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Rhythmus und Instrumentation im Theater Einar Schleefs233

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heiten <strong>und</strong> Auffälligkeiten in Hoffmanns Sprachgestaltung lassen sich<br />

aufgr<strong>und</strong> des Höreindrucks (Tonbeispiel 12: Hoffmann), aber gerade auch<br />

mit Blick auf Notation wie folgt beschreiben.<br />

In Abschnitt 1 fällt als erstes die formale Setzung eines scheinbar willkürlich<br />

segmentierenden Tangoschrittes ins Auge, mit dem „Tanja“ (Nina<br />

Hoss) <strong>und</strong> ein Chorist auf der Drehbühne optisch <strong>und</strong> akustisch die Sätze<br />

<strong>und</strong> Gedanken der Rosa Luxemburg auseinander reißen <strong>und</strong> den ansonsten<br />

schnellen Sprachfluss <strong>im</strong>mer wieder unterbrechen. Rhythmisch herrscht<br />

hier das Prinzip der Division vor, der Zeitverlauf ist gr<strong>und</strong>sätzlich unterteilt,<br />

diskontinuierliche Einheiten füllen sich mit unterschiedlichen Ausprägungen<br />

des Redeflusses. Kontrastiv zu den langen Pausen bzw. Unterbrechungen,<br />

mit denen Hoffmann den Tangoschritt teils antizipiert, teils<br />

auf ihn reagiert, wirkt die Rede durch das hohe Sprechtempo <strong>und</strong> die häufig<br />

auf Anschluss gesprochenen Satzübergänge (Notenbeispiel 5a: 9“ oder<br />

21“f.) gehetzt. Zum vorandrängenden Gestus trägt außerdem die relative<br />

Einförmigkeit von Dynamik <strong>und</strong> Melodik der Rede in diesem Abschnitt<br />

bei. In der Passage Lenin arbeitet wie ein Rammbock <strong>im</strong>itiert Hoffmann<br />

durch die Rhythmisierung (die langgezogenen Silben „ar-“ <strong>und</strong> „Ramm-“)<br />

die Bewegung des metaphorischen Rammbocks. Gegen Ende des Abschnitts<br />

verlangsamt sie das Tempo etwas <strong>und</strong> erweitert gleichzeitig den<br />

melodischen Spielraum.<br />

In der szenischen Präsentation der Rede überwiegen Gegensätze; so<br />

kontrastiert die physische Statik Hoffmanns, ihr unbewegliches Dastehen<br />

auf der dunklen Vorderbühne mit der rhythmischen Agilität des Sprechvorgangs.<br />

Mit dem Geschehen auf der hellen Bühne hinter ihr tritt sie nur<br />

über den knallenden Schritt in Beziehung, der ihre Rede musikalisch beeinflusst.<br />

Die fließende Bewegung der langsam rotierenden Drehbühne steht<br />

zusätzlich <strong>im</strong> Kontrast zu den vereinzelten eckigen Bewegungsakzenten<br />

der beiden Tanzenden.<br />

Um die Bandbreite musikalischer Variabilität bei der Gestaltung der<br />

Figur der Rosa Luxemburg beschreiben zu können, habe ich zwei weitere<br />

Abschnitte hinzugezogen. Abschnitt 2 (ab 34“) <strong>und</strong> 3 (ab 55“) weisen ein<br />

erheblich langsameres Tempo <strong>und</strong> einen völlig veränderten Sprechrhythmus<br />

auf. Nicht mehr lange Ketten kurzer Notenwerte best<strong>im</strong>men das Notenbild,<br />

sondern unregelmäßige, pausenreiche rhythmische Kurzmotive.<br />

Immer noch körperlich statisch zeigt Hoffmann jetzt v.a. hinsichtlich der<br />

Dynamik, Melodieführung <strong>und</strong> Modifizierung der Klangfarbe st<strong>im</strong>mliche<br />

Beweglichkeit.<br />

Rosa Luxemburg wird schon durch Döblins Text als eine Figur an <strong>und</strong><br />

zwischen vielen Fronten charakterisiert. Bereits in den beiden kurzen Text-<br />

212<br />

ihrer Abschaffung. […] / [Von Lenin lernen, heißt, Siegen lernen.“ (Herkunft unklar)]<br />

(Döblin, November 1918, Dritter Teil: Karl <strong>und</strong> Rosa, Olten 1991/1950: 90)

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