Tierschutz - Absolut-Hund
Tierschutz - Absolut-Hund
Tierschutz - Absolut-Hund
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der<br />
report<br />
absolut-hund<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Sinn und<br />
Unsinn<br />
von Tierimporten<br />
<strong>Tierschutz</strong>skandal<br />
Zarenhof –<br />
6 Thesen<br />
Animal<br />
Hoarding<br />
Kritisch gesehen<br />
Probleme der<br />
Mehrhundehaltung<br />
Ausgabe 1 / 2011<br />
Wissenswertes<br />
für <strong>Hund</strong>efreunde<br />
Rasseporträt<br />
Kangal
Internetauftritt langweilig?<br />
Nicht mehr modern?<br />
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Neues von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
Prüfung in Dianas <strong>Hund</strong>eschule . . . . . . . . . . . . 4<br />
Qualitätssiegel von <strong>Absolut</strong> <strong>Hund</strong> . . . . . . . . . . 5<br />
Termine bei <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
Ausbildung für <strong>Hund</strong>etrainer . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Seminare für <strong>Hund</strong>ehalter . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Kritisch gesehen<br />
<strong>Hund</strong>e-KiTa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Probleme der Mehrhundehaltung . . . . . . . . 10<br />
Die richtige <strong>Hund</strong>eschule . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Vermenschlichung von <strong>Hund</strong>en . . . . . . . . . . . 14<br />
Trickdog-Serie: Würfeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
Buch-Tipp: „Sind das alles Ihre?“ . . . . . . . . . . 13<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Sinn und Unsinn von Tierimporten . . . . . . . . 16<br />
Porträt: BESCHÜTZERinstinkte e.V. . . . . . . . . 20<br />
<strong>Tierschutz</strong>skandal Zarenhof – 6 Thesen . . . . 22<br />
Animal Hoarding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Kastrationsprojekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> GbR<br />
An der Sang 46<br />
57271 Hilchenbach<br />
1. Ausgabe Januar 2011<br />
Redaktion: Antje Henze<br />
Chefredakteurin: Heike Beuse<br />
Titelfotos: Fotolia, iStockphoto<br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
Heike Beuse<br />
Karin Burger<br />
Janna Funk<br />
I. Gorski-Grobe<br />
Antje Henze<br />
Christioph Jung<br />
Claudia Landgrafe<br />
Cathrin Laurenz<br />
Tierarztpraxis am Schlagbaum<br />
Uwe Peter Willemsen<br />
Inhalt<br />
Rasseporträt<br />
Der Kangal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
Vermischtes<br />
Offener Brief zur<br />
Aggressivität von <strong>Hund</strong>en . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
Rechtssprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
Offener Brief zur Zuchtpraxis mit<br />
erbrkanken <strong>Hund</strong>en . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
Krankheiten<br />
Idiopathische<br />
Aggression . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />
Vergiftungen<br />
bei <strong>Hund</strong> u. Katze . . . . . . . . 57<br />
Allergien beim <strong>Hund</strong> . . . . . 58<br />
Leid der Vermehrerhunde – Serie<br />
Felix – ein Labrador nutzt seine<br />
letzte Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
Vermischtes<br />
Newsletter 01/2011 des Förderverein für<br />
wissenschaftliche <strong>Hund</strong>eforschung . . . . . . . . 65<br />
Design und Satz:<br />
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Dortmund, www.seichter-steffens.de<br />
Jedwede Kopie/Vervielfältigung<br />
bedarf der Genehmigung der<br />
Autoren<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 3
Neues von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
Erfolgreiche Prüfung in Dianas <strong>Hund</strong>eschule, Nordhorn<br />
Menschen und Vierbeiner zeigten herausragende Leistungen<br />
Mit ausgezeichneten Ergebnissen absolvierten<br />
am 27.11.2010 zehn <strong>Hund</strong>ehalter<br />
mit ihren Vierbeinern die Erste<br />
<strong>Hund</strong>ehalterprüfung mit Fachkundenachweis.<br />
Die Prüfung, bestehend aus<br />
einem theoretischen und einem prak-<br />
tischen Teil, fand unter der Leitung von<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainerin Diana Rohmann<br />
statt. Bei der praktischen Prüfung, die<br />
zum einen auf dem Trainingsgelände,<br />
zum anderen unter realen Bedingungen<br />
auf der Straße absolviert werden<br />
musste, bewiesen sowohl Mensch als<br />
auch <strong>Hund</strong> starke Nerven. Die <strong>Hund</strong>ehalter<br />
zeigten herausragende Leistungen<br />
im Umgang mit ihrem <strong>Hund</strong> und<br />
meisterten souverän die einzelnen<br />
Prüfungssequenzen.<br />
Prüferin Heike Beuse von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
und die angehende <strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin<br />
Diana Rohmann gratulieren<br />
Anja mit dem Golden Retriever<br />
„Boomer“ zu 100%, Marie mit Beagle-<br />
Dame„Luna“ zu 89%, Ingo mit Rottweiler„Nero“<br />
zu 98%, Hartmut mit Labrador-Rüde„Asco“<br />
zu 95,5%, Johanne<br />
4<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
mit Labrador-Hündin„Emma“ zu 98%,<br />
Moni mit Schäferhündin„Franka“ zu<br />
97,5%, Ulla mit Setter-Mix„Nicky“ zu<br />
94,5%, Alex mit Berner-Sennen-Rüden<br />
„Alonso“ zu 94%, Barbara mit Labrador-Mix„Lucky“<br />
zu 92,5% und Laura<br />
Alle Vierbeiner und ihre Halter bewiesen als Prüflinge starke Nerven.<br />
Links: Labradorrüde Max, rechts: Beagle-Dame Luna<br />
mit dem Labrador-Rüden„Othello“<br />
zu 99%.<br />
Drei Teilnehmer absolvierten die theoretische<br />
Fachkunde für die Prüfung im<br />
Frühjahr 2011: Stephan und Ines mit<br />
Labrador„Max“ erreichten in der Theorie<br />
jeweils 99%, Kerstin mit Schäferhund-<br />
Mix„Inka“ 100%.<br />
Aufgrund der steigenden Nachfrage<br />
bietet Diana Rohmann fortlaufend<br />
Seminare über Leinenführigkeit und<br />
„Wie verhalte ich mich bei Artgenossen-<br />
Kontakt“ in ihrer <strong>Hund</strong>eschule an.<br />
Da die Seminare nur über eine begrenzte<br />
Teilnehmerzahl verfügt, sollten sich<br />
interessierte <strong>Hund</strong>ehalter rechtzeitig<br />
anmelden. In der wöchentlichen Mittwochssprechstunde<br />
von 9 bis 12 Uhr<br />
haben <strong>Hund</strong>ehalter und zukünftige<br />
<strong>Hund</strong>ehalter die Möglichkeit, die angehende<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin<br />
Diana Rohmann um Rat„Rund um den<br />
<strong>Hund</strong>“ zu fragen. Nach Möglichkeit sollte<br />
ein Termin vereinbart werden, um<br />
Wartezeiten zu vermeiden.<br />
Setter-Mix „Nicky“ (oben) und Diana<br />
mit Labrador-Mix „Lucky“ (unten) auf<br />
dem Trainingsgelände<br />
Weitere Informationen finden sie unter<br />
www.dianas-hundeschule.de oder<br />
persönlich bei Diana Rohmann unter<br />
05921/ 3082016 oder 0173 / 8648855.
Qualitätssiegel von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
Ob <strong>Tierschutz</strong>, <strong>Hund</strong>eschulen, Vereine,<br />
Zucht und Co: es existieren Massen auf<br />
dem Markt und nicht alle verfügen über<br />
ausreichende und fundierte Kenntnisse,<br />
geschweige denn Qualität. <strong>Absolut</strong>-<br />
<strong>Hund</strong> möchte das ändern und ein wenig<br />
Licht in den Dschungel des Angebotes<br />
bringen.<br />
Der Gedanke und nun die Durchführung<br />
eines Qualitätssiegels soll Hilfesuchenden<br />
und interessierten Menschen<br />
die Möglichkeit bieten, einem<br />
roten Faden der qualitativen Angebote<br />
zu folgen und somit mehr Sicherheit<br />
zu erlangen. Neben dem Qualitätsstandard<br />
ergibt sich so eine positive Lobby<br />
für die <strong>Hund</strong>e.<br />
Das Qualitätssiegel steht für gesichtete<br />
und geprüfte Qualität nach dem<br />
deutschen <strong>Tierschutz</strong>gesetz.<br />
Die Vorgaben zum Erhalt eines Qualitätssiegels<br />
beinhalten nicht nur einen<br />
tierschutzrechtlichen, sondern insbe-<br />
Neues von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
<strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> GbR stellt die Möglichkeit einer qualitativen Zertifizierung zur Verfügung<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>ep�ege<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>ehalter-<br />
Trainer/in<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>eschule<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>epension<br />
sondere auch einen hundgerechten<br />
Umgang und auf das Wohlergehen der<br />
<strong>Hund</strong>e fokussierten Inhalt.<br />
Interessenten können sich bei der <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
GbR für das Qualitätssiegel<br />
bewerben und die entsprechenden<br />
Vorgaben anfordern.<br />
Nun stellt <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> die einzelnen<br />
Qualitätssiegel vor. Weitere Bereiche<br />
werden folgen:<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>everhaltens-<br />
Therapeut/in<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>ezucht<br />
absolut-<strong>Hund</strong><br />
GEPRÜFT<br />
2011<br />
<strong>Hund</strong>gerechte-<br />
Vermittlung<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 5
Termine bei <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
Termine Ausbildung 2011 – Für <strong>Hund</strong>etrainer und -schulen<br />
6<br />
Februar 2011<br />
Februar 2011<br />
März 2011<br />
April 2011<br />
Juli 2011<br />
Juli 2011<br />
Juli 2011<br />
Juli 2011<br />
August 2011<br />
September<br />
2011<br />
Dezember<br />
2011<br />
Ausbildung HVT<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />
Ausbildung HHT<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />
Ausbildung HVT<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />
Ausbildung zum MTT<br />
Mantrailing Trainer<br />
Ausbildung zum MTT<br />
Mantrailing Trainer<br />
Ausbildung HHT<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />
Ausbildung HVT<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />
Ausbildung HHT<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />
Ausbildung HVT<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />
Ausbildung zum MTT<br />
Mantrailing Trainer<br />
Ausbildung HHT<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Beginn 12.02.<br />
10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />
Theorie und Praxis<br />
Beginn 14.02.<br />
Intensivausbildung “am Stück”<br />
in Theorie und Praxis<br />
Beginn 05.03.<br />
10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />
Theorie und Praxis<br />
Beginn 02.04.<br />
5 Wochenenden (Sa. + So.)<br />
Intensivausbildung in Theorie<br />
und Praxis<br />
Beginn 02.07.<br />
5 Wochenenden (Sa. + So.)<br />
Intensivausbildung in Theorie<br />
und Praxis<br />
Beginn 04.07.<br />
Intensivausbildung„am Stück“<br />
in Theorie und Praxis<br />
Beginn 23.07.<br />
10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />
Theorie und Praxis<br />
Beginn 25.07.<br />
Intensivausbildung„am<br />
Stück” in Theorie und Praxis<br />
Beginn 13.08.<br />
10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />
Theorie und Praxis<br />
Beginn 17.09.<br />
5 Wochenenden (Sa. + So.)<br />
Intensivausbildung in Theorie<br />
und Praxis<br />
Beginn 05.12.<br />
Intensivausbildung “am Stück”<br />
in Theorie und Praxis<br />
Essen<br />
Fulda<br />
Hannover<br />
Schiphorst<br />
Herzogenaurach<br />
Gummersbach<br />
Stuttgart<br />
Essen<br />
Berlin<br />
Gummersbach<br />
Aurich<br />
2.999,00 Euro<br />
Ratenzahlung möglich<br />
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1.200,00 Euro<br />
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Termine Seminare 2011 – Für <strong>Hund</strong>ehalter<br />
Februar 2011 Obedience-Seminar Anfänger 12.02. Nordhorn<br />
Februar 2011<br />
Info-Seminar Kommunikation<br />
Mensch/<strong>Hund</strong><br />
26.02.<br />
März 2011 Trickdog-Seminar 12.03. Nordhorn<br />
März 2011 Anti-Jagd-Training 19. + 20.03. Hann. Münden<br />
April 2011 Obedience-Seminar Anfänger 09. + 10.04 Fulda<br />
April 2011<br />
Info-Seminar Kommunikation<br />
Mensch/<strong>Hund</strong><br />
16.04. Eichenzell<br />
April 2011 Info-Seminar Aggression <strong>Hund</strong> 23.04. Hann. Münden<br />
Mai 2011 Seminar Welpenaufbau 07. + 08.05. Eichenzell<br />
Mai 2011<br />
Obedience-Seminar<br />
Fortgeschrittene<br />
Mai 2011 Mantrailing Schnupperseminar 28.05.<br />
Juni 2011<br />
Juni 2011<br />
Obedience-Seminar<br />
Fortgeschrittene<br />
Seminar für Verhaltensauffällige<br />
<strong>Hund</strong>e<br />
21. + 22.05. Fulda<br />
Termine bei <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />
80,00 Euro<br />
diana@dianas-hundeschule.de<br />
Hann. Münden 20,00 Euro<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
Schleswig-<br />
Holstein<br />
04.06. Nordhorn<br />
25.06. Essen<br />
Juli 2011 Agility Anfänger 09.07. Nordhorn<br />
Juli 2011 Problem-„<strong>Hund</strong>e“-Seminar 16.07. Hannover<br />
August 2011 Mantrailing Anfängerseminar 20. + 21.08. Hann. Münden<br />
August 2011 Mantrailing Schnupperseminar 27.08. Herzogenaurach<br />
September<br />
2011<br />
September<br />
2011<br />
Trickdog-Seminar 03. + 04.09. Stuttgart<br />
Seminar Aggression gegen <strong>Hund</strong>e 24. + 25.09. Eichenzell<br />
Oktober 2011 Trickdog-Seminar 15. + 16.10. Berlin<br />
Oktober 2011 Trickdog-Seminar 22.10. + 23.10. Fulda<br />
November<br />
2011<br />
November<br />
2011<br />
November<br />
2011<br />
Dezember<br />
2011<br />
Mantrailing Schnupperseminar 12.11. Gummersbach<br />
Seminar 1. Hilfe am <strong>Hund</strong> 19.11. Eichenzell<br />
Seminar für Verhaltensauffällige<br />
<strong>Hund</strong>e<br />
Seminar für Verhaltensauffällige<br />
<strong>Hund</strong>e<br />
26.11. Stuttgart<br />
17.12. Berlin<br />
80,00 Euro<br />
diana@dianas-hundeschule.de<br />
160,00 Euro<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
160,00 Euro<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
20,00 Euro<br />
kontakt@pets-and-people.de<br />
20,00 Euro<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
160,00 Euro<br />
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160,00 Euro<br />
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80,00 Euro<br />
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80,00 Euro<br />
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80,00 Euro<br />
info@absolut-hund.de<br />
160,00 Euro<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
80,00 Euro<br />
info@absolut-hund.de<br />
160,00 Euro<br />
info@absolut-hund.de<br />
160,00 Euro<br />
kontakt@pets-and-people.de<br />
160,00 Euro<br />
info@absolut-hund.de<br />
160,00 Euro<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
80,00 Euro<br />
info@absolut-hund.de<br />
80,00 Euro<br />
kontakt@pets-and-people.de<br />
80,00 Euro<br />
info@absolut-hund.de<br />
80,00 Euro<br />
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1 / 2011 • der absolut-hund report 7
Kritisch gesehen<br />
<strong>Hund</strong>e-KiTa – sinnvoll oder<br />
problematisch?<br />
Sandra S. hat ein schlechtes Gewissen: Seit sie sich von ihrem Freund getrennt hat,<br />
muss Mops Rudi täglich acht Stunden alleine sein, denn Sandra ist in Vollzeit<br />
berufstätig. Da kommt die Annonce in der Zeitung wie gerufen.„Erster <strong>Hund</strong>ekindergarten<br />
in »Musterstadt«, wir betreuen Ihren kleinen Liebling liebevoll, während<br />
Sie arbeiten.“<br />
Sandra fährt zusammen mit Rudi dorthin<br />
und wird freundlich empfangen –<br />
von Frau X. und einer Horde wild gemischter<br />
Rassen und Mischlinge in<br />
allen Größen, die bunt durcheinander<br />
laufen.„Hier geht immer alles friedlich<br />
zu, die <strong>Hund</strong>e spielen den ganzen<br />
Tag miteinander und merken gar nicht,<br />
dass ihr Besitzer weg ist. Manche wollen<br />
mittags oder abends gar nicht wieder<br />
nach Hause“, erzählt Frau X. lächelnd.<br />
Alles scheint wunderbar und Sandra<br />
vereinbart, dass Mops Rudi ab dem<br />
kommenden Montag in den <strong>Hund</strong>ekindergarten<br />
gehen darf.<br />
Vier Wochen später weiß Sandra nicht<br />
mehr weiter. Rudi verbellt plötzlich jeden<br />
<strong>Hund</strong>, dem sie auf dem Spaziergang<br />
begegnen und ignoriert ihr Rufen<br />
immer mehr. Seit zwei Tagen will<br />
sich der sonst so verschmuste <strong>Hund</strong><br />
im Nacken auch nicht mehr anfassen<br />
lassen. Ein Besuch beim Tierarzt belegt<br />
– Rudi wurde wahrscheinlich fest in den<br />
Nacken gebissen und hat offenbar einige<br />
Blutergüsse davon getragen. Und<br />
das, obwohl Frau X. doch behauptet<br />
hatte, alle <strong>Hund</strong>e würden immer friedlich<br />
miteinander spielen. Ein Einzelfall?<br />
Leider nein.<br />
8<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Nehmen wir einen solchen„<strong>Hund</strong>ekindergarten“<br />
doch mal genauer unter die<br />
Lupe. Natürlich ist es – aus menschlicher<br />
Sicht heraus – schön zu wissen, dass<br />
der eigene <strong>Hund</strong> nicht so lange alleine<br />
sein muss, liebevoll betreut wird und<br />
mit anderen <strong>Hund</strong>en spielen darf. Doch<br />
genau genommen tun Sie folgendes:<br />
Sie bringen Ihren <strong>Hund</strong> in eine Meute<br />
von fremden <strong>Hund</strong>en, die sich sofort<br />
gegenseitig abchecken.<br />
Was bist du?<br />
(Rüde oder Hündin, Welpe oder erwachsen)<br />
Wer bist du?<br />
(stark oder schwach, dominant oder<br />
ängstlich)<br />
Was tun wir jetzt?<br />
(ernsthaft kämpfen bei Antipathie oder<br />
„spielerisches“ Kämpfen bei Sympathie)<br />
Und entsprechend ihrem jeweiligen<br />
Charakter werden die stärkeren <strong>Hund</strong>e<br />
die schwächeren sofort zu dominieren<br />
versuchen und sie schlimmstenfalls<br />
massiv mobben, während die schwächeren<br />
ihr Heil oft in der Flucht suchen.<br />
Doch der Platz zum Ausweichen im<br />
<strong>Hund</strong>ekindergarten ist begrenzt. Sind<br />
Ein Neuzugang in der <strong>Hund</strong>epension<br />
wird sofort abgecheckt: bist du Rüde<br />
oder Hündin, stark oder schwach?<br />
hier nicht permanent ein oder mehrere<br />
Betreuer vor Ort, die sofort jegliches<br />
Mobbing unterbinden oder gar nicht<br />
erst aufkommen lassen (was bei größeren<br />
Gruppen kaum machbar ist),<br />
kommt es unweigerlich zu Problemen,<br />
die der Besitzer des jeweiligen <strong>Hund</strong>es<br />
später ausbaden muss. Schlimmstenfalls<br />
kommt es zu ernsthaften Verletzungen<br />
einzelner <strong>Hund</strong>e. Natürlich gibt<br />
es auch <strong>Hund</strong>e, die generell problem-
los mit Artgenossen zusammen gelassen<br />
werden können, ohne sich gegenseitig<br />
an den Hals zu gehen. Doch das<br />
ist nun einmal nicht die Regel. Und auch<br />
diese <strong>Hund</strong>e verändern sich durch ihren<br />
regelmäßigen Besuch im„Kindergarten“,<br />
indem sie eigenständiger werden.<br />
Jetzt könnte man sagen, dass soziales<br />
Spiel mit Artgenossen für <strong>Hund</strong>e sehr<br />
wichtig ist und <strong>Hund</strong>e sowieso Rudeltiere<br />
sind. Das ist soweit auch richtig.<br />
Aber wer ist denn„das Rudel“? Sie als<br />
Mensch oder Familie, die mit dem <strong>Hund</strong><br />
zusammen leben, niemand sonst! Treffen<br />
zwei Rudel wildlebender Wölfe aufeinander,<br />
kommt es zum Kampf, wenn<br />
die Eindringlinge nicht vorher fliehen.<br />
Natürlich sind <strong>Hund</strong>e keine wilden Wölfe<br />
mehr, dennoch ist es aus <strong>Hund</strong>esicht<br />
nicht normal, dass sie sich mit jedem<br />
Artgenossen gleich super verstehen<br />
sollen. Selbst der friedlichste <strong>Hund</strong> kann<br />
auf einen Artgenossen treffen, den er<br />
im wahrsten Sinne des Wortes„nicht<br />
riechen“ kann. Dann bleiben auch nur<br />
Flucht oder Kampf übrig.<br />
Wenn man betrachtet, wie der menschliche<br />
Kindergarten kleine Kinder verändert,<br />
kann man sagen, dass diese Kin-<br />
der dort im Zusammenspiel (das auch<br />
nicht immer so friedlich und harmonisch<br />
verläuft) lernen, eigenständig<br />
und selbstverantwortlich zu werden.<br />
Betreuer/innen sorgen dafür, dass die<br />
Kinder nicht unkontrolliert streiten<br />
oder sich gegenseitig verletzen. Und<br />
was für einen kleinen Menschen zur<br />
Entwicklung richtig und notwendig ist,<br />
erschafft bei <strong>Hund</strong>en größte Probleme.<br />
Aus <strong>Hund</strong>esicht lassen Sie ihn allein mit<br />
dem Problem, sich gegen eine ganze<br />
Meute fremder <strong>Hund</strong>e behaupten und<br />
durchsetzen zu müssen. Und das, obwohl<br />
Sie sein Anführer sind, ihm Schutz<br />
und Sicherheit in einer solchen Situation<br />
gewähren sollten. Also lernt Ihr<br />
Kritisch gesehen<br />
Gerangel um den besten Platz zum Abkühlen: in der <strong>Hund</strong>e-KiTa muss immer ein<br />
Betreuer in der Nähe sein, um ernsthafte Auseinandersetzungen zu verhindern<br />
<strong>Hund</strong>, eigenständig ohne den Menschen<br />
zu handeln und selbst das Problem<br />
zu regeln. Und das wird er weiterhin<br />
tun, auch wenn Sie dabei sind.<br />
Denn Sie haben ja klar bewiesen, dass<br />
Sie als Anführer nicht taugen, Sie ließen<br />
ihn im Stich, als es brenzlig wurde.<br />
Wieso sollte er denn jetzt sein Leben<br />
(und darum kann es blitzschnell in einer<br />
fremden Meute gehen) wieder in Ihre<br />
Hände legen wollen?<br />
Was also tun, wenn Sie Ihren <strong>Hund</strong> aufgrund<br />
ihrer Arbeitssituation oder im<br />
Urlaub zeitweise in fremde Hände geben<br />
müssen oder wollen? Schauen Sie<br />
sich den <strong>Hund</strong>esitter oder die Tages-<br />
Signal-<strong>Hund</strong><br />
<strong>Hund</strong>eausbildung und Therapie von<br />
Problemverhalten<br />
Inhaber Claudia und Tobias Landgrafe<br />
51645 Gummersbach<br />
E-Mail: signalhund(at)aol.com<br />
Tel.: 02261 / 302174<br />
Mobil: 0151 / 240 639 74<br />
www.signal-hund.de<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 9
Kritisch gesehen<br />
stätte sehr genau an. Es sollte gewährleistet<br />
sein, dass Ihr <strong>Hund</strong> tatsächlich<br />
betreut und nicht sich selbst inmitten<br />
anderer <strong>Hund</strong>e überlassen wird. Vermeiden<br />
Sie die Unterbringung in größeren<br />
Gruppen, sprich nicht mehr als<br />
drei bis vier <strong>Hund</strong>e. Diese <strong>Hund</strong>e sollten<br />
charakterlich zueinander passen,<br />
also keine starken„Mobber“ zu ängstlichen<br />
<strong>Hund</strong>en. Selbst diese wenigen<br />
<strong>Hund</strong>e sind von einer einzelnen Person<br />
bereits schwer zu kontrollieren. Der Betreuer<br />
sollte sich mit den spezifischen<br />
10<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Eigenarten verschiedener Rassen und<br />
deren Verhalten auskennen und in der<br />
Lage sein, das aktuelle Verhalten seiner<br />
Schützlinge richtig einzuschätzen.<br />
Er sollte die <strong>Hund</strong>e gut beobachten,<br />
gefährliche Situationen schon in der<br />
Entstehung erkennen und ausräumen<br />
(durch Splitten/Trennen der <strong>Hund</strong>e),<br />
bzw. gar nicht erst entstehen lassen<br />
(keine einzelnen Futterbrocken oder<br />
Spielzeuge, um die gekämpft werden<br />
könnte). Es sollte genügend Platz vorhanden<br />
sein, um die <strong>Hund</strong>e bei Bedarf<br />
Die Probleme der Mehrhundehaltung<br />
Schwierigkeiten, die bei der Haltung Betrachten wir die Sache mal neutral<br />
von mehreren <strong>Hund</strong>en entstehen, anhand eines Fallbeispiels aus meinem<br />
werden oft unterschätzt. Viele Men- Berufsalltag: Familie XY (kinderlos) hat<br />
schen sind der Meinung, zwei <strong>Hund</strong>e ein Haus mit großem Grundstück und<br />
erziehen sich gegenseitig und regeln hält seit drei Jahren ein Border Collie<br />
Mädchen. Über Bekannte<br />
wird die Familie auf ein<br />
<strong>Hund</strong>eschicksal aufmerksam<br />
gemacht und kurz<br />
entschlossen nehmen sie<br />
einen zweiten <strong>Hund</strong> beisich<br />
auf, der ansonsten im<br />
Tierheim gelandet wäre.<br />
Dieser <strong>Hund</strong> (Schäferhund-<br />
Mix) ist sieben Jahre alt<br />
und kommt aus einer fraglichen<br />
Haltung. Er zeigt<br />
bereits ein Kontrollverhalten,<br />
aber aufgrund ihrer<br />
Foto: seichter & steffens grafikdesign<br />
<strong>Hund</strong>eerfahrung ist die<br />
Streitereien um ein Spielzeug (Beute): bei Konflikten Familie der Meinung, die-<br />
dieser Art sollte man als <strong>Hund</strong>ehalter in jedem Fall se Probleme in den Griff<br />
einschreiten<br />
zu bekommen. Der Erstkontakt<br />
der <strong>Hund</strong>e findet im häusli-<br />
ihre Streitigkeiten unter sich. Das tun chen Garten statt. Alles wirkt für die<br />
sie, wenn der Mensch sich tatsächlich Familie auf den ersten Blick recht viel<br />
raus hält auch notgedrungen, nur lei- versprechend, denn die <strong>Hund</strong>e„spieder<br />
sehr selten im Interesse des <strong>Hund</strong>elen“ und scheinen sich gut zu verstehalters.hen.<br />
Die Entscheidung ist gefallen, sie<br />
räumlich voneinander trennen zu können.<br />
Die <strong>Hund</strong>e sollten gezielt beschäftigt<br />
werden, beispielsweise durch Suchspiele,<br />
Spaziergänge oder spielerische<br />
Gehorsamsübungen (ich spreche nicht<br />
von Drill oder stationärer Ausbildung).<br />
Wenn Sie eine solche Tagesstätte gefunden<br />
haben, würden wir uns freuen,<br />
wenn Sie uns davon berichten würden!<br />
Bericht & Fotos : Claudia Landgrafe<br />
www.signal-hund.de<br />
nehmen den Rüden bei sich auf. Sicher<br />
kein Einzelfall und diese oder ähnliche<br />
Entscheidungen werden in Deutschland<br />
tagtäglich irgendwo getroffen.<br />
Was aber bedeutet dies für<br />
die <strong>Hund</strong>e?<br />
Die Border Collie Hündin lebt vom Welpenalter<br />
an in der Familie. Sie hat sich<br />
ihre kleinen Privilegien (z.B. Liegen auf<br />
dem Sofa, ihr <strong>Hund</strong>espielzeug – ihre<br />
Beute – im Haus, ihren Liegeplatz usw.)<br />
in den drei Jahren erarbeitet. Nun<br />
kommt ein fremder Artgenosse ins Haus.<br />
Er ist sowohl körperlich überlegen als<br />
auch aufgrund des Alters erfahrener.<br />
Sie fordert ihn beim Erstkontakt in<br />
ihrem Territorium immer wieder zum<br />
„Spiel“ auf, um seine Stärken und Schwächen<br />
abzutasten und auszuloten. Seine<br />
Bereitschaft hält sich in Grenzen und<br />
hin und wieder maßregelt er sie, was<br />
für die Familie den Anschein erweckt,<br />
das er sich auf das vermeintliche Spiel<br />
einlässt.<br />
Natürlich kümmert sich die Familie in<br />
den nächsten Tagen eher um den Neu-
ankömmling und vermittelt dem <strong>Hund</strong><br />
aus <strong>Hund</strong>esicht, wie wichtig er ist. Die<br />
Menschen versuchen jedoch gleichzeitig<br />
die Hündin nicht zu kurz kommen<br />
zu lassen und sind den ganzen Tag damit<br />
beschäftigt, das „Gleichberechtigung“<br />
herrscht. Genau dieser Versuch<br />
aber heizt den Konflikt, den die <strong>Hund</strong>e<br />
haben noch an.<br />
Drei Wochen später gab es einen schlimmen<br />
Beißvorfall und der Zweithund<br />
landete leider doch im Tierheim!<br />
Wie kann man sich davor<br />
schützen?<br />
Es ist enorm wichtig, das die betroffenen<br />
<strong>Hund</strong>ehalter ganz klare Regeln für<br />
die <strong>Hund</strong>e aufstellen, möglichst alle<br />
<strong>Hund</strong>espielzeuge aus der Wohnung<br />
Foto: Antje Henze<br />
entfernen und immer dazwischen gehen,<br />
sobald die <strong>Hund</strong>e untereinander<br />
in Konflikt geraten.<br />
Zum Verständnis: Stellen Sie sich vor,<br />
Sie haben einen vier Jahre alten Sohn<br />
und bekommen ein Pflegekind (fünf<br />
Jahre alt) dazu. Beide spielen im Sandkasten<br />
in Ihrem Garten mit der Schaufel<br />
Ihres Sohnes im Sand. Erst friedlich,<br />
aber nach kurzer Zeit geraten sie über<br />
die Schaufel in Streitigkeiten. Was tun<br />
Sie? Richtig, Sie schreiten ein! Diese Situation<br />
ist durchaus vergleichbar. Sie<br />
entscheiden was in Ihrem Haus geht<br />
und was nicht geht. Übersehen Sie<br />
bitte nicht, dass ein rudelfremder Artgenosse<br />
für Ihren <strong>Hund</strong> in erster Linie<br />
ein Konkurrent ist. <strong>Hund</strong>e verteidigen<br />
Nimmt man als Halter den <strong>Hund</strong>en alle wichtigen Entscheidungen ab und bestimmt<br />
über die Ressourcenverteilung, kann es ein entspanntes Miteinander geben<br />
ihre Ressourcen, wenn nötig auch unter<br />
Aggression!<br />
Was Sie den <strong>Hund</strong>en vermitteln müssen<br />
ist, dass Sie als Halter über die<br />
Ressourcenverteilung bestimmen.<br />
Kritisch gesehen<br />
CAT4DOGS <strong>Hund</strong>eerziehung • Inhaberin Cathrin Laurenz<br />
Problemhundetherapeutin, Gebrauchshundeausbilderin<br />
33605 Bielefeld • Mobil: 0176 / 297 289 14 • E-Mail: info@cat4dogs.de<br />
www.cat4dogs.de<br />
Dass es Ihr Haus ist. Dass Sie alle wichtigen<br />
Entscheidungen treffen und<br />
nicht die <strong>Hund</strong>e. Dass Sie jedem Tier<br />
den Platz zuweisen.<br />
Das bedeutet nicht, dass die <strong>Hund</strong>e<br />
von nun an nichts mehr dürfen. Es bedeutet<br />
lediglich, dass Sie den Weg vorgeben<br />
um Streit zu vermeiden. Es gibt<br />
unzählige Beißvorfälle in der Mehrhundehaltung<br />
und ich werde in meinem<br />
Alltag sehr oft zu solchen Problemfällen<br />
gerufen. Zwei <strong>Hund</strong>e sind immer<br />
mehr Arbeit als ein <strong>Hund</strong>. Es erfordert<br />
weit mehr als die doppelte Aufmerksamkeit<br />
vom <strong>Hund</strong>ehalter. Damit sage<br />
ich nicht, dass etwas passieren muss.<br />
Was ich sagen will ist, dass etwas passieren<br />
kann. Bitte setzen Sie als <strong>Hund</strong>ehalter,<br />
bei solchen Entscheidungen die<br />
rosarote Brille ab und überlegen Sie sich<br />
sehr genau, ob Sie bereit sind, das zu<br />
leisten. Es existieren so viele Fälle, wo<br />
Menschen etwas Gutes tun wollten,<br />
einen Zweithund ins Haus holten und<br />
nach einem bösen Beißvorfall diesen<br />
<strong>Hund</strong> wieder abgegeben haben, dass<br />
ich sie kaum noch zählen kann.<br />
Mein dringender Appell an alle, die<br />
mit dem Gedanken spielen sich ein<br />
zweites Tier ins Haus zu holen: „Überdenken<br />
Sie diese Entscheidung gut!“<br />
Autor: Cathrin Laurenz<br />
www.cat4dogs.de<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 11
Kritisch gesehen<br />
Die Suche nach der richtigen <strong>Hund</strong>eschule<br />
Egal ob Sie sich einen Welpen ins Haus<br />
holen oder einen erwachsenen <strong>Hund</strong>,<br />
