Ein halbes Jahr mit der Familie in - 4-Seasons.de
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Projekte<br />
Text & Fotos<br />
Malte Clav<strong>in</strong><br />
Das<br />
»globile«<br />
Leben<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong> <strong>halbes</strong> <strong>Jahr</strong> auf Reise? Nicht ohne die <strong>Familie</strong>. Papa<br />
und Fotograf Malte Clav<strong>in</strong> ist <strong>mit</strong> Frau und K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n nach<br />
Sri Lanka gefahren, um dort e<strong>in</strong>en neuen Lebensstil<br />
auszuprobieren: global und mobil zu se<strong>in</strong> – »globil« eben.
Projekte<br />
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Projekte<br />
Hell und dunkel – e<strong>in</strong>mal <strong>mit</strong> vertauschten Rollen.<br />
Sigiriya Rock: Der<br />
Felsenpalast gehört<br />
zum UNESCO-<br />
Welterbe.
Projekte 47<br />
Mehr und mehr Zivilisationsanhängsel fallen von<br />
uns ab, wir wer<strong>de</strong>n »Vedda«. Bald habe ich nur noch<br />
Ba<strong>de</strong>shorts am Leib, schließlich lasse ich sogar die<br />
Kamera weg. <strong>E<strong>in</strong></strong>e I<strong>de</strong>e reift <strong>in</strong> mir heran.<br />
Weitsichtig: Pilger im H<strong>in</strong>dutempel von Tr<strong>in</strong>comalee.
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Projekte<br />
Frisch aus <strong>de</strong>m Meer: auf <strong>de</strong>m<br />
Fischmarkt von Tangalle.<br />
Kle<strong>in</strong>er als me<strong>in</strong>e Hand!<br />
Leben im Lauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Sonne.
Sieht wie dickes Gras aus, ist aber e<strong>in</strong>e (ungiftige) Nasen-Peitschennatter.<br />
Reich s<strong>in</strong>d wir, weil wir <strong>mit</strong> unseren K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n die Welt ent<strong>de</strong>cken.<br />
Das s<strong>in</strong>d <strong>E<strong>in</strong></strong>zahlungen auf unser seelisches Bankkonto. Am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Reise haben wir zwar weniger Geld, aber wir s<strong>in</strong>d viel vermögen<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Projekte<br />
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Projekte<br />
Blon<strong>de</strong> Locken, wackelige Be<strong>in</strong>chen und e<strong>in</strong> aufgeregtes<br />
»Daaaaa« – zum ersten Mal <strong>in</strong> ihrem Leben sieht unsere<br />
16 Monate alte Tochter Smilla das Meer. Zwölf Stun<strong>de</strong>n<br />
Nachtflug, e<strong>in</strong>e Stun<strong>de</strong> im Auto und e<strong>in</strong> paar Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Meter Floßfahrt<br />
liegen h<strong>in</strong>ter Smilla, Amelie (10), Annette (40) und mir. Und e<strong>in</strong> <strong>halbes</strong><br />
<strong>Jahr</strong> Sri Lanka liegt vor uns. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Zeit, die vieles verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird.<br />
Nach e<strong>in</strong>er <strong>E<strong>in</strong></strong>gewöhnungswoche <strong>mit</strong> Halbpension legen wir <strong>de</strong>n Traveller-Modus<br />
e<strong>in</strong>. Alle paar Tage mieten wir e<strong>in</strong>en Van <strong>mit</strong> Fahrer und ziehen<br />
so gemächlich an <strong><strong>de</strong>r</strong> Küste entlang.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>es Tages besuchen wir die Schlangenfarm von Mister Wijayapala nahe<br />
Mirissa. Das Serum, das er gew<strong>in</strong>nt, dient als Gegengift bei Schlangenbissen.<br />
Er wirft uns e<strong>in</strong>e giftige Schlange nach <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en vor die Füße.<br />
Ungiftige Exemplare hängt er uns ungefragt um <strong>de</strong>n Hals. Smilla hat<br />
ke<strong>in</strong>e Angst und wirbelt die Reptilien umher wie Luftschlangen. Amelie ist<br />
skeptischer. Plötzlich drückt ihr <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlangenmeister e<strong>in</strong> Exemplar <strong>in</strong> die<br />
Hand. <strong>E<strong>in</strong></strong> Schock! Doch rasch lässt Amelie die Schlange behutsam durch<br />
ihre F<strong>in</strong>ger gleiten. Sie f<strong>in</strong><strong>de</strong>t schließlich sogar Gefallen daran und lächelt<br />
mutig. Wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ist sie e<strong>in</strong> Stückchen über sich h<strong>in</strong>ausgewachsen.<br />
Auf <strong>de</strong>m Weg nach Kandy machen wir Halt bei <strong>de</strong>n Ure<strong>in</strong>wohnern Sri<br />
Lankas, <strong>de</strong>n Veddas. <strong>E<strong>in</strong></strong>ige Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t leben noch als Jäger, Sammler und<br />
Viehzüchter. Ohne Strom, ohne fließen<strong>de</strong>s Wasser. Der Häuptl<strong>in</strong>g empfängt<br />
uns; er erlaubt, dass wir uns im Vedda-Gebiet umsehen dürfen. Ich<br />
frage die Veddas nach Barack Obama, George W. Bush und <strong>de</strong>m 11. September<br />
