Der Pflegebrief - Ausgabe 02/2003 (Nr. 73) - Pflegen-online.de
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EDITORIAL<br />
Frohsinn ist<br />
nicht gera<strong>de</strong><br />
ein<br />
Kennzeichenunserer<br />
Tage.<br />
Da steht<br />
vielleicht bald ein Krieg<br />
vor <strong>de</strong>r Tür, <strong>de</strong>r bereits<br />
für Unruhe und Schlammschlachten<br />
sorgte; die<br />
<strong>de</strong>utsche soziale Krankenversicherung<br />
soll auf<br />
<strong>de</strong>r einen Seite gesichert<br />
und an<strong>de</strong>rerseits bis zur<br />
Unkenntlichkeit <strong>de</strong>montiert<br />
wer<strong>de</strong>n – zum Lachen<br />
wird da nieman<strong>de</strong>m<br />
zumute sein. Nichts<strong>de</strong>stotrotz<br />
verfallen ganze<br />
Teile Deutschlands in ein<br />
zelebriertes Gelächter. Es<br />
ist Karneval. Dem immer<br />
noch nicht rheinisch assimilierten<br />
Schreiber dieser<br />
Zeilen fällt es dabei<br />
beson<strong>de</strong>rs auf, wie sich<br />
im Kostümdschungel diverse<br />
Frauen als Krankenschwestern<br />
verklei<strong>de</strong>t<br />
in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit zeigen.<br />
Da erkennt man die<br />
ganze Vielfalt an Rollenstereotypen:<br />
Von <strong>de</strong>r<br />
blau geklei<strong>de</strong>ten OP-<br />
Schwester bis zum busenvergrößerten<br />
Vamp in<br />
weißer Kleidung und mit<br />
Rotkreuzhaube. Interessant<br />
wäre es zu erfahren,<br />
ob diese Abbildungen<br />
<strong>de</strong>n Vorstellungen von<br />
„Schwestern“ in <strong>de</strong>n<br />
Köpfen <strong>de</strong>r Kostümtragen<strong>de</strong>n<br />
Realität ist o<strong>de</strong>r<br />
ob es sich um eine Überspitzung<br />
han<strong>de</strong>lt. Da dies<br />
aber nicht zu ergrün<strong>de</strong>n<br />
ist und es im Karneval<br />
letztlich sowieso nur ums<br />
Bützen geht, schenke ich<br />
<strong>de</strong>m Ganzen ein Lächeln.<br />
Wenigstens gibt es noch<br />
ein wenig Frohsinn.<br />
Ihr Roland Brühe<br />
ISSN 1433-2795 (Internet-<strong>Ausgabe</strong>)<br />
ISSN 1433-1985 (E-Mail-<strong>Ausgabe</strong>)<br />
Das Online Magazin für die Pflege <strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
100 Jahre DBfK<br />
Am 17. und 18. Januar <strong>2003</strong> feierte <strong>de</strong>r Deutsche<br />
Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) in<br />
Berlin seinen einhun<strong>de</strong>rtsten Geburtstag.<br />
Schirmherr <strong>de</strong>r Festveranstaltung war Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt<br />
Johannes Rau. Die Pflegewissenschaftlerin<br />
Christel Bienstein hielt einen Festvortrag.<br />
<strong>Der</strong> DBfK zeigte eine Ausstellung, die<br />
nicht nur an die wichtigsten Daten <strong>de</strong>r Verbandsgeschichte<br />
erinnerte, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n<br />
Beruf <strong>de</strong>r professionell <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>n anschaulich<br />
darstellte. Dabei wur<strong>de</strong> auch die Fahne <strong>de</strong>r<br />
Berufsorganisation <strong>de</strong>r Krankenpflegerinnen<br />
Arbeitssicherheit im<br />
Gesundheitswesen<br />
(cr) Die Europäische Agentur<br />
für Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
am Arbeitsplatz<br />
bietet einen neuen Service an:<br />
einen Online-Leitfa<strong>de</strong>n zu<br />
Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
im Gesundheitswesen.<br />
Die meisten Inhalte sind zwar<br />
nur in Englisch verfügbar, die<br />
Seite bietet aber eine schnelle<br />
und effiziente Möglichkeit,<br />
sich aktuelle und qualitätsgeprüfte<br />
Informationen zu verschaffen.<br />
[mehr auf pflegen-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>]<br />
Deutschlands (BOKD), <strong>de</strong>n Agnes Karll 1903 in<br />
ihrem Wohnzimmer grün<strong>de</strong>te, ausgestellt. Bereits<br />
ein Jahr nach <strong>de</strong>r Gründung dieses ersten<br />
Berufsverban<strong>de</strong>s für Pflegeberufe, gehörte sie zu<br />
<strong>de</strong>n Vertretern aus drei Län<strong>de</strong>rn, die <strong>de</strong>n „International<br />
Council of Nurses (ICN)“ aus <strong>de</strong>r Taufe<br />
hoben.<br />
Am zweiten Tag fand ein Fachkongress unter<br />
<strong>de</strong>m Titel „Perspektiven für die professionelle<br />
Pflege“, statt, auf <strong>de</strong>m hochkarätige Vertreter die<br />
Zukunft <strong>de</strong>r Pflege und <strong>de</strong>s Berufsverban<strong>de</strong>s<br />
diskutierten. Infos unter www.dbfk.<strong>de</strong><br />
Stürze und Unfälle<br />
in Pflegeheimen<br />
(cr) Mehr als 60 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Bewohner in Pflegeheimen<br />
sind gehbehin<strong>de</strong>rt und sturzgefähr<strong>de</strong>t.<br />
Allein in Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg ereignen sich<br />
jährlich mehr als 200.000 Stürze,<br />
von <strong>de</strong>nen mehr als 40<br />
Prozent vermeidbar sind. In<br />
einer gemeinsamen Initiative<br />
wollen Sozialministerium und<br />
AOK Ba<strong>de</strong>n-Württemberg die<br />
Zahl <strong>de</strong>r Unfälle in Pflegeheimen<br />
drastisch senken.<br />
[mehr auf pflegen-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>]<br />
Klamkes gepflegte Welt<br />
von Bastian Klamke [KlamkeJB@t-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>]<br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Bedingungen<br />
im Gesundheitswesen<br />
auf die Altenpflege<br />
von Matthias Hejda [Seite 2]<br />
Wetterbericht: Zur Situation<br />
in <strong>de</strong>r Altenpflege<br />
von Barbara Messer [Seite 2]<br />
Wer will (noch) pflegen?<br />
Pflegepraxis und Pflegebildung<br />
im Brennpunkt<br />
von Claudia Flöer [Seite 6]<br />
Das ABC <strong>de</strong>r Pflege –<br />
C wieCreme<br />
von Roland Brühe [Seite 8]<br />
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Schlüterschen auch über<br />
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das komplette Programm <strong>de</strong>s<br />
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ANSICHTEN<br />
Wetterbericht:<br />
Zur Situation in <strong>de</strong>r<br />
Altenpflege<br />
von Barbara Messer<br />
[info@b-messer.<strong>de</strong>]<br />
Momentan zieht ein massives<br />
Tief durch Deutschland,<br />
es reicht von Ost nach West<br />
und von Nord nach Süd.<br />
Mit zunehmen<strong>de</strong>r Personalknappheit<br />
sinkt das Stimmungs-<br />
und Energiebarometer<br />
unter die 10 % Marke.<br />
Dauerhafter Frost durch<br />
knackige Qualitätsprüfungen<br />
bringt eine große Starre,<br />
an <strong>de</strong>r auch Vorkehrungen<br />
durch diverse QM-Systeme<br />
keinen Temperaturanstieg<br />
und somit die Anbahnung<br />
eines Hochs bringen.<br />
Betrachten wir das Satellitenbild<br />
von Deutschland, so<br />
sehen wir eine steigen<strong>de</strong><br />
Ten<strong>de</strong>nz zunehmen<strong>de</strong>r Multimorbidität<br />
mit einhergehen<strong>de</strong>r<br />
Pflegebedürftigkeit,<br />
welche dann in Folge einer<br />
hohen Fachlichkeit bedarf,<br />
die diesen sich auftürmen<strong>de</strong>n<br />
Schlechtwetterberg beseitigen<br />
könnte. Bei <strong>de</strong>r<br />
dauerhaften Dürre in <strong>de</strong>n<br />
Kassen verbleiben jegliche<br />
Schönwetterwolken <strong>de</strong>r Berufszufrie<strong>de</strong>nheit,<br />
als Folge<br />
davon schlägt das Biowetter<br />
Kapriolen, Allergiker reagieren<br />
mit Burn-Out und<br />
Mobbing. Somit sind es<br />
keine Schäfchenwolken<br />
mehr, son<strong>de</strong>rn eine dichte<br />
Wolken<strong>de</strong>cke, die uns von<br />
Großbritannien kommend<br />
fest im Griff hat.<br />
Wir können fast schon von<br />
einer immer stärker wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Klimakatastrophe sprechen,<br />
in <strong>de</strong>r junge Pflänzchen<br />
kaum mehr ge<strong>de</strong>ihen<br />
und es <strong>de</strong>n alten Pflanzen<br />
schwer fällt, in Ruhe zu<br />
gehen. <strong>Der</strong>zeitige Wetterforscher,<br />
die mit Versuchen<br />
aus <strong>de</strong>r Pflegewissenschaft<br />
diese globale Lage<br />
retten wollen, scheitern an<br />
starken Windturbulenzen,<br />
die teilweise aus <strong>de</strong>r falschen<br />
Richtung kommen, so<br />
dass die Gefahr von Wirbelstürmen<br />
wächst. Die Wetterlage<br />
ist insgesamt ungemütlich.<br />
_______________<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Bedingungen<br />
im Gesundheitswesen auf die Altenpflege<br />
von Matthias Hejda* [MHejda@aol.com]<br />
In <strong>de</strong>n vergangenen Wochen sind die in <strong>de</strong>n zurückliegen<strong>de</strong>n<br />
Jahrzehnten stetig gestiegenen <strong>Ausgabe</strong>n<br />
im Gesundheits- und Sozialwesen wie<strong>de</strong>r einmal<br />
drastisch <strong>de</strong>monstriert wor<strong>de</strong>n. Das Schlagwort <strong>de</strong>r<br />
"Kostenexplosion" hält sich permanent in öffentlichen<br />
Diskussionen. Angesichts <strong>de</strong>r insgesamt steigen<strong>de</strong>n<br />
Erwartungen an das Gesundheitswesen steht<br />
Deutschland vor <strong>de</strong>r großen Herausfor<strong>de</strong>rung, angemessene<br />
Gesundheitsdienstleistungen einerseits<br />
und stabile Krankenkassenbeiträge an<strong>de</strong>rerseits zu<br />
garantieren.<br />
Entwicklungen im Gesundheitswesen<br />
Die stationäre Versorgung im Krankenhaus ist mit<br />
rd. 45 Mrd. € <strong>de</strong>r größte Posten in <strong>de</strong>n <strong>Ausgabe</strong>n <strong>de</strong>r<br />
gesetzlichen Krankenversicherung. Damit liegt<br />
Deutschland bei <strong>de</strong>n Gesundheitsausgaben pro Kopf<br />
weit vorn. Sei <strong>de</strong>r Erhebung <strong>de</strong>r durchschnittlichen<br />
Lebenserwartung nimmt Deutschland dagegen nur<br />
eine hintere Position im internationalen Vergleich<br />
ein. Um die Kosten im Gesundheitswesen nachhaltig<br />
zu senken, wer<strong>de</strong>n unterschiedliche Strategien beschritten:<br />
• Schließung von ca. 300 Kliniken bis 2010<br />
• Senkung <strong>de</strong>r Bettenanzahl (in Deutschland existieren<br />
bisher noch 930 Krankenhausbetten pro<br />
100.000 Einwohner, in Irland sind es 363 Betten<br />
1 ) und<br />
• Verkürzung <strong>de</strong>r Krankenhausverweildauer: die<br />
bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utsche Krankenhausverweildauer liegt<br />
ca. 20 % höher als in vergleichbaren Nationen<br />