ob Sie Ersthundehalter sind oder<br />
schon jahrelange Erfahrungen haben<br />
– es kommt einmal der Zeitpunkt, an<br />
dem so mancher <strong>Hund</strong>ehalter Hilfe<br />
benötigt oder einfach nur Fragen hat,<br />
die er sich selbst nicht beantworten<br />
kann.<br />
Da sollte eine gute <strong>Hund</strong>eschule oder<br />
ein <strong>Hund</strong>etrainer der richtige Ansprechpartner<br />
sein. Doch – wie und wo findet<br />
man denn einen guten„Trainer“, dem<br />
man vertrauen kann? Auf folgende Kriterien<br />
sollten Sie bei der Suche achten:<br />
• der Trainer ist im Erstkontakt<br />
freundlich und beantwortet Ihre<br />
Fragen. Sollten Sie ihn gerade zu<br />
einem zeitlich ungünstigen Zeitpunkt<br />
erwischen, sollte er Ihnen<br />
12<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
ein persönliches Gespräch zu einem<br />
besseren Zeitpunkt anbieten<br />
und Sie bitten, sich Ihre Fragen zu<br />
notieren, damit Sie gemeinsam<br />
alles erörtern können<br />
• er sollte in einem ersten Gespräch<br />
bei Ihnen zuhause Sie und Ihren<br />
<strong>Hund</strong> kennenlernen wollen und<br />
mit Ihnen gemeinsam entscheiden,<br />
was für ein harmonisches<br />
Zusammenleben zwischen Ihnen<br />
und Ihrem <strong>Hund</strong> nötig ist<br />
• er sollte entscheiden können, ob<br />
Gruppentraining für Sie infrage<br />
kommt oder zunächst besser ein<br />
Einzel-Intensivtraining nötig ist<br />
• er arbeitet ruhig mit Ihrem <strong>Hund</strong>,<br />
möglichst über positive Bestärkung<br />
durch Futter, Spielzeug oder<br />
liebevolle Zuwendung<br />
• er arbeitet in jedem Fall ohne<br />
Schreien, körperliche Gewalt (Alphawurf,<br />
Nackenschütteln, zu<br />
Boden drücken) oder Starkzwangmittel<br />
wie Stachel- und Würgehalsband<br />
• er kann alle Anweisungen, die er<br />
Ihnen im Umgang mit dem <strong>Hund</strong><br />
gibt, gut und verständlich erklären,<br />
auch die Frage nach dem<br />
„Warum soll ich das tun?“<br />
• er sollte Ihnen auch das (für Sie<br />
vielleicht unverständliche) Verhalten<br />
Ihres <strong>Hund</strong>es erklären können<br />
– was tut er da und warum?<br />
• er sollte sich mit den unterschiedlichen<br />
Rassedispositionen (Verhaltensanlagen)<br />
auskennen und Ihren<br />
<strong>Hund</strong> entsprechend motivieren /<br />
trainieren. Er sollte Ihnen auch<br />
klar machen, was Sie von Ihrem<br />
<strong>Hund</strong> im Training erwarten können<br />
und was nicht.<br />
• Sie sollten einen Trainingsplan von<br />
ihm erhalten, sozusagen „Hausaufgaben“,<br />
die Sie und Ihr <strong>Hund</strong><br />
bis zur nächsten Stunde üben<br />
sollen<br />
• im Gruppentraining sollte er in<br />
der Lage sein, die <strong>Hund</strong>e und ihre<br />
Halter einzuschätzen, um Überforderung<br />
einzelner <strong>Hund</strong>e und<br />
Ein Netzwerk für<br />
<strong>Hund</strong>eschulen,<strong>Tierschutz</strong>vereine,<br />
Züchter, <strong>Hund</strong>efreunde,Therapeuten<br />
www.absolut-hund.de
Frust der Halter beim Umsetzen<br />
der Übungen sowie Zwischenfälle<br />
durch Unachtsamkeit zweier Halter<br />
zu vermeiden<br />
• er ist in der Lage, auch Sie als Halter<br />
zu motivieren und zu loben,<br />
wenn es gut klappt. Ebenso sollte<br />
er Ihnen ehrlich sagen, was aus seiner<br />
Sicht heraus nicht so gut läuft.<br />
• Umgekehrt sollte der Trainer kritikfähig<br />
sein, wenn aus Ihrer Sicht<br />
Dinge geklärt werden müssen,<br />
die Ihnen nicht gefallen<br />
Buch-Tipp<br />
Viele Menschen haben einen <strong>Hund</strong>. Einige<br />
haben zwei. Franziska Feldsieper<br />
und ihre Lebensgefährtin haben sechs.<br />
Und was für welche! Entweder alt oder<br />
geistig beziehungsweise körperlich eingeschränkt<br />
– oder alles zusammen. Das<br />
liefert Stoff für jede Menge Erlebnisse<br />
von „a“ wie „abgefahren“ bis „z“ wie<br />
„ziemlich skuril“. Und so erlebt Franziska<br />
Feldsieper mit ihrem„<strong>Hund</strong>e-Sixpack“<br />
jeden Tag Situationen, die man sich<br />
selbst mit viel Fantasie kaum ausdenken<br />
kann.<br />
Langeweile unmöglich, Lachen vorprogrammiert,<br />
Anecken in Kauf genommen.<br />
Denn so humorvoll und gradheraus,<br />
wie sie im täglichen Leben und in<br />
ihrer„Mensch-mit-<strong>Hund</strong>-Schule“ ist, so<br />
schreibt sie auch.<br />
Gespickt mit Ironie und Wortwitz und<br />
einer gehörigen Portion augenzwinkernder<br />
Selbstkritik sind ihre besten<br />
Kolumnen nun endlich als Buch erschienen.<br />
• er sollte ehrlich zu Ihnen sein,<br />
wenn das Training oder die Therapie<br />
aus bestimmten Gründen<br />
keinen Sinn macht und Ihnen<br />
auch erklären, warum das so ist<br />
• idealer Weise kennt sich der Trainer<br />
auch in Gesundheits- und Ernährungsfragen<br />
aus und kann<br />
Sie entsprechend beraten<br />
• und letztendlich – Sympathie<br />
sollte auch vorhanden sein. Wenn<br />
Sie den Trainer nicht mögen, werden<br />
Sie seine Anweisungen nicht<br />
„Sind das alles Ihre?!“<br />
Franziska Feldsieper<br />
136 Seiten, Paperback<br />
10,95 Euro<br />
ISBN 978-3-9811202-57<br />
Barbara Bertram Eigenverlag<br />
Buch-Tipp<br />
mit Spaß und gutem Gefühl ausführen<br />
können und das Training<br />
wird zur Tortour<br />
Fragen Sie auf der Suche nach„Ihrem<br />
Trainer“ ruhig andere <strong>Hund</strong>ehalter, die<br />
sichtlich Spaß mit ihrem <strong>Hund</strong> haben.<br />
Oftmals findet man über Mundpropaganda<br />
wirklich die richtige <strong>Hund</strong>eschule.<br />
Autor: Claudia Landgrafe<br />
www.signal-hund.de<br />
Das Buch kann direkt über<br />
die Autorin unter<br />
www.mensch-mit hund.de/<br />
257052.html<br />
(Bestellformular) bestellt<br />
werden, über den Buchhandel,<br />
über Amazon (dauert<br />
noch etwas) oder über<br />
den <strong>Hund</strong>ebuchversand<br />
www.hundefreunde24.de .<br />
Für 10,95 Euronen viel Lesevergnügen<br />
und das ganze<br />
auch noch portofrei (innerhalb<br />
Deutschlands, ins Ausland<br />
kommt ein kleiner<br />
Portoanteil dazu) an Ihre<br />
Adresse!<br />
Von jedem verkauften Buch geht übrigens<br />
ein Euro hälftig an den Verein<br />
„<strong>Hund</strong>e brauchen Hilfe“ und den„Gnadenhof<br />
für alte und in Not geratene<br />
<strong>Hund</strong>e e.V.“<br />
www.mensch-mit-hund.de<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 13
Kritisch gesehen<br />
Vermenschlichung von <strong>Hund</strong>en<br />
Eines der größten Probleme in der<br />
modernen <strong>Hund</strong>ehaltung ist die Vermenschlichung.<br />
Immer wieder führt<br />
diese zu Kommunikationsproblemen<br />
und zu Missverständnissen zwischen<br />
14<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
lelen zu kindlichem Verhalten. Ein<br />
<strong>Hund</strong> ist aber kein Kinderersatz. Er hat<br />
ganz andere Bedürfnisse und diese<br />
werden sehr oft vergessen, bzw. verdrängt<br />
oder aus purer Unwissenheit<br />
ignoriert. Das ist sehr egoistisch<br />
und entzieht dem Lebewesen<br />
<strong>Hund</strong> einen Großteil seiner Lebensqualität.<br />
Nicht selten sind<br />
das die Gründe für problematische<br />
Verhaltensweisen vom<br />
<strong>Hund</strong>.<br />
Unsere <strong>Hund</strong>e können sich ihren<br />
Lebensraum nicht aussuchen.<br />
Wir gehen ins Tierheim, zu einer<br />
<strong>Tierschutz</strong>organisation oder<br />
zum Züchter und entscheiden<br />
uns für einen <strong>Hund</strong>. Der Mensch<br />
bestimmt zwar, wann er raus<br />
gehen darf, was und wann es<br />
etwas zu fressen gibt, ob und<br />
mit wem er sich fortpflanzen<br />
darf oder muss und mit wem er<br />
Kontakt haben soll. Der <strong>Hund</strong><br />
Foto: Fotolia<br />
hat kaum eine Wahl. Bei allen<br />
<strong>Hund</strong>e sind kein Kindersatz. Sie brauchen unsere anderen wichtigen Entschei-<br />
Führung und eine artgerechte Beschäftigung dungen aber, lassen wir ihn im<br />
Regen stehen. Bedenkt man<br />
<strong>Hund</strong>ehalter und <strong>Hund</strong>. <strong>Hund</strong>e brau- einmal die feine Interaktion von Hunchen<br />
feste Regeln und klare Aufgaben den untereinander, wird schnell klar,<br />
innerhalb ihrer Sozialgemeinschaft. dass man jeden Blick vom <strong>Hund</strong> zum<br />
Die Zeiten, in denen <strong>Hund</strong>e ihren Platz Mensch wie eine Frage werten muss.<br />
als Hof-, Jagd-, Hüte- oder Gebrauchs- Eine Frage nach Entscheidung. In unhunde<br />
in der Familie hatten, sind zum zähligen Alltagssituationen fragt uns<br />
Leid vieler <strong>Hund</strong>e leider vorbei. Statt- das Tier also, wie es sich verhalten soll.<br />
dessen neigen <strong>Hund</strong>ehalter immer Viele <strong>Hund</strong>ehalter reagieren nicht da-<br />
häufiger dazu, ihre Tiere zu vermenschrauf oder nehmen es einfach nicht wahr.<br />
lichen.<br />
Auf der anderen Seite erwartet der<br />
Mensch aber Gehorsamkeit von seinem<br />
<strong>Hund</strong>e fordern Aufmerksamkeit ein, <strong>Hund</strong>. <strong>Hund</strong>e sind in dem menschli-<br />
sie suchen Körperkontakt und fixieren chen, industriellen Umfeld schnell<br />
sich auf eine bestimmte Person. Darin überfordert und sehen sich mit Situa-<br />
sehen viele Menschen deutliche Paraltionen konfrontiert, in welchen sie un-<br />
sere Hilfe in Form von Sicherheit und<br />
Führung brauchen. Für viele Menschen<br />
scheint es selbstverständlich zu sein,<br />
dass ein <strong>Hund</strong> zum Beispiel mit dem<br />
Straßenverkehr, mit fremden <strong>Hund</strong>ebegegnungen,<br />
mit lärmenden Kindern,<br />
mit Rolltreppen, mit Radfahrern, mit<br />
dem Alleinebleiben usw. problemlos<br />
umzugehen hat. Auf der anderen Seite<br />
verlangt der Mensch wieder, dass<br />
der <strong>Hund</strong> seinen natürlichen Bedürfnissen,<br />
wie beispielsweise das Jagen<br />
oder Hetzen von Beute nicht nachgeht.<br />
Das ist nicht fair!<br />
Wir Menschen dürfen unsere Moralvorstellung<br />
und unsere menschliche Denkweise<br />
nicht in den <strong>Hund</strong> hinein projizieren,<br />
sondern sollten dem <strong>Hund</strong> eine<br />
Chance geben und ihn so sehen, wie<br />
er nun mal ist. <strong>Hund</strong>e sind hochsoziale,<br />
instinktgesteuerte, beutegreifende,<br />
sichtjagende (und jetzt kommt das<br />
„böse“ Wort) Raubtiere. Lebewesen,<br />
die sich grundsätzlich freiwillig unterordnen,<br />
sofern der Rudelführer (das<br />
Familienoberhaupt) aus <strong>Hund</strong>esicht<br />
die nötige Führungsqualität besitzt.<br />
Dazu gehört, dass Sie Ihrem <strong>Hund</strong> klare<br />
Strukturen vorgeben, etwas gemeinsam<br />
mit ihm unternehmen, alle wichtige<br />
Entscheidungen für die Sozialgemeinschaft<br />
treffen, Ersatz für seine<br />
natürlichen Bedürfnisse schaffen (z.B.<br />
Nasenarbeit, Suchspiele), denen er in<br />
der menschlichen Gesellschaft nicht<br />
nachgehen kann. Nur wenn Sie sich<br />
ausreichend Gedanken über die Bedürfnisse<br />
des <strong>Hund</strong>es machen, erreichen<br />
Sie eine hohe Beziehungsqualität<br />
in Ihrer <strong>Hund</strong>-Mensch-Beziehung.<br />
Autor: Cathrin Laurenz<br />
www.cat4dogs.de
Trickdog-Serie Teil 4: Würfeln<br />
Ziel dieses Tricks ist es, dass Ihr <strong>Hund</strong><br />
lernt, einen Würfel mit der Schnauze<br />
anzustupsen.<br />
Aufbau:<br />
Am besten nehmen Sie für diesen Trick<br />
einen Schaumstoffwürfel oder einen<br />
kleinen Stoffwürfel, je nach Größe des<br />
<strong>Hund</strong>es.<br />
Halten Sie den Würfel auf Höhe der<br />
Schnauze Ihres <strong>Hund</strong>es. Sobald der<br />
<strong>Hund</strong> den Würfel mit der Schnauze berührt,<br />
bestätigen Sie dies mit einem<br />
Futterstück.<br />
Klappt dies, variieren Sie die Höhe, in<br />
der Sie den Würfel halten.<br />
Anschließend legen Sie den Würfel auf<br />
den Boden, sollte Ihr <strong>Hund</strong> direkt gegen<br />
den Würfel stupsen, bestätigen<br />
Sie dies sofort mit einem Futterstück.<br />
Zeigt Ihr <strong>Hund</strong> kein Interesse an dem<br />
Würfel, können Sie unter den Würfel<br />
ein Futterstück legen, so dass der <strong>Hund</strong><br />
diesen umstupsen muss, um an das<br />
Futter zu kommen. Nach einigen Wiederholungen<br />
wird Ihr <strong>Hund</strong> sofort gegen<br />
den Würfel stupsen und Sie kön-<br />
<strong>Hund</strong>ezentrum Aachen<br />
Inhaberin Janna Funk<br />
Zert. Problemhundetherapeutin<br />
Zert. Gebrauchshundeausbilderin<br />
Schlossparkstraße 80 Telefon 0241 / 17 24 44<br />
52072 Aachen Mobil 0160 / 91 99 00 41<br />
E-Mail info@hz-aachen.de www.hz-aachen.de<br />
Trickdog-Serie<br />
nen ihn mit einem Futterstück aus der<br />
Hand bestätigen.<br />
Text: Janna Funk • <strong>Hund</strong>ezentrum Aachen<br />
www.hz-aachen.de<br />
Fotos: <strong>Hund</strong>efototgrafin Bénédicte Bauer<br />
www.bene-bauer.de<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 15
Foto: Fotolia<br />
Auslandstierschutz – Sinn und<br />
Unsinn von Tierimporten<br />
Allein in Deutschland konzentriert sich eine Vielzahl von vermeintlichen <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
ausschließlich auf den sogenannten„Auslandstierschutz“.<br />
Der überwiegende Teil dieser Organisationen<br />
importiert (meist) <strong>Hund</strong>e<br />
von nicht öffentlichen Tierheimen<br />
aus Ost- und Südeuropa. Vorbestellte<br />
Tiere werden in Deutschland, den Niederlanden,<br />
Österreich und der Schweiz,<br />
seltener auch in Dänemark und England,<br />
meist direkt an die neuen Halter<br />
übergeben. Nicht vorbestellte Tiere<br />
werden in privaten, in den seltensten<br />
Fällen rechtskonform betriebenen Pflegestellen<br />
zwischengelagert, oder an<br />
Tierheime übergeben. Einige dieser<br />
Tiere werden auch in kommerziellen<br />
Tierpensionen untergebracht. Die<br />
„Pflegestellen“ arbeiten meist ehren-<br />
16<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
amtlich, erhalten aber häufig eine Aufwandsentschädigung<br />
für entstehende<br />
Futter- und Tierarztkosten. Der Erlös<br />
aus der direkten Vermittlung an neue<br />
Halter oder der Vermittlung aus dem<br />
Pflegestellen heraus – die Schutzgebühr<br />
beträgt fast immer circa 250 Euro – fließt<br />
zu unterschiedlich hohen Anteilen zurück<br />
an die Tierheime, aus denen die<br />
<strong>Hund</strong>e stammen. Nicht selten versickert<br />
ein Teil der Überweisungen aus<br />
Deutschland, in den Taschen der Tierheimbetreiber<br />
in XY.<br />
Bei einer Vermittlung von Tieren, die in<br />
Tierpensionen untergebracht werden,<br />
fließt in der Regel kein Geld zurück an<br />
die ausländischen Tierheime. Einige<br />
Tierpensionen sind sogar auf die Übernahme<br />
von ausländischen <strong>Hund</strong>en<br />
über sogenannte <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
spezialisiert und leben recht gut<br />
davon. Das gilt in vergleichbarer Weise<br />
bei der Vermittlung von <strong>Hund</strong>en, die<br />
an örtliche Tierheime übergeben werden.<br />
Zahlreiche Tierheime in den reichen<br />
Industrieländern übernehmen<br />
regelmäßig, direkt oder über andere<br />
<strong>Tierschutz</strong>vereine, leicht vermittelbare<br />
<strong>Hund</strong>e aus ost- und südeuropäischen<br />
Tierheimen oder Tötungsstationen.<br />
Der Nettogewinn aus der Vermittlung
der Auslandshunde ist bei vielen hiesigen<br />
Tierheimen bereits eine fest kalkulierte<br />
Größe im Etat. Manche Tierheime<br />
sind sogar derart abhängig von dem<br />
Gewinn aus der Importhundevermittlung,<br />
das sie ohne diese Importe vermutlich<br />
Konkurs anmelden müssten.<br />
Andere sogenannte <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
beziehen ihre <strong>Hund</strong>e direkt<br />
aus Tötungsstationen. Der Nettogewinn<br />
verbleibt bei den Tierschützern oder<br />
wird in den Freikauf und den Import<br />
weiterer <strong>Hund</strong>e investiert.<br />
Die Schätzungen über die Zahl der <strong>Hund</strong>e,<br />
die jährlich von <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
aus Ost- und Südeuropa allein<br />
nach Deutschland importiert werden,<br />
schwanken zwischen 200.000 und<br />
400.000 (Schätzung von Christa Wilczek,<br />
Dr. med. vet., Veterinäroberrätin,<br />
Abteilungsleiterin des Fachbereichs<br />
<strong>Tierschutz</strong> und Tierseuchen, Amt für Veterinärwesen<br />
und Verbraucherschutz,<br />
Darmstadt ). Offizielle Importe unter<br />
Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen<br />
sind die Ausnahme. Es gibt<br />
praktisch nur eine Dunkelziffer. Auch<br />
steigt die Zahl der <strong>Tierschutz</strong>vereine,<br />
die sich ausschließlich dem„Auslandstierschutz“<br />
widmen und die Zahl der<br />
Tierheime, die den Auslandstierschutz<br />
als Einnahmequelle für sich entdecken,<br />
beinahe täglich. Für Deutschland kann<br />
man also durchaus von circa 300.000<br />
Importhunden jährlich ausgehen. Bei<br />
einer Vermittlungsgebühr von durchschnittlich<br />
250 Euro pro <strong>Hund</strong> ergibt<br />
sich demnach ein Betrag von brutto<br />
75.000.000 Euro.<br />
Kalkuliert man für die Niederlande,<br />
Österreich und der Schweiz noch mal<br />
jeweils 200.000 <strong>Hund</strong>e und eine Schutzgebühr<br />
von durchschnittlich 200 Euro,<br />
so ergeben sich daraus weitere 600.000<br />
<strong>Hund</strong>e und ein Betrag von brutto<br />
120.000.000 Euro.<br />
Lassen wir zunächst außer acht, dass<br />
fast alle <strong>Hund</strong>eimporte gegen europäisches<br />
<strong>Tierschutz</strong>-Transportrecht,<br />
europäisches Recht zum innergemeinschaftlichen<br />
Verkehr mit lebenden Waren<br />
und nicht zuletzt gegen nationales<br />
Ein- und Ausfuhrrecht, <strong>Tierschutz</strong>recht,<br />
Steuerrecht etc. verstoßen. Jährlich<br />
werden mindestens 900.000 (Neun-<br />
Foto: Fotolia<br />
Durch Organisationen, die sich dem<br />
Auslandstierschutz widmen, werden<br />
nach Deutschland schätzungsweise jährlich<br />
rund 300 000 <strong>Hund</strong>e importiert<br />
hunderttausend) <strong>Hund</strong>e den Straßenhundepopulationen<br />
in Ost- und Südeuropa<br />
entzogen und bekommen ein<br />
„gutes Zuhause“. Gleichzeitig fließen<br />
jährlich, auf die eine oder andere Art,<br />
circa 195.000.000 (Todeslager Tierheim<br />
3.Teil, Einhundert und fünfundneunzig<br />
Millionen Euro) in den <strong>Tierschutz</strong> und<br />
somit in die Verbesserung der Lebensbedingungen<br />
ausgesetzter und frei<br />
geborener <strong>Hund</strong>e im ost- und südeuropäischen<br />
Ausland.<br />
Stimmt das so?<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Verschulden die <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
indirekt nicht vielmehr den Tod<br />
von 900.000 (Neunhunderttausend)<br />
<strong>Hund</strong>en im Ausland? Sind sie nicht<br />
mitverantwortlich dafür, dass auch in<br />
Deutschland immer mehr <strong>Hund</strong>e ausgesetzt<br />
werden, dass Tierheimhunde<br />
oft ihr ganzes Leben hinter Gittern verbringen<br />
müssen und das Tierkrankheiten,<br />
die in Deutschland und seinen<br />
Nachbarländern als nahezu ausgerottet<br />
galten, wie Beispielsweise Staupe<br />
und Parvovirose, wieder zu einem ernsten<br />
Problem werden? Tragen diese <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
nicht dazu bei,<br />
das sich der Umgang mit- und das Verständnis<br />
für <strong>Hund</strong>e immer weiter ins<br />
Negative verschiebt und die <strong>Hund</strong>e<br />
immer mehr verniedlicht, verharmlost<br />
und sie zum Lustobjekt von Helfersyndromen<br />
und Selbstbeweihräucherung<br />
degradiert?<br />
Hat die„Rettung“ von Straßenhunden<br />
und ihre Vermittlung in ganz normale<br />
<strong>Hund</strong>ehalter-Familien überhaupt etwas<br />
mit <strong>Tierschutz</strong> zu tun?<br />
Streunerpopulation und ihre<br />
Problematik<br />
Um beurteilen zu können, ob die Entnahme<br />
von <strong>Hund</strong>en aus einer bestehenden<br />
Population und deren Vermittlung<br />
nach Deutschland und anderen<br />
Ländern sinnvoll ist, muss man sich<br />
mit der für die jeweilige Population<br />
typische Dynamik auseinandersetzen.<br />
Streunerpopulationen setzen sich<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 17
<strong>Tierschutz</strong><br />
grundsätzlich aus zwei Faktoren zusammen:<br />
1. Ausgesetzte und entlaufene<br />
Haus- und Zuchthunde (künstlicher<br />
Populationszuwachs)<br />
2. Geburtenrate frei bzw. wild und<br />
halbwild lebender <strong>Hund</strong>e (natürlicher<br />
Populationszuwachs).<br />
Die Gesamtpopulation dagegen ist<br />
fast ausschließlich vom örtlichen Ressourcenangebot<br />
abhängig. Ausschlaggebende<br />
Ressourcen sind:<br />
• Nahrungsangebot inklusive Fütterung<br />
durch den Menschen<br />
• Lebensraum – Raumangebot/<br />
Versteckmöglichkeit<br />
Die Geburtenrate ist abhängig von dem<br />
Ressourcenangebot und durch die Populationsdichte<br />
bedingten sozialen<br />
Stress. Die Geburtenrate wird also<br />
durch die Populationsdichte, die wiederum<br />
durch die Sterbe- und Tötungsrate,<br />
sowie die Quantität von populationsbeeinflussenden<br />
Maßnahmen, wie<br />
Einfangaktionen und das Ressourcenangebot<br />
beeinflusst, hat aber keinen<br />
allein bestimmenden Einfluss auf die<br />
18<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Gesamtpopulation einer Stadt oder<br />
eines Landkreises. Die Gesamtpopulation<br />
einer Stadt oder eines Landkreises<br />
ist ausschließlich von folgenden<br />
Faktoren abhängig:<br />
1. Gesamtangebot an Nahrung<br />
2. Gesamtangebot an Raum und<br />
Versteckmöglichkeiten<br />
3. Habitatsgröße – der Raum, den<br />
ein einzelnes Individuum oder<br />
eine Gruppe (Rudel) für sich in<br />
Anspruch nimmt und gegen Eindringlinge/Zuwandererverteidigen<br />
kann.<br />
Punkt 3 ist wiederum von folgenden<br />
Faktoren abhängig:<br />
• Kraft und Größe des Individuums<br />
• Gesundheitszustand des Individuums<br />
• Überlebenswichtige Instinkte wie<br />
Anpassungsfähigkeit, Fluchtinstinkt,<br />
Jagdfähigkeit, Reaktionsvermögen,<br />
Wahrnehmungsfähigkeit<br />
Die letzten drei Faktoren sind, abhängig<br />
von den örtlichen Gegebenheiten,<br />
Foto: Fotolia<br />
siehe Punkt 1. bis 3., ausschlaggebend<br />
für die Struktur einer Population und<br />
damit auch bedingt für dessen Größe.<br />
In Metropolen wie Barcelona, Madrid<br />
oder Valencia (Spanien) wird der Populationsanteil<br />
durch Mode/Rassehunde,<br />
angefangen beim Chiahuhua über den<br />
Mops und Pit Bull bis hin zu Sibirian<br />
Husky oder Deutscher Schäferhund,<br />
großenteils wenig überlebensfähigen<br />
<strong>Hund</strong>en, entscheidend mitbestimmt.<br />
Im Vergleich dazu wird die Populationsstruktur<br />
im spanischen Hinterland stark<br />
durch Jagd- und Sporthunde, in erster<br />
Linie Podencos und Greyhounds, welche<br />
fast immer an den Menschen gewöhnt<br />
sind, bestimmt.<br />
Städte wie Barcelona – circa 75.000<br />
Streunerhunde (offizielle Schätzung) –<br />
oder Bukarest – circa 200.000 Streunerhunde<br />
(offizielle Schätzung) – , werden<br />
demnach immer durch circa 75.000<br />
bzw. 200.000 Streunerhunde belastet.<br />
Und zwar ganz unabhängig davon,<br />
wie viele <strong>Hund</strong>e durch Aussetzung<br />
oder Zuwanderung hinzukommen<br />
oder wie viele <strong>Hund</strong>e durch Einfangoder<br />
Tötungsmaßnahmen oder Zwangsrettung<br />
durch <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
der Population entnommen werden.<br />
Findet ein Zuwachs durch Aussetzungen<br />
und Zuwanderung statt, sinkt die<br />
Geburtenrate, die Abwanderungsrate<br />
steigt dagegen. Die Gesamtpopulation<br />
bleibt weitgehend konstant. Unterbleibt<br />
die Aussetzung oder Zuwanderung<br />
von <strong>Hund</strong>en oder spielt quantitativ<br />
nur eine unbedeutende Rolle, steigt<br />
Die Streunerpopulationen in den<br />
Metropolen Europas verändern sich<br />
durch die Rettung und Entnahme von<br />
<strong>Hund</strong>en nicht
die Geburtenrate im Verhältnis zur Abwanderung<br />
und Todesrate.<br />
Neben Abwanderung und natürlicher<br />
Todesrate sind folgende Faktoren für<br />
eine kurz- bis mittelfristige Reduzierung<br />
der Gesamtpopulation und einem<br />
damit verbundenen Anstieg der Geburtenrate<br />
verantwortlich:<br />
• Massentötungen durch Vergiften<br />
oder erschießen<br />
• Einfangaktionen mit anschließender<br />
Verbringung in Tötungsstationen<br />
• Einfangaktionen mit anschließender<br />
Verbringung in Tierheime<br />
oder Export der <strong>Hund</strong>e – zum<br />
Beispiel nach Deutschland.<br />
• Einfangaktionen mit anschließender<br />
Verbringung in andere<br />
Gebiete<br />
Ein Beispiel zur Verdeutlichung:<br />
Bukarest in Rumänien – 1.931.838<br />
Einwohner (Stand 2007) – durchschnittlich<br />
200.000 Streunerhunde<br />
(Stand 2001 / siehe Bericht „Vier Pfoten“).<br />
Zitat www.vier-pfoten.de : „Trotz<br />
massiver Proteste rumänischer wie<br />
auch internationaler <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
ordnete der Bürgermeister von<br />
Bukarest, Traian Basescu, am 19. April<br />
diesen Jahres (2001) an, alle rund<br />
200.000 Streunerhunde der Stadt einzufangen<br />
und umzubringen.“<br />
Und weiter: „Das jetzige Gemetzel ist<br />
nicht nur eines EU-Beitrittskandidaten<br />
unwürdig und schadet dem Ruf Rumäniens.<br />
Es ist zugleich zutiefst sinnlos,<br />
weil die Streuner in Bukarest laufend<br />
fast ebenso viele Jungtiere produzieren,<br />
wie durch den Basescu-Erlass im selben<br />
Zeitraum umgebracht werden.“<br />
Alle Streunerhunde in einer Stadt<br />
oder in einem Landkreis zu töten, wäre<br />
selbst wenn es gelingen würde, nur<br />
ein kurzfristiger Erfolg. Innerhalb von<br />
24 bis 36 Monaten würde sich der Bestand<br />
durch Zuwanderer und eine<br />
enorme Geburtenrate nahezu vollständig<br />
erholen.<br />
Um das Problem der Streunerhunde<br />
in Bukarest oder einer anderen Stadt<br />
in Rumänien durch Tötungsmaßnahmen<br />
zu lösen, müssten„alle“ Streunerhunde<br />
in ganz Rumänien getötet<br />
werden. Gleichzeitig müsste sicherge-<br />
<strong>Hund</strong>ehilfe Eifel • Martina & Ingo Wald • Telefon: 02151/96 60 66<br />
www.hundefreud-hundeleid.de<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
stellt werden, dass keine <strong>Hund</strong>e mehr<br />
ausgesetzt werden oder entlaufen<br />
können. Parallel dazu müsste jede<br />
Versorgung überlebender Streunerhunde<br />
unterbleiben. Dazu müsste<br />
nicht nur jede Fütterung durch Menschen<br />
unterbleiben, sondern auch das<br />
Wegwerfverhalten der ganzen Nation<br />
im Bezug auf verwertbare Essensreste<br />
und tierische Abfallstoffe revolutioniert<br />
werden. Ein Vorhaben, dessen Umsetzung<br />
unmöglich wäre. Das trifft selbstverständlich<br />
auch auf alle anderen<br />
Staaten mit größeren Streunerhundepopulationen<br />
zu.<br />
Eine Lösung der Probleme mit Streunerhunden<br />
kann nur und ausschließlich<br />
durch Kastrationsprojekte erreicht<br />
werden. Ein Vorzeigeprojekt und Beweis<br />
für die Effizienz von Kastrationsprojekten<br />
ist das Tierheim von Odessa,<br />
welches durch die Initiative des Deutschen<br />
<strong>Tierschutz</strong>bundes entstand und<br />
Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />
Quelle:<br />
www.tierschutz-schattenseiten.com<br />
Autor: Uwe Peter Willemsen<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 19
<strong>Tierschutz</strong><br />
Porträt:<br />
BESCHÜTZERinstinkte e.V.<br />
In dieser Ausgabe geben wir der Organisation<br />
BESCHÜTZERinstinkte e.V. Gelegenheit sich vorzustellen:<br />
unser verein<br />
Unser Ziel ist unbürokratisch,<br />
unkompliziert und schnell zu helfen!<br />
BESCHÜTZERinstinkte:<br />
ermöglicht Kindern mit seelischer, körperlicher<br />
oder geistiger Behinderung<br />
die Teilnahme an tiergestützter Therapie<br />
mit <strong>Hund</strong>, oder einen Urlaub für<br />
die gesamte Familie auf einem von uns<br />
ausgesuchten und geprüften Therapiehof<br />
für Seele und Herz.<br />
beschützt <strong>Hund</strong>e in Not, mit Krankheit<br />
oder im Alter, beherbergt oder resozialisiert<br />
sie, vermittelt sie weiter und findet<br />
geeignete <strong>Hund</strong>e für Menschen<br />
mit Behinderung oder therapeutisch<br />
Tätige und beteiligt sich an den Ausbildungskosten<br />
zum Therapie- oder<br />
Assistenzhund.<br />
hilft bedürftigen <strong>Hund</strong>ebesitzern und<br />
Obdachlosen mit <strong>Hund</strong>, indem Tierarzt<br />
und Futterkosten übernommen, hundefreundliche<br />
Unterkünfte gesucht<br />
20<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
oder <strong>Hund</strong>e in Notsituationen in sichere<br />
Obhut genommen werden.<br />
gesund mit hund<br />
Förderung des Einsatzes von Servicehunden<br />
Ein <strong>Hund</strong> kann gerade bei körperlicher<br />
Beeinträchtigung eine moralische Stütze,<br />
aber auch ein Therapeut für seelische<br />
und körperliche Störungen sein.<br />
Wir sammeln Spenden oder suchen<br />
Paten für benachteiligte Kinder, um<br />
ihnen eine tiergestützte Therapie oder<br />
einen Therapieurlaub zu ermöglichen.<br />
Gerade für Familien kann eine gemeinsame<br />
Zeit auf einem Therapiehof erholsam<br />
und heilend sein. Mütter von<br />
Kindern mit Behinderung werden entlastet<br />
und finden bei den Sozialpädagogen<br />
immer ein offenes Ohr. Noch<br />
wichtiger: die nichtbehinderten Geschwister<br />
erfahren auch mal die volle<br />
Aufmerksamkeit, dürfen mit den Hoftieren<br />
spielen oder Traktor fahren.<br />
Außerdem beteiligen wir uns an den<br />
Ausbildungskosten der Therapie- oder<br />
Assistenzhunde, um Menschen, insbesondere<br />
Kindern mit Behinderung eine<br />
bessere Lebensqualität, schnellere<br />
Genesung und Hilfe im Alltag zu<br />
schenken.<br />
schnauze voll<br />
Hilfe für bedürftige <strong>Hund</strong>ebesitzer!<br />
<strong>Hund</strong>e sind für viele Obdachlose und<br />
Hartz-IV-Empfänger ihre Freunde, ihre<br />
Familie, oft das letzte Lebewesen, das<br />
sie wirklich braucht und ihnen einen<br />
Bezug zur Gesellschaft vermittelt. Wir<br />
unterstützen mit großen Futtermengen<br />
die Tiertafel Deutschland e.V. und<br />
tragen so dazu bei, dass <strong>Hund</strong>e von<br />
unseren "benachteiligten" Mitbürgern<br />
satt werden. Außerdem übernehmen<br />
wir Tierarztkosten und nehmen <strong>Hund</strong>e<br />
vorübergehend in unsere Obhut, wenn<br />
die häusliche oder soziale Situation des<br />
Besitzers keine artgerechte Haltung<br />
mehr zulässt.
