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Tierschutz - Absolut-Hund

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der<br />

report<br />

absolut-hund<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Sinn und<br />

Unsinn<br />

von Tierimporten<br />

<strong>Tierschutz</strong>skandal<br />

Zarenhof –<br />

6 Thesen<br />

Animal<br />

Hoarding<br />

Kritisch gesehen<br />

Probleme der<br />

Mehrhundehaltung<br />

Ausgabe 1 / 2011<br />

Wissenswertes<br />

für <strong>Hund</strong>efreunde<br />

Rasseporträt<br />

Kangal


Internetauftritt langweilig?<br />

Nicht mehr modern?<br />

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Neues von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

Prüfung in Dianas <strong>Hund</strong>eschule . . . . . . . . . . . . 4<br />

Qualitätssiegel von <strong>Absolut</strong> <strong>Hund</strong> . . . . . . . . . . 5<br />

Termine bei <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

Ausbildung für <strong>Hund</strong>etrainer . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Seminare für <strong>Hund</strong>ehalter . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Kritisch gesehen<br />

<strong>Hund</strong>e-KiTa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

Probleme der Mehrhundehaltung . . . . . . . . 10<br />

Die richtige <strong>Hund</strong>eschule . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Vermenschlichung von <strong>Hund</strong>en . . . . . . . . . . . 14<br />

Trickdog-Serie: Würfeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

Buch-Tipp: „Sind das alles Ihre?“ . . . . . . . . . . 13<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Sinn und Unsinn von Tierimporten . . . . . . . . 16<br />

Porträt: BESCHÜTZERinstinkte e.V. . . . . . . . . 20<br />

<strong>Tierschutz</strong>skandal Zarenhof – 6 Thesen . . . . 22<br />

Animal Hoarding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Kastrationsprojekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> GbR<br />

An der Sang 46<br />

57271 Hilchenbach<br />

1. Ausgabe Januar 2011<br />

Redaktion: Antje Henze<br />

Chefredakteurin: Heike Beuse<br />

Titelfotos: Fotolia, iStockphoto<br />

Autoren dieser Ausgabe:<br />

Heike Beuse<br />

Karin Burger<br />

Janna Funk<br />

I. Gorski-Grobe<br />

Antje Henze<br />

Christioph Jung<br />

Claudia Landgrafe<br />

Cathrin Laurenz<br />

Tierarztpraxis am Schlagbaum<br />

Uwe Peter Willemsen<br />

Inhalt<br />

Rasseporträt<br />

Der Kangal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

Vermischtes<br />

Offener Brief zur<br />

Aggressivität von <strong>Hund</strong>en . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

Rechtssprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

Offener Brief zur Zuchtpraxis mit<br />

erbrkanken <strong>Hund</strong>en . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

Krankheiten<br />

Idiopathische<br />

Aggression . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

Vergiftungen<br />

bei <strong>Hund</strong> u. Katze . . . . . . . . 57<br />

Allergien beim <strong>Hund</strong> . . . . . 58<br />

Leid der Vermehrerhunde – Serie<br />

Felix – ein Labrador nutzt seine<br />

letzte Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

Vermischtes<br />

Newsletter 01/2011 des Förderverein für<br />

wissenschaftliche <strong>Hund</strong>eforschung . . . . . . . . 65<br />

Design und Satz:<br />

seichter & steffens grafikdesign,<br />

Dortmund, www.seichter-steffens.de<br />

Jedwede Kopie/Vervielfältigung<br />

bedarf der Genehmigung der<br />

Autoren<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 3


Neues von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

Erfolgreiche Prüfung in Dianas <strong>Hund</strong>eschule, Nordhorn<br />

Menschen und Vierbeiner zeigten herausragende Leistungen<br />

Mit ausgezeichneten Ergebnissen absolvierten<br />

am 27.11.2010 zehn <strong>Hund</strong>ehalter<br />

mit ihren Vierbeinern die Erste<br />

<strong>Hund</strong>ehalterprüfung mit Fachkundenachweis.<br />

Die Prüfung, bestehend aus<br />

einem theoretischen und einem prak-<br />

tischen Teil, fand unter der Leitung von<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainerin Diana Rohmann<br />

statt. Bei der praktischen Prüfung, die<br />

zum einen auf dem Trainingsgelände,<br />

zum anderen unter realen Bedingungen<br />

auf der Straße absolviert werden<br />

musste, bewiesen sowohl Mensch als<br />

auch <strong>Hund</strong> starke Nerven. Die <strong>Hund</strong>ehalter<br />

zeigten herausragende Leistungen<br />

im Umgang mit ihrem <strong>Hund</strong> und<br />

meisterten souverän die einzelnen<br />

Prüfungssequenzen.<br />

Prüferin Heike Beuse von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

und die angehende <strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin<br />

Diana Rohmann gratulieren<br />

Anja mit dem Golden Retriever<br />

„Boomer“ zu 100%, Marie mit Beagle-<br />

Dame„Luna“ zu 89%, Ingo mit Rottweiler„Nero“<br />

zu 98%, Hartmut mit Labrador-Rüde„Asco“<br />

zu 95,5%, Johanne<br />

4<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

mit Labrador-Hündin„Emma“ zu 98%,<br />

Moni mit Schäferhündin„Franka“ zu<br />

97,5%, Ulla mit Setter-Mix„Nicky“ zu<br />

94,5%, Alex mit Berner-Sennen-Rüden<br />

„Alonso“ zu 94%, Barbara mit Labrador-Mix„Lucky“<br />

zu 92,5% und Laura<br />

Alle Vierbeiner und ihre Halter bewiesen als Prüflinge starke Nerven.<br />

Links: Labradorrüde Max, rechts: Beagle-Dame Luna<br />

mit dem Labrador-Rüden„Othello“<br />

zu 99%.<br />

Drei Teilnehmer absolvierten die theoretische<br />

Fachkunde für die Prüfung im<br />

Frühjahr 2011: Stephan und Ines mit<br />

Labrador„Max“ erreichten in der Theorie<br />

jeweils 99%, Kerstin mit Schäferhund-<br />

Mix„Inka“ 100%.<br />

Aufgrund der steigenden Nachfrage<br />

bietet Diana Rohmann fortlaufend<br />

Seminare über Leinenführigkeit und<br />

„Wie verhalte ich mich bei Artgenossen-<br />

Kontakt“ in ihrer <strong>Hund</strong>eschule an.<br />

Da die Seminare nur über eine begrenzte<br />

Teilnehmerzahl verfügt, sollten sich<br />

interessierte <strong>Hund</strong>ehalter rechtzeitig<br />

anmelden. In der wöchentlichen Mittwochssprechstunde<br />

von 9 bis 12 Uhr<br />

haben <strong>Hund</strong>ehalter und zukünftige<br />

<strong>Hund</strong>ehalter die Möglichkeit, die angehende<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin<br />

Diana Rohmann um Rat„Rund um den<br />

<strong>Hund</strong>“ zu fragen. Nach Möglichkeit sollte<br />

ein Termin vereinbart werden, um<br />

Wartezeiten zu vermeiden.<br />

Setter-Mix „Nicky“ (oben) und Diana<br />

mit Labrador-Mix „Lucky“ (unten) auf<br />

dem Trainingsgelände<br />

Weitere Informationen finden sie unter<br />

www.dianas-hundeschule.de oder<br />

persönlich bei Diana Rohmann unter<br />

05921/ 3082016 oder 0173 / 8648855.


Qualitätssiegel von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

Ob <strong>Tierschutz</strong>, <strong>Hund</strong>eschulen, Vereine,<br />

Zucht und Co: es existieren Massen auf<br />

dem Markt und nicht alle verfügen über<br />

ausreichende und fundierte Kenntnisse,<br />

geschweige denn Qualität. <strong>Absolut</strong>-<br />

<strong>Hund</strong> möchte das ändern und ein wenig<br />

Licht in den Dschungel des Angebotes<br />

bringen.<br />

Der Gedanke und nun die Durchführung<br />

eines Qualitätssiegels soll Hilfesuchenden<br />

und interessierten Menschen<br />

die Möglichkeit bieten, einem<br />

roten Faden der qualitativen Angebote<br />

zu folgen und somit mehr Sicherheit<br />

zu erlangen. Neben dem Qualitätsstandard<br />

ergibt sich so eine positive Lobby<br />

für die <strong>Hund</strong>e.<br />

Das Qualitätssiegel steht für gesichtete<br />

und geprüfte Qualität nach dem<br />

deutschen <strong>Tierschutz</strong>gesetz.<br />

Die Vorgaben zum Erhalt eines Qualitätssiegels<br />

beinhalten nicht nur einen<br />

tierschutzrechtlichen, sondern insbe-<br />

Neues von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

<strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> GbR stellt die Möglichkeit einer qualitativen Zertifizierung zur Verfügung<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>ep�ege<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>ehalter-<br />

Trainer/in<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>eschule<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>epension<br />

sondere auch einen hundgerechten<br />

Umgang und auf das Wohlergehen der<br />

<strong>Hund</strong>e fokussierten Inhalt.<br />

Interessenten können sich bei der <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

GbR für das Qualitätssiegel<br />

bewerben und die entsprechenden<br />

Vorgaben anfordern.<br />

Nun stellt <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> die einzelnen<br />

Qualitätssiegel vor. Weitere Bereiche<br />

werden folgen:<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>everhaltens-<br />

Therapeut/in<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>ezucht<br />

absolut-<strong>Hund</strong><br />

GEPRÜFT<br />

2011<br />

<strong>Hund</strong>gerechte-<br />

Vermittlung<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 5


Termine bei <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

Termine Ausbildung 2011 – Für <strong>Hund</strong>etrainer und -schulen<br />

6<br />

Februar 2011<br />

Februar 2011<br />

März 2011<br />

April 2011<br />

Juli 2011<br />

Juli 2011<br />

Juli 2011<br />

Juli 2011<br />

August 2011<br />

September<br />

2011<br />

Dezember<br />

2011<br />

Ausbildung HVT<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />

Ausbildung HHT<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />

Ausbildung HVT<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />

Ausbildung zum MTT<br />

Mantrailing Trainer<br />

Ausbildung zum MTT<br />

Mantrailing Trainer<br />

Ausbildung HHT<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />

Ausbildung HVT<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />

Ausbildung HHT<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />

Ausbildung HVT<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut<br />

Ausbildung zum MTT<br />

Mantrailing Trainer<br />

Ausbildung HHT<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainer<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Beginn 12.02.<br />

10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />

Theorie und Praxis<br />

Beginn 14.02.<br />

Intensivausbildung “am Stück”<br />

in Theorie und Praxis<br />

Beginn 05.03.<br />

10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />

Theorie und Praxis<br />

Beginn 02.04.<br />

5 Wochenenden (Sa. + So.)<br />

Intensivausbildung in Theorie<br />

und Praxis<br />

Beginn 02.07.<br />

5 Wochenenden (Sa. + So.)<br />

Intensivausbildung in Theorie<br />

und Praxis<br />

Beginn 04.07.<br />

Intensivausbildung„am Stück“<br />

in Theorie und Praxis<br />

Beginn 23.07.<br />

10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />

Theorie und Praxis<br />

Beginn 25.07.<br />

Intensivausbildung„am<br />

Stück” in Theorie und Praxis<br />

Beginn 13.08.<br />

10 Wochenenden (Sa. + So.) in<br />

Theorie und Praxis<br />

Beginn 17.09.<br />

5 Wochenenden (Sa. + So.)<br />

Intensivausbildung in Theorie<br />

und Praxis<br />

Beginn 05.12.<br />

Intensivausbildung “am Stück”<br />

in Theorie und Praxis<br />

Essen<br />

Fulda<br />

Hannover<br />

Schiphorst<br />

Herzogenaurach<br />

Gummersbach<br />

Stuttgart<br />

Essen<br />

Berlin<br />

Gummersbach<br />

Aurich<br />

2.999,00 Euro<br />

Ratenzahlung möglich<br />

info@absolut-hund.de<br />

1.200,00 Euro<br />

Ratenzahlung möglich<br />

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2.999,00 Euro<br />

Ratenzahlung möglich<br />

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999,00 Euro<br />

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1.200,00 Euro<br />

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2.999,00 Euro<br />

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1.200,00 Euro<br />

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info@absolut-hund.de<br />

2.999,00 Euro<br />

Ratenzahlung möglich<br />

info@absolut-hund.de<br />

999,00 Euro<br />

Ratenzahlung möglich<br />

info@absolut-hund.de<br />

1.200,00 Euro<br />

Ratenzahlung möglich<br />

info@absolut-hund.de


Termine Seminare 2011 – Für <strong>Hund</strong>ehalter<br />

Februar 2011 Obedience-Seminar Anfänger 12.02. Nordhorn<br />

Februar 2011<br />

Info-Seminar Kommunikation<br />

Mensch/<strong>Hund</strong><br />

26.02.<br />

März 2011 Trickdog-Seminar 12.03. Nordhorn<br />

März 2011 Anti-Jagd-Training 19. + 20.03. Hann. Münden<br />

April 2011 Obedience-Seminar Anfänger 09. + 10.04 Fulda<br />

April 2011<br />

Info-Seminar Kommunikation<br />

Mensch/<strong>Hund</strong><br />

16.04. Eichenzell<br />

April 2011 Info-Seminar Aggression <strong>Hund</strong> 23.04. Hann. Münden<br />

Mai 2011 Seminar Welpenaufbau 07. + 08.05. Eichenzell<br />

Mai 2011<br />

Obedience-Seminar<br />

Fortgeschrittene<br />

Mai 2011 Mantrailing Schnupperseminar 28.05.<br />

Juni 2011<br />

Juni 2011<br />

Obedience-Seminar<br />

Fortgeschrittene<br />

Seminar für Verhaltensauffällige<br />

<strong>Hund</strong>e<br />

21. + 22.05. Fulda<br />

Termine bei <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong><br />

80,00 Euro<br />

diana@dianas-hundeschule.de<br />

Hann. Münden 20,00 Euro<br />

kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />

Schleswig-<br />

Holstein<br />

04.06. Nordhorn<br />

25.06. Essen<br />

Juli 2011 Agility Anfänger 09.07. Nordhorn<br />

Juli 2011 Problem-„<strong>Hund</strong>e“-Seminar 16.07. Hannover<br />

August 2011 Mantrailing Anfängerseminar 20. + 21.08. Hann. Münden<br />

August 2011 Mantrailing Schnupperseminar 27.08. Herzogenaurach<br />

September<br />

2011<br />

September<br />

2011<br />

Trickdog-Seminar 03. + 04.09. Stuttgart<br />

Seminar Aggression gegen <strong>Hund</strong>e 24. + 25.09. Eichenzell<br />

Oktober 2011 Trickdog-Seminar 15. + 16.10. Berlin<br />

Oktober 2011 Trickdog-Seminar 22.10. + 23.10. Fulda<br />

November<br />

2011<br />

November<br />

2011<br />

November<br />

2011<br />

Dezember<br />

2011<br />

Mantrailing Schnupperseminar 12.11. Gummersbach<br />

Seminar 1. Hilfe am <strong>Hund</strong> 19.11. Eichenzell<br />

Seminar für Verhaltensauffällige<br />

<strong>Hund</strong>e<br />

Seminar für Verhaltensauffällige<br />

<strong>Hund</strong>e<br />

26.11. Stuttgart<br />

17.12. Berlin<br />

80,00 Euro<br />

diana@dianas-hundeschule.de<br />

160,00 Euro<br />

kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />

160,00 Euro<br />

kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />

20,00 Euro<br />

kontakt@pets-and-people.de<br />

20,00 Euro<br />

kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />

160,00 Euro<br />

kontakt@pets-and-people.de<br />

160,00 Euro<br />

kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />

80,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

80,00 Euro<br />

diana@dianas-hundeschule.de<br />

80,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

80,00 Euro<br />

diana@dianas-hundeschule.de<br />

80,00 Euro<br />

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160,00 Euro<br />

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80,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

160,00 Euro<br />

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160,00 Euro<br />

kontakt@pets-and-people.de<br />

160,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

160,00 Euro<br />

kontakt@hundeschule-weserstein.de<br />

80,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

80,00 Euro<br />

kontakt@pets-and-people.de<br />

80,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

80,00 Euro<br />

info@absolut-hund.de<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 7


Kritisch gesehen<br />

<strong>Hund</strong>e-KiTa – sinnvoll oder<br />

problematisch?<br />

Sandra S. hat ein schlechtes Gewissen: Seit sie sich von ihrem Freund getrennt hat,<br />

muss Mops Rudi täglich acht Stunden alleine sein, denn Sandra ist in Vollzeit<br />

berufstätig. Da kommt die Annonce in der Zeitung wie gerufen.„Erster <strong>Hund</strong>ekindergarten<br />

in »Musterstadt«, wir betreuen Ihren kleinen Liebling liebevoll, während<br />

Sie arbeiten.“<br />

Sandra fährt zusammen mit Rudi dorthin<br />

und wird freundlich empfangen –<br />

von Frau X. und einer Horde wild gemischter<br />

Rassen und Mischlinge in<br />

allen Größen, die bunt durcheinander<br />

laufen.„Hier geht immer alles friedlich<br />

zu, die <strong>Hund</strong>e spielen den ganzen<br />

Tag miteinander und merken gar nicht,<br />

dass ihr Besitzer weg ist. Manche wollen<br />

mittags oder abends gar nicht wieder<br />

nach Hause“, erzählt Frau X. lächelnd.<br />

Alles scheint wunderbar und Sandra<br />

vereinbart, dass Mops Rudi ab dem<br />

kommenden Montag in den <strong>Hund</strong>ekindergarten<br />

gehen darf.<br />

Vier Wochen später weiß Sandra nicht<br />

mehr weiter. Rudi verbellt plötzlich jeden<br />

<strong>Hund</strong>, dem sie auf dem Spaziergang<br />

begegnen und ignoriert ihr Rufen<br />

immer mehr. Seit zwei Tagen will<br />

sich der sonst so verschmuste <strong>Hund</strong><br />

im Nacken auch nicht mehr anfassen<br />

lassen. Ein Besuch beim Tierarzt belegt<br />

– Rudi wurde wahrscheinlich fest in den<br />

Nacken gebissen und hat offenbar einige<br />

Blutergüsse davon getragen. Und<br />

das, obwohl Frau X. doch behauptet<br />

hatte, alle <strong>Hund</strong>e würden immer friedlich<br />

miteinander spielen. Ein Einzelfall?<br />

Leider nein.<br />

8<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Nehmen wir einen solchen„<strong>Hund</strong>ekindergarten“<br />

doch mal genauer unter die<br />

Lupe. Natürlich ist es – aus menschlicher<br />

Sicht heraus – schön zu wissen, dass<br />

der eigene <strong>Hund</strong> nicht so lange alleine<br />

sein muss, liebevoll betreut wird und<br />

mit anderen <strong>Hund</strong>en spielen darf. Doch<br />

genau genommen tun Sie folgendes:<br />

Sie bringen Ihren <strong>Hund</strong> in eine Meute<br />

von fremden <strong>Hund</strong>en, die sich sofort<br />

gegenseitig abchecken.<br />

Was bist du?<br />

(Rüde oder Hündin, Welpe oder erwachsen)<br />

Wer bist du?<br />

(stark oder schwach, dominant oder<br />

ängstlich)<br />

Was tun wir jetzt?<br />

(ernsthaft kämpfen bei Antipathie oder<br />

„spielerisches“ Kämpfen bei Sympathie)<br />

Und entsprechend ihrem jeweiligen<br />

Charakter werden die stärkeren <strong>Hund</strong>e<br />

die schwächeren sofort zu dominieren<br />

versuchen und sie schlimmstenfalls<br />

massiv mobben, während die schwächeren<br />

ihr Heil oft in der Flucht suchen.<br />

Doch der Platz zum Ausweichen im<br />

<strong>Hund</strong>ekindergarten ist begrenzt. Sind<br />

Ein Neuzugang in der <strong>Hund</strong>epension<br />

wird sofort abgecheckt: bist du Rüde<br />

oder Hündin, stark oder schwach?<br />

hier nicht permanent ein oder mehrere<br />

Betreuer vor Ort, die sofort jegliches<br />

Mobbing unterbinden oder gar nicht<br />

erst aufkommen lassen (was bei größeren<br />

Gruppen kaum machbar ist),<br />

kommt es unweigerlich zu Problemen,<br />

die der Besitzer des jeweiligen <strong>Hund</strong>es<br />

später ausbaden muss. Schlimmstenfalls<br />

kommt es zu ernsthaften Verletzungen<br />

einzelner <strong>Hund</strong>e. Natürlich gibt<br />

es auch <strong>Hund</strong>e, die generell problem-


los mit Artgenossen zusammen gelassen<br />

werden können, ohne sich gegenseitig<br />

an den Hals zu gehen. Doch das<br />

ist nun einmal nicht die Regel. Und auch<br />

diese <strong>Hund</strong>e verändern sich durch ihren<br />

regelmäßigen Besuch im„Kindergarten“,<br />

indem sie eigenständiger werden.<br />

Jetzt könnte man sagen, dass soziales<br />

Spiel mit Artgenossen für <strong>Hund</strong>e sehr<br />

wichtig ist und <strong>Hund</strong>e sowieso Rudeltiere<br />

sind. Das ist soweit auch richtig.<br />

Aber wer ist denn„das Rudel“? Sie als<br />

Mensch oder Familie, die mit dem <strong>Hund</strong><br />

zusammen leben, niemand sonst! Treffen<br />

zwei Rudel wildlebender Wölfe aufeinander,<br />

kommt es zum Kampf, wenn<br />

die Eindringlinge nicht vorher fliehen.<br />

Natürlich sind <strong>Hund</strong>e keine wilden Wölfe<br />

mehr, dennoch ist es aus <strong>Hund</strong>esicht<br />

nicht normal, dass sie sich mit jedem<br />

Artgenossen gleich super verstehen<br />

sollen. Selbst der friedlichste <strong>Hund</strong> kann<br />

auf einen Artgenossen treffen, den er<br />

im wahrsten Sinne des Wortes„nicht<br />

riechen“ kann. Dann bleiben auch nur<br />

Flucht oder Kampf übrig.<br />

Wenn man betrachtet, wie der menschliche<br />

Kindergarten kleine Kinder verändert,<br />

kann man sagen, dass diese Kin-<br />

der dort im Zusammenspiel (das auch<br />

nicht immer so friedlich und harmonisch<br />

verläuft) lernen, eigenständig<br />

und selbstverantwortlich zu werden.<br />

Betreuer/innen sorgen dafür, dass die<br />

Kinder nicht unkontrolliert streiten<br />

oder sich gegenseitig verletzen. Und<br />

was für einen kleinen Menschen zur<br />

Entwicklung richtig und notwendig ist,<br />

erschafft bei <strong>Hund</strong>en größte Probleme.<br />

Aus <strong>Hund</strong>esicht lassen Sie ihn allein mit<br />

dem Problem, sich gegen eine ganze<br />

Meute fremder <strong>Hund</strong>e behaupten und<br />

durchsetzen zu müssen. Und das, obwohl<br />

Sie sein Anführer sind, ihm Schutz<br />

und Sicherheit in einer solchen Situation<br />

gewähren sollten. Also lernt Ihr<br />

Kritisch gesehen<br />

Gerangel um den besten Platz zum Abkühlen: in der <strong>Hund</strong>e-KiTa muss immer ein<br />

Betreuer in der Nähe sein, um ernsthafte Auseinandersetzungen zu verhindern<br />

<strong>Hund</strong>, eigenständig ohne den Menschen<br />

zu handeln und selbst das Problem<br />

zu regeln. Und das wird er weiterhin<br />

tun, auch wenn Sie dabei sind.<br />

Denn Sie haben ja klar bewiesen, dass<br />

Sie als Anführer nicht taugen, Sie ließen<br />

ihn im Stich, als es brenzlig wurde.<br />

Wieso sollte er denn jetzt sein Leben<br />

(und darum kann es blitzschnell in einer<br />

fremden Meute gehen) wieder in Ihre<br />

Hände legen wollen?<br />

Was also tun, wenn Sie Ihren <strong>Hund</strong> aufgrund<br />

ihrer Arbeitssituation oder im<br />

Urlaub zeitweise in fremde Hände geben<br />

müssen oder wollen? Schauen Sie<br />

sich den <strong>Hund</strong>esitter oder die Tages-<br />

Signal-<strong>Hund</strong><br />

<strong>Hund</strong>eausbildung und Therapie von<br />

Problemverhalten<br />

Inhaber Claudia und Tobias Landgrafe<br />

51645 Gummersbach<br />

E-Mail: signalhund(at)aol.com<br />

Tel.: 02261 / 302174<br />

Mobil: 0151 / 240 639 74<br />

www.signal-hund.de<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 9


Kritisch gesehen<br />

stätte sehr genau an. Es sollte gewährleistet<br />

sein, dass Ihr <strong>Hund</strong> tatsächlich<br />

betreut und nicht sich selbst inmitten<br />

anderer <strong>Hund</strong>e überlassen wird. Vermeiden<br />

Sie die Unterbringung in größeren<br />

Gruppen, sprich nicht mehr als<br />

drei bis vier <strong>Hund</strong>e. Diese <strong>Hund</strong>e sollten<br />

charakterlich zueinander passen,<br />

also keine starken„Mobber“ zu ängstlichen<br />

<strong>Hund</strong>en. Selbst diese wenigen<br />

<strong>Hund</strong>e sind von einer einzelnen Person<br />

bereits schwer zu kontrollieren. Der Betreuer<br />

sollte sich mit den spezifischen<br />

10<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Eigenarten verschiedener Rassen und<br />

deren Verhalten auskennen und in der<br />

Lage sein, das aktuelle Verhalten seiner<br />

Schützlinge richtig einzuschätzen.<br />

Er sollte die <strong>Hund</strong>e gut beobachten,<br />

gefährliche Situationen schon in der<br />

Entstehung erkennen und ausräumen<br />

(durch Splitten/Trennen der <strong>Hund</strong>e),<br />

bzw. gar nicht erst entstehen lassen<br />

(keine einzelnen Futterbrocken oder<br />

Spielzeuge, um die gekämpft werden<br />

könnte). Es sollte genügend Platz vorhanden<br />

sein, um die <strong>Hund</strong>e bei Bedarf<br />

Die Probleme der Mehrhundehaltung<br />

Schwierigkeiten, die bei der Haltung Betrachten wir die Sache mal neutral<br />

von mehreren <strong>Hund</strong>en entstehen, anhand eines Fallbeispiels aus meinem<br />

werden oft unterschätzt. Viele Men- Berufsalltag: Familie XY (kinderlos) hat<br />

schen sind der Meinung, zwei <strong>Hund</strong>e ein Haus mit großem Grundstück und<br />

erziehen sich gegenseitig und regeln hält seit drei Jahren ein Border Collie<br />

Mädchen. Über Bekannte<br />

wird die Familie auf ein<br />

<strong>Hund</strong>eschicksal aufmerksam<br />

gemacht und kurz<br />

entschlossen nehmen sie<br />

einen zweiten <strong>Hund</strong> beisich<br />

auf, der ansonsten im<br />

Tierheim gelandet wäre.<br />

Dieser <strong>Hund</strong> (Schäferhund-<br />

Mix) ist sieben Jahre alt<br />

und kommt aus einer fraglichen<br />

Haltung. Er zeigt<br />

bereits ein Kontrollverhalten,<br />

aber aufgrund ihrer<br />

Foto: seichter & steffens grafikdesign<br />

<strong>Hund</strong>eerfahrung ist die<br />

Streitereien um ein Spielzeug (Beute): bei Konflikten Familie der Meinung, die-<br />

dieser Art sollte man als <strong>Hund</strong>ehalter in jedem Fall se Probleme in den Griff<br />

einschreiten<br />

zu bekommen. Der Erstkontakt<br />

der <strong>Hund</strong>e findet im häusli-<br />

ihre Streitigkeiten unter sich. Das tun chen Garten statt. Alles wirkt für die<br />

sie, wenn der Mensch sich tatsächlich Familie auf den ersten Blick recht viel<br />

raus hält auch notgedrungen, nur lei- versprechend, denn die <strong>Hund</strong>e„spieder<br />

sehr selten im Interesse des <strong>Hund</strong>elen“ und scheinen sich gut zu verstehalters.hen.<br />

Die Entscheidung ist gefallen, sie<br />

räumlich voneinander trennen zu können.<br />

Die <strong>Hund</strong>e sollten gezielt beschäftigt<br />

werden, beispielsweise durch Suchspiele,<br />

Spaziergänge oder spielerische<br />

Gehorsamsübungen (ich spreche nicht<br />

von Drill oder stationärer Ausbildung).<br />

Wenn Sie eine solche Tagesstätte gefunden<br />

haben, würden wir uns freuen,<br />

wenn Sie uns davon berichten würden!<br />

Bericht & Fotos : Claudia Landgrafe<br />

www.signal-hund.de<br />

nehmen den Rüden bei sich auf. Sicher<br />

kein Einzelfall und diese oder ähnliche<br />

Entscheidungen werden in Deutschland<br />

tagtäglich irgendwo getroffen.<br />

Was aber bedeutet dies für<br />

die <strong>Hund</strong>e?<br />

Die Border Collie Hündin lebt vom Welpenalter<br />

an in der Familie. Sie hat sich<br />

ihre kleinen Privilegien (z.B. Liegen auf<br />

dem Sofa, ihr <strong>Hund</strong>espielzeug – ihre<br />

Beute – im Haus, ihren Liegeplatz usw.)<br />

in den drei Jahren erarbeitet. Nun<br />

kommt ein fremder Artgenosse ins Haus.<br />

Er ist sowohl körperlich überlegen als<br />

auch aufgrund des Alters erfahrener.<br />

Sie fordert ihn beim Erstkontakt in<br />

ihrem Territorium immer wieder zum<br />

„Spiel“ auf, um seine Stärken und Schwächen<br />

abzutasten und auszuloten. Seine<br />

Bereitschaft hält sich in Grenzen und<br />

hin und wieder maßregelt er sie, was<br />

für die Familie den Anschein erweckt,<br />

das er sich auf das vermeintliche Spiel<br />

einlässt.<br />

Natürlich kümmert sich die Familie in<br />

den nächsten Tagen eher um den Neu-


ankömmling und vermittelt dem <strong>Hund</strong><br />

aus <strong>Hund</strong>esicht, wie wichtig er ist. Die<br />

Menschen versuchen jedoch gleichzeitig<br />

die Hündin nicht zu kurz kommen<br />

zu lassen und sind den ganzen Tag damit<br />

beschäftigt, das „Gleichberechtigung“<br />

herrscht. Genau dieser Versuch<br />

aber heizt den Konflikt, den die <strong>Hund</strong>e<br />

haben noch an.<br />

Drei Wochen später gab es einen schlimmen<br />

Beißvorfall und der Zweithund<br />

landete leider doch im Tierheim!<br />

Wie kann man sich davor<br />

schützen?<br />

Es ist enorm wichtig, das die betroffenen<br />

<strong>Hund</strong>ehalter ganz klare Regeln für<br />

die <strong>Hund</strong>e aufstellen, möglichst alle<br />

<strong>Hund</strong>espielzeuge aus der Wohnung<br />

Foto: Antje Henze<br />

entfernen und immer dazwischen gehen,<br />

sobald die <strong>Hund</strong>e untereinander<br />

in Konflikt geraten.<br />

Zum Verständnis: Stellen Sie sich vor,<br />

Sie haben einen vier Jahre alten Sohn<br />

und bekommen ein Pflegekind (fünf<br />

Jahre alt) dazu. Beide spielen im Sandkasten<br />

in Ihrem Garten mit der Schaufel<br />

Ihres Sohnes im Sand. Erst friedlich,<br />

aber nach kurzer Zeit geraten sie über<br />

die Schaufel in Streitigkeiten. Was tun<br />

Sie? Richtig, Sie schreiten ein! Diese Situation<br />

ist durchaus vergleichbar. Sie<br />

entscheiden was in Ihrem Haus geht<br />

und was nicht geht. Übersehen Sie<br />

bitte nicht, dass ein rudelfremder Artgenosse<br />

für Ihren <strong>Hund</strong> in erster Linie<br />

ein Konkurrent ist. <strong>Hund</strong>e verteidigen<br />

Nimmt man als Halter den <strong>Hund</strong>en alle wichtigen Entscheidungen ab und bestimmt<br />