(z.B. akutstationäre Verweildauer: 11,0 Tage in<br />
Deutschland; 9,8 Tage in Luxemburg; 8,8 Tage in<br />
Belgien; 5,1 Tage in Schwe<strong>de</strong>n; 5,0 Tage in<br />
Großbritannien und 4,5 Tage in Finnland 2 ).<br />
Nur ca. ¼ aller stationären Behandlungsfälle wur<strong>de</strong><br />
bisher auf <strong>de</strong>r Basis von Fallpauschalen und Son<strong>de</strong>rentgelten<br />
vergütet. Hierbei han<strong>de</strong>lte es sich vornehmlich<br />
um vertraute Operationen, <strong>de</strong>ren anfallen<strong>de</strong><br />
Kosten nahezu statisch waren. <strong>Der</strong> überwiegen<strong>de</strong><br />
Teil <strong>de</strong>r Kosten für eine Krankenhausbehandlung<br />
wird noch immer nach tagesgleichen<br />
Pflegesätzen abgerechnet. Dies hat die Dauer <strong>de</strong>r<br />
Liegezeiten zur Folge (s. o.). Ferner basieren die<br />
Budgets <strong>de</strong>r Krankenhäuser häufig auf <strong>de</strong>n historischen<br />
Kostenstrukturen <strong>de</strong>s Selbstkosten<strong>de</strong>ckungsprinzips<br />
und wur<strong>de</strong>n nie leistungsgerecht verän<strong>de</strong>rt.<br />
Hierauf zielt das die Gesundheitsreform 2000 sowie<br />
das Anfang 20<strong>02</strong> verabschie<strong>de</strong>ten Fallpauschalengesetz.<br />
Zukünftig ermöglicht ein diagnoseorientiertes Fallpauschalensystem<br />
eine leitungsgerechte Vergütung<br />
und soll damit u. a. Möglichkeiten für die<br />
Verbesserung <strong>de</strong>r Arbeitsbedingungen schaffen.<br />
Ferner soll durch die neue Vergütungsregelung die<br />
Optimierung <strong>de</strong>r Aufbau- und Ablauforganisation<br />
<strong>de</strong>r Krankenhäuser erreicht wer<strong>de</strong>n. Hierzu bedarf<br />
es <strong>de</strong>r Festlegung bun<strong>de</strong>sweiter Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rungen<br />
an die Struktur- und Ergebnisqualität von<br />
Krankenhausleistungen, z. B. materielle und personelle<br />
Voraussetzungen (also Art <strong>de</strong>r Ausstattung<br />
und Qualifikation und Anzahl <strong>de</strong>s Personals). Das<br />
neue Vergütungssystem zielt auf eine Verbesserung<br />
<strong>de</strong>r Arbeitszeitgestaltung: Überstun<strong>de</strong>n und Bereitschaften<br />
sollen verkürzt und bis zu 10.000 neue<br />
Stellen in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n zwei Jahren in <strong>de</strong>n Krankenhäusern<br />
geschaffen wer<strong>de</strong>n.<br />
Ferner dient die Verpflichtung <strong>de</strong>r Krankenhäuser<br />
zur Veröffentlichung strukturierter Qualitätsberichte<br />
<strong>de</strong>r Transparenz <strong>de</strong>r Leistungen und bietet<br />
zu<strong>de</strong>m die Möglichkeit <strong>de</strong>s "Benchmarkings"<br />
(Lernen vom Besten). Die Veröffentlichung im<br />
Internet zielt bewusst auf die Information von<br />
Ärzten und Versicherten. <strong>Der</strong> so initiierte Qualitätswettbewerb<br />
dient <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />
von Krankenhäusern mit vor- und nachgelagerten<br />
medizinischen Versorgungsbereichen.<br />
Auf diese Weise sollen Empfehlungen von Min<strong>de</strong>stmengen<br />
für medizinisch-pflegerische Leistungen<br />
erarbeitet wer<strong>de</strong>n. Diese Entwicklung begünstigt<br />
das Voranschreiten <strong>de</strong>r Spezialisierung und<br />
Bildung von medizinischen Kompetenzzentren<br />
und die För<strong>de</strong>rung von Innovationen. Die Überprüfung<br />
<strong>de</strong>r abgerechneten Leistungen und <strong>de</strong>r<br />
vereinbarten Qualitätsniveaus wer<strong>de</strong>n extern durch<br />
<strong>de</strong>n Medizinischen Dienst <strong>de</strong>r Krankenkassen<br />
(MDK) durchgeführt.<br />
Ausgenommen von <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>s neuen<br />
Krankenhaus- Vergütungssystems sind<br />
• psychiatrische Kliniken, da hier starke Verweildauerschwankungen<br />
bei gleichen Diagnosen<br />
vorliegen können,<br />
• Einrichtungen <strong>de</strong>r Psychosomatik und <strong>de</strong>r<br />
Psychotherapeutischen Medizin, um <strong>de</strong>r Gefahr<br />
medizinisch nicht begrün<strong>de</strong>ter Verlegungen<br />
vorzubeugen.<br />
Einführung von ‚Diagnosis Related Groups‘<br />
(DRGs) als neue Vergütungsgrundlage<br />
Bei <strong>de</strong>n "Diagnose-Relevanten Gruppierungen"<br />
o<strong>de</strong>r Fallpauschale han<strong>de</strong>lt es sich um Patientenklassifikationssysteme,<br />
die aufwandsähnliche<br />
Krankenhausfälle einer möglichst kostenhomogenen<br />
Fallgruppe zuordnen. Hierbei sind die medizinischen<br />
Zusammengehörigkeiten zu beachten. <strong>Der</strong><br />
Begriff Patientenklassifikationssystem weist bereits<br />
darauf hin, dass ein wichtiger Grundsatz <strong>de</strong>r<br />
DRGs die Klassenbildung ist. Sie ordnen dabei<br />
nicht gleiche, son<strong>de</strong>rn Fälle, die in klinischer<br />
Hinsicht bezogen auf die Diagnose, die Therapie<br />
und <strong>de</strong>n erfor<strong>de</strong>rlichen Versorgungsaufwand<br />
ähnliche Kosten verursachen, systematisch einer<br />
bestimmten Kostenklasse zu. Die DRG-Klassifikationssysteme<br />
basieren <strong>de</strong>mnach weniger auf medizinischen<br />
als auf Kostenfaktoren und ihr Ziel ist<br />
es, möglichst einheitlich abrechenbare Kostengruppen<br />
zu schaffen. Da Patienten mit gleicher<br />
Hauptdiagnose<br />
[weiter auf Seite 3]<br />
________________<br />
1<br />
) vgl. Heilberufe – Das Pflegemagazin; 54. Jg.;<br />
Heft 11/20<strong>02</strong>; S. 6<br />
2<br />
) ebenda<br />
________________________<br />
*) Matthias Hejda ist Diplom-Pflegewirt (FH)<br />
und TQM-Auditor und lebt in Garbsen.<br />
- 2 -
NEWS<br />
<strong>Der</strong> DBfK zur<br />
Sozialversicherung<br />
(rb) Auf seiner Geburtstagsfeier<br />
im Januar zum<br />
100-jährigen Bestehen<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Berufsverban<strong>de</strong>s<br />
für Pflegeberufe<br />
(DBfK) stellte <strong>de</strong>r<br />
Verband eine neue Stellungnahme<br />
vor. In seinen<br />
Eckpunkten für eine<br />
Reform <strong>de</strong>r Sozialversicherung<br />
bedauert <strong>de</strong>r<br />
DBfK, dass die Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
in <strong>de</strong>r sog.<br />
„Rürup-Kommission“<br />
„auf die notwendige pflegerische<br />
Fachkompetenz<br />
verzichtet“.<br />
Es wer<strong>de</strong>n Prinzipien <strong>de</strong>r<br />
Sozialversicherung benannt,<br />
die für <strong>de</strong>n DBfK<br />
unverzichtbar sind, u.a.<br />
die Selbstverantwortlichkeit<br />
je<strong>de</strong>s Menschen für<br />
seine Gesundheit o<strong>de</strong>r<br />
die Orientierung an <strong>de</strong>n<br />
Bedürfnissen und <strong>de</strong>r<br />
Lebensqualität <strong>de</strong>r Menschen.<br />
Für die konkrete<br />
Umsetzung be<strong>de</strong>ute dies,<br />
die Notwendigkeit bzw.<br />
eine Rationierung von<br />
Gesundheitsleistungen<br />
müsse transparent gemacht<br />
und die Betroffenen<br />
in die Entscheidungen<br />
einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Es wird gefor<strong>de</strong>rt, pflegerische<br />
Leistungen in<br />
einem Pflegeleistungsgesetz<br />
zusammenzufassen,<br />
so dass pflegerische Versorgungslückengeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n. Dazu sei die<br />
Definition von Vorbehaltsaufgaben<br />
sowie die<br />
Verordnung von Pflege<br />
und Pflegehilfsmitteln<br />
durch Pflegefachkräfte<br />
notwendig.<br />
Detaillierte Infos unter:<br />
www.dbfk.<strong>de</strong>/dyn/tpl/top<br />
/show1.php?id=FW<strong>2003</strong>-<br />
<strong>02</strong>-05-3208<br />
___________<br />
[Fortsetzung]<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Bedingungen<br />
im Gesundheitswesen auf die Altenpflege<br />
von Matthias Hejda [MHejda@aol.com]<br />
und -therapie aufgrund verschie<strong>de</strong>ner Faktoren<br />
gegenüber <strong>de</strong>m "Normalfall" erhöhte Versorgungsbedürfnisse<br />
haben und auch die Art und Weise <strong>de</strong>r<br />
Krankenhauseinweisung zur Erhöhung <strong>de</strong>r Kosten<br />
führen kann, erfolgt die Entwicklung einer Klassifikation<br />
möglicher Schweregra<strong>de</strong> und Begleiterkrankungen.<br />
Um einen Behandlungsfall erfolgreich<br />
gruppieren zu können, wer<strong>de</strong>n ggf. folgen<strong>de</strong> Angaben<br />
berücksichtigt:<br />
• Diagnosen (1 Hauptdiagnose und bis zu 19 Nebendiagnosen)<br />
und bis zu 20 Prozeduren,<br />
• Alter und Geschlecht,<br />
• Art <strong>de</strong>r Einweisung,<br />
• Verweildauer,<br />
• Entlassungsstatus.<br />
Die Anzahl <strong>de</strong>r DRGs ist zu begrenzen; <strong>de</strong>nnoch<br />
sind die unterschiedlichen Schweregra<strong>de</strong>, die die<br />
Kostenhomogenität gefähr<strong>de</strong>n, zu berücksichtigen.<br />
Die Entwicklung von 600 bis max. 800 solcher<br />
Fallpauschalen ist in <strong>de</strong>r Zukunft in Deutschland<br />
geplant. Das Ziel ist, zukünftig eine beitragssatzstabile<br />
<strong>Ausgabe</strong>nentwicklung im bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen<br />
Gesundheitswesen zu ermöglichen. Als ein Instrument<br />
dafür gilt die Gestaltung <strong>de</strong>r Krankenhausfinanzierung<br />
auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r errechneten Basisfallwerte.<br />
Die Möglichkeit <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>s DRG-<br />
Vergütungssystems bei <strong>de</strong>n Krankenhäusern besteht<br />
zum 1. Januar <strong>2003</strong>, ein Jahr später erfolgt die<br />
DRG-Einführung verpflichtend. Für Einrichtungen,<br />
die zum Anfang <strong>2003</strong> mit <strong>de</strong>r Einführung beginnen,<br />
wur<strong>de</strong>n finanzielle Anreize geschaffen.<br />
Zum 1.1.2007 wer<strong>de</strong>n die Leistungen aller Krankenhäuser<br />
grundsätzlich gleich vergütet. Soweit die<br />
Theorie.<br />
Schon jetzt wird die Einführung <strong>de</strong>r DRGs im<br />
Krankenhausbereich vielfach kritisiert. Erfahrungen<br />
aus an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn (ein vergleichbares DRG-<br />
System wur<strong>de</strong> bisher in <strong>de</strong>n USA, Australien, Kanada<br />
und in nahezu allen europäischen Staaten eingeführt)<br />
wur<strong>de</strong>n zwar in <strong>de</strong>r Gestaltung <strong>de</strong>r bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen<br />