2001, nach Mahatma Gandhi und Adolf Hitler. Nur von Bush<br />
haben sie gehört. Ke<strong>in</strong> Vedda hat je das Meer gesehen, niemand fragt<br />
uns etwas. Veddas <strong>in</strong>teressieren sich für nichts außerhalb ihres Habitats.<br />
Es ist nicht wichtig für sie. Sie haben wenig, aber alles, was sie zum Leben<br />
brauchen. Seit <strong>Jahr</strong>tausen<strong>de</strong>n.<br />
Nach drei Monaten spüren wir, dass die Begeisterung für das Neue<br />
schw<strong>in</strong><strong>de</strong>t. H<strong>in</strong>ter uns liegen zahllose Streichele<strong>in</strong>heiten <strong><strong>de</strong>r</strong> k<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>begeisterten<br />
Sri Lanker, traurige Begegnungen <strong>mit</strong> Tsunami-Opfern,<br />
schweißtreiben<strong>de</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>mit</strong> Smilla <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>trage, unzählige<br />
»Ooohs« und »Aaahs«. Wir kommen zwischen <strong>de</strong>n Reisetagen nicht mehr<br />
zur Ruhe. Heimweh haben wir nicht, doch vermissen wir etwas. Wir wollen<br />
sesshaft wer<strong>de</strong>n. Und s<strong>in</strong>d uns schnell e<strong>in</strong>ig wo: an unserem persönlichen<br />
Traumstrand im Sü<strong>de</strong>n. Da spr<strong>in</strong>gen wir je<strong>de</strong>n Morgen <strong>in</strong>s Meer,<br />
lassen uns von <strong><strong>de</strong>r</strong> Sonne trocknen, verbr<strong>in</strong>gen <strong>de</strong>n Tag am Strand <strong>mit</strong><br />
Bud<strong>de</strong>ln, Spielen, Lesen, Ba<strong>de</strong>n, Dösen, Essen. Wir vergessen unsere<br />
Schuhe, laufen nur noch barfuß. Immer mehr Zivilisationsanhängsel fallen<br />
von uns ab, wir wer<strong>de</strong>n »Veddas«. Bald habe ich nur noch Ba<strong>de</strong>shorts am<br />
Leib, schließlich lasse ich sogar me<strong>in</strong>e Kamera weg. <strong>E<strong>in</strong></strong>e I<strong>de</strong>e reift <strong>in</strong> mir<br />
heran, wird stärker, je<strong>de</strong>n Tag.<br />
Annette und ich erkennen: Das Schönste und Wichtigste, <strong><strong>de</strong>r</strong> wahre<br />
Reichtum <strong>in</strong> unserem Leben ist es, zusammen <strong>mit</strong> unseren K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n die<br />
Welt zu ent<strong>de</strong>cken. Das s<strong>in</strong>d <strong>E<strong>in</strong></strong>zahlungen auf unser seelisches Bankkonto.<br />
Wir tragen diesen Reichtum immer bei uns, niemand kann ihn uns<br />
nehmen. Am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Reise haben wir zwar weniger Geld, aber wir s<strong>in</strong>d<br />
trotz<strong>de</strong>m viel vermögen<strong><strong>de</strong>r</strong>. Wir fühlen Sicherheit, Gelassenheit und Mut<br />
wie nie zuvor.<br />
Unsere Vision ist e<strong>in</strong> völlig neuer Lebensstil: <strong>E<strong>in</strong></strong> »globiles« Leben – global<br />
und mobil –, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m wir Job und Schule an je<strong>de</strong>m Ort <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt erledigen<br />
können: e<strong>in</strong> paar Monate auf Reisen, <strong>de</strong>n Rest zu Hause. Wir nennen es<br />
das »Sechs-Monats-Wochenen<strong>de</strong>«. Gleich nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr verlängere<br />
ich me<strong>in</strong> Sabbatical bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>Jahr</strong>es, um die ersten Schritte<br />
unserer Vision umzusetzen. Anfang 2012 fahren wir wie<strong><strong>de</strong>r</strong> los.<br />
4-<strong>Seasons</strong> Info<br />
Malte Clav<strong>in</strong> (43)<br />
Es s<strong>in</strong>d vor allem langfristige<br />
Projekte, die Malte Clav<strong>in</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kamera verfolgt. Zu se<strong>in</strong>en<br />
Arbeiten gehören e<strong>in</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>portrait<br />
über Myanmar (»Burma<br />
– Lost and Found«) und Reportagen<br />
über verschw<strong>in</strong><strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Ethnien wie die Veddas auf Sri<br />
Lanka.<br />
»Globil«:<br />
<strong>Familie</strong> Clav<strong>in</strong><br />
auf Sri Lanka.<br />
Reportage, Reise und Portrait s<strong>in</strong>d die Arbeitsschwerpunkte<br />
<strong>de</strong>s freien Fotografen und Fotojournalisten aus Berl<strong>in</strong>.<br />
Se<strong>in</strong>e Reiseerfahrungen gibt<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Fotograf und <strong>Familie</strong>nmensch<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Website www.<br />
weltreise-<strong>mit</strong>-k<strong>in</strong>d.<strong>de</strong> weiter.<br />
Unter www.4-<strong>Seasons</strong>.<strong>de</strong>/<br />
elternzeit lesen Sie Malte<br />
Clav<strong>in</strong>s Tipps für (fern-)reiselustige<br />
<strong>Familie</strong>n.<br />
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