Forum Deutsch - University of Alberta
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HERBST 2005 21 <strong>Forum</strong> <strong>Deutsch</strong><br />
ichsweise wenig eingesetzt, obwohl es durch seine visuelle<br />
Komponente enorme Verstehenshilfen anbietet. Sollen Filme<br />
nicht nur zur Unterhaltung gezeigt werden, sondern zugleich<br />
auch Sprachfertigkeiten trainieren, müssen sie aber didaktisiert<br />
werden. Dabei erweist es sich als praktisch, von einem<br />
Filmausschnitt auszugehen. Zu zeigen, wie Filmsequenzen mit<br />
gezielten Arbeitsaufträgen zu mündlicher und schriftlicher<br />
Textproduktion im Unterricht genutzt werden können, war das<br />
Ziel eines Workshops, den ich im Rahmen der CATG-<br />
Jahresversammlung in Regina im Februar 2005 gehalten habe.<br />
Der vorliegende Beitrag fasst diesen Workshop zusammen und<br />
stellt einige Vorschläge der Arbeitsgruppen vor.<br />
Als feste Bestandteile unserer Kultur sind Spielfilme gegenüber<br />
didaktisierten Videoserien besonders attraktiv, weil sie authentisch<br />
sind und die Sehgewohnheiten einer zunehmend visuell orientierten<br />
Generation ansprechen. Es ist jedoch nicht nur das<br />
Medium selbst, das Neugier und Motivation weckt, sondern auch<br />
die Geschichten, die in Filmen erzählt werden. Dieses natürliche<br />
Interesse an Geschichten kann man sich durch das Zeigen von<br />
Ausschnitten zunutze machen. In einem Fortgeschrittenenkurs<br />
des Goethe-Instituts Toronto mit dem Schwerpunkt mündliche<br />
und schriftliche Textproduktion habe ich so z.B. Filmsequenzen<br />
benutzt, um Gespräche und kreatives Schreiben anzuregen. Wie<br />
ein Film eingesetzt wird, hängt natürlich vom Unterrichtskontext<br />
und vom Lernziel ab.<br />
Die Arbeit mit Filmsequenzen ist vergleichbar mit dem Lesen und<br />
Besprechen von Textausschnitten, z.B. aus längeren<br />
Erzählungen. Der Film an sich kann als Text verstanden werden,<br />
und so ähneln letztlich auch die Aufgabentypen denen des<br />
Leseverstehens. Auch die Kriterien für die Auswahl einer<br />
Sequenz sind vergleichbar mit denen für Textausschnitte1. Am<br />
besten werden Schlüsselszenen ausgewählt, wie z.B. die erste<br />
Begegnung der Hauptpersonen. Nach Marie-Luise Brandi sollte<br />
dies eine Szene sein, die auch ohne Ton verständlich wäre, wo<br />
also die Bildaussage „spricht“, was sie besonders lernerfreundlich<br />
macht. Gut eignen sich Szenen vom Anfang oder vom ersten<br />
Drittel eines Filmes, also noch vor der Anbahnung des Konflikts,<br />
weil damit Raum für Vermutungen und Hypothesenbildung<br />
bleibt.<br />
Prinzipiell empfiehlt sich bei der Arbeit mit Filmsequenzen der<br />
folgende methodische Dreischritt einer Aktivität vor dem Sehen,<br />
während des Sehens und nach dem Sehen der Sequenz, wobei<br />
die Aufgabe der Zielgruppe und Lernstufe angepasst werden<br />
sollte (<strong>of</strong>fen – eng).<br />
Der erste Schritt dient dazu, die Videosequenz vorzuentlasten<br />
und Impulse zu geben. Dazu bieten sich verschiedene<br />
Möglichkeiten:<br />
______________<br />
1 Die folgenden Ausführungen zum methodischen Vorgehen mit Filmsequenzen stützen sich<br />
im Wesentlichen auf die Darstellung von Marie-Luise Brandi, Video im <strong>Deutsch</strong>unterricht.<br />
Eine Übungstypologie zur Arbeit mit fiktionalen und dokumentarischen Filmsequenzen.<br />
Fernstudieneinheit Bd. 13. Langenscheidt: Berlin. 1996.<br />
1. Vor dem Sehen<br />
a) Einstieg über den Ton: Musik oder Sprache<br />
Das Bild wird ausgeblendet, nur die Tonspur läuft. Die<br />
Lerner sollen anhand der musikalischen Untermalung einer<br />
Filmsequenz Vermutungen zum Thema oder zur Handlung<br />
des Filmes äußern.<br />
b) Einstieg über ein Assoziogramm<br />
Mit Hilfe eines Assoziogramms kann Vorwissen abgerufen<br />
oder Wortschatz erarbeitet werden. Oft bieten sich Begriffe<br />
aus dem Filmtitel an, z.B. zu Im Juli: „Juli: Was fällt Ihnen<br />
spontan zu diesem Begriff ein?“<br />
c) Einstieg über Bildmaterial<br />
Mit einem Bild von einem Gegenstand, der zentral für die<br />
Handlung des Filmes ist, können Reaktionen und<br />
Spekulationen zum Thema und der Handlung des Films<br />
provoziert werden. Brauchbar ist auch das Poster zum Film,<br />
das man meist leicht im Internet finden kann (z.B.<br />
Filmdatenbank). Auch Standfotos (mit der Pausentaste des<br />
Videogeräts festgehaltenes Bild) oder Abbildungen von<br />
Standfotos in der Literatur, auf der Video/DVD-Hülle haben<br />
starken Aufforderungscharakter, über Inhalte zu<br />
spekulieren.<br />
d) Einstieg über schriftliche Vorgaben<br />
Ein Transkript einer Szene zu lesen, kann motivierend und<br />
spannend sein, wenn z.B. die Aufgabe daran geknüpft wird,<br />
sich über den Dialog eine Vorstellung von den Personen zu<br />
machen und ihr Verhältnis zueinander zu beschreiben. Ein<br />
kreativer Einstieg ist das Arbeiten mit Wortkarten mit<br />
Schlüsselwörtern des Textes. In Partner- oder Gruppenarbeit<br />
legen die Lerner die Wortkarten in eine für sie sinnvolle<br />
Reihenfolge und erzählen dazu eine Geschichte.<br />
2. Während des Sehens:<br />
Der Sinn von Aufgaben während des Sehens ist, das Sehen und<br />
Hören zu steuern.<br />
Dazu können verschiedene Beobachtungsaufgaben gestellt werden:<br />
a) Aufgaben zur Bildinformation<br />
- landeskundliche Information<br />
- Information über den Handlungsort<br />
- Informationen über die Hauptpersonen oder ihre<br />
Beziehungen zueinander<br />
Den Film ohne Ton zu zeigen ist eine Option, um die<br />
Aufmerksamkeit ganz auf die Bildinformation zu lenken.<br />
b) Aufgaben zur sprachlich-inhaltlichen Information<br />
Bei Sequenzen, in denen der Dialog ausschlaggebend ist und<br />
die Handlung vom Bild allein nicht verstanden werden kann,<br />
ist der Aufgabentypus „Textkarten in sinnvolle Reihenfolge<br />
bringen“ eine gute Verstehenshilfe.<br />
c) Aufgaben zu filmischen Aspekten<br />
Für Lerner, die häufiger mit Filmen arbeiten, sind filmanalytische<br />
Aspekte wie Kameraperspektive, Einstellungsgröße<br />
und Kamerabewegung eine interessante<br />
Beobachtungsaufgabe.