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3 Gender Mainstreaming - EQUAL - ESF

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THEMENHEFT 1<br />

GENDER<br />

MAINSTREAMING<br />

GRUNDLAGEN UND STRATEGIEN IM RAHMEN DER<br />

GEMEINSCHAFTSINITIATIVE <strong>EQUAL</strong><br />

–2., AKTUALISIERTE AUSGABE –


IMPRESSUM<br />

Bestell-Nr.: A454<br />

Herausgeber:<br />

Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

Referat VIa5<br />

Nationale Koordinierungsstelle <strong>EQUAL</strong><br />

53107Bonn<br />

http://www.equal.de<br />

Fotos:<br />

©Bundesbildstelle, Berlin (Deckblatt +S.2,33, 37)<br />

©Mediathek der Europäischen Kommission, Brüssel<br />

(S. 10,14, 45, 49)<br />

Entwicklungspartnerschaft „JobChance“,<br />

Volker Hielscher, Klettbach b.Erfurt (S. 67)<br />

Entwicklungspartnerschaft „MaGNet“,<br />

Kristina Schäfer, Mainz (S. 39, 43, 71)<br />

Entwicklungspartnerschaft „Offensive für Ältere“,<br />

Foto Ruppert, Köln (S. 7, 11,15, 19)<br />

Druck:<br />

W. Peipers &Co, Köln-Marsdorf<br />

2. Auflage: 3.000<br />

Stand: April 2006<br />

Gefördert durch das<br />

Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

und den Europäischen Sozialfonds


Inhalt<br />

0 Vorwort 5<br />

1 <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>: Geschlechtergleichstellung als 7<br />

Querschnittsaufgabe<br />

Marianne Weg<br />

2 Quo vadis <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –Eindrücke aus den 23<br />

Bundesländern<br />

Henriette Meseke<br />

3 <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –eine Strategie zur betrieblichen 32<br />

Veränderung für kleine und mittelständische Unternehmen?<br />

Dörthe Jung<br />

4 <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als Querschnittsthema im Rahmen der 38<br />

GI <strong>EQUAL</strong>: Beispiele aus den Entwicklungspartnerschaften<br />

4.1 Gründerinnenförderung und <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> – 39<br />

Hand in Hand ein starkes Paar<br />

Wolfgang Kanka<br />

4.2 Gute Fernsicht aus dem Flachland 44<br />

Astrid Nielsen, Doris Schneider<br />

4.3 Flying Experts 48<br />

Cornelia Benninghoven<br />

4.4 Strategien zur Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> im 52<br />

Strafvollzug<br />

Renate Wielpütz<br />

4.4 <strong>Gender</strong>training als Einstieg in das <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> 58<br />

Serena Junker, Jana Voigt<br />

5 Halbzeit! –Ausgewählte Ergebnisse zu <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> 66<br />

und Chancengleichheit von Frauen und Männern inder<br />

1. Förderrunde der GI <strong>EQUAL</strong><br />

Henriette Meseke<br />

6 Leitfäden für die Integration von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> 70<br />

in der Projektplanung<br />

7 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 74<br />

8 Literatur und Internetadressen 75<br />

3


Vorwort<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –ein Begriff, der so<br />

heftig umstritten ist wie seine Anwendung.<br />

Viele sind begeistert, weil sie in <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> eine echte Chance sehen, die<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern als<br />

ein selbstverständliches Entscheidungskriterium<br />

in Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu<br />

verankern. Andere misstrauen dieser „Zauberformel“,<br />

denn sie befürchten, dass es auf<br />

Grund mangelnder klarer Hinweise und Hilfen<br />

nur bei verbalen Willensbekundungen<br />

bleibt.<br />

Dabei wurde <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auf<br />

Europäischer Ebene 1997 im Amsterdamer<br />

Vertrag für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen<br />

Union verbindlich festgelegt und ist<br />

deshalb auch integrierter Bestandteil der<br />

Gemeinschaftsinitiative <strong>EQUAL</strong>, der arbeitsmarktlichen<br />

Innovationswerkstatt zur Erprobung<br />

neuer Methoden zur Bekämpfung von<br />

Diskriminierungen und Ungleichheiten auf<br />

dem Arbeitsmarkt. Ziel von <strong>EQUAL</strong> ist, die<br />

faktische Gleichbehandlung aller auf dem<br />

Arbeitsmarkt benachteiligten oder ausgegrenzten<br />

Personen zu verwirklichen, so dass<br />

niemandem der Zugang zum bzw. die Rückkehr<br />

auf den Arbeitsmarkt versperrt wird.<br />

Neben der Förderung der Beschäftigungsfähigkeit<br />

gilt ein wesentlicher Aspekt von<br />

<strong>EQUAL</strong> der Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern.<br />

Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und<br />

Wachstum sind nicht ohne das Aufbrechen<br />

verkrusteter Strukturen in Wirtschaft, Politik,<br />

Verwaltung und Gesellschaft sowie der<br />

Modernisierung des sozial konstruierten und<br />

daher veränderbaren Geschlechterverhältnisses<br />

zu erreichen. Mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

wird ein nachhaltiger Veränderungsprozess<br />

in Gang gesetzt, von dem nicht nur Frauen,<br />

sondern auch Männer und die Gesellschaft<br />

als Ganzes profitieren. Bereits in der Phase<br />

der Planung und Entscheidungsfindung sollen<br />

die unterschiedlichen Lebensbedingungen<br />

und Bedürfnisse von Frauen und Männern<br />

systematisch berücksichtigt und zudem überprüft<br />

werden, welche Voraussetzungen notwendig<br />

sind, damit es Frauen wie Männern<br />

gelingt, ihre beruflichen und privaten<br />

Lebensentwürfe zu vereinbaren.<br />

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

für beide Geschlechter zu erreichen, flexiblere<br />

Arbeitszeitmodelle zu entwickeln und das<br />

Klischee „typischer Frauen- und Männerarbeit“<br />

zu überwinden, ist die konsequente<br />

Einbeziehung beider Geschlechter erforderlich.<br />

„Gemeinsam mehr erreichen“, so die<br />

Devise von <strong>EQUAL</strong>, ist deshalb ein Handlungsauftrag,<br />

der sich anFrauen und Männer<br />

gleichermaßen richtet.<br />

Dank eines enormen Engagements bei allen<br />

Beteiligten läuft die Gemeinschaftsinitiative<br />

<strong>EQUAL</strong> nun in der praktischen Umsetzung<br />

seit 2002. In der 2. Förderrunde (2005 –2007)<br />

sind 129Entwicklungspartnerschaften auf<br />

dem Weg zumehr Chancengleichheit in der<br />

Arbeitswelt. Der erste Schritt ist also getan –<br />

weitere müssen und werden folgen.<br />

Die vorliegende Broschüre ist nicht nur<br />

Spiegelbild der bisherigen Entwicklung in<br />

Deutschland. Sie stellt einen praxisorientierten<br />

Leitfaden dar, der allen Interessierten, die<br />

mit der Umsetzung des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

befasst sind, umfassende Informationen<br />

und Hilfestellungen zur Planung, Realisierung<br />

und Kontrolle von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

der Projektarbeit vermittelt.<br />

Die Broschüre erscheint als erster Band einer<br />

im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative<br />

<strong>EQUAL</strong> zu entwickelnden Broschürenreihe.<br />

Ich danke allen Beteiligten, die an der<br />

Erstellung dieser Broschüre mitgewirkt<br />

haben.<br />

Wolfgang Koberski<br />

Leiter der Abteilung „Europäische und<br />

Internationale Beschäftigungs- und<br />

Sozialpolitik“ im Bundesministerium für<br />

Arbeit und Soziales<br />

5


1 <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>:<br />

Geschlechtergleichstellung als<br />

Querschnittsaufgabe<br />

Marianne Weg<br />

1. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>:<br />

Was ist das?<br />

Ein Begriff macht Karriere, ist aber (noch)<br />

nicht populär und akzeptiert<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –der sperrige Begriff<br />

ist zunächst für viele weniger eine Hilfe als<br />

eine Hürde, wenn es darum geht, die weitreichende<br />

Fortentwicklung der Chancengleichheitspolitik<br />

für Frauen und Männer zu verstehen.<br />

Viele wirken an der Einführung dieses<br />

neuen Prinzips mit, haben es umzusetzen<br />

und tun sich trotzdem nicht leicht damit, es<br />

inhaltlich nachzuvollziehen und sicher anzuwenden.<br />

Oft gibt es zunächst Missverständnisse, Unklarheiten<br />

und Zweifel. Entweder: „Das ist<br />

doch nichts anderes als Frauenförderung –<br />

nur ein neues Etikett, alter Wein in neuen<br />

Schläuchen!“ Oder umgekehrt: „Jetzt geht es<br />

nicht mehr um Frauenförderung und Frauenprojekte,<br />

sondern um„<strong>Gender</strong>“, was auch<br />

immer das ist, „<strong>Gender</strong>“: Jedenfalls muss<br />

auch immer etwas für Männer mit dabei<br />

sein!“<br />

So einfach eins zu eins übersetzen lässt sich<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> nicht. „<strong>Gender</strong>“<br />

bedeutet im Englischen „soziales Geschlecht“.<br />

Gemeint sind damit die sozial und kulturell<br />

geprägten Rollen von Frau und Mann, mit<br />

denen geschlechtsspezifische Chancen und<br />

Benachteiligungen verbunden sind. <strong>Gender</strong><br />

meint also eine gesellschaftlich konstruierte<br />

–und damit auch veränderbare! –Bestimmung<br />

von Geschlecht, im Gegensatz zur rein<br />

biologischen (im Englischen: sex).<br />

„<strong>Mainstreaming</strong>“ bedeutet, dass eine<br />

bestimmte Sichtweise oder Leitlinie durchgängig<br />

die Entscheidungen und das Handeln<br />

in einer Organisation prägt. Bei <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> ist dies die Sichtweise aus der<br />

Geschlechterperspektive: Die Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern wird zum Querschnittsthema.<br />

Für solche Querschnittsthemen oder -kriterien<br />

gibt es auch andere Beispiele: In der<br />

Umweltpolitik z.B. ist die Sichtweise der<br />

Nachhaltigkeit von vergleichbarer Bedeutung;<br />

bei der Verwaltungsmodernisierung<br />

sind Dienstleistungs- und Kostenbewusstsein<br />

zwei Querschnittsthemen.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als Fachbegriff für<br />

das neue Leitprinzip der Chancengleichheitspolitik<br />

ist inzwischen europaweit und weltweit<br />

eingeführt. Es wird von den Partnerinnen<br />

und Partnern inder europäischen<br />

Zusammenarbeit gemeinsam verwendet.<br />

Wir sollten deshalb nicht versuchen, eine Eindeutschung<br />

zu finden, um den Fachbegriff<br />

zu vermeiden. Das tun wir bei Begriffen wie<br />

Controlling, Software und Website auch<br />

nicht und wissen, wovon die Rede ist.<br />

Kurzformeln auf Deutsch wie z.B. „Integrierte<br />

Chancengleichheitspolitik“ oder „Geschlechtergleichstellung<br />

als Gemeinschaftsaufgabe“<br />

oder „Gleichstellungsverträglichkeitsprüfung“<br />

sind sicher hilfreich zum ersten Verständnis.<br />

Sie sind aber jede auf ihre Weise verkürzt.<br />

Denn <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> umfasst verschiedene<br />

Aspekte, die für die erfolgreiche<br />

Einführung und Anwendung dieses Leitprinzips<br />

wichtig sind. Sie kommen in den<br />

Definitionen der europäischen Ebene zum<br />

Ausdruck.<br />

So abstrakt und theoretisch diese Definitionen<br />

auf den ersten Blick erscheinen, so viel<br />

Konkretes und Praxisleitendes enthalten sie<br />

bei genauem Hinschauen:<br />

Kapitel 1<br />

7


8<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –die Definition<br />

der Europäischen Gemeinschaft<br />

„<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> besteht in der (Re-)<br />

Organisation, Verbesserung, Entwicklung<br />

und Evaluierung der Entscheidungsprozesse,<br />

mit dem Ziel, dass die an politischer Gestaltung<br />

beteiligten Akteure und Akteurinnen<br />

den Blickwinkel der Gleichstellung zwischen<br />

Frauen und Männern in allen Bereichen und<br />

auf allen Ebenen einnehmen.“<br />

(Europarat (1998))<br />

Bei <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> geht es um Organisations-<br />

und Qualitätsentwicklung, und<br />

zwar im Hinblick auf bessere Entscheidungen<br />

im Sinne der Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern. Ausdrücklich werden die Akteurinnen<br />

und Akteure der politischen Gestaltung,<br />

die Entscheidungsträger angesprochen, das<br />

heißt: <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist eine Anforderung<br />

an die Führungs- und Verantwortungsebene.<br />

Definition im Kontext der EU-Strukturfonds<br />

„<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bedeutet, dass bei<br />

der Vorbereitung, Durchführung, Begleitung<br />

und Bewertung aller allgemeinen Maßnahmen<br />

und Tätigkeiten die Auswirkungen auf<br />

die jeweiligen Situationen der Frauen und<br />

Männer erkennbar und aktiv berücksichtigt<br />

werden. Dazu gehört auch die Planung,<br />

Durchführung, Begleitung und Bewertung<br />

von gezielten Maßnahmen und Tätigkeiten<br />

zur Förderung der Gleichstellung und Unterstützung<br />

von Frauen, damit diese gleichberechtigt<br />

teilnehmen und profitieren können.<br />

Die Pläne und Programme sollen insgesamt<br />

zur Gleichstellung von Frauen und Männern<br />

beitragen und so gestaltet sein, dass ihre<br />

Wirkung vor, während und nach der Durchführung<br />

erkennbar wird.“<br />

(Europäische Kommission (2000))<br />

In dieser Definition wird besonders deutlich,<br />

dass die Geschlechterperspektive grundsätzlich<br />

bei allen Projekten und laufenden Aufgaben<br />

zu beachten ist, und zwar im gesamten<br />

Ablauf von Anfang an, mit entsprechender<br />

Steuerung und Evaluierung. Außerdem wird<br />

klargestellt: Gezielte Frauenförderungsmaß-<br />

nahmen gehören im Gesamtkonzept mit<br />

dazu.<br />

Hier wird jedem Missverständnis vorgebeugt,<br />

Definition der Doppelstrategie: <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> plus Frauenförderung<br />