Gerade im Winter erfrieren jedes Jahr<br />
immer wieder Obdachlose mitsamt<br />
ihren <strong>Hund</strong>en. In München z.B. gibt es<br />
keine einzige warme Unterkunft für<br />
Wohnungslose mit <strong>Hund</strong>. Wir bieten<br />
Städten und Gemeinden unsere Hilfe<br />
in Form von Beratung aber auch effektiver<br />
Hilfe vor Ort an, um Pilotprojekte<br />
zu starten, die eine offene Tür und ein<br />
warmes Bett samt Körbchen bieten.<br />
Denn gerade die Odachlosenhunde<br />
sind erstaunlich gepflegt, ruhig und<br />
gut erzogen. Unser größtes Bestreben<br />
ist die Trennung von <strong>Hund</strong> und Herrchen<br />
zu verhindern!<br />
für alle felle<br />
Hilfe für in Not geratene <strong>Hund</strong>e!<br />
Der <strong>Hund</strong> ist auf uns Menschen angewiesen.<br />
Er ist ein Lebewesen, das Aufmerksamkeit,<br />
Pflege, Fürsorge, Opferbereitschaft<br />
und Geduld benötigt. Sie<br />
können sich nicht selbst helfen, deswegen<br />
ist es unsere Aufgabe, sie zu<br />
beschützen. Unsere Sorgenkinder<br />
kommen vorwiegend aus einem mallorquinischen<br />
Tierheim, welches seit<br />
27 Jahren von einer mallorquinischen<br />
Familie vorbildlich geführt wird. Aber<br />
auch Notfelle aus Deutschland finden<br />
bei uns ein warmes Körbchen und viel<br />
Liebe. Noch haben wir keine eigene<br />
Tierherberge, deswegen werden die<br />
Fellnasen vorübergehend in Pflegefamilien<br />
untergebracht, von wo aus sie<br />
vermittelt werden.<br />
Dafür arbeiten wir: Ein sorgenfreies<br />
und glückliches Leben für jeden <strong>Hund</strong>,<br />
frei von unnötiger seelischer und körperlicher<br />
Gewalt.<br />
www.beschuetzerinstinkte.de<br />
stand heute<br />
Was wir bisher geschafft haben:<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
• Vermittlung von über 300 herrenlosen <strong>Hund</strong>en<br />
• Resozialisierung und Vermittlung von 15 Problemfellen<br />
• Kastration von 700 <strong>Hund</strong>en<br />
• Spende von 20 Tonnen Futter<br />
• Pflegehund RON bekam Goldakkupunktur und Physiotherapie,<br />
wurde nach Genesung in sein neues Zuhause vermittelt und wird<br />
nun in Baden-Württemberg als Schulbegleithund ausgebildet<br />
• <strong>Hund</strong> HECTOR und Hündin DANA konnte eine OP ermöglicht<br />
werden<br />
• Therapiekind DAVID bekommt 1 Jahr lang tiergestützte Therapie<br />
mit <strong>Hund</strong>, sowie Therapieurlaub für die ganze Familie<br />
• Therapiekind ALEK bekommt 1 Jahr lang tiergestützte Therapie<br />
mit <strong>Hund</strong>, sowie Therapieurlaub für die ganze Familie<br />
• finanzielle Gewährleistung der Ausbildung des Therapiehundes<br />
LEON für Kinder mit Bewegungsstörungen am Geniushof<br />
• Hilfestellung für den Geniushof e.V. eine gesicherte Bezuschussung<br />
durch„Ein Herz für Kinder“ i.H. von 40.000,- € zu bekommen, um<br />
dem Therapiehof ein neues Dach zu ermöglichen<br />
• Kooperation mit Golf-mit-<strong>Hund</strong>en, das in 2010 vier HuGo-Cups<br />
zugunsten BESCHÜTZERinstinkte organisiert<br />
• Ex-Pflegehund TOFFY wird von seiner neuen Besitzerin zum<br />
Therapiehund ausgebildet<br />
• Die sichere Unterbringung von 2 <strong>Hund</strong>en eines OBDACHLOSEN für<br />
die Zeit seiner Operation und Genesung<br />
• Übernahme und Vermittlung der ANTENNE BAYERN-WELPEN<br />
• Übernahme OP-Kosten <strong>Hund</strong> Laska<br />
• Übernahme der Kosten für Medikamente mehrerer <strong>Hund</strong>e<br />
• Finanzielle Unterstützung einiger Pflegestelle für Zarenhof-<strong>Hund</strong>e<br />
• OP-Kosten <strong>Hund</strong> Benny<br />
• Sonja Zietlow sammelt unermüdlich Spenden und nimmt an mehr<br />
als 40 Veranstaltungen zu Gunsten BESCHÜTZERinstinkte teil<br />
Und viele mehr.....<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 21
Zar – der<br />
Namensgeber<br />
des Zarenhofes,verstorben<br />
angeblich<br />
an einer Magendrehung<br />
<strong>Tierschutz</strong>skandal<br />
Zarenhof<br />
Ein Fenster des<br />
Gebäudes ist<br />
gekennzeichnet<br />
von den Ausbruchsversuchen<br />
der eingesperrten<br />
<strong>Hund</strong>e – Fotos:<br />
Sonja Zietlow<br />
Es ist nicht an dem, dass bisher noch<br />
nie solche Tierquälereien von Tierschützern<br />
bekannt geworden wären. Aber<br />
dieses Mal werden die Zustände medial<br />
optimal begleitet: mit Bildern, Videos,<br />
einer Fülle von Zeugenaussagen etc.<br />
Deshalb erhält dieser Fall außergewöhnlich<br />
viel Aufmerksamkeit. Kaum ein <strong>Tierschutz</strong>-<br />
oder <strong>Hund</strong>e-Forum im Netz,<br />
auf dem der Zarenhof nicht diskutiert<br />
würde.<br />
Das war der positive Teil!<br />
Leider geht die gesamte Diskussion<br />
und Webdokumentation bisher nur in<br />
eine einzige Richtung. In des Tierschützers<br />
liebste Richtung: Empörung,<br />
Schuldzuweisung und Aktionismus!<br />
Die emotionalen Schreikrämpfe steigern<br />
sich hier und dort schon zu Lynchjustiz-Phantasien<br />
gegenüber einer<br />
„Tierschützerin“, der man bis vor wenigen<br />
Wochen gehuldigt hatte bis zum<br />
Abwinken!<br />
22<br />
6 Thesen<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Deshalb Achtung: Die Tierschützer<br />
könnten jetzt eine große Chance vertun!<br />
Natürlich muss der Skandal komplett<br />
aufgearbeitet, müssen Vor- und<br />
Nachlauf aufgedeckt werden, frühe<br />
Zeugen zu Wort kommen und müssen<br />
auch die Behörden auf ihre Verantwortung<br />
festgenagelt werden.<br />
Aber bei aller Empörung, bei aller Wut<br />
ist nicht zu vergessen, dass dieses Phänomen<br />
strukturell bedingt ist. Und<br />
wenn sich an den Strukturen im <strong>Tierschutz</strong><br />
nicht bald und im Konsens<br />
ganz grundlegend etwas ändert, empören<br />
wir uns heute über Gesa K. und<br />
morgen über Lieschen M. und übermorgen<br />
über Herr und Frau F. ... ad infinitum!<br />
Deshalb muss spätestens jetzt eine<br />
breite, engagierte und ernst gemeinte<br />
Diskussion darüber beginnen, wie man<br />
strukturell <strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert<br />
so ändern kann, dass solche und<br />
von Karin Burger,<br />
www.doggennetz.de<br />
Seit September 2010 tobt die Diskussion über den Skandal Zarenhof. Und die Verantwortung<br />
wird zwischen den Beteiligten hin- und hergeschoben wie eine verwurmte Kotprobe, ohne<br />
dass sich jemand zur Wurmkur entschließen könnte. Konstruktive Ansätze in der Diskussion<br />
über die Vorgänge sind bisher nicht zu erkennen.<br />
andere Furchtbarkeiten nicht mehr<br />
oder nicht mehr so häufig vorkommen.<br />
Und dieser Diskussion liefert Doggennetz<br />
ein Thesenpapier. In dieses fließen<br />
Erfahrungen und Beobachtungen<br />
verschiedener Tierschützer und Tierfreunde<br />
zusammen, die über Jahrzehnte<br />
hinweg akribisch analysiert haben,<br />
was schiefläuft. Es ist nicht so, dass<br />
sich nachfolgend gelistete Werte und<br />
Prinzipien eine einzige Person ausgedacht<br />
hat. Sie sind jetzt schon Konsens<br />
unter denjenigen, die durch den Zarenhof-Skandal<br />
nur in ihrer Auffassung<br />
bestätigt werden: SO KANN ES NICHT<br />
MEHR WEITERGEHEN!<br />
Diesen Thesen muss man nicht zustimmen.<br />
Im günstigsten Fall sollte sich<br />
aber über diese Punkte eine Diskussion<br />
entwickeln. Sicherlich wird man diesen<br />
oder jenen Vorschlag verändern oder<br />
modifizieren wollen-können-müssen.<br />
Wichtig ist allein, dass sich ausgehend
vom Zarenhof-Skandal eine Perspektive<br />
entfaltet, die das Risiko weiterer solche<br />
Exzesse auf Kosten von Tieren unter<br />
der Obhut von Tierschützern entscheidend<br />
mindert.<br />
1. Kontrolle und<br />
Transparenz<br />
Dass politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche<br />
Abläufe zum einen einer<br />
vereinbarten Kontrolle unterworfen sein<br />
müssen, zum anderen für alle Außenstehenden<br />
transparent sein müssen,<br />
ist schon lange gesellschaftlicher Konsens<br />
– außerhalb des <strong>Tierschutz</strong>es!<br />
Nicht umsonst gibt es internationale<br />
Nichtregierungsorganisationen, die sich<br />
genau diese Transparenz zum Ziel gesetzt<br />
und zum Aktionsnamen gewählt<br />
haben: Transparency International.<br />
Und besonders im Fundraising-Bereich,<br />
zu dem auch der <strong>Tierschutz</strong> gehört, ist<br />
Kontrolle und Transparenz schon längst<br />
das, was Stefan Loipfinger von Charity-<br />
Watch.de als„Branchenstandard“ bezeichnet:„Wer<br />
fremdes Geld sammelt,<br />
der sollte über die Verwendung der<br />
Mittel transparent informieren. [...] Für<br />
seriöse Organisationen ist dies selbstverständlich.<br />
[...] Über die Vorgaben<br />
von DZI, Spendenrat und VENRO ist<br />
die Veröffentlichung der Mittelverwendung<br />
quasi zum Branchenstandard erklärt<br />
worden. Deshalb gilt: Wer nichts<br />
zu verstecken hat, der wird dem Spender<br />
offen und ehrlich erklären, was er<br />
mit seinem Geld getan hat. Wer dazu<br />
nicht bereit ist, der grenzt sich selbst<br />
vom seriösen Teil der Branche ab“<br />
(Stefan Loipfinger, www.charitywatch.de<br />
).<br />
Die „Großen“ der Branche tun dies<br />
längst: wahlweise gegenüber dem<br />
DZI, dem Spendenrat oder als kostengünstigere<br />
Variante eben gegenüber<br />
Charity-Watch.de.<br />
„Kontrolle“ bedeutet nicht ausschließlich<br />
die Kontrolle durch die entsprechenden<br />
Fachbehörden wie z. B. die<br />
Veterinärämter. Kontrolle geschieht<br />
auch durch„leichtere“ Strukturen wie<br />
z. B. eine Vereinsorganisation. Auf der<br />
praktischen Ebene führt dieses anerkannte<br />
Instrumentarium dann zu dem<br />
Entschluss, nur noch Vereine oder andere<br />
gesetzlich definierte Rechtsformen<br />
zuzulassen und zu unterstützen.<br />
Im <strong>Tierschutz</strong> jedoch tummeln sich Legionen<br />
von Privatpersonen, die weit<br />
über einen privaten Rahmen hinaus<br />
<strong>Tierschutz</strong> betreiben. Oft geben sie<br />
sich Namen, die das private Engagement<br />
nicht mehr erkennen<br />
lassen. Aber weil<br />
sie Privatpersonen sind,<br />
können sie sich auch<br />
den üblichen Kontrollmechanismenentziehen.<br />
Ihr Tun bleibt intransparent<br />
und damit<br />
inakzeptabel in einer<br />
<strong>Tierschutz</strong>szene, die sich auf verbindliche<br />
Standards einigt und an struktureller<br />
Verbesserung interessiert ist.<br />
Dass selbst eine Vereinsstruktur noch<br />
keine Sicherheit bietet, das enthüllen<br />
die vielen auf Charity-Watch.de und<br />
andernorts dokumentierten Vereinsskandale.<br />
Aber immerhin können<br />
Vereine wenigstens zur Auskunft aufgefordert<br />
werden. Behörden wie Veterinär-<br />
und Finanzämter dürfen kontrollieren<br />
und maßregeln. Bei den„echten“<br />
Vereinen jedoch ist auch wieder darauf<br />
zu achten, dass sich dort tatsächlich<br />
demokratische Strukturen zeigen.<br />
„ Wer fremdes<br />
Geld sammelt,<br />
der sollte über die<br />
Verwendung der<br />
Mittel transparent<br />
informieren. “<br />
Wenn der Verein nur aus fünf stimmberechtigten<br />
Mitgliedern besteht, alle<br />
wesentlichen Ämter von derselben<br />
Person besetzt sind, Vorsitzender und<br />
Tierheimleiter eine Personalunion sind,<br />
das Kassenamt von der eigenen Schwester<br />
oder sonstigen Angehörigen versehen<br />
wird, Mitgliederversammlungen<br />
nur alle drei Jahre stattfinden u. v. a.<br />
m., verliert der Strukturrahmen Verein<br />
sofort wieder an regulativer Kraft.<br />
Kontrolle und Transparenz bedeuten<br />
des Weiteren, sich an bestehende Gesetze<br />
zu halten. Beim Thema Auslandstierschutz<br />
ist es de facto momentan<br />
so, dass eine nicht unerhebliche Anzahl<br />
von <strong>Tierschutz</strong>organisationen an<br />
den bestehenden Gesetzen (Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung,<br />
<strong>Tierschutz</strong>gesetz etc.) vorbei Tiere aus<br />
dem Ausland einführen.<br />
Das ist schlicht illegal<br />
und lässt sich mit keinen<br />
moralischen Verweisen<br />
rechtfertigen. Wer<br />
die bestehenden Gesetze,<br />
z. B. die Kategorisierung„gewerblich“<br />
für jegliche Tiereinfuhr<br />
von <strong>Tierschutz</strong>organisationen, hier für<br />
unzureichend hält, muss sich auf parlamentarischer<br />
Ebene um Änderungen<br />
bemühen. Der Bund gegen den Missbrauch<br />
der Tiere tut das derzeit. Und<br />
nur dieser Weg ist legitim!<br />
2. Professionalität<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
<strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert hat eine<br />
Dimension erreicht, der man auf der<br />
Basis rein ehrenamtlichen Engagements<br />
ohne jede (professionelle) Qualifikation<br />
nicht mehr gerecht wird. Natürlich soll<br />
auch weiterhin jeder ohne voraussetzende<br />
Qualifikation Zugang zu tier-<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 23
<strong>Tierschutz</strong><br />
schützerischem Tun haben, WENN er<br />
bereit ist, sich für diese heute hoch anspruchsvolle<br />
Aufgabe fort- und weiterzubilden.<br />
Fort- und Weiterbildung ist in<br />
allen anderen gesellschaftlichen Bereichen<br />
schon längst eine Selbstverständlichkeit.<br />
Warum nicht im <strong>Tierschutz</strong>?<br />
Organisatorisch ist das überhaupt kein<br />
Problem. Es gibt genügend Anbieter<br />
sachkundiger Fortbildung, ohne dass<br />
man zu selbst ernannten, de facto<br />
aber eben überhaupt nicht qualifizierten<br />
<strong>Hund</strong>eflüsterinnen pilgern müsste.<br />
Die <strong>Tierschutz</strong>akademie des Deutschen<br />
<strong>Tierschutz</strong>bundes ist hier zu nennen;<br />
die verschiedenen Institutionen, die<br />
professionell auf die Sachkundeprüfung<br />
vorbereiten; kynologische Fachorganisationen,<br />
die zertifizierte Absolventen<br />
hervorbringen und ein breites<br />
Themenspektrum an Vorträgen, Workshops<br />
und Seminaren anbieten.<br />
Es muss zum selbstverständlichen<br />
„Branchenstandard“ werden, dass Verantwortliche<br />
und Agierende von (eingetragenen)<br />
<strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />
auf ihrer Website eine Liste ihrer Qualifikationen<br />
und absolvierten Seminare<br />
veröffentlichen. Wer dies nicht tut, wer<br />
dies nicht vorweisen kann, disqualifiziert<br />
sich selbst.<br />
24<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Unter der Leitorientierung von Professionalität<br />
kann es dann eben nicht mehr<br />
sein, dass Tierschützer zu der von ihnen<br />
geschützten Tierart weder über eigene<br />
Empirie noch über irgendwelche Qualifikationen<br />
verfügen. Aus der Doggenschützer-Szene<br />
bietet sich das eindrückliche<br />
Beispiel einer Tierschützerin<br />
an, die bundesweit Doggen vermittelt<br />
und betreut, zu Fragen der Doggenhaltung<br />
berät, selbst aber noch nie in<br />
ihrem Leben eine Dogge besessen hat.<br />
Und solche Beispiele gibt es in allen<br />
anderen Sparten des <strong>Tierschutz</strong>es<br />
auch.<br />
Wenn Tierschützer sich die für ihr Engagement<br />
notwendigen Fachkenntnisse<br />
aneignen, dann können sie auch<br />
ihre Aufgaben professionell erledigen.<br />
Und das fängt ganz banal und ganz<br />
anspruchsvoll bei professionellen Vorund<br />
Nachkontrollen an! Und hier bedeutet„professionell“<br />
die Einsicht, dass<br />
es bei diesen Kontakten mehrheitlich<br />
nicht darum geht, potenzielle Tierquäler<br />
auszusieben, sondern darum, ganz<br />
subtile Anspruchs- und Erwartungshaltungen<br />
an das neue Familienmitglied<br />
aufzudecken, Defizite im Fachwissen<br />
aufzuspüren und Tierhalter verlässlich<br />
in dauerhafte Kontakt-, Beratungsund<br />
Betreuungsstrukturen einzubinden.<br />
Das bitterste Thema, welches unter<br />
den Leitorientierungen Kontrolle,<br />
Transparenz und Professionalität komplett<br />
auf den Prüfstand muss, ist das<br />
Pflegeplatz-System. Das nämlich funktioniert<br />
aus genannten Gründen viel<br />
zu häufig nicht: Kontrolle ist in dem<br />
definitionsgemäß privaten Bereich der<br />
Menschen, die sich als Pflegeplatz anbieten,<br />
nur bedingt möglich. Ebenfalls<br />
an den privaten Status gebunden ist<br />
das Defizit an Sachkunde. Leider hat<br />
die Rechtsprechung hier auch die ursprüngliche<br />
Forderung eines Sachkundenachweis<br />
für Pflegeplätze gemäß<br />
§ 11 <strong>Tierschutz</strong>gesetz wieder zurückgenommen.<br />
Da aber die Tiere, insbesondere<br />
auch die <strong>Hund</strong>e, im <strong>Tierschutz</strong><br />
sehr häufig traumatisiert sind oder Fehlverhalten<br />
zeigen, können private Pflegeplätze<br />
diesen Tiere nicht gerecht<br />
werden, die über keine Sachkunde<br />
darüber verfügen, wie man mit ihnen<br />
umgeht.<br />
3. Primat des gesunden<br />
Menschenverstandes<br />
Der <strong>Tierschutz</strong> insgesamt muss weg<br />
von der gesellschaftlich auch nicht<br />
akzeptierten übersteigerten Emotionalität.<br />
Ina Smith hat die einzig praktikable<br />
Gewichtung zwischen Ratio und<br />
Emotion auf ein akzeptables Zahlen-<br />
Zarenhof-Räume im August 2009 und Oktober 2010: Gesa K. „versorgte“ dort rund 70 <strong>Hund</strong>e. Sie ließ die Tiere verwahrlosen,<br />
die Inneneinrichtung des Gebäudes wurde völlig zerstört – Fotos: Sonja Zietlow
verhältnis gesetzt: 80 Prozent Verstand,<br />
20 Prozent Herz!<br />
Wenn die Tierschützer wieder vernünftiger<br />
werden, dem gesunden Menschenverstand<br />
Raum geben und zeitgleich<br />
eine gesunde Portion Skepsis entwickeln,<br />
werden sie viele Dinge aufdecken,<br />
bevor sie wie im Fall Zarenhof<br />
eskalieren: Wie kann es sein, dass eine<br />
einzige Frau 70 <strong>Hund</strong>e, darunter viele<br />
Doggen, ganz allein versorgt und betreut?<br />
Ja, wie kann es schon sein, dass<br />
sie eine solche Menge <strong>Hund</strong>e zusammen<br />
in einem Haus hält? Und 70 ist<br />
nur das Extrem. Man kann schon nicht<br />
glauben und ich konnte mich auch<br />
von den für die <strong>Hund</strong>e nachteiligen<br />
Folgen selbst überzeugen, wenn zwei<br />
Frauen angeben, sich um 20 (plus /minus)<br />
in einem Haus umherlaufende<br />
<strong>Hund</strong>e zu kümmern; die Hälfte davon<br />
wieder großrassig, immer wieder noch<br />
aufgestockt durch ganze Welpen-<br />
Würfe.<br />
Wirft man dann gesunden Menschenverstand<br />
und Professionalität zusammen,<br />
kann man auf wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse wie die des sozialen<br />
Stresses zurückgreifen, um selbst einzusehen,<br />
dass solche Haltungen nicht<br />
dem Wohl der <strong>Hund</strong>e dienen können!<br />
Auch hier hilft uns die Zarenhof-Dokumentation,<br />
belegt sie doch in vielen<br />
Berichten anschaulich, was dieser Gruppenstress<br />
z. B. für Welpen bedeutet.<br />
Die Fälle sind endlos: Derzeit recherchiere<br />
ich über einen kleinen Verein,<br />
bei dem die erste Vorsitzende zeitgleich<br />
die Tierheimleiterin ist (Interessens-<br />
konflikt!) und angibt, zusammen mit<br />
zwei Ein-Euro-Jobbern insgesamt 100<br />
Tiere zu versorgen – und ihren Mann<br />
als Pflegefall! Jede mit gesundem<br />
Menschenverstand außerhalb des <strong>Tierschutz</strong>es<br />
stehende Person weiß, dass<br />
so etwas schlicht und einfach nicht<br />
möglich ist! Warum wissen das die Tierschützer<br />
nicht?<br />
Auf der pragmatischen Ebene führt<br />
dieses Primat des gesundes Menschenverstandes<br />
zusammen mit der Professionalität<br />
dann zwangsläufig dorthin,<br />
die pseudo-privaten Tierhaltungen von<br />
Tierschützern zahlenmäßig drastisch<br />
zu begrenzen. Wo genau man die Grenzen<br />
setzt, muss diskutiert werden.<br />
Aber mehr als zehn in einem Haushalt<br />
frei umherlaufende Katzen sind schon<br />
verhaltensbiologisch kaum mehr vertretbar<br />
(vgl. Rosemarie Schär mit ihrem<br />
Diktum, dass die Wahrscheinlich von<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Unsauberkeiten bei einem Bestand von<br />
zehn Katzen bei 100 Prozent liegt). Für<br />
die <strong>Hund</strong>ehaltung gab es mal eine sehr<br />
anschauliche Orientierung: Nicht mehr<br />
<strong>Hund</strong>e als Hände in einem Haushalt!<br />
Wenn zwei Personen zehn im Haus lebende,<br />
frei herumlaufende <strong>Hund</strong>e versorgen<br />
müssen, haben sie schon mehr<br />
als genug zu tun. Ob bei dieser Be-<br />
Sonja Zietlow,Tierschützerin und Fernsehmoderatorin beim Ortstermin am Zarenhof<br />
im Oktober 2010: „Seit demVorfall ermitteln einTeam von BESCHÜTZERinstinkte,<br />
mein Mann und ich unermüdlich nach den Hintergründen, wie es zu<br />
dieser Situation kommen konnte und was man machen kann, damit so etwas<br />
nicht noch einmal passiert.“ www.derzarenhofinfo.com – Foto: Sonja Zietlow<br />
standsgröße wirklich alle <strong>Hund</strong>e jeden<br />
Tag auf ihren Spaziergang kommen, ist<br />
schon fraglich, wenn man voraussetzt,<br />
dass niemand mit mehr als zwei <strong>Hund</strong>en<br />
gleichzeitig verantwortungsbewusst<br />
nach draußen gehen kann. Im<br />
Notfall hat er eben nur zwei Hände<br />
und kann maximal zwei <strong>Hund</strong>e gleichzeitig<br />
halten.<br />
Das Primat des gesunden Menschenverstandes<br />
muss dann auch zu einer<br />
kritikfähigen Haltung gegenüber den<br />
Angeboten der Veterinärmedizin füh-<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 25
<strong>Tierschutz</strong><br />
ren. Unter Rückgriff auf Professionalität<br />
und eigene Grundkenntnisse zu den<br />
elementarsten physiologischen Zusammenhängen<br />
befähigt ein gesundes<br />
Maß an Skepsis Tierschützer dazu, diese<br />
Angebote erst einmal kritisch zu<br />
überprüfen. Ganz aktuell und mit einem<br />
dramatischen Fall aus der <strong>Hund</strong>-Katze-<br />
Maus-Sendung vom 30.10.2010 kann<br />
man dann vielleicht über Abgleiche<br />
mit Erkenntnissen aus der Humanmedizin<br />
feststellen, dass sich dort schon<br />
manche Eingriffe und Behandlungsoptionen<br />
ad absurdum geführt bzw.<br />
als nicht erfolgversprechend erwiesen<br />
haben.<br />
Eine ordentliche Portion Menschenverstand<br />
und gesunde Skepsis sind vor<br />
allem auch bei der Rezeption dessen<br />
angebracht, was uns die Medien so alles<br />
unter dem Label„<strong>Tierschutz</strong>“ offerieren.<br />
Wenn sich im Kontext mit dem<br />
Zarenhof Tierschützer auf die mediale<br />
Berühmtheit der Animal-Hoarderin herausreden,<br />
dokumentiert das einen erschütternden<br />
Kinderglauben daran,<br />
wie man ins Fernsehen kommt: Exzellente<br />
Beziehungen und sich selbst gut<br />
verkaufen können, das sind die Schlüssel<br />
zu medialer Berühmtheit, nicht aber<br />
ethische Vorzüglichkeit und qualitativ<br />
guter <strong>Tierschutz</strong>! Auch andere aktuelle<br />
Fernsehsendungen (vgl. dazu die Doggennetz-Artikel-Serie<br />
zur MDR Doku-<br />
Soap„Leben für 4 Pfoten“) zeigen in<br />
den wenigsten Fällen guten und modernen<br />
<strong>Tierschutz</strong>, verbraten dafür lieber<br />
uralte Klischees von emotional<br />
überqualifizierten Menschen, die sich<br />
unter Tränen liebevoll der geschundenen<br />
Kreatur zuneigen. Das hat mit<br />
modernem <strong>Tierschutz</strong> nichts zu tun!<br />
Und nicht an letzter Stelle fällt unter<br />
das Primat des gesunden Menschen-<br />
26<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
verstandes das ausnahmelose Verdikt<br />
des Personenkults, wie er überall im<br />
<strong>Tierschutz</strong> anzutreffen ist. Personenkult<br />
ist ein Merkmal totalitärer und faschistischer<br />
Strukturen, wie man sie<br />
unter Stalin, Mao, Hitler oder Honecker<br />
in all ihren grausamen Facetten kennen<br />
gelernt hat oder auch aktuell in<br />
totalitären Staaten heute noch kennt.<br />
Schon allein deshalb verbietet sich die<br />
moralische Überhöhung von einzelnen<br />
Personen. Den fatalen Zusammenhang<br />
zwischen Personenkult und <strong>Tierschutz</strong>-<br />
Skandalen hat der Artikel„Aua 21: <strong>Tierschutz</strong>skandal<br />
Zarenhof: Die Verursacher“<br />
( www.doggennetz.de , aktuell &<br />
kritisch) herausgearbeitet. Moderner<br />
<strong>Tierschutz</strong> muss ohne all die Pferdeund<br />
<strong>Hund</strong>eflüsterer, die <strong>Tierschutz</strong>engel,<br />
die Mutter Theresas und Doggenmamas<br />
auskommen, wenn er eine seiner wichtigsten<br />
Existenzvoraussetzungen nicht<br />
verspielen will: gesellschaftliche Akzeptanz.<br />
4. Qualität statt Quantität<br />
Sonja Zietlow hat mit ihrem mutigen<br />
Statement zur Qualitätsgarantie für<br />
gerettete Tiere (siehe 5. Verbindliche<br />
Ethik-Grundsätze) schon eine Leitorientierung<br />
gesetzt. Aber dem Qualitätsgedanken<br />
muss auf viel breiterer Ebene<br />
Raum verschafft werden. 20 oder gar<br />
70 frei umherlaufende <strong>Hund</strong>e in einer<br />
pseudo-privaten Tierschützer-Haltung<br />
im Haus ist keine Qualität. Qualität<br />
und Professionalität aber sind <strong>Hund</strong>e-<br />
Kleingruppen-Haltungen, wie ich sie<br />
z. B. jüngst bei der Besichtigung des<br />
BMT-Tierheims in Pfullingen sehen<br />
durfte: vier bis fünf <strong>Hund</strong>e in eigenen<br />
<strong>Tierschutz</strong> am Fuße der Schwäbischen Alb: im BMT-Tierheim Pfullingen werden die<br />
<strong>Hund</strong>e in kleinen Gruppen mit eigenen Innen- und Außengehegen gehalten – das<br />
ist Qualität! Foto:<strong>Tierschutz</strong>zentrum Pfullingen, www.tierschutz-bmt-bw.de<br />
Gruppen mit Innen- und Außenzwinger,<br />
jeder Menge Platz und Rückzugsmöglichkeiten.<br />
Das ist Qualität!<br />
Qualität ist nicht, wenn eine vergleichsweise<br />
kleine <strong>Tierschutz</strong>organisation in<br />
ihrem Jahresbericht unhinterfragt angibt,<br />
über 500 Tiere vermittelt zu haben.<br />
Das ist schlichte Quantität auf dem<br />
Level von Tierhandel. Vermittlungen<br />
von Tierschützern haben einen enormen<br />
Aufwand mit Vorgesprächen,<br />
Vorkontrollen, Nachbetreuung, Nachkontrollen<br />
und einem zumindest anfänglich<br />
eng getaktetem Gespräch mit<br />
den neuen Tierbesitzern. Bei über
500 Tieren pro Jahr bedeutet das für<br />
eine Handvoll Tierschützer: zwei Vermittlungen<br />
pro Tag. Das ist keine Qualität,<br />
wie sie unter dem Label <strong>Tierschutz</strong><br />
verlangt werden muss.<br />
Immer wieder liest man auf Tierschützer-Sites<br />
Vermittlungszahlen, die sich<br />
ganz offensichtlich an Quantität orientieren,<br />
um am Ethik-Markt bestehen zu<br />
können – und damit genug Spenden<br />
zu bekommen. Den Finger am Stellhebel<br />
zwischen Quantität und Qualität<br />
haben auch die Spender, die sich weniger<br />
von Horror-Leidensgeschichten<br />
einzelner Tiere und dem Eigenlob der<br />
rettenden Tierschützer beeindrucken<br />
lassen sollten, sondern von der Erfüllung<br />
oben genannter Kriterien: Wer ist<br />
qualifiziert? Wer beweist Transparenz<br />
und legt alle relevanten Vorgänge offen?<br />
Wer handelt nach verlautbarten<br />
Ethik-Grundsätzen? Wer dokumentiert<br />
Prinzipien seiner <strong>Tierschutz</strong>arbeit?<br />
5. Verbindliche Ethik-<br />
Grundsätze<br />
Dass Politik und Gesellschaft den <strong>Tierschutz</strong><br />
insgesamt komplett allein lassen,<br />
das wurde schon in anderen Artikeln<br />
auf Doggennetz thematisiert.<br />
Dann müssen die Tierschützer eben<br />
Hoffnung für <strong>Hund</strong>e<br />
Ein Projekt von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong>:<br />
• Aufbau einer Auffangstation mit Betreuung und Training für<br />
verhaltensauffällige <strong>Hund</strong>e<br />
• Prävention von„Rückläufer“-<strong>Hund</strong>en<br />
• Vorbeugung von <strong>Hund</strong>e-Tötungen aufgrund ihres Verhaltens<br />
• Schulung von Pflege- und Vermittlungsstellen<br />
selbst die Dinge in die Hand nehmen<br />
und versuchen, im gemeinsamen Diskurs<br />
für alle ihre Bereiche verbindliche<br />
Ethik-Grundsätze auszuhandeln.<br />
Bisher können Tierschützer nur auf das<br />
dürftige Instrumentarium zurückgreifen,<br />
das ihnen die einschlägigen Gesetze<br />
und Verordnungen bieten. Ethik-<br />
Grundsätze gibt es darüber hinaus auch<br />
für den gesamten Bereich des Fundraising.<br />
Hier gilt es z. B. als verwerflich,<br />
mit besonders schockierenden Bildern<br />
zu werben, für tote Tiere Geld zu sammeln<br />
oder die Zielgruppe moralisch<br />
unter Druck zu setzen. Trotzdem geschieht<br />
solches jeden Tag auf den verschiedenen<br />
Tierschützer-Websites, in<br />
Bettelmails oder in Broschüren.<br />
Die Moralphilosophie weiß: Ethik ist<br />
nicht teilbar. Deshalb sind Tierschützer,<br />
die sich zumindest im privaten Gespräch<br />
ganz offen zu ihrer Misanthropie (Menschenverachtung)<br />
bekennen, ein Widerspruch<br />
in sich selbst und nicht tragbar.<br />
Diese inzwischen leider innerhalb der<br />
Peergroup viel zu breit akzeptierte<br />
Grundhaltung des„Menschen sind mir<br />
egal!“, muss stigmatisiert und sanktioniert<br />
werden. Ethik ist nicht teilbar.<br />
Und wer menschlichem Leid und<br />
menschlicher Not gleichgültig gegen-<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Weitere Informationen und wie Sie uns unterstützen können unter:<br />
www.absolut-hund.de und 0171 / 322 526 1<br />
übersteht, kann für Tiere nichts bewegen.<br />
Ethisch auch überhaupt nicht geklärt<br />
ist das breite Feld des Auslandstierschutzes.<br />
Hier und dort sich entzündende<br />
Diskussionen arten regelmäßig<br />
aus; verwertbare Ergebnisse gibt es<br />
keine.<br />
Ohne jede ethische Leitorientierungen<br />
auch bleibt bislang der Umgang mit<br />
<strong>Hund</strong>en, die schon einmal oder sogar<br />
mehrfach Menschen gebissen haben.<br />
Gerade wieder erleben wir eine neuerliche<br />
Verschärfung der einschlägigen<br />
Landeshundeverordnungen, nachdem<br />
es jüngst zu weiteren Todesfällen durch<br />
<strong>Hund</strong>ebisse gekommen ist. Wann endlich<br />
werden die Tierschützer auf gesellschaftliche<br />
Forderungen reagieren?<br />
Dass eine sture Verweigerungshaltung<br />
die <strong>Hund</strong>e und die betroffenen Halter<br />
nicht weiterbringt, dokumentiert der<br />
lange Weg von dem kleinen Wolkan<br />
bis zu den aktuellen Gesetzesverschärfungen.<br />
Tierschützer haben keine Standards<br />
und keine Verfahren für solche Fälle,<br />
die allgemein als verbindlich anerkannt<br />
wären. Stellt diese <strong>Tierschutz</strong>orga den<br />
fraglichen <strong>Hund</strong> einem zertifizierten<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 27
<strong>Tierschutz</strong><br />
Gutachter vor, entscheidet die nächste<br />
schon wieder anders und experimentiert<br />
mit teilweise hochfragwürdigen<br />
Eigentherapiemodellen. Wieder andere<br />
gehen den ganz sicheren Weg und lassen<br />
euthanasieren – müssen dies aber<br />
so geheim halten wie einen Atomraketencode,<br />
weil sie sonst von ihren Kollegen<br />
angegriffen und bloßgestellt werden.<br />
Zu den verbindlichen Ethik-Grundsätzen<br />
gehört auch die Selbstverpflich-<br />
tung, nur juristisch und gesellschaftlich<br />
anerkannte Verträge zu verwenden.<br />