Vergütungsregelungen hinzugezogen,<br />
allerdings wur<strong>de</strong> in Deutschland die Einführung<br />
dieses Systems schwerpunktmäßig zur Kostensenkung<br />
als sogenannter „Sparhammer“ 3) und nicht<br />
zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r Patientenversorgung<br />
konzipiert.<br />
Während in Deutschland z. B. eine 100-prozentige<br />
DRG-Vergütung geplant ist, wer<strong>de</strong>n in Australien<br />
(welches Pate stand für die Entwicklung eines <strong>de</strong>utschen<br />
Systems zur Vergütungsregelung) nur ca. 40<br />
% <strong>de</strong>r Krankenhausleistungen über DRGs finanziert.<br />
Darüber hinaus war die Gruppe <strong>de</strong>r <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>n<br />
aktiv bei <strong>de</strong>r Begleitung <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>r<br />
DRGs in <strong>de</strong>r Praxis beteiligt. Dies basierte nicht<br />
zuletzt auf <strong>de</strong>r Einsicht <strong>de</strong>r 24-Stun<strong>de</strong>n-Nähe zum<br />
Patienten und <strong>de</strong>r Zuschreibung <strong>de</strong>r Kompetenz zur<br />
ganzheitlichen Fallbeurteilung <strong>de</strong>r Pflegekräfte 4) –<br />
ein fachspezifisches Ansehen, von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utsche<br />
Reformer und Gesetzgeber noch sehr weit entfernt<br />
scheinen.<br />
Thesen für die zukünftige Versorgung<br />
älterer Menschen<br />
1. These: Die Verweildauer wird abnehmen<br />
Da die Vergütung <strong>de</strong>r Krankenhausleistungen<br />
zukünftig nicht mehr nach <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>s tatsächlichen<br />
Krankenhausaufenthalts erfolgt, ist anzunehmen,<br />
dass Patienten möglichst frühzeitig entlassen<br />
wer<strong>de</strong>n, um eine Optimierung <strong>de</strong>s Gewinns<br />
zu erreichen.<br />
Be<strong>de</strong>utung für die Altenpflege:<br />
Bisher diente <strong>de</strong>r Aufenthalt im Krankenhaus nach<br />
einem akuten Krankheitsgeschehen u. a. dazu,<br />
Wissens- und Versorgungs<strong>de</strong>fizite <strong>de</strong>r Patienten<br />
aufzufangen. Aufgrund <strong>de</strong>r anzunehmen<strong>de</strong>n Verkürzung<br />
<strong>de</strong>s Aufenthalts wird sich voraussichtlich<br />
eine Arbeitsverdichtung in <strong>de</strong>n Bereichen Aufnahme<br />
und Entlassung im Krankenhaus (administrativ<br />
und organisatorisch) ergeben. Es besteht die<br />
Gefahr, dass die Entlassung zu einem psychologisch<br />
und physiologisch ungünstigen Zeitpunkt<br />
erfolgt. Die Zahlen <strong>de</strong>r vollständig Genesen<strong>de</strong>n<br />
wird sinken, Komplikationen und Pflegebedürftigkeit<br />
steigen. Dies dürfte insbeson<strong>de</strong>re die Heilungs-<br />
und Genesungserfolge älterer Menschen<br />
erschweren, die oftmals einen längeren Aufenthalt<br />
benötigen als jüngere.<br />
2. These: Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Prozessmanagements<br />
wird zunehmen<br />
Wenn dieselben diagnostischen und therapeutischen<br />
Maßnahmen während eines <strong>de</strong>utlich kürzeren<br />
Aufenthalts stattfin<strong>de</strong>n müssen, ist ein reibungsloser<br />
Ablauf <strong>de</strong>r Versorgungsprozesse erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
um Zeitverluste durch Fehl- und Blindleistungen<br />
zu vermei<strong>de</strong>n. Dies setzt die klare und<br />
transparente Regelung von organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen und Ablaufbeschreibungen<br />
voraus, sowie eine effiziente Zusammenarbeit von<br />
vollstationären und teilstationären, wie auch ambulanten<br />
Dienstleistern.<br />
Neben <strong>de</strong>r Festlegung <strong>de</strong>r Aufbauorganisation<br />
durch entsprechen<strong>de</strong> Instrumente (z.B. Leitbild<br />
und sich daraus ergeben<strong>de</strong>n Qualitätszielen, Organigramm,<br />
Stellenbeschreibungen, Verantwortungsmatrizen,<br />
...) bedarf es <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
geeigneter Möglichkeiten <strong>de</strong>r Prozessbeschreibung,<br />
wie sie u. a. in <strong>de</strong>n diversen Qualitätsmanagement-Systemen<br />
beschrieben wer<strong>de</strong>n. Neben<br />
Verfahrens- und Arbeitsanweisungen, Standards<br />
und Richtlinien rücken so genannte "DRGbasieren<strong>de</strong><br />
Clinical Pathways" als standardisierte<br />
Beschreibung multidisziplinärer Versorgungsabläufe<br />
immer häufiger in <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>r Betrachtung.<br />
[weiter auf Seite 4]<br />
____________________<br />
3 ) vgl. Müller, Marie-Luise: Es gibt Riesenunterchie<strong>de</strong>,<br />
in: Heilberufe – Das Pflegemagazin –<br />
Schwerpunktthema: DRG – von <strong>de</strong>r Theorie<br />
zur Praxis, 54. Jg.; 11/20<strong>02</strong>; S. 35<br />
4 ) ebenda<br />
- 3 -
NEWS<br />
Tag <strong>de</strong>r Pflege <strong>2003</strong>:<br />
<strong>Pflegen</strong><strong>de</strong> bekämpfen<br />
das AIDS-Stigma<br />
(rb) Am 12. März <strong>2003</strong><br />
jährt sich erneut <strong>de</strong>r<br />
Geburtstag von Florence<br />
Nightingale. Dieser Tag<br />
gilt international als „Tag<br />
<strong>de</strong>r Pflege“, <strong>de</strong>n Pflegeverbän<strong>de</strong><br />
weltweit als<br />
Plattform nutzen, auf <strong>de</strong>n<br />
Pflegeberuf und die Probleme<br />
von Pflegebedürftigen<br />
hinzuweisen.<br />
Christine Hancock, Präsi<strong>de</strong>ntin<br />
<strong>de</strong>s International<br />
Council of Nurses (ICN),<br />
stellte nun das Motto <strong>de</strong>s<br />
diesjährigen Tages <strong>de</strong>r<br />
Pflege vor. Angesichts<br />
<strong>de</strong>r Situation, dass<br />
AIDS-Kranken in Teilen<br />
<strong>de</strong>r Welt immer noch<br />
Grundrechte wie Nahrung<br />
und Unterstützung<br />
vorenthalten wird, ist ein<br />
<strong>de</strong>utliches Eintreten für<br />
die Belange von Menschen<br />
mit HIV und AIDS<br />
notwendig. „Die Angst<br />
vor <strong>de</strong>m Stigma führt<br />
zum Schweigen und<br />
wenn es um die Bekämpfung<br />
von AIDS geht,<br />
führt Schweigen zum<br />
Tod.“, so Hancock.<br />
Zur Information für <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong><br />
gibt es ein englischsprachiges<br />
„Tag <strong>de</strong>r<br />
Pflege-Kit <strong>2003</strong>“ mit<br />
Basisinformationen über<br />
HIV und AIDS und<br />
Strategien gegen Vorurteile.<br />
Informationen unter:<br />
www.icn.ch/indkit<strong>2003</strong>.<br />
htm<br />
___________<br />
[Fortsetzung]<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Bedingungen<br />
im Gesundheitswesen auf die Altenpflege<br />
von Matthias Hejda [MHejda@aol.com]<br />
Be<strong>de</strong>utung für die Altenpflege:<br />
Die Versorgung älterer Menschen im Anschluss an<br />
die Versorgung in <strong>de</strong>n Krankenhäusern ist zukünftig<br />
konsequent nach evi<strong>de</strong>nz-basierter Medizin<br />
und Pflege auszurichten. Tradierte Verhaltensweisen<br />
und z. B. medizinische Anordnungen,<br />
sowie einrichtungsspezifische Glaubenssätze sind<br />
zukünftig auf ihren Nutzen hin zu hinterfragen. Es<br />
bedarf <strong>de</strong>r Erstellung, Kommunikation und Umsetzung<br />
von Standards und Richtlinien, um eine<br />
zeitnahe Versorgung im Anschluss an die Krankenhausbehandlung<br />
von gera<strong>de</strong> älteren Menschen<br />
sicherzustellen. Einheitlich han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> und sprechen<strong>de</strong><br />
Teams erzielen <strong>de</strong>n größtmöglichen Nutzen<br />
für die Patienten und stellen somit ein wesentliches<br />
Qualitätskriterium dar. Die Behandlungsund<br />
Rehabilitationsergebnisse müssen in Zukunft<br />
messbar, wie<strong>de</strong>rholbar und einen Langzeiterfolg<br />
aufweisen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n vorher <strong>de</strong>finierten Betreuungszielen<br />
entspricht.<br />
3. These: Traditionelle Arbeitsabläufe und –verfahren<br />
müssen verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n – Gesundheitseinrichtungen<br />
und -dienstleister müssen miteinan<strong>de</strong>r<br />
kooperieren<br />
Sind Labordaten o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re diagnostische Parameter<br />
in <strong>de</strong>n Krankenhäusern kurzzeitig verfügbar,<br />
so kann nur durch eine schnelle Reaktion <strong>de</strong>s Gesundheitspersonals<br />
<strong>de</strong>r zeitliche Vorteil voll genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies hat zur Folge, dass bisher gewohnte<br />
zeitliche Abfolgen sich <strong>de</strong>utlich verän<strong>de</strong>rn<br />
wer<strong>de</strong>n. Auch <strong>de</strong>r frühe Beginn <strong>de</strong>r Entlassungsplanung<br />
<strong>de</strong>s Patienten erfor<strong>de</strong>rt eine rasche Informationsweitergabe<br />
an nachfolgen<strong>de</strong> versorgen<strong>de</strong><br />
Einrichtungen und ambulante Dienstleister o<strong>de</strong>r<br />
nie<strong>de</strong>rgelassene Ärzte und Therapeuten.<br />
Be<strong>de</strong>utung für die Altenpflege:<br />
Mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Kontinuität <strong>de</strong>r Versorgung erscheint<br />
die enge Kommunikation zwischen Krankenhaus,<br />
Rehabilitationseinrichtungen, ambulanten<br />
und stationären Pflegeeinrichtungen und nie<strong>de</strong>rgelassenen<br />
Haus- und Fachärzten sowie Therapeuten<br />
unverzichtbar. Dies sollte zukünftig durch gemeinsame<br />
Kommunikationsstandards und transparente<br />
Abläufe (siehe These 2) sichergestellt wer<strong>de</strong>n. Die<br />
starre Trennung zwischen Krankenpflege und Altenpflege<br />
muss zukünftig beseitigt wer<strong>de</strong>n, was u.<br />
a. durch eine gemeinsame Grundausbildung erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n könnte. Die strukturierte, verbindliche<br />
und kontrollierbare Zusammenarbeit zwischen<br />
allen Gesundheitsdienstleistern muss zukünftig<br />
gesucht wer<strong>de</strong>n. Hier bieten sich verschie<strong>de</strong>ne<br />
Möglichkeiten <strong>de</strong>r Kooperation, in <strong>de</strong>ren Rahmen<br />
gemeinsame Versorgungsziele vereinbart wer<strong>de</strong>n<br />
sollten.<br />
In diesem Zusammenhang ist auf die Möglichkeit<br />
<strong>de</strong>r Erarbeitung und Implementierung von stadtteil-<br />
o<strong>de</strong>r landkreisbezogenen Konzepten zur För<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r gesundheitlichen Versorgung<br />
