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November 2011 - Deutsch-Polnische Gesellschaft der BRD eV

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KULTUR KULTUR<br />

von ihrem Ehemann Hans Kumpf (Klarinette,<br />

Theremin) und dem bereits erwähnten<br />

Vitold Rek. Unter seinem eigentlichen<br />

Namen Witold Szczurek hatte <strong>der</strong> Kontrabassist<br />

seine Karriere in Polen begonnen,<br />

in <strong>Deutsch</strong>land erhoffte sich <strong>der</strong> in Krakau<br />

(unter Pen<strong>der</strong>ecki) ausgebildete Saitenvirtuose<br />

jedoch mehr künstlerische Anregungen.<br />

Längst hat er sich hierzulande als<br />

Virtuose, als Dozent und als Festivalleiter<br />

in Frankfurt etabliert.<br />

Auf Initiative von Bert Noglik formierte<br />

Rek - in Anlehnung dessen erfolgreichen<br />

Quartetts „East West Wind“ - eigens für<br />

die Leipziger Jazztage am 8. Oktober 1998<br />

eine „Polish German Jazz Connection“.<br />

Mit dabei waren wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Saxofonist<br />

Adam Pieronczyk sowie Janusz Stefanski<br />

(Schlagzeug) und Corinna Danzer (Saxofon).<br />

Die Kritik lobte sodann die enorme<br />

Spielfreude des län<strong>der</strong>übergreifenden Unternehmens.<br />

2005 (im <strong>Deutsch</strong>-<strong>Polnische</strong>n<br />

Jahr!) gar hatte das Festival in <strong>der</strong> Bach-<br />

Stadt das jazzende Polen zum dominierenden<br />

Thema.<br />

Unzählig sind inzwischen die deutschpolnischen<br />

Jazz-Aktivitäten geworden. Und<br />

dies spricht für sich. Grazyna Wanat beispielsweise<br />

entwickelte erstmals 2008 die<br />

kompakte Konzertreihe „Polen-Allergie“,<br />

welche mit hochwertigem Jazz etwaige<br />

Vorurteile gegenüber dem Nachbarland<br />

bekämpfen will. Das in <strong>der</strong> Franken-Metropole<br />

sehr aktive Kulturzentrum „Krakauer<br />

Haus“ zeichnet für diese Veranstaltung verantwortlich.<br />

Tomasz Stanko (aufgewachsen<br />

in Nürnbergs Partnerstadt Krakau),<br />

Pink Freud, Aga Zaryan, Filip Wisniewski,<br />

Leszek Mozdzer und weitere Künstler aus<br />

Polen gaben sich bislang ein swingendes<br />

Stelldichein.<br />

In Darmstadt hat nicht nur das <strong>Deutsch</strong>e<br />

Polen-Institut seinen Sitz, son<strong>der</strong>n auch<br />

das auf das Joachim-Ernst-Berendt-Archiv<br />

zurückgehende Jazzinstitut. Es lag natürlich<br />

nahe, interdisziplinär zu kooperieren.<br />

So wurden dort beispielsweise Mitte 2010<br />

Ausstellungen mit jazzimpressionistischen<br />

Malereien von Mira und Alex Fleischer<br />

sowie eine Festivaldokumentation von<br />

Breslaus „Jazz nad Odra“ gezeigt. Schon<br />

1985 hatte es im kulturell stets aktiven<br />

Darmstadt eine konzertmäßige Neuauflage<br />

<strong>der</strong> Berendt-Produktion mit polnischer<br />

Lyrik (meisterhaft rezitiert von Gert Westphal)<br />

und Jazz gegeben. Als Interpreten<br />

<strong>der</strong> aufgefrischten Komeda-Kompositionen<br />

beteiligten sich jetzt u.a. Leszek Zadlo,<br />

Krzesimir Debski, Janusz Stefanski und<br />

Adzik Sendecki. Der LP-Veröffentlichung<br />

folgte 1997 die CD-Version „Der Walzer<br />

vom Weltende“, erschienen bei „Litraton“<br />

in Hamburg.<br />

Bei diversen Partnerschaften, seien sie<br />

bezogen auf (Hoch-)Schulen o<strong>der</strong> Kommunen,<br />

werden auch innige Jazzbeziehungen<br />

gepflegt. Seit 1998 existiert zwischen<br />

Neustrelitz und Szczecinek (Neustettin)<br />

eine Städtepartnerschaft. Bei einem Festkonzert<br />

zum 700jährigen Bestehen von<br />

Szczecinek taten sich auf dem dortigen<br />

Marktplatz am 21. Juni 2010 gar 130 Jugendliche<br />

aus den beiden Regionen zusammen,<br />

um das extra arrangierte Auftragswerk<br />

„Rhythmi urbani“ unter dem Dirigat<br />

des Komponisten Krzesimir Debski uraufzuführen.<br />

In den 80er Jahren tourte Jazzgeiger<br />

Debski viel in <strong>Deutsch</strong>land mit seiner<br />

Formation „String Connection“, und er<br />

erinnert sich sehr gerne an diese aufregenden<br />

Zeiten. Mittlerweile ist er beson<strong>der</strong>s<br />

als universeller Filmkomponist bekannt.<br />

Nach dem Vorbild <strong>der</strong> jugendlichen<br />

deutsch-französischen Big Band wurde<br />

auch ein <strong>Deutsch</strong>-<strong>Polnische</strong>s Jugendjazzorchester<br />

gegründet. Der Landesmusikrat<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen ist bei diesem völkerverbindenden<br />

Projekt maßgeblich verantwortlich.<br />

Professor Bernhard Mergner leitet seit<br />

2004 das Großensemble, die in Würzburg<br />

lebende Würzburg lebenden Komponistin<br />

und Vokalistin Sylwia Bialas arbeitete<br />

schon tonschöpferisch für den Klangkörper.<br />

In Würzburg an <strong>der</strong> Musikhochschule<br />

tätig war bis zu seiner Pensionierung <strong>der</strong><br />

1945 in Krakau geborene Saxofonist Leszek<br />

Zadlo. 2003 wurde <strong>der</strong> Jazzvirtuose<br />

zum Professor ernannt, an seinem Wohnort<br />

München übt Zadlo das Ehrenamt des<br />

Vorsitzenden <strong>der</strong> „<strong>Gesellschaft</strong> zur För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> deutsch-polnischen Verständigung<br />