über die Ressourcenverteilung, kann es ein entspanntes Miteinander geben<br />

ihre Ressourcen, wenn nötig auch unter<br />

Aggression!<br />

Was Sie den <strong>Hund</strong>en vermitteln müssen<br />

ist, dass Sie als Halter über die<br />

Ressourcenverteilung bestimmen.<br />

Kritisch gesehen<br />

CAT4DOGS <strong>Hund</strong>eerziehung • Inhaberin Cathrin Laurenz<br />

Problemhundetherapeutin, Gebrauchshundeausbilderin<br />

33605 Bielefeld • Mobil: 0176 / 297 289 14 • E-Mail: info@cat4dogs.de<br />

www.cat4dogs.de<br />

Dass es Ihr Haus ist. Dass Sie alle wichtigen<br />

Entscheidungen treffen und<br />

nicht die <strong>Hund</strong>e. Dass Sie jedem Tier<br />

den Platz zuweisen.<br />

Das bedeutet nicht, dass die <strong>Hund</strong>e<br />

von nun an nichts mehr dürfen. Es bedeutet<br />

lediglich, dass Sie den Weg vorgeben<br />

um Streit zu vermeiden. Es gibt<br />

unzählige Beißvorfälle in der Mehrhundehaltung<br />

und ich werde in meinem<br />

Alltag sehr oft zu solchen Problemfällen<br />

gerufen. Zwei <strong>Hund</strong>e sind immer<br />

mehr Arbeit als ein <strong>Hund</strong>. Es erfordert<br />

weit mehr als die doppelte Aufmerksamkeit<br />

vom <strong>Hund</strong>ehalter. Damit sage<br />

ich nicht, dass etwas passieren muss.<br />

Was ich sagen will ist, dass etwas passieren<br />

kann. Bitte setzen Sie als <strong>Hund</strong>ehalter,<br />

bei solchen Entscheidungen die<br />

rosarote Brille ab und überlegen Sie sich<br />

sehr genau, ob Sie bereit sind, das zu<br />

leisten. Es existieren so viele Fälle, wo<br />

Menschen etwas Gutes tun wollten,<br />

einen Zweithund ins Haus holten und<br />

nach einem bösen Beißvorfall diesen<br />

<strong>Hund</strong> wieder abgegeben haben, dass<br />

ich sie kaum noch zählen kann.<br />

Mein dringender Appell an alle, die<br />

mit dem Gedanken spielen sich ein<br />

zweites Tier ins Haus zu holen: „Überdenken<br />

Sie diese Entscheidung gut!“<br />

Autor: Cathrin Laurenz<br />

www.cat4dogs.de<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 11


Kritisch gesehen<br />

Die Suche nach der richtigen <strong>Hund</strong>eschule<br />

Egal ob Sie sich einen Welpen ins Haus<br />

holen oder einen erwachsenen <strong>Hund</strong>,<br />

ob Sie Ersthundehalter sind oder<br />

schon jahrelange Erfahrungen haben<br />

– es kommt einmal der Zeitpunkt, an<br />

dem so mancher <strong>Hund</strong>ehalter Hilfe<br />

benötigt oder einfach nur Fragen hat,<br />

die er sich selbst nicht beantworten<br />

kann.<br />

Da sollte eine gute <strong>Hund</strong>eschule oder<br />

ein <strong>Hund</strong>etrainer der richtige Ansprechpartner<br />

sein. Doch – wie und wo findet<br />

man denn einen guten„Trainer“, dem<br />

man vertrauen kann? Auf folgende Kriterien<br />

sollten Sie bei der Suche achten:<br />

• der Trainer ist im Erstkontakt<br />

freundlich und beantwortet Ihre<br />

Fragen. Sollten Sie ihn gerade zu<br />

einem zeitlich ungünstigen Zeitpunkt<br />

erwischen, sollte er Ihnen<br />

12<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

ein persönliches Gespräch zu einem<br />

besseren Zeitpunkt anbieten<br />

und Sie bitten, sich Ihre Fragen zu<br />

notieren, damit Sie gemeinsam<br />

alles erörtern können<br />

• er sollte in einem ersten Gespräch<br />

bei Ihnen zuhause Sie und Ihren<br />

<strong>Hund</strong> kennenlernen wollen und<br />

mit Ihnen gemeinsam entscheiden,<br />

was für ein harmonisches<br />

Zusammenleben zwischen Ihnen<br />

und Ihrem <strong>Hund</strong> nötig ist<br />

• er sollte entscheiden können, ob<br />

Gruppentraining für Sie infrage<br />

kommt oder zunächst besser ein<br />

Einzel-Intensivtraining nötig ist<br />

• er arbeitet ruhig mit Ihrem <strong>Hund</strong>,<br />

möglichst über positive Bestärkung<br />

durch Futter, Spielzeug oder<br />

liebevolle Zuwendung<br />

• er arbeitet in jedem Fall ohne<br />

Schreien, körperliche Gewalt (Alphawurf,<br />

Nackenschütteln, zu<br />

Boden drücken) oder Starkzwangmittel<br />

wie Stachel- und Würgehalsband<br />

• er kann alle Anweisungen, die er<br />

Ihnen im Umgang mit dem <strong>Hund</strong><br />

gibt, gut und verständlich erklären,<br />

auch die Frage nach dem<br />

„Warum soll ich das tun?“<br />

• er sollte Ihnen auch das (für Sie<br />

vielleicht unverständliche) Verhalten<br />

Ihres <strong>Hund</strong>es erklären können<br />

– was tut er da und warum?<br />

• er sollte sich mit den unterschiedlichen<br />

Rassedispositionen (Verhaltensanlagen)<br />

auskennen und Ihren<br />

<strong>Hund</strong> entsprechend motivieren /<br />

trainieren. Er sollte Ihnen auch<br />

klar machen, was Sie von Ihrem<br />

<strong>Hund</strong> im Training erwarten können<br />

und was nicht.<br />

• Sie sollten einen Trainingsplan von<br />

ihm erhalten, sozusagen „Hausaufgaben“,<br />

die Sie und Ihr <strong>Hund</strong><br />

bis zur nächsten Stunde üben<br />

sollen<br />

• im Gruppentraining sollte er in<br />

der Lage sein, die <strong>Hund</strong>e und ihre<br />

Halter einzuschätzen, um Überforderung<br />

einzelner <strong>Hund</strong>e und<br />

Ein Netzwerk für<br />

<strong>Hund</strong>eschulen,<strong>Tierschutz</strong>vereine,<br />

Züchter, <strong>Hund</strong>efreunde,Therapeuten<br />

www.absolut-hund.de


Frust der Halter beim Umsetzen<br />

der Übungen sowie Zwischenfälle<br />

durch Unachtsamkeit zweier Halter<br />

zu vermeiden<br />

• er ist in der Lage, auch Sie als Halter<br />

zu motivieren und zu loben,<br />

wenn es gut klappt. Ebenso sollte<br />

er Ihnen ehrlich sagen, was aus seiner<br />

Sicht heraus nicht so gut läuft.<br />

• Umgekehrt sollte der Trainer kritikfähig<br />

sein, wenn aus Ihrer Sicht<br />

Dinge geklärt werden müssen,<br />

die Ihnen nicht gefallen<br />

Buch-Tipp<br />

Viele Menschen haben einen <strong>Hund</strong>. Einige<br />

haben zwei. Franziska Feldsieper<br />

und ihre Lebensgefährtin haben sechs.<br />

Und was für welche! Entweder alt oder<br />

geistig beziehungsweise körperlich eingeschränkt<br />

– oder alles zusammen. Das<br />

liefert Stoff für jede Menge Erlebnisse<br />

von „a“ wie „abgefahren“ bis „z“ wie<br />

„ziemlich skuril“. Und so erlebt Franziska<br />

Feldsieper mit ihrem„<strong>Hund</strong>e-Sixpack“<br />

jeden Tag Situationen, die man sich<br />

selbst mit viel Fantasie kaum ausdenken<br />

kann.<br />

Langeweile unmöglich, Lachen vorprogrammiert,<br />

Anecken in Kauf genommen.<br />

Denn so humorvoll und gradheraus,<br />

wie sie im täglichen Leben und in<br />

ihrer„Mensch-mit-<strong>Hund</strong>-Schule“ ist, so<br />

schreibt sie auch.<br />

Gespickt mit Ironie und Wortwitz und<br />

einer gehörigen Portion augenzwinkernder<br />

Selbstkritik sind ihre besten<br />

Kolumnen nun endlich als Buch erschienen.<br />

• er sollte ehrlich zu Ihnen sein,<br />

wenn das Training oder die Therapie<br />

aus bestimmten Gründen<br />

keinen Sinn macht und Ihnen<br />

auch erklären, warum das so ist<br />

• idealer Weise kennt sich der Trainer<br />

auch in Gesundheits- und Ernährungsfragen<br />

aus und kann<br />

Sie entsprechend beraten<br />

• und letztendlich – Sympathie<br />

sollte auch vorhanden sein. Wenn<br />

Sie den Trainer nicht mögen, werden<br />

Sie seine Anweisungen nicht<br />

„Sind das alles Ihre?!“<br />

Franziska Feldsieper<br />

136 Seiten, Paperback<br />

10,95 Euro<br />

ISBN 978-3-9811202-57<br />

Barbara Bertram Eigenverlag<br />

Buch-Tipp<br />

mit Spaß und gutem Gefühl ausführen<br />

können und das Training<br />

wird zur Tortour<br />

Fragen Sie auf der Suche nach„Ihrem<br />

Trainer“ ruhig andere <strong>Hund</strong>ehalter, die<br />

sichtlich Spaß mit ihrem <strong>Hund</strong> haben.<br />

Oftmals findet man über Mundpropaganda<br />

wirklich die richtige <strong>Hund</strong>eschule.<br />

Autor: Claudia Landgrafe<br />

www.signal-hund.de<br />

Das Buch kann direkt über<br />

die Autorin unter<br />

www.mensch-mit hund.de/<br />

257052.html<br />

(Bestellformular) bestellt<br />

werden, über den Buchhandel,<br />

über Amazon (dauert<br />

noch etwas) oder über<br />

den <strong>Hund</strong>ebuchversand<br />

www.hundefreunde24.de .<br />

Für 10,95 Euronen viel Lesevergnügen<br />

und das ganze<br />

auch noch portofrei (innerhalb<br />

Deutschlands, ins Ausland<br />

kommt ein kleiner<br />

Portoanteil dazu) an Ihre<br />

Adresse!<br />

Von jedem verkauften Buch geht übrigens<br />

ein Euro hälftig an den Verein<br />

„<strong>Hund</strong>e brauchen Hilfe“ und den„Gnadenhof<br />

für alte und in Not geratene<br />

<strong>Hund</strong>e e.V.“<br />

www.mensch-mit-hund.de<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 13


Kritisch gesehen<br />

Vermenschlichung von <strong>Hund</strong>en<br />

Eines der größten Probleme in der<br />

modernen <strong>Hund</strong>ehaltung ist die Vermenschlichung.<br />

Immer wieder führt<br />

diese zu Kommunikationsproblemen<br />

und zu Missverständnissen zwischen<br />

14<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

lelen zu kindlichem Verhalten. Ein<br />

<strong>Hund</strong> ist aber kein Kinderersatz. Er hat<br />

ganz andere Bedürfnisse und diese<br />

werden sehr oft vergessen, bzw. verdrängt<br />

oder aus purer Unwissenheit<br />

ignoriert. Das ist sehr egoistisch<br />

und entzieht dem Lebewesen<br />

<strong>Hund</strong> einen Großteil seiner Lebensqualität.<br />

Nicht selten sind<br />

das die Gründe für problematische<br />

Verhaltensweisen vom<br />

<strong>Hund</strong>.<br />

Unsere <strong>Hund</strong>e können sich ihren<br />

Lebensraum nicht aussuchen.<br />

Wir gehen ins Tierheim, zu einer<br />

<strong>Tierschutz</strong>organisation oder<br />

zum Züchter und entscheiden<br />

uns für einen <strong>Hund</strong>. Der Mensch<br />

bestimmt zwar, wann er raus<br />

gehen darf, was und wann es<br />

etwas zu fressen gibt, ob und<br />

mit wem er sich fortpflanzen<br />

darf oder muss und mit wem er<br />

Kontakt haben soll. Der <strong>Hund</strong><br />

Foto: Fotolia<br />

hat kaum eine Wahl. Bei allen<br />

<strong>Hund</strong>e sind kein Kindersatz. Sie brauchen unsere anderen wichtigen Entschei-<br />

Führung und eine artgerechte Beschäftigung dungen aber, lassen wir ihn im<br />

Regen stehen. Bedenkt man<br />

<strong>Hund</strong>ehalter und <strong>Hund</strong>. <strong>Hund</strong>e brau- einmal die feine Interaktion von Hunchen<br />

feste Regeln und klare Aufgaben den untereinander, wird schnell klar,<br />

innerhalb ihrer Sozialgemeinschaft. dass man jeden Blick vom <strong>Hund</strong> zum<br />

Die Zeiten, in denen <strong>Hund</strong>e ihren Platz Mensch wie eine Frage werten muss.<br />

als Hof-, Jagd-, Hüte- oder Gebrauchs- Eine Frage nach Entscheidung. In unhunde<br />

in der Familie hatten, sind zum zähligen Alltagssituationen fragt uns<br />

Leid vieler <strong>Hund</strong>e leider vorbei. Statt- das Tier also, wie es sich verhalten soll.<br />

dessen neigen <strong>Hund</strong>ehalter immer Viele <strong>Hund</strong>ehalter reagieren nicht da-<br />

häufiger dazu, ihre Tiere zu vermenschrauf oder nehmen es einfach nicht wahr.<br />

lichen.<br />

Auf der anderen Seite erwartet der<br />

Mensch aber Gehorsamkeit von seinem<br />

<strong>Hund</strong>e fordern Aufmerksamkeit ein, <strong>Hund</strong>. <strong>Hund</strong>e sind in dem menschli-<br />

sie suchen Körperkontakt und fixieren chen, industriellen Umfeld schnell<br />

sich auf eine bestimmte Person. Darin überfordert und sehen sich mit Situa-<br />

sehen viele Menschen deutliche Paraltionen konfrontiert, in welchen sie un-<br />

sere Hilfe in Form von Sicherheit und<br />

Führung brauchen. Für viele Menschen<br />

scheint es selbstverständlich zu sein,<br />

dass ein <strong>Hund</strong> zum Beispiel mit dem<br />

Straßenverkehr, mit fremden <strong>Hund</strong>ebegegnungen,<br />

mit lärmenden Kindern,<br />

mit Rolltreppen, mit Radfahrern, mit<br />

dem Alleinebleiben usw. problemlos<br />

umzugehen hat. Auf der anderen Seite<br />

verlangt der Mensch wieder, dass<br />

der <strong>Hund</strong> seinen natürlichen Bedürfnissen,<br />

wie beispielsweise das Jagen<br />

oder Hetzen von Beute nicht nachgeht.<br />

Das ist nicht fair!<br />

Wir Menschen dürfen unsere Moralvorstellung<br />

und unsere menschliche Denkweise<br />

nicht in den <strong>Hund</strong> hinein projizieren,<br />

sondern sollten dem <strong>Hund</strong> eine<br />

Chance geben und ihn so sehen, wie<br />

er nun mal ist. <strong>Hund</strong>e sind hochsoziale,<br />

instinktgesteuerte, beutegreifende,<br />

sichtjagende (und jetzt kommt das<br />

„böse“ Wort) Raubtiere. Lebewesen,<br />

die sich grundsätzlich freiwillig unterordnen,<br />

sofern der Rudelführer (das<br />

Familienoberhaupt) aus <strong>Hund</strong>esicht<br />

die nötige Führungsqualität besitzt.<br />

Dazu gehört, dass Sie Ihrem <strong>Hund</strong> klare<br />

Strukturen vorgeben, etwas gemeinsam<br />

mit ihm unternehmen, alle wichtige<br />

Entscheidungen für die Sozialgemeinschaft<br />

treffen, Ersatz für seine<br />

natürlichen Bedürfnisse schaffen (z.B.<br />

Nasenarbeit, Suchspiele), denen er in<br />

der menschlichen Gesellschaft nicht<br />

nachgehen kann. Nur wenn Sie sich<br />

ausreichend Gedanken über die Bedürfnisse<br />

des <strong>Hund</strong>es machen, erreichen<br />

Sie eine hohe Beziehungsqualität<br />

in Ihrer <strong>Hund</strong>-Mensch-Beziehung.<br />

Autor: Cathrin Laurenz<br />

www.cat4dogs.de


Trickdog-Serie Teil 4: Würfeln<br />

Ziel dieses Tricks ist es, dass Ihr <strong>Hund</strong><br />

lernt, einen Würfel mit der Schnauze<br />

anzustupsen.<br />

Aufbau:<br />

Am besten nehmen Sie für diesen Trick<br />

einen Schaumstoffwürfel oder einen<br />

kleinen Stoffwürfel, je nach Größe des<br />

<strong>Hund</strong>es.<br />

Halten Sie den Würfel auf Höhe der<br />

Schnauze Ihres <strong>Hund</strong>es. Sobald der<br />

<strong>Hund</strong> den Würfel mit der Schnauze berührt,<br />

bestätigen Sie dies mit einem<br />

Futterstück.<br />

Klappt dies, variieren Sie die Höhe, in<br />

der Sie den Würfel halten.<br />

Anschließend legen Sie den Würfel auf<br />

den Boden, sollte Ihr <strong>Hund</strong> direkt gegen<br />

den Würfel stupsen, bestätigen<br />

Sie dies sofort mit einem Futterstück.<br />

Zeigt Ihr <strong>Hund</strong> kein Interesse an dem<br />

Würfel, können Sie unter den Würfel<br />

ein Futterstück legen, so dass der <strong>Hund</strong><br />

diesen umstupsen muss, um an das<br />

Futter zu kommen. Nach einigen Wiederholungen<br />

wird Ihr <strong>Hund</strong> sofort gegen<br />

den Würfel stupsen und Sie kön-<br />

<strong>Hund</strong>ezentrum Aachen<br />

Inhaberin Janna Funk<br />

Zert. Problemhundetherapeutin<br />

Zert. Gebrauchshundeausbilderin<br />

Schlossparkstraße 80 Telefon 0241 / 17 24 44<br />

52072 Aachen Mobil 0160 / 91 99 00 41<br />

E-Mail info@hz-aachen.de www.hz-aachen.de<br />

Trickdog-Serie<br />

nen ihn mit einem Futterstück aus der<br />

Hand bestätigen.<br />

Text: Janna Funk • <strong>Hund</strong>ezentrum Aachen<br />

www.hz-aachen.de<br />

Fotos: <strong>Hund</strong>efototgrafin Bénédicte Bauer<br />

www.bene-bauer.de<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 15


Foto: Fotolia<br />

Auslandstierschutz – Sinn und<br />

Unsinn von Tierimporten<br />

Allein in Deutschland konzentriert sich eine Vielzahl von vermeintlichen <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

ausschließlich auf den sogenannten„Auslandstierschutz“.<br />

Der überwiegende Teil dieser Organisationen<br />

importiert (meist) <strong>Hund</strong>e<br />

von nicht öffentlichen Tierheimen<br />

aus Ost- und Südeuropa. Vorbestellte<br />

Tiere werden in Deutschland, den Niederlanden,<br />

Österreich und der Schweiz,<br />

seltener auch in Dänemark und England,<br />

meist direkt an die neuen Halter<br />

übergeben. Nicht vorbestellte Tiere<br />

werden in privaten, in den seltensten<br />

Fällen rechtskonform betriebenen Pflegestellen<br />

zwischengelagert, oder an<br />

Tierheime übergeben. Einige dieser<br />

Tiere werden auch in kommerziellen<br />

Tierpensionen untergebracht. Die<br />

„Pflegestellen“ arbeiten meist ehren-<br />

16<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

amtlich, erhalten aber häufig eine Aufwandsentschädigung<br />

für entstehende<br />

Futter- und Tierarztkosten. Der Erlös<br />

aus der direkten Vermittlung an neue<br />

Halter oder der Vermittlung aus dem<br />

Pflegestellen heraus – die Schutzgebühr<br />

beträgt fast immer circa 250 Euro – fließt<br />

zu unterschiedlich hohen Anteilen zurück<br />

an die Tierheime, aus denen die<br />

<strong>Hund</strong>e stammen. Nicht selten versickert<br />

ein Teil der Überweisungen aus<br />

Deutschland, in den Taschen der Tierheimbetreiber<br />

in XY.<br />

Bei einer Vermittlung von Tieren, die in<br />

Tierpensionen untergebracht werden,<br />

fließt in der Regel kein Geld zurück an<br />

die ausländischen Tierheime. Einige<br />

Tierpensionen sind sogar auf die Übernahme<br />

von ausländischen <strong>Hund</strong>en<br />

über sogenannte <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

spezialisiert und leben recht gut<br />

davon. Das gilt in vergleichbarer Weise<br />

bei der Vermittlung von <strong>Hund</strong>en, die<br />

an örtliche Tierheime übergeben werden.<br />

Zahlreiche Tierheime in den reichen<br />

Industrieländern übernehmen<br />

regelmäßig, direkt oder über andere<br />

<strong>Tierschutz</strong>vereine, leicht vermittelbare<br />

<strong>Hund</strong>e aus ost- und südeuropäischen<br />

Tierheimen oder Tötungsstationen.<br />

Der Nettogewinn aus der Vermittlung


der Auslandshunde ist bei vielen hiesigen<br />

Tierheimen bereits eine fest kalkulierte<br />

Größe im Etat. Manche Tierheime<br />

sind sogar derart abhängig von dem<br />

Gewinn aus der Importhundevermittlung,<br />

das sie ohne diese Importe vermutlich<br />

Konkurs anmelden müssten.<br />

Andere sogenannte <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

beziehen ihre <strong>Hund</strong>e direkt<br />

aus Tötungsstationen. Der Nettogewinn<br />

verbleibt bei den Tierschützern oder<br />

wird in den Freikauf und den Import<br />

weiterer <strong>Hund</strong>e investiert.<br />

Die Schätzungen über die Zahl der <strong>Hund</strong>e,<br />

die jährlich von <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

aus Ost- und Südeuropa allein<br />

nach Deutschland importiert werden,<br />

schwanken zwischen 200.000 und<br />

400.000 (Schätzung von Christa Wilczek,<br />

Dr. med. vet., Veterinäroberrätin,<br />

Abteilungsleiterin des Fachbereichs<br />

<strong>Tierschutz</strong> und Tierseuchen, Amt für Veterinärwesen<br />

und Verbraucherschutz,<br />

Darmstadt ). Offizielle Importe unter<br />

Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen<br />

sind die Ausnahme. Es gibt<br />

praktisch nur eine Dunkelziffer. Auch<br />

steigt die Zahl der <strong>Tierschutz</strong>vereine,<br />

die sich ausschließlich dem„Auslandstierschutz“<br />

widmen und die Zahl der<br />

Tierheime, die den Auslandstierschutz<br />

als Einnahmequelle für sich entdecken,<br />

beinahe täglich. Für Deutschland kann<br />

man also durchaus von circa 300.000<br />

Importhunden jährlich ausgehen. Bei<br />

einer Vermittlungsgebühr von durchschnittlich<br />

250 Euro pro <strong>Hund</strong> ergibt<br />

sich demnach ein Betrag von brutto<br />

75.000.000 Euro.<br />

Kalkuliert man für die Niederlande,<br />

Österreich und der Schweiz noch mal<br />

jeweils 200.000 <strong>Hund</strong>e und eine Schutzgebühr<br />

von durchschnittlich 200 Euro,<br />

so ergeben sich daraus weitere 600.000<br />

<strong>Hund</strong>e und ein Betrag von brutto<br />

120.000.000 Euro.<br />

Lassen wir zunächst außer acht, dass<br />

fast alle <strong>Hund</strong>eimporte gegen europäisches<br />

<strong>Tierschutz</strong>-Transportrecht,<br />

europäisches Recht zum innergemeinschaftlichen<br />

Verkehr mit lebenden Waren<br />

und nicht zuletzt gegen nationales<br />

Ein- und Ausfuhrrecht, <strong>Tierschutz</strong>recht,<br />

Steuerrecht etc. verstoßen. Jährlich<br />

werden mindestens 900.000 (Neun-<br />

Foto: Fotolia<br />

Durch Organisationen, die sich dem<br />

Auslandstierschutz widmen, werden<br />

nach Deutschland schätzungsweise jährlich<br />

rund 300 000 <strong>Hund</strong>e importiert<br />

hunderttausend) <strong>Hund</strong>e den Straßenhundepopulationen<br />

in Ost- und Südeuropa<br />

entzogen und bekommen ein<br />

„gutes Zuhause“. Gleichzeitig fließen<br />

jährlich, auf die eine oder andere Art,<br />

circa 195.000.000 (Todeslager Tierheim<br />

3.Teil, Einhundert und fünfundneunzig<br />

Millionen Euro) in den <strong>Tierschutz</strong> und<br />

somit in die Verbesserung der Lebensbedingungen<br />

ausgesetzter und frei<br />

geborener <strong>Hund</strong>e im ost- und südeuropäischen<br />

Ausland.<br />

Stimmt das so?<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Verschulden die <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

indirekt nicht vielmehr den Tod<br />

von 900.000 (Neunhunderttausend)<br />

<strong>Hund</strong>en im Ausland? Sind sie nicht<br />

mitverantwortlich dafür, dass auch in<br />

Deutschland immer mehr <strong>Hund</strong>e ausgesetzt<br />

werden, dass Tierheimhunde<br />

oft ihr ganzes Leben hinter Gittern verbringen<br />

müssen und das Tierkrankheiten,<br />

die in Deutschland und seinen<br />

Nachbarländern als nahezu ausgerottet<br />

galten, wie Beispielsweise Staupe<br />

und Parvovirose, wieder zu einem ernsten<br />

Problem werden? Tragen diese <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

nicht dazu bei,<br />

das sich der Umgang mit- und das Verständnis<br />

für <strong>Hund</strong>e immer weiter ins<br />

Negative verschiebt und die <strong>Hund</strong>e<br />

immer mehr verniedlicht, verharmlost<br />

und sie zum Lustobjekt von Helfersyndromen<br />

und Selbstbeweihräucherung<br />

degradiert?<br />

Hat die„Rettung“ von Straßenhunden<br />

und ihre Vermittlung in ganz normale<br />

<strong>Hund</strong>ehalter-Familien überhaupt etwas<br />

mit <strong>Tierschutz</strong> zu tun?<br />

Streunerpopulation und ihre<br />

Problematik<br />

Um beurteilen zu können, ob die Entnahme<br />

von <strong>Hund</strong>en aus einer bestehenden<br />

Population und deren Vermittlung<br />

nach Deutschland und anderen<br />

Ländern sinnvoll ist, muss man sich<br />

mit der für die jeweilige Population<br />

typische Dynamik auseinandersetzen.<br />

Streunerpopulationen setzen sich<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 17


<strong>Tierschutz</strong><br />

grundsätzlich aus zwei Faktoren zusammen:<br />

1. Ausgesetzte und entlaufene<br />

Haus- und Zuchthunde (künstlicher<br />

Populationszuwachs)<br />

2. Geburtenrate frei bzw. wild und<br />

halbwild lebender <strong>Hund</strong>e (natürlicher<br />

Populationszuwachs).<br />

Die Gesamtpopulation dagegen ist<br />

fast ausschließlich vom örtlichen Ressourcenangebot<br />

abhängig. Ausschlaggebende<br />

Ressourcen sind:<br />

• Nahrungsangebot inklusive Fütterung<br />

durch den Menschen<br />

• Lebensraum – Raumangebot/<br />

Versteckmöglichkeit<br />

Die Geburtenrate ist abhängig von dem<br />

Ressourcenangebot und durch die Populationsdichte<br />

bedingten sozialen<br />

Stress. Die Geburtenrate wird also<br />

durch die Populationsdichte, die wiederum<br />

durch die Sterbe- und Tötungsrate,<br />

sowie die Quantität von populationsbeeinflussenden<br />

Maßnahmen, wie<br />

Einfangaktionen und das Ressourcenangebot<br />

beeinflusst, hat aber keinen<br />

allein bestimmenden Einfluss auf die<br />

18<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Gesamtpopulation einer Stadt oder<br />

eines Landkreises. Die Gesamtpopulation<br />

einer Stadt oder eines Landkreises<br />

ist ausschließlich von folgenden<br />

Faktoren abhängig:<br />

1. Gesamtangebot an Nahrung<br />

2. Gesamtangebot an Raum und<br />

Versteckmöglichkeiten<br />

3. Habitatsgröße – der Raum, den<br />

ein einzelnes Individuum oder<br />

eine Gruppe (Rudel) für sich in<br />

Anspruch nimmt und gegen Eindringlinge/Zuwandererverteidigen<br />

kann.<br />

Punkt 3 ist wiederum von folgenden<br />

Faktoren abhängig:<br />

• Kraft und Größe des Individuums<br />

• Gesundheitszustand des Individuums<br />

• Überlebenswichtige Instinkte wie<br />

Anpassungsfähigkeit, Fluchtinstinkt,<br />

Jagdfähigkeit, Reaktionsvermögen,<br />

Wahrnehmungsfähigkeit<br />

Die letzten drei Faktoren sind, abhängig<br />

von den örtlichen Gegebenheiten,<br />

Foto: Fotolia<br />

siehe Punkt 1. bis 3., ausschlaggebend<br />

für die Struktur einer Population und<br />

damit auch bedingt für dessen Größe.<br />

In Metropolen wie Barcelona, Madrid<br />

oder Valencia (Spanien) wird der Populationsanteil<br />

durch Mode/Rassehunde,<br />

angefangen beim Chiahuhua über den<br />

Mops und Pit Bull bis hin zu Sibirian<br />

Husky oder Deutscher Schäferhund,<br />

großenteils wenig überlebensfähigen<br />

<strong>Hund</strong>en, entscheidend mitbestimmt.<br />

Im Vergleich dazu wird die Populationsstruktur<br />

im spanischen Hinterland stark<br />

durch Jagd- und Sporthunde, in erster<br />

Linie Podencos und Greyhounds, welche<br />

fast immer an den Menschen gewöhnt<br />

sind, bestimmt.<br />

Städte wie Barcelona – circa 75.000<br />

Streunerhunde (offizielle Schätzung) –<br />

oder Bukarest – circa 200.000 Streunerhunde<br />

(offizielle Schätzung) – , werden<br />

demnach immer durch circa 75.000<br />

bzw. 200.000 Streunerhunde belastet.<br />

Und zwar ganz unabhängig davon,<br />

wie viele <strong>Hund</strong>e durch Aussetzung<br />

oder Zuwanderung hinzukommen<br />

oder wie viele <strong>Hund</strong>e durch Einfangoder<br />

Tötungsmaßnahmen oder Zwangsrettung<br />

durch <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

der Population entnommen werden.<br />

Findet ein Zuwachs durch Aussetzungen<br />

und Zuwanderung statt, sinkt die<br />

Geburtenrate, die Abwanderungsrate<br />

steigt dagegen. Die Gesamtpopulation<br />

bleibt weitgehend konstant. Unterbleibt<br />

die Aussetzung oder Zuwanderung<br />

von <strong>Hund</strong>en oder spielt quantitativ<br />

nur eine unbedeutende Rolle, steigt<br />

Die Streunerpopulationen in den<br />

Metropolen Europas verändern sich<br />

durch die Rettung und Entnahme von<br />

<strong>Hund</strong>en nicht


die Geburtenrate im Verhältnis zur Abwanderung<br />

und Todesrate.<br />

Neben Abwanderung und natürlicher<br />

Todesrate sind folgende Faktoren für<br />

eine kurz- bis mittelfristige Reduzierung<br />

der Gesamtpopulation und einem<br />

damit verbundenen Anstieg der Geburtenrate<br />

verantwortlich:<br />

• Massentötungen durch Vergiften<br />

oder erschießen<br />

• Einfangaktionen mit anschließender<br />

Verbringung in Tötungsstationen<br />

• Einfangaktionen mit anschließender<br />

Verbringung in Tierheime<br />

oder Export der <strong>Hund</strong>e – zum<br />

Beispiel nach Deutschland.<br />

• Einfangaktionen mit anschließender<br />

Verbringung in andere<br />

Gebiete<br />

Ein Beispiel zur Verdeutlichung:<br />

Bukarest in Rumänien – 1.931.838<br />

Einwohner (Stand 2007) – durchschnittlich<br />

200.000 Streunerhunde<br />

(Stand 2001 / siehe Bericht „Vier Pfoten“).<br />

Zitat www.vier-pfoten.de : „Trotz<br />

massiver Proteste rumänischer wie<br />

auch internationaler <strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

ordnete der Bürgermeister von<br />

Bukarest, Traian Basescu, am 19. April<br />

diesen Jahres (2001) an, alle rund<br />

200.000 Streunerhunde der Stadt einzufangen<br />

und umzubringen.“<br />

Und weiter: „Das jetzige Gemetzel ist<br />

nicht nur eines EU-Beitrittskandidaten<br />

unwürdig und schadet dem Ruf Rumäniens.<br />

Es ist zugleich zutiefst sinnlos,<br />

weil die Streuner in Bukarest laufend<br />

fast ebenso viele Jungtiere produzieren,<br />

wie durch den Basescu-Erlass im selben<br />

Zeitraum umgebracht werden.“<br />

Alle Streunerhunde in einer Stadt<br />

oder in einem Landkreis zu töten, wäre<br />

selbst wenn es gelingen würde, nur<br />

ein kurzfristiger Erfolg. Innerhalb von<br />

24 bis 36 Monaten würde sich der Bestand<br />

durch Zuwanderer und eine<br />

enorme Geburtenrate nahezu vollständig<br />

erholen.<br />

Um das Problem der Streunerhunde<br />

in Bukarest oder einer anderen Stadt<br />

in Rumänien durch Tötungsmaßnahmen<br />

zu lösen, müssten„alle“ Streunerhunde<br />

in ganz Rumänien getötet<br />

werden. Gleichzeitig müsste sicherge-<br />

<strong>Hund</strong>ehilfe Eifel • Martina & Ingo Wald • Telefon: 02151/96 60 66<br />

www.hundefreud-hundeleid.de<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

stellt werden, dass keine <strong>Hund</strong>e mehr<br />

ausgesetzt werden oder entlaufen<br />

können. Parallel dazu müsste jede<br />

Versorgung überlebender Streunerhunde<br />

unterbleiben. Dazu müsste<br />

nicht nur jede Fütterung durch Menschen<br />

unterbleiben, sondern auch das<br />

Wegwerfverhalten der ganzen Nation<br />

im Bezug auf verwertbare Essensreste<br />

und tierische Abfallstoffe revolutioniert<br />

werden. Ein Vorhaben, dessen Umsetzung<br />

unmöglich wäre. Das trifft selbstverständlich<br />

auch auf alle anderen<br />

Staaten mit größeren Streunerhundepopulationen<br />

zu.<br />

Eine Lösung der Probleme mit Streunerhunden<br />

kann nur und ausschließlich<br />

durch Kastrationsprojekte erreicht<br />

werden. Ein Vorzeigeprojekt und Beweis<br />

für die Effizienz von Kastrationsprojekten<br />

ist das Tierheim von Odessa,<br />

welches durch die Initiative des Deutschen<br />

<strong>Tierschutz</strong>bundes entstand und<br />

Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />

Quelle:<br />

www.tierschutz-schattenseiten.com<br />

Autor: Uwe Peter Willemsen<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 19


<strong>Tierschutz</strong><br />

Porträt:<br />

BESCHÜTZERinstinkte e.V.<br />

In dieser Ausgabe geben wir der Organisation<br />

BESCHÜTZERinstinkte e.V. Gelegenheit sich vorzustellen:<br />

unser verein<br />

Unser Ziel ist unbürokratisch,<br />

unkompliziert und schnell zu helfen!<br />

BESCHÜTZERinstinkte:<br />

ermöglicht Kindern mit seelischer, körperlicher<br />

oder geistiger Behinderung<br />

die Teilnahme an tiergestützter Therapie<br />

mit <strong>Hund</strong>, oder einen Urlaub für<br />

die gesamte Familie auf einem von uns<br />

ausgesuchten und geprüften Therapiehof<br />

für Seele und Herz.<br />

beschützt <strong>Hund</strong>e in Not, mit Krankheit<br />

oder im Alter, beherbergt oder resozialisiert<br />

sie, vermittelt sie weiter und findet<br />

geeignete <strong>Hund</strong>e für Menschen<br />

mit Behinderung oder therapeutisch<br />

Tätige und beteiligt sich an den Ausbildungskosten<br />

zum Therapie- oder<br />

Assistenzhund.<br />

hilft bedürftigen <strong>Hund</strong>ebesitzern und<br />

Obdachlosen mit <strong>Hund</strong>, indem Tierarzt<br />

und Futterkosten übernommen, hundefreundliche<br />

Unterkünfte gesucht<br />

20<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

oder <strong>Hund</strong>e in Notsituationen in sichere<br />

Obhut genommen werden.<br />

gesund mit hund<br />

Förderung des Einsatzes von Servicehunden<br />

Ein <strong>Hund</strong> kann gerade bei körperlicher<br />

Beeinträchtigung eine moralische Stütze,<br />

aber auch ein Therapeut für seelische<br />

und körperliche Störungen sein.<br />

Wir sammeln Spenden oder suchen<br />

Paten für benachteiligte Kinder, um<br />

ihnen eine tiergestützte Therapie oder<br />

einen Therapieurlaub zu ermöglichen.<br />

Gerade für Familien kann eine gemeinsame<br />

Zeit auf einem Therapiehof erholsam<br />

und heilend sein. Mütter von<br />

Kindern mit Behinderung werden entlastet<br />

und finden bei den Sozialpädagogen<br />

immer ein offenes Ohr. Noch<br />

wichtiger: die nichtbehinderten Geschwister<br />

erfahren auch mal die volle<br />

Aufmerksamkeit, dürfen mit den Hoftieren<br />

spielen oder Traktor fahren.<br />

Außerdem beteiligen wir uns an den<br />

Ausbildungskosten der Therapie- oder<br />

Assistenzhunde, um Menschen, insbesondere<br />

Kindern mit Behinderung eine<br />

bessere Lebensqualität, schnellere<br />

Genesung und Hilfe im Alltag zu<br />

schenken.<br />

schnauze voll<br />

Hilfe für bedürftige <strong>Hund</strong>ebesitzer!<br />

<strong>Hund</strong>e sind für viele Obdachlose und<br />

Hartz-IV-Empfänger ihre Freunde, ihre<br />

Familie, oft das letzte Lebewesen, das<br />

sie wirklich braucht und ihnen einen<br />

Bezug zur Gesellschaft vermittelt. Wir<br />

unterstützen mit großen Futtermengen<br />

die Tiertafel Deutschland e.V. und<br />

tragen so dazu bei, dass <strong>Hund</strong>e von<br />

unseren "benachteiligten" Mitbürgern<br />

satt werden. Außerdem übernehmen<br />

wir Tierarztkosten und nehmen <strong>Hund</strong>e<br />

vorübergehend in unsere Obhut, wenn<br />

die häusliche oder soziale Situation des<br />

Besitzers keine artgerechte Haltung<br />

mehr zulässt.