„<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> und spezifische<br />

Gleichstellungspolitik ergänzen sich. Sie sind<br />

zwei unterschiedliche Strategien für ein und<br />

das selbe Ziel, nämlich Gleichstellung der<br />

Geschlechter. Beides muss zumindest so<br />

lange Hand in Hand gehen, bis es in der<br />

gesamten Gesellschaft eine echte Kultur und<br />

einen tatsächlichen Konsens über die<br />

Gleichstellung der Geschlechter gibt.“<br />

(Europarat (1998))<br />

dass <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> eine moderne<br />

Version von Gleichstellungspolitik sei, die die<br />

klassische Frauenförderung ablösen solle.<br />

Beide müssen sich zur Doppelstrategie verbinden.<br />

Dies gilt insbesondere so lange wie<br />

in der Gesellschaft die Ziele und Meinungen<br />

zum Thema „Gleichstellung der Geschlechter“<br />

in hohem Maße streitig sind und ein<br />

gleichstellungsorientiertes Verhalten noch<br />

nicht überall „ganz normal“ und die Realität<br />

ist.<br />

2. Wie stellt sich <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> als Leitprinzip<br />

konkret dar?<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bedeutet ein großes<br />

Plus an gleichstellungsförderndem Handeln<br />

in Politik und Verwaltung, in einer Organisation,<br />

bei einem Träger, Trägerverbund oder<br />

Netzwerk von Akteuren, in einem konkreten<br />

Projekt:<br />

Es passiert einfach mehr, nämlich<br />

überall etwas<br />

... nicht nur dort, wo es ein Frauenprogramm<br />

gibt, nicht nur in der Frauenabteilung oder<br />

im Frauenprojekt, sondern auch und besonders<br />

in „gemischten“ und „männertypischen“<br />

Handlungsbereichen, bei Fachprojekten, bei<br />

denen man bisher an eine etwaige Gleich-


stellungsrelevanz gar nicht gedacht hat.<br />

Dazu müssen Zielsysteme, Organisationsleitbilder<br />

und Selbstverpflichtungen, Beschreibungen<br />

von Projektzielen sowie von Arbeitsaufträgen<br />

(an ein Arbeitsteam, an einen<br />

Beirat, eine Kommission usw.) ausdrücklich<br />

und konkret Geschlechtergleichstellung mit<br />

enthalten und vorgeben.<br />

Der Blickwinkel auf beide Geschlechter<br />

gilt von Anfang an, im gesamten<br />

Ablauf<br />

... nicht erst, wenn das Konzept fertig ist und<br />

dann –durch Beteiligung oder durch Zufall –<br />

die Gleichstellungsbeauftragte und engagierte<br />

Frauen die fehlende Geschlechterperspektive<br />

erkennen, bemängeln und Korrekturen<br />

einfordern. Dazu braucht es den klaren Auftrag,<br />

das Wissen und die Kompetenz bei den<br />

Beteiligten sowie praktikable Arbeitshilfen<br />

und Instrumente, damit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

wirklich zueinem selbstverständlichen<br />

Bestandteil aller Handlungsschritte wird.<br />

Gleichstellungsverantwortung hat<br />

jeder und jede im eigenen Handlungsbereich<br />

... nicht: „Gleichstellung von Frauen ist eine<br />

Spezialaufgabe, dafür haben wir doch das<br />

Frauenministerium, das kommunale Frauenbüro,<br />

die Gleichstellungsbeauftragte, das<br />

Frauenprojekt!“ Und auch nicht: „Wozu<br />

Frauenförderung hier bei der allgemeinen<br />

Weiterbildungs- oder Arbeitsmarktförderung,<br />

in der Integrationspolitik? Dafür gibt es doch<br />

extra Programme!“<br />

Vielmehr ist zu prüfen: Was kann in diesem<br />

Fachgebiet, bei diesem Handlungsauftrag,<br />

bei diesem Projekt –zum Fachziel hinzukommend<br />

–gleichzeitig für die Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern getan werden? Wie<br />

wird die jeweils besondere Situation von<br />

Frauen und Männern dadurch berührt, was<br />

die Fachpolitik an Rahmenbedingungen<br />

setzt, was vom Fachprogramm gefördert<br />

wird, wie die Zugangsbedingungen zu einem<br />

Projekt sind und wie es konkret ausgestaltet<br />

ist?<br />

Top-down-Prinzip des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

... nicht: „Dafür haben wir doch die Frauenbeauftragte!“<br />

Und auch nicht: „Das hängt<br />

von der individuellen Einstellung und dem<br />

Rollenbewusstsein der Mitarbeiter ab!“<br />

Besonders gefordert sind die Führungskräfte:<br />

Sie haben in gleicher Weise wie für die originären<br />

Fachziele auch für die Umsetzung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> die Führungs- und<br />

Ergebnisverantwortung. Sie müssen vermitteln,<br />

dass Gleichstellung ein wesentliches Ziel<br />

und <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> Bestandteil der<br />

Arbeitsqualität und -leistung ist, nicht bloß<br />

eine Frage der persönlichen Einstellung und<br />

Haltung.<br />

Gleichstellungsförderndes Handeln<br />

wird systematisch eingeführt,<br />

gesteuert und evaluiert<br />

... nicht: „Gleichberechtigung kommt durch<br />

die gesellschaftliche Entwicklung, die Zeit<br />

wird esbringen!“ „Gute Frauen setzen sich<br />

durch!“<br />

Oder bezogen auf das Leitprinzip von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>: „Einmal <strong>Gender</strong>training<br />

für alle und schon sind, quasi wie<br />

bei einer Schutzimpfung, alle für die nächsten<br />

Jahre geschlechtersensibel und diskriminierungsfrei“,<br />

oder „Machen wir doch erst<br />

mal ein Pilotprojekt!“ Es gilt: Einmal ist keinmal!<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> muss wie jeder<br />

Organisationsentwicklungs- und Qualitätsentwicklungsprozess<br />

systematisch vonstatten<br />

gehen:<br />

Erstens: Von alleine kommt nichts –<strong>Gender</strong>-<br />

Wissen, <strong>Gender</strong>kompetenz, kontinuierliche<br />

Steuerung der Planung und Evaluierung sind<br />

notwendig, und dies im gesamten Bereich.<br />

Zweitens: Damit „<strong>Gender</strong> in den Mainstream<br />

kommt“ (Stiegler, B.(2000)), sind die vorhandenen<br />

Planungs- und Controlling-Instrumente<br />

mit Themen und Kriterien des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> anzureichern: Zielvereinbarungen,<br />

Checklisten zur Qualitätssicherung,<br />

Arbeitshilfen für das Projektmanagement,<br />

Systematiken und Fragebögen für Folgeabschätzungen<br />

und Evaluierungen. Oder es<br />

sind eigenständige Prüf- und Steuerungsinstrumente,<br />

Leitfäden zur „Gleichstellungsverträglichkeitsprüfung“<br />

zu entwickeln und<br />

anzuwenden.<br />

Strukturen werden verändert, neue<br />

Diskriminierungen vermieden<br />

... was auch die spezifische Frauengleichstellungspolitik<br />

will und anstrebt, aber schwer<br />

oder gar nicht erreichen kann. Nicht etwa<br />

aus Selbstbescheidung konzentriert sich die<br />

Frauengleichstellungspolitik in der Realität<br />

auf Programme und Projekte zum Abbau vor-<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

als Leitprinzip<br />

Kapitel 1<br />

9


10<br />

handener Frauendiskriminierungen und<br />

Beseitigung von Notlagen –die Frauenpolitik<br />

hat einfach nicht die Entscheidungsgewalt<br />

darüber, wie von vorneherein die Rahmenbedingungen<br />

so gestaltet und die Ressourcen<br />

so verteilt werden, dass Diskriminierungen<br />

gar nicht erst entstehen.<br />

Männer werden in die Chancengleichheitsperspektive<br />

einbezogen<br />

... während die spezifische Frauengleichstellungspolitik<br />

sich allein für die Chancengleichheit<br />

von Frauen einsetzt, weil sie das<br />

Geschlecht sind, für das am meisten Handlungsbedarf<br />

besteht. Bei <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

werden auch Männer mit einbezogen,<br />

wenn es darum geht, geschlechtsspezifische<br />

Lebensrisiken und Diskriminierungen zu erkennen<br />

und zu verändern. Bedürfnisse und<br />

Bedarf anmehr geschlechtergerechten Angeboten<br />

und Rahmenbedingungen haben auch<br />

Männer bzw. Gruppen innerhalb des männlichen<br />

Geschlechts: Z.B. für die Integration in<br />

Bereiche, in denen Männer bisher wenig<br />

aktiv sind, wo sie Nachholbedarf haben oder<br />

wo in der Lebenslage von Männern<br />

geschlechtsspezifische Defizite und Belastungen<br />

zuerkennen sind (Gesundheit, Bildung,<br />

Familienorientierung, Auswege aus besonders<br />

prekären Lebenssituationen).<br />

3. Was haben <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und Frauenpolitik/Frauenförderung<br />

gemeinsam, wo liegen die<br />

Unterschiede, wie gehören<br />

sie zusammen?<br />

AUFEINEN BLICK:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> und Frauengleichstellungspolitik<br />

stimmen überein<br />

Zielebene: Im generellen Gleichstellungsziel<br />

sowie in den operationalisierten<br />

Zielen zur Gleichstellung von Frauen<br />

Analyseebene: Geschlechterdifferenzierung<br />

grundsätzlich erforderlich<br />

Lösungsebene: Lösungsgrundsatz<br />

„geschlechtergerecht“ –viele konkrete<br />

Lösungsvorschläge und Instrumente sind<br />

identisch<br />

Betonung des doppelten Nutzens:<br />

Chancengleichheitspolitik ist im Interesse<br />

der Frauen und nützt zugleich auch der<br />

Gesellschaft, der Organisation, dem<br />

Unternehmen, der Region.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> unterscheidet<br />

sich von Frauengleichstellungspolitik<br />

Das Gleichstellungsziel steht gleichwertig<br />

und integriert imGesamtzielsystem.<br />

Die Geschlechterperspektive ist ausdrücklich<br />

als Bestandteil jeder Fachaufgabe und<br />

als Qualitätsbedingung anerkannt.<br />

Erweiterung der Akteure für gleichstellungsorientiertes<br />

Handeln: Alle sind verantwortlich<br />

und eingebunden. Die Gleichstellungsaufgabe<br />

ist nicht wegdelegiert an<br />

die frauenpolitisch Zuständigen.<br />

<strong>Mainstreaming</strong> statt Modellprojekte<br />

Männer sind mit im Boot: Als Beteiligte<br />

der neuen Chancengleichheitspolitik, aber<br />

auch als Betroffene, beim geschlechterdifferenzierenden<br />

Blick auf die Zielgruppen<br />

des Handelns.