Dass viele von <strong>Tierschutz</strong>orgas benutzte<br />
Vertragsvarianten schlicht sittenwidrig<br />
sind, darüber wurde schon mehrfach<br />
geschrieben (vgl. zum Beispiel<br />
http://zergportal.de/baseportal/tiere/N<br />
ews&Id==580 ).<br />
Zur ergebnisorientierten Diskussion<br />
über die im <strong>Tierschutz</strong> zu praktizierenden<br />
Ethik-Grundsätze gehört auch die<br />
Anerkenntnis von Leid und Tod als unausradierbare<br />
Bestandteile allen Lebens.<br />
28<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Es gehört zu den wenigen verfügbaren<br />
Standortbestimmungen aus dem<br />
Munde von Tierfreunden, wenn Sonja<br />
Zietlow sehr mutig auf ihrer Website<br />
bekennt:„WENN man schon Tiere vor<br />
dem Tod rettet, dann sollte man gefälligst<br />
dafür Sorge tragen, dass diese<br />
Tiere ohne Qual und Leiden, sondern<br />
mit Würde und Anstand leben können!!!<br />
Ansonsten ist, und das ist nur<br />
MEINE PERSÖNLICHE MEINUNG, der<br />
Tod die bessere und mildere Alternative!“<br />
( http://www.derzarenhof-<br />
info.com/blog-1/ ). Bei der herrschenden<br />
Intoleranz unter Tierschützern<br />
kann sich eine Prominente wie Frau<br />
Zietlow so ein Bekenntnis erlauben;<br />
jeder andere Tierschützer lieferte sich<br />
damit der virtuellen Lynchjustiz aus.<br />
6. <strong>Tierschutz</strong> als hoheitliche<br />
Aufgabe<br />
Bis hierhin mag der Eindruck entstehen,<br />
dass Tierschützer schlicht alles<br />
falsch machen und im unstrukturierten<br />
Dilettantismus vor sich hinschüt-<br />
zen. Im Status quo behaupten wir das<br />
zwar für viel zu weite Bereiche des <strong>Tierschutz</strong>es<br />
so, aber auch dieser Status<br />
quo hat Gründe. Und diese Gründe<br />
entlasten den <strong>Tierschutz</strong> und seine Akteure<br />
umfassend:<br />
<strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert ist eine<br />
derart komplexe Aufgabe, die im Ehrenamt<br />
schlicht nicht mehr zu bewältigen<br />
ist. Das fängt an mit der Fundtierverwaltung,<br />
die als kommunale Pflichtaufgabe<br />
vom Staat in den ehrenamtli-<br />
Noch immer werden ehemalige „Zarenhof“-<strong>Hund</strong>e gesucht (Stand Januar 2011).Weitere unter<br />
www.derzarenhofinfo.com/zarenhofhunde/hund-gesucht/<br />
Max Border-Australian Shepard<br />
Mix, 3 Jahre<br />
Wurde im März in Nollenbach<br />
abgegeben.<br />
Cora wurde 2009 bei Frau K. auf<br />
dem Zarenhof abgegeben. Kennt sie<br />
jemand? Wer hat sie adoptiert?<br />
Trixie kam am 11.10.2009 auf den<br />
Zarenhof und wurde angeblich ziemlich<br />
rasch vermittelt (in die Schweiz?).<br />
Belege dafür gibt es nicht.<br />
Trixie ist im April 2003 geboren.<br />
chen Bereich abgeschoben wird. Und<br />
das hört bei Lösungskonzepten für<br />
hoch problematische <strong>Hund</strong>e, die kraft<br />
Behördenakt den Haltern weggenommen,<br />
dann aber Ehrenamtlern ausgeliefert<br />
werden, noch lange nicht auf.<br />
Tierschützer sollen das alles leisten?<br />
Um dies wirklich professionell und<br />
kompetent in der extremen Komplexität<br />
der Aufgaben bewältigen zu können,<br />
müssten sie Verwaltungsrechtler,<br />
Kynopädagogen, Ernährungsphysiologen,<br />
Verhaltensbiologen, Veterinärmediziner,<br />
Steuerberater, Psychologen,
Betriebswirte und Sozialpädagogen –<br />
alles in einem sein! Unmöglich!<br />
Überdies ist <strong>Tierschutz</strong> in der Bundesrepublik<br />
Deutschland Staatsziel – und<br />
damit eigentlich eine hoheitliche Aufgabe.<br />
Politik und Gesellschaft machen<br />
es sich bisher bequem und drücken<br />
diese Mammutaufgabe komplett ins<br />
Ehrenamt ab. Für die Tierschützer resultiert<br />
daraus ganz logisch die vollständige<br />
Überforderung. Und aus dieser<br />
dramatischen Situation der kompletten<br />
Überforderung heraus erklären sich<br />
auch viele Reaktionen, welche die Diskussionen<br />
und Auseinandersetzungen<br />
unter den Tierschützern so emotional<br />
bis bösartig gestalten.<br />
Zum Verständnis:„Hoheitliche Aufgaben<br />
sind solche Aufgaben, deren Erfüllung<br />
dem Staat oder anderen untergeordneten<br />
öffentlichen Ebenen kraft<br />
öffentlichen Rechts obliegen. Sie werden<br />
durch unmittelbare (Bundes- und<br />
Landesbehörden) und mittelbare Staatsverwaltung<br />
(Kommunen, berufsständische<br />
und sonstige Körperschaften sowie<br />
Anstalten und Stiftungen des öffentlichen<br />
Rechts, ferner auch beliehene Private)<br />
erfüllt“ (Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/<br />
Hoheitliche_Aufgabe ).<br />
Da gehört <strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert<br />
hin! Dafür sollten sich Tierschützer<br />
und Tierfreunde einsetzen! Das ist<br />
eine wichtige Forderung an Politik und<br />
Gesellschaft. Die hier formulierten Leitorientierungen<br />
wie Kontrolle, Transparenz,<br />
Rationalität, Ethik, Professionalität<br />
können nur die Krücken auf dem<br />
weiten Weg zu diesem langfristigen<br />
Ziel sein. <strong>Tierschutz</strong> muss auf den wichtigsten<br />
Ebenen – Fundtierverwaltung,<br />
Unterbringung, Vermittlung etc. – zu<br />
einer hoheitlichen Aufgabe werden.<br />
Damit verknüpft sein müssen dann<br />
auch entsprechende Ausbildungs- und<br />
Studienangebote, um professionelle<br />
Mitarbeiter für alle tierschutzrelevanten<br />
Bereiche zur Verfügung zu stellen.<br />
Wenn die breite gesellschaftliche Bewegung<br />
<strong>Tierschutz</strong> den Skandal Zarenhof<br />
zum Anlass nimmt, nach der kompletten<br />
Aufarbeitung des Falles selbst<br />
sich konstruktiv der Zukunft zuzuwenden,<br />
über die strukturelle Veränderung<br />
zu diskutieren und sie dort zu gestalten,<br />
wo sie jetzt schon möglich ist,<br />
dann ist für den <strong>Tierschutz</strong> selbst und<br />
die von ihm betreuten Tiere tatsächlich<br />
etwas gewonnen. Nur dann haben die<br />
70 <strong>Hund</strong>e auf dem Zarenhof nicht umsonst<br />
gelitten – die toten inklusive!<br />
Autor: Karin Burger<br />
www.doggennetz.de<br />
„Zarenhof“-<strong>Hund</strong> gefunden!<br />
Weitere unter:<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Verstorbene „Zarenhof“-<strong>Hund</strong>e.<br />
Weitere unter www.derzarenhofinfo.com/zarenhofhunde/verstorbene-hunde/<br />
Pongo ist tot, nachdem er unbehandelt<br />
in einem Gäste-WC wohnen<br />
musste. Siehe Zeugenbericht Frau S.Teil<br />
IX! Todesursache:Angeblich hat ihn<br />
Frau K. eingeschläfert.<br />
Souchy wurde am 26.09.2010 eingeschläfert.Todesursache:<br />
In einem zugewachsenen<br />
Zwinger wurde sie einfach<br />
vergessen. Sie ist bis auf die Knochen<br />
abgemagert gewesen!<br />
http://www.derzarenhofinfo.com/zarenhofhunde/hund-gefunden/<br />
Maighdlin heißt heute Maddie und<br />
ist ein sehr zufriedener und glücklicher<br />
<strong>Hund</strong>.<br />
Kontakt zur Endstelle besteht!<br />
>>> happy end!<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 29
<strong>Tierschutz</strong><br />
Animal Hoarding – eiskalte<br />
Tierquälerei, falsche Selbsteinschätzung,<br />
Krankheit?<br />
<strong>Hund</strong>e einer Animal Hoarderin – Fotos: aktion tier – menschen für tiere e.V., www.aktiontier.org<br />
Die am häufigsten davon betroffenen Tierarten sind <strong>Hund</strong>e und Katzen, aber auch Pferde<br />
und immer wieder Kleintiere, Vögel. Gekennzeichnet ist die Situation dadurch, dass der<br />
Lebensraum total verdreckt ist, auch die Betten der Hoarder sind oft nicht davon verschont.<br />
Die Tiere sind in einem zunehmend<br />
verwahrlosten Zustand, krank und es<br />
finden sich zumeist auch verendete<br />
Tiere darunter. Ihre Halter sind schon<br />
lange mit der Minimal-Versorgung,<br />
geschweige denn einer artgerechten<br />
Tierhaltung, überfordert. Auch medizinisch<br />
werden die Tiere nicht mehr hinreichend<br />
betreut. Trotzdem werden<br />
immer mehr Tiere aufgenommen, da<br />
der Halter in der Regel nicht mehr in<br />
der Lage ist zu erkennen, wie schlecht<br />
es den Tieren bei ihm geht. Andererseits<br />
ist er jedoch fest davon überzeugt,<br />
dass nur er in der Lage sei, diesen Tieren<br />
ein gutes Leben zu bieten. Er leidet offensichtlich<br />
unter einem Realitätsverlust.<br />
Durch die zunehmende Verwahrlosung<br />
des Wohnobjektes isolieren sich<br />
diese Menschen immer mehr von ihrer<br />
Umwelt, wodurch es schwer wird, rechtzeitig<br />
helfend einzugreifen. Auch die<br />
30<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
eigene Gesundheit wird immer mehr<br />
vernachlässigt. Die davon betroffenen<br />
Menschen leiden in der Regel unter<br />
einem psychischen und sozialen Defizit.<br />
Nach amerikanischen Studien (u.a.<br />
Patronek, 1999; Frost et al., 2001; Animal<br />
Research Consortium, 2004; Patronek<br />
& Nathanson, 2004) sind Frauen überdurchschnittlich<br />
häufiger davon betroffen<br />
als Männer, knapp die Hälfte<br />
der Hoarder ist über 55 – 60 Jahre alt.<br />
Die Anzahl der Tiere schwankt zwischen<br />
durchschnittlich 40 bis 100 Tieren. Von<br />
diesem Phänomen sind alle Gesellschaftsschichten<br />
betroffen. Die Rückfallwahrscheinlichkeit<br />
ohne eine gute Langzeittherapie<br />
liegt bei nahezu 100%<br />
und Animal Hoarding wird meist von<br />
verschiedenen körperlichen und psychischen<br />
Symptomen begleitet bzw.<br />
ausgelöst. Obwohl Animal Hoarding<br />
inzwischen zu einem wichtigen Problem<br />
geworden ist (es sind durchaus nicht<br />
mehr nur vereinzelte Fälle die bekannt<br />
werden), ist es bei uns, anders als z.B.<br />
in den USA noch nicht als eigenständiges<br />
Krankheitsbild anerkannt. Inzwischen<br />
ist es, laut Herrn Marius Tünte<br />
von der Pressestelle des Deutschen<br />
<strong>Tierschutz</strong>bund e.V., zur Gründung<br />
einer interdisziplinären Arbeitsgruppe<br />
mit dem Ziel der Erforschung dieses<br />
Phänomens gekommen. Auch eine<br />
Dissertation zu diesem Thema sei in Arbeit.<br />
Aber bis zu einer Anerkennung<br />
als Krankheit und somit zur Entwicklung<br />
einer wirksamen Therapie, wäre<br />
es noch ein langer Weg.<br />
Die verschiedenen Typen<br />
von Animal Hoardern<br />
Nach den oben schon erwähnten Studien<br />
wird hauptsächlich zwischen vier
Typen von Animal Hoardern unterschieden:<br />
Diese sind der übertriebene Pfleger,<br />
der Retter/Befreier, der Ausbeuter<br />
und der Züchtertyp. Darüberhinaus<br />
gibt es natürlich noch den Animal Hoarder<br />
im Anfangsstadium.<br />
Der übertriebene Pfleger beginnt mit<br />
durchaus positiven Motiven. Er versucht<br />
wirklich, sich um die Tiere zu kümmern,<br />
was ihm aber schließlich über den Kopf<br />
wächst. Er ist nicht in der Lage, eine<br />
effektive Lösung für sein Problem zu<br />
entwickeln. Obwohl er die Probleme<br />
nicht gänzlich leugnet, spielt er sie<br />
doch als nicht so schlimm herunter.<br />
Die Tiere werden häufig sehr vermenschlicht<br />
und haben einen entsprechend<br />
hohen Stellenwert. Das Anwachsen<br />
des Bestandes findet hier eher passiv<br />
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Einige Animal Hoarder („Tier-Messis“) sehen sich als Retter und Befreier der Tiere<br />
und zeigen eine hohe Sammeltendenz – Foto: aktion tier – menschen für tiere e.V.,<br />
www.aktiontier.org<br />
statt, da die Tiere sich unkontrolliert<br />
vermehren. Eine Trennung nach Geschlecht<br />
ist auf Grund der Örtlichkeiten<br />
nicht immer möglich und oft auch<br />
nicht gewollt. Genauso wenig findet<br />
eine Kastration der Tiere statt. Bei diesem<br />
Typ Animal Hoarder besteht die<br />
größte Chance auf einen umfassenden<br />
und nachhaltigen Therapieerfolg.<br />
Als nächstes wäre der Retter, Befreier<br />
zu nennen. Für ihn ist es nahezu eine<br />
Berufung, Tiere aufzunehmen. Unter<br />
eigener Todesangst leidend lehnt er die<br />
Tötung von Tieren strickt ab. Er glaubt<br />
allen Ernstes, dass er der Einzige ist,<br />
der in der Lage ist, den Tieren ein gutes<br />
Leben zu bieten und hat eine hohe Sammeltendenz.<br />
Zwangsläufig überschreitet<br />
die Anzahl der Tiere irgendwann<br />
die Möglichkeit, diese ausreichend zu<br />
versorgen, weder mit medizinischen<br />
Behandlungen noch mit Futter. Trotzdem<br />
kann er kein Tier ablehnen. Er ist<br />
durchaus nicht sozial isoliert, meidet<br />
aber Autoritäten und hält sich nicht an<br />
ihm gegebene Anweisungen und<br />
Auflagen.<br />
Der problematischste Typ unter den<br />
Animal Hoardern ist der Ausbeuter. Bei<br />
ihm geschieht die Anschaffung der<br />
Tiere ausschließlich zum Selbstzweck.<br />
Einsicht in die Situation ist in keinster<br />
Weise vorhanden. Er ist narzisstisch<br />
und völlig ohne Schuldbewusstsein,<br />
ein aktiver Tiersammler. Er kann sich<br />
meist gut darstellen und hat auch keine<br />
Probleme, das wahre Ausmaß des<br />
Problems vor den Behörden zu verschleiern,<br />
bis die Situation völlig aus<br />
dem Ruder läuft oder durch einen Zufall<br />
herauskommt.<br />
Dann gibt es noch den Züchter-Typ.<br />
Dieser beginnt zunächst mit der Zucht<br />
von Tieren für Ausstellungen und für<br />
den Verkauf. Mit der Zeit wächst die<br />
Tiergruppe, vielleicht, weil sich nicht<br />
genug Abnehmer für die Tiere finden,<br />
Tiere zurückkommen, oder kein Käufer<br />
es wert ist, eines seiner Tiere zu bekommen.<br />
Allen voran steht der beginnende Hoarder.<br />
Die typischen Kennzeichen des<br />
Hoardings beginnen sich zu zeigen,<br />
aber die Tiere und Haltungsbedingun-<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 31
<strong>Tierschutz</strong><br />
gen sind noch in einem tolerablen bis<br />
grenzwertigen Zustand. Sinnig wäre<br />
es, wenn in diesem Stadium eingegriffen<br />
werden könnte, aber solange die<br />
Tiere noch nicht offensichtlich leiden,<br />
sind den verantwortlichen Behörden<br />
die Hände gebunden.<br />
Den verschiedenen Typen von Animal<br />
Hoardern sind bestimmte Rechtfertigungsstrategien<br />
gemein, zum einen<br />
die Strategie der Rechtfertigung (Ablehnung)<br />
und der Entschuldigung. Sie<br />
rechtfertigen sich z.B. damit, dass die<br />
Tiere doch völlig in Ordnung seien, was<br />
einer objektiven Betrachtung natürlich<br />
nicht standhalten würde. Strenger Geruch<br />
aus der Wohnung wird mit dem<br />
„normalen“ Revier-Markier-Verhalten<br />
begründet. Auch wird sich darauf verlegt,<br />
dass man ja schließlich die Tiere<br />
vor dem sicheren Tode rette und dass<br />
ja alles bei ihnen in Ordnung, alle Anschuldigen<br />
nur Schikane der Behörden<br />
seien.<br />
Die Hoarder, die sich entschuldigen,<br />
geben ihr Problem zwar im Ansatz zu,<br />
lehnen die Verantwortung dafür aber<br />
völlig ab. Jeder würde wohl in dieser<br />
Situation mit den gleichen Problemen<br />
zu kämpfen haben und er würde die<br />
Tiere so sehr lieben, dass er sie unmöglich<br />
abgeben könne. Irgendwer müsse<br />
32<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
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ja schließlich die ganzen armen Tiere<br />
aufnehmen, die von anderen entsorgt<br />
werden. Wenn sich jemand anders<br />
kümmern würde, bräuchte er ja nicht.<br />
Plötzlich auftretende Krankheiten hätten<br />
dazu geführt, dass man die Tiere<br />
nicht mehr anständig versorgen konnte<br />
und was kann er (der Hoarder) denn<br />
dazu, wenn der Futterlieferant das bestellte<br />
Futter nicht liefere. Und der Zustand<br />
der Wohnung wird damit erklärt,<br />
dass die Tiere in Abwesenheit des Halters<br />
ausnahmsweise die Wohnung in<br />
Unordnung gebracht hätten, kann ja<br />
schließlich jedem passieren.<br />
Der Animal Hoarder ist darauf angewiesen,<br />
sich eine feste Strategie zur Darstellung<br />
des Problems zurecht zu legen,<br />
von der er nicht abweichen darf, ohne<br />
sein System ins Wanken zu bringen.<br />
Nur so kann er die Illusion aufrechterhalten,<br />
dass alles ja völlig in Ordnung<br />
ist. Er kann sich nur darüber identifizieren,<br />
dass die Tiere einen sehr hohen<br />
Stellenwert für ihn haben. Sie stellen<br />
für ihn mitunter den völligen Ersatz jeglicher<br />
menschlicher Bezugspersonen<br />
dar, so dass der Verlust eine unerträgliche<br />
Situation für ihn darstellen würde.<br />
Hier ist es besonders wichtig, dass zuständige<br />
Behörden die Logik des Hoarders<br />
verstehen, um entsprechend handeln<br />
zu können. Ihnen muss unbedingt<br />
klar sein, was von dem Gedankenkonstrukt<br />
der Animal Hoarder tatsächlich<br />
glaubhaft ist und was nur der Aufrechterhaltung<br />
seiner Situation dient.<br />
Wie sieht nun die Darstellung<br />
des Animal Hoarding in<br />
den Medien aus?<br />
Hier geht es, wie in vielen anderen Bereichen<br />
auch, in erster Linie eher um<br />
Sensations-Schlagzeilen als um sachliche<br />
Berichterstattung. Daher wird auf<br />
die emotionale Wirkung auf den Leser<br />
gesetzt, was es unmöglich macht, ein<br />
korrektes Bild des Problems zu zeichnen.<br />
Immer wieder gibt es sensationelle Berichte,<br />
die zumeist mit der Entdeckung<br />
der Situation, der großen Anzahl der<br />
leidenden Tiere und nicht zuletzt dramatischen<br />
Rettung der Opfer beginnen.<br />
Mit der Darstellung der katastrophalen<br />
Lebensbedingungen des Hoarders<br />
werden das Entsetzen, die Empörung<br />
und der Ekel der Leser geschürt. Die<br />
Empörung rührt nicht zuletzt daher,<br />
dass es sich bei den Hoardern häufig<br />
um eigentlich intelligente Menschen<br />
handelt. Das Problem zieht sich, wie<br />
oben schon erwähnt, durch alle Gesellschaftsschichten.<br />
Akademiker können<br />
davon genauso betroffen sein, wie einfache<br />
Leute. Teilweise geht die Berichterstattung<br />
auch in die Richtung, Sympathie<br />
für den Hoarder zu vermitteln,<br />
ein Bild von einem rechtschaffenen,<br />
netten Menschen mit hehren Motiven<br />
zu zeichnen, dem die Dinge ein wenig<br />
aus dem Ruder gelaufen sind. Häufig<br />
schwingt auch ein gewisser Humor<br />
mit, wie es die Leute geschafft haben,<br />
die Behörden jahrelang auszutricksen<br />
und hinters Licht zu führen.
Befreiungsaktion der <strong>Hund</strong>e im Animal-Hoarder-Fall in Liebenwalde. Grundsätzlich<br />
bräuchten Behörden mehr Möglichkeiten, bei Verdacht zeitnah eingreifen zu können<br />
– Foto: aktion tier – menschen für tiere e.V., www.aktiontier.org<br />
All diese Dinge sind nicht geeignet, ein<br />
objektives Bild des Problems darzustellen.<br />
Eher wird das Problem durch eine<br />
Darstellung verharmlost, die so sensationell<br />
aufbereitet ist, dass es schon<br />
fast nicht mehr wahr sein kann und dadurch<br />
unglaubwürdig wird. Auf der anderen<br />
Seite wird vieles ins Lächerliche<br />
gezogen oder verharmlost dargestellt,<br />
indem z.B. der Fokus hauptsächlich<br />
darauf gerichtet wird, wie dumm der<br />
Animal Hoarder die Behörden hat aussehen<br />
lassen. Eine wirkliche Sensibilisierung<br />
für das Problem kann so leider<br />
nicht stattfinden.<br />
Was folgt daraus?<br />
Für eine effektive Lösung der jeweiligen<br />
Situation wäre auf jeden Fall schnelles<br />
Handeln von großer Wichtigkeit. Veterinär-Ämter<br />
erteilen oft jahrelang Auflagen,<br />
erteilen Anweisungen, den Bestand<br />
zu verringern und ähnliche Dinge,<br />
die vom Hoarder immer wieder um-<br />
gangen werden können. Im Falle von<br />
Tierhaltungsverboten wird oft einfach<br />
in den Nachbarbezirk umgesiedelt<br />
und von vorne angefangen. Hier wäre<br />
eine wesentlich bessere Vernetzung<br />
der Ämter untereinander nötig. Ohne<br />
Therapien werden alle Initiativen der<br />
Ämter ins Leere laufen. Auch wäre hier<br />
eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
von Tierwissenschaftlern,<br />
Humanwissenschaftlern und Juristen<br />
zum Wohl von Mensch und somit auch<br />
Tier wünschenswert. Leider wird immer<br />
noch unterschätzt, dass es sich hier<br />
um eine wirklich ernstzunehmende<br />
Krankheit handelt, die unbedingt professionell<br />
behandelt werden muss. Die<br />
Anerkennung von Animal Hoarding<br />
als Krankheit und auch entsprechende<br />
Weiterbildung von Amtstierärzten,<br />
psychologischen Diensten, Behörden<br />
und Gesundheitsämtern ist dringend<br />
erforderlich. Daraus sollte sich ein Netzwerk<br />
entwickeln, in welchem ein Informationsfluss<br />
stattfindet, der einem<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Animal Hoarder die Fortsetzung seines<br />
Handelns an neuem Wohnort erschwert<br />
oder im günstigsten Fall unmöglich<br />
macht.<br />
Als Maßnahmen zur Prävention, damit<br />
es erst gar nicht zu solch schlimmen<br />
Zuständen, wie sie häufig durch die<br />
Presse gehen, kommen muss, wäre es<br />
nötig, Anzeichen aufzuzeigen, an welchen<br />
man Animal Hoarding schon im<br />
Anfangsstadium erkennen kann. Außerdem<br />
bräuchten die Behörden mehr<br />
Möglichkeiten, schon beim geringsten<br />
Verdacht auf Animal Hoarding eingreifen<br />
zu können. Ermittlungen müssten<br />
zügig vorangetrieben werden und<br />
dann auch zeitnah nötige Entscheidungen<br />
getroffen werden. Es bleibt zu hoffen,<br />
dass zumindest an diesem Punkt<br />
durch die jüngsten Ereignisse auf dem<br />
Anwesen der TV-Moderatorin Sonja<br />
Zietlow in der Eifel, welches durch die<br />
Art der Tierhaltung einer ehemals in<br />
Fernsehen und <strong>Tierschutz</strong>kreisen beund<br />
anerkannten Tierschützerin, verwüstet<br />
wurde, hier ein Schritt in die<br />
richtige Richtung eingeleitet wurde.<br />
Frau Zietlow hatte, nachdem die Zustände<br />
auf dem„Zarenhof“ genannten<br />
Anwesen bekannt wurden, ihre Popularität<br />
dazu genutzt, die Aufklärung<br />
dieses Geschehens, bei welchem man<br />
durchaus auch von einer Form des Animal<br />
Hoardings ausgehen kann, voranzutreiben<br />
und Druck auf die zuständigen<br />
Behörden auszuüben.<br />
Autor: Antje Henze<br />
www.passion4dogs.de<br />
Quelle: Deutscher <strong>Tierschutz</strong>bund e.V.<br />
Bildquellen:<br />
aktion tier – menschen für tiere e.V.,<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.aktiontier.org<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 33
<strong>Tierschutz</strong><br />
Kastrationsprojekt<br />
Mit freundlicher<br />
Genehmigung von<br />
Frau I. Gorski-Grobe<br />
Mein Trip auf das Eiland Hispaniola begann<br />
schon am Abflughafen in Düsseldorf<br />
mit einem unsicheren Gefühl: Würden<br />
die acht Kilogramm Atemkalk, die<br />
in meinem Koffer bei jeder Bewegung<br />
laut raschelten, die Reise unbeschadet,<br />
und vor allem vom Zoll unentdeckt,<br />
34<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
mit Tarek El-Kashef<br />
überstehen? Denn es war klar, würde<br />
meine Fracht im Koffer auffliegen,<br />
dann würde auch das gut verschnürte<br />
Paket mit zehn Flaschen Antibiotika<br />
und diversen Antiparasitika den deutschen<br />
oder den dominikanischen Behörden<br />
ins Auge fallen. Umso mehr fiel<br />
Alle Fotos dieses Artikels: I. Gorski-Grobe<br />
mir ein Stein vom Herzen, als ich nach<br />
Ankunft am Flughafen Puerto Plata inmitten<br />
einer Atmosphäre von lächelnden,<br />
schönen Dominikanern, untermalt<br />
von Merengue und Salsa, mit Sack und<br />
Pack durchgewunken wurde.
Der erste Schritt in das Projekt war getan.<br />
Es war heiß, insbesondere, da ich<br />
Deutschland bei null Grad Celsius im<br />
November verlassen hatte, und mir hier<br />
die Sonne mit 25 Grad ins Gesicht<br />
lachte. Kaum aus der Flughafenhalle<br />
rausgetreten, wurde ich auch schon<br />
herzlich mit einem„holla“ von Jeanette<br />
in Arm begrüßt, da wusste ich, richtige<br />
Entscheidung! Jeanette, eine Britin,<br />
immer lachend und gute Laune versprühend,<br />
war vor einigen Jahren mit<br />
ihrem Mann David ausgewandert, bauten<br />
hier ein Haus, und nun arbeitete sie<br />
als„volunteer“ in Judy´s Petlounge, wo<br />
sie die Buchhaltung und P.R. erledigt.<br />
Ich würde noch weitere„volunteers“<br />
mit einem sehr ähnlichen Hintergrund<br />
besonders aus Kanada und England,<br />
aber auch aus Holland und Deutschland<br />
kennenlernen.<br />
Zunächst fuhren wir mit Jeanettes Jeep<br />
zum Büro von AAASosua, Asociacón de<br />
amigos por los animales de Sosúa.<br />
Judy, immer in Action<br />
Die Leiterin, Judy, kam 1996 nach Sosua,<br />
um als Tierarzthelferin für einen amerikanischen<br />
Tierarzt zu arbeiten. Mit der<br />
Zeit wandte sie sich jedoch Tieren zu,<br />
deren medizinische Versorgung nicht<br />
sichergestellt werden konnte, und gründete<br />
mit Kathryn Neal eine Stiftung zu<br />
deren Schutz. Nach deren Tod, führt<br />
Judy die AAASosua alleine fort. Sie<br />
denkt und spricht schnell, so dass sogar<br />
andere Amerikaner manchmal Probleme<br />
haben, ihr zu folgen. Kaum angekommen<br />
in der AAASosua, wurde<br />
ich gleich von einer deutschen Besucherin,<br />
die einen Fundhund zur Kastration<br />
abgeben wollte, zum Barbecue<br />
eingeladen. Diese Dame, eine ehemalige<br />
Übersetzerin für die EU, lebt mit<br />
ihrem amerikanischen Ehemann, einem<br />
Architekten, auf der Seahorse Ranch,<br />
einer sogenannten guarded area. Der<br />
von ihr am Strand gefundene <strong>Hund</strong><br />
war ein Streuner. In der Dominikanischen<br />
Republik gibt es zwei Arten von<br />
<strong>Hund</strong>en, Beachdogs und Streetdogs.<br />
Die <strong>Hund</strong>e fühlen sich häufig in Ihrer<br />
Umgebung wohl, sie leben häufig solitär<br />
oder in kleinen Gruppen und sind<br />
gegenüber Passanten, egal ob Dominikaner<br />
oder Ausländer, sehr offen. Woraus<br />
man schließen kann, dass die Tiere<br />
gut behandelt werden. Jedoch gehört<br />
es zur Tagesordnung, dass <strong>Hund</strong>e immer<br />
wieder vergiftet werden, Krankheiten<br />
zum Opfer fallen, und nicht zuletzt<br />
durch Welpenreichtum für ihre<br />
eigene Dezimierung sorgen.<br />
Nach kurzem„Hallo“ und Vorstellung<br />
der Praxis, die erstaunlich gut eingerichtet<br />
ist, zwei Inhalationsnarkosegeräte,<br />
zwei OP- Tische, Autoklaven, etc.<br />
stehen zur Verfügung, bekam ich meinen<br />
ersten Einsatz mitgeteilt: Am nächsten<br />
Tag sollte ich nach Santiago fahren,<br />
der zweitgrößten Stadt der DR. Dort<br />
Judy, die Leiterin der Stiftung „Freunde<br />
der Tiere von Sosùa“ (AAASosua)<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
hatte eine befreundete dominikanische<br />
Tierärztin, Giselle, mindestens 80<br />
<strong>Hund</strong>e und 150 Katzen aufgenommen,<br />
die ein deutsches Ehepaar, welches das<br />
Land Hals-über-Kopf verlassen musste,<br />
zurückgelassen hatte. Bemerkenswert<br />
hierbei ist, dass das ehemals wohlhabende<br />
Ehepaar, aus den Staaten einreisend<br />
mehrfache mittels eines Privatjets<br />
streunende Katzen aus Delaware, U.S.,<br />
hatte einfliegen lassen. Da die Flucht<br />
kopfüber geschah, mussten diese Tiere<br />
schnellstens aufgenommen werden,<br />
da sie ansonsten sich selbst überlassen<br />
worden wären, was für die große Mehrheit<br />
vermutlich den Tod bedeutet hätte.<br />
Da der Vater von Giselle eine Hühnerfarm<br />
am Stadtrand von Santiago betreibt,<br />
wurden dort freie Stallungen<br />
genutzt, um die <strong>Hund</strong>e unterzubringen.<br />
Der mehrmalige Transport mittels<br />
LKW für die circa 80 Kilometer lange<br />
Strecke, sowie die gesamten Kosten<br />
für Kastrationen und anfallende Futterkosten,<br />
zum Teil medizinische Betreuung,<br />
muss von Giselle und der AAASosua<br />
getragen werden. Zusätzlich stellt der<br />
Vater von Giselle täglich Personal ab,<br />
das die Tiere versorgt, die Unterkünfte<br />
reinigt, etc. Nach der kurzen Einführung<br />
in der Praxis nahm mich Jeanette mit<br />
zu sich nach Hause, wo ich ihren Mann<br />
David kennenlernte. Ich hatte ein nettes<br />
Zimmer mit Blick auf Bananenstauden<br />
und umherlaufenden Hühnern,<br />
und wurde von dem Ehepaar, welches<br />
trotz ihrer Herzlichkeit stets auch Privatsphäre<br />
bot, mit einem Abendessen<br />
empfangen.<br />
Am nächsten Morgen fuhren Judy und<br />
Francin, ein holländischer volunteer,<br />
die auch im größten Chaos Ruhe und<br />
Ordnung verbreiten konnte, zusammen<br />
mit zwei Mitarbeitern einer ame-<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 35
<strong>Tierschutz</strong><br />
rikanischen <strong>Tierschutz</strong>organisation<br />
nach Santiago. Mir fiel dabei zum ersten<br />
Mal auf, dass die Organisationen vor<br />
Ort auch zusammenarbeiten. Wenn<br />
Geld oder Medikamente, natürlich immer<br />
im Mangel, oder Unterkünfte gebraucht<br />
werden, versucht man sich gegenseitige<br />
bestmöglich zu helfen. So<br />
auch bei unserem anstehenden Einsatz<br />
in Santiago, während dem die von<br />
Giselle aufgenommenen Tiere behandelt<br />
und kastriert werden sollten. Da<br />
Giselle außerdem Parasitologie und<br />
Labortierkunde an der Uni in Santiago<br />
lehrt, waren für meinen dortigen Einsatz<br />
auch täglich Studenten angekündigt,<br />
die praxisorientiert die Arbeit<br />
unterstützen wollten.<br />
Angekommen in der Hacienda Urbana,<br />
der Praxis von Giselle, die gleichzeitig<br />
auch ein Tiersalon und eine Tierpension<br />
ist, warteten schon die ersten <strong>Hund</strong>e<br />
auf ihre Kastration. Auch hier wurden<br />
wir sehr freundlich empfangen. Was<br />
mir besonders gefiel, war, dass ich zu<br />
keinem Zeit das Gefühl hatte, dass Einheimische<br />
sich nicht um das Wohl ihrer<br />
Tiere kümmerten, oder dass jetzt der<br />
tolle Tierarzt aus Deutschland kommen<br />
musste, der den Leuten erst einmal<br />
zeigen würde, wie man Tiere behandelt.<br />
Viel mehr profitierten beide Seiten von<br />
einem großen Wissenspool.<br />
Das Konzept des Aufbaus der Kastrationsstätte<br />
in Giselles Hinterhof, vergleichbar<br />
einem Feldlazarett, hatten<br />
wir in verschiedene Stationen eingeteilt:<br />
1. OP-Vorbereitung, 2. OP-Tisch<br />
mit mobiler Gasinhalationsnarkose<br />
und 3. OP-Nachsorge. Jeder Bereich<br />
wurde abwechselnd mit volunteers<br />
und Studenten besetzt, die in ihre Stationen<br />
eingewiesen, verschiedene Aufgaben<br />
übernahmen. Hier muss ich die<br />
36<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Santiago: Studenten und Volontäre<br />
unterstützen die Arbeit in der Kastrationsstätte<br />
der dominikanischen Tierärztin<br />
Giselle<br />
einzige Kritik äußern, die ich während<br />
meines Aufenthalts hatte. Es ist in jedem<br />
Land schwierig, die studentische Aufmerksamkeit<br />
auf sich zu ziehen, dabei<br />
vor allem das nötige Verantwortungsbewusstsein<br />
zu vermitteln, zum Beispiel<br />
dass die saubere Vorbereitung<br />
des Patienten, das Scheren, die exakte<br />
Medikation, die Narkoseüberwachung,<br />
Protokollierung, etc. mindestens genauso<br />
wichtig sind, wie die Operation an<br />
sich. Da natürlich fast jeder Student<br />
selbstständig operieren will, war es<br />
manchmal für mich schwierig die Studenten<br />
auf ihre Arbeit zu fokussieren.<br />
Natürlich musste ich auch in einigen<br />