e.V.“ aus. 1986 galt <strong>der</strong> Pole mit dem<br />

deutschen Pass sogar als <strong>der</strong> „erste offizielle<br />

Jazzlehrer in Bayern“. Außerhalb von<br />

Musikhochschulen bewährte sich Zadlo als<br />

erfahrener Dozent bei freien Jazzkursen,<br />

sowohl in <strong>Deutsch</strong>land als auch in Polen.<br />

Dass immer wie<strong>der</strong> gemeinsame instrumentale<br />

Fortbildungen stattfinden, dient<br />

erst recht <strong>der</strong> Völkerverständigung. Aber<br />

<strong>der</strong> Jazz gilt eo ipso als eine internationale<br />

Musik, als eine Sprache weitgehend ohne<br />

Kommunikationsschwierigkeiten.<br />

Es gibt freilich einen polnischen „Exportüberschuss“<br />

in punkto Gastspielreisen zu<br />

verzeichnen. Weit mehr polnische Musiker<br />

jazzen in <strong>Deutsch</strong>land als dass deutsche<br />

Jazzer in Polen auftreten. Immerhin: Im<br />

Chopin-Jahr 2010 wurde dem gefeierten<br />

National-Komponisten eine ganz beson-<br />

<strong>der</strong>e Ehre zuteil - <strong>der</strong> Kölner Trompeter<br />

Markus Stockhausen, jazzen<strong>der</strong> Sohn des<br />

avantgardistischen Tonschöpfers Karlheinz<br />

Stockhausen, interpretierte zusammen mit<br />

dem Pianisten Adzik Sendecki am 4. August<br />

im Warschauer Lokal „Palladium“ etliche<br />

Werke des Romantikers. 13 Tage später<br />

konzertierte Sendecki mit deutschen<br />

Kollegen nochmals in Warschau. Als regulärer<br />

Tastenmann <strong>der</strong> Big Band des Norddeutschen<br />

Rundfunks beteiligte er sich im<br />

Sala Kongresowa bei dem Programm „Bobby<br />

meets Chopin“ mit dem populären Vokalsolisten<br />

Bobby McFerrin. Im Mai 1911<br />

wurde Sendecki mit dem Hamburger Musikpreis<br />

ausgezeichnet, was natürlich auch<br />

in seiner Heimat vermerkt wurde.<br />

Nicht zum ersten Mal hatte dabei das experimentierfreudige<br />

Jazzorchester des NDR<br />

mit Polen zu tun. So führte es 2006 mit<br />

dem Saxofonisten Jan Ptaszyn Wroblewski<br />

als Stargast die Produktion „Jazz from<br />

Poland“ durch. Neben Wroblewski-Kompositionen<br />

wurden auch Stücke von Tomasz<br />

Stanko und Krzysztof Komeda gespielt.<br />

Von dem legendären Komeda (1931-1969)<br />

kam nochmals „Astigmatic“ zum Zuge. Die<br />

Originalversion mit dem Quintett des großen<br />

Filmkomponisten wird in Polen als die<br />

beste einheimische Plattenproduktion aller<br />

Zeiten gewertet. Und hierbei beteiligt war<br />

auch ein <strong>Deutsch</strong>er: Günter Lenz, <strong>der</strong> als<br />

Mitglied des Albert Mangelsdorff Quintetts<br />

1965 beim „Jazz Jamboree“ gerade einen<br />

Auftritt absolviert hatte, konnte kurzfristig<br />

als Aushilfsbassist gewonnen und ins Studio<br />

geholt werden. Die Abonnenten vom<br />

