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Wir sind doch keine Aussteiger! - 4-Seasons.de

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36<br />

Projekte<br />

Fotos<br />

Petra und Tom Willert<br />

Text<br />

Axel Klemmer<br />

<strong>Wir</strong> <strong>sind</strong><br />

<strong>doch</strong> <strong>keine</strong><br />

<strong>Aussteiger</strong>!<br />

Auch ein Urlaub: Mit ihren drei<br />

kleinen Kin<strong>de</strong>rn und einem großen<br />

Fahrradanhänger (allerdings ohne<br />

Fahrrad) wan<strong>de</strong>rten Petra und Tom<br />

Willert von Oberbayern bis zum<br />

Gardasee. So einen Marsch haben<br />

die Alpen lange nicht gesehen.


Auf <strong>de</strong>m richtigen<br />

Weg in Südtirol.<br />

Das Alpenprojekt und<br />

seine Mitarbeiter.<br />

Projekte<br />

37<br />

Geht <strong>doch</strong> schon viel<br />

leichter. Ins Gebirge nie<br />

mehr ohne Luftballon.


38<br />

Projekte<br />

Vater, Mutter, drei Kin<strong>de</strong>r und ein vollgepackter<br />

Fahrradanhänger. Das sieht aus wie Flucht, ist<br />

aber in <strong>Wir</strong>klichkeit nichts an<strong>de</strong>res als Freizeit.<br />

Alles, was man braucht. Manches, über das man staunt.<br />

Eltern-Workout beim Aufstieg zum Pfitscherjoch.


Nein, die geben noch <strong>keine</strong><br />

Milch. Vor <strong>de</strong>m Frühstück am<br />

Auener Jöchl über Meran.<br />

Projekte<br />

39


40<br />

Projekte<br />

Hauptsache, es rollt. Wer<br />

die Alpen überqueren möchte,<br />

braucht geeignetes Material.


Wissen auch nicht, warum die Großen so<br />

schwitzen: Lion und Luzi im Zillertal.<br />

Auf seinem Weg erregt <strong>de</strong>r Familientreck, vorsichtig<br />

gesagt, Aufsehen. Die meisten Reaktionen schwanken<br />

zwischen Erstaunen und Ungläubigkeit.<br />

Ried am Kochelsee<br />

km 0, 630 m<br />

Galgenwurfsattel<br />

km 25, 1055 m<br />

Isartal<br />

km 28,<br />

820 m<br />

Plumsjoch<br />

km 61, 1630 m<br />

Wiesing<br />

km 79,<br />

530 m<br />

as ist jetzt aber nicht wahr.« Doch, es ist wahr, was Wan<strong>de</strong>rer<br />

»Dan einem gewittrigen Sommertag vor <strong>de</strong>r Plumsjochhütte, 1630<br />

Meter hoch, im Tiroler Karwen<strong>de</strong>lgebirge zu sehen bekommen: Vater<br />

und Mutter, die einen sehr großen, sehr voll bela<strong>de</strong>nen Fahrradanhänger<br />

ziehen, in <strong>de</strong>m drei Kin<strong>de</strong>r sitzen. Was geschieht hier? Sind das schon<br />

Vorboten <strong>de</strong>s großen Trecks <strong>de</strong>r Klimaflüchtlinge, die sich einmal von<br />

<strong>de</strong>n überschwemmten Küstengebieten Nord<strong>de</strong>utschlands in die sicheren<br />

Alpen retten wer<strong>de</strong>n? Nein, noch ist Hamburg nicht verloren, und was<br />

wie Flucht aussieht, ist tatsächlich Freizeitbetätigung.<br />

Mutter Petra und Vater Tom Willert wohnen mit ihren Kin<strong>de</strong>rn am Rand<br />

<strong>de</strong>r bayerischen Alpen in Ried am Kochelsee, 630 Meter hoch und<br />

außer Reichweite <strong>de</strong>s ansteigen<strong>de</strong>n Meeresspiegels, selbst wenn die<br />

polaren Eiskappen von heute auf morgen abschmelzen sollten. Direkt vor<br />

<strong>de</strong>r Haustür beginnt ihre große Tour: 400 Kilometer weit über die Alpen<br />

bis zum Gardasee. Das dauert – alles in allem knapp sieben Wochen.<br />

So viel Freizeit kriegt man aber nicht geschenkt. Die Willerts können<br />

sich <strong>de</strong>n Luxus <strong>de</strong>shalb leisten, weil Petra noch im Erziehungsurlaub ist<br />

und Tom in Absprache mit seinem Arbeitgeber seit einem Jahr Ferienzeit<br />

Papa, mach schneller! Pannen passieren<br />

nur selten bei schönem Wetter.<br />

Mayrhofen<br />

km 116,<br />

633 m<br />

Pfitscherjoch<br />

km 146, 2275 m<br />

Sterzing<br />

km 179, 948 m<br />

Projekte<br />

Penser Joch<br />

km 200, 2215 m<br />

»angespart« hat. Und natürlich vor allem, weil die Kin<strong>de</strong>r, Luzi (4), Lion (2)<br />

und Pirmin (10 Monate), noch nicht zur Schule gehen.<br />

Auf seinem Weg erregt <strong>de</strong>r Familientreck, vorsichtig gesagt, Aufsehen.<br />

Die meisten Reaktionen schwanken zwischen Erstaunen und Ungläubigkeit.<br />

Äußerungen wie »Da wer<strong>de</strong>t ihr euch die Zähne ausbeißen!« o<strong>de</strong>r<br />