Momenten Kompromisse mit meiner<br />
Einstellung akzeptieren. Insbesondere<br />
hatte ich in meiner Unilaufbahn nur in<br />
Zeiten von Praktika OPs aktiv begleitet<br />
und durfte erst in den oberen Semestern,<br />
nachdem ich mich bei Vorarbeiten<br />
bewiesen hatte, handwerkliche Griffe<br />
tätigen. Hier führten sogar Studenten<br />
unterer Semester nach kurzer Einführung<br />
OPs aus, obwohl ihnen kaum die<br />
Anatomie, insbesondere aber zumindest<br />
aber weder OP-Technik noch Pharmakologie<br />
bekannt waren. Natürlich<br />
war mir auch das Kupieren der Schwänze<br />
von circa vier bis fünf Wochen alten<br />
Rottweiler-Welpen ein Greuel. Dennoch<br />
ist dies kein Manko des <strong>Tierschutz</strong>gedankens<br />
in der DR, denn auch in<br />
Deutschland habe ich gleiche Probleme<br />
gesehen. Das versöhnliche an dieser<br />
Situation war, dass ich mit den Leu-
ten im Gespräch meine Einstellung<br />
offen darstellen konnte, ohne dass<br />
sich jemand verletzt gefühlt hätte.<br />
Mein ursprünglich für zwei Tage geplanter<br />
Einsatz in Santiago, während<br />
dessen ich bei Giselles offener und gastfreundlicher<br />
Familie wohnte, die mich<br />
großzügig umsorgte, wurde spontan<br />
um zwei Tage verlängert, da Giselle<br />
nach zwei Tagen in die U.S.A. aufbrach,<br />
um Spenden für ihre Mission aufzubringen.<br />
Da wir keine ausreichende Beleuchtung<br />
in unserem provisorischen Lazarett<br />
hatten, mussten wir unsere Arbeit<br />
täglich gegen 17 Uhr einstellen. Deshalb<br />
fuhr ich an zwei Abenden mit<br />
Giselles Eltern zu deren Farm, um mir<br />
dort ein Bild von den Zuständen der<br />
<strong>Hund</strong>e machen zu können, die von dem<br />
deutschen Ehepaar zurückgelassen<br />
worden waren. Im Dunkel der Nacht<br />
fuhren wir auf das Gelände, zunächst<br />
sah ich riesige Freilufthühnerställe mit<br />
Bodenhaltung. Schon von weitem hörte<br />
ich <strong>Hund</strong>e bellen. Wir waren mit dem<br />
Truck von Giselles Eltern unterwegs,<br />
auf der Ladefläche hatten wir fünf <strong>Hund</strong>e,<br />
die wir in den Tagen zuvor kastriert<br />
hatten.<br />
Einer der <strong>Hund</strong>e hustete zwischendurch<br />
immer wieder, bis zu meiner Abreise<br />
war für mich nicht klar, ob sich<br />
hier eine Staupe anbahnte, was fatale<br />
Folgen für den Bestand haben könnte.<br />
Im hinteren Teil der Farm befanden<br />
sich also ungenutzte Ställe, in den gemauerte<br />
Verliese benachbart angelegt<br />
waren, alle waren durch eine gemeinsame<br />
Rinne miteinander verbunden,<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
Die von einem deutschen Ehepaar in Santiago zurückgelassenen <strong>Hund</strong>e wurden mit einfachsten Mitteln am Leben erhalten.<br />
Giselle und ihre Helfer kastrierten und behandelten mindestens 80 <strong>Hund</strong>e<br />
Schnauze Berlin<br />
Inhaberhin Dörte Wilfroth<br />
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über die ständig Wasser lief. Sollten die<br />
<strong>Hund</strong>e nun daraus trinken, würden<br />
diejenigen am Ende des Gebäudes natürlich<br />
unter Umständen auch Verunreinigungen<br />
durch Harn, Kot, etc. der<br />
vorherigen Ställe aufnehmen. Die Ställe<br />
an sich waren erstaunlich sauber,<br />
auch wenn faustgroße Kakerlaken<br />
aufgeschreckt umherliefen, sobald ich<br />
in der totalen Dunkelheit eine Lampe<br />
anmachte oder ein Foto schoss. In jedem<br />
der Ställe fanden sich zwischen<br />
einem und drei <strong>Hund</strong>en, die teilweise<br />
neugierig die Köpfe durch die Gitter<br />
streckten, sich teilweise auch in die<br />
Beratung zu Erziehungsfragen<br />
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1 / 2011 • der absolut-hund report 37
<strong>Tierschutz</strong><br />
letzte Ecke zurückdrängten, sobald<br />
ich an ihrer Tür erschien.<br />
Die Besuche auf der Hühnerfarm bewegten<br />
mich sehr tief, denn obgleich<br />
hier versucht wurde, mit einfachsten<br />
Mitteln die Tiere am Leben zu halten,<br />
bis eine bessere Möglichkeit gefunden<br />
worden war, befanden sich diese in<br />
einem Zustand, der mich beschämte,<br />
als mir klar wurde, mit welchen Problemen<br />
ich mich manchmal in Deutschland<br />
konfrontiert sehe. Mir wurde in<br />
diesem Moment klar, dass diese Reise<br />
nicht mit der Rückkehr nach Deutschland<br />
enden konnte, sondern dass ich,<br />
dass wir als Tierärzte und Menschen<br />
mit gesundem Verstand diese Tiere<br />
nicht einfach ihrem Schicksal und den<br />
Bemühungen von AAASosua und Giselle<br />
und ihrer Familie überlassen konnten.<br />
Ich dachte daran, dass es besser<br />
wäre, aus tierschutzrechtlichen Gründen<br />
die <strong>Hund</strong>e, die entweder eine aufwendige<br />
Therapie benötigten oder<br />
aufgrund einer Erkrankung oder beispielsweise<br />
einer Fraktur, die nicht ausreichend<br />
behandelt werden könnte,<br />
was außerdem die Vermittlung an Besitzer<br />
oder die Rückkehr auf die Straße<br />
wesentlich erschweren würde, mit humaneren<br />
Methoden eingeschläfert<br />
werden sollten, als zum Beispiel mit<br />
hochdosiertem Kaliumchlorid. Dadurch<br />
würde sich für die <strong>Hund</strong>e mit weniger<br />
oder keinem Leiden eine reelle Chance<br />
bieten, in eine glücklichere Zukunft<br />
entlassen zu werden, außerdem hätten<br />
die anderen <strong>Hund</strong>e zumindest die<br />
Möglichkeit, in Würde gehen zu können.<br />
Mit diesen und anderen Gedanken<br />
fuhr ich nach vier Tagen in Santiago<br />
zurück nach Sosúa.<br />
Nach einer Nacht in Judys Haus, die ich<br />
nun endlich auch genauer kennenler-<br />
38<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Die Patienten werden von den freiwilligen Helfern liebevoll versorgt<br />
Frauen aus aller Herren Länder leisten in der AAASosua unbezahlte, aber wertvolle<br />
Arbeit<br />
nen konnte, ging nun die Arbeit in Sosúa<br />
los. Hier fühlte ich mich nach den<br />
ersten Tagen in den improvisierten Umständen<br />
wie in einer Hightec-Klinik, als<br />
ich am ersten Morgen zusammen mit<br />
Dr. Frank, der mehrmals jährlich seine<br />
Praxis in Massachusetts vertreten ließ,<br />
um mit seiner Frau Karen zusammen<br />
an Judy´s Projekt teilzunehmen, unsere<br />
ersten Patienten zu kastrieren. Mit<br />
Frank war das Arbeiten leicht, profes-<br />
sionell und mit großer Ruhe dirigierte<br />
er die volunteers, arbeitete dabei schnell<br />
und sauber, und die eine oder andere<br />
Technik konnte ich mir bei ihm, der<br />
schon wesentlich mehr Erfahrung als<br />
ich als Assistent hatte, abgucken.<br />
Judy hatte ihr Team aus Volontären<br />
sehr gut im Griff. Besonders, wenn man<br />
bedenkt, dass keine der Damen eine<br />
Ausbildung als Tierarzthelfer oder Tier-
pflegerin hatte. Die Volontäre waren in<br />
aller Regel Frauen aus aller Herren Länder,<br />
die ohne Bezahlung halbtags die<br />
Praxisarbeit unterstützten. Natürlich<br />
wurde bei diesen Gelegenheiten auch<br />
immer der neueste Tratsch getauscht<br />
und so ging den Damen auch nie der<br />
Gesprächsstoff aus, immer unter den<br />
wachsamen Augen Judy´s, die dafür<br />
sorgte, dass jeder seine Aufgaben mit<br />
größtmöglicher Sorgfalt erledigte. In<br />
Anbetracht der Umstände ist es erstaunlich,<br />
dass wir bei gut hundert Kastrationen<br />
in etwa zehn Tagen „nur“ zwei<br />
<strong>Hund</strong>e verloren haben, wobei eine der<br />
beiden Patienten durch eine Hernie<br />
bedingt wahrscheinlich einen Gebärmuttervorfall<br />
durch die Bruchpforte<br />
erlitten hatte, die nachfolgend wohl<br />
schon Tage vor der chirurgischen Versorgung<br />
zu einer Pyometra geführt haben<br />
mochte.<br />
Abgesehen von der fachlichen Exkursion<br />
in die DR, wollte ich natürlich auch<br />
Land und Leute kennenlernen, da ich<br />
mir aus dem persönlichen Antrieb, den<br />
Schwerpunkt meiner Reise auf das Projekt<br />
zu legen, vorgenommen hatte,<br />
nicht umherzureisen, habe ich die Städte<br />
Santiago und Sosúa sowie Cabarete<br />
genauer gesehen. Dennoch muss ich<br />
sagen, dass ich jede Stadt sicherlich<br />
ganz anders kennenlernen konnte, als<br />
ego-dog<br />
Beratung/Training/Therapie<br />
Inhaberin Ingrid Köcher<br />
Heinestraße 18 • 91074 Herzogenaurach<br />
Telefon: 0162-9661057<br />
E-Mail: ikoecher@ego-dog.de<br />
www.ego-dog.de<br />
ein 08/15-Pauschalurlaub aus dem Reisebüro<br />
das möglich machen könnte.<br />
Täglich erhielt ich mehrere Angebote,<br />
um Leute auf ihren Anwesen zu besuchen,<br />
während meines Aufenthalts<br />
fand außerdem am Strand von Cabarete<br />
ein Jazzfestival statt, zu dem mich<br />
volunteers mitnahmen, genauso wie<br />
ein Surfcup, der am Strand von Cabarete<br />
stattfand, ein in der Szene bekanntes<br />
Surfermekka, dass mich ein wenig an<br />
Del Mar in Kalifornien erinnerte. Dort<br />
gibt es auch viele Kiteschulen.<br />
Zum Reiten kam ich leider nicht mehr,<br />
unvergessen bleibt jedoch zum Beispiel<br />
die Einladung zum Thanksgiving-<br />
Diner von Dr. Frank, seiner Frau Karen<br />
und deren Vermietern Bruce und Cary,<br />
deren Villa direkt am Meer der erste<br />
Ort auf der Welt war, an dem ich gleichzeitig<br />
zwei Regenbögen sah.<br />
Besonders an dieser Reise empfand<br />
ich, ohne großen Aufwand mit vielen<br />
Leuten von überall her in Kontakt kommen<br />
zu können und einen Blick in ihr<br />
Leben zu bekommen, ohne Verpflichtungen<br />
eingehen zu müssen. Wenn ich<br />
jedoch zurückgezogen meines eigenen<br />
Weges gehen wollte, so war auch dies<br />
kein Problem. Judy, die durch ihre Arbeit<br />
viele Leute in der Umgebung<br />
kennt, hat viele Gönner, so war es mir<br />
<strong>Tierschutz</strong><br />
zum Beispiel freigestellt, in einem kleinen,<br />
sauberen Hotel direkt in Sosúa zu<br />
wohnen, von wo ich an jedem Tag meiner<br />
dortigen Zeit meine allabendlichen<br />
Erkundigungstouren durch Sosúa startete.<br />
Sosúa ist eine Stadt, die auf Entertainment<br />
besonders von Männern ausgerichtet<br />
ist, daher war die Stadt für mich<br />
zwar interessant, jedoch hielt ich mich<br />
lieber in Cabarete auf, wo ich teils der<br />
warmen Brandung des Atlantiks fröhnte,<br />
teils durch die Hauptstraße schlenderte<br />
und mich an den vielen Surfshops<br />
und dem entsprechenden Publikum<br />
kaum satt sehen konnte.<br />
Zwei Wochen gingen schnell vorbei,<br />
trotz der Projektarbeit fühlte ich mich<br />
erholt und zudem ein noch tieferes<br />
Band zu meinem Beruf. Und zum Idealismus,<br />
der diesem anhaftet: gerne<br />
möchte ich in die DR zurückreisen,<br />
weitere Tiere behandeln, aber auch hier<br />
in Deutschland weitere Kollegen und<br />
Menschen ermutigen, den Aufrufen<br />
von AAASosua und gleichen Organisationen<br />
zu folgen, um vor Ort ein Bewusstsein<br />
für unsere Mitgeschöpfe zu<br />
entwickeln, was in Anbetracht der Umstände<br />
im Nachbarland Haiti, die menschenunwürdig<br />
sind, sicherlich nicht<br />
einfach ist. Dennoch musste ich während<br />
meiner Reise in die DR öfters an<br />
einen Satz Ghandis denken, der mir in<br />
Deutschland trotz unserer Entwicklung<br />
nicht immer so offensichtlich erscheint:<br />
Die Entwicklungsstufe einer Gesellschaft<br />
offenbart sich am Umgang mit<br />
ihren Tieren.<br />
Mit freundlicher Genehmigung<br />
von I. Gorski-Grobe<br />
www.kreolischerhund.de/<br />
Kastrationsprojekte.php<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 39
Geschichte<br />
Es ist anzunehmen, dass der Kangal von<br />
den <strong>Hund</strong>en abstammt, die in Zentralasien<br />
bzw. dem Zweistromland, also<br />
der Gegend zwischen Euphrat und Tigris,<br />
dem heutigen Irak und dem Osten<br />
der Türkei, mit den Hirten lebten und<br />
deren Herden bewachten. Grundlage<br />
dieser Theorie ist allerdings die Richtigkeit<br />
der These aus der Haustierforschung,<br />
dass der Ursprung der Schafzucht in<br />
Mesopotamien liegt. Leider gibt es,<br />
wie von den meisten Hirtenhunden,<br />
keinerlei schriftliche Hinweise aus der<br />
40<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Rasseporträt<br />
Der Kangal<br />
Der Ursprung dieser Rasse ist nicht so ganz einfach nachzuvollziehen, da er wohl sehr weit<br />
zurückliegt und sich nach so langer Zeit naturgemäß ein ziemliches Gemisch aus Wahrheit,<br />
Mythos und Kult entwickelt hat.<br />
Ursprungszeit dieser Rasse, waren sie<br />
doch zu jener Zeit neben den Jagdund<br />
Kriegshunden eher bedeutungslos.<br />
Zur Betrachtung der Entstehung des<br />
Kangal ist es interessant, sich die Geschichte<br />
der Türkei in solchen Zeiten<br />
anzuschauen, als diese unter Besatzung<br />
geriet, wie z.B. um 1200 v. Chr. durch<br />
die Hethiter. Die Hethiter waren ein<br />
kriegerisches Volk indo-europäischer<br />
Abstammung, welches die Region der<br />
heutigen Türkei, sowie Irak und Syrien<br />
um circa 2000 v. Chr. eroberten und für<br />
Foto: iStockphoto<br />
circa 1000 Jahren besetzt hielten. Die<br />
Oberschicht dieses landwirtschaftlich<br />
hoch entwickelten Volkes betrieb Pferdezucht,<br />
während das gemeine Volk<br />
Schafzucht betrieb. Sie kontrollierten<br />
regelmäßig die Handelswege ihres riesigen<br />
Reiches, wobei sie ihre Schafherden<br />
mit sich führten und dementsprechend<br />
auch <strong>Hund</strong>e zu deren Schutz.<br />
Die Existenz dieser großen, dunkelfarbigen<br />
<strong>Hund</strong>e molossoiden Typs ist<br />
durch archäologische Funde belegbar.<br />
Die Situation Mittelanatoliens wurde<br />
um 1900 v. Chr. durch ein weit verzweigtes<br />
Handelsnetz unter assyrischer Füh-
ung geprägt. Die Waren wurden mit<br />
Eselskarawanen durch das Land transportiert,<br />
welche immer von großen<br />
wehrhaften <strong>Hund</strong>en begleitet wurden.<br />
So fand eine Verbreitung und Kreuzung<br />
dieser <strong>Hund</strong>e bis hin nach Indien statt.<br />
Über die Karawanen der Seidenstraße<br />
wurden ebenfalls Tiere und auch <strong>Hund</strong>e<br />
nach Anatolien gebracht. Da die heutige<br />
Kangal-Farbe eine bessere Tarnung<br />
innerhalb der Herden darstellt, scheint<br />
die Farbe von den großen dunklen<br />
<strong>Hund</strong>en dahingehend verändert worden<br />
zu sein. Gräuliche, beige oder auch<br />
weiße Fellfarbe kommt bei den meisten<br />
Hirtenhunden vor.<br />
Immer wieder wechselten die Herrschaftsverhältnisse<br />
in Zentralasien.<br />
Seit dem 7.Jh. fand der Islam in Zentralasien<br />
und vielen türkischen Stämmen<br />
Verbreitung. Hier seien die Seldschuken<br />
und einige turkmenische Stämme genannt,<br />
die in Kleinasien eindrangen.<br />
977 kam es erstmals zu einer türkischislamischen<br />
Staatsgründung. In dieser<br />
Zeit bildete sich zum Schutz des Handels<br />
ein weit verzweigtes Netz von Karawansereien<br />
und Gasthäusern und es<br />
drangen Herdenschutzhunde Mittelasiatischen<br />
Typs in Anatolien ein, welche<br />
weiteren Einfluss auf die Entstehung<br />
der heutigen türkischen Hirtenhunde-<br />
rassen nahmen. Mit der Zeit entwickelten<br />
sich daraus hauptsächlich zwei<br />
Rassen in der Türkei, einmal der Akbash<br />
(Weißkopf), der hauptsächlich im Westen<br />
der Türkei Verbreitung fand und<br />
der Kangal, der hauptsächlich im Osten<br />
der Türkei lebte. Das mag auch mit<br />
den unterschiedlichen klimatischen<br />
Verhältnissen der Türkei zu tun haben,<br />
dass also der Kangal mit dem Klima im<br />
Osten besser klar kam. Als einigermaßen<br />
gesicherte Rasse taucht der Kangal<br />
unter seinem ursprünglichen Namen<br />
alptraumhund • Inhaberin Petra Marx<br />
Problemhundberaterin, Problemhundtherapeutin,<br />
Gebrauchshundeausbilderin<br />
45239 Essen • Mobil: 0160 / 855 502 5<br />
E-Mail: anfrage@alp-traumhund.de<br />
www.alp-traumhund.de<br />
Rasseporträt<br />
Karabash so ab dem 16. Jh. auf. Dieser<br />
Name bedeutet so viel wie„Schwarzkopf“.<br />
Im Osmanischen Reich hatte er<br />
seinen festen Platz und war dort überall<br />
präsent. Die meisten dieser <strong>Hund</strong>e<br />
hatten eine schwarze Maske oder einen<br />
schwarzen Kopf. So wurden sie dann<br />
auch über Jahrhunderte weiter gezüchtet<br />
und fanden unter anderem in den<br />
„Scharfe <strong>Hund</strong>e von der Größe eines Esels.“ – So bezeichnete der Autor<br />
H. Grüner die Hirtenhunde in seinen Reisebeschreibungen um 1950<br />
Foto: www.kangal-dog.de<br />
Reisebeschreibungen des Autors H. Grüner<br />
um 1950 Erwähnung. Dieser bezeichnete<br />
sie als scharfe <strong>Hund</strong>e von der<br />
Größe eines Esels. Hier sei erwähnt,<br />
dass die Esel des Landes eher klein waren.<br />
Als interessantes Detail erwähnt er<br />
auch die nach außen gerichteten Stachelhalsbänder,<br />
die diese <strong>Hund</strong>e zu<br />
ihrem eigenen Schutz (z.B. gegen Wolfsangriffe<br />
auf die Herden) trugen. Aus<br />
dieser Zeit stammt auch die Auffassung,<br />
dass der Kangal ein Kämpfer sei, was<br />
aber nicht den Tatsachen entspricht.<br />
Grundsätzlich vermeidet er Auseinandersetzungen<br />
und versucht zunächst<br />
Angreifer durch Drohgebärden zu vertreiben.<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 41
Rasseporträt<br />
Der heute noch gültige Rassestandard<br />
dieser <strong>Hund</strong>e wurde vor circa 60 Jahren<br />
durch die Familie Kangal festgeschrieben,<br />
die diese <strong>Hund</strong>e schon Jahrhunderte<br />
lang züchtete, wie auch viele andere<br />
Familien und Hirten. Hier entstand<br />
der Name „Kangal“ für diese Rasse.<br />
Allerdings gibt es auch noch einige andere<br />
Bezeichnungen: Kangal (geht auf<br />
den Rassestandard der Familie Kangal<br />
zurück), Karabash (heißt eigentlich<br />
nichts anderes als Schwarzkopf), Sivas-<br />
Kangal (Kangal aus der Region um<br />
Sivas, wobei der Ursprung der Rasse<br />
ausdrücklich nicht dort ist), Kars-<strong>Hund</strong><br />
(eine Rasse, die es gar nicht gibt, ist lediglich<br />
ein bestimmter Schlag des Kangals),<br />
Coban Copegi (beizeichnet genau<br />
genommen jeden <strong>Hund</strong>, der an der<br />
Herde arbeitet, wörtlich„<strong>Hund</strong> des Hirten“).<br />
Es ist immer der gleiche <strong>Hund</strong><br />
damit gemeint. Für völlige Verwirrung<br />
allerdings sorgt die Bezeichnung„Anatolischer<br />
Hirtenhund“. Dazu aber im<br />
Folgenden noch mehr.<br />
Trotz fehlender internationaler Anerkennung<br />
werden in der Türkei neben<br />
Bemühungen um den Standard auch<br />
Zuchtprogramme aufgelegt, die aller-<br />
42<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
dings bei weitem nicht zu vergleichen<br />
sind mit denen anderer Rassen in anderen<br />
Ländern. Hier seien hauptsächlich<br />
die Orte Ankara, Ulas, Kangal und Konya<br />
zu nennen, die sich mit Zuchtprogrammen<br />
hervor getan haben. Durch Exporte<br />
nach England und USA in den 60er<br />
Jahren begann der Einzug des Kangals<br />
in alle Kontinente. Im Oktober 1996<br />
fand das erste internationale Symposium<br />
zum Türkischen Hirtenhund statt.<br />
Hier waren sich die nationalen und internationalen<br />
Experten einig, dass es<br />
nicht den Türkischen Hirtenhund gibt,<br />
sondern mehrere Hirtenhunderassen,<br />
von denen der Kangal eine eigenständige<br />
Rasse ist. 1999 gab es in Sivas das<br />
erste große Kangal Festival. Der Kangal<br />
ist heute zu einem folkloristischen Status<br />
aufgestiegen und es wurden ihm<br />
sogar zwei Briefmarken gewidmet.<br />
Der Standard des Kangal<br />
Der Kangal ist großrahmig und kräftig<br />
gebaut. Er hat einen breiten und kräftigen<br />
Kopf. Sein Haarkleid ist dicht. Um<br />
Begleiter der Herden sein zu können,<br />
muss er trotz seiner Größe schnell und<br />
ausdauernd sein. Sein Schädel ist groß,<br />
breit und massiv, zwischen den Behängen<br />
leicht abgerundet. Sein Hinterhauptbein<br />
ist gut ausgeprägt ohne hervorzutreten.<br />
Das Verhältnis Oberkopf –<br />
Vorgesichtsschädel beträgt etwa 2:1.<br />
Die Kopfhaut liegt gut an, wobei bei<br />
Aufmerksamkeit Falten auftreten können.<br />
Der Stopp ist nur schwach ausgeprägt.<br />
Der Nasenrücken ist kürzer als<br />
der Oberkopf vom Hinterhauptbein<br />
bis zum Stopp. Die breite flache Stirn<br />
wird durch eine leichte Furche scheinbar<br />
halbiert. Die Backenmuskulatur ist<br />
stark entwickelt. Dadurch wirkt der<br />
Schädel kantig, fast rechteckig, gerade.<br />
Der Kangal hat einen gut ausgebildeten,<br />
schwarzen Nasenspiegel, ebenso<br />
schwarze Lefzen. Die Oberlippe liegt<br />
gut an, während die seitliche Belefzung<br />
leicht hängend wirken kann. Die kräftig<br />
ausgebildeten Ober- und Unterkiefer<br />
weisen ein vollzahniges, regelmäßiges<br />
Scherengebiss auf. Die dunklen bis<br />
bernsteinfarbenen Augen sind klein<br />
und mandelförmig, gut eingebettet<br />
und mit schwarzen Lidrändern eng<br />
anschließend. Zum Jochbein hin weisen<br />
die Augenwinkel einen dunklen<br />
Saum auf. Seitlich am Kopf angesetzt<br />
Die breite, flache Stirn, der kantig wirkende<br />
Schädel und ein fast fließender<br />
Stopp sind typische Merkmale des Kangals<br />
Foto: www.kangal-dog.de
hat der Kangal ein V-förmiges Hängeohr,<br />
welches am Zipfel abgerundet ist.<br />
Es liegt eng an. In der Türkei werden<br />
bei aktiven Hirtenhunden auch heute<br />
noch die Ohren kupiert, was aber außerhalb<br />
des Landes unerwünscht bzw.<br />
verboten ist.<br />
Der Kangal hat einen relativ kurzen,<br />
stark bemuskelten Hals. Der Kragen<br />
läuft zwischen den Schulterblättern<br />
spitz aus. Große schwere Typen haben<br />
eine Wamme. Er hat eine tiefe, mäßig<br />
breite Brust. Der Brustkorb reicht bis zu<br />
den Ellenbogengelenken und hat zu<br />
den Flanken hin eine gut ansteigende<br />
Begrenzungslinie. Die Rippen sind gut<br />
gewölbt, wobei sie an den Seiten im<br />
unteren Drittel etwas abflachen. Der<br />
Körperbau ist muskulös, mit festem,<br />
geradem und stark bemuskelten Rücken.<br />
Dabei hat er kein Gramm Fett zuviel.<br />
Der Widerrist ist leicht erhöht. Der<br />
Rumpf ist passend zur Beinlänge. Die<br />
Lendenpartie ist fest und kräftig und<br />
oben leicht gewölbt. Von einem breiten<br />
Rutenansatz hängt die Rute in Ruhestellung<br />
bis zum Sprunggelenk, wäh-<br />
rend sie bei Erregung zusammengerollt<br />
über der Kruppe getragen wird,<br />
wobei das Fell möglichst buschig wirkt.<br />
Er hat muskulöse Schultern mit einem<br />
in den Oberarm flach gewinkelten Schulterblatt.<br />
Von vorn wirkt es nahezu senkrecht.<br />
Die kräftigen Vorderläufe stehen<br />
gut nebeneinander und münden in ein<br />
kräftiges Vorderfußwurzelgelenk. Die<br />
Gesamtlänge des Unterarms beträgt<br />
mindestens die Hälfte der Widerristhöhe.<br />
Die kräftig bemuskelten Hinterläufe<br />
sind gut gewinkelt, wobei das<br />
Hüftbein steiler gelagert ist. Schaut<br />
man von hinten, stehen die Pfoten senkrecht<br />
unter den Hüftgelenken parallel<br />
zueinander. Das Kniegelenk wirkt etwas<br />
gestreckt. Die Unterschenkel sind kurz<br />
und münden in ein kräftiges Sprunggelenk<br />
und einen massiven Mittelfuß.<br />
Der Kangal hat kräftige, gut gewölbte<br />
Katzen- oder Wolfspfoten. Die Krallen<br />
sind kurz bis mittellang, hell oder<br />
schwarz. Die Ballen sind elastisch. Eine<br />
einfache oder doppelte Afterkralle ist<br />
erlaubt. Die Vorderpfoten sind größer<br />
als die Hinterpfoten. Der Kangal hat ei-<br />
Der Körperbau des Kangals ist muskulös und kräftig, der Gang federnd und entspannt<br />
mit langsamen Bewegungen – Foto: www.kangal-dog.de<br />
Rasseporträt<br />
nen entspannten, federnden, kraftvollen<br />
Gang. Er bevorzugt langsame Bewegungen,<br />
die allerdings wenn nötig<br />
in hohe Geschwindigkeiten übergehen<br />
können. Dabei sollen sich die Gliedmaßen<br />
parallel und geradlinig bewegen<br />
und die Rückenlinie auf einem Niveau<br />
bleiben.<br />
Der Kangal hat dunkle, dichte Unterwolle.<br />
Das Fell ist kurz und stockhaarig.<br />
Am Kopf und an den Gliedmaßen liegen<br />
die Haare kurz und fest an. Bei gutem<br />
Pigment ist der Kangal einfarbig.<br />
Die Palette reicht dabei von Sandfarben<br />
über Beige bis Stahlgrau. Die Maske,<br />
Brille und Behänge sind dunkel. An<br />
Pfote, Brust und Kinn können weiße<br />
Abzeichen auftreten. Dabei ist am Kinn<br />
lediglich ein kleiner Stern erlaubt. Die<br />
weißen Pfoten können bis zu den Unterarmen<br />
reichen. Die Abzeichen an<br />
der Brust können von Stern über Blesse,<br />
die in einem schmalen Streifen unter<br />
der Brust weiterlaufen kann, auftreten.<br />
Diese Blessen sind oft mit dunklem<br />
Haar abgegrenzt. Die Rutenspitze ist<br />
üblicherweise schwarz, häufig findet<br />
sich noch ein schwarzer Fleck in der<br />
Mitte der Rute. Das Gewicht beträgt<br />
bei Rüden 49-64 kg, bei Hündinnen<br />
40-59 kg, die Widerristhöhe bei Rüden<br />
72-81 cm, bei Hündinnen 70-79 cm.<br />
Rüde und Hündinnen sind deutlich<br />
unterschiedlich gebaut.<br />
Zum Ausschluss führen nicht ordentlich<br />
abgestiegene Hoden (Kryptorchismus),<br />
gesteigerte Aggressivität, merkliche<br />
Scheu. Ebenso führen scheckige, gestreifte<br />
oder vielfarbige Zeichnungen<br />
zum Ausschluss. Ein leberfarbener<br />
oder schokoladenbrauner Nasenspiegel<br />
wird nicht geduldet. Außer bei in<br />
der Türkei gezogenen <strong>Hund</strong>en dürfen<br />
die Ohren nicht kupiert sein.<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 43
Rasseporträt<br />
Das Wesen<br />
Das Wesen des Kangals ist im Standard<br />
nicht explizit festgelegt. In einigen Bundesländern<br />
Deutschlands wird er als<br />
Kategorie-2-<strong>Hund</strong> gelistet. Wenn man<br />
sich aber mal seine Charaktereigenschaften<br />
betrachtet, wird man schnell<br />
feststellen, dass er dort fehl am Platze<br />
ist. Bedingt durch die Aufgabe, für die<br />
er gezüchtet wurde und auch heute in<br />
seinem Ursprungsland noch wird, besitzt<br />
der Kangal ein hohes Maß an Eigenständigkeit.<br />
In seinem Job trifft er<br />
seine Entscheidungen selbst und<br />
braucht kaum Anweisungen des Hirten.<br />
In ihrer Heimat sind die Kangals eher<br />
Nutzvieh als <strong>Hund</strong> mit Familienanschluss.<br />
Sie haben einen Job zu erfüllen<br />
und müssen dazu bestimmte Voraussetzungen<br />
und Fähigkeiten mitbringen.<br />
Da sie, wie schon erwähnt, sehr eigenständig<br />
arbeiten, müssen sie intelligent<br />
und aufgrund der nicht immer optimalen<br />
Lebensbedingungen auch sehr anpassungsfähig<br />
sein. Menschliche Zuneigung<br />
erfahren sie bei den Hirten so<br />
gut wie nicht. Durch die Lebensbedingungen<br />
sind die Kangals über die Jahrhunderte<br />
zu einer Rasse geworden,<br />
die sich durch Härte, Selbstständigkeit<br />
und Mut auszeichnet. Zwinger und<br />
44<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
In der Türkei wird der Kangal als Nutzvieh angesehen und für sein eigenständiges<br />
Arbeiten an den Schafherden geschätzt – Foto: www.kangal-dog.de<br />
Zäune braucht der Kangal in seiner Heimat<br />
Anatolien nicht. Aggressives Verhalten<br />
Menschen, vor allem Kindern<br />
gegenüber, wird nicht toleriert und der<br />
<strong>Hund</strong> in der Regel getötet, wodurch<br />
diese <strong>Hund</strong>e dann auch automatisch<br />
nicht weiter verpaart werden. Die Kangals<br />
vermeiden es, sich untereinander<br />
in die Quere zu kommen.<br />
Bei sehr ausgeprägter Verteidigungsbereitschaft<br />
ist der Kangal trotzdem<br />
ein ruhiger und ausgeglichener <strong>Hund</strong>,<br />
der sich nicht zu vorschnellen Aktionen<br />
hinreißen lässt. Sieht er Verteidigungs-<br />
bedarf, greift er nicht unbedingt an,<br />
sondern versucht, die „Feinde“ mit<br />
Drohgebärden in die Flucht zu schlagen.<br />
Einen Kampf wird er möglichst<br />
vermeiden, da er es sich schon aufgrund<br />
der ärmlichen Lebensbedingungen<br />
nicht leisten kann, durch unnötigen<br />
Kraft- und Körpereinsatz Energie<br />
zu verschwenden. Diese Eigenschaften<br />
machen ihn in unseren Breitengraden,<br />
so er sorgfältig sozialisiert wurde, zu<br />
einem angenehmen Familienhund, der<br />
dabei alles schützt, was zur Familie gehört.<br />
Trotzdem gilt selbstverständlich<br />
auch für den Kangal, ihn nie unbeauf-<br />
<strong>Hund</strong>eschule<br />
Weserstein<br />
Inhaberin Sandra Prade<br />
zert. <strong>Hund</strong>eVerhaltensTherapeutin<br />
Tel: 0 55 41 - 77 88 208<br />
Mobil: 0 15 15 - 615 38 97<br />
kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />
www.hundeschule-weserstein.de
sichtigt mit den Kindern allein zu lassen.<br />
Fremden gegenüber ist er reserviert<br />
bis neutral. An Besucher sollte<br />
man ihn heranführen, ohne ihn zur Kontaktaufnahme<br />
zwingen zu wollen.<br />
Alles in allem hat der Kangal eine sehr<br />
hohe Reizschwelle. Ohne diese wäre er<br />
gar nicht in der Lage, seinen Job, für<br />
den er ursprünglich gezüchtet wurde,<br />
auszuführen. Bei all seinen Fähigkeiten<br />
ist er trotzdem ein sehr sensibler <strong>Hund</strong>,<br />
was aber nicht im Gegensatz zu Mut<br />
und Härte zu sehen ist.<br />
Haltung<br />
Der Kangal braucht den Kontakt zu seinen<br />
Menschen. Wenn man sich anschaut,<br />
für welch anspruchsvollen Job<br />
der Kangal ursprünglich gezüchtet wurde,<br />
zeigt sich, dass er eine Aufgabe<br />
braucht, um ausgelastet zu sein. Hier<br />
bieten sich Aufgaben an, bei denen er<br />
seine Nase einsetzen kann (Fährten,<br />
Trailen, andere Sucharbeiten) und auch<br />
Kopfarbeit. Da der Kangal von Haus<br />
aus dazu neigt, sehr eigenständig zu<br />
agieren, ist es wichtig, die Bindung zu<br />
seinem Menschen zu fördern.<br />
Will man ihm das Grundstück zur Verfügung<br />
stellen, muss man es gut absichern,<br />
also einen entsprechend hohen<br />
Zaun ziehen, der auch tief genug eingegraben<br />
werden muss. Durch seine<br />
ursprüngliche Lebensweise, in welcher<br />
er sich beim Bewachen der Herde oft<br />
selbst versorgen musste, bringt er einen<br />
ausgeprägten Jagdtrieb mit sich.<br />
Deshalb heißt es, immer bereit zu sein,<br />
Situationen vorausschauend zu erkennen<br />
um auf unerwünschte Aktionen<br />
des <strong>Hund</strong>es rechtzeitig reagieren zu<br />
können. In der Dämmerung und Nachts<br />
steigt die Wachsamkeit des Kangals<br />
Problemhundetherapeut &<br />
Gebrauchshundeausbilder,<br />
Man- & Pettrailing<br />
an. So kann es sein, wenn man ihm<br />
diesen Job überlässt, dass er häufig<br />
und laut bellt, was natürlich zu Konflikten<br />
mit den Nachbarn führen kann.<br />
Entgegen vieler Aussagen ist es nicht<br />
nötig, ihm Schafe oder Ziegen zum<br />
Hüten zur Verfügung zu stellen. Wenn<br />
man ihn im Welpenalter nicht an diese<br />
Aufgabe heranführt, wird er das auch<br />
später nicht brauchen.<br />
Alles in allem ist der Kangal ein in sich<br />
ruhender <strong>Hund</strong>, umgänglich mit den<br />
zur Gemeinschaft gehörenden Lebewesen,<br />
egal ob Mensch oder Tier. Doch<br />
durch sein Gewicht und seine Größe<br />