Gleichstellungspolitik der Zukunft<br />

als Doppelstrategie: <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

plus Frauenförderung<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> soll sich mit der spezifischen<br />

(Frauen-)Gleichstellungspolitik zu<br />

einer Doppelstrategie verbinden, ist also<br />

nicht ein Konzept zum Überflüssigmachen<br />

der bisherigen Frauengleichstellungspolitik<br />

(der „traditionellen“, „klassischen“).<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist also<br />

keine Begründung für Streichung der bisherigen<br />

Programme und Angebote zur<br />

Mädchen- und Frauenförderung;<br />

kein Argument für die Abschaffung von<br />

Institutionen und Netzwerken der Frauengleichstellungspolitik<br />

–Frauenbüro,<br />

Gleichstellungsausschuss des Parlaments,<br />

bestehende Frauengremien;<br />

kein System kommunizierender Röhren<br />

zur Mittelumverteilung von Frauenprojekten<br />

hin zu Männerprojekten;<br />

kein Ausbremsen der Praxis für Mädchen<br />

und Frauen dort, wo sie weiter fortgeschritten<br />

ist als für Jungen und Männer;<br />

kein Ansatz, gleichstellungspolitische<br />

Fach- und Methodenkompetenz zur<br />

„Jedermann-Kompetenz“ zu erklären: „Mit<br />

ein bisschen <strong>Gender</strong>training und den richtigen<br />

Statistiken bei der Hand kann das<br />

jeder!“<br />

Doppelstrategie meint kein isoliertes Nebeneinander<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> und<br />

Frauenpolitik, sich womöglich nur dann<br />

begegnend, wenn es um Ressourcenkonkurrenz<br />

geht.<br />

Beide müssen Hand in Hand gehen: <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> braucht die frauenfördernden<br />

Strukturen –Frauenbüro, Gleichstellungsbeauftragte<br />

–und braucht die Expertinnen aus<br />

der Frauenpolitik und den Frauenprojekten<br />

als Impulsgeberinnen, als fachliche und strategische<br />

Beraterinnen. Sie unterstützen diejenigen,<br />

die als Akteure nun <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in ihrer Aufgabenstellung verantwortlich<br />

umzusetzen haben.<br />

Und umgekehrt profitieren frauenpolitische<br />

Initiativen und frauenfördernde Projekte<br />

durch die Einbettung in einen Gesamtzusammenhang,<br />

der mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

gestaltet ist –z.B. eine Regionalentwicklungskooperation,<br />

ein Weiterbildungsnetzwerk,<br />

ein Bündnis für Arbeit, eine Integra-<br />

tionskampagne: Sie werden viele neue<br />

Kooperationen gewinnen. Ihre Wirksamkeit<br />

und ihre Ausstrahlung werden größer sein.<br />

4. Entwicklung der rechtlichen<br />

und politischen<br />

Verankerung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in Europa<br />

Die Grundidee von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist<br />

die Verantwortlichkeit aller Politikfelder und<br />

-ebenen nicht allein für ihre fachlichen Ziele,<br />

sondern auch für das Ziel der Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern. Sie muss dann<br />

zwangsläufig aufkommen und als Leitprinzip<br />

eingefordert werden, wenn Politiker und<br />

Politikerinnen erkennen,<br />

wie oft die Initiativen und Programme der<br />

speziellen Frauen(gleichstellungs)politik<br />

an Grenzen stoßen;<br />

wie minimal die Ressourcen sind, die sie<br />

zur Verfügung haben im Gegensatz zu<br />

den zahlreichen, generationenlang verfestigten<br />

Problemen der Frauendiskriminierung<br />

und im Gegensatz zu den gesellschaftlichen<br />

Ressourcen, die Männern<br />

zugute kommen;<br />

wie stark sie immer wieder konterkariert<br />

werden durch Rahmenbedingungen, die<br />

andere Politikbereiche ohne Beachtung<br />

des Zieles der Geschlechtergleichstellung<br />

setzen.<br />

Die grundlegenden Initiativen:<br />

Weltfrauenkonferenzen in Nairobi<br />

und Peking<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> wurde als politische<br />

Strategie und Forderung der Frauenpolitikerinnen<br />

weltweit zum ersten Mal auf der dritten<br />

Weltfrauenkonferenz in Nairobi 1985<br />

artikuliert. Zehn Jahre später beschloss die<br />

vierte Weltfrauenkonferenz in Peking 1995<br />

das Prinzip in der Arbeitsplattform. Damit<br />

wurden die Mitgliedstaaten der Vereinten<br />

Nationen (UN) aufgefordert, <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in ihren nationalen gleichstellungspolitischen<br />

Strategien zu verwirklichen.<br />

Die UN selbst fasste 1995 in der Generalversammlung<br />

eine Resolution mit der Selbstverpflichtung,<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in allen<br />

Programmen und Maßnahmen umzusetzen.<br />

Kapitel 1<br />

11


12<br />

Entwicklung in Europa –inder<br />

Gemeinschaft und in einzelnen<br />

Mitgliedstaaten<br />

Mitte der 90er Jahre begann in einigen europäischen<br />

Staaten, an der Spitze Schweden<br />

und Norwegen, die Implementierung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auf nationaler, regionaler<br />

und lokaler Ebene. Das neue Leitprinzip<br />

ergänzt und verallgemeinert seitdem die bisherige<br />

spezifische Frauengleichstellungspolitik<br />

–die Frauen-Aktionspläne, Frauenförderprogramme<br />

für Beruf und Arbeitsmarkt,<br />

Quotierungen und die Maßnahmen zur Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie sowie zu<br />

anderen zentralen Themen wie z.B. der<br />

Gewalt gegen Frauen. Diese Länder weisen<br />

im Vergleich zuDeutschland schon eine<br />

wesentlich längere Tradition von ausdrücklicher<br />

Frauengleichstellungspolitik auf, mit<br />

entsprechenden Ergebnissen. Das prägt auch<br />

die sozialen Umgangsweisen, das Bewusstsein<br />

und die politischen und öffentlichen<br />

Debatten mehr im Sinne einer gleichstellungspolitischen<br />

Kultur. Mit diesem Vorlauf<br />

und diesen gesellschaftlichen Voraussetzungen<br />

machen sie <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ab<br />

Mitte der 90er Jahre zur Hauptstrategie ihrer<br />

Gleichstellungspolitik. Entsprechende<br />

Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> soll Handlungs- und Entscheidungsprinzip aller Regierungen,<br />

Organisationen und Parteien werden<br />

Amsterdamer Vertrag 1996<br />

Verbindliche Vorgaben zum <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> für alle EU-Staaaten<br />

(Artikel 2und 3des EG-Vertrags)<br />

Beschäftigungspolitische Leitlinien<br />

der EU 1999, 2000, 2001<br />

4. Säule: Verstärkung der<br />

Chancengleichheit für Frauen und<br />

Männer durch den <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Ansatz<br />

Quelle: In Anlehnung an Linde, K. (2001).<br />

Konzepte und Selbstverpflichtungen sowie<br />

Verantwortungsstrukturen „Top-down“ werden<br />

geschaffen –Gleichstellungspolitik ist<br />

nicht mehr allein Angelegenheit der Frauenministerin,<br />

sondern Chefsache (und Chefinsache)<br />

in jedem Ressort. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

wird praktisch umgesetzt, vor allem<br />

auch auf regionaler und lokaler Ebene.<br />

Beispiele von Good-Practice und praktikable<br />

Arbeitshilfen werden entwickelt (z.B. die „3-<br />

R-Methode“ in schwedischen Kommunen, vgl.<br />

Kapitel 7).<br />

Seit 1998 ziehen immer mehr Regierungen<br />

von EU-Mitgliedstaaten nach, die Bundesrepublik<br />

Deutschland 1999 durch einen<br />

Beschluss des Bundeskabinetts.<br />

Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft<br />

wird <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> seit<br />

1994/1996 vorangetrieben: Durch den<br />

Europarat, der 1995 eine Expertinnen- und<br />

Expertenkommission zur Entwicklung der<br />

Konzeption und Methoden einsetzte, durch<br />

Selbstverpflichtungen der Kommission, jährliche<br />

Arbeitsplanung der Kommissionsdienststellen<br />

unter Einschluss von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>,<br />

jährliche Fortschrittsberichte zur<br />

EU-Strukturfonds, Leitlinien und<br />

Verordnungen 1999<br />

Berücksichtigung der Gleichstellung von<br />

Frauen und Männern imSinne der allgemeinen<br />

Politik der Chancengleichheit<br />

(<strong>Mainstreaming</strong> Politik)


Umsetzung, hochrangige Beratungen z.B.<br />

des Nordischen Ministerrates sowie durch<br />

Entschließungen des Europäischen<br />

Parlaments.<br />

Die rechtlich verbindliche Grundlage erhält<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> durch den Amster–<br />

damer Vertrag von 1999 in Art. 2und Art. 3,<br />

Abs. 2des EG-Vertrags: Die Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern ist explizit als eines<br />

der Ziele der Gemeinschaft anerkannt, und<br />

die Gemeinschaft wird darauf verpflichtet,<br />

bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinzuwirken,<br />

Ungleichheiten zu beseitigen und die<br />

Gleichstellung beider Geschlechter zu fördern.<br />

Diese Verpflichtung gilt für alle Politikfelder<br />

und -bereiche, die Gegenstand des<br />

Vertrags sind. Sie bedeutet ein Handeln im<br />

Sinne der Strategie von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>.<br />

1999 wird inden Beschäftigungspolitischen<br />

Leitlinien ebenfalls <strong>Gender</strong> Main–<br />

streaming verankert. Das Gleiche gilt für die<br />

Programmebene: Die EU-Strukturfondsprogramme<br />

sowie das V. Rahmenprogramm zur<br />

Forschungsförderung enthalten <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> im Zielsystem. Entsprechende<br />

Evaluierungen und Umsetzungsbegleitungen<br />

sind gestartet worden.<br />

Wie steht es mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in den Mitgliedstaaten bei der<br />

Umsetzung der EU-Programme?<br />

Einige Hinweise auf gute Beispiele<br />

Die Fortschrittsberichte zu<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

im ganzen Bereich der Kommission<br />

sowie aktuell die Mitteilungen der Kommission<br />

zur Implementierung in den Strukturfonds,<br />

wie sie sich aufgrund der Programmevaluierung<br />

zum <strong>ESF</strong> und aus den Programmplanungsdokumenten<br />

der Mitgliedstaaten darstellt,<br />

machen deutlich: Zwar ist im einzelnen<br />

an vielen Stellen mit dem <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Ansatz<br />

begonnen worden, die Umsetzung<br />

steckt aber immer noch inden Anfängen.<br />

Von den vorbildlichen Einzelinitiativen<br />

und Good-Practice-Beispielen bis zu tatsächlichem<br />

<strong>Mainstreaming</strong> ist der Weg praktisch<br />

überall noch weit.<br />

In der aktuellen Mitteilung vom Dezember<br />

2002 zur Halbzeitüberprüfung des Programmplanungszeitraumes<br />

2000 bis 2006<br />

wird festgestellt, dass die Gleichstellung von<br />

Frauen und Männern inden laufenden<br />

Programmen wirksamer angegangen wird als<br />

in den früheren Planungszeiträumen vor<br />

2000. Die positiven Entwicklungen konzentrieren<br />

sich allerdings auf die vom Europäischen<br />

Sozialfonds finanzierten Bereiche<br />

„Beschäftigung“ und „Entwicklung der<br />

Humanressourcen“. Das Schwergewicht liegt<br />

dabei immer noch auf Frauenförderungskonzepten<br />

und -maßnahmen, die an der<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie, an<br />

Problemen der Berufsrückkehr nach der<br />

Familienphase und vergleichbaren klassischen<br />

Momenten der Frauendiskriminierung<br />

ansetzen. Projekte, mit denen die bestehenden<br />

Segregationen des Arbeitsmarktes –das<br />

Lohngefälle, die unterschiedlichen Chancen<br />

für Berufskarrieren –strukturell und präventiv<br />

in Angriff genommen werden, sind immer<br />

noch nur sehr gering vertreten.<br />

Problematisiert wird, dass in den Bereichen<br />

Umwelt, Verkehr, Entwicklung des ländlichen<br />

Raumes, Forschung und Entwicklung und<br />

anderen, <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> noch weitgehend<br />

bis fast vollständig zu vermissen ist.<br />

Verknüpfungen von Geschlechtergleichstellung<br />

mit Querschnittszielen wie Nachhaltigkeit<br />

oder Förderung der Wissensgesellschaft<br />

fehlen in den meisten Programmen bisher<br />

immer noch. Damit sind gerade die Politikfelder,<br />

die –auch nach ihrem eigenen<br />

Anspruch –besonders zur Zukunftspolitik zu<br />

rechnen sind, gegenwärtig immer noch hinter<br />

der gleichstellungspolitischen „neuen<br />

Zeit“ zurück.<br />

Beim Blick auf die Umsetzung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in den Mitgliedstaaten werden<br />

beispielsweise zum Schwerpunkt<br />

„Humanressourcenentwicklung“ die Programme<br />

in Spanien und Portugal positiv hervorgehoben:<br />

Sie enthalten Ansätze für strukturwirksame<br />

Veränderungen der Arbeitsmarktsegregation<br />

durch breite regionalspezifische<br />

Maßnahmenbündel oder für die Schaffung<br />

von Grundlagen für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

(Statistiken, Instrumente, Qualifizierung<br />

usw.).<br />

Für den Europäischen Fonds für regionale<br />

Entwicklung, der insgesamt noch wenig an<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Ansätzen zeigt, wird<br />

z.B. das strukturell ansetzende Programmkonzept<br />

für Ostfinnland mit neuen Formen<br />

der Beteiligung sowie innovativen Dienstleistungsstrukturen<br />

hervorgehoben; für die<br />

Verankerung<br />

von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

in Europa<br />

Kapitel 1<br />

13


14<br />

Gemeinschaftsinitiative LEADER die Festlegung<br />

von Frauenquoten in den Partnerschaften<br />

innerhalb der lokalen Aktionsgruppen<br />

(Schweden und Niederlande).<br />

Zur Doppelstrategie „<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

plus spezifische Frauenförderungsmaßnahmen“<br />

stellt die Kommission fest, dass es<br />

durchweg bei Absichtsbekundungen bleibt<br />

und nur in ganz wenigen Programmen ein<br />

echter Querschnittsansatz auch praktisch<br />

durchgeführt wird.<br />

Bei den Ziel 1-Programmen (Entwicklung und<br />

strukturelle Anpassung der Regionen mit<br />

Entwicklungsrückstand) werden Süd-Yorkshire<br />

und West-Wales sowie The Valleys und<br />

Ostfinnland als beispielgebend genannt.<br />

Bei Ziel 2(Förderung der wirtschaftlichen<br />

und sozialen Umstellung der Gebiete mit<br />

Strukturproblemen) weist das Programm für<br />

Nordwestengland eine systematische <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Strategie auf: Mit spezifischen<br />