Gerade im Winter erfrieren jedes Jahr<br />

immer wieder Obdachlose mitsamt<br />

ihren <strong>Hund</strong>en. In München z.B. gibt es<br />

keine einzige warme Unterkunft für<br />

Wohnungslose mit <strong>Hund</strong>. Wir bieten<br />

Städten und Gemeinden unsere Hilfe<br />

in Form von Beratung aber auch effektiver<br />

Hilfe vor Ort an, um Pilotprojekte<br />

zu starten, die eine offene Tür und ein<br />

warmes Bett samt Körbchen bieten.<br />

Denn gerade die Odachlosenhunde<br />

sind erstaunlich gepflegt, ruhig und<br />

gut erzogen. Unser größtes Bestreben<br />

ist die Trennung von <strong>Hund</strong> und Herrchen<br />

zu verhindern!<br />

für alle felle<br />

Hilfe für in Not geratene <strong>Hund</strong>e!<br />

Der <strong>Hund</strong> ist auf uns Menschen angewiesen.<br />

Er ist ein Lebewesen, das Aufmerksamkeit,<br />

Pflege, Fürsorge, Opferbereitschaft<br />

und Geduld benötigt. Sie<br />

können sich nicht selbst helfen, deswegen<br />

ist es unsere Aufgabe, sie zu<br />

beschützen. Unsere Sorgenkinder<br />

kommen vorwiegend aus einem mallorquinischen<br />

Tierheim, welches seit<br />

27 Jahren von einer mallorquinischen<br />

Familie vorbildlich geführt wird. Aber<br />

auch Notfelle aus Deutschland finden<br />

bei uns ein warmes Körbchen und viel<br />

Liebe. Noch haben wir keine eigene<br />

Tierherberge, deswegen werden die<br />

Fellnasen vorübergehend in Pflegefamilien<br />

untergebracht, von wo aus sie<br />

vermittelt werden.<br />

Dafür arbeiten wir: Ein sorgenfreies<br />

und glückliches Leben für jeden <strong>Hund</strong>,<br />

frei von unnötiger seelischer und körperlicher<br />

Gewalt.<br />

www.beschuetzerinstinkte.de<br />

stand heute<br />

Was wir bisher geschafft haben:<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

• Vermittlung von über 300 herrenlosen <strong>Hund</strong>en<br />

• Resozialisierung und Vermittlung von 15 Problemfellen<br />

• Kastration von 700 <strong>Hund</strong>en<br />

• Spende von 20 Tonnen Futter<br />

• Pflegehund RON bekam Goldakkupunktur und Physiotherapie,<br />

wurde nach Genesung in sein neues Zuhause vermittelt und wird<br />

nun in Baden-Württemberg als Schulbegleithund ausgebildet<br />

• <strong>Hund</strong> HECTOR und Hündin DANA konnte eine OP ermöglicht<br />

werden<br />

• Therapiekind DAVID bekommt 1 Jahr lang tiergestützte Therapie<br />

mit <strong>Hund</strong>, sowie Therapieurlaub für die ganze Familie<br />

• Therapiekind ALEK bekommt 1 Jahr lang tiergestützte Therapie<br />

mit <strong>Hund</strong>, sowie Therapieurlaub für die ganze Familie<br />

• finanzielle Gewährleistung der Ausbildung des Therapiehundes<br />

LEON für Kinder mit Bewegungsstörungen am Geniushof<br />

• Hilfestellung für den Geniushof e.V. eine gesicherte Bezuschussung<br />

durch„Ein Herz für Kinder“ i.H. von 40.000,- € zu bekommen, um<br />

dem Therapiehof ein neues Dach zu ermöglichen<br />

• Kooperation mit Golf-mit-<strong>Hund</strong>en, das in 2010 vier HuGo-Cups<br />

zugunsten BESCHÜTZERinstinkte organisiert<br />

• Ex-Pflegehund TOFFY wird von seiner neuen Besitzerin zum<br />

Therapiehund ausgebildet<br />

• Die sichere Unterbringung von 2 <strong>Hund</strong>en eines OBDACHLOSEN für<br />

die Zeit seiner Operation und Genesung<br />

• Übernahme und Vermittlung der ANTENNE BAYERN-WELPEN<br />

• Übernahme OP-Kosten <strong>Hund</strong> Laska<br />

• Übernahme der Kosten für Medikamente mehrerer <strong>Hund</strong>e<br />

• Finanzielle Unterstützung einiger Pflegestelle für Zarenhof-<strong>Hund</strong>e<br />

• OP-Kosten <strong>Hund</strong> Benny<br />

• Sonja Zietlow sammelt unermüdlich Spenden und nimmt an mehr<br />

als 40 Veranstaltungen zu Gunsten BESCHÜTZERinstinkte teil<br />

Und viele mehr.....<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 21


Zar – der<br />

Namensgeber<br />

des Zarenhofes,verstorben<br />

angeblich<br />

an einer Magendrehung<br />

<strong>Tierschutz</strong>skandal<br />

Zarenhof<br />

Ein Fenster des<br />

Gebäudes ist<br />

gekennzeichnet<br />

von den Ausbruchsversuchen<br />

der eingesperrten<br />

<strong>Hund</strong>e – Fotos:<br />

Sonja Zietlow<br />

Es ist nicht an dem, dass bisher noch<br />

nie solche Tierquälereien von Tierschützern<br />

bekannt geworden wären. Aber<br />

dieses Mal werden die Zustände medial<br />

optimal begleitet: mit Bildern, Videos,<br />

einer Fülle von Zeugenaussagen etc.<br />

Deshalb erhält dieser Fall außergewöhnlich<br />

viel Aufmerksamkeit. Kaum ein <strong>Tierschutz</strong>-<br />

oder <strong>Hund</strong>e-Forum im Netz,<br />

auf dem der Zarenhof nicht diskutiert<br />

würde.<br />

Das war der positive Teil!<br />

Leider geht die gesamte Diskussion<br />

und Webdokumentation bisher nur in<br />

eine einzige Richtung. In des Tierschützers<br />

liebste Richtung: Empörung,<br />

Schuldzuweisung und Aktionismus!<br />

Die emotionalen Schreikrämpfe steigern<br />

sich hier und dort schon zu Lynchjustiz-Phantasien<br />

gegenüber einer<br />

„Tierschützerin“, der man bis vor wenigen<br />

Wochen gehuldigt hatte bis zum<br />

Abwinken!<br />

22<br />

6 Thesen<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Deshalb Achtung: Die Tierschützer<br />

könnten jetzt eine große Chance vertun!<br />

Natürlich muss der Skandal komplett<br />

aufgearbeitet, müssen Vor- und<br />

Nachlauf aufgedeckt werden, frühe<br />

Zeugen zu Wort kommen und müssen<br />

auch die Behörden auf ihre Verantwortung<br />

festgenagelt werden.<br />

Aber bei aller Empörung, bei aller Wut<br />

ist nicht zu vergessen, dass dieses Phänomen<br />

strukturell bedingt ist. Und<br />

wenn sich an den Strukturen im <strong>Tierschutz</strong><br />

nicht bald und im Konsens<br />

ganz grundlegend etwas ändert, empören<br />

wir uns heute über Gesa K. und<br />

morgen über Lieschen M. und übermorgen<br />

über Herr und Frau F. ... ad infinitum!<br />

Deshalb muss spätestens jetzt eine<br />

breite, engagierte und ernst gemeinte<br />

Diskussion darüber beginnen, wie man<br />

strukturell <strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert<br />

so ändern kann, dass solche und<br />

von Karin Burger,<br />

www.doggennetz.de<br />

Seit September 2010 tobt die Diskussion über den Skandal Zarenhof. Und die Verantwortung<br />

wird zwischen den Beteiligten hin- und hergeschoben wie eine verwurmte Kotprobe, ohne<br />

dass sich jemand zur Wurmkur entschließen könnte. Konstruktive Ansätze in der Diskussion<br />

über die Vorgänge sind bisher nicht zu erkennen.<br />

andere Furchtbarkeiten nicht mehr<br />

oder nicht mehr so häufig vorkommen.<br />

Und dieser Diskussion liefert Doggennetz<br />

ein Thesenpapier. In dieses fließen<br />

Erfahrungen und Beobachtungen<br />

verschiedener Tierschützer und Tierfreunde<br />

zusammen, die über Jahrzehnte<br />

hinweg akribisch analysiert haben,<br />

was schiefläuft. Es ist nicht so, dass<br />

sich nachfolgend gelistete Werte und<br />

Prinzipien eine einzige Person ausgedacht<br />

hat. Sie sind jetzt schon Konsens<br />

unter denjenigen, die durch den Zarenhof-Skandal<br />

nur in ihrer Auffassung<br />

bestätigt werden: SO KANN ES NICHT<br />

MEHR WEITERGEHEN!<br />

Diesen Thesen muss man nicht zustimmen.<br />

Im günstigsten Fall sollte sich<br />

aber über diese Punkte eine Diskussion<br />

entwickeln. Sicherlich wird man diesen<br />

oder jenen Vorschlag verändern oder<br />

modifizieren wollen-können-müssen.<br />

Wichtig ist allein, dass sich ausgehend


vom Zarenhof-Skandal eine Perspektive<br />

entfaltet, die das Risiko weiterer solche<br />

Exzesse auf Kosten von Tieren unter<br />

der Obhut von Tierschützern entscheidend<br />

mindert.<br />

1. Kontrolle und<br />

Transparenz<br />

Dass politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche<br />

Abläufe zum einen einer<br />

vereinbarten Kontrolle unterworfen sein<br />

müssen, zum anderen für alle Außenstehenden<br />

transparent sein müssen,<br />

ist schon lange gesellschaftlicher Konsens<br />

– außerhalb des <strong>Tierschutz</strong>es!<br />

Nicht umsonst gibt es internationale<br />

Nichtregierungsorganisationen, die sich<br />

genau diese Transparenz zum Ziel gesetzt<br />

und zum Aktionsnamen gewählt<br />

haben: Transparency International.<br />

Und besonders im Fundraising-Bereich,<br />

zu dem auch der <strong>Tierschutz</strong> gehört, ist<br />

Kontrolle und Transparenz schon längst<br />

das, was Stefan Loipfinger von Charity-<br />

Watch.de als„Branchenstandard“ bezeichnet:„Wer<br />

fremdes Geld sammelt,<br />

der sollte über die Verwendung der<br />

Mittel transparent informieren. [...] Für<br />

seriöse Organisationen ist dies selbstverständlich.<br />

[...] Über die Vorgaben<br />

von DZI, Spendenrat und VENRO ist<br />

die Veröffentlichung der Mittelverwendung<br />

quasi zum Branchenstandard erklärt<br />

worden. Deshalb gilt: Wer nichts<br />

zu verstecken hat, der wird dem Spender<br />

offen und ehrlich erklären, was er<br />

mit seinem Geld getan hat. Wer dazu<br />

nicht bereit ist, der grenzt sich selbst<br />

vom seriösen Teil der Branche ab“<br />

(Stefan Loipfinger, www.charitywatch.de<br />

).<br />

Die „Großen“ der Branche tun dies<br />

längst: wahlweise gegenüber dem<br />

DZI, dem Spendenrat oder als kostengünstigere<br />

Variante eben gegenüber<br />

Charity-Watch.de.<br />

„Kontrolle“ bedeutet nicht ausschließlich<br />

die Kontrolle durch die entsprechenden<br />

Fachbehörden wie z. B. die<br />

Veterinärämter. Kontrolle geschieht<br />

auch durch„leichtere“ Strukturen wie<br />

z. B. eine Vereinsorganisation. Auf der<br />

praktischen Ebene führt dieses anerkannte<br />

Instrumentarium dann zu dem<br />

Entschluss, nur noch Vereine oder andere<br />

gesetzlich definierte Rechtsformen<br />

zuzulassen und zu unterstützen.<br />

Im <strong>Tierschutz</strong> jedoch tummeln sich Legionen<br />

von Privatpersonen, die weit<br />

über einen privaten Rahmen hinaus<br />

<strong>Tierschutz</strong> betreiben. Oft geben sie<br />

sich Namen, die das private Engagement<br />

nicht mehr erkennen<br />

lassen. Aber weil<br />

sie Privatpersonen sind,<br />

können sie sich auch<br />

den üblichen Kontrollmechanismenentziehen.<br />

Ihr Tun bleibt intransparent<br />

und damit<br />

inakzeptabel in einer<br />

<strong>Tierschutz</strong>szene, die sich auf verbindliche<br />

Standards einigt und an struktureller<br />

Verbesserung interessiert ist.<br />

Dass selbst eine Vereinsstruktur noch<br />

keine Sicherheit bietet, das enthüllen<br />

die vielen auf Charity-Watch.de und<br />

andernorts dokumentierten Vereinsskandale.<br />

Aber immerhin können<br />

Vereine wenigstens zur Auskunft aufgefordert<br />

werden. Behörden wie Veterinär-<br />

und Finanzämter dürfen kontrollieren<br />

und maßregeln. Bei den„echten“<br />

Vereinen jedoch ist auch wieder darauf<br />

zu achten, dass sich dort tatsächlich<br />

demokratische Strukturen zeigen.<br />

„ Wer fremdes<br />

Geld sammelt,<br />

der sollte über die<br />

Verwendung der<br />

Mittel transparent<br />

informieren. “<br />

Wenn der Verein nur aus fünf stimmberechtigten<br />

Mitgliedern besteht, alle<br />

wesentlichen Ämter von derselben<br />

Person besetzt sind, Vorsitzender und<br />

Tierheimleiter eine Personalunion sind,<br />

das Kassenamt von der eigenen Schwester<br />

oder sonstigen Angehörigen versehen<br />

wird, Mitgliederversammlungen<br />

nur alle drei Jahre stattfinden u. v. a.<br />

m., verliert der Strukturrahmen Verein<br />

sofort wieder an regulativer Kraft.<br />

Kontrolle und Transparenz bedeuten<br />

des Weiteren, sich an bestehende Gesetze<br />

zu halten. Beim Thema Auslandstierschutz<br />

ist es de facto momentan<br />

so, dass eine nicht unerhebliche Anzahl<br />

von <strong>Tierschutz</strong>organisationen an<br />

den bestehenden Gesetzen (Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung,<br />

<strong>Tierschutz</strong>gesetz etc.) vorbei Tiere aus<br />

dem Ausland einführen.<br />

Das ist schlicht illegal<br />

und lässt sich mit keinen<br />

moralischen Verweisen<br />

rechtfertigen. Wer<br />

die bestehenden Gesetze,<br />

z. B. die Kategorisierung„gewerblich“<br />

für jegliche Tiereinfuhr<br />

von <strong>Tierschutz</strong>organisationen, hier für<br />

unzureichend hält, muss sich auf parlamentarischer<br />

Ebene um Änderungen<br />

bemühen. Der Bund gegen den Missbrauch<br />

der Tiere tut das derzeit. Und<br />

nur dieser Weg ist legitim!<br />

2. Professionalität<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

<strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert hat eine<br />

Dimension erreicht, der man auf der<br />

Basis rein ehrenamtlichen Engagements<br />

ohne jede (professionelle) Qualifikation<br />

nicht mehr gerecht wird. Natürlich soll<br />

auch weiterhin jeder ohne voraussetzende<br />

Qualifikation Zugang zu tier-<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 23


<strong>Tierschutz</strong><br />

schützerischem Tun haben, WENN er<br />

bereit ist, sich für diese heute hoch anspruchsvolle<br />

Aufgabe fort- und weiterzubilden.<br />

Fort- und Weiterbildung ist in<br />

allen anderen gesellschaftlichen Bereichen<br />

schon längst eine Selbstverständlichkeit.<br />

Warum nicht im <strong>Tierschutz</strong>?<br />

Organisatorisch ist das überhaupt kein<br />

Problem. Es gibt genügend Anbieter<br />

sachkundiger Fortbildung, ohne dass<br />

man zu selbst ernannten, de facto<br />

aber eben überhaupt nicht qualifizierten<br />

<strong>Hund</strong>eflüsterinnen pilgern müsste.<br />

Die <strong>Tierschutz</strong>akademie des Deutschen<br />

<strong>Tierschutz</strong>bundes ist hier zu nennen;<br />

die verschiedenen Institutionen, die<br />

professionell auf die Sachkundeprüfung<br />

vorbereiten; kynologische Fachorganisationen,<br />

die zertifizierte Absolventen<br />

hervorbringen und ein breites<br />

Themenspektrum an Vorträgen, Workshops<br />

und Seminaren anbieten.<br />

Es muss zum selbstverständlichen<br />

„Branchenstandard“ werden, dass Verantwortliche<br />

und Agierende von (eingetragenen)<br />

<strong>Tierschutz</strong>organisationen<br />

auf ihrer Website eine Liste ihrer Qualifikationen<br />

und absolvierten Seminare<br />

veröffentlichen. Wer dies nicht tut, wer<br />

dies nicht vorweisen kann, disqualifiziert<br />

sich selbst.<br />

24<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Unter der Leitorientierung von Professionalität<br />

kann es dann eben nicht mehr<br />

sein, dass Tierschützer zu der von ihnen<br />

geschützten Tierart weder über eigene<br />

Empirie noch über irgendwelche Qualifikationen<br />

verfügen. Aus der Doggenschützer-Szene<br />

bietet sich das eindrückliche<br />

Beispiel einer Tierschützerin<br />

an, die bundesweit Doggen vermittelt<br />

und betreut, zu Fragen der Doggenhaltung<br />

berät, selbst aber noch nie in<br />

ihrem Leben eine Dogge besessen hat.<br />

Und solche Beispiele gibt es in allen<br />

anderen Sparten des <strong>Tierschutz</strong>es<br />

auch.<br />

Wenn Tierschützer sich die für ihr Engagement<br />

notwendigen Fachkenntnisse<br />

aneignen, dann können sie auch<br />

ihre Aufgaben professionell erledigen.<br />

Und das fängt ganz banal und ganz<br />

anspruchsvoll bei professionellen Vorund<br />

Nachkontrollen an! Und hier bedeutet„professionell“<br />

die Einsicht, dass<br />

es bei diesen Kontakten mehrheitlich<br />

nicht darum geht, potenzielle Tierquäler<br />

auszusieben, sondern darum, ganz<br />

subtile Anspruchs- und Erwartungshaltungen<br />

an das neue Familienmitglied<br />

aufzudecken, Defizite im Fachwissen<br />

aufzuspüren und Tierhalter verlässlich<br />

in dauerhafte Kontakt-, Beratungsund<br />

Betreuungsstrukturen einzubinden.<br />

Das bitterste Thema, welches unter<br />

den Leitorientierungen Kontrolle,<br />

Transparenz und Professionalität komplett<br />

auf den Prüfstand muss, ist das<br />

Pflegeplatz-System. Das nämlich funktioniert<br />

aus genannten Gründen viel<br />

zu häufig nicht: Kontrolle ist in dem<br />

definitionsgemäß privaten Bereich der<br />

Menschen, die sich als Pflegeplatz anbieten,<br />

nur bedingt möglich. Ebenfalls<br />

an den privaten Status gebunden ist<br />

das Defizit an Sachkunde. Leider hat<br />

die Rechtsprechung hier auch die ursprüngliche<br />

Forderung eines Sachkundenachweis<br />

für Pflegeplätze gemäß<br />

§ 11 <strong>Tierschutz</strong>gesetz wieder zurückgenommen.<br />

Da aber die Tiere, insbesondere<br />

auch die <strong>Hund</strong>e, im <strong>Tierschutz</strong><br />

sehr häufig traumatisiert sind oder Fehlverhalten<br />

zeigen, können private Pflegeplätze<br />

diesen Tiere nicht gerecht<br />

werden, die über keine Sachkunde<br />

darüber verfügen, wie man mit ihnen<br />

umgeht.<br />

3. Primat des gesunden<br />

Menschenverstandes<br />

Der <strong>Tierschutz</strong> insgesamt muss weg<br />

von der gesellschaftlich auch nicht<br />

akzeptierten übersteigerten Emotionalität.<br />

Ina Smith hat die einzig praktikable<br />

Gewichtung zwischen Ratio und<br />

Emotion auf ein akzeptables Zahlen-<br />

Zarenhof-Räume im August 2009 und Oktober 2010: Gesa K. „versorgte“ dort rund 70 <strong>Hund</strong>e. Sie ließ die Tiere verwahrlosen,<br />

die Inneneinrichtung des Gebäudes wurde völlig zerstört – Fotos: Sonja Zietlow


verhältnis gesetzt: 80 Prozent Verstand,<br />

20 Prozent Herz!<br />

Wenn die Tierschützer wieder vernünftiger<br />

werden, dem gesunden Menschenverstand<br />

Raum geben und zeitgleich<br />

eine gesunde Portion Skepsis entwickeln,<br />

werden sie viele Dinge aufdecken,<br />

bevor sie wie im Fall Zarenhof<br />

eskalieren: Wie kann es sein, dass eine<br />

einzige Frau 70 <strong>Hund</strong>e, darunter viele<br />

Doggen, ganz allein versorgt und betreut?<br />

Ja, wie kann es schon sein, dass<br />

sie eine solche Menge <strong>Hund</strong>e zusammen<br />

in einem Haus hält? Und 70 ist<br />

nur das Extrem. Man kann schon nicht<br />

glauben und ich konnte mich auch<br />

von den für die <strong>Hund</strong>e nachteiligen<br />

Folgen selbst überzeugen, wenn zwei<br />

Frauen angeben, sich um 20 (plus /minus)<br />

in einem Haus umherlaufende<br />

<strong>Hund</strong>e zu kümmern; die Hälfte davon<br />

wieder großrassig, immer wieder noch<br />

aufgestockt durch ganze Welpen-<br />

Würfe.<br />

Wirft man dann gesunden Menschenverstand<br />

und Professionalität zusammen,<br />

kann man auf wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse wie die des sozialen<br />

Stresses zurückgreifen, um selbst einzusehen,<br />

dass solche Haltungen nicht<br />

dem Wohl der <strong>Hund</strong>e dienen können!<br />

Auch hier hilft uns die Zarenhof-Dokumentation,<br />

belegt sie doch in vielen<br />

Berichten anschaulich, was dieser Gruppenstress<br />

z. B. für Welpen bedeutet.<br />

Die Fälle sind endlos: Derzeit recherchiere<br />

ich über einen kleinen Verein,<br />

bei dem die erste Vorsitzende zeitgleich<br />

die Tierheimleiterin ist (Interessens-<br />

konflikt!) und angibt, zusammen mit<br />

zwei Ein-Euro-Jobbern insgesamt 100<br />

Tiere zu versorgen – und ihren Mann<br />

als Pflegefall! Jede mit gesundem<br />

Menschenverstand außerhalb des <strong>Tierschutz</strong>es<br />

stehende Person weiß, dass<br />

so etwas schlicht und einfach nicht<br />

möglich ist! Warum wissen das die Tierschützer<br />

nicht?<br />

Auf der pragmatischen Ebene führt<br />

dieses Primat des gesundes Menschenverstandes<br />

zusammen mit der Professionalität<br />

dann zwangsläufig dorthin,<br />

die pseudo-privaten Tierhaltungen von<br />

Tierschützern zahlenmäßig drastisch<br />

zu begrenzen. Wo genau man die Grenzen<br />

setzt, muss diskutiert werden.<br />

Aber mehr als zehn in einem Haushalt<br />

frei umherlaufende Katzen sind schon<br />

verhaltensbiologisch kaum mehr vertretbar<br />

(vgl. Rosemarie Schär mit ihrem<br />

Diktum, dass die Wahrscheinlich von<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Unsauberkeiten bei einem Bestand von<br />

zehn Katzen bei 100 Prozent liegt). Für<br />

die <strong>Hund</strong>ehaltung gab es mal eine sehr<br />

anschauliche Orientierung: Nicht mehr<br />

<strong>Hund</strong>e als Hände in einem Haushalt!<br />

Wenn zwei Personen zehn im Haus lebende,<br />

frei herumlaufende <strong>Hund</strong>e versorgen<br />

müssen, haben sie schon mehr<br />

als genug zu tun. Ob bei dieser Be-<br />

Sonja Zietlow,Tierschützerin und Fernsehmoderatorin beim Ortstermin am Zarenhof<br />

im Oktober 2010: „Seit demVorfall ermitteln einTeam von BESCHÜTZERinstinkte,<br />

mein Mann und ich unermüdlich nach den Hintergründen, wie es zu<br />

dieser Situation kommen konnte und was man machen kann, damit so etwas<br />

nicht noch einmal passiert.“ www.derzarenhofinfo.com – Foto: Sonja Zietlow<br />

standsgröße wirklich alle <strong>Hund</strong>e jeden<br />

Tag auf ihren Spaziergang kommen, ist<br />

schon fraglich, wenn man voraussetzt,<br />

dass niemand mit mehr als zwei <strong>Hund</strong>en<br />

gleichzeitig verantwortungsbewusst<br />

nach draußen gehen kann. Im<br />

Notfall hat er eben nur zwei Hände<br />

und kann maximal zwei <strong>Hund</strong>e gleichzeitig<br />

halten.<br />

Das Primat des gesunden Menschenverstandes<br />

muss dann auch zu einer<br />

kritikfähigen Haltung gegenüber den<br />

Angeboten der Veterinärmedizin füh-<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 25


<strong>Tierschutz</strong><br />

ren. Unter Rückgriff auf Professionalität<br />

und eigene Grundkenntnisse zu den<br />

elementarsten physiologischen Zusammenhängen<br />

befähigt ein gesundes<br />

Maß an Skepsis Tierschützer dazu, diese<br />

Angebote erst einmal kritisch zu<br />

überprüfen. Ganz aktuell und mit einem<br />

dramatischen Fall aus der <strong>Hund</strong>-Katze-<br />

Maus-Sendung vom 30.10.2010 kann<br />

man dann vielleicht über Abgleiche<br />

mit Erkenntnissen aus der Humanmedizin<br />

feststellen, dass sich dort schon<br />

manche Eingriffe und Behandlungsoptionen<br />

ad absurdum geführt bzw.<br />

als nicht erfolgversprechend erwiesen<br />

haben.<br />

Eine ordentliche Portion Menschenverstand<br />

und gesunde Skepsis sind vor<br />

allem auch bei der Rezeption dessen<br />

angebracht, was uns die Medien so alles<br />

unter dem Label„<strong>Tierschutz</strong>“ offerieren.<br />

Wenn sich im Kontext mit dem<br />

Zarenhof Tierschützer auf die mediale<br />

Berühmtheit der Animal-Hoarderin herausreden,<br />

dokumentiert das einen erschütternden<br />

Kinderglauben daran,<br />

wie man ins Fernsehen kommt: Exzellente<br />

Beziehungen und sich selbst gut<br />

verkaufen können, das sind die Schlüssel<br />

zu medialer Berühmtheit, nicht aber<br />

ethische Vorzüglichkeit und qualitativ<br />

guter <strong>Tierschutz</strong>! Auch andere aktuelle<br />

Fernsehsendungen (vgl. dazu die Doggennetz-Artikel-Serie<br />

zur MDR Doku-<br />

Soap„Leben für 4 Pfoten“) zeigen in<br />

den wenigsten Fällen guten und modernen<br />

<strong>Tierschutz</strong>, verbraten dafür lieber<br />

uralte Klischees von emotional<br />

überqualifizierten Menschen, die sich<br />

unter Tränen liebevoll der geschundenen<br />

Kreatur zuneigen. Das hat mit<br />

modernem <strong>Tierschutz</strong> nichts zu tun!<br />

Und nicht an letzter Stelle fällt unter<br />

das Primat des gesunden Menschen-<br />

26<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

verstandes das ausnahmelose Verdikt<br />

des Personenkults, wie er überall im<br />

<strong>Tierschutz</strong> anzutreffen ist. Personenkult<br />

ist ein Merkmal totalitärer und faschistischer<br />

Strukturen, wie man sie<br />

unter Stalin, Mao, Hitler oder Honecker<br />

in all ihren grausamen Facetten kennen<br />

gelernt hat oder auch aktuell in<br />

totalitären Staaten heute noch kennt.<br />

Schon allein deshalb verbietet sich die<br />

moralische Überhöhung von einzelnen<br />

Personen. Den fatalen Zusammenhang<br />

zwischen Personenkult und <strong>Tierschutz</strong>-<br />

Skandalen hat der Artikel„Aua 21: <strong>Tierschutz</strong>skandal<br />

Zarenhof: Die Verursacher“<br />

( www.doggennetz.de , aktuell &<br />

kritisch) herausgearbeitet. Moderner<br />

<strong>Tierschutz</strong> muss ohne all die Pferdeund<br />

<strong>Hund</strong>eflüsterer, die <strong>Tierschutz</strong>engel,<br />

die Mutter Theresas und Doggenmamas<br />

auskommen, wenn er eine seiner wichtigsten<br />

Existenzvoraussetzungen nicht<br />

verspielen will: gesellschaftliche Akzeptanz.<br />

4. Qualität statt Quantität<br />

Sonja Zietlow hat mit ihrem mutigen<br />

Statement zur Qualitätsgarantie für<br />

gerettete Tiere (siehe 5. Verbindliche<br />

Ethik-Grundsätze) schon eine Leitorientierung<br />

gesetzt. Aber dem Qualitätsgedanken<br />

muss auf viel breiterer Ebene<br />

Raum verschafft werden. 20 oder gar<br />

70 frei umherlaufende <strong>Hund</strong>e in einer<br />

pseudo-privaten Tierschützer-Haltung<br />

im Haus ist keine Qualität. Qualität<br />

und Professionalität aber sind <strong>Hund</strong>e-<br />

Kleingruppen-Haltungen, wie ich sie<br />

z. B. jüngst bei der Besichtigung des<br />

BMT-Tierheims in Pfullingen sehen<br />

durfte: vier bis fünf <strong>Hund</strong>e in eigenen<br />

<strong>Tierschutz</strong> am Fuße der Schwäbischen Alb: im BMT-Tierheim Pfullingen werden die<br />

<strong>Hund</strong>e in kleinen Gruppen mit eigenen Innen- und Außengehegen gehalten – das<br />

ist Qualität! Foto:<strong>Tierschutz</strong>zentrum Pfullingen, www.tierschutz-bmt-bw.de<br />

Gruppen mit Innen- und Außenzwinger,<br />

jeder Menge Platz und Rückzugsmöglichkeiten.<br />

Das ist Qualität!<br />

Qualität ist nicht, wenn eine vergleichsweise<br />

kleine <strong>Tierschutz</strong>organisation in<br />

ihrem Jahresbericht unhinterfragt angibt,<br />

über 500 Tiere vermittelt zu haben.<br />

Das ist schlichte Quantität auf dem<br />

Level von Tierhandel. Vermittlungen<br />

von Tierschützern haben einen enormen<br />

Aufwand mit Vorgesprächen,<br />

Vorkontrollen, Nachbetreuung, Nachkontrollen<br />

und einem zumindest anfänglich<br />

eng getaktetem Gespräch mit<br />

den neuen Tierbesitzern. Bei über


500 Tieren pro Jahr bedeutet das für<br />

eine Handvoll Tierschützer: zwei Vermittlungen<br />

pro Tag. Das ist keine Qualität,<br />

wie sie unter dem Label <strong>Tierschutz</strong><br />

verlangt werden muss.<br />

Immer wieder liest man auf Tierschützer-Sites<br />

Vermittlungszahlen, die sich<br />

ganz offensichtlich an Quantität orientieren,<br />

um am Ethik-Markt bestehen zu<br />

können – und damit genug Spenden<br />

zu bekommen. Den Finger am Stellhebel<br />

zwischen Quantität und Qualität<br />

haben auch die Spender, die sich weniger<br />

von Horror-Leidensgeschichten<br />

einzelner Tiere und dem Eigenlob der<br />

rettenden Tierschützer beeindrucken<br />

lassen sollten, sondern von der Erfüllung<br />

oben genannter Kriterien: Wer ist<br />

qualifiziert? Wer beweist Transparenz<br />

und legt alle relevanten Vorgänge offen?<br />

Wer handelt nach verlautbarten<br />

Ethik-Grundsätzen? Wer dokumentiert<br />

Prinzipien seiner <strong>Tierschutz</strong>arbeit?<br />

5. Verbindliche Ethik-<br />

Grundsätze<br />

Dass Politik und Gesellschaft den <strong>Tierschutz</strong><br />

insgesamt komplett allein lassen,<br />

das wurde schon in anderen Artikeln<br />

auf Doggennetz thematisiert.<br />

Dann müssen die Tierschützer eben<br />

Hoffnung für <strong>Hund</strong>e<br />

Ein Projekt von <strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong>:<br />

• Aufbau einer Auffangstation mit Betreuung und Training für<br />

verhaltensauffällige <strong>Hund</strong>e<br />

• Prävention von„Rückläufer“-<strong>Hund</strong>en<br />

• Vorbeugung von <strong>Hund</strong>e-Tötungen aufgrund ihres Verhaltens<br />

• Schulung von Pflege- und Vermittlungsstellen<br />

selbst die Dinge in die Hand nehmen<br />

und versuchen, im gemeinsamen Diskurs<br />

für alle ihre Bereiche verbindliche<br />

Ethik-Grundsätze auszuhandeln.<br />

Bisher können Tierschützer nur auf das<br />

dürftige Instrumentarium zurückgreifen,<br />

das ihnen die einschlägigen Gesetze<br />

und Verordnungen bieten. Ethik-<br />

Grundsätze gibt es darüber hinaus auch<br />

für den gesamten Bereich des Fundraising.<br />

Hier gilt es z. B. als verwerflich,<br />

mit besonders schockierenden Bildern<br />

zu werben, für tote Tiere Geld zu sammeln<br />

oder die Zielgruppe moralisch<br />

unter Druck zu setzen. Trotzdem geschieht<br />

solches jeden Tag auf den verschiedenen<br />

Tierschützer-Websites, in<br />

Bettelmails oder in Broschüren.<br />

Die Moralphilosophie weiß: Ethik ist<br />

nicht teilbar. Deshalb sind Tierschützer,<br />

die sich zumindest im privaten Gespräch<br />

ganz offen zu ihrer Misanthropie (Menschenverachtung)<br />

bekennen, ein Widerspruch<br />

in sich selbst und nicht tragbar.<br />

Diese inzwischen leider innerhalb der<br />

Peergroup viel zu breit akzeptierte<br />

Grundhaltung des„Menschen sind mir<br />

egal!“, muss stigmatisiert und sanktioniert<br />

werden. Ethik ist nicht teilbar.<br />

Und wer menschlichem Leid und<br />

menschlicher Not gleichgültig gegen-<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Weitere Informationen und wie Sie uns unterstützen können unter:<br />

www.absolut-hund.de und 0171 / 322 526 1<br />

übersteht, kann für Tiere nichts bewegen.<br />

Ethisch auch überhaupt nicht geklärt<br />

ist das breite Feld des Auslandstierschutzes.<br />

Hier und dort sich entzündende<br />

Diskussionen arten regelmäßig<br />

aus; verwertbare Ergebnisse gibt es<br />

keine.<br />

Ohne jede ethische Leitorientierungen<br />

auch bleibt bislang der Umgang mit<br />

<strong>Hund</strong>en, die schon einmal oder sogar<br />

mehrfach Menschen gebissen haben.<br />

Gerade wieder erleben wir eine neuerliche<br />

Verschärfung der einschlägigen<br />

Landeshundeverordnungen, nachdem<br />

es jüngst zu weiteren Todesfällen durch<br />

<strong>Hund</strong>ebisse gekommen ist. Wann endlich<br />

werden die Tierschützer auf gesellschaftliche<br />

Forderungen reagieren?<br />

Dass eine sture Verweigerungshaltung<br />

die <strong>Hund</strong>e und die betroffenen Halter<br />

nicht weiterbringt, dokumentiert der<br />

lange Weg von dem kleinen Wolkan<br />

bis zu den aktuellen Gesetzesverschärfungen.<br />

Tierschützer haben keine Standards<br />

und keine Verfahren für solche Fälle,<br />

die allgemein als verbindlich anerkannt<br />

wären. Stellt diese <strong>Tierschutz</strong>orga den<br />

fraglichen <strong>Hund</strong> einem zertifizierten<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 27


<strong>Tierschutz</strong><br />

Gutachter vor, entscheidet die nächste<br />

schon wieder anders und experimentiert<br />

mit teilweise hochfragwürdigen<br />

Eigentherapiemodellen. Wieder andere<br />

gehen den ganz sicheren Weg und lassen<br />

euthanasieren – müssen dies aber<br />

so geheim halten wie einen Atomraketencode,<br />

weil sie sonst von ihren Kollegen<br />

angegriffen und bloßgestellt werden.<br />

Zu den verbindlichen Ethik-Grundsätzen<br />

gehört auch die Selbstverpflich-<br />

tung, nur juristisch und gesellschaftlich<br />

anerkannte Verträge zu verwenden.<br />

Dass viele von <strong>Tierschutz</strong>orgas benutzte<br />

Vertragsvarianten schlicht sittenwidrig<br />

sind, darüber wurde schon mehrfach<br />

geschrieben (vgl. zum Beispiel<br />

http://zergportal.de/baseportal/tiere/N<br />

ews&Id==580 ).<br />

Zur ergebnisorientierten Diskussion<br />

über die im <strong>Tierschutz</strong> zu praktizierenden<br />

Ethik-Grundsätze gehört auch die<br />

Anerkenntnis von Leid und Tod als unausradierbare<br />

Bestandteile allen Lebens.<br />

28<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Es gehört zu den wenigen verfügbaren<br />