„Jazz Forum“ bekamen die am 25. Mai<br />

2006 in Hamburg gefertigten Tonaufzeichnungen<br />

von „Jazz from Poland“ auf CD verewigt<br />

kostenlos mit dem September-Heft<br />

des gleichen Jahres geliefert.<br />

„Polen tut Europa gut“ konstatierte Anfang<br />

Dezember 2010 in Warschau Bundespräsident<br />

Christian Wulff. Für den Jazz<br />

bedeutet Polen längst ein Glücksfall, darf<br />

man hinzufügen. Zu Zeiten des Kalten Krieges<br />

wurden beson<strong>der</strong>s in und von Warschau<br />

aus die swingenden Bande zwischen<br />

Ost und West geknüpft und gepflegt. Heutzutage<br />

ist unaufgeregte Normalität eingetreten.<br />

In Zeiten vom gemeinsamen Europa<br />

und des Schengen-Abkommens können<br />

auch Jazzer unbeschwert hin- und herreisen<br />

– dies eben ohne lästige Visumspflicht<br />

und ohne Ärger mit argwöhnischen Zollbehörden,<br />

wenn es um den leidigen Instrumententransport<br />

geht. <br />

Kunstperformance im und am Zug<br />

Kraków-Berlin XPRS<br />

Von Karl Forster<br />

Stellen Sie sich einmal vor, sie sitzen bequem<br />

im Eurocity Wawel von Kraków nach<br />

Berlin. Plötzlich stürmen einige Maskierte<br />

ind den Zug, machen Lärm, o<strong>der</strong> Musik,<br />

tanzen. Da kann es schon etwas dauern,<br />

bis sie verstehen: Das ist eine Kunstaktion.<br />

Die Landschaft, die sie auf dieser Fahrt<br />

durchqueren, die Orte wie Katowice/Kattowitz,<br />

Gliwice/Gleiwitz, Opole/Oppeln,<br />

Wroclaw/Breslau, Legnica/Liegnitz haben<br />

für Polen wie auch für <strong>Deutsch</strong>land<br />

eine beson<strong>der</strong>e historische, politische<br />

und kulturelle Bedeutung. Sie bilden einen<br />

Fundus an Geschichten, die ein polnischdeutsches<br />

Team im Auftrag des Maxim<br />

Gorki Theaters Berlin und des Narodowy<br />

Stary Teatr Kraków über mehrere Monate<br />

zusammengetragen hat.<br />

Unter <strong>der</strong> künstlerischen Leitung des Regisseurs<br />

und Intendanten des Maxim Gorki<br />

Theaters Berlin, Armin Petras, wurden die<br />

Ergebnisse dieser Recherche von Schauspielern<br />

bei<strong>der</strong> Ensembles gemeinsam<br />

mit lokalen Partnern und Kulturinitiativen<br />

während einer Fahrt mit dem EC 340 von<br />

Kraków nach Berlin im Sommer zur Aufführung<br />

gebracht.<br />

Bahnhof Źary: Siegerehrung im Armdrücken-<br />

Wettbewerb. Foto: Natascha von Steiger<br />

„Wir hoffen, dass Sie auf dieser Reise we<strong>der</strong><br />

eine Verspätung noch eine Beschleunigung<br />

erleben“, so Michał Olszewski, Autor,<br />

Schriftsteller und Mitorganisator des<br />

Projekts zu den Reisenden, als sich <strong>der</strong><br />

Bahnhof Bolesławiec: <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Glinoludy“<br />