Chancengleichheitszielen für die vertikalen<br />

Prioritäten (z.B. für die Zahl der geschaffenen<br />

oder gesicherten Arbeitsplätze, der unterstützten<br />

Unternehmensgründungen sowie<br />

kleine und mittlere Unternehmen, Auswirkungen<br />

auf Lernen, Beschäftigung und Start<br />

in Selbständigkeit). Methodisch werden zur<br />

Steuerung und Begleitung im Sinne des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> drei Instrumente eingesetzt:<br />

ein Kriteriensystem für die Bewertung<br />

von Projekten, eine Sachverständigenund<br />

Beratungsgruppe sowie konkrete<br />

Unterstützung und Beratung für Projektträger.<br />

Die Evaluierung der Kommission, inwiefern<br />

bisher Instrumente zur Implementierung des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in die Programmplanung<br />

und -durchführung eingesetzt werden,<br />

zeigt in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten<br />

noch wenig an konkreten Instrumenten<br />

auf.<br />

Positiv hervorgehoben werden<br />

Spanien mit einer ex-ante-Bewertung der<br />

geschlechtsspezifischen Dimension im Ziel<br />

1-Programm für Andalusien;<br />

Spanien sowie Österreich mit systematischer<br />

Einbindung von gleichstellungspolitischen<br />

nichtstaatlichen Organisationen<br />

und Netzwerken, von staatlichen Frauenbeauftragten<br />

und Gleichstellungsbüros;<br />

Großbritannien beim Ziel 2-Programm für<br />

Yorkshire und Humber sowie Schweden<br />

beim Ziel 3-Programm mit der systematischen<br />

Begleitung durch <strong>Gender</strong>-Expertinnengremien<br />

und<br />

Irland mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Schulungen für verschiedene Gruppen von<br />

Akteuren.<br />

Beispielgebend ist in Österreich die <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Plattform der österreichischen<br />

Beschäftigungspakte (TEP =Territorial<br />

Employment Pacts, vgl. http://www.pakte.at).<br />

Sie werden seit 2002 als gemeinsame Grundlage<br />

für die Umsetzung in der TEP-Struktur,<br />

im jeweiligen Arbeitsprogramm sowie in den<br />

einzelnen Projekten entwickelt und umgesetzt.<br />

Aus Österreich ist außerdem die<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Koordinierungsstelle<br />

beispielgebend zu nennen, die eine ganze<br />

Reihe praxisnaher Hilfestellungen für <strong>ESF</strong>-<br />

Projekte sowie für <strong>EQUAL</strong>-Entwicklungspartnerschaften<br />

entwickelt hat und die praktische<br />

Anwendung durch Informations- und Qualifizierungsangebote<br />

unterstützt (vgl. http://<br />

www.gem.or.at; http://www.equal-esf.at).<br />

Überall in Europa haben die an der Programmplanung<br />

Beteiligten und die Programmverantwortlichen<br />

sowie die Träger und Projekte<br />

noch viel zu tun, um <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

auf breiter Ebene, also wirklich als gute<br />

Routine und als „<strong>Mainstreaming</strong>“ zu verwirklichen.<br />

Auch bei der Kommission besteht noch großer<br />

Handlungsbedarf, um die Handlungsmöglichkeiten<br />

durch Programmsteuerung und<br />

-evaluierung auszuschöpfen und <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> von Worten (in den Programmrichtlinien)<br />

zu Taten (bei der Programmumsetzung)<br />

zu befördern.<br />

Dies zu tun, steht nach den Ergebnissen der<br />

Halbzeitüberprüfung in der Mitteilung der


Kommission klar auf der Agenda. Im Arbeitsprogramm<br />

der Kommission zur Umsetzung<br />

der Rahmenrichtlinie zur Gleichstellung von<br />

Frauen und Männern und in den Leitlinien<br />

zur Halbzeitüberprüfung 2003 werden die<br />

Empfehlungen zur wirkungsvolleren Ausrichtung<br />

der Strukturfonds auf das Ziel der<br />

Geschlechtergleichstellung und zur Verwirklichung<br />

der Doppelstrategie –<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

plus spezielle Frauenförderung –<br />

einen Schwerpunkt bilden. Die Zukunft für<br />

Projektträger, für Entwicklungspartnerschaften<br />

und Netzwerke von Akteuren liegt also<br />

darin, sich aktiv auf die Strategie des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> einzustellen, Kompetenz zu<br />

erwerben, die eigenen Ziele und Konzepte<br />

zu reflektieren und weiterzuentwickeln.<br />

5. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –<br />

Handlungsfelder und<br />

Umsetzung<br />

Wo ist <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> umzusetzen?<br />

Überall. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> richtet sich<br />

als Leitprinzip und Auftrag wirklich analle<br />

politischen und fachlichen Handlungsfelder:<br />

Von der Ausbildungsmarktpolitik bis zur<br />

Zuwanderungspolitik, von Themen wie<br />

Arbeitsorganisation und -qualität und<br />

Bildung/Beratung bis hin zu Vernetzung und<br />

Wirtschaftsförderung.<br />

Für <strong>EQUAL</strong>-Entwicklungspartnerschaften und<br />

-Projekte heißt das zweierlei:<br />

Erstens geht <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> die<br />

beteiligten Akteure nicht nur im <strong>EQUAL</strong>-<br />

Zusammenhang an, sondern ist grundsätzlich<br />

auch bei ihren anderen Aufgaben bindend<br />

oder zumindest relevant. Es handelt sich also<br />

nicht nur um ein abzuarbeitendes Muss in<br />

Gestalt der Förderbedingung für dieses konkrete<br />

Vorhaben, eine Methode und Strategie,<br />

die man aber ansonsten gar nicht braucht.<br />

Zweitens gilt <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auch im<br />

ganzen Umfeld, nämlich inder Sozial-,<br />

Arbeitsmarkt-, Bildungs- sowie der Stadt- und<br />

Regionalentwicklungspolitik als Leitprinzip<br />

und Methode. Entsprechend sind auch hier<br />

die Diskussions- und Umsetzungsprozesse im<br />

Gange. Sie führen zu flankierenden Prozessen<br />

und Rahmenbedingungen, mit denen<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in der Gestaltung der<br />

Entwicklungspartnerschaft, in den Zielentscheidungen<br />

sowie in den konkreten Inhalten,<br />

Modulen und Projekten unterstützt wird.<br />

Implementierung<br />

Innerhalb jedes Handlungsfeldes bedeutet<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> zunächst, aktiv zu<br />

werden für einen Implementierungsprozess,<br />

mit dem die Basis für die fachliche Umsetzung<br />

geschaffen wird.<br />

Dazu gehören folgende Bausteine und<br />

Essentials:<br />

Top-down-Engagement der Leitungs- und<br />

Entscheidungsebene und der Führungskräfte;<br />

Projektgruppen, Gremien, Beiräte, Netzwerke:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> konkret im<br />

Auftrag verankert –geschlechtergemischte<br />

Zusammensetzung (Managing Diversity)<br />

und Beteiligung der frauenpolitischen<br />

Instanzen;<br />

Implementierungskonzept und kontinuierlicher<br />

Prozess: Verantwortlichkeit, z.B. ein<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Beauftragtenteam<br />

und/oder eine Steuerungsgruppe (Frauen<br />

und Männer!), Ziel- und Zeitplan-Vereinbarungen;<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als Organisations-<br />

und Qualitätsentwicklungsprozess;<br />

Wissensbasis: Geschlechterdifferenzierende<br />

Daten, qualitative Erkenntnisse;<br />

Qualifikations- und Kompetenzbasis:<br />

<strong>Gender</strong>training plus Gleichstellungsinhalte<br />

bei Fach- und Methodenfortbildung –<br />

Learning by Doing ist sinnvoll, aber nicht<br />

allein ausreichend;<br />

Instrumente: Praxistaugliche, handhabbare<br />

Arbeitshilfen, Leitfäden, Checklisten;<br />

<strong>Gender</strong>-Transparenz für Haushaltsbudgets<br />

und generell für Ressourcenverwendung;<br />

Evaluierung mit Geschlechterdifferenzierung<br />

und Bewertung der gleichstellungspolitischen<br />

Auswirkungen.<br />

Fachliche Umsetzung<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>, kompetent und konsequent<br />

umgesetzt, bringt mehr gleichstellungspolitische<br />

Wirksamkeit, aber auch generell<br />

mehr Qualität und Erfolg für die fachlichen<br />

Ziele der Partnerschaft, der Netzwerke<br />

und Projekte:<br />

Kapitel 1<br />

15


16<br />

Problemanalysen werden erst<br />

durch geschlechterdifferenzierendeFragestellungenrealitätsgerecht<br />

und in vollem<br />

Umfang<br />

zutreffend.<br />

Folgenabschätzungen<br />

und<br />

Abwägungsprozesse<br />

sind<br />

umfassender.<br />

Insgesamt sind<br />

die Entscheidungsgrundlagen<br />

tragfähiger<br />

als bei scheinbar<br />

geschlechtsneutralem,<br />

in Wahrheit aber<br />

geschlechtsblindem<br />

Blick.<br />

Konzeptionen sind passgenauer<br />

für die Kundinnen und Kunden.<br />

Bei der Umsetzung wird mehr Qualität,<br />

Effektivität und Effizienz erreicht.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist die Voraussetzung,<br />

um Partizipation und Integration<br />

für Frauen und Männer gleichermaßen in<br />

den Zielgruppen zu erreichen.<br />

Alle Potenziale werden einbezogen –die<br />

vielfältigen und unterschiedlichen Sichtweisen<br />

und Kompetenzen, die Frauen und<br />

Männer einbringen, finden Wertschätzung<br />

und werden genutzt.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bringt neue Ideen<br />

und Denkanstöße durch neue Sichtweisen.<br />

Mehr Ansatzpunkte für Prävention kommen<br />

in den Blick.<br />

Ausstrahlung und Image der beteiligten<br />

Institutionen und Organisationen werden<br />

verbessert.<br />

Q u e l l e : B e r a t u n g s s t e l l e F r a u<br />

Dieser Nutzen oder „Mehrwert“ von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> kann sich grundsätzlich in<br />

allen Handlungsfeldern von Politik, Verwaltung<br />

und Gesellschaft realisieren. Besonders<br />

aber kommt er zum Tragen in Bereichen und<br />

Projekten, die direkt mit Zielgruppen zu tun<br />

haben, wie die Arbeitsmarktpolitik und die<br />

Bildungspolitik, die Sozialpolitik allgemein<br />

und besonders die Politik zur Integration und<br />

zum Abbau von Diskriminierungen und<br />

Ungleichheiten.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> steht fast<br />

überall noch amAnfang -gute<br />

Praxisbeispiele, die tatsächlich<br />

konsequent gemäß<br />

diesem immer noch als<br />

neu empfundenen Leitprinzip<br />

vorgehen und<br />

bereits solide Ergebnisse<br />

vorzeigen können,<br />

sind rar.<br />

Inwiefernsich<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

von bisheriger<br />

Frauenförderung<br />

oder auch von generellerZielgruppenarbeit<br />

unterscheidet<br />

und wie <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

mehr Gleichstellungswirksamkeit<br />

und zugleich<br />

mehr fachliche Qualität<br />

und Effizienz bringen kann, dazu fehlt<br />

vielen noch die konkrete Vorstellung.<br />

u n d B e r u f – I t z e h o e<br />

6. Beispiele für Relevanz und<br />

Umsetzungsmöglichkeiten<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Die Führungsebene setzt sich ein:<br />