Standortbestimmungen aus dem<br />

Munde von Tierfreunden, wenn Sonja<br />

Zietlow sehr mutig auf ihrer Website<br />

bekennt:„WENN man schon Tiere vor<br />

dem Tod rettet, dann sollte man gefälligst<br />

dafür Sorge tragen, dass diese<br />

Tiere ohne Qual und Leiden, sondern<br />

mit Würde und Anstand leben können!!!<br />

Ansonsten ist, und das ist nur<br />

MEINE PERSÖNLICHE MEINUNG, der<br />

Tod die bessere und mildere Alternative!“<br />

( http://www.derzarenhof-<br />

info.com/blog-1/ ). Bei der herrschenden<br />

Intoleranz unter Tierschützern<br />

kann sich eine Prominente wie Frau<br />

Zietlow so ein Bekenntnis erlauben;<br />

jeder andere Tierschützer lieferte sich<br />

damit der virtuellen Lynchjustiz aus.<br />

6. <strong>Tierschutz</strong> als hoheitliche<br />

Aufgabe<br />

Bis hierhin mag der Eindruck entstehen,<br />

dass Tierschützer schlicht alles<br />

falsch machen und im unstrukturierten<br />

Dilettantismus vor sich hinschüt-<br />

zen. Im Status quo behaupten wir das<br />

zwar für viel zu weite Bereiche des <strong>Tierschutz</strong>es<br />

so, aber auch dieser Status<br />

quo hat Gründe. Und diese Gründe<br />

entlasten den <strong>Tierschutz</strong> und seine Akteure<br />

umfassend:<br />

<strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert ist eine<br />

derart komplexe Aufgabe, die im Ehrenamt<br />

schlicht nicht mehr zu bewältigen<br />

ist. Das fängt an mit der Fundtierverwaltung,<br />

die als kommunale Pflichtaufgabe<br />

vom Staat in den ehrenamtli-<br />

Noch immer werden ehemalige „Zarenhof“-<strong>Hund</strong>e gesucht (Stand Januar 2011).Weitere unter<br />

www.derzarenhofinfo.com/zarenhofhunde/hund-gesucht/<br />

Max Border-Australian Shepard<br />

Mix, 3 Jahre<br />

Wurde im März in Nollenbach<br />

abgegeben.<br />

Cora wurde 2009 bei Frau K. auf<br />

dem Zarenhof abgegeben. Kennt sie<br />

jemand? Wer hat sie adoptiert?<br />

Trixie kam am 11.10.2009 auf den<br />

Zarenhof und wurde angeblich ziemlich<br />

rasch vermittelt (in die Schweiz?).<br />

Belege dafür gibt es nicht.<br />

Trixie ist im April 2003 geboren.<br />

chen Bereich abgeschoben wird. Und<br />

das hört bei Lösungskonzepten für<br />

hoch problematische <strong>Hund</strong>e, die kraft<br />

Behördenakt den Haltern weggenommen,<br />

dann aber Ehrenamtlern ausgeliefert<br />

werden, noch lange nicht auf.<br />

Tierschützer sollen das alles leisten?<br />

Um dies wirklich professionell und<br />

kompetent in der extremen Komplexität<br />

der Aufgaben bewältigen zu können,<br />

müssten sie Verwaltungsrechtler,<br />

Kynopädagogen, Ernährungsphysiologen,<br />

Verhaltensbiologen, Veterinärmediziner,<br />

Steuerberater, Psychologen,


Betriebswirte und Sozialpädagogen –<br />

alles in einem sein! Unmöglich!<br />

Überdies ist <strong>Tierschutz</strong> in der Bundesrepublik<br />

Deutschland Staatsziel – und<br />

damit eigentlich eine hoheitliche Aufgabe.<br />

Politik und Gesellschaft machen<br />

es sich bisher bequem und drücken<br />

diese Mammutaufgabe komplett ins<br />

Ehrenamt ab. Für die Tierschützer resultiert<br />

daraus ganz logisch die vollständige<br />

Überforderung. Und aus dieser<br />

dramatischen Situation der kompletten<br />

Überforderung heraus erklären sich<br />

auch viele Reaktionen, welche die Diskussionen<br />

und Auseinandersetzungen<br />

unter den Tierschützern so emotional<br />

bis bösartig gestalten.<br />

Zum Verständnis:„Hoheitliche Aufgaben<br />

sind solche Aufgaben, deren Erfüllung<br />

dem Staat oder anderen untergeordneten<br />

öffentlichen Ebenen kraft<br />

öffentlichen Rechts obliegen. Sie werden<br />

durch unmittelbare (Bundes- und<br />

Landesbehörden) und mittelbare Staatsverwaltung<br />

(Kommunen, berufsständische<br />

und sonstige Körperschaften sowie<br />

Anstalten und Stiftungen des öffentlichen<br />

Rechts, ferner auch beliehene Private)<br />

erfüllt“ (Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Hoheitliche_Aufgabe ).<br />

Da gehört <strong>Tierschutz</strong> im 21. Jahrhundert<br />

hin! Dafür sollten sich Tierschützer<br />

und Tierfreunde einsetzen! Das ist<br />

eine wichtige Forderung an Politik und<br />

Gesellschaft. Die hier formulierten Leitorientierungen<br />

wie Kontrolle, Transparenz,<br />

Rationalität, Ethik, Professionalität<br />

können nur die Krücken auf dem<br />

weiten Weg zu diesem langfristigen<br />

Ziel sein. <strong>Tierschutz</strong> muss auf den wichtigsten<br />

Ebenen – Fundtierverwaltung,<br />

Unterbringung, Vermittlung etc. – zu<br />

einer hoheitlichen Aufgabe werden.<br />

Damit verknüpft sein müssen dann<br />

auch entsprechende Ausbildungs- und<br />

Studienangebote, um professionelle<br />

Mitarbeiter für alle tierschutzrelevanten<br />

Bereiche zur Verfügung zu stellen.<br />

Wenn die breite gesellschaftliche Bewegung<br />

<strong>Tierschutz</strong> den Skandal Zarenhof<br />

zum Anlass nimmt, nach der kompletten<br />

Aufarbeitung des Falles selbst<br />

sich konstruktiv der Zukunft zuzuwenden,<br />

über die strukturelle Veränderung<br />

zu diskutieren und sie dort zu gestalten,<br />

wo sie jetzt schon möglich ist,<br />

dann ist für den <strong>Tierschutz</strong> selbst und<br />

die von ihm betreuten Tiere tatsächlich<br />

etwas gewonnen. Nur dann haben die<br />

70 <strong>Hund</strong>e auf dem Zarenhof nicht umsonst<br />

gelitten – die toten inklusive!<br />

Autor: Karin Burger<br />

www.doggennetz.de<br />

„Zarenhof“-<strong>Hund</strong> gefunden!<br />

Weitere unter:<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Verstorbene „Zarenhof“-<strong>Hund</strong>e.<br />

Weitere unter www.derzarenhofinfo.com/zarenhofhunde/verstorbene-hunde/<br />

Pongo ist tot, nachdem er unbehandelt<br />

in einem Gäste-WC wohnen<br />

musste. Siehe Zeugenbericht Frau S.Teil<br />

IX! Todesursache:Angeblich hat ihn<br />

Frau K. eingeschläfert.<br />

Souchy wurde am 26.09.2010 eingeschläfert.Todesursache:<br />

In einem zugewachsenen<br />

Zwinger wurde sie einfach<br />

vergessen. Sie ist bis auf die Knochen<br />

abgemagert gewesen!<br />

http://www.derzarenhofinfo.com/zarenhofhunde/hund-gefunden/<br />

Maighdlin heißt heute Maddie und<br />

ist ein sehr zufriedener und glücklicher<br />

<strong>Hund</strong>.<br />

Kontakt zur Endstelle besteht!<br />

>>> happy end!<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 29


<strong>Tierschutz</strong><br />

Animal Hoarding – eiskalte<br />

Tierquälerei, falsche Selbsteinschätzung,<br />

Krankheit?<br />

<strong>Hund</strong>e einer Animal Hoarderin – Fotos: aktion tier – menschen für tiere e.V., www.aktiontier.org<br />

Die am häufigsten davon betroffenen Tierarten sind <strong>Hund</strong>e und Katzen, aber auch Pferde<br />

und immer wieder Kleintiere, Vögel. Gekennzeichnet ist die Situation dadurch, dass der<br />

Lebensraum total verdreckt ist, auch die Betten der Hoarder sind oft nicht davon verschont.<br />

Die Tiere sind in einem zunehmend<br />

verwahrlosten Zustand, krank und es<br />

finden sich zumeist auch verendete<br />

Tiere darunter. Ihre Halter sind schon<br />

lange mit der Minimal-Versorgung,<br />

geschweige denn einer artgerechten<br />

Tierhaltung, überfordert. Auch medizinisch<br />

werden die Tiere nicht mehr hinreichend<br />

betreut. Trotzdem werden<br />

immer mehr Tiere aufgenommen, da<br />

der Halter in der Regel nicht mehr in<br />

der Lage ist zu erkennen, wie schlecht<br />

es den Tieren bei ihm geht. Andererseits<br />

ist er jedoch fest davon überzeugt,<br />

dass nur er in der Lage sei, diesen Tieren<br />

ein gutes Leben zu bieten. Er leidet offensichtlich<br />

unter einem Realitätsverlust.<br />

Durch die zunehmende Verwahrlosung<br />

des Wohnobjektes isolieren sich<br />

diese Menschen immer mehr von ihrer<br />

Umwelt, wodurch es schwer wird, rechtzeitig<br />

helfend einzugreifen. Auch die<br />

30<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

eigene Gesundheit wird immer mehr<br />

vernachlässigt. Die davon betroffenen<br />

Menschen leiden in der Regel unter<br />

einem psychischen und sozialen Defizit.<br />

Nach amerikanischen Studien (u.a.<br />

Patronek, 1999; Frost et al., 2001; Animal<br />

Research Consortium, 2004; Patronek<br />

& Nathanson, 2004) sind Frauen überdurchschnittlich<br />

häufiger davon betroffen<br />

als Männer, knapp die Hälfte<br />

der Hoarder ist über 55 – 60 Jahre alt.<br />

Die Anzahl der Tiere schwankt zwischen<br />

durchschnittlich 40 bis 100 Tieren. Von<br />

diesem Phänomen sind alle Gesellschaftsschichten<br />

betroffen. Die Rückfallwahrscheinlichkeit<br />

ohne eine gute Langzeittherapie<br />

liegt bei nahezu 100%<br />

und Animal Hoarding wird meist von<br />

verschiedenen körperlichen und psychischen<br />

Symptomen begleitet bzw.<br />

ausgelöst. Obwohl Animal Hoarding<br />

inzwischen zu einem wichtigen Problem<br />

geworden ist (es sind durchaus nicht<br />

mehr nur vereinzelte Fälle die bekannt<br />

werden), ist es bei uns, anders als z.B.<br />

in den USA noch nicht als eigenständiges<br />

Krankheitsbild anerkannt. Inzwischen<br />

ist es, laut Herrn Marius Tünte<br />

von der Pressestelle des Deutschen<br />

<strong>Tierschutz</strong>bund e.V., zur Gründung<br />

einer interdisziplinären Arbeitsgruppe<br />

mit dem Ziel der Erforschung dieses<br />

Phänomens gekommen. Auch eine<br />

Dissertation zu diesem Thema sei in Arbeit.<br />

Aber bis zu einer Anerkennung<br />

als Krankheit und somit zur Entwicklung<br />

einer wirksamen Therapie, wäre<br />

es noch ein langer Weg.<br />

Die verschiedenen Typen<br />

von Animal Hoardern<br />

Nach den oben schon erwähnten Studien<br />

wird hauptsächlich zwischen vier


Typen von Animal Hoardern unterschieden:<br />

Diese sind der übertriebene Pfleger,<br />

der Retter/Befreier, der Ausbeuter<br />

und der Züchtertyp. Darüberhinaus<br />

gibt es natürlich noch den Animal Hoarder<br />

im Anfangsstadium.<br />

Der übertriebene Pfleger beginnt mit<br />

durchaus positiven Motiven. Er versucht<br />

wirklich, sich um die Tiere zu kümmern,<br />

was ihm aber schließlich über den Kopf<br />

wächst. Er ist nicht in der Lage, eine<br />

effektive Lösung für sein Problem zu<br />

entwickeln. Obwohl er die Probleme<br />

nicht gänzlich leugnet, spielt er sie<br />

doch als nicht so schlimm herunter.<br />

Die Tiere werden häufig sehr vermenschlicht<br />

und haben einen entsprechend<br />

hohen Stellenwert. Das Anwachsen<br />

des Bestandes findet hier eher passiv<br />

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Einige Animal Hoarder („Tier-Messis“) sehen sich als Retter und Befreier der Tiere<br />

und zeigen eine hohe Sammeltendenz – Foto: aktion tier – menschen für tiere e.V.,<br />

www.aktiontier.org<br />

statt, da die Tiere sich unkontrolliert<br />

vermehren. Eine Trennung nach Geschlecht<br />

ist auf Grund der Örtlichkeiten<br />

nicht immer möglich und oft auch<br />

nicht gewollt. Genauso wenig findet<br />

eine Kastration der Tiere statt. Bei diesem<br />

Typ Animal Hoarder besteht die<br />

größte Chance auf einen umfassenden<br />

und nachhaltigen Therapieerfolg.<br />

Als nächstes wäre der Retter, Befreier<br />

zu nennen. Für ihn ist es nahezu eine<br />

Berufung, Tiere aufzunehmen. Unter<br />

eigener Todesangst leidend lehnt er die<br />

Tötung von Tieren strickt ab. Er glaubt<br />

allen Ernstes, dass er der Einzige ist,<br />

der in der Lage ist, den Tieren ein gutes<br />

Leben zu bieten und hat eine hohe Sammeltendenz.<br />

Zwangsläufig überschreitet<br />

die Anzahl der Tiere irgendwann<br />

die Möglichkeit, diese ausreichend zu<br />

versorgen, weder mit medizinischen<br />

Behandlungen noch mit Futter. Trotzdem<br />

kann er kein Tier ablehnen. Er ist<br />

durchaus nicht sozial isoliert, meidet<br />

aber Autoritäten und hält sich nicht an<br />

ihm gegebene Anweisungen und<br />

Auflagen.<br />

Der problematischste Typ unter den<br />

Animal Hoardern ist der Ausbeuter. Bei<br />

ihm geschieht die Anschaffung der<br />

Tiere ausschließlich zum Selbstzweck.<br />

Einsicht in die Situation ist in keinster<br />

Weise vorhanden. Er ist narzisstisch<br />

und völlig ohne Schuldbewusstsein,<br />

ein aktiver Tiersammler. Er kann sich<br />

meist gut darstellen und hat auch keine<br />

Probleme, das wahre Ausmaß des<br />

Problems vor den Behörden zu verschleiern,<br />

bis die Situation völlig aus<br />

dem Ruder läuft oder durch einen Zufall<br />

herauskommt.<br />

Dann gibt es noch den Züchter-Typ.<br />

Dieser beginnt zunächst mit der Zucht<br />

von Tieren für Ausstellungen und für<br />

den Verkauf. Mit der Zeit wächst die<br />

Tiergruppe, vielleicht, weil sich nicht<br />

genug Abnehmer für die Tiere finden,<br />

Tiere zurückkommen, oder kein Käufer<br />

es wert ist, eines seiner Tiere zu bekommen.<br />

Allen voran steht der beginnende Hoarder.<br />

Die typischen Kennzeichen des<br />

Hoardings beginnen sich zu zeigen,<br />

aber die Tiere und Haltungsbedingun-<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 31


<strong>Tierschutz</strong><br />

gen sind noch in einem tolerablen bis<br />

grenzwertigen Zustand. Sinnig wäre<br />

es, wenn in diesem Stadium eingegriffen<br />

werden könnte, aber solange die<br />

Tiere noch nicht offensichtlich leiden,<br />

sind den verantwortlichen Behörden<br />

die Hände gebunden.<br />

Den verschiedenen Typen von Animal<br />

Hoardern sind bestimmte Rechtfertigungsstrategien<br />

gemein, zum einen<br />

die Strategie der Rechtfertigung (Ablehnung)<br />

und der Entschuldigung. Sie<br />

rechtfertigen sich z.B. damit, dass die<br />

Tiere doch völlig in Ordnung seien, was<br />

einer objektiven Betrachtung natürlich<br />

nicht standhalten würde. Strenger Geruch<br />

aus der Wohnung wird mit dem<br />

„normalen“ Revier-Markier-Verhalten<br />

begründet. Auch wird sich darauf verlegt,<br />

dass man ja schließlich die Tiere<br />

vor dem sicheren Tode rette und dass<br />

ja alles bei ihnen in Ordnung, alle Anschuldigen<br />

nur Schikane der Behörden<br />

seien.<br />

Die Hoarder, die sich entschuldigen,<br />

geben ihr Problem zwar im Ansatz zu,<br />

lehnen die Verantwortung dafür aber<br />

völlig ab. Jeder würde wohl in dieser<br />

Situation mit den gleichen Problemen<br />

zu kämpfen haben und er würde die<br />

Tiere so sehr lieben, dass er sie unmöglich<br />

abgeben könne. Irgendwer müsse<br />

32<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

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ja schließlich die ganzen armen Tiere<br />

aufnehmen, die von anderen entsorgt<br />

werden. Wenn sich jemand anders<br />

kümmern würde, bräuchte er ja nicht.<br />

Plötzlich auftretende Krankheiten hätten<br />

dazu geführt, dass man die Tiere<br />

nicht mehr anständig versorgen konnte<br />

und was kann er (der Hoarder) denn<br />

dazu, wenn der Futterlieferant das bestellte<br />

Futter nicht liefere. Und der Zustand<br />

der Wohnung wird damit erklärt,<br />

dass die Tiere in Abwesenheit des Halters<br />

ausnahmsweise die Wohnung in<br />

Unordnung gebracht hätten, kann ja<br />

schließlich jedem passieren.<br />

Der Animal Hoarder ist darauf angewiesen,<br />

sich eine feste Strategie zur Darstellung<br />

des Problems zurecht zu legen,<br />

von der er nicht abweichen darf, ohne<br />

sein System ins Wanken zu bringen.<br />

Nur so kann er die Illusion aufrechterhalten,<br />

dass alles ja völlig in Ordnung<br />

ist. Er kann sich nur darüber identifizieren,<br />

dass die Tiere einen sehr hohen<br />

Stellenwert für ihn haben. Sie stellen<br />

für ihn mitunter den völligen Ersatz jeglicher<br />

menschlicher Bezugspersonen<br />

dar, so dass der Verlust eine unerträgliche<br />

Situation für ihn darstellen würde.<br />

Hier ist es besonders wichtig, dass zuständige<br />

Behörden die Logik des Hoarders<br />

verstehen, um entsprechend handeln<br />

zu können. Ihnen muss unbedingt<br />

klar sein, was von dem Gedankenkonstrukt<br />

der Animal Hoarder tatsächlich<br />

glaubhaft ist und was nur der Aufrechterhaltung<br />

seiner Situation dient.<br />

Wie sieht nun die Darstellung<br />

des Animal Hoarding in<br />

den Medien aus?<br />

Hier geht es, wie in vielen anderen Bereichen<br />

auch, in erster Linie eher um<br />

Sensations-Schlagzeilen als um sachliche<br />

Berichterstattung. Daher wird auf<br />

die emotionale Wirkung auf den Leser<br />

gesetzt, was es unmöglich macht, ein<br />

korrektes Bild des Problems zu zeichnen.<br />

Immer wieder gibt es sensationelle Berichte,<br />

die zumeist mit der Entdeckung<br />

der Situation, der großen Anzahl der<br />

leidenden Tiere und nicht zuletzt dramatischen<br />

Rettung der Opfer beginnen.<br />

Mit der Darstellung der katastrophalen<br />

Lebensbedingungen des Hoarders<br />

werden das Entsetzen, die Empörung<br />

und der Ekel der Leser geschürt. Die<br />

Empörung rührt nicht zuletzt daher,<br />

dass es sich bei den Hoardern häufig<br />

um eigentlich intelligente Menschen<br />

handelt. Das Problem zieht sich, wie<br />

oben schon erwähnt, durch alle Gesellschaftsschichten.<br />

Akademiker können<br />

davon genauso betroffen sein, wie einfache<br />

Leute. Teilweise geht die Berichterstattung<br />

auch in die Richtung, Sympathie<br />

für den Hoarder zu vermitteln,<br />

ein Bild von einem rechtschaffenen,<br />

netten Menschen mit hehren Motiven<br />

zu zeichnen, dem die Dinge ein wenig<br />

aus dem Ruder gelaufen sind. Häufig<br />

schwingt auch ein gewisser Humor<br />

mit, wie es die Leute geschafft haben,<br />

die Behörden jahrelang auszutricksen<br />

und hinters Licht zu führen.


Befreiungsaktion der <strong>Hund</strong>e im Animal-Hoarder-Fall in Liebenwalde. Grundsätzlich<br />

bräuchten Behörden mehr Möglichkeiten, bei Verdacht zeitnah eingreifen zu können<br />

– Foto: aktion tier – menschen für tiere e.V., www.aktiontier.org<br />

All diese Dinge sind nicht geeignet, ein<br />

objektives Bild des Problems darzustellen.<br />

Eher wird das Problem durch eine<br />

Darstellung verharmlost, die so sensationell<br />

aufbereitet ist, dass es schon<br />

fast nicht mehr wahr sein kann und dadurch<br />

unglaubwürdig wird. Auf der anderen<br />

Seite wird vieles ins Lächerliche<br />

gezogen oder verharmlost dargestellt,<br />

indem z.B. der Fokus hauptsächlich<br />

darauf gerichtet wird, wie dumm der<br />

Animal Hoarder die Behörden hat aussehen<br />

lassen. Eine wirkliche Sensibilisierung<br />

für das Problem kann so leider<br />

nicht stattfinden.<br />

Was folgt daraus?<br />

Für eine effektive Lösung der jeweiligen<br />

Situation wäre auf jeden Fall schnelles<br />

Handeln von großer Wichtigkeit. Veterinär-Ämter<br />

erteilen oft jahrelang Auflagen,<br />

erteilen Anweisungen, den Bestand<br />

zu verringern und ähnliche Dinge,<br />

die vom Hoarder immer wieder um-<br />

gangen werden können. Im Falle von<br />

Tierhaltungsverboten wird oft einfach<br />

in den Nachbarbezirk umgesiedelt<br />

und von vorne angefangen. Hier wäre<br />

eine wesentlich bessere Vernetzung<br />

der Ämter untereinander nötig. Ohne<br />

Therapien werden alle Initiativen der<br />

Ämter ins Leere laufen. Auch wäre hier<br />

eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

von Tierwissenschaftlern,<br />

Humanwissenschaftlern und Juristen<br />

zum Wohl von Mensch und somit auch<br />

Tier wünschenswert. Leider wird immer<br />

noch unterschätzt, dass es sich hier<br />

um eine wirklich ernstzunehmende<br />

Krankheit handelt, die unbedingt professionell<br />

behandelt werden muss. Die<br />

Anerkennung von Animal Hoarding<br />

als Krankheit und auch entsprechende<br />

Weiterbildung von Amtstierärzten,<br />

psychologischen Diensten, Behörden<br />

und Gesundheitsämtern ist dringend<br />

erforderlich. Daraus sollte sich ein Netzwerk<br />

entwickeln, in welchem ein Informationsfluss<br />

stattfindet, der einem<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Animal Hoarder die Fortsetzung seines<br />

Handelns an neuem Wohnort erschwert<br />

oder im günstigsten Fall unmöglich<br />

macht.<br />

Als Maßnahmen zur Prävention, damit<br />

es erst gar nicht zu solch schlimmen<br />

Zuständen, wie sie häufig durch die<br />

Presse gehen, kommen muss, wäre es<br />

nötig, Anzeichen aufzuzeigen, an welchen<br />

man Animal Hoarding schon im<br />

Anfangsstadium erkennen kann. Außerdem<br />

bräuchten die Behörden mehr<br />

Möglichkeiten, schon beim geringsten<br />

Verdacht auf Animal Hoarding eingreifen<br />

zu können. Ermittlungen müssten<br />

zügig vorangetrieben werden und<br />

dann auch zeitnah nötige Entscheidungen<br />

getroffen werden. Es bleibt zu hoffen,<br />

dass zumindest an diesem Punkt<br />

durch die jüngsten Ereignisse auf dem<br />

Anwesen der TV-Moderatorin Sonja<br />

Zietlow in der Eifel, welches durch die<br />

Art der Tierhaltung einer ehemals in<br />

Fernsehen und <strong>Tierschutz</strong>kreisen beund<br />

anerkannten Tierschützerin, verwüstet<br />

wurde, hier ein Schritt in die<br />

richtige Richtung eingeleitet wurde.<br />

Frau Zietlow hatte, nachdem die Zustände<br />

auf dem„Zarenhof“ genannten<br />

Anwesen bekannt wurden, ihre Popularität<br />

dazu genutzt, die Aufklärung<br />

dieses Geschehens, bei welchem man<br />

durchaus auch von einer Form des Animal<br />

Hoardings ausgehen kann, voranzutreiben<br />

und Druck auf die zuständigen<br />

Behörden auszuüben.<br />

Autor: Antje Henze<br />

www.passion4dogs.de<br />

Quelle: Deutscher <strong>Tierschutz</strong>bund e.V.<br />

Bildquellen:<br />

aktion tier – menschen für tiere e.V.,<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.aktiontier.org<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 33


<strong>Tierschutz</strong><br />

Kastrationsprojekt<br />

Mit freundlicher<br />

Genehmigung von<br />

Frau I. Gorski-Grobe<br />

Mein Trip auf das Eiland Hispaniola begann<br />

schon am Abflughafen in Düsseldorf<br />

mit einem unsicheren Gefühl: Würden<br />

die acht Kilogramm Atemkalk, die<br />

in meinem Koffer bei jeder Bewegung<br />

laut raschelten, die Reise unbeschadet,<br />

und vor allem vom Zoll unentdeckt,<br />

34<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

mit Tarek El-Kashef<br />

überstehen? Denn es war klar, würde<br />

meine Fracht im Koffer auffliegen,<br />

dann würde auch das gut verschnürte<br />

Paket mit zehn Flaschen Antibiotika<br />

und diversen Antiparasitika den deutschen<br />

oder den dominikanischen Behörden<br />

ins Auge fallen. Umso mehr fiel<br />

Alle Fotos dieses Artikels: I. Gorski-Grobe<br />

mir ein Stein vom Herzen, als ich nach<br />

Ankunft am Flughafen Puerto Plata inmitten<br />

einer Atmosphäre von lächelnden,<br />

schönen Dominikanern, untermalt<br />

von Merengue und Salsa, mit Sack und<br />

Pack durchgewunken wurde.


Der erste Schritt in das Projekt war getan.<br />

Es war heiß, insbesondere, da ich<br />

Deutschland bei null Grad Celsius im<br />

November verlassen hatte, und mir hier<br />

die Sonne mit 25 Grad ins Gesicht<br />

lachte. Kaum aus der Flughafenhalle<br />

rausgetreten, wurde ich auch schon<br />

herzlich mit einem„holla“ von Jeanette<br />

in Arm begrüßt, da wusste ich, richtige<br />

Entscheidung! Jeanette, eine Britin,<br />

immer lachend und gute Laune versprühend,<br />

war vor einigen Jahren mit<br />

ihrem Mann David ausgewandert, bauten<br />

hier ein Haus, und nun arbeitete sie<br />

als„volunteer“ in Judy´s Petlounge, wo<br />

sie die Buchhaltung und P.R. erledigt.<br />

Ich würde noch weitere„volunteers“<br />

mit einem sehr ähnlichen Hintergrund<br />

besonders aus Kanada und England,<br />

aber auch aus Holland und Deutschland<br />

kennenlernen.<br />

Zunächst fuhren wir mit Jeanettes Jeep<br />

zum Büro von AAASosua, Asociacón de<br />

amigos por los animales de Sosúa.<br />

Judy, immer in Action<br />

Die Leiterin, Judy, kam 1996 nach Sosua,<br />

um als Tierarzthelferin für einen amerikanischen<br />

Tierarzt zu arbeiten. Mit der<br />

Zeit wandte sie sich jedoch Tieren zu,<br />

deren medizinische Versorgung nicht<br />

sichergestellt werden konnte, und gründete<br />

mit Kathryn Neal eine Stiftung zu<br />

deren Schutz. Nach deren Tod, führt<br />

Judy die AAASosua alleine fort. Sie<br />

denkt und spricht schnell, so dass sogar<br />

andere Amerikaner manchmal Probleme<br />

haben, ihr zu folgen. Kaum angekommen<br />

in der AAASosua, wurde<br />

ich gleich von einer deutschen Besucherin,<br />

die einen Fundhund zur Kastration<br />

abgeben wollte, zum Barbecue<br />

eingeladen. Diese Dame, eine ehemalige<br />

Übersetzerin für die EU, lebt mit<br />

ihrem amerikanischen Ehemann, einem<br />

Architekten, auf der Seahorse Ranch,<br />

einer sogenannten guarded area. Der<br />

von ihr am Strand gefundene <strong>Hund</strong><br />

war ein Streuner. In der Dominikanischen<br />

Republik gibt es zwei Arten von<br />

<strong>Hund</strong>en, Beachdogs und Streetdogs.<br />

Die <strong>Hund</strong>e fühlen sich häufig in Ihrer<br />

Umgebung wohl, sie leben häufig solitär<br />

oder in kleinen Gruppen und sind<br />

gegenüber Passanten, egal ob Dominikaner<br />

oder Ausländer, sehr offen. Woraus<br />

man schließen kann, dass die Tiere<br />

gut behandelt werden. Jedoch gehört<br />

es zur Tagesordnung, dass <strong>Hund</strong>e immer<br />

wieder vergiftet werden, Krankheiten<br />

zum Opfer fallen, und nicht zuletzt<br />

durch Welpenreichtum für ihre<br />

eigene Dezimierung sorgen.<br />

Nach kurzem„Hallo“ und Vorstellung<br />

der Praxis, die erstaunlich gut eingerichtet<br />

ist, zwei Inhalationsnarkosegeräte,<br />

zwei OP- Tische, Autoklaven, etc.<br />

stehen zur Verfügung, bekam ich meinen<br />

ersten Einsatz mitgeteilt: Am nächsten<br />

Tag sollte ich nach Santiago fahren,<br />

der zweitgrößten Stadt der DR. Dort<br />

Judy, die Leiterin der Stiftung „Freunde<br />

der Tiere von Sosùa“ (AAASosua)<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

hatte eine befreundete dominikanische<br />

Tierärztin, Giselle, mindestens 80<br />

<strong>Hund</strong>e und 150 Katzen aufgenommen,<br />

die ein deutsches Ehepaar, welches das<br />

Land Hals-über-Kopf verlassen musste,<br />

zurückgelassen hatte. Bemerkenswert<br />

hierbei ist, dass das ehemals wohlhabende<br />

Ehepaar, aus den Staaten einreisend<br />

mehrfache mittels eines Privatjets<br />

streunende Katzen aus Delaware, U.S.,<br />

hatte einfliegen lassen. Da die Flucht<br />

kopfüber geschah, mussten diese Tiere<br />

schnellstens aufgenommen werden,<br />

da sie ansonsten sich selbst überlassen<br />

worden wären, was für die große Mehrheit<br />

vermutlich den Tod bedeutet hätte.<br />

Da der Vater von Giselle eine Hühnerfarm<br />

am Stadtrand von Santiago betreibt,<br />

wurden dort freie Stallungen<br />

genutzt, um die <strong>Hund</strong>e unterzubringen.<br />

Der mehrmalige Transport mittels<br />

LKW für die circa 80 Kilometer lange<br />

Strecke, sowie die gesamten Kosten<br />

für Kastrationen und anfallende Futterkosten,<br />

zum Teil medizinische Betreuung,<br />

muss von Giselle und der AAASosua<br />

getragen werden. Zusätzlich stellt der<br />

Vater von Giselle täglich Personal ab,<br />

das die Tiere versorgt, die Unterkünfte<br />

reinigt, etc. Nach der kurzen Einführung<br />

in der Praxis nahm mich Jeanette mit<br />

zu sich nach Hause, wo ich ihren Mann<br />

David kennenlernte. Ich hatte ein nettes<br />

Zimmer mit Blick auf Bananenstauden<br />

und umherlaufenden Hühnern,<br />

und wurde von dem Ehepaar, welches<br />

trotz ihrer Herzlichkeit stets auch Privatsphäre<br />

bot, mit einem Abendessen<br />

empfangen.<br />

Am nächsten Morgen fuhren Judy und<br />

Francin, ein holländischer volunteer,<br />

die auch im größten Chaos Ruhe und<br />

Ordnung verbreiten konnte, zusammen<br />

mit zwei Mitarbeitern einer ame-<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 35


<strong>Tierschutz</strong><br />

rikanischen <strong>Tierschutz</strong>organisation<br />

nach Santiago. Mir fiel dabei zum ersten<br />

Mal auf, dass die Organisationen vor<br />

Ort auch zusammenarbeiten. Wenn<br />

Geld oder Medikamente, natürlich immer<br />

im Mangel, oder Unterkünfte gebraucht<br />

werden, versucht man sich gegenseitige<br />

bestmöglich zu helfen. So<br />

auch bei unserem anstehenden Einsatz<br />

in Santiago, während dem die von<br />

Giselle aufgenommenen Tiere behandelt<br />

und kastriert werden sollten. Da<br />

Giselle außerdem Parasitologie und<br />

Labortierkunde an der Uni in Santiago<br />

lehrt, waren für meinen dortigen Einsatz<br />

auch täglich Studenten angekündigt,<br />

die praxisorientiert die Arbeit<br />

unterstützen wollten.<br />

Angekommen in der Hacienda Urbana,<br />

der Praxis von Giselle, die gleichzeitig<br />

auch ein Tiersalon und eine Tierpension<br />

ist, warteten schon die ersten <strong>Hund</strong>e<br />

auf ihre Kastration. Auch hier wurden<br />

wir sehr freundlich empfangen. Was<br />

mir besonders gefiel, war, dass ich zu<br />

keinem Zeit das Gefühl hatte, dass Einheimische<br />

sich nicht um das Wohl ihrer<br />

Tiere kümmerten, oder dass jetzt der<br />

tolle Tierarzt aus Deutschland kommen<br />

musste, der den Leuten erst einmal<br />

zeigen würde, wie man Tiere behandelt.<br />

Viel mehr profitierten beide Seiten von<br />

einem großen Wissenspool.<br />

Das Konzept des Aufbaus der Kastrationsstätte<br />

in Giselles Hinterhof, vergleichbar<br />

einem Feldlazarett, hatten<br />

wir in verschiedene Stationen eingeteilt:<br />

1. OP-Vorbereitung, 2. OP-Tisch<br />

mit mobiler Gasinhalationsnarkose<br />

und 3. OP-Nachsorge. Jeder Bereich<br />

wurde abwechselnd mit volunteers<br />

und Studenten besetzt, die in ihre Stationen<br />

eingewiesen, verschiedene Aufgaben<br />

übernahmen. Hier muss ich die<br />

36<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Santiago: Studenten und Volontäre<br />

unterstützen die Arbeit in der Kastrationsstätte<br />

der dominikanischen Tierärztin<br />

Giselle<br />

einzige Kritik äußern, die ich während<br />

meines Aufenthalts hatte. Es ist in jedem<br />

Land schwierig, die studentische Aufmerksamkeit<br />

auf sich zu ziehen, dabei<br />

vor allem das nötige Verantwortungsbewusstsein<br />

zu vermitteln, zum Beispiel<br />

dass die saubere Vorbereitung<br />

des Patienten, das Scheren, die exakte<br />

Medikation, die Narkoseüberwachung,<br />

Protokollierung, etc. mindestens genauso<br />

wichtig sind, wie die Operation an<br />

sich. Da natürlich fast jeder Student<br />

selbstständig operieren will, war es<br />

manchmal für mich schwierig die Studenten<br />

auf ihre Arbeit zu fokussieren.<br />

Natürlich musste ich auch in einigen<br />

Momenten Kompromisse mit meiner<br />

Einstellung akzeptieren. Insbesondere<br />

hatte ich in meiner Unilaufbahn nur in<br />

Zeiten von Praktika OPs aktiv begleitet<br />

und durfte erst in den oberen Semestern,<br />

nachdem ich mich bei Vorarbeiten<br />

bewiesen hatte, handwerkliche Griffe<br />

tätigen. Hier führten sogar Studenten<br />

unterer Semester nach kurzer Einführung<br />

OPs aus, obwohl ihnen kaum die<br />

Anatomie, insbesondere aber zumindest<br />

aber weder OP-Technik noch Pharmakologie<br />

bekannt waren. Natürlich<br />

war mir auch das Kupieren der Schwänze<br />

von circa vier bis fünf Wochen alten<br />

Rottweiler-Welpen ein Greuel. Dennoch<br />

ist dies kein Manko des <strong>Tierschutz</strong>gedankens<br />

in der DR, denn auch in<br />

Deutschland habe ich gleiche Probleme<br />

gesehen. Das versöhnliche an dieser<br />

Situation war, dass ich mit den Leu-


ten im Gespräch meine Einstellung<br />

offen darstellen konnte, ohne dass<br />

sich jemand verletzt gefühlt hätte.<br />

Mein ursprünglich für zwei Tage geplanter<br />

Einsatz in Santiago, während<br />

dessen ich bei Giselles offener und gastfreundlicher<br />

Familie wohnte, die mich<br />

großzügig umsorgte, wurde spontan<br />

um zwei Tage verlängert, da Giselle<br />

nach zwei Tagen in die U.S.A. aufbrach,<br />

um Spenden für ihre Mission aufzubringen.<br />

Da wir keine ausreichende Beleuchtung<br />

in unserem provisorischen Lazarett<br />

hatten, mussten wir unsere Arbeit<br />

täglich gegen 17 Uhr einstellen. Deshalb<br />

fuhr ich an zwei Abenden mit<br />

Giselles Eltern zu deren Farm, um mir<br />

dort ein Bild von den Zuständen der<br />

<strong>Hund</strong>e machen zu können, die von dem<br />

deutschen Ehepaar zurückgelassen<br />

worden waren. Im Dunkel der Nacht<br />

fuhren wir auf das Gelände, zunächst<br />

sah ich riesige Freilufthühnerställe mit<br />

Bodenhaltung. Schon von weitem hörte<br />

ich <strong>Hund</strong>e bellen. Wir waren mit dem<br />

Truck von Giselles Eltern unterwegs,<br />

auf der Ladefläche hatten wir fünf <strong>Hund</strong>e,<br />

die wir in den Tagen zuvor kastriert<br />

hatten.<br />

Einer der <strong>Hund</strong>e hustete zwischendurch<br />

immer wieder, bis zu meiner Abreise<br />

war für mich nicht klar, ob sich<br />

hier eine Staupe anbahnte, was fatale<br />

Folgen für den Bestand haben könnte.<br />

Im hinteren Teil der Farm befanden<br />

sich also ungenutzte Ställe, in den gemauerte<br />

Verliese benachbart angelegt<br />

waren, alle waren durch eine gemeinsame<br />

Rinne miteinander verbunden,<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

