daS zentrum neu erleben - Schwerin Live
daS zentrum neu erleben - Schwerin Live
daS zentrum neu erleben - Schwerin Live
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Porträt<br />
toPFit der<br />
olle trabi!<br />
Reinhard Fraenkel aus Plate hat sein Herz an<br />
einen P 50 gehängt: Das 50 Jahre alte Auto<br />
heimst immer wieder <strong>neu</strong>e Trophäen ein<br />
„Im April vor 50 Jahren müsste er<br />
vom Band gelaufen sein“, vermutet<br />
Reinhard Fraenkel und zeigt für<br />
seinen Trabant P 50 die Auslieferungsrechnung.<br />
8440 Mark hat der<br />
erste Besitzer, der Roduchelsdorfer<br />
Hermann Jaschkowiak, im September<br />
1961 dafür auf den Tisch gelegt.<br />
Die Sonderanfertigung war im Jahr<br />
des Mauerbaus das viele Geld wohl<br />
wert: Koralle-elfenbein die Karosserie;<br />
geschwungene Zierleisten und<br />
angedeutete Heckflossen; zweifarbige<br />
Sitze im Inneren. 1998 war von<br />
der einstigen Schönheit allerdings<br />
nicht mehr viel übrig. „Das Auto<br />
war gut gepflegt, aber zerschlissen“,<br />
erinnert sich der Senior, dessen<br />
Herz schon immer für alte Autos<br />
geschlagen hat. Jemand hatte ihn<br />
auf den ollen Trabi aufmerksam<br />
gemacht. Der Bruder des ersten<br />
Besitzers hatte einen Herzinfarkt,<br />
konnte das Auto nicht mehr fahren.<br />
Kümmer dich mal, bekam Reinhard<br />
Fraenkel den Tipp. Und tat es.<br />
Kaufte das gute alte Stück für 1000<br />
D-Mark und machte sich an die Arbeit.<br />
Zerlegte es in tausende Einzelteile,<br />
restaurierte alles von Grund<br />
auf und fügte Stück um Stück wieder<br />
zusammen. Geschweißt werden<br />
musste der alte Wagen nur an wenigen<br />
Stellen, doch geputzt und sauber<br />
gemacht wurde alles, anschließend<br />
grundiert und lackiert. Nach<br />
In den Farben Koralle und<br />
elfenbein kommen Trabant und<br />
Wohnanhänger daher. Im Inneren ist alles<br />
darauf abgestimmt – bis hin zu Klorollenmütze,<br />
Bettwäsche, Kaffeetasse und Schlüsselanhänger.<br />
einem Jahr täglicher Arbeit war das<br />
Werk vollbracht. Der P 50 stand da<br />
wie <strong>neu</strong>. Blank geputzt und unter<br />
der Motorhaube im besten Zustand.<br />
Seitdem fährt Reinhard Fraenkel<br />
damit durch die Lande. 100<br />
Kilometer pro Stunde schafft der<br />
Bevor die nächste Ausfahrt startet,<br />
überzeugt sich Reinhard Fraenkel,<br />
ob noch genug Benzin im Tank ist.<br />
Trabi. Wenn der kleine Wohnanhänger<br />
– ebenso liebevoll wieder<br />
hergestellt wie seine Zugmaschine<br />
– dranhängt nur 80. Oldtimer-,<br />
Kleinwagen- oder Trabi-Treffen im<br />
Norden Deutschlands sind das Ziel.<br />
An die 25 Termine stehen den Sommer<br />
über im Kalender. Gerne präsentiert<br />
Reinhard Fraenkel seinen<br />
Liebling. Dann wird gefachsimpelt<br />
über alte Autos im<br />
Allgemeinen oder Details wie Vier-<br />
Takt- oder Wankel-Motoren. Auch<br />
ein Stückchen DDR-Nostalgie<br />
kommt mit ins Spiel. Denn ob Klorollenmütze,<br />
Messemännchen oder<br />
Minol-Pirol auf der Hutablage – die<br />
Sammlerstücke, mit denen Reinhard<br />
Fraenkel seinen Trabi ziert, lassen<br />
Erinnerungen hoch kommen.<br />
Doch nicht die Kleinigkeiten am<br />
Rande, sondern der Top-Zustand<br />
des Trabis überzeugt Besucher und<br />
Juroren und bringt dem Plater Autofreak<br />
immer wieder erste Plätze<br />
ein. Anfang März beispielsweise gewann<br />
er in Quilow bei Anklam die<br />
Top-Trabi-Wahl Mecklenburg-Vorpommerns,<br />
zum dritten Mal. Über<br />
50 Trophäen schmücken mittlerweile<br />
das eigens eingerichtete Pokalzimmer<br />
im Plater Wohnhaus und<br />
künden von der Wertschätzung,<br />
die dem altgedienten Fahrzeug widerfährt.<br />
Die Wände der Garage, in<br />
der Reinhard Fraenkel seiner Freizeitbeschäftigung<br />
nachgeht, hängen<br />
voll mit Teilnahme- und Auszeichnungsurkunden<br />
und erzählen<br />
davon, was der P 50 auf seine alten<br />
Tage alles noch erlebt. Während der<br />
– auf Teppichen gebettet – der nächsten<br />
Ausfahrt entgegen wartet, zeigt<br />
Reinhard Fraenkel eine Mappe, in<br />
der er wichtige Dokumente und<br />
die schönsten Momente rund um<br />
seinen Oldie zusammen gefasst<br />
hat. Auch eine Tüte mit<br />
Fotografien liegt bereit.<br />
„Mein erstes<br />
A u t o “<br />
sagt<br />
Seite 24<br />
Mai 2011<br />
ausgabe 32<br />
Das Kinderzimmer wurde zum Pokalzimmer umfunktioniert. Hier sind alle<br />
gewonnenen Trophäen aufgereiht.<br />
er und weist auf das Foto eines Kinderwagens,<br />
mit dem Tochter Sabine<br />
ausgefahren wurde. Doch schon<br />
1963 besaßen er und seine Frau Monika<br />
einen Oldtimer – einen Adler<br />
Baujahr 1938. Seitdem hat es über<br />
zehn Familienwagen gegeben. Immer<br />
alt gekauft und dann aufs Beste<br />
heraus geputzt. Einen <strong>neu</strong>en Trabi<br />
besaß der Plater, der als Lackierer<br />
im <strong>Schwerin</strong>er Plastmaschinenwerk,<br />
später als Anlagenwärter bei<br />
der Wärmeversorgung gearbeitet<br />
hat und heute noch Botenfahrten<br />
für die Störtal-Apotheke erledigt,<br />
übrigens nur einmal und auch nur<br />
ein Jahr. Dann war das gute Stück<br />
wieder verkauft. Alte Autos – was<br />
reizt daran? Reinhard Fraenkel<br />
führt ins Feld, dass Ingenieure in<br />
der DDR in der Lage waren, „vernünftige<br />
Autos“ zu bauen. Gespräche<br />
mit Gleichgesinnten, die<br />
sich auf historische Technik und<br />
Autos verstehen, machen ihm Spaß.<br />
Und dann gibt es außerdem immer<br />
wieder diese schönen Momente,<br />
wenn er unterwegs ist. Die Leute<br />
stutzen zunächst, staunen einen<br />
Runde und heben anschließend<br />
anerkennend den Daumen: Topfit<br />
dieser olle Trabi!<br />
Fotos: Beate Schöttke-Penke, Oldtimerclub Hagenow e.v.