Top-down<br />

Die fachpolitische Spitze macht Gleichstellung<br />

zum Thema<br />

Ein Wirtschaftsminister oder ein Wirtschaftsdezernent<br />

macht in seinen Beratungen mit<br />

führenden Wirtschaftsvertretern deutlich,<br />

dass Politik für die Chancengleichheit von<br />

Frauen im Beruf nicht nur in einer Demokratie<br />

selbstverständlich ist, sondern dass<br />

damit auch Potenziale aktiviert werden, die<br />

betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich<br />

unverzichtbar sind –umsomehr angesichts<br />

des demographischen Rückgangs der<br />

erwerbsfähigen Bevölkerung, der regionalen<br />

Abwanderungen und der Probleme beim<br />

Nachwuchs. Er vermittelt den Führungskräften<br />

inseinem Ressort bei Leitungskonferenzen<br />

sowie nach außen gegenüber den führenden<br />

Akteuren der Wirtschaft ein Leitbild<br />

der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik,


in dem die Förderung der beruflichen Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern von vorneherein<br />

einen Stellenwert hat: Sie kommt in<br />

konkreten Zielen zum Ausdruck und fließt in<br />

die Handlungsüberlegungen mit ein. Durch<br />

Leitungsentscheidung setzt der Wirtschaftsminister<br />

oder der Wirtschaftsdezernent<br />

einen Implementierungsprozess für <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in Gang und trifft auch die<br />

erforderliche Ressourcenentscheidung.<br />

Der Handlungsauftrag ist umdas<br />

Thema Gleichstellung erweitert<br />

Wirtschaftsförderung im Bereich Existenzgründungen<br />

Im Amt für Wirtschafts- und Strukturförderung<br />

ist die Aufgabe „Unterstützung von<br />

Existenzgründungen“ so anzugehen, dass<br />

von Anfang an auch nach etwaigen Unterschieden<br />

in punkto Beratungsbedarf oder<br />

besondere Infrastrukturerfordernisse von<br />

Existenzgründerinnen im Vergleich zu<br />

Existenzgründern gefragt wird. Es wird außerdem<br />

gezielt nachgefragt oder vielleicht<br />

durch einen Ideenwettbewerb zutage gefördert,<br />

inwiefern Frauen in der Region besondere<br />

Potenziale und innovative Gründungsideen<br />

haben, die man angemessen unterstützen<br />

will. Die Zuständigen aus dem Amt für<br />

Wirtschaftsförderung informieren sich systematisch<br />

und beziehen auch die Gleichstellungsbeauftragte<br />

mit ein, die sich bereits<br />

auskennt, z.B. weil sie schon einmal eine<br />

Frauenmesse mit Unternehmerinnen und<br />

Existenzgründerinnen durchgeführt hat. Sie<br />

fragen gezielt auch Unternehmerinnen in der<br />

Region, was diese für besonders förderlich<br />

halten.<br />

Regionale und kommunale Planung<br />

Bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes,<br />

bei der politischen Diskussion und fachlichen<br />

Planung zur Sanierung eines Stadtviertels,<br />

bei der Weiterentwicklung des öffentlichen<br />

Nahverkehrs im ländlichen Raum eines<br />

Flächenkreises, beim städtischen Verkehrslenkungs-<br />

und Parkraumkonzept, bei der<br />

Neugestaltung der Parks und Grünflächen im<br />

Hinblick auf Freizeit- und Erholungsnutzung<br />

usw. werden nun von vornherein die Ist-<br />

Situation sowie der Bedarf und die Vorstellungen<br />

der Betroffenen differenziert nach<br />

Frauen und Männern inihren unterschied-<br />

lichen Lebenslagen erhoben und analysiert.<br />

Die Konzepte sind geprägt von dem Ziel, die<br />

Lebenslage und die sozialen Chancen<br />

geschlechtergerecht zuverbessern und die<br />

Planungen richtig zuzuschneiden, z.B. auf<br />

einen festgestellten großen Anteil allein<br />

erziehender Mütter, auf Männer, die sich als<br />

Berufspendler (vielleicht zu einem großen<br />

Teil Wochenendpendler) in einer besonderen<br />

Weise eingeschränkten Situation befinden,<br />

auf allein stehende alte Menschen, bei denen<br />

der Frauenanteil überwiegt.<br />

Projekte mit Geschlechterperspektive<br />

helfen auch bei Problemlagen<br />

von Männern<br />

Vereinbarkeit von Vater-Sein und Beruf<br />

Immer mehr Männer entwickeln ein differenzierteres<br />

Rollenverhalten in der Familie und<br />

suchen eine Balance zwischen beruflichen<br />

Anforderungen und dem Vater-Sein. Sie<br />

möchten die Elternfreistellung wahrnehmen<br />

oder vorübergehend auf Teilzeitarbeit<br />

gehen, merken aber, dass sie bei Vorgesetzten<br />

und im beruflichen Umfeld Probleme<br />

haben, ihr anderes Lebenskonzept zu vertreten<br />

und durchzusetzen ohne diskriminiert zu<br />

werden. Ein Internet-Beratungsangebot<br />

„Väter und Beruf“ gibt Männern Hilfestellung<br />

für andere Optionen als das klassische,<br />

gesellschaftlich für normal angesehene<br />

Rollenbild des berufs- und karriereorientierten<br />

Mannes. Das Angebot ist auf sie spezifisch<br />

zugeschnitten, weil ihr Bedarf anBeratung<br />

und Austausch, Tipps und Unterstützung<br />

in manchen Punkten ein anderer ist als<br />

bei einer Frau, die in Elternzeit oder Teilzeit<br />

gehen will.<br />

Bildungsdefizite, weniger Zugang zu<br />

Bildungsinfrastrukturen<br />

Für Männer sind im Vergleich zuFrauen<br />

Defizite inpunkto Bildungsabschlüsse und<br />

spezifische Bildungskompetenzen und<br />

-zugänge festzustellen. In der allgemeinen<br />

schulischen und außerschulischen Bildung<br />

zeigt die <strong>Gender</strong>-Analyse Handlungsbedarf<br />

für bestimmte benachteiligte Gruppen von<br />

Frauen, aber in großem Maße auch Bedarf<br />

von Jungen und Männern: Z.B. sind in der<br />

Volkshochschule, Bibliotheken und Einrichtungen<br />

der Familienbildung Frauen die<br />

Hauptnutzerinnen. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Der Spagat<br />

zwischen<br />

Vater-Sein<br />

und Beruf<br />

Kapitel 1<br />

17


18<br />

gibt neue Anstöße für Programmarbeit, um<br />

gezielt Jungen/Männer mit besonders zugeschnittenen<br />

Angeboten anzusprechen –<br />

neben der Schließung der Lücken für benachteiligte<br />

Frauen.<br />

In jedem Fachzusammenhang werden<br />

alle relevanten Akteure erreicht<br />

Arbeitsmarktpolitik auf Landesebene<br />

Die Abteilungsleitung Arbeitsmarktpolitik<br />

oder Regional- und Strukturpolitik eines<br />

Ministeriums kommt regelmäßig mit den<br />

Führungskräften des Landesarbeitsamtes<br />

zusammen, mit den Verantwortlichen der<br />

Kammern und Verbände, mit den Geschäftsführerinnen<br />

und Geschäftsführern von<br />

Beschäftigungs- und Strukturfördergesellschaften.<br />

Wenn <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> verwirklicht<br />

wird, wird inden Abstimmungsgesprächen<br />

zu Programmen und anderen<br />

Initiativen, zu gemeinsamen Erklärungen<br />

oder Aktivitäten (z.B. zum Thema Ausbildungsangebote<br />

für die Schulabgängerinnen<br />

und -abgänger) die Frage nach geschlechtsspezifischen<br />

Unterschieden in der Zielgruppe,<br />

um die es geht, jeweils mitgestellt. So werden<br />

alle mit eingebunden und wirken daran<br />

mit, dass die Konzepte und Handlungsschritte<br />

die Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern fördern. Nach diesen Kriterien<br />

werden anschließend die Ergebnisse der<br />

Maßnahmen zur Überprüfung der Fortschritte<br />

und für die weitere Steuerung eines<br />

gleichstellungsorientierten Kurses in der<br />

Beschäftigungspolitik ausgewertet.<br />

Berufliche Rehabilitation<br />

In Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation<br />

sind Frauen seit langem stark unterrepräsentiert<br />

(15 –20%). Die Tendenz hat sich<br />

kaum verbessert, obwohl in den 80er Jahren<br />

in der alten Bundesrepublik die doppelte<br />

Diskriminierung von Frauen mit Behinderung<br />

immer stärker von Frauennetzwerken und<br />

Frauenpolitikerinnen zum Thema gemacht<br />

worden ist.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bedeutet, dass die<br />

zuständige Referatsleiterin bzw. der zuständige<br />

Referatsleiter des Landesministeriums,<br />

der im Vorstand oder in der Mitgliederversammlung<br />

des Berufsförderungswerkes sitzt,<br />

verpflichtet ist, ausdrücklich nach den<br />

Gründen für die Unterrepräsentanz von<br />

Frauen in der Einrichtung zu fragen und<br />

Veränderungen beim Zugang (z.B. geschlechtergerechte<br />

Beratung durch die Rehabilitations-Beraterinnen<br />

und -Berater, besondere<br />

Informationsangebote für Frauen mit Behinderung)<br />

sowie bei der Angebotspalette der<br />

Berufe und bei den Rahmenbedingungen zu<br />

fordern und vielleicht auch mit Landesmitteln<br />

besonders zu fördern. Er tut all dies in dem<br />

Gremium, in dem die Leitung des Berufsförderungswerkes<br />

und die Vertreter der<br />

Berufsgenossenschaft, Unfall- und Rentenversicherung,<br />

des Landesarbeitsamtes und<br />

des Bundesarbeitsministeriums sitzen und<br />

die grundlegenden Entscheidungen für die<br />

Aktivitäten des Berufsförderungswerkes treffen<br />

und seine Weiterentwicklung steuern.<br />

Soziale Bedarfsgerechtigkeit und<br />

Integration wird für beide<br />

Geschlechter in den sozialen<br />

Gruppen verwirklicht<br />

Geschlechterdifferenzierende Analyse als<br />

Grundlage des Handelns<br />

Auswertungen der Daten zur Arbeitslosigkeit<br />

benachteiligter sozialer Gruppen (z.B.<br />

Menschen ohne Berufsausbildung, Ältere,<br />

Migrantinnen und Migranten, Menschen mit<br />

Behinderung) müssen jeweils nach Geschlecht<br />

differenziert werden. Die Ergebnisse liefern<br />

die Grundlage für die Ziele und Konzepte,<br />

denn sonst bleiben in jeder benachteiligten<br />

Gruppe die Frauen öfter auf der Strecke. Oder<br />

auch: Es werden ganze Maßnahmen oder<br />

Maßnahmenelemente amBedarf vorbei angeboten,<br />

was nicht nur Betroffene enttäuscht,<br />

sondern auch unnötige Kosten verursacht.<br />

Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit<br />

Ein kommunales Programm zum Abbau von<br />

Jugendarbeitslosigkeit muss genau unterscheiden,<br />

wie die Benachteiligung der<br />

Mädchen ohne Ausbildungsplatz zustande<br />

kommt und wie das bei den Jungen ist. Nur<br />

dann können für beide Geschlechter gleiche<br />

Integrationschancen zu einem echten<br />

Handlungsziel werden. Wenn z.B. ein<br />

Programm für benachteiligte Jugendliche als<br />

Hauptkriterium für die Zielgruppe mangelhafte<br />

Schulabschlüsse festsetzt, dann geht<br />

das an den geschlechtsspezifischen Gründen<br />

für die Benachteiligung von Mädchen auf<br />

dem Ausbildungsmarkt vorbei: Für die


Mädchen sind es in nicht wenigen<br />

Ausbildungsberufen, bei nicht wenigen<br />

Arbeitgebern traditionelle Vorurteile wie<br />

„das ist nichts für Mädchen“, „Mädchen können<br />

das nicht“ oder fehlende weibliche<br />

Vorbilder, die ihnen trotz guter Schulabschlüsse<br />

den Zugang versperren. Für Jungen<br />

dagegen bestehen andere Hindernisse und<br />

auch die kommen durch <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

präziser in den Blick.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> gehört zu<br />

einem Leitbild als Dienstleister mit<br />

Kundenorientierung<br />

Nutzung kommunaler Infrastrukturen<br />

Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform<br />

ist auch unter dem Stichwort<br />

„Kundenorientierung“ <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

zum Thema geworden. Mittels <strong>Gender</strong>-<br />

Analyse haben Kommunen z.B. festgestellt,<br />

dass auf den kommunalen Sportstätten zu<br />

70% Männer Sport treiben, also diese kommunal<br />

(mit)finanzierten Angebote nutzen.<br />

Frauen als die weibliche Hälfte der Bevölkerung<br />

stellen potenziell die Hälfte der Sporttreibenden<br />

dar. Und immerhin sind –mit<br />

steigender Tendenz –insgesamt 38 bis 40%<br />

aller Mitglieder von Sportvereinen weiblich.<br />

Ihre Zahlen wachsen absolut und relativ.<br />

Ergänzender Hinweis: Die Zahl der Männer in<br />

Sportvereinen geht nicht nur relativ, sondern<br />

auch absolut zurück.<br />

Daraus ergibt sich für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

zum Beispiel, dass bei der Förderung von<br />

Sportstätten und -vereinen die Richtlinien so<br />

zu verändern sind, dass Vereine, die gezielt<br />

ihre Angebote für Mädchen und Frauen erweitern,<br />

Priorität bei der Förderung erhalten.<br />

Die Förderung wird also umgesteuert, damit<br />

auch die weibliche Hälfte der Einwohner als<br />

Kundinnen an den Angeboten des Breiten-,<br />

Freizeit- und Gesundheitssports gleichermaßen<br />

teilhaben wie Männer.<br />

Beratungsangebote, Begleitung und Hilfe<br />

zur Selbsthilfe<br />

Im ganzen Feld der Beratungsangebote ist<br />

die Geschlechterperspektive ein Muss für<br />

eine qualifizierte Dienstleistung. Das gilt für<br />

die Beratung in besonders prekären Lebenslagen<br />

wie Arbeitslosigkeit, u. U. noch verbunden<br />

mit anderen Problemen, für die Begleitung<br />

durch Krisen und in Umstellungsphasen<br />

(z.B. Wiedereinstieg in den Beruf), für soziale<br />

und familiäre wie für bildungs- und berufsbezogene<br />

Beratungen. Bei Beratung, Begleitung<br />

und Hilfe zur Selbsthilfe sind die<br />

<strong>Gender</strong>aspekte der Kundinnen und Kunden<br />

von Bedeutung –ihr Rollenbild, ihre durch<br />

die geschlechtspezifische Arbeitsteilung<br />

geprägte Situation. Geschlechtsspezifische<br />

Umgangsweisen mit Problemlagen können<br />

Stärken, aber auch Schwächen auf dem<br />

Lösungsweg darstellen und müssen bewusst<br />

und konstruktiv aufgegriffen werden.<br />

Inhalte und Ausgestaltung des Angebots,<br />

Medien und Orte der Ansprache usw. werden<br />

nur mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> tatsächlich<br />

dem Bedarf und den Wünschen sowie auf<br />

Prioritäten und Qualitätsmaßstäben der<br />

Kundinnen und Kunden entsprechen.<br />

Durch Passgenauigkeit werden<br />

Qualität, Wirksamkeit und Effizienz<br />

gesteigert<br />

Beschäftigungsförderung<br />

Eine ganze Reihe von Maßnahmen und innovativen<br />

Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik<br />

setzen <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> zumindest in<br />