Die von einem deutschen Ehepaar in Santiago zurückgelassenen <strong>Hund</strong>e wurden mit einfachsten Mitteln am Leben erhalten.<br />

Giselle und ihre Helfer kastrierten und behandelten mindestens 80 <strong>Hund</strong>e<br />

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Inhaberhin Dörte Wilfroth<br />

13088 Berlin<br />

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über die ständig Wasser lief. Sollten die<br />

<strong>Hund</strong>e nun daraus trinken, würden<br />

diejenigen am Ende des Gebäudes natürlich<br />

unter Umständen auch Verunreinigungen<br />

durch Harn, Kot, etc. der<br />

vorherigen Ställe aufnehmen. Die Ställe<br />

an sich waren erstaunlich sauber,<br />

auch wenn faustgroße Kakerlaken<br />

aufgeschreckt umherliefen, sobald ich<br />

in der totalen Dunkelheit eine Lampe<br />

anmachte oder ein Foto schoss. In jedem<br />

der Ställe fanden sich zwischen<br />

einem und drei <strong>Hund</strong>en, die teilweise<br />

neugierig die Köpfe durch die Gitter<br />

streckten, sich teilweise auch in die<br />

Beratung zu Erziehungsfragen<br />

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1 / 2011 • der absolut-hund report 37


<strong>Tierschutz</strong><br />

letzte Ecke zurückdrängten, sobald<br />

ich an ihrer Tür erschien.<br />

Die Besuche auf der Hühnerfarm bewegten<br />

mich sehr tief, denn obgleich<br />

hier versucht wurde, mit einfachsten<br />

Mitteln die Tiere am Leben zu halten,<br />

bis eine bessere Möglichkeit gefunden<br />

worden war, befanden sich diese in<br />

einem Zustand, der mich beschämte,<br />

als mir klar wurde, mit welchen Problemen<br />

ich mich manchmal in Deutschland<br />

konfrontiert sehe. Mir wurde in<br />

diesem Moment klar, dass diese Reise<br />

nicht mit der Rückkehr nach Deutschland<br />

enden konnte, sondern dass ich,<br />

dass wir als Tierärzte und Menschen<br />

mit gesundem Verstand diese Tiere<br />

nicht einfach ihrem Schicksal und den<br />

Bemühungen von AAASosua und Giselle<br />

und ihrer Familie überlassen konnten.<br />

Ich dachte daran, dass es besser<br />

wäre, aus tierschutzrechtlichen Gründen<br />

die <strong>Hund</strong>e, die entweder eine aufwendige<br />

Therapie benötigten oder<br />

aufgrund einer Erkrankung oder beispielsweise<br />

einer Fraktur, die nicht ausreichend<br />

behandelt werden könnte,<br />

was außerdem die Vermittlung an Besitzer<br />

oder die Rückkehr auf die Straße<br />

wesentlich erschweren würde, mit humaneren<br />

Methoden eingeschläfert<br />

werden sollten, als zum Beispiel mit<br />

hochdosiertem Kaliumchlorid. Dadurch<br />

würde sich für die <strong>Hund</strong>e mit weniger<br />

oder keinem Leiden eine reelle Chance<br />

bieten, in eine glücklichere Zukunft<br />

entlassen zu werden, außerdem hätten<br />

die anderen <strong>Hund</strong>e zumindest die<br />

Möglichkeit, in Würde gehen zu können.<br />

Mit diesen und anderen Gedanken<br />

fuhr ich nach vier Tagen in Santiago<br />

zurück nach Sosúa.<br />

Nach einer Nacht in Judys Haus, die ich<br />

nun endlich auch genauer kennenler-<br />

38<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Die Patienten werden von den freiwilligen Helfern liebevoll versorgt<br />

Frauen aus aller Herren Länder leisten in der AAASosua unbezahlte, aber wertvolle<br />

Arbeit<br />

nen konnte, ging nun die Arbeit in Sosúa<br />

los. Hier fühlte ich mich nach den<br />

ersten Tagen in den improvisierten Umständen<br />

wie in einer Hightec-Klinik, als<br />

ich am ersten Morgen zusammen mit<br />

Dr. Frank, der mehrmals jährlich seine<br />

Praxis in Massachusetts vertreten ließ,<br />

um mit seiner Frau Karen zusammen<br />

an Judy´s Projekt teilzunehmen, unsere<br />

ersten Patienten zu kastrieren. Mit<br />

Frank war das Arbeiten leicht, profes-<br />

sionell und mit großer Ruhe dirigierte<br />

er die volunteers, arbeitete dabei schnell<br />

und sauber, und die eine oder andere<br />

Technik konnte ich mir bei ihm, der<br />

schon wesentlich mehr Erfahrung als<br />

ich als Assistent hatte, abgucken.<br />

Judy hatte ihr Team aus Volontären<br />

sehr gut im Griff. Besonders, wenn man<br />

bedenkt, dass keine der Damen eine<br />

Ausbildung als Tierarzthelfer oder Tier-


pflegerin hatte. Die Volontäre waren in<br />

aller Regel Frauen aus aller Herren Länder,<br />

die ohne Bezahlung halbtags die<br />

Praxisarbeit unterstützten. Natürlich<br />

wurde bei diesen Gelegenheiten auch<br />

immer der neueste Tratsch getauscht<br />

und so ging den Damen auch nie der<br />

Gesprächsstoff aus, immer unter den<br />

wachsamen Augen Judy´s, die dafür<br />

sorgte, dass jeder seine Aufgaben mit<br />

größtmöglicher Sorgfalt erledigte. In<br />

Anbetracht der Umstände ist es erstaunlich,<br />

dass wir bei gut hundert Kastrationen<br />

in etwa zehn Tagen „nur“ zwei<br />

<strong>Hund</strong>e verloren haben, wobei eine der<br />

beiden Patienten durch eine Hernie<br />

bedingt wahrscheinlich einen Gebärmuttervorfall<br />

durch die Bruchpforte<br />

erlitten hatte, die nachfolgend wohl<br />

schon Tage vor der chirurgischen Versorgung<br />

zu einer Pyometra geführt haben<br />

mochte.<br />

Abgesehen von der fachlichen Exkursion<br />

in die DR, wollte ich natürlich auch<br />

Land und Leute kennenlernen, da ich<br />

mir aus dem persönlichen Antrieb, den<br />

Schwerpunkt meiner Reise auf das Projekt<br />

zu legen, vorgenommen hatte,<br />

nicht umherzureisen, habe ich die Städte<br />

Santiago und Sosúa sowie Cabarete<br />

genauer gesehen. Dennoch muss ich<br />

sagen, dass ich jede Stadt sicherlich<br />

ganz anders kennenlernen konnte, als<br />

ego-dog<br />

Beratung/Training/Therapie<br />

Inhaberin Ingrid Köcher<br />

Heinestraße 18 • 91074 Herzogenaurach<br />

Telefon: 0162-9661057<br />

E-Mail: ikoecher@ego-dog.de<br />

www.ego-dog.de<br />

ein 08/15-Pauschalurlaub aus dem Reisebüro<br />

das möglich machen könnte.<br />

Täglich erhielt ich mehrere Angebote,<br />

um Leute auf ihren Anwesen zu besuchen,<br />

während meines Aufenthalts<br />

fand außerdem am Strand von Cabarete<br />

ein Jazzfestival statt, zu dem mich<br />

volunteers mitnahmen, genauso wie<br />

ein Surfcup, der am Strand von Cabarete<br />

stattfand, ein in der Szene bekanntes<br />

Surfermekka, dass mich ein wenig an<br />

Del Mar in Kalifornien erinnerte. Dort<br />

gibt es auch viele Kiteschulen.<br />

Zum Reiten kam ich leider nicht mehr,<br />

unvergessen bleibt jedoch zum Beispiel<br />

die Einladung zum Thanksgiving-<br />

Diner von Dr. Frank, seiner Frau Karen<br />

und deren Vermietern Bruce und Cary,<br />

deren Villa direkt am Meer der erste<br />

Ort auf der Welt war, an dem ich gleichzeitig<br />

zwei Regenbögen sah.<br />

Besonders an dieser Reise empfand<br />

ich, ohne großen Aufwand mit vielen<br />

Leuten von überall her in Kontakt kommen<br />

zu können und einen Blick in ihr<br />

Leben zu bekommen, ohne Verpflichtungen<br />

eingehen zu müssen. Wenn ich<br />

jedoch zurückgezogen meines eigenen<br />

Weges gehen wollte, so war auch dies<br />

kein Problem. Judy, die durch ihre Arbeit<br />

viele Leute in der Umgebung<br />

kennt, hat viele Gönner, so war es mir<br />

<strong>Tierschutz</strong><br />

zum Beispiel freigestellt, in einem kleinen,<br />

sauberen Hotel direkt in Sosúa zu<br />

wohnen, von wo ich an jedem Tag meiner<br />

dortigen Zeit meine allabendlichen<br />

Erkundigungstouren durch Sosúa startete.<br />

Sosúa ist eine Stadt, die auf Entertainment<br />

besonders von Männern ausgerichtet<br />

ist, daher war die Stadt für mich<br />

zwar interessant, jedoch hielt ich mich<br />

lieber in Cabarete auf, wo ich teils der<br />

warmen Brandung des Atlantiks fröhnte,<br />

teils durch die Hauptstraße schlenderte<br />

und mich an den vielen Surfshops<br />

und dem entsprechenden Publikum<br />

kaum satt sehen konnte.<br />

Zwei Wochen gingen schnell vorbei,<br />

trotz der Projektarbeit fühlte ich mich<br />

erholt und zudem ein noch tieferes<br />

Band zu meinem Beruf. Und zum Idealismus,<br />

der diesem anhaftet: gerne<br />

möchte ich in die DR zurückreisen,<br />

weitere Tiere behandeln, aber auch hier<br />

in Deutschland weitere Kollegen und<br />

Menschen ermutigen, den Aufrufen<br />

von AAASosua und gleichen Organisationen<br />

zu folgen, um vor Ort ein Bewusstsein<br />

für unsere Mitgeschöpfe zu<br />

entwickeln, was in Anbetracht der Umstände<br />

im Nachbarland Haiti, die menschenunwürdig<br />

sind, sicherlich nicht<br />

einfach ist. Dennoch musste ich während<br />

meiner Reise in die DR öfters an<br />

einen Satz Ghandis denken, der mir in<br />

Deutschland trotz unserer Entwicklung<br />

nicht immer so offensichtlich erscheint:<br />

Die Entwicklungsstufe einer Gesellschaft<br />

offenbart sich am Umgang mit<br />

ihren Tieren.<br />

Mit freundlicher Genehmigung<br />

von I. Gorski-Grobe<br />

www.kreolischerhund.de/<br />

Kastrationsprojekte.php<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 39


Geschichte<br />

Es ist anzunehmen, dass der Kangal von<br />

den <strong>Hund</strong>en abstammt, die in Zentralasien<br />

bzw. dem Zweistromland, also<br />

der Gegend zwischen Euphrat und Tigris,<br />

dem heutigen Irak und dem Osten<br />

der Türkei, mit den Hirten lebten und<br />

deren Herden bewachten. Grundlage<br />

dieser Theorie ist allerdings die Richtigkeit<br />

der These aus der Haustierforschung,<br />

dass der Ursprung der Schafzucht in<br />

Mesopotamien liegt. Leider gibt es,<br />

wie von den meisten Hirtenhunden,<br />

keinerlei schriftliche Hinweise aus der<br />

40<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Rasseporträt<br />

Der Kangal<br />

Der Ursprung dieser Rasse ist nicht so ganz einfach nachzuvollziehen, da er wohl sehr weit<br />

zurückliegt und sich nach so langer Zeit naturgemäß ein ziemliches Gemisch aus Wahrheit,<br />

Mythos und Kult entwickelt hat.<br />

Ursprungszeit dieser Rasse, waren sie<br />

doch zu jener Zeit neben den Jagdund<br />

Kriegshunden eher bedeutungslos.<br />

Zur Betrachtung der Entstehung des<br />

Kangal ist es interessant, sich die Geschichte<br />

der Türkei in solchen Zeiten<br />

anzuschauen, als diese unter Besatzung<br />

geriet, wie z.B. um 1200 v. Chr. durch<br />

die Hethiter. Die Hethiter waren ein<br />

kriegerisches Volk indo-europäischer<br />

Abstammung, welches die Region der<br />

heutigen Türkei, sowie Irak und Syrien<br />

um circa 2000 v. Chr. eroberten und für<br />

Foto: iStockphoto<br />

circa 1000 Jahren besetzt hielten. Die<br />

Oberschicht dieses landwirtschaftlich<br />

hoch entwickelten Volkes betrieb Pferdezucht,<br />

während das gemeine Volk<br />

Schafzucht betrieb. Sie kontrollierten<br />

regelmäßig die Handelswege ihres riesigen<br />

Reiches, wobei sie ihre Schafherden<br />

mit sich führten und dementsprechend<br />

auch <strong>Hund</strong>e zu deren Schutz.<br />

Die Existenz dieser großen, dunkelfarbigen<br />

<strong>Hund</strong>e molossoiden Typs ist<br />

durch archäologische Funde belegbar.<br />

Die Situation Mittelanatoliens wurde<br />

um 1900 v. Chr. durch ein weit verzweigtes<br />

Handelsnetz unter assyrischer Füh-


ung geprägt. Die Waren wurden mit<br />

Eselskarawanen durch das Land transportiert,<br />

welche immer von großen<br />

wehrhaften <strong>Hund</strong>en begleitet wurden.<br />

So fand eine Verbreitung und Kreuzung<br />

dieser <strong>Hund</strong>e bis hin nach Indien statt.<br />

Über die Karawanen der Seidenstraße<br />

wurden ebenfalls Tiere und auch <strong>Hund</strong>e<br />

nach Anatolien gebracht. Da die heutige<br />

Kangal-Farbe eine bessere Tarnung<br />

innerhalb der Herden darstellt, scheint<br />

die Farbe von den großen dunklen<br />

<strong>Hund</strong>en dahingehend verändert worden<br />

zu sein. Gräuliche, beige oder auch<br />

weiße Fellfarbe kommt bei den meisten<br />

Hirtenhunden vor.<br />

Immer wieder wechselten die Herrschaftsverhältnisse<br />

in Zentralasien.<br />

Seit dem 7.Jh. fand der Islam in Zentralasien<br />

und vielen türkischen Stämmen<br />

Verbreitung. Hier seien die Seldschuken<br />

und einige turkmenische Stämme genannt,<br />

die in Kleinasien eindrangen.<br />

977 kam es erstmals zu einer türkischislamischen<br />

Staatsgründung. In dieser<br />

Zeit bildete sich zum Schutz des Handels<br />

ein weit verzweigtes Netz von Karawansereien<br />

und Gasthäusern und es<br />

drangen Herdenschutzhunde Mittelasiatischen<br />

Typs in Anatolien ein, welche<br />

weiteren Einfluss auf die Entstehung<br />

der heutigen türkischen Hirtenhunde-<br />

rassen nahmen. Mit der Zeit entwickelten<br />

sich daraus hauptsächlich zwei<br />

Rassen in der Türkei, einmal der Akbash<br />

(Weißkopf), der hauptsächlich im Westen<br />

der Türkei Verbreitung fand und<br />

der Kangal, der hauptsächlich im Osten<br />

der Türkei lebte. Das mag auch mit<br />

den unterschiedlichen klimatischen<br />

Verhältnissen der Türkei zu tun haben,<br />

dass also der Kangal mit dem Klima im<br />

Osten besser klar kam. Als einigermaßen<br />

gesicherte Rasse taucht der Kangal<br />

unter seinem ursprünglichen Namen<br />

alptraumhund • Inhaberin Petra Marx<br />

Problemhundberaterin, Problemhundtherapeutin,<br />

Gebrauchshundeausbilderin<br />

45239 Essen • Mobil: 0160 / 855 502 5<br />

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Rasseporträt<br />

Karabash so ab dem 16. Jh. auf. Dieser<br />

Name bedeutet so viel wie„Schwarzkopf“.<br />

Im Osmanischen Reich hatte er<br />

seinen festen Platz und war dort überall<br />

präsent. Die meisten dieser <strong>Hund</strong>e<br />

hatten eine schwarze Maske oder einen<br />

schwarzen Kopf. So wurden sie dann<br />

auch über Jahrhunderte weiter gezüchtet<br />

und fanden unter anderem in den<br />

„Scharfe <strong>Hund</strong>e von der Größe eines Esels.“ – So bezeichnete der Autor<br />

H. Grüner die Hirtenhunde in seinen Reisebeschreibungen um 1950<br />

Foto: www.kangal-dog.de<br />

Reisebeschreibungen des Autors H. Grüner<br />

um 1950 Erwähnung. Dieser bezeichnete<br />

sie als scharfe <strong>Hund</strong>e von der<br />

Größe eines Esels. Hier sei erwähnt,<br />

dass die Esel des Landes eher klein waren.<br />

Als interessantes Detail erwähnt er<br />

auch die nach außen gerichteten Stachelhalsbänder,<br />

die diese <strong>Hund</strong>e zu<br />

ihrem eigenen Schutz (z.B. gegen Wolfsangriffe<br />

auf die Herden) trugen. Aus<br />

dieser Zeit stammt auch die Auffassung,<br />

dass der Kangal ein Kämpfer sei, was<br />

aber nicht den Tatsachen entspricht.<br />

Grundsätzlich vermeidet er Auseinandersetzungen<br />

und versucht zunächst<br />

Angreifer durch Drohgebärden zu vertreiben.<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 41


Rasseporträt<br />

Der heute noch gültige Rassestandard<br />

dieser <strong>Hund</strong>e wurde vor circa 60 Jahren<br />

durch die Familie Kangal festgeschrieben,<br />

die diese <strong>Hund</strong>e schon Jahrhunderte<br />

lang züchtete, wie auch viele andere<br />

Familien und Hirten. Hier entstand<br />

der Name „Kangal“ für diese Rasse.<br />

Allerdings gibt es auch noch einige andere<br />

Bezeichnungen: Kangal (geht auf<br />

den Rassestandard der Familie Kangal<br />

zurück), Karabash (heißt eigentlich<br />

nichts anderes als Schwarzkopf), Sivas-<br />

Kangal (Kangal aus der Region um<br />

Sivas, wobei der Ursprung der Rasse<br />

ausdrücklich nicht dort ist), Kars-<strong>Hund</strong><br />

(eine Rasse, die es gar nicht gibt, ist lediglich<br />

ein bestimmter Schlag des Kangals),<br />

Coban Copegi (beizeichnet genau<br />

genommen jeden <strong>Hund</strong>, der an der<br />

Herde arbeitet, wörtlich„<strong>Hund</strong> des Hirten“).<br />

Es ist immer der gleiche <strong>Hund</strong><br />

damit gemeint. Für völlige Verwirrung<br />

allerdings sorgt die Bezeichnung„Anatolischer<br />

Hirtenhund“. Dazu aber im<br />

Folgenden noch mehr.<br />

Trotz fehlender internationaler Anerkennung<br />

werden in der Türkei neben<br />

Bemühungen um den Standard auch<br />

Zuchtprogramme aufgelegt, die aller-<br />

42<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

dings bei weitem nicht zu vergleichen<br />

sind mit denen anderer Rassen in anderen<br />

Ländern. Hier seien hauptsächlich<br />

die Orte Ankara, Ulas, Kangal und Konya<br />

zu nennen, die sich mit Zuchtprogrammen<br />

hervor getan haben. Durch Exporte<br />

nach England und USA in den 60er<br />

Jahren begann der Einzug des Kangals<br />

in alle Kontinente. Im Oktober 1996<br />

fand das erste internationale Symposium<br />

zum Türkischen Hirtenhund statt.<br />

Hier waren sich die nationalen und internationalen<br />

Experten einig, dass es<br />

nicht den Türkischen Hirtenhund gibt,<br />

sondern mehrere Hirtenhunderassen,<br />

von denen der Kangal eine eigenständige<br />

Rasse ist. 1999 gab es in Sivas das<br />

erste große Kangal Festival. Der Kangal<br />

ist heute zu einem folkloristischen Status<br />

aufgestiegen und es wurden ihm<br />

sogar zwei Briefmarken gewidmet.<br />

Der Standard des Kangal<br />

Der Kangal ist großrahmig und kräftig<br />

gebaut. Er hat einen breiten und kräftigen<br />

Kopf. Sein Haarkleid ist dicht. Um<br />

Begleiter der Herden sein zu können,<br />

muss er trotz seiner Größe schnell und<br />

ausdauernd sein. Sein Schädel ist groß,<br />

breit und massiv, zwischen den Behängen<br />

leicht abgerundet. Sein Hinterhauptbein<br />

ist gut ausgeprägt ohne hervorzutreten.<br />

Das Verhältnis Oberkopf –<br />

Vorgesichtsschädel beträgt etwa 2:1.<br />

Die Kopfhaut liegt gut an, wobei bei<br />

Aufmerksamkeit Falten auftreten können.<br />

Der Stopp ist nur schwach ausgeprägt.<br />

Der Nasenrücken ist kürzer als<br />

der Oberkopf vom Hinterhauptbein<br />

bis zum Stopp. Die breite flache Stirn<br />

wird durch eine leichte Furche scheinbar<br />

halbiert. Die Backenmuskulatur ist<br />

stark entwickelt. Dadurch wirkt der<br />

Schädel kantig, fast rechteckig, gerade.<br />

Der Kangal hat einen gut ausgebildeten,<br />

schwarzen Nasenspiegel, ebenso<br />

schwarze Lefzen. Die Oberlippe liegt<br />

gut an, während die seitliche Belefzung<br />

leicht hängend wirken kann. Die kräftig<br />

ausgebildeten Ober- und Unterkiefer<br />

weisen ein vollzahniges, regelmäßiges<br />

Scherengebiss auf. Die dunklen bis<br />

bernsteinfarbenen Augen sind klein<br />

und mandelförmig, gut eingebettet<br />

und mit schwarzen Lidrändern eng<br />

anschließend. Zum Jochbein hin weisen<br />

die Augenwinkel einen dunklen<br />

Saum auf. Seitlich am Kopf angesetzt<br />

Die breite, flache Stirn, der kantig wirkende<br />

Schädel und ein fast fließender<br />

Stopp sind typische Merkmale des Kangals<br />

Foto: www.kangal-dog.de


hat der Kangal ein V-förmiges Hängeohr,<br />

welches am Zipfel abgerundet ist.<br />

Es liegt eng an. In der Türkei werden<br />

bei aktiven Hirtenhunden auch heute<br />

noch die Ohren kupiert, was aber außerhalb<br />

des Landes unerwünscht bzw.<br />

verboten ist.<br />

Der Kangal hat einen relativ kurzen,<br />

stark bemuskelten Hals. Der Kragen<br />

läuft zwischen den Schulterblättern<br />

spitz aus. Große schwere Typen haben<br />

eine Wamme. Er hat eine tiefe, mäßig<br />

breite Brust. Der Brustkorb reicht bis zu<br />

den Ellenbogengelenken und hat zu<br />

den Flanken hin eine gut ansteigende<br />

Begrenzungslinie. Die Rippen sind gut<br />

gewölbt, wobei sie an den Seiten im<br />

unteren Drittel etwas abflachen. Der<br />

Körperbau ist muskulös, mit festem,<br />

geradem und stark bemuskelten Rücken.<br />

Dabei hat er kein Gramm Fett zuviel.<br />

Der Widerrist ist leicht erhöht. Der<br />

Rumpf ist passend zur Beinlänge. Die<br />

Lendenpartie ist fest und kräftig und<br />

oben leicht gewölbt. Von einem breiten<br />

Rutenansatz hängt die Rute in Ruhestellung<br />

bis zum Sprunggelenk, wäh-<br />

rend sie bei Erregung zusammengerollt<br />

über der Kruppe getragen wird,<br />

wobei das Fell möglichst buschig wirkt.<br />

Er hat muskulöse Schultern mit einem<br />

in den Oberarm flach gewinkelten Schulterblatt.<br />

Von vorn wirkt es nahezu senkrecht.<br />

Die kräftigen Vorderläufe stehen<br />

gut nebeneinander und münden in ein<br />

kräftiges Vorderfußwurzelgelenk. Die<br />

Gesamtlänge des Unterarms beträgt<br />

mindestens die Hälfte der Widerristhöhe.<br />

Die kräftig bemuskelten Hinterläufe<br />

sind gut gewinkelt, wobei das<br />

Hüftbein steiler gelagert ist. Schaut<br />

man von hinten, stehen die Pfoten senkrecht<br />

unter den Hüftgelenken parallel<br />

zueinander. Das Kniegelenk wirkt etwas<br />

gestreckt. Die Unterschenkel sind kurz<br />

und münden in ein kräftiges Sprunggelenk<br />

und einen massiven Mittelfuß.<br />

Der Kangal hat kräftige, gut gewölbte<br />

Katzen- oder Wolfspfoten. Die Krallen<br />

sind kurz bis mittellang, hell oder<br />

schwarz. Die Ballen sind elastisch. Eine<br />

einfache oder doppelte Afterkralle ist<br />

erlaubt. Die Vorderpfoten sind größer<br />

als die Hinterpfoten. Der Kangal hat ei-<br />

Der Körperbau des Kangals ist muskulös und kräftig, der Gang federnd und entspannt<br />

mit langsamen Bewegungen – Foto: www.kangal-dog.de<br />

Rasseporträt<br />

nen entspannten, federnden, kraftvollen<br />

Gang. Er bevorzugt langsame Bewegungen,<br />

die allerdings wenn nötig<br />

in hohe Geschwindigkeiten übergehen<br />

können. Dabei sollen sich die Gliedmaßen<br />

parallel und geradlinig bewegen<br />

und die Rückenlinie auf einem Niveau<br />

bleiben.<br />

Der Kangal hat dunkle, dichte Unterwolle.<br />

Das Fell ist kurz und stockhaarig.<br />

Am Kopf und an den Gliedmaßen liegen<br />

die Haare kurz und fest an. Bei gutem<br />

Pigment ist der Kangal einfarbig.<br />

Die Palette reicht dabei von Sandfarben<br />

über Beige bis Stahlgrau. Die Maske,<br />

Brille und Behänge sind dunkel. An<br />

Pfote, Brust und Kinn können weiße<br />

Abzeichen auftreten. Dabei ist am Kinn<br />

lediglich ein kleiner Stern erlaubt. Die<br />

weißen Pfoten können bis zu den Unterarmen<br />

reichen. Die Abzeichen an<br />

der Brust können von Stern über Blesse,<br />

die in einem schmalen Streifen unter<br />

der Brust weiterlaufen kann, auftreten.<br />

Diese Blessen sind oft mit dunklem<br />

Haar abgegrenzt. Die Rutenspitze ist<br />

üblicherweise schwarz, häufig findet<br />

sich noch ein schwarzer Fleck in der<br />

Mitte der Rute. Das Gewicht beträgt<br />

bei Rüden 49-64 kg, bei Hündinnen<br />

40-59 kg, die Widerristhöhe bei Rüden<br />

72-81 cm, bei Hündinnen 70-79 cm.<br />

Rüde und Hündinnen sind deutlich<br />

unterschiedlich gebaut.<br />

Zum Ausschluss führen nicht ordentlich<br />

abgestiegene Hoden (Kryptorchismus),<br />

gesteigerte Aggressivität, merkliche<br />

Scheu. Ebenso führen scheckige, gestreifte<br />

oder vielfarbige Zeichnungen<br />

zum Ausschluss. Ein leberfarbener<br />

oder schokoladenbrauner Nasenspiegel<br />

wird nicht geduldet. Außer bei in<br />

der Türkei gezogenen <strong>Hund</strong>en dürfen<br />

die Ohren nicht kupiert sein.<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 43


Rasseporträt<br />

Das Wesen<br />

Das Wesen des Kangals ist im Standard<br />

nicht explizit festgelegt. In einigen Bundesländern<br />

Deutschlands wird er als<br />

Kategorie-2-<strong>Hund</strong> gelistet. Wenn man<br />

sich aber mal seine Charaktereigenschaften<br />

betrachtet, wird man schnell<br />

feststellen, dass er dort fehl am Platze<br />

ist. Bedingt durch die Aufgabe, für die<br />

er gezüchtet wurde und auch heute in<br />

seinem Ursprungsland noch wird, besitzt<br />

der Kangal ein hohes Maß an Eigenständigkeit.<br />

In seinem Job trifft er<br />

seine Entscheidungen selbst und<br />

braucht kaum Anweisungen des Hirten.<br />

In ihrer Heimat sind die Kangals eher<br />

Nutzvieh als <strong>Hund</strong> mit Familienanschluss.<br />

Sie haben einen Job zu erfüllen<br />

und müssen dazu bestimmte Voraussetzungen<br />

und Fähigkeiten mitbringen.<br />

Da sie, wie schon erwähnt, sehr eigenständig<br />

arbeiten, müssen sie intelligent<br />

und aufgrund der nicht immer optimalen<br />

Lebensbedingungen auch sehr anpassungsfähig<br />

sein. Menschliche Zuneigung<br />

erfahren sie bei den Hirten so<br />

gut wie nicht. Durch die Lebensbedingungen<br />

sind die Kangals über die Jahrhunderte<br />

zu einer Rasse geworden,<br />

die sich durch Härte, Selbstständigkeit<br />

und Mut auszeichnet. Zwinger und<br />

44<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

In der Türkei wird der Kangal als Nutzvieh angesehen und für sein eigenständiges<br />

Arbeiten an den Schafherden geschätzt – Foto: www.kangal-dog.de<br />

Zäune braucht der Kangal in seiner Heimat<br />

Anatolien nicht. Aggressives Verhalten<br />

Menschen, vor allem Kindern<br />

gegenüber, wird nicht toleriert und der<br />

<strong>Hund</strong> in der Regel getötet, wodurch<br />

diese <strong>Hund</strong>e dann auch automatisch<br />

nicht weiter verpaart werden. Die Kangals<br />

vermeiden es, sich untereinander<br />

in die Quere zu kommen.<br />

Bei sehr ausgeprägter Verteidigungsbereitschaft<br />

ist der Kangal trotzdem<br />

ein ruhiger und ausgeglichener <strong>Hund</strong>,<br />

der sich nicht zu vorschnellen Aktionen<br />

hinreißen lässt. Sieht er Verteidigungs-<br />

bedarf, greift er nicht unbedingt an,<br />

sondern versucht, die „Feinde“ mit<br />

Drohgebärden in die Flucht zu schlagen.<br />

Einen Kampf wird er möglichst<br />

vermeiden, da er es sich schon aufgrund<br />

der ärmlichen Lebensbedingungen<br />

nicht leisten kann, durch unnötigen<br />

Kraft- und Körpereinsatz Energie<br />

zu verschwenden. Diese Eigenschaften<br />

machen ihn in unseren Breitengraden,<br />

so er sorgfältig sozialisiert wurde, zu<br />

einem angenehmen Familienhund, der<br />

dabei alles schützt, was zur Familie gehört.<br />

Trotzdem gilt selbstverständlich<br />

auch für den Kangal, ihn nie unbeauf-<br />

<strong>Hund</strong>eschule<br />

Weserstein<br />

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sichtigt mit den Kindern allein zu lassen.<br />

Fremden gegenüber ist er reserviert<br />

bis neutral. An Besucher sollte<br />

man ihn heranführen, ohne ihn zur Kontaktaufnahme<br />

zwingen zu wollen.<br />

Alles in allem hat der Kangal eine sehr<br />

hohe Reizschwelle. Ohne diese wäre er<br />

gar nicht in der Lage, seinen Job, für<br />

den er ursprünglich gezüchtet wurde,<br />

auszuführen. Bei all seinen Fähigkeiten<br />

ist er trotzdem ein sehr sensibler <strong>Hund</strong>,<br />

was aber nicht im Gegensatz zu Mut<br />

und Härte zu sehen ist.<br />

Haltung<br />

Der Kangal braucht den Kontakt zu seinen<br />

Menschen. Wenn man sich anschaut,<br />

für welch anspruchsvollen Job<br />

der Kangal ursprünglich gezüchtet wurde,<br />

zeigt sich, dass er eine Aufgabe<br />

braucht, um ausgelastet zu sein. Hier<br />

bieten sich Aufgaben an, bei denen er<br />

seine Nase einsetzen kann (Fährten,<br />

Trailen, andere Sucharbeiten) und auch<br />

Kopfarbeit. Da der Kangal von Haus<br />

aus dazu neigt, sehr eigenständig zu<br />

agieren, ist es wichtig, die Bindung zu<br />

seinem Menschen zu fördern.<br />

Will man ihm das Grundstück zur Verfügung<br />

stellen, muss man es gut absichern,<br />

also einen entsprechend hohen<br />

Zaun ziehen, der auch tief genug eingegraben<br />

werden muss. Durch seine<br />

ursprüngliche Lebensweise, in welcher<br />

er sich beim Bewachen der Herde oft<br />

selbst versorgen musste, bringt er einen<br />

ausgeprägten Jagdtrieb mit sich.<br />

Deshalb heißt es, immer bereit zu sein,<br />

Situationen vorausschauend zu erkennen<br />

um auf unerwünschte Aktionen<br />

des <strong>Hund</strong>es rechtzeitig reagieren zu<br />

können. In der Dämmerung und Nachts<br />

steigt die Wachsamkeit des Kangals<br />

Problemhundetherapeut &<br />

Gebrauchshundeausbilder,<br />

Man- & Pettrailing<br />

an. So kann es sein, wenn man ihm<br />

diesen Job überlässt, dass er häufig<br />

und laut bellt, was natürlich zu Konflikten<br />

mit den Nachbarn führen kann.<br />

Entgegen vieler Aussagen ist es nicht<br />

nötig, ihm Schafe oder Ziegen zum<br />

Hüten zur Verfügung zu stellen. Wenn<br />

man ihn im Welpenalter nicht an diese<br />

Aufgabe heranführt, wird er das auch<br />

später nicht brauchen.<br />

Alles in allem ist der Kangal ein in sich<br />

ruhender <strong>Hund</strong>, umgänglich mit den<br />

zur Gemeinschaft gehörenden Lebewesen,<br />

egal ob Mensch oder Tier. Doch<br />

durch sein Gewicht und seine Größe<br />

kann er im Umgang, gerade auch mit<br />

Kindern, recht rau sein, was auch ohne<br />

Absicht zu Verletzungen führen kann.<br />

Von daher muss man sich immer wieder<br />

bewusst machen, dass der Kangal<br />

kein sanfter Riese und vor allem kein<br />

Kinderhund ist.<br />

Erziehung<br />

Mit der„Erziehung“ des Kangals beginnt<br />

man am besten gleich, wenn der <strong>Hund</strong><br />

sein neues Heim betritt. Egal ob ein<br />

Welpe oder ein älterer <strong>Hund</strong> einzieht,<br />

man sollte ihn sofort lernen lassen,<br />

welche Regeln künftig für ihn gelten<br />

sollen, damit er seine Stellung in der<br />

Rasseporträt<br />

<strong>Hund</strong>ezentrum<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thomas Schwerdtfeger<br />

23847 Schiphorst<br />

E-Mail: HZSH(at)hundezentrumschleswig-holstein.de<br />

Telefon 04536 / 1056<br />

Mobil 0176 / 51077505<br />

www.hundezentrum-schleswig-holstein.de<br />

Gemeinschaft finden kann. Diese muss<br />

für ihn eindeutig sein. Mit übertriebener<br />

Härte wird man beim Kangal nicht<br />

so sehr viel erreichen. Ganz im Gegenteil<br />

wird er, wenn man versucht, ihn<br />

mit harten Methoden zu unterdrücken,<br />

möglicherweise nach vorne gehen<br />

(müssen). Was man bei ihm erreichen<br />

will, erreicht man nur über eine durch<br />

Stetigkeit und Konsequenz aufgebaute<br />

Vertrauensbasis.<br />

Eine Schutzhundausbildung für einen<br />

Kangal ist auf keinen Fall ratsam. Dass<br />

er sich notfalls unter Einsatz seiner Zähne<br />

verteidigen könnte, muss er nicht<br />

erst lernen. Auch wenn er einer möglicherweise<br />

blutigen Auseinandersetzung<br />

möglichst aus dem Weg geht, weiß er<br />

im Ernstfall trotzdem seine Zähne zu<br />

nutzen. Dies aber ist in unserer Gesellschaft<br />

nicht unbedingt erwünscht und<br />

sollte lediglich in bestimmten Berufsgruppen<br />

Anwendung finden.<br />

Da der Kangal schon ein höheres Maß<br />

an Größe, Gewicht und auch körperlicher<br />

Kraft mit sich bringt, ist es sinnvoll,<br />

möglichst schon dem Welpen beizubringen,<br />

dass er mit einem Menschen<br />

anders umgehen muss, als z.B. mit seinen<br />

Wurfgeschwistern oder überhaupt<br />

anderen <strong>Hund</strong>en. Damit sollte man<br />

schon im Welpenalter anfangen, denn<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 45