hinzuweisen, in <strong>de</strong>ren Rahmen Leistungsträger,<br />
Politik und das öffentliche Gesundheitswesen<br />
vor Ort einzubeziehen sind. Als ein Beispiel sollen<br />
hier sogenannte „run<strong>de</strong> Tische“ genannt wer<strong>de</strong>n,<br />
welche die Stärkung <strong>de</strong>r interdisziplinären Zusammenarbeit<br />
und <strong>de</strong>s fachlichen Austauschs zwischen<br />
allen an <strong>de</strong>r Pflege, Behandlung und Rehabilitation<br />
beteiligten Berufsgruppen und Kostenträger för<strong>de</strong>rn<br />
und die Erarbeitung gemeinsamer Richtlinien<br />
ermöglichen. <strong>Der</strong> Bedarf an neuen Dienstleistungen,<br />
wie z. B. <strong>de</strong>r ambulanten und teilstationären<br />
Rehabilitation sowie die Vermittlung von Haushaltshilfen<br />
wird zukünftig zunehmen und sollte<br />
daher umgehend projektiert wer<strong>de</strong>n. Auf eine<br />
Finanzierung durch das SGB V ist hinzuwirken.<br />
Diese Maßnahmen erweitern das Aufgabenfeld für<br />
bisher stationär tätiges Gesundheitspersonal im<br />
Hinblick auf die häusliche Betreuung.<br />
4. These: Die Be<strong>de</strong>utung evi<strong>de</strong>nzbasieren<strong>de</strong>r<br />
Praxis steigt<br />
Da die Abrechnung <strong>de</strong>r DRGs nicht entsprechend<br />
<strong>de</strong>s tatsächlichen Aufwands, son<strong>de</strong>rn pauschaliert<br />
erfolgt, müssen unnötige Leistungen zukünftig<br />
vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Dienstleistungen, <strong>de</strong>ren Wirksamkeit<br />
nicht nachvollziehbar erscheinen, wer<strong>de</strong>n<br />
sich nicht durchsetzen. Die Umsetzung einer evi<strong>de</strong>nzbasieren<strong>de</strong>n<br />
Medizin, Pflege, Behandlung und<br />
För<strong>de</strong>rung wird daher nicht nur im Interesse <strong>de</strong>r<br />
Patienten, son<strong>de</strong>rn auch aus krankenhausspezifischen<br />
Grün<strong>de</strong>n erfolgen müssen. Eine kontinuierliche<br />
Kontrolle <strong>de</strong>s eigenen Han<strong>de</strong>lns muss aus<br />
diesem Grun<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Hintergrund wissenschaftlich<br />
erwiesener Erkenntnisse, z. B. durch die Einigung<br />
auf evi<strong>de</strong>nzbasieren<strong>de</strong> Standardpflegepläne<br />
(Pathways) geschehen.<br />
Be<strong>de</strong>utung für die Altenpflege:<br />
<strong>Der</strong> Stellenwert zielorientierter Qualitätszirkelarbeit<br />
zur Sicherstellung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses<br />
wird steigen. Durch geeignete<br />
Maßnahmen <strong>de</strong>r Schulung, Fort- und Weiterbildung<br />
muss die Kompetenz beson<strong>de</strong>rs im Bereich<br />
För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Lebensaktivitäten erworben, gesichert<br />
und weiterentwickelt wer<strong>de</strong>n. Dazu bedarf es<br />
<strong>de</strong>r Aufhebung <strong>de</strong>r tradiert getrennten Berufsrollen<br />
von Krankenpflege und Altenpflege (siehe oben).<br />
5. These: Alle Gesundheitsdienstleister müssen<br />
Qualitätsmanagement einführen<br />
Ein pauschaliertes, diagnoseorientiertes Entgeltsystem<br />
wie die DRGs darf nicht zum Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Patienten aufgrund unzureichen<strong>de</strong>r Pflege und<br />
Behandlung führen. Geeignete Maßnahmen eines<br />
umfassen<strong>de</strong>n Qualitätsmanagements sind erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
um die Gesundheit <strong>de</strong>r Patienten und/o<strong>de</strong>r die<br />
Wie<strong>de</strong>rherstellung dieser (sofern möglich) dauerhaft<br />
sicherzustellen. Ein beson<strong>de</strong>res Augenmerk ist<br />
hierbei auf <strong>de</strong>n Umgang mit potentiellen Gefahren<br />
für die älteren Patienten zum Entlassungszeitpunkt,<br />
wie z. B. Ernährungsstörungen, Wundheilungsstörungen,<br />
neurologische Störungen usw. zu lenken.<br />
Be<strong>de</strong>utung für die Altenpflege:<br />
Die Verpflichtung zur Entwicklung und Implementierung<br />
von Qualitätsmanagement ergibt sich in<br />
<strong>de</strong>r Klinik aus § 137 SGB V (Sozialgesetzbuch: 5.<br />
Buch; Krankenversicherungs-Gesetz), in <strong>de</strong>n Ein-<br />
[weiter auf Seite 5]<br />
- 4 -
TERMINE<br />
Stu<strong>de</strong>ntische<br />
Pflegefachtagung<br />
28.-29. März <strong>2003</strong>, Würzburg<br />
(rb) Zum achten Male fin<strong>de</strong>t<br />
eine stu<strong>de</strong>ntische Pflegefachtagung<br />
statt, dieses Jahr an <strong>de</strong>r<br />
FH Würzburg-Schweinfurt.<br />
Das Motto lautet "Aka<strong>de</strong>misierung<br />
in <strong>de</strong>r Pflege - Chance<br />
und Herausfor<strong>de</strong>rung für das<br />
Gesundheitswesen". Dazu hält<br />
Ricarda Klein, Pflegedirektorin<br />
am Uniklinikum Hamburg-<br />
Eppendorf ein Impulsreferat.<br />
Es folgen parallele Workshops<br />
und Vorträge. Eine abendliche<br />
Podiumsdiskussion behan<strong>de</strong>lt<br />
das Thema „Neue Wege in <strong>de</strong>r<br />
Pflege - Berufe basteln o<strong>de</strong>r zukunftsweisen<strong>de</strong><br />
Konzepte?“.<br />
Das Programm ist durch Management-Themen<br />
geprägt, an<strong>de</strong>re<br />
(z.B. pädagogische o<strong>de</strong>r<br />
pflegepraktische) wer<strong>de</strong>n nur<br />
am Ran<strong>de</strong> gestreift. Erwartet<br />
man einen stu<strong>de</strong>ntischen<br />
Schwerpunkt, enttäuscht das<br />
Programm lei<strong>de</strong>r. Stu<strong>de</strong>ntische<br />
Themen wer<strong>de</strong>n nicht<br />
o<strong>de</strong>r nur randständig behan<strong>de</strong>lt.<br />
Info und Anmeldung:<br />
www.pflegefachtagung.com<br />
___________<br />
Volleyball + Krankenpflege =<br />
Pflegetreffen<br />
18.-20. Juli <strong>2003</strong>, München<br />
(rb) Spielen Sie gerne Volleyball?<br />
Scheuen Sie sich nicht<br />
vor einer Nacht im Zelt? Dann<br />
kann das Volleyballturnier auf<br />
<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bezirkskrankenhauses<br />
Haar in München<br />
etwas für Sie sein. Das<br />
‚Kommando Roter Stern‘,<br />
Sieger <strong>de</strong>s Turniers 20<strong>02</strong>, richtet<br />
das seit 1983 stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Treffen aus. Teilnehmen<br />
können alle Gruppen mit<br />
min<strong>de</strong>stens drei weiblichen<br />
und drei männlichen SpielerInnen.<br />
Dies können in <strong>de</strong>r<br />
Ausbildung befindliche o<strong>de</strong>r<br />
examinierte <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong> sein,<br />
aber auch PJ’ler, Physiotherapeuten<br />
und Ärzte. Mitreisen<strong>de</strong><br />
sind willkommen. Gera<strong>de</strong> für<br />
Schülergruppen aus Pflegeschulen<br />
ein toller Sommerspaß.<br />
Zelte müssen selbst<br />
organisiert wer<strong>de</strong>n, für das<br />
leibliche Wohl wird gesorgt.<br />
Infos und Anmeldung (bis<br />
zum 30.05.03):<br />
www.zuckerkombinat.<strong>de</strong>;<br />
judit@zuckerkombinat.<strong>de</strong>.<br />
[Fortsetzung]<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r neuen Bedingungen<br />
im Gesundheitswesen auf die Altenpflege<br />
von Matthias Hejda [MHejda@aol.com]<br />
richtungen <strong>de</strong>r Altenpflege aus § 80a PQsG (Gesetz<br />
zur Qualitätssicherung und zur Stärkung <strong>de</strong>s<br />
Verbraucherrechte in <strong>de</strong>r Pflege; Pflege-Qualitätssicherungsgesetz)<br />
und für nie<strong>de</strong>rgelassene Ärzte<br />
aus <strong>de</strong>n Richtlinien <strong>de</strong>r Gesundheitsministerkonferenz<br />
1999. Zukünftig bedarf es eines standardisierten<br />
und ergebnisorientierten Managements aller<br />
Dienstleistungen im Gesundheitswesen und <strong>de</strong>ren<br />
ergebnisorientierten Koordination. Zu<strong>de</strong>m sind<br />
Abläufe zu <strong>de</strong>finieren, die die umfassen<strong>de</strong> und adäquate<br />
Versorgung in <strong>de</strong>r Klinik weit vor und nach<br />
<strong>de</strong>m Aufenthalt standardisiert und sicherstellt. Die<br />
von allen Gesundheitsdienstleistern gemeinsam<br />
anvisierten Ziele und <strong>de</strong>ren Erreichung sowie die<br />
jeweiligen Betreuungskonzepte müssen im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Qualitätsberichte für die Patienten und die<br />
Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
6. These: Die Pflegeleistungen müssen einer<br />
Überprüfung standhalten<br />
Die im Rahmen eines DRG-basieren<strong>de</strong>n Entgeltsystems<br />
erfassten Daten, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Pflegeleistung,<br />
müssen einer entsprechen<strong>de</strong>n Vor- und Nachkalkulation<br />
standhalten. So muss <strong>de</strong>r pflegerische<br />
Anteil an <strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>r Versorgung von Patienten<br />
einer bestimmten DRG zu bestimmen sein. In Län<strong>de</strong>rn,<br />
die bereits Erfahrungen mit ähnlichen Entgeltsystemen<br />
gemacht haben, führte dies zu einem<br />
Vergleich <strong>de</strong>r Krankenhäuser im Sinne eines<br />
Benchmarkings (Lernen vom Besten) untereinan<strong>de</strong>r.<br />
Hierbei wur<strong>de</strong> untersucht, ob und warum die<br />
pflegerischen Kosten bei einer einzelnen DRG unterschiedlich<br />
ausfallen. Dies erfor<strong>de</strong>rt die transparente<br />
und je<strong>de</strong>rzeit nachvollziehbare Dokumentation<br />
aller Handlungen.<br />
Be<strong>de</strong>utung für die Altenpflege:<br />
Die Einrichtungen und ambulanten Dienstleister <strong>de</strong>r<br />
Altenpflege sind in diesem Zusammenhang ebenso<br />
aufgerufen, ihre Leistungen im Rahmen <strong>de</strong>r Nachversorgung<br />
von älteren Patienten angemessen zu<br />
erfassen und entsprechend nachweisen zu können.<br />
Dieser Nachweis könnte ggf. für die jeweiligen<br />
Kostenträger <strong>de</strong>r Versicherten von Nutzen sein und<br />
eingefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Ferner muss nochmals die<br />
Nutzung evi<strong>de</strong>nz-basierter Medizin und Pflege<br />
unterstrichen wer<strong>de</strong>n. Darüber hinaus müssen die<br />
Kun<strong>de</strong>nwünsche erforscht wer<strong>de</strong>n, um zeitnah entsprechen<strong>de</strong><br />
Versorgungsabläufe hierauf einstellen<br />
zu können. Die Veröffentlichung von Ergebnissen<br />
dient hierbei <strong>de</strong>r Überprüfung <strong>de</strong>r eigenen und <strong>de</strong>r<br />