Ansätzen bereits um. Erfolgreiche Arbeitsmarktagenturen<br />

und Träger von Vorfeld-<br />

Maßnahmen für Jugendliche oder für<br />

erwachsene Arbeitslose arbeiten oft schon<br />

mit einem geschlechtsspezifischen Ansatz.<br />

Woran esinaller Regel noch fehlt, das ist das<br />

systematische, fundierte <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

als Element in der Qualitätsentwicklung –<br />

hierin liegt das Neue, was noch zuverwirklichen<br />

ist.<br />

Beim arbeitsmarktpolitischen Ansatz von<br />

Beratung und –möglichst –direkter Vermittlung<br />

in den ersten Arbeitsmarkt ist es unumgänglich,<br />

bei der Erstellung des individuellen<br />

Stärken-Schwächen-Profils und beim individuellen<br />

Hilfekonzept wesentlich auf<br />

geschlechtsspezifische Aspekte zuachten.<br />

Dazu braucht es bei allen Fachkräften, die<br />

Ausbildung und Anleitung vermitteln, sowie<br />

bei den Beraterinnen und Beratern <strong>Gender</strong>-<br />

Kompetenz: Sensibilität plus Wissen. Gerade<br />

für arbeitslose Mädchen und Frauen gilt, dass<br />

ohne diese Aufmerksamkeit und Herangehensweise<br />

wesentliche persönliche<br />

Erfahrungen, Stärken und Potenziale nicht<br />

erkannt werden und deshalb auch nicht für<br />

die Reintegration in den Arbeitsmarkt nutz-<br />

Kapitel 1<br />

19


20<br />

bar gemacht werden können.<br />

In Landes- und kommunalen Programmen<br />

von „Arbeit statt Sozialhilfe“ wurde die<br />

Erfahrung gemacht: Langzeiterwerbslose<br />

Sozialhilfeempfängerinnen, oft allein erziehende<br />

Mütter, brauchen vielfach nur eine<br />

wirksame Hilfe bei der Regelung der<br />

Kinderbetreuung und Unterstützung bei der<br />

Berufsorientierung und bei der (Wieder-)Gewinnung<br />

von Selbstbewusstsein. Dagegen<br />

brauchen langzeiterwerbslose männliche<br />

Sozialhilfeempfänger überdurchschnittlich<br />

oft eine Berufsqualifizierung, Hilfen bei<br />

gesundheitlichen Problemen oder Alkoholproblemen<br />

und längerfristige Unterstützung<br />

bei der Strukturierung eines Arbeitstages, bei<br />

Zeitdisziplin und Durchhaltevermögen.<br />

Informationstechnologie<br />

Immer stärker wird die Frage des nach<br />

Geschlecht unterschiedlichen Zugangs zu<br />

Informationstechnologien oder allgemein zu<br />

Technik gestellt. Es gibt eine Reihe von interessanten<br />

Erkenntnissen über Geschlechterunterschiede<br />

bei der Zugangsweise und<br />

beim Verständnis sowie bei der Art der<br />

Nutzung von Informationstechnologien (IT)<br />

und von Technik ganz generell. Sie werden<br />

bisher noch zuwenig zur Kenntnis genommen,<br />

was sich mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

ändert.<br />

Die Unterschiede gehen keineswegs in<br />

Richtung der alten Vorurteile „Das ist nichts<br />

für Frauen!“, sondern eszeigt sich, dass der<br />

Zugang von Mädchen und Frauen lediglich<br />

ein anderer ist, der unter Umständen sogar<br />

sinnvoller und realistischer erscheint.<br />

Konsequenzen daraus werden in geschlechterspezifischer<br />

Gestaltung von Informations-,<br />

Motivierungs- und Bildungsangeboten für<br />

Schülerinnen, weibliche Studierende, berufstätige<br />

oder erwerbslose Frauen gezogen –<br />

teils exemplarisch, teils aber auch breiter<br />

umgesetzt: Frauen-Computerschulen, spezielle<br />

EDV-Frauenkurse an Volkshochschulen,<br />

Computerwochen für Mädchen als Berufs–<br />

orientierungsangebot, veranstaltet von<br />

Arbeitsämtern gemeinsam mit der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten, oder vom<br />

Landesarbeitsamt, dem Wirtschafts- und dem<br />

Frauenministerium gemeinsam.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> wird aber auch dazu<br />

führen, dass die Frage gestellt wird, ob es<br />

nicht auch „technikscheue“ Jungen oder<br />

Männer mit erschwertem Zugang zu Technik<br />

gibt. Und eswird der Frage nachgegangen,<br />

wo möglicherweise der „männertypische“<br />

Umgang mit EDV und Technik allgemein<br />

auch Risiken und Nachteile in sich birgt.<br />

Beispiele dafür sind a) jungentypische Besessenheit<br />

von Computerspielen und b) der oftmals<br />

extreme Arbeitseinsatz jüngerer, durchweg<br />

männlicher Beschäftigter im IT-Bereich,<br />

der auf Dauer nicht durchhaltbar ist und zu<br />

gesundheitlichen und sozialen Schädigungen<br />

führen kann. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> wird zu<br />

geschlechtsorientierten Ansätzen für Jungen<br />

und Männer führen, die aufklärend und verhaltensändernd<br />

wirken können.<br />

Verknüpfung von Arbeitsschutz und<br />

Arbeitsförderung<br />

In der für Arbeitsschutz zuständigen Ministeriumsabteilung<br />

des Landes Sachsen-Anhalt<br />

wurde als Pilotprojekt das Thema der<br />

Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen<br />

gewählt. Bei der geschlechtsspezifischen<br />

Datenauswertung einer Untersuchung zu<br />

Gefahrstoffexpositionen in 350 Betrieben<br />

zeigte sich, dass Arbeitgeber bezogen auf<br />

den Mutterschutz besonders häufig gegen<br />

Meldevorschriften der Gefahrstoff-Verordnung<br />

verstießen. Die Konsequenz wurde nun<br />

nicht in schärferen Kontrollen und Strafen<br />

gesucht, sondern inUnterstützungs- und<br />

Informationsangeboten für Arbeitgeber und<br />

schwangere Frauen. Neben einer verbesserten<br />

Information für kleine und mittlere<br />

Unternehmen zur Umlagefinanzierung der<br />

Lohnkosten im Mutterschutz werden die<br />

möglichen arbeitsmarktpolitischen Lösungen<br />

durch geförderte Jobrotation bekannt<br />

gemacht. Jobrotation wird propagiert mit<br />

ausdrücklichem Bezug auf die Eignung für<br />

solche Mutterschutzfälle, bei denen der<br />

Arbeitsschutz die Weiterbeschäftigung auf<br />

dem bisherigen Arbeitsplatz verbietet. Mit<br />

arbeitsmarktpolitischen Fördermitteln unterstützt<br />

kann nun der Platz der schwangeren<br />

Frau von einer bisher arbeitslosen Person<br />

(vorzugsweise auch eine Frau) übernommen<br />

werden, während die Schwangere die<br />

Chance zu einer Qualifizierung erhält.


<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> plus Frauenförderung wirkt als Doppelstrategie<br />

So zum Beispiel könnte die Doppelstrategie im Bereich der kommunalen/regionalen<br />

Wirtschaftsförderung aussehen:<br />

Der Ausgangspunkt: Alle im Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung, in der<br />

Regional- oder Stadtentwicklungs-GmbH sind über ihre Verantwortung im Sinne des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> informiert und haben eine entsprechende Qualifizierung erhalten. In den<br />

Zielvereinbarungen mit den Führungskräften zuAufgaben und Projekten des Fachbereichs<br />

wird ausdrücklich die Gleichstellungsförderung als Teil der Ergebnisverantwortung definiert,<br />

und zwar anhand ganz konkreter Ziele und Kriterien.<br />

Frauenspezifische Maßnahmen wie z.B. ein Existenzgründerinnenkurs, ein Frauen-Gründerinnenzentrum,<br />

eine Frauen-Weiterbildungsmesse oder eine Unternehmerinnen-Messe werden<br />

fortgesetzt oder kommen als neue Projekte hinzu: Sie können in der Initialphase in der<br />

Verantwortung des kommunalen Frauenbüros liegen, wenn von dort der Anstoß, das Konzept<br />

und das Umsetzungs-Know-how stammen. Nach der Modellphase werden sie als Regelpraxis<br />

in die Aufgaben und Projektstrukturen der Wirtschaftsförderung übernommen, dort verantwortlich<br />

weitergeführt und auch inandere Zusammenhänge implementiert. Das Frauenbüro<br />

wirkt bei Bedarf weiter unterstützend oder macht auf eventuelle Probleme aufmerksam.<br />

Es gibt allerdings keine Begrenzung auf frauenspezifische Projekte –imGegenteil: Die für<br />

Wirtschaftsförderung und Region Verantwortlichen machen eine Wirkungsanalyse mit<br />

geschlechterbezogenen Kriterien und Fragen für die bisherigen, als geschlechtsneutral unterstellten<br />

Maßnahmen. Aufgrund der Ergebnisse setzen sie Handlungsbedarf und Ziele für alle<br />

ihre Aktivitäten neu fest, damit diese künftig auch der Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern dienen und keinesfalls (unbeachtet, ungewollt) zu neuen Diskriminierungen und<br />

Ungleichheiten beitragen.<br />

Auch das Frauenbüro startet weitere Innovationsprojekte. Es stellt zudem öffentlich die<br />

Zusammenhänge zwischen gleichstellungsfördernder Wirtschaftspolitik und anderen<br />

Handlungsfeldern (Schule, Bildung, Soziales) her und wirkt im Sinne von Networking und<br />

Empowerment von Frauen.<br />

Frauenbüro und Wirtschaftsförderung setzen sich gemeinsam für notwendige flankierende<br />

Dienstleistungen der Kommune ein, z.B. Ganztags-Kinderbetreuung und Zeiten der kommunalen<br />

Serviceangebote. Sie geben z.B. in gleiche Richtung Stellungnahmen in den<br />

Ausschüssen des Kommunalparlaments ab.<br />

Das Amt für Wirtschaftsförderung veranlasst eine geschlechterbezogene Arbeitsmarktanalyse<br />

und Beschäftigungsprognose sowie Prognose des zukünftigen Qualifizierungsbedarfs. Esdiskutiert<br />

die Ergebnisse mit den Verbänden. Dabei wird die Geschlechterfrage mitgestellt,<br />

besonders auch bei den Überlegungen, was ineinem kommunalen Bündnis für Arbeit oder in<br />

einer regionalen Weiterbildungsoffensive angepackt werden soll. Das Frauenbüro ist hieran<br />

beteiligt, aber nicht federführend, sondern mit Anregungen und Ergänzungen. Das<br />

Frauenbüro organisiert zur Unterstützung ein zusätzliches Diskussionsforum, in dem Good-<br />

Practice-Beispiele zur Erweiterung des Berufsspektrums von Frauen (und von Männern inausgewählten<br />

„Frauenberufen“, z.B. Erzieher) dargestellt werden, vielleicht aus einem europäischen<br />

Nachbarland, das schon weiter voran ist.<br />

Bei der Konzeptionsentwicklung und Planung eines Weiterbildungsnetzwerkes für die Region<br />

hat die Wirtschaftsförderung die Federführung und geht konsequent im Sinne der<br />

3-R-Methode (vgl. Kapitel 7) vor. Das Frauenbüro unterstützt ein geschlechtergerechtes,<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

als<br />

Doppelstrategie<br />

Kapitel 1<br />

21


22<br />

gleichstellungsförderndes Konzept durch Vermittlung von Kontakt zu Expertinnen mit<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz. Es führt gemeinsam mit dem Mütterzentrum sowie mit anderen Fraueninitiativen<br />

eine Aktion durch, die sich andie Frauen in der Region wendet. Um ein (auch)<br />

gender-adäquates Qualitätsmanagement bei allen Weiterbildungsträgern des Netzwerkes zu<br />

realisieren, entwickeln Wirtschaftsförderung und Frauenbüro zusammen die Kriterien und<br />

agieren arbeitsteilig bei der Information und Einführung.<br />

Das Amt für Wirtschaftsförderung vereinbart –bei Bedarf unter Mitwirkung des Frauenbüros<br />

–mit den Kammern und Arbeitgeberverbänden eine Kampagne für mehr Schülerbetriebspraktika,<br />

die gezielt die Jungen auch für „weibliche“ und die Mädchen auch für „männliche“<br />

Berufsfelder anspricht. Das Frauenbüro veranstaltet zusätzlich den „girl’s day“, wobei die<br />

Wirtschaftsförderung mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit und im Rahmen ihrer laufenden<br />

Kontakte gleichfalls bei Unternehmen für den „girl’s day“ wirbt.


