlich<br />

unisono, trotzdem lassen sich stets individuelle Sprechweisen heraushören.<br />

Es besteht eine Ambivalenz zwischen dem objektivierten, weil vervielfältigten<br />

Ausdruck <strong>und</strong> den subjektiven Abweichungen. Während diese Musikalisierung,<br />

also die genaue stilisierende Festlegung von Pausen, Staccati,<br />

gedehnten Tönen, Sprachmelodieverlauf <strong>und</strong> rhythmischen Akzenten<br />

etc., eine einheitliche Interpretation (<strong>im</strong> musikalischen Sinn) vorgibt, bleibt<br />

der Höreindruck durch die unvermeidliche <strong>und</strong> gewünschte Individualität<br />

des Ausdrucks vielschichtig. Sebastian Nübling beschreibt in einem anderen<br />

Zusammenhang diese Dichotomie als „Vielst<strong>im</strong>migkeit in der Einheit<br />

der Gruppe“ (Nübling 1998b: 63).<br />

Überdies wird die Inszenierung insgesamt entgegen dem ersten Eindruck<br />

des ‚Einst<strong>im</strong>migen‘ <strong>und</strong> Monothematischen von Gegensätzlichkeit(en)<br />

best<strong>im</strong>mt. So prägt z.B. ein Dualismus zwischen Fragmentarität<br />

<strong>und</strong> Geschlossenheit die Inszenierung. Das Baukasten-Prinzip <strong>und</strong> die<br />

Serialität der Makrostruktur stehen einer Reihe von Formelementen gegenüber,<br />

die neben semantischer Geschlossenheit durch die alles umklammernde<br />

Sport-Metapher für musikalische Geschlossenheit sorgen. Dies<br />

sind vor allem wiederkehrende optische <strong>und</strong> akustische Signale, die teilweise<br />

wie musikalische Motive auftreten. So kehren best<strong>im</strong>mte Lichteinstellungen,<br />

wie das streifige Licht auf der Hauptbühne, best<strong>im</strong>mte Kostümelemente<br />

<strong>und</strong> Klänge wieder. Die Trillerpfeife (benutzt von Schleef, Rath,<br />

Zeller, Brambach, Morak), dient sowohl als pr<strong>im</strong>är segmentierendes Zei-<br />

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