gemeinsamen Ziele sowie <strong>de</strong>r Festlegung <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Kosten.<br />
Zukunftsaussicht/Schlusswort<br />
Ein pauschaliertes, diagnoseorientiertes Entgeltsystem<br />
wie die DRGs darf nicht zum Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Patientinnen und Patienten führen und trotz <strong>de</strong>r<br />
Verkürzung <strong>de</strong>r Liegezeiten darf ihre gesundheitliche<br />
Versorgung nicht lei<strong>de</strong>n. <strong>Der</strong> Bedarf an neuen<br />
sogenannten „integrierten Dienstleistungen“ wird<br />
zukünftig zunehmen und sollte daher umgehend<br />
von Seiten <strong>de</strong>r Kostenträger weiterentwickelt wer-<br />
<strong>de</strong>n. Auf eine Finanzierung <strong>de</strong>r notwendigen und<br />
erfor<strong>de</strong>rlichen Leistungen durch SGB V / SGB<br />
XI, bzw. die Aufhebung <strong>de</strong>r künstlichen Trennung<br />
dieser zwei Versicherungsformen ist hinzuwirken.<br />
Diese zukünftigen Maßnahmen erweitern<br />
das Aufgabenfeld für bisher stationär<br />
tätiges Pflegepersonal, sowie Beschäftigte aller<br />
Therapiebereiche, wie z. B. Logopädie und<br />
Sprachtherapie, Ergotherapie und Krankengymnastik,<br />
sowie Ärzte.<br />
Im Rahmen solcher Versorgungsleistungen müssen<br />
ganzheitlich die Wechselwirkungen zwischen<br />
akuten und chronischen Erkrankungen,<br />
Altersverän<strong>de</strong>rungen, psychischen und sozialen<br />
Problemen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, die zum Verlust<br />
<strong>de</strong>r Selbständigkeit führen können. Ziel<br />
muss es sein, durch ein umfassen<strong>de</strong>s Behandlungskonzept<br />
älteren Menschen zu helfen, ihren<br />
Alltag möglichst selbstbestimmt und unabhängig<br />
zu gestalten.<br />
Die sich aus <strong>de</strong>m Fallpauschalengesetz ergeben<strong>de</strong>n<br />
Bestimmungen för<strong>de</strong>rn und erfor<strong>de</strong>rn zu<strong>de</strong>m,<br />
wie oben dargestellt, die Entwicklung eines<br />
einrichtungsinternen Qualitätsmanagements,<br />
sowohl in <strong>de</strong>r Klinik, als auch in Einrichtungen<br />
<strong>de</strong>r Altenpflege wie auch in Praxen nie<strong>de</strong>rgelassener<br />
Ärzte und Therapeuten. Dieses hilft bei <strong>de</strong>r<br />
Strukturierung <strong>de</strong>r Aufbau- und Ablauforganisation<br />
innerhalb <strong>de</strong>s jeweiligen Unternehmens.<br />
Geeignete Maßnahmen eines umfassen<strong>de</strong>n Qualitätsmanagements<br />
sind ferner in <strong>de</strong>n betreuen<strong>de</strong>n<br />
Einrichtungen erfor<strong>de</strong>rlich, um die Gesundheit<br />
und Genesung <strong>de</strong>r Patientinnen und Patienten<br />
dauerhaft sicherzustellen.<br />
Doch Qualitätsmanagement soll nicht um seiner<br />
selbst entwickelt und implementiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Vielmehr wird geschätzt, dass geringe Qualität<br />
für 40 % <strong>de</strong>r Personal- und Sachkosten in<br />
Dienstleistungsbetrieben, also auch in Krankenhäusern,<br />
Pflegeeinrichtungen, ambulanten<br />
Diensten und Praxen verantwortlich ist. Die<br />
Wahrnehmung von schlecht erbrachten Dienstleistungen<br />
wird im Schnitt an 20 Personen weitergetragen,<br />
diese geben sie wie<strong>de</strong>rum an bis zu<br />
20 Personen weiter. Im Schneeballsystem entsteht<br />
so ein Ruf, <strong>de</strong>r sich nur schwer korrigieren<br />
lässt. Ein Qualitätsmanagement hilft, <strong>de</strong>m vorzubeugen.<br />
Literatur<br />
• Das Fallpauschalengesetz ist über die Homepage<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sministeriums für Gesundheit<br />
verfügbar (unter „Rechtsvorschriften“):<br />
www.bmgesundheit.<strong>de</strong>/bmg-frames/<br />
• Weitere Informationen enthält die Homepage<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sgeschäftsstelle Qualitätssicherung<br />
gGmbH (BQS): www.bqs-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
• Müller, Marie-Luise: Es gibt Riesenunterschie<strong>de</strong>,<br />
in: Heilberufe – Das Pflegemagazin –<br />
Schwerpunktthema: DRG – von <strong>de</strong>r Theorie<br />
zur Praxis, 54. Jg.; 11/20<strong>02</strong>; S. 35<br />
- 5 -
RECHT<br />
Wer darf Insulin im<br />
Wohnheim verabreichen?<br />
„Sehr geehrter Herr Leschik,<br />
ich leite ein kleines Wohnheim<br />
für behin<strong>de</strong>rte Menschen.<br />
Bei einigen Bewohnern<br />
ist die Gabe von Insulin<br />
notwendig. Bisher wur<strong>de</strong> dies<br />
von einer Sozialstation übernommen.<br />
Da die Krankenkasse<br />
dies nicht mehr finanziert,<br />
fragen wir uns, wer dazu berechtigt<br />
ist..“<br />
Dazu Gerhard Leschik [leschik<br />
.grossenheidorn@t-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>]:<br />
Die Gabe eines Arzneimittels,<br />
hier Insulin ist originäre<br />
Aufgabe <strong>de</strong>s behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Arztes. Diese Gabe kann auf<br />
an<strong>de</strong>re Personen übertragen<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn die Bedingungen<br />
<strong>de</strong>r Delegation o<strong>de</strong>r Anordnung<br />
in vollem Umfang<br />
erfüllt sind. Dazu muss <strong>de</strong>r<br />
Arzt im Fall <strong>de</strong>r Anordnung<br />
seine Anweisungen so formulieren,<br />
dass eine Entscheidung<br />
<strong>de</strong>r durchführen<strong>de</strong>n Person<br />
ausgeschlossen wird. Diese<br />
Anweisung muss also genau<br />
beschreiben, wie die subkutane<br />
Injektion erfolgen<br />
soll, wann die Injektion zu<br />
geben ist und in welcher<br />
Menge. Darüber hinaus muss<br />
er auch exakt beschreiben,<br />
was bei einem Zwischenfall<br />
zu geschehen hat. Ob <strong>de</strong>r<br />
Arzt tatsächlich in <strong>de</strong>r Lage<br />
ist, die subkutane Injektion<br />
kunstgerecht selbst durchzuführen,<br />
ist dabei unerheblich.<br />
Zur Orientierung empfehle<br />
ich <strong>de</strong>n Artikel über die subkutane<br />
Injektion in <strong>de</strong>r<br />
<strong>Ausgabe</strong> 10/98 "Die Schwester,<br />
<strong>de</strong>r Pfleger" (Bibliomed-<br />
Verlag). Neben <strong>de</strong>r Anordnung<br />
<strong>de</strong>s Arztes muss <strong>de</strong>r<br />
Bewohner dieser Maßnahme<br />
zustimmen, da es sich um<br />
eine Körperverletzung im Sinne<br />
<strong>de</strong>s Strafgesetzbuches han<strong>de</strong>lt.<br />
Fehlt diese Zustimmung,<br />
kann <strong>de</strong>r Durchführen<strong>de</strong> für<br />
die Tat und die Folgen verurteilt<br />
wer<strong>de</strong>n. Um dieser Problematik<br />
auszuweichen, sollte<br />
eine gezielte Schulung für alle<br />
Mitarbeiter über die Durchführung<br />
<strong>de</strong>r subkutanen Injektion<br />
erfolgen, die alle angesprochenen<br />
Aspekte behan<strong>de</strong>lt.<br />
___________<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Wer will (noch) pflegen?<br />
Pflegepraxis und Pflegebildung im Brennpunkt<br />
Über eine Veranstaltung <strong>de</strong>s Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe<br />
berichtet Claudia Flöer* [floeer@schluetersche.<strong>de</strong>]<br />
Die Frage stellt sich zu Recht: Wer will noch<br />
pflegen, wenn DRGs <strong>de</strong>n ohnehin engen Handlungsspielraum<br />
noch weiter einschränken; wenn<br />
qualifizierte Kräfte entlassen und angelernte eingestellt<br />
wer<strong>de</strong>n; wenn immer mehr Patienten in<br />
immer weniger Betten und in immer kürzeren<br />
Abstän<strong>de</strong>n gepflegt wer<strong>de</strong>n müssen? Also: Wer<br />
will noch pflegen? Gut 300 Interessierte bil<strong>de</strong>ten<br />
das lebhafte Publikum für eine Veranstaltung, zu<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Deutsche Bildungsrat für Pflegeberufe in<br />
die Medizinische Hochschule Hannover gela<strong>de</strong>n<br />
hatte.<br />
Eins vorweg: Das Publikum bestand aus Lehrern,<br />
Wissenschaftler, Schülern, Managern – ganz so,<br />
wie es die Einladung geschil<strong>de</strong>rt hat. Dass diesem<br />
Publikum nur ein paar Tische mit eilig dahingeworfenen<br />
Broschüren von DBfK, ADS und an<strong>de</strong>ren<br />
sowie veralteten Buchkatalogen und einer<br />
„gut abgehangenen“ (weil <strong>de</strong>utlich älter als ein<br />
Jahr) Pflegezeitschrift geboten wur<strong>de</strong>n, war <strong>de</strong>r<br />
Veranstaltung ein<strong>de</strong>utig nicht angemessen. Ein<br />
gut sortierter Büchertisch wäre allemal geboten<br />
gewesen.<br />
Die Veranstaltung an sich war jedoch gelungen:<br />
Von <strong>de</strong>r grundlegen<strong>de</strong>n Klärung („Was ist eigentlich<br />
Professionalität in <strong>de</strong>r Pflege?“) über die<br />
Macht und Ohnmacht <strong>de</strong>r Verbän<strong>de</strong>, die künftigen<br />
Grundlagen <strong>de</strong>r Ausbildung, die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>s Studiums für die Praxis und die erstaunliche<br />
Vielfalt <strong>de</strong>r Assistenzberufe bis hin zur „Super-<br />
Nurse“ boten die Referentinnen und Referenten<br />
einen großen Querschnitt. Mit je eigener Ausrichtung,<br />
doch einem gemeinsamen Fazit, das<br />
Angelika Zegelin-Abt von <strong>de</strong>r Universität Witten-<br />
Her<strong>de</strong>cke so zusammenfasste: „Wir können zuversichtlich<br />
sein!“ Die Einschränkung dahinter:<br />
Das können Pflegekräfte nur dann, wenn es ihnen<br />
gelingt, ihre Kernaufgaben <strong>de</strong>utlich herauszuarbeiten<br />
und ihre Anliegen politisch zu transportieren.<br />
Bis zu diesem positiven, mit viel Applaus bedachten<br />
Fazit, war es ein weiter Weg, <strong>de</strong>ssen<br />
Meilensteine sich so zusammenfassen lassen: Gute<br />
Pflege ist nötig, sie ist sogar möglich, sie wird aber<br />
nicht geleistet. Die große Mehrheit <strong>de</strong>r Pflegekräfte<br />
macht Dienst nach Vorschrift, lässt sich<br />
we<strong>de</strong>r in Berufsverbän<strong>de</strong> noch in Fortbildungen<br />
zwängen, steht <strong>de</strong>n Aka<strong>de</strong>mikern eher feindlich<br />
entgegen und taumelt ausgebrannt und verunsichert<br />
<strong>de</strong>m Berufsausstieg entgegen. Das ist, zugegebenermaßen<br />
überspitzt formuliert, doch die<br />
Essenz <strong>de</strong>ssen, was die einzelnen Referenten auch<br />
sagen mussten.<br />
Fakt 1: Gute Pflege – dringend gesucht<br />
Renate Heinzmann, Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Deutschen<br />