kann er im Umgang, gerade auch mit<br />
Kindern, recht rau sein, was auch ohne<br />
Absicht zu Verletzungen führen kann.<br />
Von daher muss man sich immer wieder<br />
bewusst machen, dass der Kangal<br />
kein sanfter Riese und vor allem kein<br />
Kinderhund ist.<br />
Erziehung<br />
Mit der„Erziehung“ des Kangals beginnt<br />
man am besten gleich, wenn der <strong>Hund</strong><br />
sein neues Heim betritt. Egal ob ein<br />
Welpe oder ein älterer <strong>Hund</strong> einzieht,<br />
man sollte ihn sofort lernen lassen,<br />
welche Regeln künftig für ihn gelten<br />
sollen, damit er seine Stellung in der<br />
Rasseporträt<br />
<strong>Hund</strong>ezentrum<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thomas Schwerdtfeger<br />
23847 Schiphorst<br />
E-Mail: HZSH(at)hundezentrumschleswig-holstein.de<br />
Telefon 04536 / 1056<br />
Mobil 0176 / 51077505<br />
www.hundezentrum-schleswig-holstein.de<br />
Gemeinschaft finden kann. Diese muss<br />
für ihn eindeutig sein. Mit übertriebener<br />
Härte wird man beim Kangal nicht<br />
so sehr viel erreichen. Ganz im Gegenteil<br />
wird er, wenn man versucht, ihn<br />
mit harten Methoden zu unterdrücken,<br />
möglicherweise nach vorne gehen<br />
(müssen). Was man bei ihm erreichen<br />
will, erreicht man nur über eine durch<br />
Stetigkeit und Konsequenz aufgebaute<br />
Vertrauensbasis.<br />
Eine Schutzhundausbildung für einen<br />
Kangal ist auf keinen Fall ratsam. Dass<br />
er sich notfalls unter Einsatz seiner Zähne<br />
verteidigen könnte, muss er nicht<br />
erst lernen. Auch wenn er einer möglicherweise<br />
blutigen Auseinandersetzung<br />
möglichst aus dem Weg geht, weiß er<br />
im Ernstfall trotzdem seine Zähne zu<br />
nutzen. Dies aber ist in unserer Gesellschaft<br />
nicht unbedingt erwünscht und<br />
sollte lediglich in bestimmten Berufsgruppen<br />
Anwendung finden.<br />
Da der Kangal schon ein höheres Maß<br />
an Größe, Gewicht und auch körperlicher<br />
Kraft mit sich bringt, ist es sinnvoll,<br />
möglichst schon dem Welpen beizubringen,<br />
dass er mit einem Menschen<br />
anders umgehen muss, als z.B. mit seinen<br />
Wurfgeschwistern oder überhaupt<br />
anderen <strong>Hund</strong>en. Damit sollte man<br />
schon im Welpenalter anfangen, denn<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 45
Rasseporträt<br />
es wäre dem <strong>Hund</strong> gegenüber nicht<br />
fair, ihm erst Dinge zu gestatten, die<br />
man ihm dann später wieder abtrainieren<br />
muss. Dies führt beim <strong>Hund</strong> zu Verwirrung<br />
und ist nicht unbedingt gut<br />
für die Vertrauensbasis zwischen <strong>Hund</strong><br />
und Halter.<br />
Zucht in der Türkei<br />
Trotz einer uralten Tradition der Hirtenhunderassen<br />
in der Türkei, gibt es dort<br />
kein Zuchtwesen nach unseren Maßstäben.<br />
Da der Kangal in der Türkei ein reines<br />
„Arbeitstier“ ist, ist die Arbeitsfähigkeit<br />
höchstes Ziel der Zucht. Optische Merkmale<br />
sind dabei nebensächlich. Der<br />
<strong>Hund</strong>, der nicht als Arbeitshund taugt,<br />
überlebt in der Türkei oft gar nicht<br />
erst, da gerade die Hirten es sich nicht<br />
leisten können, einen <strong>Hund</strong> durchzufüttern,<br />
der sich sein Futter nicht verdienen<br />
kann. Das würde rein ökonomisch<br />
keinen Sinn machen. Die Hirtenhunde<br />
der Türkei leben unter extrem harten<br />
Bedingungen und sind extremen Klimawechseln<br />
ausgesetzt und das ohne<br />
Premium-Futter aus dem Supermarkt<br />
um die Ecke. Damit muss der Kangal<br />
ohne warmen Platz am Herd klarkommen.<br />
Aufgrund dieser harten Bedingungen<br />
überleben viele Welpen die ersten<br />
Lebenswochen erst gar nicht, da<br />
sich die Hirten vieles an medizinischer<br />
Versorgung, die wir hier unseren <strong>Hund</strong>en<br />
angedeihen lassen (sollten), gar<br />
nicht leisten können. Auch <strong>Tierschutz</strong><br />
in unserem Sinne gibt es in den kargen<br />
Regionen nicht.<br />
Da nahezu jeder Hirte eine eigene Auffassung<br />
darüber hat, wie sein Helfer<br />
bei der Arbeit optimaler Weise aussehen<br />
sollte, gibt es im Ursprungsland<br />
46<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
des Kangals ein sehr variierendes Erscheinungsbild.<br />
Dies zeigt sich vor allem<br />
in der Größe und der Felllänge. Viele<br />
dieser Variationen würden bei uns schon<br />
kaum noch als Kangal erkannt werden<br />
oder von deutschen Richtern zumindest<br />
schlechte Bewertungen bis hin<br />
zum Ausschluss aus der Zucht bekommen.<br />
Auch die soziale Anpassung der <strong>Hund</strong>e<br />
spielt eine sehr große Rolle, da dies für<br />
Mensch und <strong>Hund</strong> in seiner Ursprungsregion<br />
überlebensnotwendig ist. Auch<br />
wenn z.B. <strong>Hund</strong>e mit einer auffallend<br />
guten Arbeitsfähigkeit häufiger verpaart<br />
werden (nie aufgrund der Optik)<br />
ist das Problem der Inzucht als sehr gering<br />
einzuschätzen. Somit finden sich<br />
hier auch nicht unbedingt Zuchtlinien<br />
mit ausgeprägten Problemen in Richtung<br />
HD, Augenkrankheiten, Epilepsie<br />
oder übermäßig großen <strong>Hund</strong>en, wie<br />
es in Europa längst der Fall ist. Die<br />
enorme Größe mancher Kangals in Europa<br />
mag natürlich auch mit der Aufzucht<br />
mit gehaltvollem Futter zusammen<br />
hängen, aber sicherlich nicht nur.<br />
Da in Anatolien die Schafbestände seit<br />
einiger Zeit stark rückläufig sind, werden<br />
naturgemäß auch nicht mehr so<br />
viele <strong>Hund</strong>e nachgezüchtet, weil einfach<br />
der Bedarf nicht da ist. Außerdem<br />
sind die medizinischen Standards, wie<br />
schon erwähnt, bei weitem nicht so<br />
hoch wie bei uns. Fehlende Impfungen<br />
und Entwurmungen führen neben Unterernährung<br />
zu einer hohen Mortalität.<br />
Heute überleben oft weniger als<br />
10% der Welpen. Hinzu kommt, dass<br />
immer wieder eingeschleppte Krankheiten<br />
oder auch Tollwut den Bestand<br />
der <strong>Hund</strong>e stark dezimieren. Die Rasse<br />
Kangal ist in ihrer Ursprünglichen Heimat<br />
sehr stark gefährdet.<br />
Zucht in Deutschland<br />
In Deutschland ist der Kangal als eigenständige<br />
Rasse weder von der FCI, noch<br />
vom VDH anerkannt. Vielmehr ist es<br />
hier so, dass die verschiedenen türkischen<br />
Hirtenhunde als eine Rasse zusammengefasst<br />
werden. Daher verändert<br />
sich hier auch das Erscheinungsbild<br />
erheblich. Die in Deutschland gezogenen<br />
Kangals sind im Vergleich zu den<br />
Türkischen zu groß und verlieren optisch<br />
insgesamt an Ausdruck. Außerdem<br />
gibt es Merkmale, wie z.B. größere Augen,<br />
die auch zu gesundheitlichen<br />
Problemen führen können (kleinere<br />
Augen, wie bei Hirtenhunden im allgemeinen<br />
üblich, dienen zum Schutz gegen<br />
Wettereinflüsse, Staub, Wind und<br />
dergleichen). Dass zunehmende Größe<br />
nicht unbedingt von Vorteil für den<br />
Knochenbau ist, ist selbstredend.<br />
Durch die Zusammenfassung der verschiedenen<br />
Rassen unter dem Begriff<br />
„Anatolischer Hirtenhund“ und somit<br />
scheinbar auch der Verpaarung der verschiedenen<br />
Rassen untereinander, verändert<br />
sich auch das farbliche Erscheinungsbild<br />
und viele <strong>Hund</strong>e sind nicht<br />
mehr einfarbig sonder schon fast scheckig,<br />
zum Teil gibt es sogar langhaarige<br />
<strong>Hund</strong>e. Befürworter dieser Rassenzusammenfassung<br />
argumentieren damit,<br />
dass das Genpotential dadurch erhöht,<br />
also die Gefahr der Linien- und/oder<br />
Inzucht verringert würde. Da aber hier<br />
nicht nur der Kangal, sondern auch<br />
der Akbash, welcher eine eigenständige<br />
Rasse ist, mit eingereiht werden soll,<br />
hat zur Folge, dass hier Mischlinge aus<br />
zwei Rassen zu einer neuen Rasse„Anatolischer<br />
Hirtenhund“ aufsteigen, mit<br />
Körungspapieren und Zuchttauglichkeit.<br />
Fatalerweise hätte das, da der<br />
„Anatolische Hirtenhund“ in Amerika
Empfehlungen<br />
Rasseporträt<br />
Wie bei allen anderen Rassen auch,<br />
gibt es einige Dinge, die man beim<br />
Kauf eines Kangals beachten sollte.<br />
Wenn der Züchter weniger vom Kangal<br />
als vom „Anatolischen Hirtenhund“<br />
spricht, sollte man schon aufpassen.<br />
Desgleichen, wenn diese <strong>Hund</strong>e bei<br />
der Aufzucht zu sehr „gehätschelt“<br />
werden, zum Beispiel mit Wärmequel-<br />
FCI anerkannt ist, sogar Chancen,<br />
eine VDH-Anerkennung zu<br />
bekommen. Andererseits stellt<br />
sich hier ohnehin die Frage, wie<br />
bei manchen anderen Rassen<br />
auch, ob solch eine Anerkennung<br />
überhaupt ein Gewinn für<br />
die Rasse wäre. Die Züchter wären<br />
dann gezwungen, sich den<br />
VDH-Richtlinien unterzuordnen,<br />
welche die Zuchttauglichkeit<br />
eines <strong>Hund</strong>es hauptsächlich<br />
nach optischen Kriterien festlegt,<br />
während bisher immer noch die<br />
Leistungsfähigkeit des <strong>Hund</strong>es Von oben links nach rechts unten: Kangal,Akbash und Karshund – diese Rassen werden<br />
und somit seine Gesundheit im laut FCI unter dem „Anatolischen Hirtenhund“ zusammengefasst. Die beiden letzteren<br />
Vordergrund steht. Als reiner<br />
Kangal hat die Rasse wegen der<br />
haben als Rasse mit einem Kangal nichts zu tun – Fotos: www.kangal-dog.de<br />
fehlenden FCI-Anerkennung derzeit keine auswertbaren Statistiken. Immer<br />
ohnehin keine Chance, eine VDH-An- häufiger hört man, dass ein Kangal an len in der Wurfkiste. Dadurch würde<br />
erkennung zu bekommen. Sowohl der einer Magendrehung verstorben ist. man Gefahr laufen, einen Welpen zu<br />
reine Kangal (Karabash = Schwarzkopf) Da diese <strong>Hund</strong>e hier immer größer ge- bekommen, der unter normalen Um-<br />
als auch der Akbash (Weißkopf ) werzüchtet werden, liegt hier der Schluss ständen niemals überlebt hätte und<br />
den wohl bis auf weiteres in ihrer rei- nahe, dass durch die zunehmende sich somit möglicherweise Gesundnen<br />
Form nur ohne Papiere angeboten Größe das Bindegewebe, welches die heits- oder Entwicklungsprobleme ein-<br />
werden können.<br />
inneren Organe an ihrem Platz halten stellen können. Man muss bedenken,<br />
soll, nicht mehr so fest ist, wie es eigent- dass in Anatolien im Winter Tempera-<br />
Krankheiten<br />
lich sein sollte. Auch wird vermehrt beturen von bis zu -30 °C herrschen. Soobachtet,<br />
dass das Narkose-Risiko, wie lange der gesunde Welpe die Körper-<br />
Auch beim Kangal treten bereits Krank- bei vielen anderen großen Rasse auch, wärme seiner Mutter zur Verfügung<br />
heiten wie ED, Epilepsie, Augenkrank- steigt. Allerdings liegt auch hier keine hat, hat er mit den hiesigen Temperaheiten<br />
auf. Leider gibt es dazu noch Statistik vor.<br />
turen keine Probleme. Aus demselben<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 47
Rasseporträt<br />
Grund darf er nicht zu früh von seiner<br />
Mutter getrennt werden.<br />
Wichtig ist, sich die Unterlagen der Eltern<br />
anzuschauen, auch und vor allem<br />
im Hinblick auf Gesundheitsuntersuchungen.<br />
Wenn möglich sollte man<br />
auch Informationen über den Gesund-<br />
Eine Anschaffung dieser kräftigen <strong>Hund</strong>e<br />
will in unserer Gesellschaft gut überlegt<br />
sein – Foto: www.kangal-dog.de<br />
heitszustand der Verwandtschaft herauszufinden<br />
versuchen, worüber der<br />
seriöse Züchter bereitwillig Auskunft<br />
geben wird.<br />
Vorsicht ist auf jeden Fall geboten,<br />
wenn man an irgendeine seltsame Hinterhofzucht<br />
gerät, oder die Welpen womöglich<br />
gerade aus der Türkei importiert<br />
worden sind. Die Überprüfbarkeit<br />
der Gesundheitsdaten ist hier einfach<br />
nicht gegeben. Auch aus einem anderen<br />
Grund ist bei Importen des Kangal<br />
aus der Türkei Vorsicht geboten. Wie<br />
im Vorfeld schon beschrieben, ist der<br />
Kangal in der Türkei ein reines Arbeitstier<br />
und wird dementsprechend geprägt<br />
und sozialisiert. Da er hier bei<br />
uns aber einen ganz anderen Stellenwert<br />
hat und eben eher nicht mehr<br />
zum Schutz der Herde eingesetzt wird,<br />
kann das hier in seinem späteren Leben<br />
zu verschiedensten Verhaltensproblemen<br />
führen. Was in der Türkei recht ist,<br />
muss hier in Deutschland noch lange<br />
48<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
nicht gut sein. Die Lebensumstände<br />
sind einfach grundverschieden.<br />
Wie schon erwähnt, sollte man nach<br />
Möglichkeit beide Eltern kennen lernen.<br />
Das hat nicht nur seinen Grund<br />
darin, sich einen Eindruck über den Zustand<br />
bzw. die Gesundheit der <strong>Hund</strong>e<br />
zu verschaffen, sondern auch etwas<br />
vom Charakter der <strong>Hund</strong>e zu sehen. In<br />
Gegenwart der Züchter sollte ein Kontakt<br />
zu den <strong>Hund</strong>en möglich sein. Das<br />
setzt eine wesensfeste und charakterstarke<br />
Hündin voraus. Zeigt sie hier ein<br />
unangemessenes Maß an Aggressivität,<br />
kann man davon ausgehen, dass die<br />
Welpen dieses Verhalten von ihr übernehmen/erlernen.<br />
Denn was bei Muttern<br />
gut war, kann ja später nicht falsch<br />
sein. Deshalb sollte man hier von einem<br />
Kauf Abstand nehmen, wenn<br />
man Defizite im Verhalten der Mutter<br />
oder Elterntiere feststellt. In dieser frühen<br />
Lebensphase ist der Welpe, auf<br />
sein Verhalten bezogen noch ein unbeschriebenes<br />
Blatt. Alles was er in dieser<br />
Zeit von den erwachsenen Tieren in<br />
seiner Umgebung sieht, wird sich in<br />
seine eigenes Verhaltensrepertoire einbrennen.<br />
Dies nennt man Prägung und<br />
das gilt sowohl für positives wie auch<br />
leider für negatives Verhalten. Wird<br />
also hier schon die Grundlage für ein<br />
problematisches Verhalten gelegt, zum<br />
Beispiel übermäßige Scheu, kann man<br />
nicht erwarten, später einen wesenesfesten<br />
<strong>Hund</strong> zu haben. Zeigt das Muttertier<br />
ein ausgeprägtes Schutzverhalten<br />
dem Menschen gegenüber, wird<br />
auch dieses Verhalten beim Welpen<br />
geprägt. Hat man ein solches negativ<br />
geprägtes Verhalten wird es später<br />
möglicherweise nicht einfach sein, darauf<br />
noch Einfluss zu nehmen. Im<br />
schlimmsten Fall kann man nur noch<br />
versuchen, irgendwie mit diesem Ver-<br />
halten umzugehen. In manchen Fällen<br />
wird selbst das nicht mehr möglich sein.<br />
Grundsätzlich muss man sich über das<br />
Potenzial dieser <strong>Hund</strong> im Klaren sein.<br />
Wie schon erwähnt, wird man, bedingt<br />
durch die hohe Eigenständigkeit dieser<br />
<strong>Hund</strong>e, mit Erziehungsmaßnahmen,<br />
die über Druck und Verbot, nicht weit<br />
kommen und der <strong>Hund</strong> wird zu einer<br />
tickenden Zeitbombe und sich im<br />
schlimmsten Fall gegen seine Menschen<br />
zur Wehr setzen. Auf der anderen Seite<br />
wird ein Mangel an Konsequenz, klarer<br />
Führung und Absicherung durch den<br />
Menschen mit an Sicherheit grenzender<br />
Wahrscheinlichkeit dazu führen,<br />
dass der <strong>Hund</strong> seinen Job, für den<br />
diese Rasse entstanden ist, ausführt<br />
und zwar immer, überall, in jeder passenden<br />
und unpassenden Situation.<br />
Und das wird mit Sicherheit zu Problemen<br />
für den Menschen führen. Will<br />
man sich solch einen <strong>Hund</strong> wirklich<br />
anschaffen, muss man sich die Frage<br />
stellen, ob er wirklich hier in unsere Zivilisation<br />
gehört und ob man wirklich<br />
willens und in der Lage ist, sich dem<br />
Potenzial dieser <strong>Hund</strong>e zu stellen. Auf<br />
keinen Fall sollte man sich einen solchen<br />
<strong>Hund</strong> anschaffen, nur weil diese<br />
Rasse gerade„in“ ist. Mit dem Kauf eines<br />
<strong>Hund</strong>es im Welpenalter übernimmt<br />
man die Verantwortung für die nächsten<br />
zwölf bis vierzehn Jahre. Ob der<br />
Kangal dann noch in Mode ist – wer<br />
weiß? Hinzu kommt, dass Kangals in<br />
einigen Bundesländern zumindest als<br />
Kategorie-2-<strong>Hund</strong>e gelistet sind, womit<br />
in vielen Gemeinden immens hohe<br />
Steuern und entsprechende Auflagen<br />
auf den Besitzer zukommen.<br />
Antje Henze<br />
www.passion4dogs.de<br />
Textquellen: www.kangal-dog.de und<br />
www.hirtenhund.de
Offener Brief an die Landesregierungen<br />
zum Thema<br />
Aggressivität bei <strong>Hund</strong>en<br />
„Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
die kontroversen Diskussionen<br />
zum Thema„Aggressivität bei <strong>Hund</strong>en“<br />
in der Öffentlichkeit werden lauter, der<br />
Druck zu einer Lösungsfindung anscheinend<br />
höher. Vereinzelte Forderungen<br />
und Gesetzesentwürfe entbehren jeglicher<br />
Grundlage.<br />
Die Aggressivität eines <strong>Hund</strong>es lässt<br />
sich weder an einer bestimmten Rasse,<br />
noch der Größe des <strong>Hund</strong>es binden.<br />
Jedwede außer Kontrolle geratene Aggressivität<br />
eines <strong>Hund</strong>es ist lediglich<br />
den Haltungsumständen, dem Umgang<br />
durch den Menschen und krankhaften<br />
Ursachen zuzuordnen. Hier eine pauschale<br />
Regelung für bestimmte Rassen<br />
treffen zu wollen, wird weder zum Ziel<br />
führen, noch eine Minimierung der Vorfälle<br />
herbeiführen. Es sei denn das angestrebte<br />
Ziel heißt: Ausrottung der<br />
Spezies„<strong>Hund</strong>“.<br />
<strong>Hund</strong>e bereichern die Gesellschaft, sie<br />
tragen nachweislich zu einem besseren<br />
Wohlbefinden bei, sie retten Menschenleben,<br />
sie werden im menschlichen<br />
Dienste vielfältig (u.a. Polizeihunde,<br />
Rettungshunde, Therapiehunde, Behindertenbegleithunde)<br />
positiv eingesetzt.<br />
<strong>Hund</strong>e nehmen einen positiven<br />
Einfluss auf die Gesundheit des Menschen<br />
und tragen somit zu Einsparungen<br />
im Gesundheitssystem bei. Hierzu<br />
gibt es ausreichend belegte Studien.<br />
Es kann und darf nicht das Ziel sein,<br />
Gesetzgebungen auf dem Rücken der<br />
<strong>Hund</strong>e zu verordnen,<br />
sondern das Ziel sollte<br />
sein:<br />
An die Landesregierungen<br />
Sehr geehrte Damen<br />
und Herren,<br />
...<br />
• präventive Maßnahmen zur Aufklärung<br />
für den Menschen zu ergreifen<br />
• eine statistische Erfassung aller <strong>Hund</strong>e<br />
durch Mikrochip (erfassbar durch<br />
Satelliten)<br />
• die Errichtung einer deutschland-weiten<br />
Datenbank<br />
• unabhängige Kontrollorgane für die<br />
Bereiche Zucht, Ausbildungsinstitute,<br />
Tierheim, <strong>Tierschutz</strong>organisationen/<br />
<strong>Hund</strong>epensionen zu beauftragen<br />
• eine staatlich anerkannte Ausbildung<br />
zum <strong>Hund</strong>etrainer (2-jährig) und<br />
auch <strong>Hund</strong>everhaltenstherapeuten<br />
(3-jährig) in Theorie und Praxis von<br />
fachkompetenten Institutionen aufzunehmen<br />
• die bundesweite Einführung der alltagstauglichen<br />
<strong>Hund</strong>ehalter Prüfung<br />
(in Theorie und Praxis)<br />
• eine klare gesetzliche Regelung zum<br />
kontrollierten Import/Export von<br />
<strong>Hund</strong>en<br />
Gesetzesentwürfe zum 20/40-Modell<br />
und Rasselisten haben ganz klar versagt<br />
und es wäre absurd daran fest zu<br />
halten, geschweige denn diesen Weg<br />
weiter beschreiten zu wollen.<br />
Vermischtes<br />
Es ist ein Trugschluss die Lage durch<br />
Leinen- und/oder Maulkorbzwang entspannen<br />
zu können. Diese Maßnahmen<br />
führen zu weiteren Problemen, da die<br />
Ursache außer Acht gelassen wird.<br />
Durch einen generellen Leinenzwang<br />
ist eine artgerechte Auslastung der<br />
<strong>Hund</strong>e nicht möglich. Durch einen<br />
Maulkorbzwang wird es dennoch weiter<br />
Verletzungen und eine potentielle<br />
Steigerung der Aggressivität geben.<br />
Die Rasselisten und steigende Steuern<br />
benannter Rassen tragen zur Ausrottung<br />
der Rassen bei, ändern jedoch<br />
nichts an der Problematik, denn es wird<br />
weitere Rassen geben, die hinzugefügt<br />
werden müssten. Hier wird versucht<br />
ein Symptom einzudämmen, lässt allerdings<br />
ebenfalls die Ursache außer Acht.<br />
Es wäre wünschenswert, eine einheitliche<br />
Linie in Bezug auf die Ausbildungsformen/-methoden<br />
zu verfolgen und<br />
weiter ist es unabdingbar den <strong>Hund</strong>ehalter<br />
und/oder angehenden <strong>Hund</strong>ehalter<br />
in die Verantwortung zu nehmen.<br />
Solange von diversen Institutionen der<br />
Propagandaruf erfolgt, alle <strong>Hund</strong>e mit<br />
einander in Kontakt treten zulassen<br />
(durch z.B. Welpenspiel- und/oder Raufergruppen,<br />
Spielwiesen etc.) und die<br />
Wichtigkeit solcher Vergesellschaftungen<br />
im Vordergrund steht, wird es<br />
nach wie vor Übergriffe – innerartlich,<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 49
Vermischtes<br />
wie auch gegenüber dem Menschen –<br />
geben müssen. Der Fokus muss auf die<br />
Mensch-/<strong>Hund</strong>gemeinschaft gelegt<br />
werden, denn der Mensch ist für den<br />
<strong>Hund</strong> der Dreh- und Angelpunkt. Der<br />
<strong>Hund</strong> schliesst sich bereitwillig seinem<br />
Menschen an und genau hier sollte<br />
eine fundierte positive Umgangsform<br />
geschaffen werden. Viele gängige Tests<br />
und Überprüfungen der <strong>Hund</strong>e gehen<br />
an der Realität vorbei, Wesenstests<br />
50<br />
sind Momentaufnahmen und können<br />
keine langfristigen Bescheinigungen<br />
zulassen. Die Einwirkung des Menschen<br />
kann einen <strong>Hund</strong> jeder Rasse binnen<br />
kurzer Zeit auffällig werden lassen.<br />
Daher bitte ich Sie, Abstand von Maßregelungen<br />
der <strong>Hund</strong>e zu nehmen und<br />
Ihr Gedankengut Richtung Mensch zu<br />
bündeln.<br />
Kein Leinenzwang im Jagdbezirk<br />
Gerne stehe ich Ihnen unterstützend<br />
zur Seite und erörtere Ihnen die Zusammenhänge.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Heike Beuse<br />
“<br />
<strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> GbR<br />
<strong>Hund</strong> sollte bei spielenden<br />
Kindern nicht frei herumlaufen<br />
Auf einem Grundstück, auf dem regelmäßig Kinder spielen, sollte<br />
ein<strong>Hund</strong> nicht frei herumlaufen. Nach Auffassung der Richter riskiert<br />
der <strong>Hund</strong>ehalter andernfalls, in vollem Umfang haften zu<br />
müssen, wenn das Tier ein Kind verletzt. Denn mit diesem so<br />
genannten tiertypischen Verhalten müsse der Halter rechnen.<br />
Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schmerzensgeld- und Schadenersatzklage<br />
eines minderjährigen Mädchens statt. Das Kind<br />
hatte mit dem Sohn eines Unternehmers auf dem Werksgelände<br />
gespielt. Dort lief auch der <strong>Hund</strong> des Unternehmers frei herum.<br />
Offenbar wollten die Kinder mit dem <strong>Hund</strong> spielen. Dabei wurde<br />
das Mädchen gebissen.<br />
Das OLG meinte, der <strong>Hund</strong>ehalter hätte seinen <strong>Hund</strong> nur frei<br />
herumlaufen lassen dürfen, wenn zuvor sichergestellt gewesen<br />
wäre, dass kein Fremder das Gelände betreten kann. Wegen seines<br />
Sohnes habe er aber damit rechnen müssen, dass sich auch<br />
andere Kinder auf dem Betriebs-gelände aufhielten. Als unerheblich<br />
werteten die Richter, dass der <strong>Hund</strong> zuvor angeblich am<br />
Schwanz gezogen wurde.<br />
<strong>Hund</strong>e dürfen in einem Jagdbezirk nicht ohne Aufsicht frei laufen gelassen werden. Dies schreiben<br />
die jeweiligen Landesjagdgesetze zum Schutz des Wildbestandes vor. Dabei bedeutet„Aufsicht“<br />
nicht aber gleich„angeleint“. Ein Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift liegt so erst dann vor,<br />
wenn sich der <strong>Hund</strong> im Jagdbezirk außerhalb der Sicht- oder Rufweite des <strong>Hund</strong>eführers aufhält<br />
oder der <strong>Hund</strong>eführer nicht die tatsächliche Möglichkeit hat, durch gezielte Kommandos oder<br />
andere Handlungen eine Kontrolle über sein Tier auszuüben. Damit kann ein <strong>Hund</strong> auch dann<br />
unter Kontrolle sein, wenn er nicht angeleint ist.<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
§<br />
Rechtssprechung<br />
(AG Altenkirchen, Az. 2109 Js 35731/96-9 OWi)<br />
(OLG Frankfurt, Az. 26 U 15/04)
Warnung vor dem <strong>Hund</strong><br />
Auf einem Grundstück, auf dem regelmäßig Kinder spielen, sollte ein<br />
<strong>Hund</strong> nicht frei herumlaufen. Nach Auffassung der Richter riskiert der<br />
<strong>Hund</strong>ehalter andernfalls, in vollem Umfang haften zu müssen, wenn das<br />
Tier ein Kind verletzt. Denn mit diesem so genannten tiertypischen<br />
Verhalten müsse der Halter rechnen.<br />
Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schmerzensgeld- und Schadenersatzklage<br />
eines minderjährigen Mädchens statt. Das Kind hatte mit dem<br />
Sohn eines Unternehmers auf dem Werksgelände gespielt. Dort lief auch<br />
der <strong>Hund</strong> des Unternehmers frei herum. Offenbar wollten die Kinder mit<br />
dem <strong>Hund</strong> spielen. Dabei wurde das Mädchen gebissen.<br />
Das OLG meinte, der <strong>Hund</strong>ehalter hätte seinen <strong>Hund</strong> nur frei herumlaufen<br />
lassen dürfen, wenn zuvor sichergestellt gewesen wäre, dass kein<br />
Fremder das Gelände betreten kann. Wegen seines Sohnes habe er aber<br />
damit rechnen<br />
müssen, dass sich auch andere Kinder auf dem Betriebsgelände aufhielten.<br />
Als unerheblich werteten die Richter, dass der <strong>Hund</strong> zuvor<br />
angeblich am Schwanz gezogen wurde.<br />
(OLG Frankfurt, Az. 26 U 15/04)<br />
Rechtssprechung<br />
Bellen eines Wachhundes<br />
<strong>Hund</strong>egebell<br />
Gelegentliches Bellen ist kein Grund die Erlaubnis zur<br />
Tierhaltung zu widerrufen. Das kurze Anschlagen eines<br />
<strong>Hund</strong>es bei Besuch, das längere Verbellen fremder<br />
Personen, das heftige Begrüßen naher Angehöriger<br />
sind artgerechte Reaktionen des Tieres, die mit der<br />
Zustimmung zur <strong>Hund</strong>ehaltung bereits in Kauf genommen<br />
worden sind.<br />
(AG Hamburg-Wandsbek, Az 716c C 114/90)<br />
Der Hausmeister einer Schule hielt einen Wachhund. Das Tier bellte unmotiviert zu jeder Zeit und<br />
störte die Nachbarn im Schlaf. Vom Amtsgericht wurde der <strong>Hund</strong>ehalter zu 600,00 DM Bußgeld verurteilt.<br />
Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung, dem Tier ist keine Bellfreiheit zuzubilligen.<br />
Der <strong>Hund</strong> darf im Rahmen seiner Tätigkeit nicht auf jedes Geräusch reagieren. Nach einem Alarmgebell<br />
hat der <strong>Hund</strong>ehalter unverzüglich für Ruhe zu sorgen.<br />
(OLG Düsseldorf, AZ 5 ss – Owi – 170/90 – 87/90)<br />
Problemhundtherapie • Inhaber Sascha Weinheimer • 22149 Hamburg<br />
Problemhundetherapeut & Gebrauchshundeausbilder<br />
E-Mail: info(at)problemhundtherapie.de • Telefon 040 / 769 749 22<br />
Mobil 0163 / 719 74 50<br />
www.problemhundtherapie.de<br />
Vermischtes<br />
§<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 51
An den Präsidenten des Verbandes<br />
für das Deutsche <strong>Hund</strong>ewesen (VDH)<br />
e.V. Prof. Dr. Peter Friedrich<br />
„Sehr geehrter Herr Prof.<br />
Friedrich,<br />
ich möchte Ihre jüngste Stellungnahme<br />
in der Öffentlichkeit zum Anlass<br />
nehmen und noch einmal auf die in<br />
meinen Augen tierschutzrelevante<br />
Praxis der Zucht mit erbkranken <strong>Hund</strong>en<br />
in einigen Ihrer Mitgliedsvereine<br />
hinweisen.<br />
In der Sendung„Stern TV“ mit Günther<br />
Jauch vom 03.11.2010 wurden einige<br />
<strong>Hund</strong>erassen vorgestellt, darunter auch<br />
der Cavalier King Charles Spaniel. In<br />
der Diskussion stellten Sie fest, dass im<br />
VDH mit erbkranken <strong>Hund</strong>en nicht gezüchtet<br />
werde. Leider trifft diese Aussage<br />
nicht immer die Realität. Stellvertretend<br />
anhand des Cavalier King<br />
Charles Spaniels, der im VDH immerhin<br />
durch drei Vereine betreut wird,<br />
möchte ich Sie darauf hinweisen, dass<br />
im breiten Stil und sehr wohl wissentlich<br />
und zudem über lange Zeiträume<br />
hinweg bewusst mit erbkranken <strong>Hund</strong>en<br />
gezüchtet wird, auch im VDH.<br />
Beispiel 1 – Arnold Chiari<br />
Malformation / Syringomyelie<br />
(SM)<br />
Diese oft schwerwiegend verlaufende<br />
und zur Euthanasie führende, die <strong>Hund</strong>e<br />
– und auch Halter – mit erheblichen<br />
Leiden und Schmerzen belastende<br />
52<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Offener Brief an den<br />
VDH zur Zuchtpraxis mit<br />
erbkranken <strong>Hund</strong>en<br />
Erbkrankheit des Gehirns und der Nerven<br />
wird gerne als„Kratz-Syndrom“ verharmlost,<br />
wie es aktuell auch auf der<br />
Startseite des Verband Deutscher Kleinhundezüchter<br />
im VDH geschieht ( http:<br />
//www.kleinhunde.de/ ). Dessen langjährige<br />
Zuchtleiterin Karin Biala-Gauß<br />
behauptet dort zudem, dass bei gerade<br />
„vielleicht 1 % SM-Erkrankungen“ festzustellen<br />
seien. Trotzdem bleiben <strong>Hund</strong>e<br />
in der Zucht, die nachweislich an<br />
SM erkrankte Vorfahren oder Nachkommen<br />
haben. Lediglich Verpaarungen<br />
zweier – durch Vorfahren oder Nachkommen<br />
– als„SM-belastet“ gekennzeichnete<br />
<strong>Hund</strong>e sind untersagt. Frau<br />
Biala-Gauß erklärt sogar:„Wir weisen<br />
ausdrücklich darauf hin, dass die Kennzeichnungen<br />
nur für die SM-Selektion<br />
zu beachten sind. Sie sollen die Nutzung<br />
der Zuchttiere ansonsten in keinster<br />
Weise beeinträchtigen.“<br />
In ihrem dort veröffentlichten Schreiben<br />
vom 03.11.2010 räumt die Obfrau<br />
des„Wissenschaftlichen Beirates für<br />
Zucht und Forschung“ des VDH<br />
Dr. Helga Eichelberg ein: „Es handelt<br />
sich sicher um keine Methode, um die<br />
Rassen von dieser Krankheit zu befreien.<br />
Dennoch scheint sie uns geeignet<br />
zu sein, bis zur Etablierung einer besseren<br />
Untersuchungsmethode wenigstens<br />
einer weiteren Verbreitung des<br />
Defektes entgegen zu wirken.“ Damit<br />
wird vom VDH ein Freibrief für die<br />
Zucht sogar mit manifesten SM-Vererbern<br />
erteilt.<br />
Warum wird nicht konsequent auf die<br />
Zucht mit SM-belasteten <strong>Hund</strong>en verzichtet,<br />
zumal wenn diese nach Angaben<br />
von Zuchtleiterin Biala-Gauß nur<br />
1% der Population darstellen?<br />
Beispiel 2 – Mitral Valve<br />
Disease (MVD)<br />
Wesentlich breitflächiger als mit der<br />
o.g. SM ist die Population der Cavalier<br />
King Charles Spaniels mit einem erblich<br />
bedingten Verlauf einer Herzkrankheit<br />
belastet, der Mitral Valve Disease<br />
(MVD). Ein sehr hoher Anteil der Cavaliere<br />
ist bereits in jungen Jahren an<br />
dieser nicht selten innerhalb von zwei<br />
Jahren tödlich verlaufenden Herzkrankheit<br />
erkrankt (etwa 50%). Schon 1997<br />
wurde festgestellt, dass diese <strong>Hund</strong>erasse<br />
21mal häufiger von MVD betroffen<br />
ist als der Durchschnitt. Zudem<br />
sind Cavaliere auffällig früh betroffen.<br />