Rasseporträt<br />

es wäre dem <strong>Hund</strong> gegenüber nicht<br />

fair, ihm erst Dinge zu gestatten, die<br />

man ihm dann später wieder abtrainieren<br />

muss. Dies führt beim <strong>Hund</strong> zu Verwirrung<br />

und ist nicht unbedingt gut<br />

für die Vertrauensbasis zwischen <strong>Hund</strong><br />

und Halter.<br />

Zucht in der Türkei<br />

Trotz einer uralten Tradition der Hirtenhunderassen<br />

in der Türkei, gibt es dort<br />

kein Zuchtwesen nach unseren Maßstäben.<br />

Da der Kangal in der Türkei ein reines<br />

„Arbeitstier“ ist, ist die Arbeitsfähigkeit<br />

höchstes Ziel der Zucht. Optische Merkmale<br />

sind dabei nebensächlich. Der<br />

<strong>Hund</strong>, der nicht als Arbeitshund taugt,<br />

überlebt in der Türkei oft gar nicht<br />

erst, da gerade die Hirten es sich nicht<br />

leisten können, einen <strong>Hund</strong> durchzufüttern,<br />

der sich sein Futter nicht verdienen<br />

kann. Das würde rein ökonomisch<br />

keinen Sinn machen. Die Hirtenhunde<br />

der Türkei leben unter extrem harten<br />

Bedingungen und sind extremen Klimawechseln<br />

ausgesetzt und das ohne<br />

Premium-Futter aus dem Supermarkt<br />

um die Ecke. Damit muss der Kangal<br />

ohne warmen Platz am Herd klarkommen.<br />

Aufgrund dieser harten Bedingungen<br />

überleben viele Welpen die ersten<br />

Lebenswochen erst gar nicht, da<br />

sich die Hirten vieles an medizinischer<br />

Versorgung, die wir hier unseren <strong>Hund</strong>en<br />

angedeihen lassen (sollten), gar<br />

nicht leisten können. Auch <strong>Tierschutz</strong><br />

in unserem Sinne gibt es in den kargen<br />

Regionen nicht.<br />

Da nahezu jeder Hirte eine eigene Auffassung<br />

darüber hat, wie sein Helfer<br />

bei der Arbeit optimaler Weise aussehen<br />

sollte, gibt es im Ursprungsland<br />

46<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

des Kangals ein sehr variierendes Erscheinungsbild.<br />

Dies zeigt sich vor allem<br />

in der Größe und der Felllänge. Viele<br />

dieser Variationen würden bei uns schon<br />

kaum noch als Kangal erkannt werden<br />

oder von deutschen Richtern zumindest<br />

schlechte Bewertungen bis hin<br />

zum Ausschluss aus der Zucht bekommen.<br />

Auch die soziale Anpassung der <strong>Hund</strong>e<br />

spielt eine sehr große Rolle, da dies für<br />

Mensch und <strong>Hund</strong> in seiner Ursprungsregion<br />

überlebensnotwendig ist. Auch<br />

wenn z.B. <strong>Hund</strong>e mit einer auffallend<br />

guten Arbeitsfähigkeit häufiger verpaart<br />

werden (nie aufgrund der Optik)<br />

ist das Problem der Inzucht als sehr gering<br />

einzuschätzen. Somit finden sich<br />

hier auch nicht unbedingt Zuchtlinien<br />

mit ausgeprägten Problemen in Richtung<br />

HD, Augenkrankheiten, Epilepsie<br />

oder übermäßig großen <strong>Hund</strong>en, wie<br />

es in Europa längst der Fall ist. Die<br />

enorme Größe mancher Kangals in Europa<br />

mag natürlich auch mit der Aufzucht<br />

mit gehaltvollem Futter zusammen<br />

hängen, aber sicherlich nicht nur.<br />

Da in Anatolien die Schafbestände seit<br />

einiger Zeit stark rückläufig sind, werden<br />

naturgemäß auch nicht mehr so<br />

viele <strong>Hund</strong>e nachgezüchtet, weil einfach<br />

der Bedarf nicht da ist. Außerdem<br />

sind die medizinischen Standards, wie<br />

schon erwähnt, bei weitem nicht so<br />

hoch wie bei uns. Fehlende Impfungen<br />

und Entwurmungen führen neben Unterernährung<br />

zu einer hohen Mortalität.<br />

Heute überleben oft weniger als<br />

10% der Welpen. Hinzu kommt, dass<br />

immer wieder eingeschleppte Krankheiten<br />

oder auch Tollwut den Bestand<br />

der <strong>Hund</strong>e stark dezimieren. Die Rasse<br />

Kangal ist in ihrer Ursprünglichen Heimat<br />

sehr stark gefährdet.<br />

Zucht in Deutschland<br />

In Deutschland ist der Kangal als eigenständige<br />

Rasse weder von der FCI, noch<br />

vom VDH anerkannt. Vielmehr ist es<br />

hier so, dass die verschiedenen türkischen<br />

Hirtenhunde als eine Rasse zusammengefasst<br />

werden. Daher verändert<br />

sich hier auch das Erscheinungsbild<br />

erheblich. Die in Deutschland gezogenen<br />

Kangals sind im Vergleich zu den<br />

Türkischen zu groß und verlieren optisch<br />

insgesamt an Ausdruck. Außerdem<br />

gibt es Merkmale, wie z.B. größere Augen,<br />

die auch zu gesundheitlichen<br />

Problemen führen können (kleinere<br />

Augen, wie bei Hirtenhunden im allgemeinen<br />

üblich, dienen zum Schutz gegen<br />

Wettereinflüsse, Staub, Wind und<br />

dergleichen). Dass zunehmende Größe<br />

nicht unbedingt von Vorteil für den<br />

Knochenbau ist, ist selbstredend.<br />

Durch die Zusammenfassung der verschiedenen<br />

Rassen unter dem Begriff<br />

„Anatolischer Hirtenhund“ und somit<br />

scheinbar auch der Verpaarung der verschiedenen<br />

Rassen untereinander, verändert<br />

sich auch das farbliche Erscheinungsbild<br />

und viele <strong>Hund</strong>e sind nicht<br />

mehr einfarbig sonder schon fast scheckig,<br />

zum Teil gibt es sogar langhaarige<br />

<strong>Hund</strong>e. Befürworter dieser Rassenzusammenfassung<br />

argumentieren damit,<br />

dass das Genpotential dadurch erhöht,<br />

also die Gefahr der Linien- und/oder<br />

Inzucht verringert würde. Da aber hier<br />

nicht nur der Kangal, sondern auch<br />

der Akbash, welcher eine eigenständige<br />

Rasse ist, mit eingereiht werden soll,<br />

hat zur Folge, dass hier Mischlinge aus<br />

zwei Rassen zu einer neuen Rasse„Anatolischer<br />

Hirtenhund“ aufsteigen, mit<br />

Körungspapieren und Zuchttauglichkeit.<br />

Fatalerweise hätte das, da der<br />

„Anatolische Hirtenhund“ in Amerika


Empfehlungen<br />

Rasseporträt<br />

Wie bei allen anderen Rassen auch,<br />

gibt es einige Dinge, die man beim<br />

Kauf eines Kangals beachten sollte.<br />

Wenn der Züchter weniger vom Kangal<br />

als vom „Anatolischen Hirtenhund“<br />

spricht, sollte man schon aufpassen.<br />

Desgleichen, wenn diese <strong>Hund</strong>e bei<br />

der Aufzucht zu sehr „gehätschelt“<br />

werden, zum Beispiel mit Wärmequel-<br />

FCI anerkannt ist, sogar Chancen,<br />

eine VDH-Anerkennung zu<br />

bekommen. Andererseits stellt<br />

sich hier ohnehin die Frage, wie<br />

bei manchen anderen Rassen<br />

auch, ob solch eine Anerkennung<br />

überhaupt ein Gewinn für<br />

die Rasse wäre. Die Züchter wären<br />

dann gezwungen, sich den<br />

VDH-Richtlinien unterzuordnen,<br />

welche die Zuchttauglichkeit<br />

eines <strong>Hund</strong>es hauptsächlich<br />

nach optischen Kriterien festlegt,<br />

während bisher immer noch die<br />

Leistungsfähigkeit des <strong>Hund</strong>es Von oben links nach rechts unten: Kangal,Akbash und Karshund – diese Rassen werden<br />

und somit seine Gesundheit im laut FCI unter dem „Anatolischen Hirtenhund“ zusammengefasst. Die beiden letzteren<br />

Vordergrund steht. Als reiner<br />

Kangal hat die Rasse wegen der<br />

haben als Rasse mit einem Kangal nichts zu tun – Fotos: www.kangal-dog.de<br />

fehlenden FCI-Anerkennung derzeit keine auswertbaren Statistiken. Immer<br />

ohnehin keine Chance, eine VDH-An- häufiger hört man, dass ein Kangal an len in der Wurfkiste. Dadurch würde<br />

erkennung zu bekommen. Sowohl der einer Magendrehung verstorben ist. man Gefahr laufen, einen Welpen zu<br />

reine Kangal (Karabash = Schwarzkopf) Da diese <strong>Hund</strong>e hier immer größer ge- bekommen, der unter normalen Um-<br />

als auch der Akbash (Weißkopf ) werzüchtet werden, liegt hier der Schluss ständen niemals überlebt hätte und<br />

den wohl bis auf weiteres in ihrer rei- nahe, dass durch die zunehmende sich somit möglicherweise Gesundnen<br />

Form nur ohne Papiere angeboten Größe das Bindegewebe, welches die heits- oder Entwicklungsprobleme ein-<br />

werden können.<br />

inneren Organe an ihrem Platz halten stellen können. Man muss bedenken,<br />

soll, nicht mehr so fest ist, wie es eigent- dass in Anatolien im Winter Tempera-<br />

Krankheiten<br />

lich sein sollte. Auch wird vermehrt beturen von bis zu -30 °C herrschen. Soobachtet,<br />

dass das Narkose-Risiko, wie lange der gesunde Welpe die Körper-<br />

Auch beim Kangal treten bereits Krank- bei vielen anderen großen Rasse auch, wärme seiner Mutter zur Verfügung<br />

heiten wie ED, Epilepsie, Augenkrank- steigt. Allerdings liegt auch hier keine hat, hat er mit den hiesigen Temperaheiten<br />

auf. Leider gibt es dazu noch Statistik vor.<br />

turen keine Probleme. Aus demselben<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 47


Rasseporträt<br />

Grund darf er nicht zu früh von seiner<br />

Mutter getrennt werden.<br />

Wichtig ist, sich die Unterlagen der Eltern<br />

anzuschauen, auch und vor allem<br />

im Hinblick auf Gesundheitsuntersuchungen.<br />

Wenn möglich sollte man<br />

auch Informationen über den Gesund-<br />

Eine Anschaffung dieser kräftigen <strong>Hund</strong>e<br />

will in unserer Gesellschaft gut überlegt<br />

sein – Foto: www.kangal-dog.de<br />

heitszustand der Verwandtschaft herauszufinden<br />

versuchen, worüber der<br />

seriöse Züchter bereitwillig Auskunft<br />

geben wird.<br />

Vorsicht ist auf jeden Fall geboten,<br />

wenn man an irgendeine seltsame Hinterhofzucht<br />

gerät, oder die Welpen womöglich<br />

gerade aus der Türkei importiert<br />

worden sind. Die Überprüfbarkeit<br />

der Gesundheitsdaten ist hier einfach<br />

nicht gegeben. Auch aus einem anderen<br />

Grund ist bei Importen des Kangal<br />

aus der Türkei Vorsicht geboten. Wie<br />

im Vorfeld schon beschrieben, ist der<br />

Kangal in der Türkei ein reines Arbeitstier<br />

und wird dementsprechend geprägt<br />

und sozialisiert. Da er hier bei<br />

uns aber einen ganz anderen Stellenwert<br />

hat und eben eher nicht mehr<br />

zum Schutz der Herde eingesetzt wird,<br />

kann das hier in seinem späteren Leben<br />

zu verschiedensten Verhaltensproblemen<br />

führen. Was in der Türkei recht ist,<br />

muss hier in Deutschland noch lange<br />

48<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

nicht gut sein. Die Lebensumstände<br />

sind einfach grundverschieden.<br />

Wie schon erwähnt, sollte man nach<br />

Möglichkeit beide Eltern kennen lernen.<br />

Das hat nicht nur seinen Grund<br />

darin, sich einen Eindruck über den Zustand<br />

bzw. die Gesundheit der <strong>Hund</strong>e<br />

zu verschaffen, sondern auch etwas<br />

vom Charakter der <strong>Hund</strong>e zu sehen. In<br />

Gegenwart der Züchter sollte ein Kontakt<br />

zu den <strong>Hund</strong>en möglich sein. Das<br />

setzt eine wesensfeste und charakterstarke<br />

Hündin voraus. Zeigt sie hier ein<br />

unangemessenes Maß an Aggressivität,<br />

kann man davon ausgehen, dass die<br />

Welpen dieses Verhalten von ihr übernehmen/erlernen.<br />

Denn was bei Muttern<br />

gut war, kann ja später nicht falsch<br />

sein. Deshalb sollte man hier von einem<br />

Kauf Abstand nehmen, wenn<br />

man Defizite im Verhalten der Mutter<br />

oder Elterntiere feststellt. In dieser frühen<br />

Lebensphase ist der Welpe, auf<br />

sein Verhalten bezogen noch ein unbeschriebenes<br />

Blatt. Alles was er in dieser<br />

Zeit von den erwachsenen Tieren in<br />

seiner Umgebung sieht, wird sich in<br />

seine eigenes Verhaltensrepertoire einbrennen.<br />

Dies nennt man Prägung und<br />

das gilt sowohl für positives wie auch<br />

leider für negatives Verhalten. Wird<br />

also hier schon die Grundlage für ein<br />

problematisches Verhalten gelegt, zum<br />

Beispiel übermäßige Scheu, kann man<br />

nicht erwarten, später einen wesenesfesten<br />

<strong>Hund</strong> zu haben. Zeigt das Muttertier<br />

ein ausgeprägtes Schutzverhalten<br />

dem Menschen gegenüber, wird<br />

auch dieses Verhalten beim Welpen<br />

geprägt. Hat man ein solches negativ<br />

geprägtes Verhalten wird es später<br />

möglicherweise nicht einfach sein, darauf<br />

noch Einfluss zu nehmen. Im<br />

schlimmsten Fall kann man nur noch<br />

versuchen, irgendwie mit diesem Ver-<br />

halten umzugehen. In manchen Fällen<br />

wird selbst das nicht mehr möglich sein.<br />

Grundsätzlich muss man sich über das<br />

Potenzial dieser <strong>Hund</strong> im Klaren sein.<br />

Wie schon erwähnt, wird man, bedingt<br />

durch die hohe Eigenständigkeit dieser<br />

<strong>Hund</strong>e, mit Erziehungsmaßnahmen,<br />

die über Druck und Verbot, nicht weit<br />

kommen und der <strong>Hund</strong> wird zu einer<br />

tickenden Zeitbombe und sich im<br />

schlimmsten Fall gegen seine Menschen<br />

zur Wehr setzen. Auf der anderen Seite<br />

wird ein Mangel an Konsequenz, klarer<br />

Führung und Absicherung durch den<br />

Menschen mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit dazu führen,<br />

dass der <strong>Hund</strong> seinen Job, für den<br />

diese Rasse entstanden ist, ausführt<br />

und zwar immer, überall, in jeder passenden<br />

und unpassenden Situation.<br />

Und das wird mit Sicherheit zu Problemen<br />

für den Menschen führen. Will<br />

man sich solch einen <strong>Hund</strong> wirklich<br />

anschaffen, muss man sich die Frage<br />

stellen, ob er wirklich hier in unsere Zivilisation<br />

gehört und ob man wirklich<br />

willens und in der Lage ist, sich dem<br />

Potenzial dieser <strong>Hund</strong>e zu stellen. Auf<br />

keinen Fall sollte man sich einen solchen<br />

<strong>Hund</strong> anschaffen, nur weil diese<br />

Rasse gerade„in“ ist. Mit dem Kauf eines<br />

<strong>Hund</strong>es im Welpenalter übernimmt<br />

man die Verantwortung für die nächsten<br />

zwölf bis vierzehn Jahre. Ob der<br />

Kangal dann noch in Mode ist – wer<br />

weiß? Hinzu kommt, dass Kangals in<br />

einigen Bundesländern zumindest als<br />

Kategorie-2-<strong>Hund</strong>e gelistet sind, womit<br />

in vielen Gemeinden immens hohe<br />

Steuern und entsprechende Auflagen<br />

auf den Besitzer zukommen.<br />

Antje Henze<br />

www.passion4dogs.de<br />

Textquellen: www.kangal-dog.de und<br />

www.hirtenhund.de


Offener Brief an die Landesregierungen<br />

zum Thema<br />

Aggressivität bei <strong>Hund</strong>en<br />

„Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

die kontroversen Diskussionen<br />

zum Thema„Aggressivität bei <strong>Hund</strong>en“<br />

in der Öffentlichkeit werden lauter, der<br />

Druck zu einer Lösungsfindung anscheinend<br />

höher. Vereinzelte Forderungen<br />

und Gesetzesentwürfe entbehren jeglicher<br />

Grundlage.<br />

Die Aggressivität eines <strong>Hund</strong>es lässt<br />

sich weder an einer bestimmten Rasse,<br />

noch der Größe des <strong>Hund</strong>es binden.<br />

Jedwede außer Kontrolle geratene Aggressivität<br />

eines <strong>Hund</strong>es ist lediglich<br />

den Haltungsumständen, dem Umgang<br />

durch den Menschen und krankhaften<br />

Ursachen zuzuordnen. Hier eine pauschale<br />

Regelung für bestimmte Rassen<br />

treffen zu wollen, wird weder zum Ziel<br />

führen, noch eine Minimierung der Vorfälle<br />

herbeiführen. Es sei denn das angestrebte<br />

Ziel heißt: Ausrottung der<br />

Spezies„<strong>Hund</strong>“.<br />

<strong>Hund</strong>e bereichern die Gesellschaft, sie<br />

tragen nachweislich zu einem besseren<br />

Wohlbefinden bei, sie retten Menschenleben,<br />

sie werden im menschlichen<br />

Dienste vielfältig (u.a. Polizeihunde,<br />

Rettungshunde, Therapiehunde, Behindertenbegleithunde)<br />

positiv eingesetzt.<br />

<strong>Hund</strong>e nehmen einen positiven<br />

Einfluss auf die Gesundheit des Menschen<br />

und tragen somit zu Einsparungen<br />

im Gesundheitssystem bei. Hierzu<br />

gibt es ausreichend belegte Studien.<br />

Es kann und darf nicht das Ziel sein,<br />

Gesetzgebungen auf dem Rücken der<br />

<strong>Hund</strong>e zu verordnen,<br />

sondern das Ziel sollte<br />

sein:<br />

An die Landesregierungen<br />

Sehr geehrte Damen<br />

und Herren,<br />

...<br />

• präventive Maßnahmen zur Aufklärung<br />

für den Menschen zu ergreifen<br />

• eine statistische Erfassung aller <strong>Hund</strong>e<br />

durch Mikrochip (erfassbar durch<br />

Satelliten)<br />

• die Errichtung einer deutschland-weiten<br />

Datenbank<br />

• unabhängige Kontrollorgane für die<br />

Bereiche Zucht, Ausbildungsinstitute,<br />

Tierheim, <strong>Tierschutz</strong>organisationen/<br />

<strong>Hund</strong>epensionen zu beauftragen<br />

• eine staatlich anerkannte Ausbildung<br />

zum <strong>Hund</strong>etrainer (2-jährig) und<br />

auch <strong>Hund</strong>everhaltenstherapeuten<br />

(3-jährig) in Theorie und Praxis von<br />

fachkompetenten Institutionen aufzunehmen<br />

• die bundesweite Einführung der alltagstauglichen<br />

<strong>Hund</strong>ehalter Prüfung<br />

(in Theorie und Praxis)<br />

• eine klare gesetzliche Regelung zum<br />

kontrollierten Import/Export von<br />

<strong>Hund</strong>en<br />

Gesetzesentwürfe zum 20/40-Modell<br />

und Rasselisten haben ganz klar versagt<br />

und es wäre absurd daran fest zu<br />

halten, geschweige denn diesen Weg<br />

weiter beschreiten zu wollen.<br />

Vermischtes<br />

Es ist ein Trugschluss die Lage durch<br />

Leinen- und/oder Maulkorbzwang entspannen<br />

zu können. Diese Maßnahmen<br />

führen zu weiteren Problemen, da die<br />

Ursache außer Acht gelassen wird.<br />

Durch einen generellen Leinenzwang<br />

ist eine artgerechte Auslastung der<br />

<strong>Hund</strong>e nicht möglich. Durch einen<br />

Maulkorbzwang wird es dennoch weiter<br />

Verletzungen und eine potentielle<br />

Steigerung der Aggressivität geben.<br />

Die Rasselisten und steigende Steuern<br />

benannter Rassen tragen zur Ausrottung<br />

der Rassen bei, ändern jedoch<br />

nichts an der Problematik, denn es wird<br />

weitere Rassen geben, die hinzugefügt<br />

werden müssten. Hier wird versucht<br />

ein Symptom einzudämmen, lässt allerdings<br />

ebenfalls die Ursache außer Acht.<br />

Es wäre wünschenswert, eine einheitliche<br />

Linie in Bezug auf die Ausbildungsformen/-methoden<br />

zu verfolgen und<br />

weiter ist es unabdingbar den <strong>Hund</strong>ehalter<br />

und/oder angehenden <strong>Hund</strong>ehalter<br />

in die Verantwortung zu nehmen.<br />

Solange von diversen Institutionen der<br />

Propagandaruf erfolgt, alle <strong>Hund</strong>e mit<br />

einander in Kontakt treten zulassen<br />

(durch z.B. Welpenspiel- und/oder Raufergruppen,<br />

Spielwiesen etc.) und die<br />

Wichtigkeit solcher Vergesellschaftungen<br />

im Vordergrund steht, wird es<br />

nach wie vor Übergriffe – innerartlich,<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 49


Vermischtes<br />

wie auch gegenüber dem Menschen –<br />

geben müssen. Der Fokus muss auf die<br />

Mensch-/<strong>Hund</strong>gemeinschaft gelegt<br />

werden, denn der Mensch ist für den<br />

<strong>Hund</strong> der Dreh- und Angelpunkt. Der<br />

<strong>Hund</strong> schliesst sich bereitwillig seinem<br />

Menschen an und genau hier sollte<br />

eine fundierte positive Umgangsform<br />

geschaffen werden. Viele gängige Tests<br />

und Überprüfungen der <strong>Hund</strong>e gehen<br />

an der Realität vorbei, Wesenstests<br />

50<br />

sind Momentaufnahmen und können<br />

keine langfristigen Bescheinigungen<br />

zulassen. Die Einwirkung des Menschen<br />

kann einen <strong>Hund</strong> jeder Rasse binnen<br />

kurzer Zeit auffällig werden lassen.<br />

Daher bitte ich Sie, Abstand von Maßregelungen<br />

der <strong>Hund</strong>e zu nehmen und<br />

Ihr Gedankengut Richtung Mensch zu<br />

bündeln.<br />

Kein Leinenzwang im Jagdbezirk<br />

Gerne stehe ich Ihnen unterstützend<br />

zur Seite und erörtere Ihnen die Zusammenhänge.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Heike Beuse<br />

“<br />

<strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong> GbR<br />

<strong>Hund</strong> sollte bei spielenden<br />

Kindern nicht frei herumlaufen<br />

Auf einem Grundstück, auf dem regelmäßig Kinder spielen, sollte<br />

ein<strong>Hund</strong> nicht frei herumlaufen. Nach Auffassung der Richter riskiert<br />

der <strong>Hund</strong>ehalter andernfalls, in vollem Umfang haften zu<br />

müssen, wenn das Tier ein Kind verletzt. Denn mit diesem so<br />

genannten tiertypischen Verhalten müsse der Halter rechnen.<br />

Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schmerzensgeld- und Schadenersatzklage<br />

eines minderjährigen Mädchens statt. Das Kind<br />

hatte mit dem Sohn eines Unternehmers auf dem Werksgelände<br />

gespielt. Dort lief auch der <strong>Hund</strong> des Unternehmers frei herum.<br />

Offenbar wollten die Kinder mit dem <strong>Hund</strong> spielen. Dabei wurde<br />

das Mädchen gebissen.<br />

Das OLG meinte, der <strong>Hund</strong>ehalter hätte seinen <strong>Hund</strong> nur frei<br />

herumlaufen lassen dürfen, wenn zuvor sichergestellt gewesen<br />

wäre, dass kein Fremder das Gelände betreten kann. Wegen seines<br />

Sohnes habe er aber damit rechnen müssen, dass sich auch<br />

andere Kinder auf dem Betriebs-gelände aufhielten. Als unerheblich<br />

werteten die Richter, dass der <strong>Hund</strong> zuvor angeblich am<br />

Schwanz gezogen wurde.<br />

<strong>Hund</strong>e dürfen in einem Jagdbezirk nicht ohne Aufsicht frei laufen gelassen werden. Dies schreiben<br />

die jeweiligen Landesjagdgesetze zum Schutz des Wildbestandes vor. Dabei bedeutet„Aufsicht“<br />

nicht aber gleich„angeleint“. Ein Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift liegt so erst dann vor,<br />

wenn sich der <strong>Hund</strong> im Jagdbezirk außerhalb der Sicht- oder Rufweite des <strong>Hund</strong>eführers aufhält<br />

oder der <strong>Hund</strong>eführer nicht die tatsächliche Möglichkeit hat, durch gezielte Kommandos oder<br />

andere Handlungen eine Kontrolle über sein Tier auszuüben. Damit kann ein <strong>Hund</strong> auch dann<br />

unter Kontrolle sein, wenn er nicht angeleint ist.<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

§<br />

Rechtssprechung<br />

(AG Altenkirchen, Az. 2109 Js 35731/96-9 OWi)<br />

(OLG Frankfurt, Az. 26 U 15/04)


Warnung vor dem <strong>Hund</strong><br />

Auf einem Grundstück, auf dem regelmäßig Kinder spielen, sollte ein<br />

<strong>Hund</strong> nicht frei herumlaufen. Nach Auffassung der Richter riskiert der<br />

<strong>Hund</strong>ehalter andernfalls, in vollem Umfang haften zu müssen, wenn das<br />

Tier ein Kind verletzt. Denn mit diesem so genannten tiertypischen<br />

Verhalten müsse der Halter rechnen.<br />

Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schmerzensgeld- und Schadenersatzklage<br />

eines minderjährigen Mädchens statt. Das Kind hatte mit dem<br />

Sohn eines Unternehmers auf dem Werksgelände gespielt. Dort lief auch<br />

der <strong>Hund</strong> des Unternehmers frei herum. Offenbar wollten die Kinder mit<br />

dem <strong>Hund</strong> spielen. Dabei wurde das Mädchen gebissen.<br />

Das OLG meinte, der <strong>Hund</strong>ehalter hätte seinen <strong>Hund</strong> nur frei herumlaufen<br />

lassen dürfen, wenn zuvor sichergestellt gewesen wäre, dass kein<br />

Fremder das Gelände betreten kann. Wegen seines Sohnes habe er aber<br />

damit rechnen<br />

müssen, dass sich auch andere Kinder auf dem Betriebsgelände aufhielten.<br />

Als unerheblich werteten die Richter, dass der <strong>Hund</strong> zuvor<br />

angeblich am Schwanz gezogen wurde.<br />

(OLG Frankfurt, Az. 26 U 15/04)<br />

Rechtssprechung<br />

Bellen eines Wachhundes<br />

<strong>Hund</strong>egebell<br />

Gelegentliches Bellen ist kein Grund die Erlaubnis zur<br />

Tierhaltung zu widerrufen. Das kurze Anschlagen eines<br />

<strong>Hund</strong>es bei Besuch, das längere Verbellen fremder<br />

Personen, das heftige Begrüßen naher Angehöriger<br />

sind artgerechte Reaktionen des Tieres, die mit der<br />

Zustimmung zur <strong>Hund</strong>ehaltung bereits in Kauf genommen<br />

worden sind.<br />

(AG Hamburg-Wandsbek, Az 716c C 114/90)<br />

Der Hausmeister einer Schule hielt einen Wachhund. Das Tier bellte unmotiviert zu jeder Zeit und<br />

störte die Nachbarn im Schlaf. Vom Amtsgericht wurde der <strong>Hund</strong>ehalter zu 600,00 DM Bußgeld verurteilt.<br />

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung, dem Tier ist keine Bellfreiheit zuzubilligen.<br />

Der <strong>Hund</strong> darf im Rahmen seiner Tätigkeit nicht auf jedes Geräusch reagieren. Nach einem Alarmgebell<br />

hat der <strong>Hund</strong>ehalter unverzüglich für Ruhe zu sorgen.<br />

(OLG Düsseldorf, AZ 5 ss – Owi – 170/90 – 87/90)<br />

Problemhundtherapie • Inhaber Sascha Weinheimer • 22149 Hamburg<br />

Problemhundetherapeut & Gebrauchshundeausbilder<br />

E-Mail: info(at)problemhundtherapie.de • Telefon 040 / 769 749 22<br />

Mobil 0163 / 719 74 50<br />

www.problemhundtherapie.de<br />

Vermischtes<br />

§<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 51


An den Präsidenten des Verbandes<br />

für das Deutsche <strong>Hund</strong>ewesen (VDH)<br />

e.V. Prof. Dr. Peter Friedrich<br />

„Sehr geehrter Herr Prof.<br />

Friedrich,<br />

ich möchte Ihre jüngste Stellungnahme<br />

in der Öffentlichkeit zum Anlass<br />

nehmen und noch einmal auf die in<br />

meinen Augen tierschutzrelevante<br />

Praxis der Zucht mit erbkranken <strong>Hund</strong>en<br />

in einigen Ihrer Mitgliedsvereine<br />

hinweisen.<br />

In der Sendung„Stern TV“ mit Günther<br />

Jauch vom 03.11.2010 wurden einige<br />

<strong>Hund</strong>erassen vorgestellt, darunter auch<br />

der Cavalier King Charles Spaniel. In<br />

der Diskussion stellten Sie fest, dass im<br />

VDH mit erbkranken <strong>Hund</strong>en nicht gezüchtet<br />

werde. Leider trifft diese Aussage<br />

nicht immer die Realität. Stellvertretend<br />

anhand des Cavalier King<br />

Charles Spaniels, der im VDH immerhin<br />

durch drei Vereine betreut wird,<br />

möchte ich Sie darauf hinweisen, dass<br />

im breiten Stil und sehr wohl wissentlich<br />

und zudem über lange Zeiträume<br />

hinweg bewusst mit erbkranken <strong>Hund</strong>en<br />

gezüchtet wird, auch im VDH.<br />

Beispiel 1 – Arnold Chiari<br />

Malformation / Syringomyelie<br />

(SM)<br />

Diese oft schwerwiegend verlaufende<br />

und zur Euthanasie führende, die <strong>Hund</strong>e<br />

– und auch Halter – mit erheblichen<br />

Leiden und Schmerzen belastende<br />

52<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Offener Brief an den<br />

VDH zur Zuchtpraxis mit<br />

erbkranken <strong>Hund</strong>en<br />

Erbkrankheit des Gehirns und der Nerven<br />

wird gerne als„Kratz-Syndrom“ verharmlost,<br />

wie es aktuell auch auf der<br />

Startseite des Verband Deutscher Kleinhundezüchter<br />

im VDH geschieht ( http:<br />

//www.kleinhunde.de/ ). Dessen langjährige<br />

Zuchtleiterin Karin Biala-Gauß<br />

behauptet dort zudem, dass bei gerade<br />

„vielleicht 1 % SM-Erkrankungen“ festzustellen<br />

seien. Trotzdem bleiben <strong>Hund</strong>e<br />

in der Zucht, die nachweislich an<br />

SM erkrankte Vorfahren oder Nachkommen<br />

haben. Lediglich Verpaarungen<br />

zweier – durch Vorfahren oder Nachkommen<br />

– als„SM-belastet“ gekennzeichnete<br />

<strong>Hund</strong>e sind untersagt. Frau<br />

Biala-Gauß erklärt sogar:„Wir weisen<br />

ausdrücklich darauf hin, dass die Kennzeichnungen<br />

nur für die SM-Selektion<br />

zu beachten sind. Sie sollen die Nutzung<br />

der Zuchttiere ansonsten in keinster<br />

Weise beeinträchtigen.“<br />

In ihrem dort veröffentlichten Schreiben<br />

vom 03.11.2010 räumt die Obfrau<br />

des„Wissenschaftlichen Beirates für<br />

Zucht und Forschung“ des VDH<br />

Dr. Helga Eichelberg ein: „Es handelt<br />

sich sicher um keine Methode, um die<br />

Rassen von dieser Krankheit zu befreien.<br />

Dennoch scheint sie uns geeignet<br />

zu sein, bis zur Etablierung einer besseren<br />

Untersuchungsmethode wenigstens<br />

einer weiteren Verbreitung des<br />

Defektes entgegen zu wirken.“ Damit<br />

wird vom VDH ein Freibrief für die<br />

Zucht sogar mit manifesten SM-Vererbern<br />

erteilt.<br />

Warum wird nicht konsequent auf die<br />

Zucht mit SM-belasteten <strong>Hund</strong>en verzichtet,<br />

zumal wenn diese nach Angaben<br />

von Zuchtleiterin Biala-Gauß nur<br />

1% der Population darstellen?<br />

Beispiel 2 – Mitral Valve<br />

Disease (MVD)<br />

Wesentlich breitflächiger als mit der<br />

o.g. SM ist die Population der Cavalier<br />

King Charles Spaniels mit einem erblich<br />

bedingten Verlauf einer Herzkrankheit<br />

belastet, der Mitral Valve Disease<br />

(MVD). Ein sehr hoher Anteil der Cavaliere<br />

ist bereits in jungen Jahren an<br />

dieser nicht selten innerhalb von zwei<br />

Jahren tödlich verlaufenden Herzkrankheit<br />

erkrankt (etwa 50%). Schon 1997<br />

wurde festgestellt, dass diese <strong>Hund</strong>erasse<br />

21mal häufiger von MVD betroffen<br />

ist als der Durchschnitt. Zudem<br />

sind Cavaliere auffällig früh betroffen.<br />

Bei anderen <strong>Hund</strong>erassen gilt diese<br />

Herzschwäche lediglich als eine typische<br />

Alterskrankheit. Bereits 1998 wurden<br />

von einem internationalen Wissenschaftlergremium<br />

klare Empfehlungen<br />

zur Bekämpfung ausgesprochen.<br />

Diese haben zwölf Jahre später noch<br />

keine Beachtung in der Praxis des VDH<br />

gefunden. Auch zur Bekämpfung dieser<br />

Krankheit fehlt es an einem wir-


kungsvollen Programm. Auch hier darf<br />

ausdrücklich mit symptomatischen,<br />

sogar bereits durch Herzgeräusche auffälligen<br />

<strong>Hund</strong>en gezüchtet werden,<br />

wenn auch eingeschränkt. Nach dem<br />

„Mitral Valve Disease Breeding Protocol“<br />

von 1998 (s.o.) sollen Cavaliere, die<br />

unter fünf Jahren ein Herzgeräusch<br />

zeigen, nicht in die Zucht. Auch sollen<br />

Rüden frühestens im Alter von zweieinhalb<br />

Jahren in die Zucht gehen. Im<br />

VDH darf aber mit dreijährigen Rüden<br />

gezüchtet werden, die ein Herzgeräusch<br />

Grad 1 und ab sechs Jahren sogar<br />

Grad 2 zeigen. Rüden dürfen bereits<br />

mit neun Monaten in die Zucht, einem<br />

Alter indem die Anlage zu MVD noch<br />

gar nicht beurteilt werden kann.<br />

Zudem begnügt man sich zur Zuchtzulassung<br />

mit dem Ergebnis der Auskultation<br />

durch einen beliebigen Veterinär,<br />

obwohl es unstrittiger Stand der<br />

Medizin ist, dass eine Diagnose lediglich<br />

auf Basis der Auskultation nur<br />

ausgesprochenen Spezialisten und ansonsten<br />

nur mit Hilfe technischer Diagnosemittel<br />

(wie Doppler-Ultraschall)<br />

möglich ist.<br />

Die langjährige Halterin von Cavalier<br />

King Charles Spanieln Elke Grabhorn<br />

hat hierzu am 01.11.2010 einen Artikel<br />

veröffentlicht, der Einzelheiten und<br />

umfangreiche Quellen zu dem hier genannten<br />

enthält ( http://petwatch.<br />

blogspot.com/2010/11/cavalierehaben-sehr-viel-herz.html<br />

).<br />

Das geltende <strong>Tierschutz</strong>gesetz verbietet<br />

in § 11b aber genau hier genannte<br />

Zuchtpraktiken wenn bestimmt wird:<br />

„Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten...,<br />

wenn damit gerechnet werden<br />

muss, dass bei der Nachzucht, ... erblich<br />

bedingt Körperteile oder Organe<br />

für den artgemäßen Gebrauch fehlen<br />

oder untauglich oder umgestaltet sind<br />

und hierdurch Schmerzen, Leiden oder<br />

Schäden auftreten.“<br />

Zudem ist es ethisch und zumal für<br />

einen <strong>Hund</strong>efreund kaum nachvollziehbar,<br />

bekannte Erbkrankheiten nicht<br />

konsequent und vorrangig in der Zucht<br />

zu bekämpfen. In der Satzung des VDH<br />

§2 Abs.2.1 heißt es ja:„Als ordentlicher<br />

Züchter und Halter gilt, wer lediglich<br />

aus Gründen der Liebhaberei (Hobby)<br />

die Zucht und/oder Ausbildung nach<br />

kynologischen Grundsätzen betreibt<br />

und fördert.“<br />

Wer würde aber seinen <strong>Hund</strong>en solche<br />

Leiden zumuten, wenn lediglich„aus<br />

Gründen der Liebhaberei“ gezüchtet<br />

wird? Bemerkenswert ist auch, dass<br />

man in manchen Mitgliedsvereinen<br />

des VDH angesichts solch schwerer<br />

Schäden wie oben beschrieben zu keinen<br />

ernsthaften Maßnahmen bereit<br />

oder in der Lage ist, jedoch kleinste<br />

Farbvarianten, die rein optisch einem<br />

von Menschen ausgedachten Standard<br />

widersprechen – wie beim Cavalier ein<br />

weißer Fleck – sofort zum Zuchtausschluss<br />

führen. Zugleich wird die Verpaarung<br />

der verschiedenen Farbvarianten<br />

streng untersagt.<br />

Mir ist durchaus bewusst, dass der VDH<br />

in Konkurrenz zu den vielen Verbänden<br />

steht, die „Züchtern“ ein wesentlich<br />

komfortableres Dach bieten – regelmäßig<br />

zulasten und auf Kosten des<br />

Wohls der <strong>Hund</strong>e. Mir ist durchaus bewusst,<br />

dass die Lage der <strong>Hund</strong>e außerhalb<br />

des VDHs nicht selten noch wesentlich<br />

schlechter ist. Und ich gehe<br />

davon aus, dass Sie persönlich und der<br />

VDH sehr an einer am Wohl der <strong>Hund</strong>e<br />

orientierten Zuchtpraxis interessiert<br />

Vermischtes<br />

sind. Zur Durchsetzung von allgemein<br />

gültigen Mindeststandards für die<br />

Zucht von <strong>Hund</strong>en und damit zum<br />

Schutz der seriösen Züchterschaft<br />

wäre darüber hinaus der Gesetzgeber<br />

in der Pflicht.<br />

Eine bewusste Zucht mit Erbkrankheiten<br />

und Gendefekten kann aber zu keinem<br />

Zeitpunkt toleriert werden, bestenfalls<br />

dann kurzfristig in einer konkret<br />

definierten Übergangsphase im Rahmen<br />

eines verbindlichen Gesundzuchtprogramms.<br />

Hier wurde alleine die Zuchtpraxis<br />

beim Cavalier King Charles angesprochen.<br />

Leider ist die Behandlung dieser<br />

Rasse, wenn auch ein krasser, jedoch<br />

leider keineswegs ein Einzelfall, auch<br />

nicht unter dem Dach des VDHs.<br />

Ich möchte Sie daher bitten, Sorge dafür<br />

zu tragen, dass die Zuchtpraktiken<br />

zum Wohle des Cavalier King Charles<br />

umgehend und nachhaltig geändert<br />

werden, wie ich Sie ebenso bitten will,<br />

Sorge dafür zu tragen, damit eine Wende<br />

in der Zucht zum Wohle und zur<br />

Gesundheit der <strong>Hund</strong>e praktisch wirksam<br />

wird.<br />

Für Auskünfte und Rücksprache stehe<br />

ich Ihnen gerne zur Verfügung.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

