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unGAYzogene Leseproben (PDF) - Inka Loreen Minden

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„Hey Brody, Schätzchen, ich sehe du bist grad auf der Camden Road.“ Tracy schmatzte dem Jäger ungeniert<br />

ins Ohr, während sie auf eine Antwort wartete.<br />

Brody nahm das Gas der Fireblade etwas zurück, um seine Kollegin durch das Headset besser verstehen zu<br />

können. Da er nie einen Helm trug, pfiff ihm der Fahrtwind ständig in die Ohren. „Ja, was gibt’s, Süße?“ Die<br />

halbe Nacht kurvte er schon durch Londons Straßen, doch heute war es außerordentlich still. Die Ruhe vor<br />

dem Sturm, dachte sich Brody Leeds. Doch der stärkste Sturm tobte gerade in seinem Inneren.<br />

„An der King’s Cross Station ist ein Portal mit einer merkwürdigen Energiesignatur aufgetaucht, das solltest<br />

du dir mal anschauen. Ist mir schon öfter in der Stadt aufgefallen. Darauf kann ich mir keinen Reim machen.<br />

Ich überspiele dir den genauen Standort auf dein Navi!“<br />

„Okay, Babe, mir wurde sowieso gerade langweilig, bin schon unterwegs!“<br />

Brody hasste Londons Rotlichtviertel, doch er war froh, endlich eine Aufgabe zu haben. Seit er Mark und<br />

Alan vor ein paar Tagen beim Sex erwischt hatte, sah er immer nur die beiden vor Augen, wie sie sich so<br />

leidenschaftlich geliebt hatten. Wie sollte er sich in Zukunft ihnen gegenüber verhalten? Einfach so tun, als<br />

wäre nichts gewesen? Brody war ja geübt darin, seine Gefühle für sich zu behalten, doch Tracy schien bereits<br />

bemerkt zu haben, dass ihn etwas sehr aufwühlte.<br />

Die Computermaus war empathisch veranlagt, sie konnte sich in Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse<br />

anderer Menschen einfühlen. Sie hatte immer ein offenes Ohr für die Probleme ihrer Kollegen und auch<br />

schon mehrere Versuche unternommen, mit Brody ein Gespräch zu beginnen. Er war jedoch ein Typ, der<br />

selten jemanden an sich heranließ. Emotionen zu zeigen, egal ob negativer oder positiver Natur, war schon in<br />

seiner Erziehung ein Tabu gewesen.<br />

Tief atmete er die kühle Nachtluft ein, die sein pechschwarzes Haar hinter ihm herflattern ließ, und drehte<br />

die Maschine ganz auf. Je schneller er einem Unterweltler den Allerwertesten aufreißen konnte, desto besser.<br />

Er brauchte jetzt dringend eine Möglichkeit, sich von seiner Verwirrung abzulenken.<br />

Als er in die Euston Road abbog und sich der U-Bahn-Station näherte, wo Tracy das Portal ausgemacht hatte,<br />

parkte er die Maschine am Seitenstreifen und ging zu Fuß weiter. Das handflächengroße Navigationsgerät<br />

nahm er mit. Es zeigte ihm den Standort des Tors und den Dämon, der es anscheinend erzeugt hatte, nur dass<br />

dieser blinkende Punkt nicht rot war, wie er es normalerweise sein sollte, sondern orange. „Seltsam“,<br />

murmelte Brody, während er in eine düstere Gasse schritt und die leicht bläulich schimmernde Pforte in die<br />

Unterwelt betrachtete, die sich in einer Hauswand befand. Nur durch seine Spezialbrille konnte er den Kreis<br />

wahrnehmen, für menschliche Augen war er unsichtbar.<br />

Der orange Punkt auf dem kleinen Gerät zeigte dem Jäger, dass sich der Dämon nur wenige Meter weiter<br />

aufhielt, gleich in dem Hinterhof des Gebäudes, zusammen mit einem Menschen. Das erkannte Brody an<br />

dem blauen Fleck, der fast mit dem orangen zu verschmelzen schien. Was auch immer der Dämon gerade mit<br />

dem Menschen anstellte, er musste sich auf jeden Fall beeilen, bevor es wieder eine gute Seele weniger in<br />

London gab.<br />

Mit gezogener Waffe stieg er über leere Flaschen, Fixernadeln und anderen Müll. „Verflixtes Dreckspack!“,<br />

fluchte er. Diesen finsteren Gestalten hatte es die Menschheit zu verdanken, dass sie sich gegenseitig<br />

zerfleischte. Hass, Kriege und soziale Missstände wurden oftmals von den Dämonen angezettelt, die sich am<br />

Leid der Menschen ergötzten und ihre Kräfte aus dieser negativen Energie bezogen. Allein solche Leute wie<br />

die Jäger des Ordens sorgten dafür, dass die Welt nicht vollends ins Chaos stürzte. Nur wusste kein<br />

Normalsterblicher von ihrer Existenz oder dass sich ihr Hauptquartier in einem Gebäude an der Bayswater<br />

Road befand, getarnt als Wach- und Schließgesellschaft. So fielen die Dämonenkrieger nicht auf, wenn sie<br />

bewaffnet aus dem Gebäude stürmten.<br />

Tracy hatte von ihrem Büro im dritten Stock eine wundervolle Aussicht auf den Hyde Park, doch er<br />

beneidete die Computermaus nicht um ihren Posten. Brody war ein Kämpfer und gehörte auf die Straße.<br />

Jeder Muskel zuckte bereits nervös, ebenso sein Finger am Abzug, doch als er um die Ecke bog, glaubte er,<br />

ihn träfe der Schlag. Sofort duckte er sich hinter einen Kistenstapel.<br />

„Auf mir liegt ein Fluch!“, knurrte er. Von seinem Versteck aus konnte er den Hinterhof gut überblicken, der<br />

nur von einer einsamen Glühbirne, die über einem Hauseingang hing, schwach erhellt wurde. Zwei Personen<br />

waren auf sehr körperliche Weise miteinander beschäftigt und eine davon war der junge Mann, dem er<br />

letztens das Leben gerettet hatte. Delwyn, er hieß Delwyn ... Der hübsche Kerl mit den hellbraunen Haaren<br />

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