2 Quo vadis <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –<br />

Eindrücke aus den Bundesländern<br />

Henriette Meseke<br />

Mit Beginn der Programmperiode 2000–2006<br />

der Europäischen Strukturfondsförderung<br />

kommt <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> der Status<br />

einer rechtlichen Verpflichtung 1 für alle Mitgliedstaaten<br />

der Europäischen Union zu.<br />

Parallel zu der Initiative auf europäischer<br />

Ebene wurde von Seiten der Bundesregierung<br />

und –teilweise bereits vorher –auf Länderebene<br />

die Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

zum Gegenstand von Diskussionen und<br />

von Beschlüssen innerhalb der Verwaltung<br />

gemacht. Seit 1999 findet ein Prozess der<br />

Implementierung und Umsetzung der<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Strategie statt, der<br />

bei vielen Akteurinnen und Akteuren<br />

Unsicherheiten hervorruft.<br />

Diese Unsicherheiten beziehen sich auf folgende<br />

grundsätzlichen Fragen:<br />

Ist <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> eine Organisationsentwicklungsstrategie<br />

oder eine Strategie,<br />

die sich auf politisches Handeln im<br />

weitesten Sinne bezieht?<br />

Was ist der Unterschied zwischen Frauenförderung<br />

und <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

oder weiter gefragt: wie bedingen sich<br />

beide Ansätze?<br />

Welche Probleme der Messbarkeit ergeben<br />

sich bei der Bewertung von Projekten<br />

unter dem Fokus von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und Chancengleichheit?<br />

Zielsetzung<br />

Der folgende Beitrag soll einen Einblick in<br />

den Prozess der Implementierung und Umsetzung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> innerhalb<br />

der Bundesländer geben. Die Zielsetzung<br />

besteht darin, einerseits den Diskussionsprozess<br />

über <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> widerzuspiegeln<br />

und andererseits, durch die Skizzierung<br />

einiger Beispiele, die Entwicklung der<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Strategie aufzuzeigen.<br />

Damit sollen auch (mögliche) Antworten<br />

auf die oben genannten Fragen gegeben<br />

werden. Es können durch die Skizzierung dieser<br />

Aktivitäten Impulse und Anregungen vermittelt<br />

werden. Es soll jedoch auch über<br />

Fallstricke informiert werden, die dem Ziel<br />

der Geschlechtergerechtigkeit entgegenstehen.<br />

Der Fokus liegt dabei auf der Implementierung<br />

und Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

innerhalb des Europäischen Sozialfonds.<br />

Die Beispiele, die aus einigen Bundesländern<br />

dargestellt, und als Good-Practice im Zusammenhang<br />

mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

genannt werden, werfen auch die Frage auf,<br />

um welche Praxis es sich handelt: Geht es um<br />

die Implementierung der Strategie, zum Beispiel<br />

in Form eines Organisationsentwicklungsprozesses?<br />

Das würde bedeuten, dass<br />

die Institutionen und Organisationen, in<br />

denen <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> integriert werden<br />

soll, betrachtet werden müssen. Oder<br />

geht es um die Einbeziehung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> im Rahmen von Politikbereichen,<br />

von Programmen und Projekten? Dann<br />

ist die Außenaktivität dieser Institutionen zu<br />

betrachten.<br />

Der vorliegende Beitrag bezieht sich im<br />

Wesentlichen auf die Außenwirkung, also auf<br />

die politisch-programmatische Ebene. Wobei<br />

betont werden muss, dass beide Formen der<br />

Interpretation richtig und wichtig sind. Sie<br />

bedingen sich gegenseitig, denn ohne die<br />

systematische Entwicklung von <strong>Gender</strong>kompetenz<br />

innerhalb einer Organisation<br />

oder innerhalb von Verwaltungen kann auch<br />

die Außenaktivität keine fundierte und nachhaltige<br />

Wirkung für die Chancengleichheit<br />

zwischen den Geschlechtern entfalten.<br />

Im Folgenden wird zuerst eine Erläuterung<br />

zu den Begriffen <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> (als<br />

integrative Strategie), Chancengleichheit und<br />

Frauenförderung gegeben, die sich im<br />

Wesentlichen auf die Ebene der Programmplanung<br />

bezieht. Über einen kurzen Einblick<br />

Kapitel 2<br />

23


24<br />

zum Thema Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern auf dem Arbeitsmarkt wird im<br />

zweiten Schritt die Problematik angesprochen,<br />

wie widersprüchlich die Förderung<br />

konkreter Projekte inihrer Wirkung sein kann<br />

und welche Rahmenbedingungen entscheidend<br />

sind. Daran anschließend werden verschiedene<br />

Beispiele aus einigen Bundesländern<br />

vorgestellt, die die Bandbreite der<br />

Aktivitäten exemplarisch verdeutlichen.<br />

Abschließend werden noch einmal aktuelle<br />

Entwicklungen und Perspektiven kritisch<br />

reflektiert.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als integrative<br />

Strategie<br />

Bei der Planung von Förderprogrammen geht<br />

es um die Entwicklung der einzelnen Verfahrensschritte.<br />

Wichtig für die Integration von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist dabei, dass die<br />

Analyse der Ausgangslage, die politische Zielsetzung,<br />

die Implementierung, die Ebene der<br />

Umsetzung sowie die Ansätze im Rahmen des<br />

Controlling und der Evaluierung als systema-<br />

Ziel<br />

Chancengleichheit für<br />

Frauen und Männer:<br />

„die Teilnahme am<br />

wirtschaftlichen, politischen<br />

und sozialen<br />

Leben wird nicht<br />

durch geschlechtsspezifische<br />

Hindernisse eingeschränkt“<br />

Quelle: Linde, K. (2001).<br />

Strategie<br />

Fortführung,<br />

Verbesserung,<br />

Erweiterung frauenspezifischer<br />

Maßnahmen<br />

In allen politischen<br />

Bereichen und auf<br />

allen Ebenen die<br />

geschlechtsspezifischen<br />

Auswirkungen beobachten,<br />

bilanzieren und<br />

verändern,<br />

als permanenter<br />

Verbesserungsprozess<br />

gegen Diskriminierung<br />

und für gleiche Beteiligung<br />

von Frauen<br />

tische Phasenabfolge berücksichtigt werden<br />

müssen. Diese Betrachtungsweise ist deshalb<br />

von Bedeutung, weil es sich bei <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

um eine integrative Strategie handelt,<br />

deren Zielsetzung in der Förderung der<br />

Chancengleichheit von Frauen und Männern<br />

besteht. Häufig ist festzustellen, dass bereits<br />

in der Analyse der Ausgangsbedingungen<br />

keine geschlechterdifferenzierten Informationen<br />

vorliegen. Hierbei entsteht der oberflächliche<br />

Eindruck, dass sich die Ausgangsbedingungen<br />

für Frauen und Männer gleichen,<br />

was für die meisten Zusammenhänge<br />

nicht der Fall ist. Oftmals wird inder Diskussion<br />

an dieser Stelle behauptet, eine<br />

bestimmte Intervention, ein bestimmtes<br />

Programm sei in seiner Wirkung gleichstellungsneutral.<br />

Obgleich inallen relevanten<br />

Dokumenten zu <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> hervorgehoben<br />

wird, dass es keine „geschlechtsneutrale“<br />

Wirklichkeit gibt, ist es wichtig<br />

Fakten zu benennen, die die unterschiedlichen<br />

Ausgangslagen von Frauen und<br />

Männern transparent machen.<br />

Methode<br />

„<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

besteht in der (Re-)Organisation,<br />

Verbesserung,<br />

Entwicklung und Evaluierung<br />

der Entscheidungsprozesse,<br />

mit dem<br />

Ziel, dass die an politischer<br />

Gestaltung beteiligten<br />

Akteure und<br />

Akteurinnen den Blickwinkel<br />

der Gleichstellung<br />

zwischen Frauen<br />

und Männern in allen<br />

Bereichen und auf allen<br />

Ebenen einnehmen.“<br />

(Expertinnengruppe der<br />

EU)


Bei der politischen Zielsetzung, aber auch für<br />

die Verfahrensschritte der Implementierung<br />

und Umsetzung eines Programms ist es notwendig,<br />

dass detaillierte geschlechterdifferenzierte<br />

Informationen zugrunde gelegt<br />

sind und als Basis für die Handlungsorientierung<br />

dienen. Werden im Vorfeld der Umsetzung<br />

–z.B. für ein konkretes Projekt –<br />

keine deutlichen Aussagen auf der politischen<br />

Planungsebene getroffen, so ergibt<br />

sich für die beteiligten Akteurinnen und<br />

Akteure ein Handlungsfeld der Beliebigkeit.<br />

Aber nicht nur deutliche Vorgaben, sondern<br />

auch die Unterstützung der Prozessbeteiligten<br />

bei der Einbeziehung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

ist wichtig.<br />

Auf der Stufe der Evaluierung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>, aber auch von Chancengleichheit<br />

zwischen Frauen und Männern –<br />

als Abschluss der Phasenabfolge –gibt es<br />

zum jetzigen Zeitpunkt die größten<br />

Unsicherheiten. Die Berücksichtigung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als Strategie kann in<br />

Form eines Organisationsentwicklungsprozesses<br />

analysiert werden. In diesem Fall sind<br />

die Organisationen bzw. deren Arbeit Gegenstand<br />

der Untersuchung. Dies ist ein vergleichsweise<br />

aufwändiges Verfahren und<br />

erfordert ein hohes Maß an <strong>Gender</strong>kompetenz.<br />

Zugleich ist die Einbeziehung der<br />

Evaluatorinnen und Evaluatoren in die<br />

Arbeitsprozesse notwendig, damit eine<br />

Beobachtung und Bewertung des integralen<br />

Ansatzes von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> überhaupt<br />

stattfinden kann. Wenn Programme<br />

Gegenstand der Untersuchung sind, ist es vor<br />

allem von Bedeutung, die Steuerungssysteme<br />

zu analysieren, da in diesem Fall verschiedene<br />

Entscheidungsträgerinnen und -träger auf<br />

unterschiedlichen Ebenen agieren.<br />

Eine Bewertung von Projekten unter dem<br />

Gesichtspunkt von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist<br />

problematisch bzw. nur bedingt möglich, da<br />

es sich umeine langfristig angelegte politische<br />

Strategie handelt. Projekte können und<br />

müssen unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung<br />

der Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern bewertet werden. Die Ergebnisse<br />

müssen reflexiv in die Strategie des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> einfließen. Dennoch<br />

wird häufig die Frage gestellt, wie denn<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auf der Projektebene<br />

umzusetzen sei. Hierin offenbaren sich die<br />

Irritationen bei der Abgrenzung zwischen<br />

der Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>, der<br />

inhaltlichen Zielsetzung der Chancengleichheit<br />

und der Zielsetzung der Frauenförderung.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist als politische<br />

Strategie zu verstehen, die alle gesellschaftlichen<br />

Bereiche, alle Politikbereiche und jegliches<br />

politisches und administratives<br />

Handeln umfasst. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

basiert auf verschiedenen Analyse- und<br />

Steuerungsinstrumenten und wird grundsätzlich<br />

an dem inhaltlichen und fachspezifischen<br />

Kontext der Chancengleichheit<br />

zwischen den Geschlechtern ausgerichtet.<br />

Elementarer Bestandteil der Zielsetzung<br />

Chancengleichheit ist die spezifische<br />

Frauenförderung.<br />

Deshalb sei an dieser Stelle festgehalten:<br />

Trotz der deutlichen Formulierung, dass<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auf einer Doppelstrategie<br />