Bei anderen <strong>Hund</strong>erassen gilt diese<br />
Herzschwäche lediglich als eine typische<br />
Alterskrankheit. Bereits 1998 wurden<br />
von einem internationalen Wissenschaftlergremium<br />
klare Empfehlungen<br />
zur Bekämpfung ausgesprochen.<br />
Diese haben zwölf Jahre später noch<br />
keine Beachtung in der Praxis des VDH<br />
gefunden. Auch zur Bekämpfung dieser<br />
Krankheit fehlt es an einem wir-
kungsvollen Programm. Auch hier darf<br />
ausdrücklich mit symptomatischen,<br />
sogar bereits durch Herzgeräusche auffälligen<br />
<strong>Hund</strong>en gezüchtet werden,<br />
wenn auch eingeschränkt. Nach dem<br />
„Mitral Valve Disease Breeding Protocol“<br />
von 1998 (s.o.) sollen Cavaliere, die<br />
unter fünf Jahren ein Herzgeräusch<br />
zeigen, nicht in die Zucht. Auch sollen<br />
Rüden frühestens im Alter von zweieinhalb<br />
Jahren in die Zucht gehen. Im<br />
VDH darf aber mit dreijährigen Rüden<br />
gezüchtet werden, die ein Herzgeräusch<br />
Grad 1 und ab sechs Jahren sogar<br />
Grad 2 zeigen. Rüden dürfen bereits<br />
mit neun Monaten in die Zucht, einem<br />
Alter indem die Anlage zu MVD noch<br />
gar nicht beurteilt werden kann.<br />
Zudem begnügt man sich zur Zuchtzulassung<br />
mit dem Ergebnis der Auskultation<br />
durch einen beliebigen Veterinär,<br />
obwohl es unstrittiger Stand der<br />
Medizin ist, dass eine Diagnose lediglich<br />
auf Basis der Auskultation nur<br />
ausgesprochenen Spezialisten und ansonsten<br />
nur mit Hilfe technischer Diagnosemittel<br />
(wie Doppler-Ultraschall)<br />
möglich ist.<br />
Die langjährige Halterin von Cavalier<br />
King Charles Spanieln Elke Grabhorn<br />
hat hierzu am 01.11.2010 einen Artikel<br />
veröffentlicht, der Einzelheiten und<br />
umfangreiche Quellen zu dem hier genannten<br />
enthält ( http://petwatch.<br />
blogspot.com/2010/11/cavalierehaben-sehr-viel-herz.html<br />
).<br />
Das geltende <strong>Tierschutz</strong>gesetz verbietet<br />
in § 11b aber genau hier genannte<br />
Zuchtpraktiken wenn bestimmt wird:<br />
„Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten...,<br />
wenn damit gerechnet werden<br />
muss, dass bei der Nachzucht, ... erblich<br />
bedingt Körperteile oder Organe<br />
für den artgemäßen Gebrauch fehlen<br />
oder untauglich oder umgestaltet sind<br />
und hierdurch Schmerzen, Leiden oder<br />
Schäden auftreten.“<br />
Zudem ist es ethisch und zumal für<br />
einen <strong>Hund</strong>efreund kaum nachvollziehbar,<br />
bekannte Erbkrankheiten nicht<br />
konsequent und vorrangig in der Zucht<br />
zu bekämpfen. In der Satzung des VDH<br />
§2 Abs.2.1 heißt es ja:„Als ordentlicher<br />
Züchter und Halter gilt, wer lediglich<br />
aus Gründen der Liebhaberei (Hobby)<br />
die Zucht und/oder Ausbildung nach<br />
kynologischen Grundsätzen betreibt<br />
und fördert.“<br />
Wer würde aber seinen <strong>Hund</strong>en solche<br />
Leiden zumuten, wenn lediglich„aus<br />
Gründen der Liebhaberei“ gezüchtet<br />
wird? Bemerkenswert ist auch, dass<br />
man in manchen Mitgliedsvereinen<br />
des VDH angesichts solch schwerer<br />
Schäden wie oben beschrieben zu keinen<br />
ernsthaften Maßnahmen bereit<br />
oder in der Lage ist, jedoch kleinste<br />
Farbvarianten, die rein optisch einem<br />
von Menschen ausgedachten Standard<br />
widersprechen – wie beim Cavalier ein<br />
weißer Fleck – sofort zum Zuchtausschluss<br />
führen. Zugleich wird die Verpaarung<br />
der verschiedenen Farbvarianten<br />
streng untersagt.<br />
Mir ist durchaus bewusst, dass der VDH<br />
in Konkurrenz zu den vielen Verbänden<br />
steht, die „Züchtern“ ein wesentlich<br />
komfortableres Dach bieten – regelmäßig<br />
zulasten und auf Kosten des<br />
Wohls der <strong>Hund</strong>e. Mir ist durchaus bewusst,<br />
dass die Lage der <strong>Hund</strong>e außerhalb<br />
des VDHs nicht selten noch wesentlich<br />
schlechter ist. Und ich gehe<br />
davon aus, dass Sie persönlich und der<br />
VDH sehr an einer am Wohl der <strong>Hund</strong>e<br />
orientierten Zuchtpraxis interessiert<br />
Vermischtes<br />
sind. Zur Durchsetzung von allgemein<br />
gültigen Mindeststandards für die<br />
Zucht von <strong>Hund</strong>en und damit zum<br />
Schutz der seriösen Züchterschaft<br />
wäre darüber hinaus der Gesetzgeber<br />
in der Pflicht.<br />
Eine bewusste Zucht mit Erbkrankheiten<br />
und Gendefekten kann aber zu keinem<br />
Zeitpunkt toleriert werden, bestenfalls<br />
dann kurzfristig in einer konkret<br />
definierten Übergangsphase im Rahmen<br />
eines verbindlichen Gesundzuchtprogramms.<br />
Hier wurde alleine die Zuchtpraxis<br />
beim Cavalier King Charles angesprochen.<br />
Leider ist die Behandlung dieser<br />
Rasse, wenn auch ein krasser, jedoch<br />
leider keineswegs ein Einzelfall, auch<br />
nicht unter dem Dach des VDHs.<br />
Ich möchte Sie daher bitten, Sorge dafür<br />
zu tragen, dass die Zuchtpraktiken<br />
zum Wohle des Cavalier King Charles<br />
umgehend und nachhaltig geändert<br />
werden, wie ich Sie ebenso bitten will,<br />
Sorge dafür zu tragen, damit eine Wende<br />
in der Zucht zum Wohle und zur<br />
Gesundheit der <strong>Hund</strong>e praktisch wirksam<br />
wird.<br />
Für Auskünfte und Rücksprache stehe<br />
ich Ihnen gerne zur Verfügung.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
“<br />
gez. Christoph Jung<br />
Diplom-Psychologe und Biologe<br />
Dortmunder für eine Wende in der<br />
Zucht zum Wohle der <strong>Hund</strong>e<br />
http://dortmunder-appell.de/<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 53
Krankheiten<br />
Idiopathische Aggression<br />
Ein Bericht von Antje Henze mit freundlicher Genehmigung der Züchterin Brigitte Friedl<br />
Im Sommer 2009 wurde eine <strong>Hund</strong>ehalterin durch ihren damals etwa 2-jährigen Golden Retriever<br />
Rüden schwer verletzt. Die Tierärztin der Familie schläferte den <strong>Hund</strong> kurz nach diesem Vorfall ein. Sie<br />
äußerte den Verdacht, dass bei diesem eine„Idiopathische Aggression“ vorgelegen haben könnte.<br />
Dies veranlasste mich, mich näher mit diesem Phänomen zu befassen.<br />
Diese Krankheit ist schon recht lange,<br />
etwa seit den 70er Jahren (damals<br />
hauptsächlich beim Cocker Spaniel)<br />
bekannt. Leider wird ihr bisher nicht<br />
genug Bedeutung beigemessen, als<br />
das es intensive Bemühungen zur Erforschung<br />
geben würde. Auch im Internet<br />
gibt es sehr wenige wirklich verständliche<br />
Informationen, und wenn,<br />
dann zumeist aus dem englischsprachigen<br />
Raum. Zu erwähnen sei hier die<br />
Seite von Linda Ward aus England,<br />
www.cockerspanielrage.org.uk , die<br />
schon seit Jahren für die Anerkennung<br />
und Beachtung dieser Krankheit kämpft.<br />
Während meiner Recherchen stieß ich<br />
auf die Seite www.cocker-spaniel.info.<br />
Diese wird von der Züchterin der Englischen<br />
Cocker-Spaniel „Volcatia“, Brigitte<br />
Friedl geführt. Außerdem hatte<br />
ich Gelegenheit, mich in einem sehr<br />
informativen Telefonat mit Frau Friedl<br />
über das Thema auszutauschen. Danke<br />
dafür! Zur Beschäftigung mit diesem<br />
Thema und schließlich auch der Veröffentlichung<br />
ihrer Ergebnisse kam Frau<br />
Friedl nach eigenen Angaben dadurch,<br />
dass sie selber einen Rüden hatte, der<br />
von der idiopathischen Aggression betroffen<br />
war. Da zunächst nicht bekannt<br />
war, was mit dem Rüden, der gut erzogen<br />
und seinen Anlagen entsprechend<br />
ausgelastet wurde, los war, ging er zunächst<br />
in die Zucht. Als das Problem<br />
allerdings auch in seiner Nachkommen-<br />
54<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
schaft auftrat, nahm sie ihn schließlich<br />
aus der Zucht und begann, sich intensiv<br />
mit dem Thema auseinander zu<br />
setzen, die Ergebnisse ihrer Recherchen<br />
zu veröffentlichen und betroffenen<br />
<strong>Hund</strong>ehaltern Hilfestellung zu geben.<br />
Foto: Fotolia<br />
Dies wurde leider unter ihren Züchterkollegen<br />
nicht unbedingt mit Beifall<br />
aufgenommen.<br />
Die von mir hier zusammengefassten<br />
Informationen stammen hauptsächlich<br />
aus den Seiten von Frau Friedl und aus<br />
dem mit ihr geführten Telefonat.<br />
Was versteht man unter<br />
dem Krankheitsbild der<br />
idiopathischen Aggression?<br />
Laut Wikipedia wird der Begriff idiopathisch<br />
in Verbindung mit Krankheiten<br />
Die idiopathische Aggression tritt anfallsartig auf, darf aber nicht mit dem Verhalten<br />
verwechselt werden, das durch mangelende Führung verursacht ist<br />
benutzt, die ohne erkennbare Ursache<br />
entstehen. Übersetzt könnte man also<br />
die idiopathische Aggression als eine<br />
Aggression bezeichnen, die auf ein<br />
Krankheitsbild zurückzuführen ist, deren<br />
Ursache nicht oder noch nicht gesichert<br />
erforscht ist, also eine krankhafte<br />
Aggression ohne erkennbare Ursache.<br />
Die davon betroffenen <strong>Hund</strong>e erschei-
nen einem, als ob sie zwei Persönlichkeiten<br />
in ihrer Brust vereinen würden.<br />
Im einen Moment sind sie ruhig, anhänglich<br />
und verschmust, im nächsten<br />
beißen sie scheinbar ohne jede Ursache<br />
um sich, was mitunter zu nicht unerheblichen<br />
Verletzungen von Mensch<br />
und / oder Tier führt. Nicht zu verwechseln<br />
ist dieses Krankheitsbild allerdings<br />
mit <strong>Hund</strong>en, die auf Grund mangelnder<br />
oder falscher Führung aggressiv<br />
auf ihre Umwelt reagieren. Leider wird<br />
sie immer mal wieder als Alibi herangezogen,<br />
um den unbequem gewordenen„besten<br />
Freund“ loszuwerden.<br />
Von der idiopathischen Aggression,<br />
auch unter dem Begriff„Cockerwut“<br />
bekannt, ist längst nicht mehr nur der<br />
Cockerspaniel betroffen. Auch bei Golden<br />
Retrievern, verschiedenen Terrier-<br />
Rassen, Berner Sennenhund, American<br />
Cocker tritt sie in Erscheinung, um nur<br />
einige zu nennen. Trotz früher gegenteiliger<br />
Vermutungen ist man heute so<br />
weit zu wissen, dass die idiopathische<br />
Aggression weder an das Gen für die<br />
rote Haarfarbe, noch an das Geschlecht<br />
gebunden ist, auch wenn Rüden weitaus<br />
häufiger davon betroffen sind als<br />
Hündinnen. Es handelt sich hier um<br />
eine ererbte, anfallsweise auftretende<br />
Aggressivität, deren Verlauf und Anfälle<br />
durchaus mit einer Epilepsie vergleichbar<br />
sind. Laut den Erfahrungen<br />
von Frau Friedl liegt die Vermutung<br />
nahe, dass neben der Komponente der<br />
Vererbung auch ein Zusammenhang<br />
zu Störungen im Stoffwechsel- oder<br />
Hormonhaushalt besteht.<br />
Die idiopathische Aggression kann überall<br />
auftreten, zumeist aber dort, wo das<br />
Interesse am„Endprodukt“ der Zucht<br />
verloren geht und wo Züchter Augen<br />
und Ohren davor verschließen, dass es<br />
ein Problem gibt, egal ob bei einem<br />
Hinterhofvermehrer oder in einem Mitgliedszwinger<br />
von anerkannten Rassehundevereinen.<br />
Der Prozentsatz der betroffenen <strong>Hund</strong>e<br />
im Verhältnis zur Gesamtpopulation<br />
hält sich früher wie heute im Promillebereich.<br />
Trotzdem sollte man das Problem<br />
nicht aus dem Blick verlieren.<br />
Wie sieht nun der Verlauf<br />
der idiopathischen Aggression<br />
aus?<br />
Die meisten <strong>Hund</strong>e werden meist<br />
schon im Alter von wenigen Monaten,<br />
beim Eintritt in die Geschlechtsreife<br />
auffällig. Allerdings zeigt sich das Problem<br />
hier oft noch nicht so offensichtlich.<br />
Leider wird es auch oft genug von<br />
Leuten, die es wissen müssten, heruntergespielt.<br />
Die Anfälle gewinnen<br />
dann mit zunehmendem<br />
Alter an Intensität. Gleichzeitig<br />
nimmt auch das Verletzungsrisiko<br />
für die mit<br />
im Haushalt lebenden<br />
Menschen und Tiere zu.<br />
Die Besitzer wissen sich<br />
oft nicht mehr zu helfen,<br />
da sie kaum irgendwo Unterstützung<br />
erhalten. Dadurch<br />
gehen die <strong>Hund</strong>e<br />
dann häufig durch etliche<br />
Hände, bis sie schließlich<br />
irgendwann eingeschläfert<br />
werden, weil man sich<br />
keinen anderen Rat mehr<br />
weiß.<br />
Foto: Fotolia<br />
Krankheiten<br />
z.B. häufig einem Herzinfarkt vorausgeht).<br />
Sie dauern beim erwachsenen<br />
<strong>Hund</strong> etwa zwischen zwei bis 15 Minuten,<br />
beim jungen <strong>Hund</strong> sind sie wesentlich<br />
kürzer und auch weniger auffällig.<br />
Diese Anfälle kommen allerdings nicht<br />
so ganz aus heiterem Himmel, wie man<br />
manchmal vermuten könnte. Der aufmerksame<br />
Beobachter kann das am<br />
Eintreten einer gewissen Ruhelosigkeit<br />
und Nervosität erkennen. Der <strong>Hund</strong><br />
befindet sich offensichtlich in einer<br />
Stresssituation. Auch verändert sich<br />
der Blick dahingehend, dass sich die<br />
Pupillen verengen und der Blick kalt<br />
und starr wird. Während des Anfalls<br />
werden oft fiktive oder reale Gegenstände<br />
bewacht. Der <strong>Hund</strong> knurrt sich<br />
in Rage, bis er ausrastet und es unter<br />
Umständen kein Halten mehr gibt.<br />
Vor und während des Anfalls zittern<br />
Die Anfälle treten laut Frau Auch andere <strong>Hund</strong>erassen wie beispielsweise Retrie-<br />
Friedl fast ausschließlich<br />
im häuslichen Umfeld auf,<br />
ver können die „Cockerwut“ aufweisen<br />
oft dann, wenn der Körper zur Ruhe die <strong>Hund</strong>e häufig. Danach sind sie völ-<br />
kommt (ein Phänomen, welches auch lig orientierungslos und machen den<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 55
Krankheiten<br />
Eindruck, als wüssten sie überhaupt<br />
nicht, was soeben los war. Um die Intensität<br />
und Häufigkeit der Anfälle<br />
positiv zu beeinflussen, kann es durchaus<br />
hilfreich sein, wenn man dem <strong>Hund</strong><br />
regelmäßige Ruhephasen in einer stressfreien<br />
Umgebung verschafft, ihn notfalls<br />
in einem störungsfreien Raum separiert<br />
(nicht unbedingt isoliert). Dabei<br />
sollte man sehr ruhig mit ihm umgehen,<br />
damit er wirklich zur Ruhe kommen<br />
kann. Ansonsten kann man auch<br />
diese <strong>Hund</strong>e durchaus normal artgerecht<br />
arbeiten und belasten. Dieser<br />
„positive Stress“ ist laut Frau Friedl für<br />
die <strong>Hund</strong>e durchaus in Ordnung.<br />
Grundsätzlich ist die idiopathische Aggression<br />
nicht heilbar, man kann die<br />
Auswirkungen bestenfalls lindern indem<br />
man die eigenen Lebensgewohnheiten<br />
auf den <strong>Hund</strong> ausrichtet. Bei<br />
einem Rüden kann durch eine frühzeitige<br />
Kastration eine Besserung eintre-<br />
56<br />
Foto: Fotolia<br />
Betroffene <strong>Hund</strong>e knurren sich in Rage,<br />
bis es oft kein Halten mehr gibt<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
ten. Hündinnen reagieren auf eine<br />
Kastration eher gegenteilig und werden<br />
oft noch aggressiver. Allgemein<br />
scheint es bei ihnen einfacher zu sein,<br />
über eine Anpassung der Lebensumstände<br />
an die besonderen Anforderungen<br />
an einen solchen <strong>Hund</strong>es, ein relativ<br />
normales Leben zu ermöglichen, als<br />
bei Rüden. Diese kommen leider häufig<br />
an einen Punkt, an dem ein weiteres<br />
Zusammenleben in der Familie<br />
nicht mehr tragbar ist und man eine<br />
Erlösung des <strong>Hund</strong>es zum Wohle aller,<br />
nicht zuletzt zum Wohle des <strong>Hund</strong>es,<br />
wirklich in Erwägung ziehen sollte.<br />
Über Erziehung und Verhaltensumlenkung<br />
ist an die echte idiopathische<br />
Aggression nicht heranzukommen, da<br />
sich die heftigen Anfälle in aller Regel<br />
in den eigenen vier Wänden und in<br />
völlig unvorhersehbaren Situationen<br />
abspielen. Leider wird eine durch fehlende/falsche<br />
Erziehung erlernte Aggression<br />
oft mit dieser idiopathischen<br />
Aggression verwechselt, wodurch so<br />
mancher <strong>Hund</strong> nicht die wohlverdiente<br />
Chance auf eine Verhaltensänderung<br />
bekommt. Für die Halter der betroffenen<br />
<strong>Hund</strong>e ist ein offener Umgang mit<br />
dem Problem wichtig.<br />
Es macht Sinn, den <strong>Hund</strong> auf Stoffwechselstörungen<br />
untersuchen zu lassen,<br />
da diese häufig mit dem Problem einhergehen.<br />
Auch sollte der Züchter<br />
über das Auftreten der idiopathischen<br />
Aggression informiert werden, damit<br />
er Gelegenheit bekommt, in seiner<br />
Zucht darauf zu reagieren und die Vererber<br />
aus der Zucht zu nehmen. Tritt<br />
ein Anfall auf, ist es wichtig, Ruhe zu<br />
bewahren und darauf zu achten, dass<br />
der <strong>Hund</strong> weder sich noch andere verletzen<br />
kann. Wenn der <strong>Hund</strong> noch ansprechbar<br />
ist und sich anfassen lässt,<br />
kann man ihm durch den Anfall helfen,<br />
indem man ihm die Hand auf den Körper<br />
auflegt und ihm so Ruhe und Sicherheit<br />
bietet. Während eines Anfalles<br />
sollte in Gegenwart des <strong>Hund</strong>es<br />
allenfalls ruhig gesprochen und sich<br />
langsam bewegt werden.<br />
Auf Züchterseite wäre es sinnvoll die<br />
betroffenen <strong>Hund</strong>e und Linien aus der<br />
Zucht zu nehmen. Dies allerdings liegt<br />
nach wie vor in der Eigenverantwortung<br />
der Züchter. Es wird oft betont,<br />
dass diese Krankheit heute ausgestorben<br />
sein soll. Allerdings wird immer<br />
wieder von Fällen berichtet, die das<br />
Gegenteil belegen (so wie der eingangs<br />
erwähnte Vorfall im Sommer 2009).<br />
Sicher ist, dass wenn sich auch die Zahl<br />
der betroffenen <strong>Hund</strong>e im Promillebereich<br />
bewegt, jeder <strong>Hund</strong>, der unter<br />
einer idiopathischen Aggression leidet,<br />
einer zu viel ist.<br />
Antje Henze<br />
www.passion4dogs.de<br />
passion4dogs<br />
Inhaberin Antje Henze<br />
58256 Ennepetal<br />
Tel.: 02333 / 631 140<br />
a.henze@passion4dogs.de<br />
Problemhundtherapie,<br />
Welpenfrüherziehung<br />
www.passion4dogs.de
Vergiftungen bei <strong>Hund</strong> und Katze<br />
Giftige Nahrungsmittel:<br />
Alkohol<br />
Avocado<br />
Erdnüsse<br />
Hülsenfrüchte<br />
Kaffee<br />
Kohlsorten<br />
Knochen<br />
Macadamia-Nüsse<br />
Muskat-Nüsse<br />
Nachtschatten-Gewächse<br />
Obst-Steine<br />
Rettich/Radieschen<br />
Rosinen<br />
Rohes Schweinefleisch<br />
Schokolade/Kakao<br />
Weintrauben<br />
Zwiebel/Knoblauch<br />
Zimt<br />
Giftige Pflanzen:<br />
Azaleen und Rhododendron<br />
Buchsbaum<br />
Dieffenbachia / Fensterblatt / Philodendron<br />
Drachenbaum und Yucca-Palme<br />
Eibe<br />
Ficus und Gummibaum<br />
Goldregen<br />
Hortensie<br />
Misteln<br />
Oleander<br />
Weihnachtsstern<br />
Giftige Chemikalien<br />
und Medikamente:<br />
Carbamate und Organophosphate<br />
(Pestizide, Dünger)<br />
Rattengift (Cumarin-Verbindungen)<br />
Nitrat-Dünger<br />
Ibuprofen / Diclofenac<br />
Katze: Permethrin-Verbindungen<br />
Krankheiten<br />
–> Akuter Leberschaden, Koma, Tod<br />
–> Herzmuskelschäden<br />
–> Epileptiforme Anfälle<br />
–> In großer Menge Blähungen<br />
–> Koffein führt zu Herzrhythmusstörungen und neurologischen<br />
Problemen bis hin zu Todesfällen<br />
–> Blähungen<br />
–> Splitter-Gefahr: Verletzungen des Magen-Darm-Traktes<br />
Gefahr der Kotverstopfung<br />
–> Schäden an Magen-Darm-Trakt, Nervensystem und Muskeln<br />
–> Zittern, Krämpfe und Tod<br />
–> Grüne Anteile enthalten Atropin; Zittern und Herzrhythmusstörungen<br />
–> Enthalten Blausäure: Durchfall, Fieber, Atemnot, Krämpfe, Tod<br />
–> Blähungen<br />
–> Nierenschäden durch Weinsteinsäure (s.a. Weintrauben);<br />
Grenzwert: ca. 10 g pro kg Körpergewicht<br />
–> Möglicher Überträger von Trichinen und vom Aujezsky-Virus<br />
–> Enthält Theobromin: Nervengift (tödliche Dosis 100 mg Theobromin<br />
pro kg Körpergewicht; je höher der Kakaoanteil, umso giftiger!)<br />
–> Nierenschäden durch Weinsteinsäure (s.a. Rosinen)<br />
–> Hämolyse (= Auflösung der roten Blutkörperchen; Grenzwert 5-10 g / kg<br />
Körpergewicht)<br />
–> Enthält Cumarin-Verbindungen; hemmt die Blutgerinnung (vgl. Rattengift)<br />
–> Neurotoxin: Nervenschäden<br />
–> Tödliche Dosis: 5 g Blätter pro kg Körpergewicht<br />
–> Schleimhautreizungen durch Oxalsäure<br />
–> Hämolyse: Auflösung der roten Blutkörperchen; Speicheln, Erbrechen,<br />
Koma<br />
–> Tödliche Dosis: 30 g der Nadeln<br />
–> Speicheln, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Krämpfe<br />
–> Erbrechen, Durchfall, Kollaps<br />
–> Verdauungsstörungen<br />
–> Erbrechen, Durchfall, Fieber, Koma<br />
–> Störungen der Herztätigkeit<br />
–> Schleimhautentzündung, Erbrechen, Durchfall<br />
–> Hemmt Nervenimpulse; ZNS-, Magen-Darm- und Herz-Kreislauf-<br />
Symptome<br />
–> Hemmt die Blutgerinnung; Gefahr des Verblutens<br />
–> Stellt die Blutgefäße weit; Wasseraustritt ins Gewebe<br />
–> Hemmt die Leberenzyme; Tod durch Leberversagen<br />
–> Permethrine (z.B. in Preventic, Advantix, Exspot) sind giftig für Katzen!<br />
Tragen Sie keine Spot-on-Pipetten für den <strong>Hund</strong> bei der Katze auf!!!<br />
Medikamente für den Menschen sollten niemals ohne Rücksprache mit dem Tierarzt an <strong>Hund</strong> und Katze verabreicht<br />
werden! Unsere Haustiere besitzen andere Entgiftungssysteme in der Leber und können daher ganz anders auf<br />
Medikamente reagieren als wir Menschen!<br />
Verhaltensmaßnahmen: Packungsbeilage o.ä. mitbringen! Je nach Art des Giftes kann es sinnvoll sein, das Tier innerhalb<br />
von 30 Minuten nach Aufnahme eines Giftes erbrechen zu lassen!<br />
Telefonnummer der Giftzentrale: 02 28-1 92 40 Quelle: www.tierarztpraxis-am-schlagbaum.de<br />
Foto: Fotolia<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 57
Krankheiten<br />
Eine Allergie ist eine Überreaktion des<br />
Immunsystems auf eigentlich harmlose<br />
Stoffe. Ähnlich wie bei uns Menschen<br />
nehmen auch bei unseren Haustieren<br />
Allergien insgesamt immer mehr zu.<br />
Hierfür sind verschiedene Mechanismen<br />
verantwortlich: so spielt einerseits<br />
die zunehmende Umweltverschmutzung<br />
eine Rolle, andererseits<br />
nimmt man an, dass das Immunsystem<br />
aufgrund der heute insgesamt sehr<br />
guten hygienischen Bedingungen gewissermaßen„arbeitslos“<br />
geworden ist<br />
und so leichter zu Überreaktionen auf<br />
normalerweise nicht krankmachende<br />
Reize neigt.<br />
Symptome<br />
Beim <strong>Hund</strong> äußert sich eine Allergie<br />
mehr oder weniger ausnahmslos durch<br />
Juckreiz. Dieser tritt vor allem im Gesicht<br />
und an den Pfoten auf, kann aber<br />
auch den Unterbauch und die Achseln<br />
betreffen. Auf den Juckreiz reagiert<br />
der <strong>Hund</strong> mit vermehrtem Lecken oder<br />
Kratzen – dadurch kommt es in der<br />
Folge zu Infektionen mit bakteriellen<br />
Erregern und Hefepilzen. Auch häufige<br />
Ohrentzündungen ohne äußerlich erkennbaren<br />
Grund können Anzeichen<br />
einer Allergie sein!<br />
Ist der <strong>Hund</strong> auf bestimmte Futterinhaltsstoffe<br />
allergisch, kann er außerdem<br />
mit Verdauungsstörungen in Form<br />
von vermehrtem Grasfressen, Blähungen<br />
und Durchfällen reagieren.<br />
58<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Am Schlagbaum 2a • 59192 Bergkamen • Telefon: 02307 4 388 288<br />
www.tierarztpraxis-am-schlagbaum.de<br />
Allergien beim <strong>Hund</strong><br />
„Heuschnupfen“ und Asthma kommen<br />
dagegen beim <strong>Hund</strong> als Symptome<br />
einer Allergie – anders als bei uns Menschen<br />
– quasi nicht vor.<br />
Ursachen<br />
Mittlerweile weiß man, dass die Veranlagung,<br />
eine Allergie zu entwickeln genetisch<br />
bedingt ist, also von den Elterntieren<br />
vererbt wurde. Darüber hinaus<br />
spielen aber auch unter anderem die<br />
Belastung mit Umweltgiften, Stress<br />
und viele weitere Faktoren eine Rolle.<br />
Man unterscheidet beim <strong>Hund</strong> drei häufige<br />
Formen von Allergien, die durch<br />
unterschiedliche Auslöser, so genannte<br />
Allergene, hervorgerufen werden:<br />
1) Atopie / atopische Dermatitis<br />
Die Atopie oder auch atopische Dermatitis<br />
stellt eine häufige Form der<br />
Allergie dar, bei der die <strong>Hund</strong>e mit Juckreiz<br />
der Haut auf Allergene wie Hausstaub-<br />
und Futtermittelmilben, Schimmelpilze<br />
oder Pollen von Bäumen und<br />
Gräsern reagieren. Anders als früher<br />
angenommen, gelangen die Allergene<br />
jedoch nicht mit der Atemluft in den<br />
Körper des <strong>Hund</strong>es, sondern werden<br />
direkt über die Haut aufgenommen. Die<br />
Atopie entwickelt sich meist, wenn die<br />
<strong>Hund</strong>e bereits über ein Jahr alt sind.<br />
2) Futtermittelallergie / Futtermittelunverträglichkeit<br />
Auch die so genannten Futtermittel-<br />
allergien kommen beim <strong>Hund</strong> relativ<br />
häufig vor; sie verursachen ebenfalls<br />
Juckreiz der Haut, können aber auch<br />
Verdauungsstörungen wie Erbrechen,<br />
Blähungen oder Durchfälle hervorrufen.<br />
Hierbei gelangen die Allergene<br />
über die Nahrung in den Körper und<br />
werden dann vom Magen-Darm-Trakt<br />
aufgenommen. Futtermittelallergien<br />
bzw. -unverträglichkeiten können bereits<br />
ab einem Alter von wenigen Monaten<br />
auftreten.<br />
Die häufigsten Auslöser sind dabei:<br />
• Rindfleisch<br />
• Kuhmilch und Milchprodukte bzw.<br />
Laktose<br />
• Weizen<br />
• Hühnchenfleisch<br />
3) Flohbiss-Allergie<br />
Eine Sonderform stellt die Flohbiss-<br />
Allergie dar, bei der der <strong>Hund</strong> allergisch<br />
auf den Speichel der Flöhe reagiert.<br />
Dies führt dazu, dass schon ein<br />
einzelner Flohbiss hochgradigen Juckreiz<br />
verursachen kann! Anders als bei<br />
den beiden anderen Allergieformen<br />
sind hier die betroffenen Hautstellen<br />
meist der Rücken und die Kruppe.<br />
ACHTUNG!<br />
Eine Allergie ist nicht heilbar! Die Veranlagung,<br />
auf bestimmte Dinge allergisch<br />
zu reagieren, ist angeboren und<br />
bleibt lebenslang bestehen! Ziel der<br />
Behandlung ist es daher, die Beschwer-
den so gut wie möglich in den Griff zu<br />
bekommen.<br />
Foto: Fotolia<br />
Allergien machen sich beim <strong>Hund</strong> in<br />
erster Linie durch Juckreiz bemerkbar<br />
Ein <strong>Hund</strong> kann außerdem auch auf<br />
mehrere Dinge allergisch reagieren bzw.<br />
eine Atopie und eine Futtermittelunverträglichkeit<br />
haben – dies führt dazu,<br />
dass die Diagnostik und Behandlung<br />
oft mehrere Untersuchungen und Therapieansätze<br />
erfordert und sich dadurchrelativ<br />
langwierig gestalten kann!<br />
Behandlungsstrategien<br />
Bevor mit der Behandlung eine Allergie<br />
begonnen werden kann, müssen<br />
zunächst andere Ursachen wie Pilzoder<br />
Parasitenbefall sowie bakterielle<br />
Infektionen ausgeschlossen oder behandelt<br />
werden.<br />
Nächstes Ziel ist es, die auslösenden<br />
Allergene zu identifizieren. Dabei kommen<br />
je nach Form der Allergie unterschiedliche<br />
Tests zur Anwendung:<br />
1) „Allergietest“ bei Atopie und Flohspeichelallergie<br />
Ob das Tier auf Allergene wie Pollen,<br />
Schimmelpilze, Milben oder Flöhe reagiert,<br />
lässt sich über eine Blutuntersuchung<br />
feststellen. Dazu werden Ihrem<br />
Tier in unserer Praxis einige Milliliter<br />
Blut entnommen, die dann in einem<br />
Speziallabor auf diese Allergene getestet<br />
werden (ein Intrakutan-Test ist beim<br />
<strong>Hund</strong> ebenfalls möglich; dieser kann<br />
in spezialisierten Praxen und Kliniken<br />
durchgeführt werden). Das Ergebnis<br />
liegt in der Regel innerhalb weniger<br />
Tage vor.<br />
2) Eliminations-Diät bei Futtermittelallergie<br />
Die effektivste Möglichkeit, um bei einer<br />
Futtermittelunverträglichkeit herauszufinden<br />
auf welche Bestandteile<br />
das Tier reagiert, ist die so genannte<br />
Eliminationsdiät. Dafür muss der <strong>Hund</strong><br />
über die Dauer von zunächst acht<br />
Wochen ausschließlich mit einer Proteinquelle,<br />
das heißt einer Fleischsorte,<br />
und einer Kohlenhydratquelle gefüttert<br />
werden. Beide Dinge sollten für den<br />
<strong>Hund</strong> möglichst„neu“ sein und nicht<br />
in den Futtermitteln enthalten sein,<br />
die der <strong>Hund</strong> vorher zu Fressen bekommen<br />
hat. Gut geeignete, „exotische“<br />
Proteinquellen sind beispielsweise<br />
Pferdefleisch, Hirsch oder Strauß; als<br />
Kohlenhydratquellen eignen sich Kartoffeln<br />
oder z.B. auch Tapioka. Sie können<br />
als Besitzer diese Diät natürlich<br />
selbst zubereiten – mittlerweile gibt es<br />
aber auch Firmen, die Trocken- oder<br />
Feuchtfutter mit den entsprechenden<br />
Komponenten herstellen.<br />
Verschwindet innerhalb dieser acht<br />
Wochen der Juckreiz, so weiß man zum<br />
einen, dass der <strong>Hund</strong> auf diese Komponenten<br />
nicht allergisch reagiert. Zum<br />
Krankheiten<br />
anderen kann man nun weitere Komponenten<br />
– wiederum über einen Zeitraum<br />
von acht Wochen – mit hinzunehmen,<br />
um das Spektrum nach und nach<br />
zu erweitern. Tritt erneut Juckreiz auf,<br />
muss die entsprechende Komponente<br />
in Zukunft vermieden werden!<br />
Die Eliminationsdiät muss mindestens<br />
über einen Zeitraum von acht Wochen<br />
durchgeführt werden und verlangt<br />
von allen Menschen, die mit dem <strong>Hund</strong><br />
zusammenleben, Konsequenz und<br />
Disziplin, da leider jedes Gramm des<br />
allergieauslösenden Stoffes das Ergebnis<br />
für mehrere Wochen verfälschen<br />
kann.<br />
Ist bekannt, auf welche Stoffe der <strong>Hund</strong><br />
allergisch reagiert, besteht der wich-<br />
<strong>Hund</strong>eZentrum<br />
Ostfriesland<br />
Anett Kulke<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin,<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainerin,<br />
<strong>Hund</strong>everhaltensberaterin<br />
26603 Aurich<br />
E-Mail: whitewolf66(at)web.de<br />
Mobil: 01520 / 982 385 8<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 59
Krankheiten<br />
tigste Behandlungsansatz in der Vermeidung<br />
dieser Allergene. Eine solche<br />
Allergenvermeidung ist vor allem bei<br />
Futtermittelunverträglichkeiten und<br />
bei Flohspeichelallergie (regelmäßige<br />
Flohprophylaxe) relativ einfach durchzuführen<br />
– reagiert der <strong>Hund</strong> aber beispielsweise<br />
allergisch auf Hausstaubmilben,<br />
so lässt sich ein Kontakt mit diesen<br />
sehr viel schwieriger vermeiden.<br />
Für solche Fälle, in denen sich der Kontakt<br />
mit dem Allergen nur sehr schlecht<br />
vermeiden lässt, kommt die so genannte<br />
Hyposensibilisierung oder auch antigen-spezifische<br />
Immuntherapie als<br />
Behandlungsmöglichkeit in Frage. Dabei<br />
muss ebenfalls zunächst ein Allergietest<br />
erfolgen, um herauszufinden,<br />
auf welche Dinge das Tier reagiert. Aus<br />
diesen Antigenen wird dann in einem<br />
Speziallabor eine individuelle Lösung<br />
hergestellt, von der dem <strong>Hund</strong> dann<br />
über den Zeitraum von zunächst einem<br />
Jahr anfangs wöchentlich, später in größeren<br />
Abständen, eine kleine Menge<br />