»Spinnt ihr – mit drei Kin<strong>de</strong>rn?!« können gut verkraftet wer<strong>de</strong>n, da<br />

sie eher selten fallen. Mitleid wird we<strong>de</strong>r angestrebt noch gewährt.<br />

Dafür gibt es in <strong>de</strong>n angesteuerten Berghütten einen Kin<strong>de</strong>rbonus. Als sie<br />

am 20. Tag im Südtiroler Sarntal an ein Haus klopfen und um Erlaubnis<br />

fragen, hinten auf <strong>de</strong>r Wiese zu zelten, beweisen die Hausbewohner, eine<br />

Familie mit zwei Kin<strong>de</strong>rn, herzliche Gastfreundschaft: Ja, die fünf Bayern<br />

dürften natürlich auf die Wiese, wenn sie <strong>de</strong>nn über Nacht wirklich nicht<br />

bei ihnen im Haus bleiben wollten … Sie wollen ins Haus, die Bayern,<br />

nicht nur zur Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />

Die Kin<strong>de</strong>r! Man kann ja noch so gut planen und <strong>de</strong>n Nachwuchs auf die<br />

lange Reise vorbereiten – unterwegs kommt es immer an<strong>de</strong>rs. Und so<br />

erwischt es irgendwann während <strong>de</strong>r Tour je<strong>de</strong>n mal, mit Durchfall,<br />

Mundfäule und Übelkeit. Die Willerts brechen nicht ab, sie telefonieren<br />

41<br />


42<br />

Projekte<br />

Auener Jöchl<br />

km 239, 1924 m<br />

Vilpian<br />

km 264,<br />

260 m<br />

Innertinner<br />

km 271, 988 m<br />

Men<strong>de</strong>lpass<br />

km 291, 1363 m<br />

mit <strong>de</strong>m Hausarzt und behan<strong>de</strong>ln selbst. Ihr Familienleben ist intensiv,<br />

das Zelt ein Ort zum Toben und Kuscheln. Spielsachen? Vermisst <strong>keine</strong>r.<br />

Ganz wichtig ist dagegen das abendliche Vorlesen.<br />

Die Tage strengen an. Nur Luzi, die Älteste, und Lion gehen mal kürzere<br />

Strecken selbst. Sonst genießen die Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Rikscha­Service und toben<br />

in <strong>de</strong>n Pausen voller Energie um die erschöpften Eltern rum. Zum Härtetest<br />

wird die »Via Claudia Augusta« zwischen Nals und <strong>de</strong>m Nonstal. Drei Mal<br />

muss <strong>de</strong>r Fahrradanhänger, <strong>de</strong>n Petra und Tom mit Holzstangen und<br />

Brettern zur Rikscha umgebaut haben, abgela<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, weil auch rohe<br />

Gewalt im Gelän<strong>de</strong> nicht weiterhilft. Auch das Allernötigste, das fünf<br />

Menschen benötigen, um einige Wochen lang in <strong>de</strong>n Bergen zu überleben,<br />

hat Gewicht und Volumen: Schlafsäcke und Isomatten, das Zelt,<br />

La Rochetta<br />

km 334,<br />

250 m<br />

Man kann ja noch so gut planen und <strong>de</strong>n Nachwuchs darauf<br />

vorbereiten. Unterwegs kommt immer alles an<strong>de</strong>rs.<br />

Endlich wie<strong>de</strong>r normale Touristen:<br />

Familie Willert am Gardasee.<br />

Malga di gazza<br />

km 365, 1550 m<br />

Sarche<br />

km 377, 245 m<br />

Torbole/Gardasee<br />

km 401, 65 m<br />

Decke, Regenschirm, Notfallpack, Waschbeutel, Win<strong>de</strong>ln, Werkzeug,<br />

Kuscheltiere, Bücher, Kleidung, Schuhe, und, und, und. Unterwegs<br />

ein zukaufen ist zwar immer wie<strong>de</strong>r möglich, aber manchmal etwas<br />

kompliziert: Als auf <strong>de</strong>m Men<strong>de</strong>lpass in Südtirol akuter Win<strong>de</strong>lnotstand<br />

herrscht, bleibt nichts an<strong>de</strong>res übrig, als mit <strong>de</strong>r Men<strong>de</strong>lbahn nach<br />

Kaltern hinab­ und nach <strong>de</strong>m Einkaufen wie<strong>de</strong>r hinaufzufahren.<br />

Am 44. Tag ist <strong>de</strong>r Treck zu En<strong>de</strong>. Der Gardasee wird zum Familienbad.<br />

Endlich am Ziel, fühlen sich Petra und Tom Willert inmitten <strong>de</strong>r üppigen<br />

Infrastrukturen allerdings wie Fremdkörper. Sie haben erfahren, wie<br />

wenig nötig ist, um wahrhaft ausgefüllte Ferien zu verbringen. Beim<br />

nächsten Mal wer<strong>de</strong>n sie je<strong>doch</strong> etwas mehr Lesestoff auf <strong>de</strong>n Hänger<br />

packen – nicht für sich selbst, <strong>de</strong>nn sie <strong>sind</strong> am Abend zu mü<strong>de</strong> gewesen.<br />

Aber zwei Pixi­Bücher mehr hätten nicht gescha<strong>de</strong>t.<br />

wasser dichte Packtaschen, Kraxe, Babyschale, Kochset, Wasserbeutel, ‹

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