Bogdan Nowak. Foto: Natascha von Steiger<br />

Zug am Samstag um 7.30 auf seinen Weg<br />

machte. Verabschiedet wurde er dabei von<br />

Orchesterklängen… Kaiser Franz und <strong>der</strong><br />

Schauspielerin Helena Modrzejewska.<br />

Ungewöhnliche, beson<strong>der</strong>e Gäste, traf<br />

man auf dieser ungewöhnlichen Zugfahrt<br />

eine ganze Menge. Meist verkörperten<br />

Schauspieler Rollen aus bekannten literarischen<br />

Vorlagen.<br />

Literarisch und sportlich ging es in einem<br />

an<strong>der</strong>en Wagen zu, in welchem Thomas Urban<br />

sein Buch über die deutsch-polnischen<br />

Beziehungen im Fußball präsentierte. Mit<br />

unglaubwürdigem Staunen hörten die Versammelten<br />

über das abgesprochene Spiel<br />

im Jahre 1927, als wenig fehlte, und eine<br />

deutsche Mannschaft polnischer Meister<br />

geworden wäre.<br />

Plötzlich lautes Getöse, als <strong>der</strong> Zug am<br />

Transparent „Zabrze begrüßt den General<br />

De Gaulle“ vorbeifuhr.<br />

Dieser Charles De Gaulle stieg kurz zuvor<br />

in den Zug, wo <strong>der</strong> Gefeierte den Zugführer<br />

begrüßte, welchen er an seinen früheren<br />

Besuch erinnerte, wo er die bis heute bekannten<br />

Worte über die beson<strong>der</strong>e Polenheit<br />

<strong>der</strong> Schlesier äußerte. Im Zug fanden<br />

weitere, unzählige Attraktionen statt: ein<br />

Armdrückerturnier, Treffen mit <strong>der</strong> Jugend<br />

aus Kędzierzyn-Kożle, welche sich für die<br />

Menschenrechte einsetzt, Workshops bei<br />

welchem man aus Niveadosen Kameras<br />

bauen konnte, Recital <strong>der</strong> Lie<strong>der</strong> aus Opole,<br />

Filmvorführungen und Modevorführungen<br />

und noch viele an<strong>der</strong>e Vorstellungen.<br />

Eine unterhaltsame Zugfahrt, wenn auch<br />

mit kleinen „Störungen“. Eine Schulklasse<br />

hatte wohl wenig Interesse für die laufende<br />

Performance und störte beim Einstieg die<br />

Veranstaltung. Schließlich wollten sie einfach<br />

nur Zug fahren. Und die Performance<br />

<strong>der</strong> Bahn passte auch nicht so ganz: 45 Minuten<br />

Verspätung, so ganz ohne Unterhaltungsprogramm.<br />

Doch Schade, daß eine<br />

solche Kunstaktion wohl einmalig bleibt.<br />

Unser Tipp:<br />

Erstmals erscheint auf dem deutschen<br />

Markt ein Sprachkalen<strong>der</strong> zur polnischen<br />

Sprache.Die Blätter dieses abwechslungsreich<br />

gestalteten Abreißkalen<strong>der</strong>s präsentieren<br />

Dialoge, Redewendungen, Sprichwörter<br />

o<strong>der</strong> Zitate, kurze Grammatik- o<strong>der</strong><br />

Wortschatzübungen sowie wissenswerte<br />

Fakten zur Landeskunde. Zudem sind die<br />

Namenstage und Sternzeichen in den Kalen<strong>der</strong><br />

eingetragen.<br />

Diese Mischung aus Information, Unterhaltung<br />

und Übung bietet täglich eine<br />

Gelegenheit, das Sprachvermögen o<strong>der</strong><br />

die Kenntnisse über Land und Leute spielerisch<br />

und zugleich systematisch zu erweitern.<br />

Übersetzungen, Lösungen und<br />

Vokabelhilfen auf den Blattrückseiten garantieren<br />

einen effektiven Lernerfolg.<br />

Aleksandra Malchow / Erik Malchow<br />

Sprachkalen<strong>der</strong> Polnisch 2012<br />

640 Seiten. ISBN 978-3-87548-597-4. 14.90€<br />

26 POLEN und wir 4/<strong>2011</strong> POLEN und wir 4/<strong>2011</strong> 27

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