Bildungsrates für Pflegeberufe, machte eingangs<br />
<strong>de</strong>utlich: „Gute Pflege ist öffentliche Verantwortung<br />
und gute Pflege kostet!“ Angesichts einer<br />
hohen Technisierung in <strong>de</strong>r Medizin muss die<br />
Pflege von höchster Qualität sein – Angelernte<br />
wer<strong>de</strong>n nicht leisten können, was in <strong>de</strong>n Kliniken<br />
<strong>de</strong>r Zukunft passieren muss. Was aber ist „gute<br />
Pflege“, wer leistet sie?<br />
Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte<br />
Pflegeforschung in Köln, ging <strong>de</strong>r Frage<br />
nach, was überhaupt die Elemente <strong>de</strong>r Pflege sind,<br />
wenn man <strong>de</strong>nn von einer professionellen Pflege<br />
sprechen möchte. Sein Ansatz bzw. sein Verständnis<br />
von Profession kreist um <strong>de</strong>n Respekt <strong>de</strong>r<br />
Autonomie <strong>de</strong>s Patienten. „Sie können als Pflegekraft<br />
Vorschläge machen, aber <strong>de</strong>r Patient hat das<br />
Recht, diese Vorschläge abzulehnen!“ Nach einer<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Frage aus <strong>de</strong>m Publikum konnte<br />
Isfort noch <strong>de</strong>utlicher wer<strong>de</strong>n: „Keine Angst vor<br />
<strong>de</strong>m mündigen Patienten!“ Kennzeichen einer<br />
Professionalität ist schließlich, das meinte Isfort ,<br />
dass sie an<strong>de</strong>re Meinungen tolerieren kann, weil<br />
sie sich einem weiteren Diktum <strong>de</strong>r Professionalität<br />
stellt: <strong>Der</strong> Frage, ob das Wissen, das <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong><br />
haben, auch umsetzbar ist. Das heißt, Professionalität<br />
muss Diskrepanzvermittlung betreiben können.<br />
Das Wissen, das in <strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>mischen Pflege<br />
gesammelt, aufbereitet und von ihr vertrieben<br />
wird, muss in <strong>de</strong>r Praxis gehandhabt wer<strong>de</strong>n.<br />
Insofern braucht die Praxis, wenn sie <strong>de</strong>nn professionell<br />
sein will, wissenschaftliches Wissen.<br />
In ersten Ansätzen funktioniert das bereits, dies<br />
machte Isfort am Beispiel <strong>de</strong>r Patientenfallkonferenzen<br />
<strong>de</strong>utlich, die in einigen Kliniken bereits<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Professionalität wird auch<br />
am neuen Berufsfeld <strong>de</strong>r „Pflegeberater“ <strong>de</strong>utlich,<br />
die – auf <strong>de</strong>r Basis eines fundierten Wissens –<br />
han<strong>de</strong>ln. Es geht nicht mehr um die Pflege nach<br />
Standard. Isfort: „Es kann nicht sein, dass „Pflege<br />
bei Apoplex“ betrieben wird, weil es einen solchen<br />
Standard gibt. <strong>Der</strong> individuelle Einzelfall ist<br />
wichtig, aber nicht das Überstülpen eines Standards,<br />
<strong>de</strong>r ein Minimalniveau vorgibt, aber doch<br />
keine Pflegehandlungen.“ Ein Apoplex ist eben<br />
nicht „ein“ Apoplex, son<strong>de</strong>rn dahinter steht ein<br />
Mensch, <strong>de</strong>r einer individuellen Pflege bedarf.<br />
Doch so professionell auch alles sein sollte – wenn<br />
es <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>n nicht gelingt, die beson<strong>de</strong>re Qualität,<br />
die Kernaufgaben ihres Berufes auch politisch<br />
zu transportieren, wer<strong>de</strong>n sie we<strong>de</strong>r Anerkennung<br />
noch das nötige Geld dafür erhalten. Für <strong>de</strong>n<br />
Einfluss in <strong>de</strong>r Politik aber sind Verbän<strong>de</strong> ein<br />
wichtiger Schlüssel.<br />
Fakt 2: Verbän<strong>de</strong> – Kopf ohne Körper<br />
sucht Einfluss<br />
Keiner weiß, wie viel Pflegekräfte es in Deutschland<br />
gibt. Von einer Million ist die Re<strong>de</strong>. Stellt<br />
man die Frage nach <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r in Verbän<strong>de</strong>n<br />
engagierten Pflegekräfte, so kann auch da nur<br />
vermutet wer<strong>de</strong>n. Ute Herbst, Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
[weiter auf Seite 7]<br />
_______________<br />
*) Claudia Flöer ist Lektorin <strong>de</strong>s Bereiches<br />
Pflegepublikationen beim Schlüterschen<br />
Verlag, Hannover.<br />
- 6 -
BIOGRAFIEN (6)<br />
Marie Schäfer<br />
(1810 – 1891)<br />
Die im württembergischen<br />
Lauterbach geborene<br />
Marie Schäfer war<br />
eine <strong>de</strong>r ersten Schwestern,<br />
die im KaiserswertherDiakonissenmutterhaus<br />
unter Theodor<br />
Fliedner ihre Krankenpflegeausbildungabsolvierten.<br />
Über ihre beson<strong>de</strong>ren<br />
krankenpflegerischen<br />
und organisatorischen Fähigkeiten<br />
wird berichtet.<br />
Von 1839 bis 1843 war<br />
sie im Frankfurter Versorgungshaus<br />
tätig, von<br />
1843 bis 1845 in <strong>de</strong>r<br />
Berliner Charité. Fliedner<br />
übertrug ihr 1850 das<br />
neu begrün<strong>de</strong>te Krankenhaus<br />
für weibliche<br />
Kranke in Breslau. Dieses<br />
wur<strong>de</strong> nach kurzer<br />
Zeit zu einem Diakonissenhaus<br />
ausgebaut.<br />
Evangelische Krankenpflegerinnen<br />
für Schlesien<br />
sollten dort ausgebil<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n, weshalb<br />
Schäfer Oberin <strong>de</strong>s Diakonissenhauses<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Zur Entwicklung <strong>de</strong>r neuzeitlichen<br />
Krankenpflege<br />
in Schlesien soll sie<br />
Wesentliches beigetragen<br />
haben. (rb)<br />
[vgl. Wolff, H.-P. (Hrsg.):<br />
Biographisches Lexikon<br />
zur Pflegegeschichte.<br />
Ullstein/Mosby,<br />
Berlin, Wiesba<strong>de</strong>n 1997,<br />
S. 177.]<br />
___________<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Wer will (noch) pflegen?<br />
Pflegepraxis und Pflegebildung im Brennpunkt<br />
von Claudia Flöer [floeer@schluetersche.<strong>de</strong>]<br />
[Fortsetzung]<br />
ADS (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schwesternverbän<strong>de</strong><br />
und Pflegeorganisationen e.V.)<br />
konnte von ca. 100.000 organisierten Pflegekräften<br />
sprechen, „wobei die Zahl <strong>de</strong>r Doppelmitgliedschaften<br />
nicht geklärt wer<strong>de</strong>n kann“. Also sind es<br />
eventuell noch viel weniger, die sich in <strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n<br />
engagieren. Das ist mehr als scha<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn<br />
die Verbän<strong>de</strong> sind es, die Einfluss auf die Politik<br />
nehmen können. Immerhin sitzt die Pflege in<br />
einigen Gremien mit am Tisch. Durch die Gründung<br />
<strong>de</strong>s Pflegerates, in <strong>de</strong>n gleich elf Verbän<strong>de</strong><br />
ihre Vertreter schicken, gewinnt die Pflege auch<br />
politisch an Einfluss. Lei<strong>de</strong>r, so Herbst, „sitzen wir<br />
nur da, wo wir uns <strong>de</strong>n Zutritt erkämpfen konnten,<br />
aber nicht auch da, wo wir dringend hin müssten:<br />
Etwa in <strong>de</strong>r Deutschen Krankenhausgesellschaft.“<br />
<strong>Der</strong> Kampf aber geht weiter, <strong>de</strong>nn schließlich<br />
braucht Pflege Rahmenbedingungen und zwar<br />
gute!<br />
An <strong>de</strong>n Rahmenbedingungen wer<strong>de</strong>n sich die<br />
Verbandsvertreter noch lange die Zähne ausbeißen<br />
– wür<strong>de</strong>n mehr Pflegekräfte sich organisieren,<br />
bekäme ihre Stimme auch mehr Gewicht. Wie<br />
wichtig das ist, macht die Entwicklung <strong>de</strong>s Altenpflegegesetzes<br />
und die anstehen<strong>de</strong> Novellierung<br />
<strong>de</strong>s Krankenpflegegesetzes <strong>de</strong>utlich.<br />
Fakt 3: Ausbil<strong>de</strong>n, nicht ausnutzen!<br />
Franz Wagner, Geschäftsführer <strong>de</strong>s DBfK, machte<br />
<strong>de</strong>utlich, wie groß <strong>de</strong>r Einfluss <strong>de</strong>r Pflege auf die<br />
Erneuerung <strong>de</strong>r Ausbildungsgesetze ist. „Es ist uns<br />
gelungen, beim Altenpflegegesetz <strong>de</strong>utlich die<br />
Orientierung am Menschen hineinzunehmen, so<br />
dass es nun auch um behin<strong>de</strong>rte o<strong>de</strong>r ältere Menschen<br />
geht und nicht nur um Bewohner.“ Zugleich<br />
hat <strong>de</strong>r Kampf um das Altenpflegegesetz auch<br />
dazu geführt, dass vorbehaltene Aufgabenbereiche<br />
in <strong>de</strong>r Pflege nunmehr <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Beson<strong>de</strong>rs wichtig ist die anstehen<strong>de</strong> Novellierung<br />
<strong>de</strong>s Krankenpflegegesetzes, die – so hofft es Wagner<br />
– in 2004 vorliegen wird. <strong>Der</strong> Entwurf macht<br />
Laune auf mehr Gesetz: Von „Eigenverantwortung“<br />
ist da die Re<strong>de</strong>, von „Mitwirkung“, von<br />
„Prävention“, von einer höheren Lehrerqualifizierung,<br />
von einer Praxisanleitung, die ihren Namen<br />
wirklich verdient. „Es kann ja nicht sein, dass<br />
Schüler 14 Tage auf Station sind und dann meinen,<br />
nicht mehr in Urlaub gehen zu können, weil sonst<br />
die Station zusammenbricht“, rief Wagner ins<br />
Publikum und erntete Applaus. „Es geht um ausbil<strong>de</strong>n,<br />
nicht um ausnutzen!“<br />
Strittig aber ist die Frage <strong>de</strong>r Finanzierung, gelöst<br />
die Frage <strong>de</strong>r europäischen Anerkennung <strong>de</strong>r<br />
Abschlüsse. Dort hat man sich auf die Grundlagen<br />
<strong>de</strong>r EU gestellt. Neu auch, und dafür tritt <strong>de</strong>r<br />
DBfK unter an<strong>de</strong>rem an: Es braucht kein Arzt bei<br />
<strong>de</strong>r praktischen Prüfung anwesend zu sein und<br />
auch Schulleitungen müssen über pädagogische<br />
Ausbildungen verfügen.<br />
Die Schritte zur Aka<strong>de</strong>misierung sind längst erfolgt:<br />
Lehrer neueren Typs wer<strong>de</strong>n sicherlich an<br />
die Hochschulen gehen, um später im Wettbewerb<br />
um Posten eine günstige Ausgangsposition zu<br />
haben. Das Wort „Hochschule“ o<strong>de</strong>r „Aka<strong>de</strong>misierung“<br />
hat einen recht zwiespältigen Ton.<br />
Fakt 4: Aka<strong>de</strong>misierung – ein unverzichtbarer<br />
Luxus<br />
Astrid Elsbernd, Professorin in Esslingen ist eine<br />
Rednerin, die zu überzeugen weiß. Auch sie ist<br />
über die Krankenpflege zur Wissenschaft gekommen,<br />
auch sie kennt die Vorurteile, die Aka<strong>de</strong>mikern<br />
in <strong>de</strong>r Pflege entgegengehalten wer<strong>de</strong>n. „Ich<br />
fand mein Referatsthema,“ so plau<strong>de</strong>rte sie munter,<br />
