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Rhythmus und Instrumentation im Theater Einar Schleefs233

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laut bis sehr laut, wenige leise Stellen bilden die Ausnahme, Lautstärkewechsel<br />

sind fast <strong>im</strong>mer abrupt. Die Instrumentierung ist geprägt von vielen<br />

schnellen Wechseln zwischen unterschiedlichen Gruppen einerseits <strong>und</strong><br />

der Verwendung extremer Klangfarben innerhalb der Gruppierungen andererseits.<br />

So lassen sich folgende ‚St<strong>im</strong>men‘ unterscheiden: ‚Tutti‘, ‚alle<br />

Männer‘, ‚alle Frauen‘, ‚Männer singend‘, ‚Frauen piepsig‘, ‚kleine Männergruppen‘<br />

(eine <strong>im</strong> Bühnenvordergr<strong>und</strong>, eine <strong>im</strong> Bühnenhintergr<strong>und</strong>),<br />

‚ein Mann solo‘, ‚zwei Männer‘, ‚wenige Frauen‘; viele davon allein in der<br />

Sieben/Acht-Passage. Die Vielzahl von Instrumentierungswechseln scheint<br />

mir pr<strong>im</strong>är klangliche Gründe zu haben <strong>und</strong> nicht auf der Zuordnung best<strong>im</strong>mter<br />

Texte zu einem Geschlecht zu beruhen. Ich vermute das, weil<br />

Schleef <strong>im</strong> Wiederholungsteil des Sieben/Acht-Chores Männer- <strong>und</strong> Frauengruppen<br />

dem Text genau umgekehrt zuordnet. Dadurch erscheint der<br />

Text zwar auch semantisch in einem anderen Licht, vor allem aber ‚klingt‘<br />

er anders, <strong>und</strong> die Vertauschung überrascht musikalisch <strong>und</strong> ermöglicht ein<br />

erneutes, frisches Zuhören.<br />

Im Gegensatz zur klanglich verhältnismäßig differenzierten Ausgestaltung<br />

ist der Chor melodisch nichtssagend. Die Sprachmelodie ist, besonders<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zu manchen Monologen der Inszenierung, aber auch zu<br />

den freieren Chorpassagen <strong>im</strong> ersten Teil monoton <strong>und</strong> bewegungsarm. 254<br />

Nur zur Akzentuierung der Zählzeiten heben sich die St<strong>im</strong>men individuell<br />

an. Einzige Ausnahme bildet eine kurze Passage der Männer, in der sie auf<br />

Töne sprechen <strong>und</strong> dabei den typischen Gestus militärischen Sprechgesangs<br />

zitieren. Während es also anhand der Rednersequenz in Marthalers<br />

St<strong>und</strong>e Null musikalisch ergiebig erschien, der ausgefeilten Sprachmelodik<br />

Bedeutung beizumessen, treten für Schleefs Sprechchor andere Parameter<br />

in den Vordergr<strong>und</strong>. Das unterstreicht noch einmal die Notwendigkeit<br />

einer individuellen Gewichtung der musikalischen Analyse, die sich den<br />

Anforderungen des gegebenen Beispiels stellt. Ein allgemeingültiges Modell<br />

musikalischer Analyse kann daher nicht Ziel der vorliegenden Arbeit<br />

sein.<br />

Der Anfang<br />

Die Konsequenz, mit der Schleef oft sämtliche theatrale Vorgänge dem<br />

Sprechen unterordnet, zeigt, wie zentral Sprache für seine Sportstück-<br />

Inszenierung ist. Gleichzeitig möchte ich – in vielleicht nur scheinbarem<br />

Widerspruch dazu – auf der Bedeutung des Musikalischen für seine Inszenierung<br />

bestehen. Es liegt also nahe, eine detaillierte Untersuchung mit<br />

besonderer Aufmerksamkeit auf das Verhältnis von Text <strong>und</strong> Musik vor-<br />

254 In der Notation ist das versinnbildlicht durch die Schreibweise der Sprechrhythmen auf<br />

jeweils einem Ton (Männer <strong>und</strong> Frauen <strong>im</strong> Oktavabstand).<br />

196

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