“<br />

gez. Christoph Jung<br />

Diplom-Psychologe und Biologe<br />

Dortmunder für eine Wende in der<br />

Zucht zum Wohle der <strong>Hund</strong>e<br />

http://dortmunder-appell.de/<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 53


Krankheiten<br />

Idiopathische Aggression<br />

Ein Bericht von Antje Henze mit freundlicher Genehmigung der Züchterin Brigitte Friedl<br />

Im Sommer 2009 wurde eine <strong>Hund</strong>ehalterin durch ihren damals etwa 2-jährigen Golden Retriever<br />

Rüden schwer verletzt. Die Tierärztin der Familie schläferte den <strong>Hund</strong> kurz nach diesem Vorfall ein. Sie<br />

äußerte den Verdacht, dass bei diesem eine„Idiopathische Aggression“ vorgelegen haben könnte.<br />

Dies veranlasste mich, mich näher mit diesem Phänomen zu befassen.<br />

Diese Krankheit ist schon recht lange,<br />

etwa seit den 70er Jahren (damals<br />

hauptsächlich beim Cocker Spaniel)<br />

bekannt. Leider wird ihr bisher nicht<br />

genug Bedeutung beigemessen, als<br />

das es intensive Bemühungen zur Erforschung<br />

geben würde. Auch im Internet<br />

gibt es sehr wenige wirklich verständliche<br />

Informationen, und wenn,<br />

dann zumeist aus dem englischsprachigen<br />

Raum. Zu erwähnen sei hier die<br />

Seite von Linda Ward aus England,<br />

www.cockerspanielrage.org.uk , die<br />

schon seit Jahren für die Anerkennung<br />

und Beachtung dieser Krankheit kämpft.<br />

Während meiner Recherchen stieß ich<br />

auf die Seite www.cocker-spaniel.info.<br />

Diese wird von der Züchterin der Englischen<br />

Cocker-Spaniel „Volcatia“, Brigitte<br />

Friedl geführt. Außerdem hatte<br />

ich Gelegenheit, mich in einem sehr<br />

informativen Telefonat mit Frau Friedl<br />

über das Thema auszutauschen. Danke<br />

dafür! Zur Beschäftigung mit diesem<br />

Thema und schließlich auch der Veröffentlichung<br />

ihrer Ergebnisse kam Frau<br />

Friedl nach eigenen Angaben dadurch,<br />

dass sie selber einen Rüden hatte, der<br />

von der idiopathischen Aggression betroffen<br />

war. Da zunächst nicht bekannt<br />

war, was mit dem Rüden, der gut erzogen<br />

und seinen Anlagen entsprechend<br />

ausgelastet wurde, los war, ging er zunächst<br />

in die Zucht. Als das Problem<br />

allerdings auch in seiner Nachkommen-<br />

54<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

schaft auftrat, nahm sie ihn schließlich<br />

aus der Zucht und begann, sich intensiv<br />

mit dem Thema auseinander zu<br />

setzen, die Ergebnisse ihrer Recherchen<br />

zu veröffentlichen und betroffenen<br />

<strong>Hund</strong>ehaltern Hilfestellung zu geben.<br />

Foto: Fotolia<br />

Dies wurde leider unter ihren Züchterkollegen<br />

nicht unbedingt mit Beifall<br />

aufgenommen.<br />

Die von mir hier zusammengefassten<br />

Informationen stammen hauptsächlich<br />

aus den Seiten von Frau Friedl und aus<br />

dem mit ihr geführten Telefonat.<br />

Was versteht man unter<br />

dem Krankheitsbild der<br />

idiopathischen Aggression?<br />

Laut Wikipedia wird der Begriff idiopathisch<br />

in Verbindung mit Krankheiten<br />

Die idiopathische Aggression tritt anfallsartig auf, darf aber nicht mit dem Verhalten<br />

verwechselt werden, das durch mangelende Führung verursacht ist<br />

benutzt, die ohne erkennbare Ursache<br />

entstehen. Übersetzt könnte man also<br />

die idiopathische Aggression als eine<br />

Aggression bezeichnen, die auf ein<br />

Krankheitsbild zurückzuführen ist, deren<br />

Ursache nicht oder noch nicht gesichert<br />

erforscht ist, also eine krankhafte<br />

Aggression ohne erkennbare Ursache.<br />

Die davon betroffenen <strong>Hund</strong>e erschei-


nen einem, als ob sie zwei Persönlichkeiten<br />

in ihrer Brust vereinen würden.<br />

Im einen Moment sind sie ruhig, anhänglich<br />

und verschmust, im nächsten<br />

beißen sie scheinbar ohne jede Ursache<br />

um sich, was mitunter zu nicht unerheblichen<br />

Verletzungen von Mensch<br />

und / oder Tier führt. Nicht zu verwechseln<br />

ist dieses Krankheitsbild allerdings<br />

mit <strong>Hund</strong>en, die auf Grund mangelnder<br />

oder falscher Führung aggressiv<br />

auf ihre Umwelt reagieren. Leider wird<br />

sie immer mal wieder als Alibi herangezogen,<br />

um den unbequem gewordenen„besten<br />

Freund“ loszuwerden.<br />

Von der idiopathischen Aggression,<br />

auch unter dem Begriff„Cockerwut“<br />

bekannt, ist längst nicht mehr nur der<br />

Cockerspaniel betroffen. Auch bei Golden<br />

Retrievern, verschiedenen Terrier-<br />

Rassen, Berner Sennenhund, American<br />

Cocker tritt sie in Erscheinung, um nur<br />

einige zu nennen. Trotz früher gegenteiliger<br />

Vermutungen ist man heute so<br />

weit zu wissen, dass die idiopathische<br />

Aggression weder an das Gen für die<br />

rote Haarfarbe, noch an das Geschlecht<br />

gebunden ist, auch wenn Rüden weitaus<br />

häufiger davon betroffen sind als<br />

Hündinnen. Es handelt sich hier um<br />

eine ererbte, anfallsweise auftretende<br />

Aggressivität, deren Verlauf und Anfälle<br />

durchaus mit einer Epilepsie vergleichbar<br />

sind. Laut den Erfahrungen<br />

von Frau Friedl liegt die Vermutung<br />

nahe, dass neben der Komponente der<br />

Vererbung auch ein Zusammenhang<br />

zu Störungen im Stoffwechsel- oder<br />

Hormonhaushalt besteht.<br />

Die idiopathische Aggression kann überall<br />

auftreten, zumeist aber dort, wo das<br />

Interesse am„Endprodukt“ der Zucht<br />

verloren geht und wo Züchter Augen<br />

und Ohren davor verschließen, dass es<br />

ein Problem gibt, egal ob bei einem<br />

Hinterhofvermehrer oder in einem Mitgliedszwinger<br />

von anerkannten Rassehundevereinen.<br />

Der Prozentsatz der betroffenen <strong>Hund</strong>e<br />

im Verhältnis zur Gesamtpopulation<br />

hält sich früher wie heute im Promillebereich.<br />

Trotzdem sollte man das Problem<br />

nicht aus dem Blick verlieren.<br />

Wie sieht nun der Verlauf<br />

der idiopathischen Aggression<br />

aus?<br />

Die meisten <strong>Hund</strong>e werden meist<br />

schon im Alter von wenigen Monaten,<br />

beim Eintritt in die Geschlechtsreife<br />

auffällig. Allerdings zeigt sich das Problem<br />

hier oft noch nicht so offensichtlich.<br />

Leider wird es auch oft genug von<br />

Leuten, die es wissen müssten, heruntergespielt.<br />

Die Anfälle gewinnen<br />

dann mit zunehmendem<br />

Alter an Intensität. Gleichzeitig<br />

nimmt auch das Verletzungsrisiko<br />

für die mit<br />

im Haushalt lebenden<br />

Menschen und Tiere zu.<br />

Die Besitzer wissen sich<br />

oft nicht mehr zu helfen,<br />

da sie kaum irgendwo Unterstützung<br />

erhalten. Dadurch<br />

gehen die <strong>Hund</strong>e<br />

dann häufig durch etliche<br />

Hände, bis sie schließlich<br />

irgendwann eingeschläfert<br />

werden, weil man sich<br />

keinen anderen Rat mehr<br />

weiß.<br />

Foto: Fotolia<br />

Krankheiten<br />

z.B. häufig einem Herzinfarkt vorausgeht).<br />

Sie dauern beim erwachsenen<br />

<strong>Hund</strong> etwa zwischen zwei bis 15 Minuten,<br />

beim jungen <strong>Hund</strong> sind sie wesentlich<br />

kürzer und auch weniger auffällig.<br />

Diese Anfälle kommen allerdings nicht<br />

so ganz aus heiterem Himmel, wie man<br />

manchmal vermuten könnte. Der aufmerksame<br />

Beobachter kann das am<br />

Eintreten einer gewissen Ruhelosigkeit<br />

und Nervosität erkennen. Der <strong>Hund</strong><br />

befindet sich offensichtlich in einer<br />

Stresssituation. Auch verändert sich<br />

der Blick dahingehend, dass sich die<br />

Pupillen verengen und der Blick kalt<br />

und starr wird. Während des Anfalls<br />

werden oft fiktive oder reale Gegenstände<br />

bewacht. Der <strong>Hund</strong> knurrt sich<br />

in Rage, bis er ausrastet und es unter<br />

Umständen kein Halten mehr gibt.<br />

Vor und während des Anfalls zittern<br />

Die Anfälle treten laut Frau Auch andere <strong>Hund</strong>erassen wie beispielsweise Retrie-<br />

Friedl fast ausschließlich<br />

im häuslichen Umfeld auf,<br />

ver können die „Cockerwut“ aufweisen<br />

oft dann, wenn der Körper zur Ruhe die <strong>Hund</strong>e häufig. Danach sind sie völ-<br />

kommt (ein Phänomen, welches auch lig orientierungslos und machen den<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 55


Krankheiten<br />

Eindruck, als wüssten sie überhaupt<br />

nicht, was soeben los war. Um die Intensität<br />

und Häufigkeit der Anfälle<br />

positiv zu beeinflussen, kann es durchaus<br />

hilfreich sein, wenn man dem <strong>Hund</strong><br />

regelmäßige Ruhephasen in einer stressfreien<br />

Umgebung verschafft, ihn notfalls<br />

in einem störungsfreien Raum separiert<br />

(nicht unbedingt isoliert). Dabei<br />

sollte man sehr ruhig mit ihm umgehen,<br />

damit er wirklich zur Ruhe kommen<br />

kann. Ansonsten kann man auch<br />

diese <strong>Hund</strong>e durchaus normal artgerecht<br />

arbeiten und belasten. Dieser<br />

„positive Stress“ ist laut Frau Friedl für<br />

die <strong>Hund</strong>e durchaus in Ordnung.<br />

Grundsätzlich ist die idiopathische Aggression<br />

nicht heilbar, man kann die<br />

Auswirkungen bestenfalls lindern indem<br />

man die eigenen Lebensgewohnheiten<br />

auf den <strong>Hund</strong> ausrichtet. Bei<br />

einem Rüden kann durch eine frühzeitige<br />

Kastration eine Besserung eintre-<br />

56<br />

Foto: Fotolia<br />

Betroffene <strong>Hund</strong>e knurren sich in Rage,<br />

bis es oft kein Halten mehr gibt<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

ten. Hündinnen reagieren auf eine<br />

Kastration eher gegenteilig und werden<br />

oft noch aggressiver. Allgemein<br />

scheint es bei ihnen einfacher zu sein,<br />

über eine Anpassung der Lebensumstände<br />

an die besonderen Anforderungen<br />

an einen solchen <strong>Hund</strong>es, ein relativ<br />

normales Leben zu ermöglichen, als<br />

bei Rüden. Diese kommen leider häufig<br />

an einen Punkt, an dem ein weiteres<br />

Zusammenleben in der Familie<br />

nicht mehr tragbar ist und man eine<br />

Erlösung des <strong>Hund</strong>es zum Wohle aller,<br />

nicht zuletzt zum Wohle des <strong>Hund</strong>es,<br />

wirklich in Erwägung ziehen sollte.<br />

Über Erziehung und Verhaltensumlenkung<br />

ist an die echte idiopathische<br />

Aggression nicht heranzukommen, da<br />

sich die heftigen Anfälle in aller Regel<br />

in den eigenen vier Wänden und in<br />

völlig unvorhersehbaren Situationen<br />

abspielen. Leider wird eine durch fehlende/falsche<br />

Erziehung erlernte Aggression<br />

oft mit dieser idiopathischen<br />

Aggression verwechselt, wodurch so<br />

mancher <strong>Hund</strong> nicht die wohlverdiente<br />

Chance auf eine Verhaltensänderung<br />

bekommt. Für die Halter der betroffenen<br />

<strong>Hund</strong>e ist ein offener Umgang mit<br />

dem Problem wichtig.<br />

Es macht Sinn, den <strong>Hund</strong> auf Stoffwechselstörungen<br />

untersuchen zu lassen,<br />

da diese häufig mit dem Problem einhergehen.<br />

Auch sollte der Züchter<br />

über das Auftreten der idiopathischen<br />

Aggression informiert werden, damit<br />

er Gelegenheit bekommt, in seiner<br />

Zucht darauf zu reagieren und die Vererber<br />

aus der Zucht zu nehmen. Tritt<br />

ein Anfall auf, ist es wichtig, Ruhe zu<br />

bewahren und darauf zu achten, dass<br />

der <strong>Hund</strong> weder sich noch andere verletzen<br />

kann. Wenn der <strong>Hund</strong> noch ansprechbar<br />

ist und sich anfassen lässt,<br />

kann man ihm durch den Anfall helfen,<br />

indem man ihm die Hand auf den Körper<br />

auflegt und ihm so Ruhe und Sicherheit<br />

bietet. Während eines Anfalles<br />

sollte in Gegenwart des <strong>Hund</strong>es<br />

allenfalls ruhig gesprochen und sich<br />

langsam bewegt werden.<br />

Auf Züchterseite wäre es sinnvoll die<br />

betroffenen <strong>Hund</strong>e und Linien aus der<br />

Zucht zu nehmen. Dies allerdings liegt<br />

nach wie vor in der Eigenverantwortung<br />

der Züchter. Es wird oft betont,<br />

dass diese Krankheit heute ausgestorben<br />

sein soll. Allerdings wird immer<br />

wieder von Fällen berichtet, die das<br />

Gegenteil belegen (so wie der eingangs<br />

erwähnte Vorfall im Sommer 2009).<br />

Sicher ist, dass wenn sich auch die Zahl<br />

der betroffenen <strong>Hund</strong>e im Promillebereich<br />

bewegt, jeder <strong>Hund</strong>, der unter<br />

einer idiopathischen Aggression leidet,<br />

einer zu viel ist.<br />

Antje Henze<br />

www.passion4dogs.de<br />

passion4dogs<br />

Inhaberin Antje Henze<br />

58256 Ennepetal<br />

Tel.: 02333 / 631 140<br />

a.henze@passion4dogs.de<br />

Problemhundtherapie,<br />

Welpenfrüherziehung<br />

www.passion4dogs.de


Vergiftungen bei <strong>Hund</strong> und Katze<br />

Giftige Nahrungsmittel:<br />

Alkohol<br />

Avocado<br />

Erdnüsse<br />

Hülsenfrüchte<br />

Kaffee<br />

Kohlsorten<br />

Knochen<br />

Macadamia-Nüsse<br />

Muskat-Nüsse<br />

Nachtschatten-Gewächse<br />

Obst-Steine<br />

Rettich/Radieschen<br />

Rosinen<br />

Rohes Schweinefleisch<br />

Schokolade/Kakao<br />

Weintrauben<br />

Zwiebel/Knoblauch<br />

Zimt<br />

Giftige Pflanzen:<br />

Azaleen und Rhododendron<br />

Buchsbaum<br />

Dieffenbachia / Fensterblatt / Philodendron<br />

Drachenbaum und Yucca-Palme<br />

Eibe<br />

Ficus und Gummibaum<br />

Goldregen<br />

Hortensie<br />

Misteln<br />

Oleander<br />

Weihnachtsstern<br />

Giftige Chemikalien<br />

und Medikamente:<br />

Carbamate und Organophosphate<br />

(Pestizide, Dünger)<br />

Rattengift (Cumarin-Verbindungen)<br />

Nitrat-Dünger<br />

Ibuprofen / Diclofenac<br />

Katze: Permethrin-Verbindungen<br />

Krankheiten<br />

–> Akuter Leberschaden, Koma, Tod<br />

–> Herzmuskelschäden<br />

–> Epileptiforme Anfälle<br />

–> In großer Menge Blähungen<br />

–> Koffein führt zu Herzrhythmusstörungen und neurologischen<br />

Problemen bis hin zu Todesfällen<br />

–> Blähungen<br />

–> Splitter-Gefahr: Verletzungen des Magen-Darm-Traktes<br />

Gefahr der Kotverstopfung<br />

–> Schäden an Magen-Darm-Trakt, Nervensystem und Muskeln<br />

–> Zittern, Krämpfe und Tod<br />

–> Grüne Anteile enthalten Atropin; Zittern und Herzrhythmusstörungen<br />

–> Enthalten Blausäure: Durchfall, Fieber, Atemnot, Krämpfe, Tod<br />

–> Blähungen<br />

–> Nierenschäden durch Weinsteinsäure (s.a. Weintrauben);<br />

Grenzwert: ca. 10 g pro kg Körpergewicht<br />

–> Möglicher Überträger von Trichinen und vom Aujezsky-Virus<br />

–> Enthält Theobromin: Nervengift (tödliche Dosis 100 mg Theobromin<br />

pro kg Körpergewicht; je höher der Kakaoanteil, umso giftiger!)<br />

–> Nierenschäden durch Weinsteinsäure (s.a. Rosinen)<br />

–> Hämolyse (= Auflösung der roten Blutkörperchen; Grenzwert 5-10 g / kg<br />

Körpergewicht)<br />

–> Enthält Cumarin-Verbindungen; hemmt die Blutgerinnung (vgl. Rattengift)<br />

–> Neurotoxin: Nervenschäden<br />

–> Tödliche Dosis: 5 g Blätter pro kg Körpergewicht<br />

–> Schleimhautreizungen durch Oxalsäure<br />

–> Hämolyse: Auflösung der roten Blutkörperchen; Speicheln, Erbrechen,<br />

Koma<br />

–> Tödliche Dosis: 30 g der Nadeln<br />

–> Speicheln, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Krämpfe<br />

–> Erbrechen, Durchfall, Kollaps<br />

–> Verdauungsstörungen<br />

–> Erbrechen, Durchfall, Fieber, Koma<br />

–> Störungen der Herztätigkeit<br />

–> Schleimhautentzündung, Erbrechen, Durchfall<br />

–> Hemmt Nervenimpulse; ZNS-, Magen-Darm- und Herz-Kreislauf-<br />

Symptome<br />

–> Hemmt die Blutgerinnung; Gefahr des Verblutens<br />

–> Stellt die Blutgefäße weit; Wasseraustritt ins Gewebe<br />

–> Hemmt die Leberenzyme; Tod durch Leberversagen<br />

–> Permethrine (z.B. in Preventic, Advantix, Exspot) sind giftig für Katzen!<br />

Tragen Sie keine Spot-on-Pipetten für den <strong>Hund</strong> bei der Katze auf!!!<br />

Medikamente für den Menschen sollten niemals ohne Rücksprache mit dem Tierarzt an <strong>Hund</strong> und Katze verabreicht<br />

werden! Unsere Haustiere besitzen andere Entgiftungssysteme in der Leber und können daher ganz anders auf<br />

Medikamente reagieren als wir Menschen!<br />

Verhaltensmaßnahmen: Packungsbeilage o.ä. mitbringen! Je nach Art des Giftes kann es sinnvoll sein, das Tier innerhalb<br />

von 30 Minuten nach Aufnahme eines Giftes erbrechen zu lassen!<br />

Telefonnummer der Giftzentrale: 02 28-1 92 40 Quelle: www.tierarztpraxis-am-schlagbaum.de<br />

Foto: Fotolia<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 57


Krankheiten<br />

Eine Allergie ist eine Überreaktion des<br />

Immunsystems auf eigentlich harmlose<br />

Stoffe. Ähnlich wie bei uns Menschen<br />

nehmen auch bei unseren Haustieren<br />

Allergien insgesamt immer mehr zu.<br />

Hierfür sind verschiedene Mechanismen<br />

verantwortlich: so spielt einerseits<br />

die zunehmende Umweltverschmutzung<br />

eine Rolle, andererseits<br />

nimmt man an, dass das Immunsystem<br />

aufgrund der heute insgesamt sehr<br />

guten hygienischen Bedingungen gewissermaßen„arbeitslos“<br />

geworden ist<br />

und so leichter zu Überreaktionen auf<br />

normalerweise nicht krankmachende<br />

Reize neigt.<br />

Symptome<br />

Beim <strong>Hund</strong> äußert sich eine Allergie<br />

mehr oder weniger ausnahmslos durch<br />

Juckreiz. Dieser tritt vor allem im Gesicht<br />

und an den Pfoten auf, kann aber<br />

auch den Unterbauch und die Achseln<br />

betreffen. Auf den Juckreiz reagiert<br />

der <strong>Hund</strong> mit vermehrtem Lecken oder<br />

Kratzen – dadurch kommt es in der<br />

Folge zu Infektionen mit bakteriellen<br />

Erregern und Hefepilzen. Auch häufige<br />

Ohrentzündungen ohne äußerlich erkennbaren<br />

Grund können Anzeichen<br />

einer Allergie sein!<br />

Ist der <strong>Hund</strong> auf bestimmte Futterinhaltsstoffe<br />

allergisch, kann er außerdem<br />

mit Verdauungsstörungen in Form<br />

von vermehrtem Grasfressen, Blähungen<br />

und Durchfällen reagieren.<br />

58<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Am Schlagbaum 2a • 59192 Bergkamen • Telefon: 02307 4 388 288<br />

www.tierarztpraxis-am-schlagbaum.de<br />

Allergien beim <strong>Hund</strong><br />

„Heuschnupfen“ und Asthma kommen<br />

dagegen beim <strong>Hund</strong> als Symptome<br />

einer Allergie – anders als bei uns Menschen<br />

– quasi nicht vor.<br />

Ursachen<br />

Mittlerweile weiß man, dass die Veranlagung,<br />

eine Allergie zu entwickeln genetisch<br />

bedingt ist, also von den Elterntieren<br />

vererbt wurde. Darüber hinaus<br />

spielen aber auch unter anderem die<br />

Belastung mit Umweltgiften, Stress<br />

und viele weitere Faktoren eine Rolle.<br />

Man unterscheidet beim <strong>Hund</strong> drei häufige<br />

Formen von Allergien, die durch<br />

unterschiedliche Auslöser, so genannte<br />

Allergene, hervorgerufen werden:<br />

1) Atopie / atopische Dermatitis<br />

Die Atopie oder auch atopische Dermatitis<br />

stellt eine häufige Form der<br />

Allergie dar, bei der die <strong>Hund</strong>e mit Juckreiz<br />

der Haut auf Allergene wie Hausstaub-<br />

und Futtermittelmilben, Schimmelpilze<br />

oder Pollen von Bäumen und<br />

Gräsern reagieren. Anders als früher<br />

angenommen, gelangen die Allergene<br />

jedoch nicht mit der Atemluft in den<br />

Körper des <strong>Hund</strong>es, sondern werden<br />

direkt über die Haut aufgenommen. Die<br />

Atopie entwickelt sich meist, wenn die<br />

<strong>Hund</strong>e bereits über ein Jahr alt sind.<br />

2) Futtermittelallergie / Futtermittelunverträglichkeit<br />

Auch die so genannten Futtermittel-<br />

allergien kommen beim <strong>Hund</strong> relativ<br />

häufig vor; sie verursachen ebenfalls<br />

Juckreiz der Haut, können aber auch<br />

Verdauungsstörungen wie Erbrechen,<br />

Blähungen oder Durchfälle hervorrufen.<br />

Hierbei gelangen die Allergene<br />

über die Nahrung in den Körper und<br />

werden dann vom Magen-Darm-Trakt<br />

aufgenommen. Futtermittelallergien<br />

bzw. -unverträglichkeiten können bereits<br />

ab einem Alter von wenigen Monaten<br />

auftreten.<br />

Die häufigsten Auslöser sind dabei:<br />

• Rindfleisch<br />

• Kuhmilch und Milchprodukte bzw.<br />

Laktose<br />

• Weizen<br />

• Hühnchenfleisch<br />

3) Flohbiss-Allergie<br />

Eine Sonderform stellt die Flohbiss-<br />

Allergie dar, bei der der <strong>Hund</strong> allergisch<br />

auf den Speichel der Flöhe reagiert.<br />

Dies führt dazu, dass schon ein<br />

einzelner Flohbiss hochgradigen Juckreiz<br />

verursachen kann! Anders als bei<br />

den beiden anderen Allergieformen<br />

sind hier die betroffenen Hautstellen<br />

meist der Rücken und die Kruppe.<br />

ACHTUNG!<br />

Eine Allergie ist nicht heilbar! Die Veranlagung,<br />

auf bestimmte Dinge allergisch<br />

zu reagieren, ist angeboren und<br />

bleibt lebenslang bestehen! Ziel der<br />

Behandlung ist es daher, die Beschwer-


den so gut wie möglich in den Griff zu<br />

bekommen.<br />

Foto: Fotolia<br />

Allergien machen sich beim <strong>Hund</strong> in<br />

erster Linie durch Juckreiz bemerkbar<br />

Ein <strong>Hund</strong> kann außerdem auch auf<br />

mehrere Dinge allergisch reagieren bzw.<br />

eine Atopie und eine Futtermittelunverträglichkeit<br />

haben – dies führt dazu,<br />

dass die Diagnostik und Behandlung<br />

oft mehrere Untersuchungen und Therapieansätze<br />

erfordert und sich dadurchrelativ<br />

langwierig gestalten kann!<br />

Behandlungsstrategien<br />

Bevor mit der Behandlung eine Allergie<br />

begonnen werden kann, müssen<br />

zunächst andere Ursachen wie Pilzoder<br />

Parasitenbefall sowie bakterielle<br />

Infektionen ausgeschlossen oder behandelt<br />

werden.<br />

Nächstes Ziel ist es, die auslösenden<br />

Allergene zu identifizieren. Dabei kommen<br />

je nach Form der Allergie unterschiedliche<br />

Tests zur Anwendung:<br />

1) „Allergietest“ bei Atopie und Flohspeichelallergie<br />

Ob das Tier auf Allergene wie Pollen,<br />

Schimmelpilze, Milben oder Flöhe reagiert,<br />

lässt sich über eine Blutuntersuchung<br />

feststellen. Dazu werden Ihrem<br />

Tier in unserer Praxis einige Milliliter<br />

Blut entnommen, die dann in einem<br />

Speziallabor auf diese Allergene getestet<br />

werden (ein Intrakutan-Test ist beim<br />

<strong>Hund</strong> ebenfalls möglich; dieser kann<br />

in spezialisierten Praxen und Kliniken<br />

durchgeführt werden). Das Ergebnis<br />

liegt in der Regel innerhalb weniger<br />

Tage vor.<br />

2) Eliminations-Diät bei Futtermittelallergie<br />

Die effektivste Möglichkeit, um bei einer<br />

Futtermittelunverträglichkeit herauszufinden<br />

auf welche Bestandteile<br />

das Tier reagiert, ist die so genannte<br />

Eliminationsdiät. Dafür muss der <strong>Hund</strong><br />

über die Dauer von zunächst acht<br />

Wochen ausschließlich mit einer Proteinquelle,<br />

das heißt einer Fleischsorte,<br />

und einer Kohlenhydratquelle gefüttert<br />

werden. Beide Dinge sollten für den<br />

<strong>Hund</strong> möglichst„neu“ sein und nicht<br />

in den Futtermitteln enthalten sein,<br />

die der <strong>Hund</strong> vorher zu Fressen bekommen<br />

hat. Gut geeignete, „exotische“<br />

Proteinquellen sind beispielsweise<br />

Pferdefleisch, Hirsch oder Strauß; als<br />

Kohlenhydratquellen eignen sich Kartoffeln<br />

oder z.B. auch Tapioka. Sie können<br />

als Besitzer diese Diät natürlich<br />

selbst zubereiten – mittlerweile gibt es<br />

aber auch Firmen, die Trocken- oder<br />

Feuchtfutter mit den entsprechenden<br />

Komponenten herstellen.<br />

Verschwindet innerhalb dieser acht<br />

Wochen der Juckreiz, so weiß man zum<br />

einen, dass der <strong>Hund</strong> auf diese Komponenten<br />

nicht allergisch reagiert. Zum<br />

Krankheiten<br />

anderen kann man nun weitere Komponenten<br />

– wiederum über einen Zeitraum<br />

von acht Wochen – mit hinzunehmen,<br />

um das Spektrum nach und nach<br />

zu erweitern. Tritt erneut Juckreiz auf,<br />

muss die entsprechende Komponente<br />

in Zukunft vermieden werden!<br />

Die Eliminationsdiät muss mindestens<br />

über einen Zeitraum von acht Wochen<br />

durchgeführt werden und verlangt<br />

von allen Menschen, die mit dem <strong>Hund</strong><br />

zusammenleben, Konsequenz und<br />

Disziplin, da leider jedes Gramm des<br />

allergieauslösenden Stoffes das Ergebnis<br />

für mehrere Wochen verfälschen<br />

kann.<br />

Ist bekannt, auf welche Stoffe der <strong>Hund</strong><br />

allergisch reagiert, besteht der wich-<br />

<strong>Hund</strong>eZentrum<br />

Ostfriesland<br />

Anett Kulke<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin,<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainerin,<br />

<strong>Hund</strong>everhaltensberaterin<br />

26603 Aurich<br />

E-Mail: whitewolf66(at)web.de<br />

Mobil: 01520 / 982 385 8<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 59


Krankheiten<br />

tigste Behandlungsansatz in der Vermeidung<br />

dieser Allergene. Eine solche<br />

Allergenvermeidung ist vor allem bei<br />

Futtermittelunverträglichkeiten und<br />

bei Flohspeichelallergie (regelmäßige<br />

Flohprophylaxe) relativ einfach durchzuführen<br />

– reagiert der <strong>Hund</strong> aber beispielsweise<br />

allergisch auf Hausstaubmilben,<br />

so lässt sich ein Kontakt mit diesen<br />

sehr viel schwieriger vermeiden.<br />

Für solche Fälle, in denen sich der Kontakt<br />

mit dem Allergen nur sehr schlecht<br />

vermeiden lässt, kommt die so genannte<br />

Hyposensibilisierung oder auch antigen-spezifische<br />

Immuntherapie als<br />

Behandlungsmöglichkeit in Frage. Dabei<br />

muss ebenfalls zunächst ein Allergietest<br />

erfolgen, um herauszufinden,<br />

auf welche Dinge das Tier reagiert. Aus<br />

diesen Antigenen wird dann in einem<br />

Speziallabor eine individuelle Lösung<br />

hergestellt, von der dem <strong>Hund</strong> dann<br />

über den Zeitraum von zunächst einem<br />

Jahr anfangs wöchentlich, später in größeren<br />

Abständen, eine kleine Menge<br />

injiziert wird. Dadurch„gewöhnt“ sich<br />

das Immunsystem an diese Allergene<br />

und die Allergiesymptomatik geht zurück.<br />

Ist eine solche Hyposensibilisierung<br />

erfolgreich, so sollte sie lebens-<br />

60<br />

<strong>Hund</strong>ezentrum Rems-Murr<br />

Inhaberin Simone Mangold<br />

<strong>Hund</strong>eerziehung, <strong>Hund</strong>everhaltenstherapeutin,<br />