„eigentlich nicht gut: Pflegestudiengänge –<br />
wer will da (noch) pflegen? Das qualifiziert doch<br />
eigentlich die Praktiker ab, war meine erste Reaktion.“<br />
Doch: „Lesen, nach<strong>de</strong>nken, noch mal lesen<br />
und nach<strong>de</strong>nken und dann han<strong>de</strong>ln“ ist ein Motto<br />
<strong>de</strong>r noch jungen Professorin. Und so forschte sie<br />
nach: Wer geht eigentlich an die Hochschulen.<br />
Eine Studie fand sich und dort ergab sich, dass es<br />
die Bildungshungrigen sind, die ihre Ausbildung<br />
und Praxis umgestalten wollen. Pflegekräfte, die<br />
an die Uni gehen, stehen oft vor einem Wen<strong>de</strong>punkt<br />
in ihrem Leben. Sie wollen mehr wissen, sie<br />
wollen besser pflegen, sie wollen später in Schulen<br />
o<strong>de</strong>r in Institutionen sitzen o<strong>de</strong>r aber auch eine<br />
wissenschaftliche Karriere machen.<br />
Doch genau hier liegt die Krux: Die Aka<strong>de</strong>miker<br />
gehen zu selten in die Praxis zurück, wer<strong>de</strong>n dort<br />
oft auch angefein<strong>de</strong>t. Doch: „Die Praxis braucht<br />
die Hilfe <strong>de</strong>r Wissenschaft! Die Pädagogen müssen<br />
Pflege auf aktuellem Stand vermitteln“, appellierte<br />
Elsbernd an ihr durchaus gewogenes Publikum,<br />
das offenbar dieselben Schlüsse gezogen<br />
hatte. Niemand muss Angst davor haben, dass es<br />
bald keine Pflegekräfte mehr gibt – Fakt ist, dass<br />
mit viel Wohlwollen gera<strong>de</strong> mal 500 Pflegewissenschaftler<br />
auszumachen sind. Dabei sollten<br />
eigentlich 10 Prozent einer Berufsgruppe aka<strong>de</strong>misiert<br />
sein. „Bei <strong>de</strong>n Sozialpädagogen fragt<br />
niemand mehr, warum die sich wissenschaftlich<br />
ausbil<strong>de</strong>n lassen“, kritisierte Elsbernd, „und wir in<br />
<strong>de</strong>r Pflege stellen diese Frage immer wie<strong>de</strong>r?“<br />
Pflegekräfte müssen sich aka<strong>de</strong>misieren, sie müssen<br />
zurück in die Praxis – auch das eine Auffor<strong>de</strong>rung<br />
von Astrid Elsbernd. „Praktiker haben weniger<br />
Wissen, als sie haben sollten! Wir brauchen in<br />
<strong>de</strong>n Kliniken Pflegewissenschaftler, die das Wissen<br />
auf aktuellem Stand halten, <strong>de</strong>n Praktikern<br />
helfen können, so gut und mo<strong>de</strong>rn wie möglich zu<br />
pflegen.“ <strong>Der</strong> lang anhalten<strong>de</strong> Applaus und keine<br />
einzige Nachfrage aus <strong>de</strong>m Publikum machten<br />
<strong>de</strong>utlich: Eine Aka<strong>de</strong>misierung in <strong>de</strong>r Pflege ist<br />
kein Luxus, keine Auszeit, son<strong>de</strong>rn ein unabdingbares<br />
Muss, wenn Pflege mithalten will. Kernaufgaben<br />
müssen beschrieben wer<strong>de</strong>n, das war die<br />
Ansicht von Veronika Koch, Professorin in Osnabrück.<br />
Sie skizzierte, wie Pflegekräfte bereits<br />
ersetzt wer<strong>de</strong>n. Da ist die siebenjährige Ausbildung<br />
zur Fachkrankenschwester im OP, <strong>de</strong>r dann<br />
eine dreijährig ausgebil<strong>de</strong>te OTA gegenübersteht.<br />
[weiter auf Seite 8]<br />
- 7 -
ONLINE-KIOSK<br />
Pflege für Haut und Haar<br />
Die Zeitschrift Ökotest<br />
berichtet in einem Artikel<br />
von 1997 über einen<br />
Test an 62 Tagescremes.<br />
<strong>Der</strong> Leser erfährt dabei<br />
Interessantes über die Zusammensetzung<br />
und Wirkung<br />
von Emulgatoren,<br />
die Öl und Wasser miteinan<strong>de</strong>r<br />
verbin<strong>de</strong>n.<br />
Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n Details<br />
über Parfümierung und<br />
Schadstoffen in Verpackungen<br />
benannt.<br />
www.oekotest.<strong>de</strong>/cgi/ot/<br />
otgs.cgi?doc=4337<br />
___________<br />
Die Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>Der</strong>matologische Prävention<br />
informiert über die<br />
Gefahren von Sonneneinwirkung<br />
auf unsere<br />
Haut, über Hauttypen sowie<br />
über die Gefahren<br />
<strong>de</strong>s Solariums. Dazu wer<strong>de</strong>nVerhaltensempfehlungen<br />
gegeben. Broschüren<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft<br />
(z.B. „Selbstverteidigung<br />
für Solariumgänger“<br />
o<strong>de</strong>r „Erkennen<br />
Sie Hautkrebs wenn<br />
Sie ihn sehen?“) stehen<br />
als PDF-Dateien zum<br />
Download zur Verfügung.<br />
www.unserehaut.<strong>de</strong><br />
___________<br />
Die Hobbythek <strong>de</strong>s West<strong>de</strong>utschen<br />
Rundfunks informiert<br />
in ihrem Hobbytipp<br />
„Glanz ins Haar“<br />
über diverse Probleme<br />
mit Haaren und <strong>de</strong>r<br />
Kopfhaut. Details zur<br />
Pflege bei Schuppen,<br />
gereizter Kopfhaut, Läusen<br />
sowie Spülungen und<br />
Fluids für eine Glanzpflege<br />
wer<strong>de</strong>n vorgestellt.<br />
www.hobbythek.<strong>de</strong>/<br />
archiv/301/<br />
(rb)<br />
___________<br />
[Fortsetzung]<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Wer will (noch) pflegen?<br />
Pflegepraxis und Pflegebildung im Brennpunkt<br />
von Claudia Flöer [floeer@schluetersche.<strong>de</strong>]<br />
Preiswerter, schneller verfügbar, mit gleichem Arbeitsspektrum<br />
und sogar Aufstiegschancen zur<br />
Chirurgieassistentin! „Neue Berufe sind Reaktionen<br />
auf neue Anfor<strong>de</strong>rungen“, machte Koch <strong>de</strong>utlich und<br />
nannte als weiteres Beispiel die „Sterilgutassistentin“,<br />
die auf kleinstem Dienstwege ausgebil<strong>de</strong>t wird,<br />
dafür sorgt die Deutsche Gesellschaft für Sterilgutversorgung.<br />
Ist die Assistentin nach gera<strong>de</strong> mal 320<br />
Stun<strong>de</strong>n „Ausbildung“ verfügbar, lassen sich mit<br />
ihrer Einstellung alle Fragen nach Qualitätssicherung<br />
leicht abbiegen. Vorkenntnisse? Braucht man<br />
nicht. Veronika Koch hatte sich einmal probehalber<br />
beworben, aber „ich bin dann angesichts <strong>de</strong>s „Volumens“<br />
<strong>de</strong>r Ausbildung wie<strong>de</strong>r davon abgekommen“,<br />
erzählte sie launig und doch ernsthaft beunruhigt.<br />
Fakt ist: Ausbildung tut Not, Kernaufgaben müssen<br />
bestimmt wer<strong>de</strong>n, Pflege muss sich abgrenzen und<br />
auch die Schulen sind gefragt: Wenn Schüler nicht<br />
in Fachgebieten wie OP eingesetzt wer<strong>de</strong>n können,<br />
weil sie dann hinterher keine Vermittlungschancen<br />
haben, ist es kein Wun<strong>de</strong>r, wenn Berufsfel<strong>de</strong>r hinterher<br />
aufgegeben wer<strong>de</strong>n – so ein Einwurf von<br />
Gertrud Stöcker vom Bun<strong>de</strong>sausschuss <strong>de</strong>r Lehrerinnen<br />
und Lehrer für Pflegeberufe.<br />
Fakt 5: Die Super-Nurse<br />
Angelika Zegelin-Abt setzte <strong>de</strong>n Schlusspunkt unter<br />
sechs Stun<strong>de</strong>n Programm und fasste noch einmal<br />
zusammen, was Pflegekräften so auf <strong>de</strong>r Seele liegt:<br />
Die Rahmenbedingungen sind schlecht, Pflegekräfte<br />
dürfen <strong>de</strong>n Rest machen, wenn DRG?s abgerechnet<br />
sind, sie unterliegen Minutenwerten, wer<strong>de</strong>n als<br />
Assistenten wahrgenommen, als Handwerker, aber<br />
nicht als Denker. „Das ist unser eigenes Versäumnis“,<br />
merkte Zegelin-Abt an, „wir haben keine richtige<br />
Außendarstellung.“ Es ist immer noch nicht<br />
gelungen, Pflege als Prozess zu verstehen, die<br />
Be-<br />
ziehungs- und Gefühlsarbeit in <strong>de</strong>r Pflege als<br />
Kernmoment herauszuarbeiten. „Wir lassen uns da<br />
einfach die Begriffe wie „stumme Arbeit“ o<strong>de</strong>r<br />
„Schattenarbeit“ aufstülpen“, mahnte Zegelin-Abt<br />
und nannte auch gleich sprechen<strong>de</strong> Beispiele.<br />
„Wenn in <strong>de</strong>r Pflegedokumentation nicht einmal<br />
die Kommunikation richtig beschrieben wer<strong>de</strong>n<br />
kann, ist klar, dass die betreffen<strong>de</strong> Pflegekraft<br />
offensichtlich ihren eigenen Beruf nicht kennt.“<br />
Da stün<strong>de</strong> dann, <strong>de</strong>r Patient sei „maulig“, o<strong>de</strong>r die<br />
Angehörigen seien „motzig“ o<strong>de</strong>r „fix und foxi“ –<br />
das Publikum lachte angesichts <strong>de</strong>r Beispiele, war<br />
aber auch peinlich berührt, zeigte Zegelin-Abt<br />
doch <strong>de</strong>utlich auf, dass Pflegekräfte noch viel zu<br />
lernen haben. „Wir müssen keine Mini-Doctors<br />
wer<strong>de</strong>n“, sagte Zegelin, „son<strong>de</strong>rn eher Super-<br />
Nurse – <strong>de</strong>r Blick auf <strong>de</strong>n Einzelnen ist die größte<br />
Errungenschaft <strong>de</strong>r letzten 15 Jahre, aber die<br />
Rahmenbedingungen stimmen nicht.“<br />
Es geht nicht um eine weitere medizintechnische<br />
Fortentwicklung <strong>de</strong>r Pflege, son<strong>de</strong>rn um eine<br />
mo<strong>de</strong>rne pflegerische Versorgung, in <strong>de</strong>r Pflegekräfte<br />
eine Vielzahl von Rollen einnehmen müssten:<br />
direkt <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>, Forscher, Anwältin <strong>de</strong>s<br />
Patienten, Lehrer, Koordinator und und und. Dazu<br />
aber muss eine generalistische Ausbildung (die<br />
Franz Wagner im Übrigen vorher eingehend dargestellt<br />
hatte) her und die Praktiker, „jener große<br />
Block in <strong>de</strong>r Mitte“, müssen weitergebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
„ Wir haben keine mo<strong>de</strong>rne pflegerische<br />
Versorgung“, sagte Angelika Zegelin-Abt und traf<br />
damit <strong>de</strong>n Nerv <strong>de</strong>s Publikums. „Hier sitzen ja die<br />
Falschen“, sagte sie auch.<br />
Letztlich ist das gut so. Denn wenn 300 Interessierte<br />
sechs Stun<strong>de</strong>n lang zuhören, diskutieren und<br />
vielleicht sogar Lösungen fin<strong>de</strong>n, lässt sich die<br />
mo<strong>de</strong>rne Pflege vielleicht doch noch verwirklichen.<br />
Das ABC <strong>de</strong>r Pflege – C wie Creme<br />
von Roland Brühe [bruehe@gmx.<strong>de</strong>]<br />
„Ein Gesäß ohne Creme ist<br />
wie Kochen ohne Salz,<br />
irgendwie fa<strong>de</strong>.“ So könnte<br />
man eine pflegerische Gepflogenheit<br />
begrün<strong>de</strong>n, die<br />
vielerorts beobachtet wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Bei je<strong>de</strong>m Patienten<br />
wird gecremt und geschmiert. Nun ist prinzipiell<br />
nichts gegen die Verwendung von Cremes<br />
