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Untersuchungen zur geschichte und altertumskunde Aegyptens

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12 I. Das Bild als Gedankenüberrnittler<br />

der kolibrigestaltige Stammesgott der Azteken Uitzilopochtli in einer Höhle. Vor ihm finden<br />

sich wieder Fußspuren, über ihm, teils durch den Berg von außen eindringend, teils nach außen<br />

hinausgehend, Bilder von Zungen, die bei den Mexikanern den Begriff ,, sprechen" bezeichnen,<br />

hier offenbar Gebete der Frommen <strong>und</strong> Weisungen, die ihnen der Gott gibt. Die in ein Viereck<br />

eingeschlossenen Zeichen in der Mitte des Bildes sollen das Datum ,,Jahr i des Feuersteinmessers**,<br />

angeblich ii68 nach Christus, bedeuten.<br />

Diesem Bilde, das eine ganze Erzählung ersetzt, fehlt die Einheit der Zeit <strong>und</strong> des Raumes,<br />

die uns als unerläßliche Bedingung für jedes Bild erscheint. Hier sind Dinge <strong>und</strong> Vorgänge<br />

zusammen dargestellt, die räumlich <strong>und</strong> zeitlich so auseinanderliegen, daß sie vernünftigerweise<br />

nicht in einem Gesamtbilde zusammengefaßt werden können. Nach unserer Auffassung könnte<br />

doch nur das wiedergegeben werden, was sich allenfalls von einem Menschen mit einem Blick<br />

übersehen lassen könnte. Diese Eigentümlichkeit kann jedoch nicht als ein Merkmal angesehen<br />

werden, das ausschließlich dem als Vorstufe <strong>zur</strong> Schrift dienenden Bilde zukommt. Sie kehrt<br />

auch auf altägyptischen Bildern wieder, die selbst von echter Schrift begleitet sind <strong>und</strong> nichts<br />

anderes als richtige Bilder vorstellen, <strong>und</strong> nicht bloß dort. In dem kuriosen Gedicht ,,Ein Fami-<br />

liengemälde" des Balthasar Anton Dunker aus dem Jahre 1782, das in der bekannten Sammlung<br />

,,Als der Großvater die Großmutter nahm"^ zu finden ist, läßt er den reichen Bauer Grohl bei<br />

einem Maler ein Bild bestellen, unter anderem mit den Worten:<br />

,,Mar Er erst das ganze Dorf<br />

Und die Kirche drinnen.<br />

Michel führt ein Fuder Torf,<br />

Viele Weiber spinnen.<br />

Hart am Kirchhof liegt das Haus,<br />

Wo wir gehen ein <strong>und</strong> aus,<br />

Drauf steht Renovatum<br />

Nebst dem Jahr <strong>und</strong> Datum.<br />

In der Kirch' muß Sonntag sein,<br />

Wir kommunizieren.<br />

Draußen pflügt mein Sohn am Rain<br />

Mit vier starken Stieren.<br />

Wie am Werktag mal' Er's da<br />

Und in voller Arbeit ja!<br />

Meine Töchter alle<br />

Okkupiert im Stalle."<br />

Was uns jene mexikanischen Bilder als etwas unserer Schrift Verwandtes <strong>und</strong> nicht einfach<br />

als Gemälde schlechthin, ähnlich unseren historischen Malereien, erscheinen läßt, sind lediglich<br />

die Umstände, unter denen sie in den Handschriften auftreten, vor allem ihre Symbolik wie die<br />

Andeutung des Weges durch die Fußspuren, der Reden durch die Zungen <strong>und</strong> vieler Dinge durch<br />

ihre Teile. Das gilt besonders auch von den Aufzeichnungen einer berühmten Bilderhandschrift<br />

aus dem Jahre 1560, die den Friedenschluß zwischen Cortez <strong>und</strong> den Bewohnern der Stadt<br />

1 [5. Auflage Leipzig 1922, S. 286.]

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