Ernährungsberatung für <strong>Hund</strong>e<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

lang fortgesetzt werden, da<br />

auch durch diese Therapie<br />

die Allergie nicht geheilt,<br />

sondern nur reduziert wird!<br />

In akuten Fällen sowie bei<br />

hochgradigen Beschwerden<br />

können auch beim <strong>Hund</strong><br />

Kortisone angewandt wer- Foto: Fotolia<br />

den. Kortison drosselt die Eine Behandlungsstrategie: Beschränkung auf<br />

Funktion des Immunsystems eine Proteinquelle über die Dauer von acht<br />

und verhindert dadurch dessen<br />

Überreaktion auf das aus-<br />

Wochen<br />

lösende Allergen. Allerdings wird auch Eine weitere, relativ neue medikamen-<br />

die Abwehrleistung gegen tatsächlich telle Behandlungsmöglichkeit stellt<br />

krankmachende Erreger geschwächt, das Cyclosporin A dar. Dabei handelt<br />

so dass der Einsatz von Kortison im- es sich um einen Eiweißstoff aus einem<br />

mer sorgfältig abgewogen werden Bodenpilz, welcher gezielt die Über-<br />

sollte. Langfristig eingesetzt kommt es funktion des Immunsystems beein-<br />

außerdem zu zahlreichen weiteren Neflusst. Bei dieser Therapieform sind Nebenwirkungen<br />

auf den gesamten Orgabenwirkungen selten, das Medikament<br />

nismus.<br />

ist jedoch relativ teuer.<br />

Auch beim <strong>Hund</strong> können Antihistaminika<br />

zur Anwendung kommen – anders<br />

als das Kortison beeinflussen sie nicht<br />

das gesamte Immunsystem sondern<br />

nur die so genannten Histamin-vermittelten<br />

Reaktionen; allerdings ist die Behandlung<br />

mit Antihistaminika beim<br />

<strong>Hund</strong> oft relativ unbefriedigend.<br />

Mobile <strong>Hund</strong>- und<br />

Halterschulung<br />

71566 Althütte<br />

E-Mail info@hundezentrumremsmurr.de<br />

Telefon 07183 / 305 154<br />

Mobil 0174 / 658 210 6<br />

www.hundezentrum-remsmurr.de<br />

Unterstützend kann vor allem bei der<br />

atopischen Dermatitis das Futter mit<br />

Essentiellen Fettsäuren (z.B. im Nachtkerzenöl<br />

enthalten) angereichert werden.<br />

Diese liefern alle für den Hautstoffwechsel<br />

notwendigen Bausteine und<br />

tragen somit dazu bei, dass die Schutzund<br />

Barriereform der Haut verbessert<br />

wird und Allergene nicht so leicht aufgenommen<br />

werden können.<br />

Zeigt Ihr Tier vermehrten Juckreiz oder<br />

vermuten Sie bei Ihrem Tier eine Allergie,<br />

so vereinbaren Sie einen Termin in<br />

der Praxis und wir beraten Sie gerne!<br />

Autor: Tierarztpraxis am Schlagbaum<br />

www.tierarztpraxis-am-schlagbaum.de


Felix –<br />

Ein Labrador<br />

nutzt seine<br />

letzte Chance<br />

Serie mit Berichten<br />

von„Das Leid der<br />

Vermehrerhunde“<br />

www.das-leid-der-vermehrerhunde.de<br />

Im Frühherbst 2008 bekamen wir einen<br />

Hilferuf zugeschickt: Felix, zweieinhalb<br />

Jahre alt, Labradorrüde kastriert, sucht<br />

dringend ein Pflegeplätzchen oder ein<br />

endgültiges Zuhause. Eigentlich waren<br />

unsere Lebensumstände nicht ideal,<br />

um einen weiteren <strong>Hund</strong> zu unserer<br />

Golden Retriever Hündin aufzunehmen.<br />

Bisher war immer die Vernunft Sieger<br />

geblieben, entweder bei meinem<br />

Mann oder bei mir, aber Felix Bild hat<br />

uns berührt. Nach einigen Telefonaten<br />

haben wir uns dann entschieden, dass<br />

er zu uns kommen darf.<br />

Felix wurde mit ca. einem halben Jahr<br />

im Tierheim abgegeben, weil er seine<br />

Familie vom Sofa herunter angeknurrt<br />

hatte. Im Tierheim scheiterten zwei<br />

oder drei Vermittlungsversuche daran,<br />

dass Felix am Futternapf die Annäherung<br />

bzw. Berührung von Menschen<br />

nicht ertragen konnte und geschnappt<br />

hatte. Eine engagierte Tierschützerin<br />

hatte ihn dann im Tierheim gefunden<br />

und ihn als Pflegestelle für einen <strong>Tierschutz</strong>verein<br />

zu sich genommen. Mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit hat sie ihm<br />

damit das noch junge Leben gerettet,<br />

denn im Tierheim galt Felix als nicht<br />

vermittelbar. Auch in dieser Pflegestelle<br />

zeigten sich Schwierigkeiten, Felix hat<br />

dort drei Mal abgeschnappt, immer in<br />

Situationen in denen aus seiner Sicht<br />

zu viel Nähe entstanden war.<br />

Mit diesen Vorinformationen kam Felix<br />

dann am 18.10.2008 bei uns an. Mit unserer<br />

Hündin haben wir das erste Treffen<br />

auf einer großen eingezäunten<br />

Wiese durchgeführt, so konnten beide<br />

<strong>Hund</strong>e frei laufen. Die beiden haben<br />

sich kurz begrüßt und damit war das<br />

Kennen lernen erledigt. Bis heute würde<br />

ich das Verhältnis der beiden so be-<br />

<strong>Hund</strong>ezentrum Springorum<br />

Inhaberin Anke Springorum • 58332 Schwelm<br />

E-Mail: info(at)hundezentrum.springorum.info<br />

Telefo 02336 / 3049 • Mobil: 0160 / 964 721 47<br />

www.hundezentrum.springorum.info<br />

schreiben: Sie akzeptieren sich, aber<br />

sie brauchen sich nicht unbedingt.<br />

In den ersten Wochen hat Felix unheimlich<br />

viel geschlafen. Er musste wohl<br />

seine Vergangenheit ausschlafen, den<br />

Stress der letzten Wochen und sich erholen.<br />

Auf den Spaziergängen klebte<br />

seine Nase quasi am Boden, Felix war<br />

nicht ansprechbar – er schnüffelte nur<br />

und sammelte alles ein, was er am Boden<br />

finden konnte. Egal ob es Dreck,<br />

Kot, Äpfel oder was auch immer war,<br />

er hat es gefressen.<br />

Schon in den ersten Tagen kam es zu<br />

Situationen, in denen Felix abschnappte.<br />

Er drohte enorm kurz, so dass wir<br />

Menschen kaum Zeit hatten, darauf<br />

deeskalierend zu reagieren. Und dann<br />

packte er, da wo er einen erwischen<br />

konnte und hielt fest. Es gab keine<br />

Löcher, aber manchmal leichte Quetschungen.<br />

Er hatte eine verdammt gut<br />

ausgeprägte Beißhemmung, wusste<br />

genau, wie fest er packen konnte, um<br />

Problemhundtherapie<br />

Welpenausbildung<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 61


Leid der Vermehrerhunde<br />

deutlich zu verwarnen, aber nicht zu<br />

verletzen.<br />

Je länger wir uns kennen lernten, um<br />

so deutlicher wurde uns, dass Felix<br />

einfach schlechte Erfahrungen mit der<br />

Hand des Menschen gemacht hatte. Es<br />

bestätigte sich nicht, dass er Liegeplätze<br />

verteidigte, sondern es stellte<br />

sich immer mehr heraus, dass er quasi<br />

seine eigene Individualdistanz verteidigte.<br />

Er scheint einige sehr unschöne<br />

gewalttätige Erziehungsversuche erlebt<br />

zu haben und hat irgendwann gelernt,<br />

dass Selbstverteidigung die beste<br />

Art der Verteidigung ist. Darüber hinaus<br />

haben wir bei einem Tierarztbesuch<br />

festgestellt, dass er einen kaputten Ellbogen<br />

hatte, vermutlich von Geburt<br />

an und schon lange unter Schmerzen<br />

litt. Aus diesem Grund haben wir ihn<br />

zunächst mit Schmerzmitteln schmerzfrei<br />

gemacht und anschließend eine<br />

Operation des Beines durchgeführt.<br />

In der ersten Zeit war es nicht immer<br />

leicht mit Felix zusammen zu leben.<br />

Wir hatten die Möbel umgestellt, um<br />

Engstellen zu vermeiden, die ihn dazu<br />

veranlassen würden, zu schnappen<br />

oder in eine Abwehrhaltung zu gehen.<br />

Immer wenn wir uns ihm näherten,<br />

egal ob auf seinen Liegeplätzen oder<br />

sonst irgendwo in der Wohnung liegend,<br />

haben wir ihn angesprochen,<br />

ihm ein absplittendes Handzeichen<br />

gezeigt, damit er wusste, dass wir nur<br />

an ihm vorbeigehen, ihn nicht anfassen<br />

wollen. Wenn uns etwas hinuntergefallen<br />

ist, haben wir erst geschaut,<br />

wo Felix gerade ist. Nur mit ausreichend<br />

Abstand zu ihm, haben wir es dann aufgehoben.<br />

Wenn Felix dicht dabei war,<br />

haben wir ihn zunächst weggelockt<br />

und uns erst anschließend gebückt.<br />

Wir hatten für Felix Kinderschutztüren<br />

62<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

gekauft und damit das Arbeitszimmer<br />

ausgestattet. So konnte Felix im Arbeitszimmer<br />

schlafen, abgetrennt, aber in<br />

Hör- und Sichtweite zu uns im Schlafzimmer<br />

und Wohnzimmer, damit er<br />

sich nicht nachts heimlich aufs Sofa<br />

schleichen konnte, weil ja unklar war,<br />

ob wir ihn da wieder runter lotsen<br />

könnten. Außerdem war es eine Möglichkeit,<br />

ihm auch tagsüber mal für sich<br />

alleine eine Auszeit zu geben. So ein<br />

bisschen wie Kleinkinder zum Mittagsschlaf<br />

hinzulegen, damit sie dann den<br />

Rest des Tages ausgeruht begehen können.<br />

Ihm war vor allem an den Wochenenden,<br />

wenn wir beide den ganzen<br />

Tag zuhause waren, die dauernde Nähe<br />

zum Menschen oft zu anstrengend, da<br />

musste er immer acht geben, was wir<br />

gerade so machen, ob sich jemand nähert<br />

usw. In seinem Zimmer, das wir<br />

dadurch attraktiv gemacht haben, dass<br />

es immer was tolles zum Nagen gab,<br />

konnte er sich entspannen und schlafen,<br />

weil er bald herausgefunden hatte,<br />

dass ihn dort niemand stört.<br />

Wir haben Felix mit Hilfe einer Tierheilpraktikerin<br />

zusätzlich homöopatisch<br />

unterstützt, sowohl was die gesundheitlichen<br />

Baustellen anging als auch das<br />

Thema Vergangenheitsbewältigung.<br />

Dies hat ihm auch ein gutes Stück geholfen,<br />

er wurde freier, das Training<br />

nutzen zu können. Viele Abläufe haben<br />

wir ritualisiert, d.h. Signalwörter eingeführt,<br />

die einen immer gleichen Ablauf<br />

ankündigen. Das gibt ihm die Sicherheit<br />

zu erkennen, was nun als nächstes<br />

auf ihn zukommt und was von ihm verlangt<br />

wird.<br />

Rituale halfen Felix,Vertrauen zu entwickeln: er wartet in seinem Zimmer bis das<br />

Futter angerichtet ist und in einem Extra-Zimmer abgestellt wird<br />

So haben wir in den ersten Wochen<br />

das Brustgeschirr einfach angelassen<br />

und dann langsam daran gearbeitet,<br />

es an- und ausziehen zu dürfen. Auch<br />

das Richten des Futters und die Abläufe<br />

darum haben wir ritualisiert: Er wartet<br />

in seinem Zimmer bis das Futter gerichtet<br />

ist, dann stellen wir es in ein Extrazimmer,<br />

das er erst anschließend<br />

betreten darf und schließen die Tür.<br />

Wenn unsere Hündin mit Fressen fertig<br />

ist, gehen wir an seine Zimmertür<br />

und fragen:„Bist Du fertig?“ und öffnen.<br />

Das Ein- und Aussteigen im Auto<br />

wurde ritualisiert, damit er keine Angst<br />

hat, wenn wir ins Brustgeschirr fassen,


um das Raushüpfen abzufedern, wegen<br />

seines Ellbogens. Alleine bleiben haben<br />

wir ebenfalls ritualisiert:„Bin gleich wieder<br />

da“ und etwas zum Nagen bilden<br />

das Ritual. Genauso das An- und Ableinen,<br />

damit er immer wusste, warum<br />

sich die Hand nun auf ihn zubewegt<br />

und dass ihm dabei nichts passieren<br />

wird. Auch ein Maulkorbtraining hat<br />

Felix hier kennen gelernt. Das war uns<br />

immer wichtig, damit wir ihn z.B. beim<br />

Tierarzt stressfrei sichern können. Aber<br />

auch als wir ihn das erste Mal zu meiner<br />

Familie dazugelassen haben, war<br />

der Mauli drauf – einfach zur Sicherheit<br />

für die Menschen und da er ihn kannte,<br />

fand er das nicht schlimm.<br />

Wenn Besuch kam und auch heute<br />

noch kommt, geht Felix zunächst in<br />

sein Zimmer, damit in unserem engen<br />

Flur nicht unabsichtlich eine schwierige<br />

Nähe für ihn entsteht. Anfänglich<br />

durfte er dann im Zimmer schlafen,<br />

nagen und sich in Sicherheit fühlen.<br />

Oft hatte ich den Eindruck, dass er regelrecht<br />

froh war, dass er wegbleiben<br />

durfte. Später durfte er dann immer<br />

mal wieder für eine kurze Zeit dazu, je<br />

nach seiner Tagesform aber auch je<br />

nach Besuch. Mit der Zeit haben wir<br />

ihn bei Menschen, die er bereits kannte<br />

und die wussten, wie sie sich verhalten<br />

sollen, auch an der Tür dazugelassen.<br />

Erst gestern waren Freunde da, die er<br />

durch das Mantrailtraining kennt und<br />

mag. Da durfte er die gesamte Zeit des<br />

Besuches dabei sein und konnte das<br />

auch gut meistern.<br />

Mit Kommandos haben wir erst recht<br />

spät angefangen, das war einfach nicht<br />

wichtig. Wichtig war uns zunächst, dass<br />

er ankommen darf, dass er seinen<br />

Stress abbauen kann, dass er die Erfahrung<br />

macht, es gibt Menschen, denen<br />

man vertrauen kann, die einem nicht<br />

weh tun. Wir haben zunächst sehr viel<br />

Kopfarbeit mit ihm gemacht: Nasenarbeit,<br />

Trickaufbau, Suchspiele. Damit<br />

konnte er seine Frustrationstoleranz<br />

etwas steigern. Er lernte, nach anderen<br />

Lösungen zu suchen, lernte sich selbst<br />

zu vertrauen und hatte einfach Spaß<br />

zusammen mit dem Menschen.<br />

Im Herbst 2009, nach über einem Jahr<br />

Pflegezeit, haben wir uns dann entschieden,<br />

dass Felix hier nicht mehr<br />

wegzudenken ist und er bei uns bleiben<br />

darf. Nun wurde er ganz offiziell<br />

unser <strong>Hund</strong> – mit einem neuen Rufnamen,„Ben“,<br />

den wir ihm schon lange<br />

vorher gegeben hatten, zum Zeichen<br />

des Neuanfanges. Nun lebt er bei uns<br />

als Familienmitglied. Es war uns bei der<br />

endgültigen Übernahme von Ben bewusst,<br />

dass wir noch einen weiten Weg<br />

vor uns haben und viele Entscheidungen<br />

noch um ihn herum getroffen werden<br />

müssen. Besuche bei Familie oder<br />

Freunden müssen immer abgewogen<br />

werden: Kann er schon mit oder ist es<br />

noch zu viel für ihn? Wenn wir ihn nicht<br />

Leid der Vermehrerhunde<br />

Über die Einübung von Tricks und<br />

Suchspielen durfte Felix erfahren, dass<br />

er auch Spaß zusammen mit seinen<br />

Menschen haben konnte<br />

<strong>Hund</strong>eschule-Ostfriesland e.V.<br />

1. Vorsitzende Heike Sedlak<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainerin, <strong>Hund</strong>everhaltensberaterin<br />

26603 Aurich • E-Mail <strong>Hund</strong>eschule-Ostfriesland(at)web.de<br />

Telefon 0494 / 171 159 • Mobil 0170 / 105 005 4<br />

www.hundeverein-ostfriesland.de<br />

mitnehmen können, darf er zu einer<br />

versierten Trainerin in deren Tierpension.<br />

Das haben wir auch langsam und<br />

Schritt für Schritt vorbereitet und er<br />

geht sehr gerne hin.<br />

Mittlerweile sind die Kindergittertüren<br />

nachts offen, Tagsüber braucht er immer<br />

seltener eine Auszeit. Er hat das<br />

Sofa und das Bett erobert, allerdings<br />

können wir ihn auf dem Sofa oder im<br />

Bett nicht bekuscheln. Liegend kann<br />

er es noch immer kaum aushalten,<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 63


Leid der Vermehrerhunde<br />

angefasst zu werden. Das macht ihm<br />

immer noch Angst. Vielleicht kann er<br />

es irgendwann in den nächsten Jahren<br />

genießen lernen, vielleicht auch nicht.<br />

Wir passen uns ihm in seiner Lerngeschwindigkeit<br />

an. Bis heute gilt, dass<br />

wir fremde Personen nicht erlauben,<br />

ihn zu streicheln, genau wegen dieser<br />

Ängste, aber wir können ihn mittlerweile<br />

an immer mehr Stellen anfassen.<br />

Vor wenigen Wochen habe ich zu trainieren<br />

begonnen, ihm in die Ohren zu<br />

schauen, die Augen zu kontrollieren,<br />

das Maul anfassen und die Lefzen<br />

Felix wird heute „Ben“ gerufen.<br />

Er zeigt Bereitschaft zu lernen,Vertrauen<br />

zum Menschen zu fassen<br />

und strahlt inzwischen viel<br />

Lebensfreude aus<br />

64<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

hochziehen zu dürfen. Das geht ganz<br />

gut, ich bin gespannt wie weit wir kommen<br />

werden….<br />

Es war ein großes Abenteuer, diesen<br />

<strong>Hund</strong> aufzunehmen und bis jetzt zu<br />

begleiten. Aber es lohnt sich hundertfach.<br />

Ich kann nur erahnen, welche Erfahrungen<br />

ihn so misstrauisch haben<br />

werden lassen, was ihn so ängstlich<br />

und verteidigungsbereit hat werden<br />

lassen. Aber ich bin immer wieder tief<br />

berührt, wie viel Bereitschaft Ben zeigt,<br />

wieder zu vertrauen, Berührungen<br />

langsam wieder zu zu lassen, wie viel<br />

er lernt, was alles möglich ist und vor<br />

allem, wie viel Lebensfreude dieser<br />

<strong>Hund</strong> mittlerweile ausstrahlt. Das Verhalten<br />

dieser <strong>Hund</strong>e hat Ursachen, die<br />

fast ausnahmslos in Handlungen des<br />

Menschen begründet liegen. Und oft<br />

waren diese Erfahrungen so schmerzlich<br />

und sitzen so tief, dass es Jahre, viel<br />

Einfühlungsvermögen und Verständnis<br />

braucht, einem <strong>Hund</strong> das Wissen zu<br />

vermitteln, wieder vertrauen zu können.<br />

Es bedeutet ebenso, ein Stückweit eigene<br />

Lebensgewohnheiten zu ändern<br />

oder aufzugeben. Wir waren dazu<br />

bereit.<br />

Ich bin sehr dankbar, dass uns das<br />

Schicksal zusammen geführt hat und<br />

wir mit ihm seinen Lebensweg gehen<br />

dürfen, mit allen Ecken und Kanten.<br />

Und ich bin auch froh darüber, in dem<br />

Verein „Retriever und Freunde e.V.“<br />

Menschen gefunden zu haben, die an<br />

unserem gemeinsamen Lebensweg<br />

Anteil nehmen. Viele kennen unsere<br />

Geschichte von Anfang an. Mit im Verein<br />

engagierten Animal-Learn-Trainerinnen<br />

habe ich bis heute die Möglichkeit,<br />

mich fachlich auszutauschen. In<br />

Momenten, in denen ich dachte, es<br />

geht einen Schritt voran und zwei zurück,<br />

haben mich Freunde auch mal<br />

getröstet und mir Mut zugesprochen,<br />

nicht aufzugeben. Diesen Rückhalt<br />

möchte ich nicht missen, er ist so wichtig,<br />

gerade dann, wenn ein gemeinsamer<br />

Weg von <strong>Hund</strong> und Mensch so<br />

stolprig ist, wie der unsere.<br />

Herzliche Grüße aus dem Schwarzwald<br />

von Martina, Eika & Ben (Felix)<br />

Text mit freundlicher Genehmigung von<br />

www.das-leid-der-vermehrerhunde.de<br />

Fotos: www.tierart-fds.de


Newsletter Januar 2011<br />

Stammtisch am 20. Januar in Neu-Ulm –<br />

bitte noch anmelden: info@hundeforschung.de • www.hundeforschung.de<br />

<strong>Hund</strong>ezucht, Gene und die Erbkrankheiten<br />

In Deutschland gibt es eine jährliche<br />

<strong>Hund</strong>epopulation von ca. 5,3 Millionen<br />

<strong>Hund</strong>en. Diese Zahl ist seit Jahren sehr<br />

konstant. Nach Schätzungen gibt es<br />

circa 500.000 <strong>Hund</strong>ewelpen gesamt<br />

jährlich. 80% der <strong>Hund</strong>e kommen aus<br />

deutscher Zucht, 20% werden importiert.<br />

Die Gesamtpopulation liegt bei<br />

69% Rassehunden und 31 % Mischlingen<br />

29% aus dem VDH, 48% aus nicht<br />

„kontrollierter“ Zucht und die restlichen<br />

sind Importe. (Jahresbericht 2009 VDH)<br />

Unsere heutigen <strong>Hund</strong>erassen sind<br />

durch eine verhältnismäßige kleine<br />

Anzahl von Gründertieren entstanden.<br />

Durch das Festlegen eines Rassestandards<br />

wurden die genetischen Optionen<br />

für jede einzelne Rasse im Wesentlichen<br />

festgelegt. Durch das erfolgte<br />

im weiteren Verlauf der Zucht mehr<br />

und mehr ein Verlust der genetischen<br />

Vielfalt. Zusätzlich wird nach möglichst<br />

einheitlichen Individuen gestrebt, die<br />

den vorgegeben Rassenstandards entsprechen.<br />

Dafür wird auf der einen Seite<br />

vermehrt Inzucht mit Tieren betrieben<br />

die diese gewünschten Merkmale besitzen,<br />

auf der anderen Seiten werden<br />

aber auch populäre Deckrüden, die<br />

oftmals Ausstellungssieger und bekannte<br />

Champions waren, eingesetzt.<br />

All das führt zu einer Verarmung des<br />

Genpools und zum vermehrten Auftreten<br />

von genetischen Erkrankungen<br />

und dabei zu einer Fixation von Erbleiden<br />

in der Population.<br />

2009 waren 489 Erbkrankheiten bei<br />

Rassehunden beschrieben. Diese entstehen<br />

durch Gendefekte und Mutationen,<br />

wobei diese bei einzelnen oder<br />

mehreren Tieren in einer oder verschiedenen<br />

Populationen bestehen (Mutation:<br />

dauerhaft, stabil vererbte Veränderung<br />

der DNA).<br />

Eine Genanalyse ermöglicht es, eine<br />

Veränderung der DNA eines Individuums<br />

zu identifizieren. Das Ziel der molekularen<br />

Gendiagnostik ist eine Erfassung<br />

von Genotypen, um Nachweise<br />

aller Varianten einen Genlocus, unabhängig<br />

von Genwirkungen, Alter, Geschlecht<br />

und physiologischen Status,<br />

zu erhalten. Zusätzlich kann sie als<br />

Nachweis von züchterischen vorteilhaften<br />

und nachteiligen Anlagen dienen.<br />

Bei der Anwendung eines direkten Gentests<br />

sind die merkmalsverursachenden<br />

(kausativen) DNA Varianten (Allele) bekannt<br />

und können dargestellt werden.<br />

Die Aussagesicherheit des Testergebnisses<br />

liegt bei korrekter Ausübung<br />

bei 100%.<br />

Bei einem indirekten Gentest, ist der<br />

relevante Genlocus nicht exakt bekannt,<br />

jedoch die chromosomale Lokalisation<br />

. Es werden Markerloci in der betroffenen<br />

Region für die Beurteilung des<br />

Allels eingesetzt. Die Aussagesicherheit<br />

steigt, je weniger Rekombinationen<br />

zwischen den Marker und dem zu identifizierenden<br />

Genlocus sind. In der Regel<br />

werden indirekte Gentests umso<br />

sicherer, je näher der getestete Marker<br />

an der tatsächlichen Mutation sitzt.<br />

Diese Gentests sind meist patentrechtlich<br />

geschützt und so werden bestimmte<br />

Gentests nur von den jeweiligen Genlabors<br />

angeboten.<br />

(Quelle: Doktorarbeit Fr. Chr. Julia Rabe<br />

2009)<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 65


Vermischtes<br />

Alopezie (Color Dilution Alopecia/<br />

CDA) Überarbeitung Prof. Dr. Tosso Leeb/Uni Bern<br />

Die Farbmutantenalopezie oder Color<br />

Dilution Alopecia (CDA) oder black hair<br />

follicular dysplasia (BHFD) kommt nur<br />

bei <strong>Hund</strong>en mit verdünnten Fellfarben<br />

vor (engl. dilute coat color). Verdünnte<br />

Fellfarben und auch die CDA kommen<br />

in vielen Rassen vor. Aufgrund des Risikos,<br />

eine CDA zu entwickeln, werden<br />

die verdünnten Farben in einigen Rassen<br />

als Fehlfarben eingestuft und entsprechen<br />

nicht dem Rassestandard.<br />

Eine dieser verdünnten Farben ist<br />

„blau“. Durch das Verdünnungsgen<br />

sieht die eigentlich schwarze Grundfarbe<br />

von blauen <strong>Hund</strong>en eher mausgrau/silber/anthrazit<br />

aus. Daneben<br />

gibt es auch die Farbe isabell (von einer<br />

gelben oder roten Grundfarbe). Farben<br />

wie blau, silber oder isabell werden<br />

meist als interessant, exotisch und wertvoll<br />

angesehen und sind bei manchen<br />

Rassen auch im Standard anerkannt.<br />

Eine echte CDA kann sich nur bei einem<br />

<strong>Hund</strong> mit einer verdünnten Farbe<br />

entwickeln, aber nicht jeder <strong>Hund</strong> mit<br />

einer verdünnten Farbe bekommt<br />

auch CDA. Es ist zur Zeit noch nicht bekannt,<br />

welche zusätzlichen Auslöser<br />

nötig sind, damit eine CDA entsteht. Es<br />

gilt allerdings als gesichert, dass die<br />

Rasse einen großen Einfluss hat. So bekommen<br />

bei den Grossen Münsterländern<br />

alle <strong>Hund</strong>e mit einer verdünnten<br />

Fellfarbe auch CDA, weshalb in dieser<br />

Rasse die verdünnten Fellfarben auch<br />

als Fehlfarben klassifiziert werden. Bei<br />

Beaglen hingegen ist z.B. blau eine anerkannte<br />

Farbe und es wurde noch nie<br />

über besondere Hautprobleme bei<br />

blauen Beaglen berichtet.<br />

66<br />

der absolut-hund report • 1 / 2011<br />

Die Farbverdünnung beruht auf einem<br />

defekten Transport der Pigmentpartikel<br />

(Melanosomen) in den Pigmentzellen<br />

(Melanozyten) und führt zu einer Verklumpung<br />

der Pigmente in diesen Zellen.<br />

Da die großen Pigmentklumpen<br />

auch in die wachsenden Haare eingebaut<br />

werden, könnte es sein, dass dadurch<br />

die Haare ihre mechanische<br />

Stabilität verlieren und ganz knapp<br />

über der Haarwurzel, noch in der Haut,<br />

abbrechen. Die zurückbleibenden<br />

Haarstummel können beim weiteren<br />

Wachstum die Haut reizen und zu Entzündungen<br />

der Haut führen, die eine<br />

medikamentöse Behandlung erfordern.<br />

Der Schweregrad der CDA kann also<br />

sehr unterschiedlich sein. In leichten<br />

Fällen ist lediglich das Fell etwas lichter<br />

und der <strong>Hund</strong> hat sonst keinerlei<br />

gesundheitliche Probleme. Eine sehr<br />

charakteristische Stelle für den Haarverlust<br />

bei CDA sind die Rückseiten der<br />

Ohren, die bei CDA <strong>Hund</strong>en oft nur<br />

spärlich behaart oder sogar völlig kahl<br />

sind. Auf der anderen Seite kann eine<br />

CDA in seltenen schweren Fällen aber<br />

auch zu den oben beschriebenen chronischen<br />

Hautentzündungen führen,<br />

die eine ernste Krankheit darstellen<br />

und oft einer lebenslangen Therapie<br />

bedürfen. CDA Symptome werden<br />

meist im Alter von drei bis sechs Monaten<br />

offensichtlich, können aber auch<br />

noch später im Leben beginnen.<br />

2005 wurde in einer Studie (Philipp et.<br />

al.) an mehreren <strong>Hund</strong>en der Rassen<br />

Deutscher Pinscher, Dobermann und<br />

großer Münsterländer durchgeführt.<br />

Es zeigte sich dass die Krankheit durch<br />

Alopezie ist der<br />

Fachausdruck<br />

für Haarausfall<br />

Mutationen nahe dem MLPH Gen auf<br />

Chromosom 25 verursacht wird. Die<br />

ursächliche Mutation konnte in dieser<br />

Studie noch nicht gefunden werden.<br />

In einer weiteren Studie 2007 (Drögemüller<br />

et al.) wurden DNA Proben von<br />

285 <strong>Hund</strong>en aus 7 Rassen untersucht<br />

und die wahrscheinlich kausale Mutation<br />

für die Farbverdünnung identifiziert.<br />

Mit diesen Informationen konnte ein<br />

Gentest für die Farbverdünnung entwickelt<br />

werden. Dieser Gentest wird<br />

von mehreren Laboren angeboten,<br />

zum Beispiel:<br />

Health Gene in Toronto, Kanada:<br />

www.healthgene.com oder<br />

Universität Göttingen:<br />

http://www.tieraerztliches-institut.unigoettingen.de/home/ZMD-<br />

Antragsformulare.html<br />

Mit dem Gentest lässt sich der Genotyp<br />

in Bezug auf die Farbverdünnung<br />

eindeutig feststellen und die Zucht<br />

von farbverdünnten Welpen steuern.<br />

Welpen ohne Farbverdünnung können<br />

auch keine CDA bekommen. Allerdings<br />

kann der Test keine Aussagen darüber<br />

machen, ob ein farbverdünnter <strong>Hund</strong><br />

tatsächlich CDA entwickeln wird. Es ist<br />

somit weiterhin sehr wichtig, Daten<br />

darüber zu sammeln, in welchen Rassen<br />

die verdünnten Farben wirklich<br />

unbedenklich sind und in welchen<br />

Rassen auf die Zucht farbverdünnter<br />

<strong>Hund</strong>e besser verzichtet werden sollte.<br />

(Quelle: T. Leeb, Bern)


Besuch bei genocanin an der Uni Kassel<br />

Der Besuch bei Fr. Dr. Ina Pfeiffer und<br />

genocanin war schon lange geplant<br />

und konnte am 10.Januar 2011 endlich<br />

realisiert werden. Es wurden 2010 lange<br />

Gespräche geführt und seit Kurzem wurde<br />

nun genocanin der Kooperationspartner<br />

des Fördervereins. Dieser ist für<br />

die Einlagerung der Blutproben zuständig.<br />

Zusätzlich werden in Zukunft<br />

neben der zertifizierten Erstellung von<br />

DNA-Profilen für die Mitglieder des Fördervereins<br />

auch weitere molekulargenetische<br />

Auswertungen durchgeführt.<br />

(z.B. Erbfehlerdiagnostik bei circa<br />

zwanzig verschiedenen Tests für eine<br />

gesunde Zuchtplanung, Abstammungsnachweis,<br />

Identitätsnachweis, Merkmalnachweis,<br />

usw.)<br />

Diese sind neben den offiziellen, unter<br />

anderem staatlich unterstützten Studien<br />

der Universität Bern und München<br />

eine wichtige Möglichkeit um eigene<br />

Erkenntnisse für Zuchtplanung, Therapie<br />

und psychologische Hilfe ermitteln<br />

zu können. Frau Fahrenschon,<br />

Frau Steinwitz und Frau Giuliano wurden<br />

herzlich am Montag Mittag im<br />

Labor an der Uni Kassel/genocanin<br />

von Frau Dr. Pfeiffer begrüßt. Hautnah<br />

wurde direkt an einer Blutprobe gezeigt<br />

wie der Ablauf im Labor ist. Eine<br />

DNA wurde live isoliert und der DNA-<br />

Strang sichtbar gemacht. Das hat schwer<br />

Messeauftritte Januar/Februar 2011<br />

Jagd und Fischerei: 20. – 23. Januar 2011 Messe Ulm<br />

Messegelände Ulmer Messe • Böfinger Straße 50 • 89083 Ulm<br />

Öffnungszeiten: 9.30 Uhr – 18.00 Uhr<br />

http://www.uag.de/index2.php<br />

Eintrittspreise: Erwachsene 8,00 € • Ermäßigt 7,00 € • Kinder 2,80 €<br />

HUND 2011 – CH: 04.-06. Februar 2011 Messe Winterthur<br />

Messegelände Eulachhallen • Wartstrasse 73 • CH-8400 Winterthur (Schweiz)<br />

http://www.hundemesse.ch/<br />

Öffnungszeiten: Freitag 14.00 Uhr – 20.00 Uhr • Samstag 10.00 Uhr – 18.00 Uhr<br />

Sonntag 10.00 Uhr – 17.00 Uhr<br />

Eintrittspreise: Erwachsene 15,00 SFr • <strong>Hund</strong> 5,00 SFr<br />

Ermäßigt 10,00 SFr • Kinder bis 16 Jahre frei<br />

www.hundeforschung.de<br />

Vermischtes<br />

beeindruckt und wird das ganze Leben<br />

lang den drei Frauen in Erinnerung<br />

bleiben. Frau Dr. Pfeiffer erklärte sehr<br />

lebendig die Zusammenhänge von<br />

ihrer Arbeit. Erfolge gleichvoll wie<br />

Schwierigkeiten wurden von ihr aufgezeigt<br />

und somit die langwierige Arbeit<br />

eines Genetikers. Neben einem Rundgang<br />

im Labor und den genauen Erklärungen<br />

von den Umsetzungen der<br />

DNA Auswertungen wurden die weiteren<br />

Aktivitäten zwischen genocanin<br />

und dem Förderverein erörtert und<br />

festgelegt. Dabei wurden auch interessante<br />

Preise für unsere Mitglieder für<br />

die Erstellung von DNA-Profilen mit<br />

Zertifikat beschlossen, gerade für Züchter<br />

mit mehreren <strong>Hund</strong>en sehr interessant.<br />

Bei Interesse bitte direkt bei Frau<br />

Giuliano melden:<br />

info@hundeforschung.de<br />

1 / 2011 • der absolut-hund report 67


AUSBILDUNG –<br />

aber welche?<br />

Ausbildungsangebote von<br />

<strong>Absolut</strong>-<strong>Hund</strong>:<br />

<strong>Hund</strong>ehaltertrainer (HHT)<br />

Zielgruppe: Menschen, die sich in der Anleitung<br />

von Mensch-<strong>Hund</strong>-Team aktiv sehen,<br />

gerne in der Gemeinschaft arbeiten und vorbeugend/aufbauend<br />

tätig sein möchten.<br />

Schwerpunkte: Aufbau/Anleitung eines<br />

Mensch-<strong>Hund</strong>-Teams<br />

<strong>Hund</strong>everhaltenstherapeut (HVT)<br />

Zielgruppe: Menschen, die sich in der aktiven<br />

Verhaltensumlenkung von Fehl- und<br />

Problemverhalten mit <strong>Hund</strong> und Halter in<br />

therapeutischer Form sehen.<br />

Schwerpunkte: Fehlgelenkte Verhaltensweisen<br />

von <strong>Hund</strong> und Halter<br />

Mantrailer-Trainer (MTT)<br />

Zielgruppe: Menschen die Menschen helfen<br />

oder auch eine gute Auslastungsmöglichkeit<br />

für <strong>Hund</strong>ehalter anbieten möchten.<br />

Schwerpunkt: Anleitung von Gruppen oder<br />

Einzelpersonen<br />

Weitere Informationen zu Inhalten, Preisen<br />

und Terminen unter<br />

www.absolut-hund.de<br />

oder 0171 / 3 22 52 61

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