injiziert wird. Dadurch„gewöhnt“ sich<br />
das Immunsystem an diese Allergene<br />
und die Allergiesymptomatik geht zurück.<br />
Ist eine solche Hyposensibilisierung<br />
erfolgreich, so sollte sie lebens-<br />
60<br />
<strong>Hund</strong>ezentrum Rems-Murr<br />
Inhaberin Simone Mangold<br />
<strong>Hund</strong>eerziehung, <strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin,<br />
Ernährungsberatung für <strong>Hund</strong>e<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
lang fortgesetzt werden, da<br />
auch durch diese Therapie<br />
die Allergie nicht geheilt,<br />
sondern nur reduziert wird!<br />
In akuten Fällen sowie bei<br />
hochgradigen Beschwerden<br />
können auch beim <strong>Hund</strong><br />
Kortisone angewandt wer- Foto: Fotolia<br />
den. Kortison drosselt die Eine Behandlungsstrategie: Beschränkung auf<br />
Funktion des Immunsystems eine Proteinquelle über die Dauer von acht<br />
und verhindert dadurch dessen<br />
Überreaktion auf das aus-<br />
Wochen<br />
lösende Allergen. Allerdings wird auch Eine weitere, relativ neue medikamen-<br />
die Abwehrleistung gegen tatsächlich telle Behandlungsmöglichkeit stellt<br />
krankmachende Erreger geschwächt, das Cyclosporin A dar. Dabei handelt<br />
so dass der Einsatz von Kortison im- es sich um einen Eiweißstoff aus einem<br />
mer sorgfältig abgewogen werden Bodenpilz, welcher gezielt die Über-<br />
sollte. Langfristig eingesetzt kommt es funktion des Immunsystems beein-<br />
außerdem zu zahlreichen weiteren Neflusst. Bei dieser Therapieform sind Nebenwirkungen<br />
auf den gesamten Orgabenwirkungen selten, das Medikament<br />
nismus.<br />
ist jedoch relativ teuer.<br />
Auch beim <strong>Hund</strong> können Antihistaminika<br />
zur Anwendung kommen – anders<br />
als das Kortison beeinflussen sie nicht<br />
das gesamte Immunsystem sondern<br />
nur die so genannten Histamin-vermittelten<br />
Reaktionen; allerdings ist die Behandlung<br />
mit Antihistaminika beim<br />
<strong>Hund</strong> oft relativ unbefriedigend.<br />
Mobile <strong>Hund</strong>- und<br />
Halterschulung<br />
71566 Althütte<br />
E-Mail info@hundezentrumremsmurr.de<br />
Telefon 07183 / 305 154<br />
Mobil 0174 / 658 210 6<br />
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Unterstützend kann vor allem bei der<br />
atopischen Dermatitis das Futter mit<br />
Essentiellen Fettsäuren (z.B. im Nachtkerzenöl<br />
enthalten) angereichert werden.<br />
Diese liefern alle für den Hautstoffwechsel<br />
notwendigen Bausteine und<br />
tragen somit dazu bei, dass die Schutzund<br />
Barriereform der Haut verbessert<br />
wird und Allergene nicht so leicht aufgenommen<br />
werden können.<br />
Zeigt Ihr Tier vermehrten Juckreiz oder<br />
vermuten Sie bei Ihrem Tier eine Allergie,<br />
so vereinbaren Sie einen Termin in<br />
der Praxis und wir beraten Sie gerne!<br />
Autor: Tierarztpraxis am Schlagbaum<br />
www.tierarztpraxis-am-schlagbaum.de
Felix –<br />
Ein Labrador<br />
nutzt seine<br />
letzte Chance<br />
Serie mit Berichten<br />
von„Das Leid der<br />
Vermehrerhunde“<br />
www.das-leid-der-vermehrerhunde.de<br />
Im Frühherbst 2008 bekamen wir einen<br />
Hilferuf zugeschickt: Felix, zweieinhalb<br />
Jahre alt, Labradorrüde kastriert, sucht<br />
dringend ein Pflegeplätzchen oder ein<br />
endgültiges Zuhause. Eigentlich waren<br />
unsere Lebensumstände nicht ideal,<br />
um einen weiteren <strong>Hund</strong> zu unserer<br />
Golden Retriever Hündin aufzunehmen.<br />
Bisher war immer die Vernunft Sieger<br />
geblieben, entweder bei meinem<br />
Mann oder bei mir, aber Felix Bild hat<br />
uns berührt. Nach einigen Telefonaten<br />
haben wir uns dann entschieden, dass<br />
er zu uns kommen darf.<br />
Felix wurde mit ca. einem halben Jahr<br />
im Tierheim abgegeben, weil er seine<br />
Familie vom Sofa herunter angeknurrt<br />
hatte. Im Tierheim scheiterten zwei<br />
oder drei Vermittlungsversuche daran,<br />
dass Felix am Futternapf die Annäherung<br />
bzw. Berührung von Menschen<br />
nicht ertragen konnte und geschnappt<br />
hatte. Eine engagierte Tierschützerin<br />
hatte ihn dann im Tierheim gefunden<br />
und ihn als Pflegestelle für einen <strong>Tierschutz</strong>verein<br />
zu sich genommen. Mit<br />
großer Wahrscheinlichkeit hat sie ihm<br />
damit das noch junge Leben gerettet,<br />
denn im Tierheim galt Felix als nicht<br />
vermittelbar. Auch in dieser Pflegestelle<br />
zeigten sich Schwierigkeiten, Felix hat<br />
dort drei Mal abgeschnappt, immer in<br />
Situationen in denen aus seiner Sicht<br />
zu viel Nähe entstanden war.<br />
Mit diesen Vorinformationen kam Felix<br />
dann am 18.10.2008 bei uns an. Mit unserer<br />
Hündin haben wir das erste Treffen<br />
auf einer großen eingezäunten<br />
Wiese durchgeführt, so konnten beide<br />
<strong>Hund</strong>e frei laufen. Die beiden haben<br />
sich kurz begrüßt und damit war das<br />
Kennen lernen erledigt. Bis heute würde<br />
ich das Verhältnis der beiden so be-<br />
<strong>Hund</strong>ezentrum Springorum<br />
Inhaberin Anke Springorum • 58332 Schwelm<br />
E-Mail: info(at)hundezentrum.springorum.info<br />
Telefo 02336 / 3049 • Mobil: 0160 / 964 721 47<br />
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schreiben: Sie akzeptieren sich, aber<br />
sie brauchen sich nicht unbedingt.<br />
In den ersten Wochen hat Felix unheimlich<br />
viel geschlafen. Er musste wohl<br />
seine Vergangenheit ausschlafen, den<br />
Stress der letzten Wochen und sich erholen.<br />
Auf den Spaziergängen klebte<br />
seine Nase quasi am Boden, Felix war<br />
nicht ansprechbar – er schnüffelte nur<br />
und sammelte alles ein, was er am Boden<br />
finden konnte. Egal ob es Dreck,<br />
Kot, Äpfel oder was auch immer war,<br />
er hat es gefressen.<br />
Schon in den ersten Tagen kam es zu<br />
Situationen, in denen Felix abschnappte.<br />
Er drohte enorm kurz, so dass wir<br />
Menschen kaum Zeit hatten, darauf<br />
deeskalierend zu reagieren. Und dann<br />
packte er, da wo er einen erwischen<br />
konnte und hielt fest. Es gab keine<br />
Löcher, aber manchmal leichte Quetschungen.<br />
Er hatte eine verdammt gut<br />
ausgeprägte Beißhemmung, wusste<br />
genau, wie fest er packen konnte, um<br />
Problemhundtherapie<br />
Welpenausbildung<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 61
Leid der Vermehrerhunde<br />
deutlich zu verwarnen, aber nicht zu<br />
verletzen.<br />
Je länger wir uns kennen lernten, um<br />
so deutlicher wurde uns, dass Felix<br />
einfach schlechte Erfahrungen mit der<br />
Hand des Menschen gemacht hatte. Es<br />
bestätigte sich nicht, dass er Liegeplätze<br />
verteidigte, sondern es stellte<br />
sich immer mehr heraus, dass er quasi<br />
seine eigene Individualdistanz verteidigte.<br />
Er scheint einige sehr unschöne<br />
gewalttätige Erziehungsversuche erlebt<br />
zu haben und hat irgendwann gelernt,<br />
dass Selbstverteidigung die beste<br />
Art der Verteidigung ist. Darüber hinaus<br />
haben wir bei einem Tierarztbesuch<br />
festgestellt, dass er einen kaputten Ellbogen<br />
hatte, vermutlich von Geburt<br />
an und schon lange unter Schmerzen<br />
litt. Aus diesem Grund haben wir ihn<br />
zunächst mit Schmerzmitteln schmerzfrei<br />
gemacht und anschließend eine<br />
Operation des Beines durchgeführt.<br />
In der ersten Zeit war es nicht immer<br />
leicht mit Felix zusammen zu leben.<br />
Wir hatten die Möbel umgestellt, um<br />
Engstellen zu vermeiden, die ihn dazu<br />
veranlassen würden, zu schnappen<br />
oder in eine Abwehrhaltung zu gehen.<br />
Immer wenn wir uns ihm näherten,<br />
egal ob auf seinen Liegeplätzen oder<br />
sonst irgendwo in der Wohnung liegend,<br />
haben wir ihn angesprochen,<br />
ihm ein absplittendes Handzeichen<br />
gezeigt, damit er wusste, dass wir nur<br />
an ihm vorbeigehen, ihn nicht anfassen<br />
wollen. Wenn uns etwas hinuntergefallen<br />
ist, haben wir erst geschaut,<br />
wo Felix gerade ist. Nur mit ausreichend<br />
Abstand zu ihm, haben wir es dann aufgehoben.<br />
Wenn Felix dicht dabei war,<br />
haben wir ihn zunächst weggelockt<br />
und uns erst anschließend gebückt.<br />
Wir hatten für Felix Kinderschutztüren<br />
62<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
gekauft und damit das Arbeitszimmer<br />
ausgestattet. So konnte Felix im Arbeitszimmer<br />
schlafen, abgetrennt, aber in<br />
Hör- und Sichtweite zu uns im Schlafzimmer<br />
und Wohnzimmer, damit er<br />
sich nicht nachts heimlich aufs Sofa<br />
schleichen konnte, weil ja unklar war,<br />
ob wir ihn da wieder runter lotsen<br />
könnten. Außerdem war es eine Möglichkeit,<br />
ihm auch tagsüber mal für sich<br />
alleine eine Auszeit zu geben. So ein<br />
bisschen wie Kleinkinder zum Mittagsschlaf<br />
hinzulegen, damit sie dann den<br />
Rest des Tages ausgeruht begehen können.<br />
Ihm war vor allem an den Wochenenden,<br />
wenn wir beide den ganzen<br />
Tag zuhause waren, die dauernde Nähe<br />
zum Menschen oft zu anstrengend, da<br />
musste er immer acht geben, was wir<br />
gerade so machen, ob sich jemand nähert<br />
usw. In seinem Zimmer, das wir<br />
dadurch attraktiv gemacht haben, dass<br />
es immer was tolles zum Nagen gab,<br />
konnte er sich entspannen und schlafen,<br />
weil er bald herausgefunden hatte,<br />
dass ihn dort niemand stört.<br />
Wir haben Felix mit Hilfe einer Tierheilpraktikerin<br />
zusätzlich homöopatisch<br />
unterstützt, sowohl was die gesundheitlichen<br />
Baustellen anging als auch das<br />
Thema Vergangenheitsbewältigung.<br />
Dies hat ihm auch ein gutes Stück geholfen,<br />
er wurde freier, das Training<br />
nutzen zu können. Viele Abläufe haben<br />
wir ritualisiert, d.h. Signalwörter eingeführt,<br />
die einen immer gleichen Ablauf<br />
ankündigen. Das gibt ihm die Sicherheit<br />
zu erkennen, was nun als nächstes<br />
auf ihn zukommt und was von ihm verlangt<br />
wird.<br />
Rituale halfen Felix,Vertrauen zu entwickeln: er wartet in seinem Zimmer bis das<br />
Futter angerichtet ist und in einem Extra-Zimmer abgestellt wird<br />
So haben wir in den ersten Wochen<br />
das Brustgeschirr einfach angelassen<br />
und dann langsam daran gearbeitet,<br />
es an- und ausziehen zu dürfen. Auch<br />
das Richten des Futters und die Abläufe<br />
darum haben wir ritualisiert: Er wartet<br />
in seinem Zimmer bis das Futter gerichtet<br />
ist, dann stellen wir es in ein Extrazimmer,<br />
das er erst anschließend<br />
betreten darf und schließen die Tür.<br />
Wenn unsere Hündin mit Fressen fertig<br />
ist, gehen wir an seine Zimmertür<br />
und fragen:„Bist Du fertig?“ und öffnen.<br />
Das Ein- und Aussteigen im Auto<br />
wurde ritualisiert, damit er keine Angst<br />
hat, wenn wir ins Brustgeschirr fassen,
um das Raushüpfen abzufedern, wegen<br />
seines Ellbogens. Alleine bleiben haben<br />
wir ebenfalls ritualisiert:„Bin gleich wieder<br />
da“ und etwas zum Nagen bilden<br />
das Ritual. Genauso das An- und Ableinen,<br />
damit er immer wusste, warum<br />
sich die Hand nun auf ihn zubewegt<br />
und dass ihm dabei nichts passieren<br />
wird. Auch ein Maulkorbtraining hat<br />
Felix hier kennen gelernt. Das war uns<br />
immer wichtig, damit wir ihn z.B. beim<br />
Tierarzt stressfrei sichern können. Aber<br />
auch als wir ihn das erste Mal zu meiner<br />
Familie dazugelassen haben, war<br />
der Mauli drauf – einfach zur Sicherheit<br />
für die Menschen und da er ihn kannte,<br />
fand er das nicht schlimm.<br />
Wenn Besuch kam und auch heute<br />
noch kommt, geht Felix zunächst in<br />
sein Zimmer, damit in unserem engen<br />
Flur nicht unabsichtlich eine schwierige<br />
Nähe für ihn entsteht. Anfänglich<br />
durfte er dann im Zimmer schlafen,<br />
nagen und sich in Sicherheit fühlen.<br />
Oft hatte ich den Eindruck, dass er regelrecht<br />
froh war, dass er wegbleiben<br />
durfte. Später durfte er dann immer<br />
mal wieder für eine kurze Zeit dazu, je<br />
nach seiner Tagesform aber auch je<br />
nach Besuch. Mit der Zeit haben wir<br />
ihn bei Menschen, die er bereits kannte<br />
und die wussten, wie sie sich verhalten<br />
sollen, auch an der Tür dazugelassen.<br />
Erst gestern waren Freunde da, die er<br />
durch das Mantrailtraining kennt und<br />
mag. Da durfte er die gesamte Zeit des<br />
Besuches dabei sein und konnte das<br />
auch gut meistern.<br />
Mit Kommandos haben wir erst recht<br />
spät angefangen, das war einfach nicht<br />
wichtig. Wichtig war uns zunächst, dass<br />
er ankommen darf, dass er seinen<br />
Stress abbauen kann, dass er die Erfahrung<br />
macht, es gibt Menschen, denen<br />
man vertrauen kann, die einem nicht<br />
weh tun. Wir haben zunächst sehr viel<br />
Kopfarbeit mit ihm gemacht: Nasenarbeit,<br />
Trickaufbau, Suchspiele. Damit<br />
konnte er seine Frustrationstoleranz<br />
etwas steigern. Er lernte, nach anderen<br />
Lösungen zu suchen, lernte sich selbst<br />
zu vertrauen und hatte einfach Spaß<br />
zusammen mit dem Menschen.<br />
Im Herbst 2009, nach über einem Jahr<br />
Pflegezeit, haben wir uns dann entschieden,<br />
dass Felix hier nicht mehr<br />
wegzudenken ist und er bei uns bleiben<br />
darf. Nun wurde er ganz offiziell<br />
unser <strong>Hund</strong> – mit einem neuen Rufnamen,„Ben“,<br />
den wir ihm schon lange<br />
vorher gegeben hatten, zum Zeichen<br />
des Neuanfanges. Nun lebt er bei uns<br />
als Familienmitglied. Es war uns bei der<br />
endgültigen Übernahme von Ben bewusst,<br />
dass wir noch einen weiten Weg<br />
vor uns haben und viele Entscheidungen<br />
noch um ihn herum getroffen werden<br />
müssen. Besuche bei Familie oder<br />
Freunden müssen immer abgewogen<br />
werden: Kann er schon mit oder ist es<br />
noch zu viel für ihn? Wenn wir ihn nicht<br />
Leid der Vermehrerhunde<br />
Über die Einübung von Tricks und<br />
Suchspielen durfte Felix erfahren, dass<br />
er auch Spaß zusammen mit seinen<br />
Menschen haben konnte<br />
<strong>Hund</strong>eschule-Ostfriesland e.V.<br />
1. Vorsitzende Heike Sedlak<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainerin, <strong>Hund</strong>everhaltensberaterin<br />
26603 Aurich • E-Mail <strong>Hund</strong>eschule-Ostfriesland(at)web.de<br />
Telefon 0494 / 171 159 • Mobil 0170 / 105 005 4<br />
www.hundeverein-ostfriesland.de<br />
mitnehmen können, darf er zu einer<br />
versierten Trainerin in deren Tierpension.<br />
Das haben wir auch langsam und<br />
Schritt für Schritt vorbereitet und er<br />
geht sehr gerne hin.<br />
Mittlerweile sind die Kindergittertüren<br />
nachts offen, Tagsüber braucht er immer<br />
seltener eine Auszeit. Er hat das<br />
Sofa und das Bett erobert, allerdings<br />
können wir ihn auf dem Sofa oder im<br />
Bett nicht bekuscheln. Liegend kann<br />
er es noch immer kaum aushalten,<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 63
Leid der Vermehrerhunde<br />
angefasst zu werden. Das macht ihm<br />
immer noch Angst. Vielleicht kann er<br />
es irgendwann in den nächsten Jahren<br />
genießen lernen, vielleicht auch nicht.<br />
Wir passen uns ihm in seiner Lerngeschwindigkeit<br />
an. Bis heute gilt, dass<br />
wir fremde Personen nicht erlauben,<br />
ihn zu streicheln, genau wegen dieser<br />
Ängste, aber wir können ihn mittlerweile<br />
an immer mehr Stellen anfassen.<br />
Vor wenigen Wochen habe ich zu trainieren<br />
begonnen, ihm in die Ohren zu<br />
schauen, die Augen zu kontrollieren,<br />
das Maul anfassen und die Lefzen<br />
Felix wird heute „Ben“ gerufen.<br />
Er zeigt Bereitschaft zu lernen,Vertrauen<br />
zum Menschen zu fassen<br />
und strahlt inzwischen viel<br />
Lebensfreude aus<br />
64<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
hochziehen zu dürfen. Das geht ganz<br />
gut, ich bin gespannt wie weit wir kommen<br />
werden….<br />
Es war ein großes Abenteuer, diesen<br />
<strong>Hund</strong> aufzunehmen und bis jetzt zu<br />
begleiten. Aber es lohnt sich hundertfach.<br />
Ich kann nur erahnen, welche Erfahrungen<br />
ihn so misstrauisch haben<br />
werden lassen, was ihn so ängstlich<br />
und verteidigungsbereit hat werden<br />
lassen. Aber ich bin immer wieder tief<br />
berührt, wie viel Bereitschaft Ben zeigt,<br />
wieder zu vertrauen, Berührungen<br />
langsam wieder zu zu lassen, wie viel<br />
er lernt, was alles möglich ist und vor<br />
allem, wie viel Lebensfreude dieser<br />
<strong>Hund</strong> mittlerweile ausstrahlt. Das Verhalten<br />
dieser <strong>Hund</strong>e hat Ursachen, die<br />
fast ausnahmslos in Handlungen des<br />
Menschen begründet liegen. Und oft<br />
waren diese Erfahrungen so schmerzlich<br />
und sitzen so tief, dass es Jahre, viel<br />
Einfühlungsvermögen und Verständnis<br />
braucht, einem <strong>Hund</strong> das Wissen zu<br />
vermitteln, wieder vertrauen zu können.<br />
Es bedeutet ebenso, ein Stückweit eigene<br />
Lebensgewohnheiten zu ändern<br />
oder aufzugeben. Wir waren dazu<br />
bereit.<br />
Ich bin sehr dankbar, dass uns das<br />
Schicksal zusammen geführt hat und<br />
wir mit ihm seinen Lebensweg gehen<br />
dürfen, mit allen Ecken und Kanten.<br />
Und ich bin auch froh darüber, in dem<br />
Verein „Retriever und Freunde e.V.“<br />
Menschen gefunden zu haben, die an<br />
unserem gemeinsamen Lebensweg<br />
Anteil nehmen. Viele kennen unsere<br />
Geschichte von Anfang an. Mit im Verein<br />
engagierten Animal-Learn-Trainerinnen<br />
habe ich bis heute die Möglichkeit,<br />
mich fachlich auszutauschen. In<br />
Momenten, in denen ich dachte, es<br />
geht einen Schritt voran und zwei zurück,<br />
haben mich Freunde auch mal<br />
getröstet und mir Mut zugesprochen,<br />
nicht aufzugeben. Diesen Rückhalt<br />
möchte ich nicht missen, er ist so wichtig,<br />
gerade dann, wenn ein gemeinsamer<br />
Weg von <strong>Hund</strong> und Mensch so<br />
stolprig ist, wie der unsere.<br />
Herzliche Grüße aus dem Schwarzwald<br />
von Martina, Eika & Ben (Felix)<br />
Text mit freundlicher Genehmigung von<br />
www.das-leid-der-vermehrerhunde.de<br />
Fotos: www.tierart-fds.de
Newsletter Januar 2011<br />
Stammtisch am 20. Januar in Neu-Ulm –<br />
bitte noch anmelden: info@hundeforschung.de • www.hundeforschung.de<br />
<strong>Hund</strong>ezucht, Gene und die Erbkrankheiten<br />
In Deutschland gibt es eine jährliche<br />
<strong>Hund</strong>epopulation von ca. 5,3 Millionen<br />
<strong>Hund</strong>en. Diese Zahl ist seit Jahren sehr<br />
konstant. Nach Schätzungen gibt es<br />
circa 500.000 <strong>Hund</strong>ewelpen gesamt<br />
jährlich. 80% der <strong>Hund</strong>e kommen aus<br />
deutscher Zucht, 20% werden importiert.<br />
Die Gesamtpopulation liegt bei<br />
69% Rassehunden und 31 % Mischlingen<br />
29% aus dem VDH, 48% aus nicht<br />
„kontrollierter“ Zucht und die restlichen<br />
sind Importe. (Jahresbericht 2009 VDH)<br />
Unsere heutigen <strong>Hund</strong>erassen sind<br />
durch eine verhältnismäßige kleine<br />
Anzahl von Gründertieren entstanden.<br />
Durch das Festlegen eines Rassestandards<br />
wurden die genetischen Optionen<br />
für jede einzelne Rasse im Wesentlichen<br />
festgelegt. Durch das erfolgte<br />
im weiteren Verlauf der Zucht mehr<br />
und mehr ein Verlust der genetischen<br />
Vielfalt. Zusätzlich wird nach möglichst<br />
einheitlichen Individuen gestrebt, die<br />
den vorgegeben Rassenstandards entsprechen.<br />
Dafür wird auf der einen Seite<br />
vermehrt Inzucht mit Tieren betrieben<br />
die diese gewünschten Merkmale besitzen,<br />
auf der anderen Seiten werden<br />
aber auch populäre Deckrüden, die<br />
oftmals Ausstellungssieger und bekannte<br />
Champions waren, eingesetzt.<br />
All das führt zu einer Verarmung des<br />
Genpools und zum vermehrten Auftreten<br />
von genetischen Erkrankungen<br />
und dabei zu einer Fixation von Erbleiden<br />
in der Population.<br />
2009 waren 489 Erbkrankheiten bei<br />
Rassehunden beschrieben. Diese entstehen<br />
durch Gendefekte und Mutationen,<br />
wobei diese bei einzelnen oder<br />
mehreren Tieren in einer oder verschiedenen<br />
Populationen bestehen (Mutation:<br />
dauerhaft, stabil vererbte Veränderung<br />
der DNA).<br />
Eine Genanalyse ermöglicht es, eine<br />
Veränderung der DNA eines Individuums<br />
zu identifizieren. Das Ziel der molekularen<br />
Gendiagnostik ist eine Erfassung<br />
von Genotypen, um Nachweise<br />
aller Varianten einen Genlocus, unabhängig<br />
von Genwirkungen, Alter, Geschlecht<br />
und physiologischen Status,<br />
zu erhalten. Zusätzlich kann sie als<br />
Nachweis von züchterischen vorteilhaften<br />
und nachteiligen Anlagen dienen.<br />
Bei der Anwendung eines direkten Gentests<br />
sind die merkmalsverursachenden<br />
(kausativen) DNA Varianten (Allele) bekannt<br />
und können dargestellt werden.<br />
Die Aussagesicherheit des Testergebnisses<br />
liegt bei korrekter Ausübung<br />
bei 100%.<br />
Bei einem indirekten Gentest, ist der<br />
relevante Genlocus nicht exakt bekannt,<br />
jedoch die chromosomale Lokalisation<br />
. Es werden Markerloci in der betroffenen<br />
Region für die Beurteilung des<br />
Allels eingesetzt. Die Aussagesicherheit<br />
steigt, je weniger Rekombinationen<br />
zwischen den Marker und dem zu identifizierenden<br />
Genlocus sind. In der Regel<br />
werden indirekte Gentests umso<br />
sicherer, je näher der getestete Marker<br />
an der tatsächlichen Mutation sitzt.<br />
Diese Gentests sind meist patentrechtlich<br />
geschützt und so werden bestimmte<br />
Gentests nur von den jeweiligen Genlabors<br />
angeboten.<br />
(Quelle: Doktorarbeit Fr. Chr. Julia Rabe<br />
2009)<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 65
Vermischtes<br />
Alopezie (Color Dilution Alopecia/<br />
CDA) Überarbeitung Prof. Dr. Tosso Leeb/Uni Bern<br />
Die Farbmutantenalopezie oder Color<br />
Dilution Alopecia (CDA) oder black hair<br />
follicular dysplasia (BHFD) kommt nur<br />
bei <strong>Hund</strong>en mit verdünnten Fellfarben<br />
vor (engl. dilute coat color). Verdünnte<br />
Fellfarben und auch die CDA kommen<br />
in vielen Rassen vor. Aufgrund des Risikos,<br />
eine CDA zu entwickeln, werden<br />
die verdünnten Farben in einigen Rassen<br />
als Fehlfarben eingestuft und entsprechen<br />
nicht dem Rassestandard.<br />
Eine dieser verdünnten Farben ist<br />
„blau“. Durch das Verdünnungsgen<br />
sieht die eigentlich schwarze Grundfarbe<br />
von blauen <strong>Hund</strong>en eher mausgrau/silber/anthrazit<br />
aus. Daneben<br />
gibt es auch die Farbe isabell (von einer<br />
gelben oder roten Grundfarbe). Farben<br />
wie blau, silber oder isabell werden<br />
meist als interessant, exotisch und wertvoll<br />
angesehen und sind bei manchen<br />
Rassen auch im Standard anerkannt.<br />
Eine echte CDA kann sich nur bei einem<br />
<strong>Hund</strong> mit einer verdünnten Farbe<br />
entwickeln, aber nicht jeder <strong>Hund</strong> mit<br />
einer verdünnten Farbe bekommt<br />
auch CDA. Es ist zur Zeit noch nicht bekannt,<br />
welche zusätzlichen Auslöser<br />
nötig sind, damit eine CDA entsteht. Es<br />
gilt allerdings als gesichert, dass die<br />
Rasse einen großen Einfluss hat. So bekommen<br />
bei den Grossen Münsterländern<br />
alle <strong>Hund</strong>e mit einer verdünnten<br />
Fellfarbe auch CDA, weshalb in dieser<br />
Rasse die verdünnten Fellfarben auch<br />
als Fehlfarben klassifiziert werden. Bei<br />
Beaglen hingegen ist z.B. blau eine anerkannte<br />
Farbe und es wurde noch nie<br />
über besondere Hautprobleme bei<br />
blauen Beaglen berichtet.<br />
66<br />
der absolut-hund report • 1 / 2011<br />
Die Farbverdünnung beruht auf einem<br />
defekten Transport der Pigmentpartikel<br />
(Melanosomen) in den Pigmentzellen<br />
(Melanozyten) und führt zu einer Verklumpung<br />
der Pigmente in diesen Zellen.<br />
Da die großen Pigmentklumpen<br />
auch in die wachsenden Haare eingebaut<br />
werden, könnte es sein, dass dadurch<br />
die Haare ihre mechanische<br />
Stabilität verlieren und ganz knapp<br />
über der Haarwurzel, noch in der Haut,<br />
abbrechen. Die zurückbleibenden<br />
Haarstummel können beim weiteren<br />
Wachstum die Haut reizen und zu Entzündungen<br />
der Haut führen, die eine<br />
medikamentöse Behandlung erfordern.<br />
Der Schweregrad der CDA kann also<br />
sehr unterschiedlich sein. In leichten<br />
Fällen ist lediglich das Fell etwas lichter<br />
und der <strong>Hund</strong> hat sonst keinerlei<br />
gesundheitliche Probleme. Eine sehr<br />
charakteristische Stelle für den Haarverlust<br />
bei CDA sind die Rückseiten der<br />
Ohren, die bei CDA <strong>Hund</strong>en oft nur<br />
spärlich behaart oder sogar völlig kahl<br />
sind. Auf der anderen Seite kann eine<br />
CDA in seltenen schweren Fällen aber<br />
auch zu den oben beschriebenen chronischen<br />
Hautentzündungen führen,<br />
die eine ernste Krankheit darstellen<br />
und oft einer lebenslangen Therapie<br />
bedürfen. CDA Symptome werden<br />
meist im Alter von drei bis sechs Monaten<br />
offensichtlich, können aber auch<br />
noch später im Leben beginnen.<br />
2005 wurde in einer Studie (Philipp et.<br />
al.) an mehreren <strong>Hund</strong>en der Rassen<br />
Deutscher Pinscher, Dobermann und<br />
großer Münsterländer durchgeführt.<br />
Es zeigte sich dass die Krankheit durch<br />
Alopezie ist der<br />
Fachausdruck<br />
für Haarausfall<br />
Mutationen nahe dem MLPH Gen auf<br />
Chromosom 25 verursacht wird. Die<br />
ursächliche Mutation konnte in dieser<br />
Studie noch nicht gefunden werden.<br />
In einer weiteren Studie 2007 (Drögemüller<br />
et al.) wurden DNA Proben von<br />
285 <strong>Hund</strong>en aus 7 Rassen untersucht<br />
und die wahrscheinlich kausale Mutation<br />
für die Farbverdünnung identifiziert.<br />
Mit diesen Informationen konnte ein<br />
Gentest für die Farbverdünnung entwickelt<br />
werden. Dieser Gentest wird<br />
von mehreren Laboren angeboten,<br />
zum Beispiel:<br />
Health Gene in Toronto, Kanada:<br />
www.healthgene.com oder<br />
Universität Göttingen:<br />
http://www.tieraerztliches-institut.unigoettingen.de/home/ZMD-<br />
Antragsformulare.html<br />
Mit dem Gentest lässt sich der Genotyp<br />
in Bezug auf die Farbverdünnung<br />
eindeutig feststellen und die Zucht<br />
von farbverdünnten Welpen steuern.<br />
Welpen ohne Farbverdünnung können<br />
auch keine CDA bekommen. Allerdings<br />
kann der Test keine Aussagen darüber<br />
machen, ob ein farbverdünnter <strong>Hund</strong><br />
tatsächlich CDA entwickeln wird. Es ist<br />
somit weiterhin sehr wichtig, Daten<br />
darüber zu sammeln, in welchen Rassen<br />
die verdünnten Farben wirklich<br />
unbedenklich sind und in welchen<br />
Rassen auf die Zucht farbverdünnter<br />
<strong>Hund</strong>e besser verzichtet werden sollte.<br />
(Quelle: T. Leeb, Bern)
Besuch bei genocanin an der Uni Kassel<br />
Der Besuch bei Fr. Dr. Ina Pfeiffer und<br />
genocanin war schon lange geplant<br />
und konnte am 10.Januar 2011 endlich<br />
realisiert werden. Es wurden 2010 lange<br />
Gespräche geführt und seit Kurzem wurde<br />
nun genocanin der Kooperationspartner<br />
des Fördervereins. Dieser ist für<br />
die Einlagerung der Blutproben zuständig.<br />
Zusätzlich werden in Zukunft<br />
neben der zertifizierten Erstellung von<br />
DNA-Profilen für die Mitglieder des Fördervereins<br />
auch weitere molekulargenetische<br />
Auswertungen durchgeführt.<br />
(z.B. Erbfehlerdiagnostik bei circa<br />
zwanzig verschiedenen Tests für eine<br />
gesunde Zuchtplanung, Abstammungsnachweis,<br />
Identitätsnachweis, Merkmalnachweis,<br />
usw.)<br />
Diese sind neben den offiziellen, unter<br />
anderem staatlich unterstützten Studien<br />
der Universität Bern und München<br />
eine wichtige Möglichkeit um eigene<br />
Erkenntnisse für Zuchtplanung, Therapie<br />
und psychologische Hilfe ermitteln<br />
zu können. Frau Fahrenschon,<br />
Frau Steinwitz und Frau Giuliano wurden<br />
herzlich am Montag Mittag im<br />
Labor an der Uni Kassel/genocanin<br />
von Frau Dr. Pfeiffer begrüßt. Hautnah<br />
wurde direkt an einer Blutprobe gezeigt<br />
wie der Ablauf im Labor ist. Eine<br />
DNA wurde live isoliert und der DNA-<br />
Strang sichtbar gemacht. Das hat schwer<br />
Messeauftritte Januar/Februar 2011<br />
Jagd und Fischerei: 20. – 23. Januar 2011 Messe Ulm<br />
Messegelände Ulmer Messe • Böfinger Straße 50 • 89083 Ulm<br />
Öffnungszeiten: 9.30 Uhr – 18.00 Uhr<br />
http://www.uag.de/index2.php<br />
Eintrittspreise: Erwachsene 8,00 € • Ermäßigt 7,00 € • Kinder 2,80 €<br />
HUND 2011 – CH: 04.-06. Februar 2011 Messe Winterthur<br />
Messegelände Eulachhallen • Wartstrasse 73 • CH-8400 Winterthur (Schweiz)<br />
http://www.hundemesse.ch/<br />
Öffnungszeiten: Freitag 14.00 Uhr – 20.00 Uhr • Samstag 10.00 Uhr – 18.00 Uhr<br />
Sonntag 10.00 Uhr – 17.00 Uhr<br />
Eintrittspreise: Erwachsene 15,00 SFr • <strong>Hund</strong> 5,00 SFr<br />
Ermäßigt 10,00 SFr • Kinder bis 16 Jahre frei<br />
www.hundeforschung.de<br />
Vermischtes<br />
beeindruckt und wird das ganze Leben<br />
lang den drei Frauen in Erinnerung<br />
bleiben. Frau Dr. Pfeiffer erklärte sehr<br />
lebendig die Zusammenhänge von<br />
ihrer Arbeit. Erfolge gleichvoll wie<br />
Schwierigkeiten wurden von ihr aufgezeigt<br />
und somit die langwierige Arbeit<br />
eines Genetikers. Neben einem Rundgang<br />
im Labor und den genauen Erklärungen<br />
von den Umsetzungen der<br />
DNA Auswertungen wurden die weiteren<br />
Aktivitäten zwischen genocanin<br />
und dem Förderverein erörtert und<br />
festgelegt. Dabei wurden auch interessante<br />
Preise für unsere Mitglieder für<br />
die Erstellung von DNA-Profilen mit<br />
Zertifikat beschlossen, gerade für Züchter<br />
mit mehreren <strong>Hund</strong>en sehr interessant.<br />
Bei Interesse bitte direkt bei Frau<br />
Giuliano melden:<br />
info@hundeforschung.de<br />
1 / 2011 • der absolut-hund report 67
AUSBILDUNG –<br />
aber welche?<br />
Ausbildungsangebote von<br />
<strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong>:<br />
<strong>Hund</strong>ehaltertrainer (HHT)<br />
Zielgruppe: Menschen, die sich in der Anleitung<br />
von Mensch-<strong>Hund</strong>-Team aktiv sehen,<br />
gerne in der Gemeinschaft arbeiten und vorbeugend/aufbauend<br />
tätig sein möchten.<br />
Schwerpunkte: Aufbau/Anleitung eines<br />
Mensch-<strong>Hund</strong>-Teams<br />
<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut (HVT)<br />
Zielgruppe: Menschen, die sich in der aktiven<br />
Verhaltensumlenkung von Fehl- und<br />
Problemverhalten mit <strong>Hund</strong> und Halter in<br />
therapeutischer Form sehen.<br />
Schwerpunkte: Fehlgelenkte Verhaltensweisen<br />
von <strong>Hund</strong> und Halter<br />
Mantrailer-Trainer (MTT)<br />
Zielgruppe: Menschen die Menschen helfen<br />
oder auch eine gute Auslastungsmöglichkeit<br />
für <strong>Hund</strong>ehalter anbieten möchten.<br />
Schwerpunkt: Anleitung von Gruppen oder<br />
Einzelpersonen<br />
Weitere Informationen zu Inhalten, Preisen<br />
und Terminen unter<br />
www.absolut-hund.de<br />
oder 0171 / 3 22 52 61