einzuwen<strong>de</strong>n, zumal eine trockene o<strong>de</strong>r angegriffene<br />
Haut gera<strong>de</strong> im Gesäßbereich die Dekubitusgefährdung<br />
erhöht. Die ungezielte und unreflektierte<br />
Anwendung ist jedoch wenig konstruktiv, kann sie<br />
doch statt <strong>de</strong>r gewünschten positiven Wirkung<br />
(kein Dekubitus) negative Folgen mit sich bringen<br />
(z.B. verstopfte Hautporen). Deshalb ist es sinnvoll,<br />
sich die in Anwendung befindlichen Hautpflegemittel<br />
und Eincremerituale einmal genauer anzuschauen.<br />
Da sind zunächst einmal die Produkte, die die<br />
Hautgeschmeidigkeit erhalten sollen. Dieser Effekt<br />
tritt gewöhnlicher Weise durch Feuchtigkeitszufuhr<br />
ein. Körperlotionen bieten hier die<br />
Mittel <strong>de</strong>r Wahl. Die <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n allerdings<br />
nicht aus <strong>de</strong>r Verantwortung entlassen,<br />
zunächst einen Hautstatus zu erheben, um die<br />
passen<strong>de</strong> Lotion auszuwählen. Eine normale Haut<br />
benötigt etwas an<strong>de</strong>res als eine trockene. Zu unterschei<strong>de</strong>n<br />
sind Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O)<br />
und Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W). Wie die<br />
Bezeichnungen bereits ausdrücken, besitzen die<br />
bei<strong>de</strong>n Arten unterschiedlich proportionierte Anteile<br />
von Wasser bzw. Öl. Die Vorstellung dabei<br />
ist, eine trockene Haut vor Verdunstung <strong>de</strong>s zugeführten<br />
Wassers zu schützen und <strong>de</strong>shalb ein<br />
hoher Ölanteil sinnvoll ist (W/O). Für normale<br />
Haut reicht eine O/W-Emulsion aus. Sie wird auch<br />
[weiter auf Seite 9]<br />
- 8 -
IMPRESSUM<br />
ONLINE-KIOSK<br />
<strong>Der</strong> <strong>Pflegebrief</strong> erscheint<br />
bei pflegen-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
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Roland Brühe, Köln (rb)<br />
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Irmgard Häseler (ih),<br />
Matthias Martin (mm)<br />
Mario Scheer (ms)<br />
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Dr. Henrik Crone-Münzebrock,<br />
Hannover (cr)<br />
[crone@pflegen-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>]<br />
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<strong>Ausgabe</strong>:<br />
Matthias Heyda,<br />
Bastian Klamke,<br />
Gerhard Leschik,<br />
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Die Rechte <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Artikel verbleiben bei <strong>de</strong>n<br />
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und Verlag erklärenausdrücklich,<br />
dass sie keinerlei<br />
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sich <strong>de</strong>ren<br />
Inhalte nicht<br />
zu eigen machen.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>02</strong>/<strong>2003</strong> - <strong>Nr</strong>. <strong>73</strong> - 06. März <strong>2003</strong><br />
Das ABC <strong>de</strong>r Pflege – C wie Creme<br />
von Roland Brühe [bruehe@gmx.<strong>de</strong>]<br />
[Fortsetzung]<br />
häufig als angenehmer empfun<strong>de</strong>n,<br />
da <strong>de</strong>r hohe Wasseranteil<br />
ein schnelles Einziehen<br />
bewirkt und das<br />
wenige Öl auf <strong>de</strong>r Haut<br />
kaum fettet. Viele Patienten<br />
kennen <strong>de</strong>n Unterschied <strong>de</strong>r Emulsionsarten<br />
nicht (nebenbei bemerkt: auch viele <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong><br />
nicht), weshalb sie bei Bedarf eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Beratung benötigen, um die für sie vorteilhafteste<br />
Form auswählen zu können. Ein großes Problem<br />
stellt in diesem Zusammenhang die unzureichen<strong>de</strong><br />
Etikettierung <strong>de</strong>r Lotionsflaschen dar. Es<br />
ist nicht auf Anhieb zu entnehmen, welcher Typ<br />
nun vorliegt. Da hilft nur das Ausprobieren, um<br />
<strong>de</strong>n Öl- bzw. Wasseranteil festzustellen. Am sichersten<br />
ist allerdings eine Nachfrage bei <strong>de</strong>r<br />
produzieren<strong>de</strong>n Firma. Auch die Krankenhausapotheke<br />
sollte über die Zusammensetzung informiert<br />
sein.<br />
Bevor gecremt wird, steht die Körperreinigung im<br />
Vor<strong>de</strong>rgrund. Wohl <strong>de</strong>m Menschen, <strong>de</strong>r sich<br />
selbst helfen und die Dusche o<strong>de</strong>r das Waschbecken<br />
aufsuchen kann. Er hat nämlich die Möglichkeit,<br />
Seife o<strong>de</strong>r Seifenlösung nach <strong>de</strong>m Auftragen<br />
von <strong>de</strong>r Haut zu entfernen. Im Falle einer<br />
Pflegebedürftigkeit jedoch kann es passieren,<br />
dass eine Flüssigseife o<strong>de</strong>r ein Ba<strong>de</strong>zusatz in die<br />
Waschschüssel gegeben wird. Bei <strong>de</strong>r Körperpflege<br />
im Bett ist es dann häufig nicht mehr<br />
möglich, sich diese Zusätze von <strong>de</strong>r Haut waschen<br />
zu lassen, da kein klares Wasser verwen<strong>de</strong>t<br />
wird, um die Haut von Seife zu befreien.<br />
Die Pflegekraft meint es auch anschließend nur<br />
gut, wenn die Haut eingecremt wird, sie konserviert<br />
die Waschsubstanzen damit jedoch in <strong>de</strong>r<br />
Haut. Die Menge <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Waschwasser zugeführten<br />
Ba<strong>de</strong>lösung ist übrigens auch noch ein<br />
Kapitel für sich, wird doch oft das Fassungsvermögen<br />
einer Waschschüssel offensichtlich mit<br />
<strong>de</strong>m einer Ba<strong>de</strong>wanne verwechselt.<br />
Liegt nun eine Dekubitusgefahr vor, wird die<br />
Eincremeintensität drastisch erhöht. Getreu <strong>de</strong>m<br />
Motto „viel hilft viel“ wer<strong>de</strong>n Creme- und Salbentuben<br />
rasch entleert und ihr Inhalt auf Gesäßflächen<br />
und Fersen überführt. Problematisch wird<br />
es auch bezüglich <strong>de</strong>r eingesetzten Wirkstoffe. So<br />
fin<strong>de</strong>n wir zinkhaltige Salben auf völlig intakter<br />
Haut zu Prophylaxezwecken. Dabei scheint übersehen<br />
zu wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>rartige Salben nicht für<br />
die Dekubitusprophylaxe zugelassen sind (was<br />
<strong>de</strong>m Beipackzettel zu entnehmen ist). Außer<strong>de</strong>m<br />
scheint nicht bedacht zu wer<strong>de</strong>n, dass die atmungs-<br />
und feuchtigkeitsbedürftige Haut mit<br />
einem solchen Vorgehen misshan<strong>de</strong>lt wird. Eine<br />
Steigerung ist die Verwendung von Poren verschließen<strong>de</strong>n<br />
Erdölprodukten. Was einem Kuheuter<br />
nicht scha<strong>de</strong>t, wird auf das menschliche<br />
Gesäß geschmiert. Zwar kann Erfrierungserscheinungen<br />
bei arktischen Temperaturen durch<br />
ein solches Vorgehen vorgebeugt wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r<br />
normal temperierten Umgebung europäischer<br />
Wohnungen und Krankenhäuser ist dies jedoch<br />
nicht notwendig. <strong>Der</strong> Wärmeaustausch <strong>de</strong>r Haut<br />
wird statt<strong>de</strong>ssen unnötigerweise verhin<strong>de</strong>rt.<br />
Cremen scheint übrigens auch gegen Lungenentzündungen<br />
zu helfen. Bei Pneumoniegefahr ist<br />
rasch eine menthol- und eukalyptushaltige Creme<br />
aufgetragen. Vorzugsweise geschieht dies<br />
auf <strong>de</strong>r Brust, aber auch <strong>de</strong>r Rücken wird bedacht.<br />
Damit soll eine tiefe Atmung angeregt<br />
und das Abhusten erleichtert wer<strong>de</strong>n (auch bei<br />
Patienten, die keinen Auswurf haben). Was dabei<br />
angeregt wird, ist jedoch weniger eine tiefe<br />
Atmung (zumin<strong>de</strong>st nicht auf Dauer) son<strong>de</strong>rn<br />
häufig genug eine reduzierte Atmung, da <strong>de</strong>r<br />
Geruch <strong>de</strong>m Kranken einfach zu viel ist und dieser<br />
sogar teilweise als brennend o<strong>de</strong>r stechend in<br />
<strong>de</strong>r Nase empfun<strong>de</strong>n wird. Dies kann natürlich<br />
leichter umgangen und ertragen wer<strong>de</strong>n, wenn<br />
nicht so tief eingeatmet wird. Hier erscheint <strong>de</strong>r<br />
psychologische Effekt <strong>de</strong>s Eincremens sehr<br />
<strong>de</strong>utlich; es wur<strong>de</strong> etwas getan!<br />
Wesentlich effektiver können jedoch Atemübungen<br />
sein („Flankenatmung“) o<strong>de</strong>r die Anwendung<br />
einer Atemstimulieren<strong>de</strong>n Einreibung.<br />
Die Atemför<strong>de</strong>rung geschieht hier mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>n, was natürlich ein wenig<br />
mehr Zeit beansprucht als eine bloße Einreibung.<br />
Zugleich ist es notwendig, sich auf <strong>de</strong>n kranken<br />
Menschen einzulassen, um die Hän<strong>de</strong> als therapeutisches<br />
Mittel einzusetzen.<br />
Eine weitere Maßnahme könnten spezielle Lagerungen<br />
sein, die Einfluss auf die Atmung haben<br />
(„T-Lagerung“ o<strong>de</strong>r „V-Lagerung“). Auch wenn<br />
diese Art von Pneumonieprophylaxe als zeitaufwändig<br />
empfun<strong>de</strong>n wird stellen solche Maßnahmen<br />
ein atemför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>s Vorgehen ohne Medikamenteneinsatz<br />
dar.<br />
Insgesamt wird <strong>de</strong>utlich, dass ein unreflektierter<br />
Umgang <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong>r mit Salben, Cremes und<br />
Lotionen zu beobachten ist. Dies mag an unzureichen<strong>de</strong>r<br />
Kenntnis o<strong>de</strong>r an Ignoranz gegenüber<br />
aktueller Erkenntnisse liegen. Erstere Ursache ist<br />
relativ leicht zu beheben, in<strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong><br />
Lektüre gelesen wird o<strong>de</strong>r Fortbildungen besucht<br />
wer<strong>de</strong>n. Letzteres, nämlich die Ignoranz,<br />
ist wesentlich schwerer anzugehen. Es ist nämlich<br />
fraglich, ob durch Information eine Verhaltensän<strong>de</strong>rung<br />
– hin zu einer gezielteren Pflege –<br />
bewirkt wer<strong>de</strong>n könnte. Letztlich muss sich je<strong>de</strong><br />
Pflegeperson fragen lassen, warum sie eine bestimmte<br />
Anwendung durchführt. Die Antwort<br />
sollte nicht die Vermutung bestätigen helfen,<br />
dass <strong>Pflegen</strong><strong>de</strong> mehr Wert auf <strong>de</strong>n Glauben an<br />
die Wirkung von Cremes legen als auf rational<br />
begrün<strong>de</strong>tes Vorgehen.<br />
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