zwischen Himmel & Ääd - Kerpen-Blatzheim
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Kirche iM BrennPUnKt<br />
Es ist wieder soweit auf dem<br />
Bauernhof des Sappel: 50 Familien<br />
haben für einen Tag die<br />
trist-grauen Hochhausschluchten<br />
ihrer Vorstädte verlassen<br />
- das erste Mal seit 4 Wochen.<br />
Die Gemeinschaft Sappel, benannt<br />
nach einem Hügel ganz<br />
in der Nähe, ist die zweite Heimat<br />
derer, die aufgrund ihrer<br />
familiären, persönlichen und<br />
beruflichen Probleme kaum<br />
Orte finden, an denen sie ernst<br />
genommen werden, wo sie so<br />
sein können, wie sie sind.<br />
Vier Ehepaare, von denen die Männer<br />
Diakone sind, bilden seit 1989<br />
diese Gemeinschaft, die sich zum<br />
Ziel gesetzt hat, mit Menschen, die<br />
in sozialen Brennpunkten am Existenzabgrund<br />
leben, einen Ort von<br />
Kirche zu schaffen. Sie begleiten sie<br />
in ihren Lebensfragen und möchten<br />
selber von diesen Menschen lernen,<br />
was sie über ihren Glauben und ihre<br />
Beziehung zu Gott zu sagen haben.<br />
Es geht in erster Linie darum,<br />
die Familien trotz ihrer individuellen<br />
Schwierigkeiten miteinander<br />
in Kontakt zu bringen<br />
und ihnen kreative Erfahrungen in<br />
Malerei, Theater, Töpfern, Kochen<br />
etc. zu ermöglichen. Wertschätzung<br />
Die lebhafte gemeinsame Messe zum<br />
Tagesabschluss im Heuschober.<br />
und ein Wecken von Beziehungsfähigkeit<br />
sind dabei die wichtigsten<br />
Ziele des Zusammenseins. Einmal im<br />
Monat treffen sich die Familien um<br />
von ihrer Situation in ihrem Viertel<br />
Abstand zu gewinnen und gemeinschaftliche<br />
Erfahrungen machen zu<br />
können. Dieses Jahr geht es um den<br />
Satz aus der Bergpredigt „Selig die,<br />
die Frieden stiften“. Mit Theater<br />
und Austauschrunden können sich<br />
die ca. 120 Menschen aller Altersgruppen<br />
damit auseinandersetzen<br />
- immer in Bezug auf ihre konkrete<br />
Lebensrealität. Zum Abschluss gibt<br />
es eine lebhafte Messe im Garten.<br />
Für mich sind diese Treffen immer<br />
sehr beeindruckend durch die Beziehungen,<br />
die sich knüpfen und<br />
festigen und eine spürbare Freude<br />
am Glauben, der die unterschiedlichsten<br />
Menschen mit ihren jeweiligen<br />
(oftmals tragischen) Schicksalen<br />
verbindet. Besonders in der<br />
theaterpädagogischen Arbeit merke<br />
ich, wie es zur tiefen und wichtigen<br />
Auseinandersetzung mit Konflikten,<br />
alltäglichen Frustrationen und Verletzungen<br />
kommt.<br />
Hier wird Kirche als lernende<br />
Kirche erlebbar,<br />
die sich von den Lebenserfahrungen<br />
derer ansprechen lässt, die<br />
blick über den kirchturm<br />
13<br />
Benedikt Kern, Priesterkandidat<br />
aus Buir, lebte von September<br />
2011 bis Juli 2012<br />
für ein Auslandsstudienjahr in<br />
einem Brennpunktviertel Lyons<br />
(Frankreich) und erzählt von<br />
seinen Erfahrungen.<br />
innerhalb von Gesellschaft (und leider<br />
oft genug auch von der Kirche)<br />
aufgrund ihrer unterschiedlichen<br />
Form von Armut nicht zu Wort<br />
kommen - obwohl sie, glaube ich,<br />
wirkliche Lebenskünstler sind. In<br />
jedem Fall stellen diese Erfahrungen<br />
viele kritische Anfragen an das<br />
übliche Zusammenleben in der Gesellschaft.<br />
Die Verantwortung der<br />
Kirche, Brückenbauerin für Würde<br />
und Gerechtigkeit zu sein und<br />
die frohe Botschaft Jesu, über die<br />
Milieugrenzen hinweg an der Seite<br />
der Armen zu leben, wird hier in Lyon<br />
immer deutlicher. Und in <strong>Kerpen</strong>?<br />
Benedikt Kern<br />
Proben für das Thetaerstück „La boîte et moi“ („Der<br />
Briefkasten und ich“) zu den Seligpreisungen.