2 basiert, wird jedoch häufig in Frage<br />

gestellt, dass spezifische Maßnahmen für<br />

Frauen gefördert werden („das sei ja nicht<br />

<strong>Gender</strong>...“). Dieser Sachverhalt wird im<br />

Abschluss dieses Beitrages noch einmal aufgegriffen.<br />

Chancengleichheit auf dem<br />

Arbeitsmarkt<br />

Das Politikfeld „Chancengleichheit von<br />

Frauen und Männern“ ist mit einer Vielzahl<br />

von inhaltlichen Zielsetzungen verknüpft.<br />

Eingegrenzt auf den Kontext der Arbeitsmarkt-<br />

und Beschäftigungspolitik, geht es<br />

um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf,<br />

um Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern,<br />

umdie Aufhebung der horizontalen<br />

und vertikalen Segregation auf dem Arbeitsmarkt,<br />

um eine Neuordnung der Arbeitsteilung<br />

von Reproduktions- und Erwerbsarbeit<br />

zwischen Frauen und Männern und um vieles<br />

mehr. Praktikerinnen und Praktiker der<br />

Arbeitsmarktpolitik wissen um den problematischen<br />

Sachverhalt, dass sich diverse<br />

Zielkonflikte oder Widersprüche innerhalb<br />

der Thematik Chancengleichheit wiederfinden.<br />

So stellt sich z.B. die Frage, ob die<br />

Förderung der Teilzeitbeschäftigung für<br />

Frauen ein Beitrag zur Förderung der<br />

Chancengleichheit ist oder ob damit lediglich<br />

die Zuschreibung von Hausarbeit und<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

als<br />

integrative<br />

Strategie<br />

Kapitel 2<br />

25


26<br />

Kinderversorgung an die Adresse der Frauen<br />

reproduziert wird. Die Widersprüche aus<br />

einem anderen Blickwinkel betrachtet: Die<br />

Qualifizierung von Männern inPflegeberufen<br />

leistet zwar einerseits einen Beitrag zur Auf–<br />

hebung der geschlechtsspezifischen Arbeits–<br />

marktsegregation, ihr unmittelbarer „Durch–<br />

marsch“ in Leitungspositionen von Pflege–<br />

einrichtungen stellt jedoch andererseits die<br />

alte Ordnung bzw. die bekannten männlichen<br />

Hierarchiestrukturen erneut her bzw. baut sie<br />

aus. Wie sollen solche Maßnahmen hinsichtlich<br />

ihres Beitrages zur Gleichstellung der<br />

Geschlechter bewertet werden? Welche<br />

Indikatoren können auf der Projektebene<br />

zweifelsfrei einen Fortschritt zu mehr<br />

Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern<br />

anzeigen? Zu diesen Fragen gibt es keine<br />

befriedigenden Antworten. Es scheint eher<br />

der Fall zu sein, dass die Bemühungen in der<br />

Projekt-Praxis die komplexen Strukturen der<br />

strukturellen Diskriminierung nicht lösen<br />

können und die Antworten auch politischer<br />

Herkunft sein müssen. Dies zeigt auch der<br />

folgende Abschnitt.<br />

<strong>Gender</strong>-Praxis<br />

Im Rahmen des Projektes des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend „Von der Strategie zur Praxis –<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in Förderprojekten der<br />

Europäischen Strukturfonds“ 3 wurde eine<br />

Seminarreihe in Form von <strong>Gender</strong>trainings<br />

für Verwaltungen und Projektträger, die<br />

innerhalb der Europäischen Strukturfondsförderung<br />

tätig sind, durchgeführt. In vielen<br />

Seminaren wurde die Problematik diskutiert,<br />

wie die Wirksamkeit einer Strategie, die sich<br />

im Wesentlichen auf Prozesse und Verfahrensabläufe<br />

bezieht, in einer „kleinteiligen“<br />

Maßnahme bewertet werden kann. Neben<br />

den o.g. Widersprüchen sind die Projekte<br />

einer Fülle von Rahmenbedingungen unterworfen<br />

und werden von Akteurinnen und<br />

Akteuren getragen, die zum Teil noch weit<br />

davon entfernt sind, mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in Berührung zu stehen. Das Beispiel der<br />

berufsbegleitenden Qualifizierung zeigt hierbei<br />

deutlich, welche Grenzen gesetzt sind,<br />

wenn z.B. Unternehmen an arbeitsmarkt- und<br />

beschäftigungspolitischen Projekten beteiligt<br />

sind: Die Betriebsleitung bzw. die Personalabteilung<br />

einer Firma entscheidet darüber,<br />

wer aneiner berufsbegleitenden Qualifizie-<br />

rung teilnimmt. Welche Chancen hat ein<br />

Bildungs- oder Qualifizierungsträger, Einfluss<br />

auf die Auswahl der Teilnehmenden auszuüben<br />

–sofern dieser von der <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Strategie<br />

überzeugt ist und in dieser<br />

speziellen Frage der berufsbegleitenden<br />

Qualifizierung die geschlechtsspezifische<br />

Segmentierung des Arbeitsmarktes mit zum<br />

Gegenstand der Zielsetzungen erhebt?<br />

Welche Diskussionsprozesse und wie viel<br />

Überzeugungsarbeit sind notwendig, um beispielsweise<br />

in gewerblich-technischen Fortbildungen<br />

statt der üblichen 100Prozent<br />

Männer ein Drittel Frauen wiederzufinden? 4<br />

Und: Ist das dann schon <strong>Gender</strong>? Natürlich<br />

nicht. Es ist ein Indikator, wenn auch einer,<br />

der inzwischen niemanden mehr zufrieden<br />

stellen dürfte. Dieses Beispiel veranschaulicht<br />

die Notwendigkeit, tatsächlich alle<br />

Prozessbeteiligten systematisch und verbindlich<br />

indie Gesamtstrategie von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> einzubinden.<br />

Grundlegende Fragestellungen sind bei dem<br />

Blick auf die „<strong>Gender</strong>-Praxis“ festzuhalten:<br />

Welche Analysen liegen bei welchen<br />

Planungen vor, und in welcher Tiefenschärfe<br />

wurden geschlechtsspezifische<br />

Daten und „Kontext-Informationen“ zu<br />

Grunde gelegt?<br />

Welche politischen Rahmenbedingungen<br />

finden wir in der Arbeitsmarkt- und<br />

Beschäftigungspolitik vor, und sind diese<br />

überhaupt kompatibel mit einer<br />

geschlechtergerechten Ausrichtung?<br />

Inwieweit werden sogenannte Zielkonflikte<br />

5 als Ausweichmanöver benutzt, um<br />

dem Querschnittsziel Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern bereits im<br />

Ansatz den Garaus zu machen?<br />

Eindrücke aus den Länderaktivitäten<br />

Obwohl sich die Programmperiode für die<br />

laufende EU-Strukturfondsförderung bereits<br />

in der Halbzeit befindet, liegen keine umfassenden,<br />

länderübergreifenden Materialien<br />

vor, die den Bedarf aneiner praxisbezogenen<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema befriedigen<br />

könnten. Marianne Weg hat eine<br />

umfassende und aktuelle Bilanz der Länderaktivitäten<br />

6 zur Verfügung gestellt, die sich<br />

wesentlich auf politische Beschlüsse von<br />

Landesregierungen bezieht (Koalitionsvereinbarungen,<br />

Kabinettbeschlüsse und pro-


grammatische Vereinbarungen auf landespolitischer<br />

Ebene zur Implementierung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>).<br />

Diese politischen Planungen und Beschlüsse<br />

sind wichtig, jedoch lediglich der erste<br />

Schritt, um verbindliche Strukturen für<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> zu entwickeln und<br />

innerhalb der einzelnen Ministerien konkretere<br />

Planungen vornehmen zu können.<br />

Interessant ist dabei die Fragestellung, wie<br />

deutlich die Sprache dieser landespolitischen<br />

Beschlusslagen ist und welche konkreten<br />

Initiativen daraus folgen.<br />

Beispiel: Entwicklung von<br />

Strukturen<br />

In Sachsen-Anhalt z.B. wurde mit der Einrichtung<br />

des GISA –<strong>Gender</strong>-Institut Sachsen-<br />

Anhalt 7 –die institutionelle und personelle<br />

Voraussetzung geschaffen, um <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> innerhalb des Landes zu fördern,<br />

zu begleiten und Fortschritte zuevaluieren.<br />

Mit einer solchen Struktur sind die<br />

Bedingungen für weitere Aktivitäten wie die<br />

Erstellung von <strong>Gender</strong>-Reports, die konzeptionelle<br />

Feinarbeit zu <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in fachspezifischen Fragestellungen oder<br />

auch umfassende Fortbildungsangebote<br />

(prozessbegleitende Qualifizierung) sehr viel<br />

besser verankert als in anderen Bundesländern.<br />

Je verbindlicher –auch inrechtlicher<br />

Hinsicht –der politische Wille artikuliert wird<br />

und je klarer die inhaltlichen Zielsetzungen<br />

formuliert werden, desto größer sind die<br />

Chancen für einen gelungenen Start der<br />

Implementierung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>.<br />

Beispiel: Institutionelle Unterscheidung<br />

zwischen Frauenförderung<br />

und <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Andere Beispiele zeigen, in welchem Spannungsfeld<br />

der <strong>Gender</strong>-Ansatz diskutiert und<br />

umgesetzt wird: In Bremen wurde beispielsweise<br />

im Zuge des Senatsbeschlusses zu<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> die Vereinbarung<br />

getroffen, dass bei der Benennung von<br />

<strong>Gender</strong>-Beauftragten keine Frauen- bzw.<br />

Gleichstellungsbeauftragten mit dieser<br />

Funktion betraut werden. Was für viele<br />

selbstverständlich zusein scheint –nämlich<br />

dass es sich hier um zwei unterschiedliche<br />

Funktionsbereiche handelt, die der Doppelstrategie<br />

8 des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> entsprechen<br />

–ist nicht durchgängige Praxis. In<br />

Ermangelung einer adäquaten inhaltlich ver-<br />

antwortlichen Stelle wird innerhalb von<br />

Verwaltungen der Einfachheit halber der<br />

Aufgabenbereich „<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>“<br />

den frauenpolitischen Akteurinnen zugewiesen.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist aber nicht<br />

Frauenpolitik. Es ist ein strategischer Ansatz,<br />

der parallel, in Ergänzung und in Kombination<br />

zur bzw. mit der Frauenpolitik entwickelt<br />

und umgesetzt werden muss. Die<br />

Zuweisung des Aufgabenbereichs <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> an Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte<br />

konterkariert die <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Strategie sowohl inhaltlich<br />

(die Abgrenzung zwischen <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und Frauenförderung wird augenscheinlich<br />

wieder aufgehoben) als auch<br />

strukturell (<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> muss als<br />

Top-down-Prinzip verankert sein und alle<br />

Prozessbeteiligten in die Verantwortung nehmen).<br />

Die Praxis zeigt, dass es vor allem die<br />

Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in<br />

den Verwaltungen, aber auch inOrganisationen<br />

und Unternehmen sind, die die entscheidenden<br />

Impulse geben und auch über<br />

das <strong>Gender</strong>-Know-how verfügen. Solange<br />

„Top-down“ nicht oder nur unzureichend<br />

funktioniert und solange <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

von vielen als zusätzliche Mehrarbeit<br />

angesehen wird, werden derartige<br />

Zuweisungen von Funktionen zur Verlagerung<br />

der Verantwortung und zur Entstehung<br />

von kostenloser Mehrarbeit führen. Um<br />

einem Missverständnis vorzubeugen: Es geht<br />

um die Entwicklung von Strukturen 9 zur<br />

Verankerung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>, die<br />

in jedem Fall in Absprache und Kooperation<br />

mit den frauenpolitischen Akteurinnen stattfinden<br />

muss. Es geht jedoch zugleich darum,<br />

die frauenspezifischen Strukturen aufrecht<br />

zu erhalten und auszubauen. Solange<br />

„<strong>Gender</strong>“ noch nicht in den „Mainstream“<br />

gelangt ist, sind diese parallelen Strukturen<br />

notwendig. Laut International Labor<br />

Organisation (ILO) dauert dies noch ungefähr<br />

bis zum Jahre 2390.<br />

<strong>Gender</strong> Budgeting<br />

Bei der Betrachtung der politisch-administrativen<br />

Strukturen, die im Kontext von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> gebildet werden, wird auch<br />

die Frage relevant, ob „<strong>Gender</strong>“ Geld kosten<br />

darf, und wenn ja, wie viel. Ein gewichtiges<br />

Argument für die Einführung der <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Strategie besteht darin, dass<br />

Kapitel 2<br />

27


28<br />

kostspielige Nacharbeiten bzw. Korrekturen<br />

von politischen Entscheidungen vermieden<br />

werden, da zu Beginn jeglicher Planungen<br />

die Berücksichtigung der unterschiedlichen<br />

Interessen und Bedürfnisse von Frauen und<br />

Männern erfolgt. Quer zu den inhaltlichen<br />

Zusammenhängen (z.B. in der wirtschaftspolitischen<br />

Planung einer Region), in denen<br />

eine geschlechtsspezifische Analyse und<br />

Planung vorgenommen wird, beinhaltet<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> verschiedene<br />

Instrumente und Verfahren wie beispielsweise<br />

das <strong>Gender</strong>-Budgeting.<br />

Der Grundgedanke des <strong>Gender</strong>-Budgeting<br />

besteht darin, dass es keine geschlechtsneutrale<br />

Haushaltspolitik gibt und dass politische<br />

Entscheidungen über eine finanzielle<br />

Ressourcenverteilung immer Auswirkungen<br />

auf die Geschlechter nach sich ziehen. Jeder<br />

Euro, der ausgegeben wird und auch jeder<br />

Euro, der gespart wird, hat eine geschlechtsspezifische<br />

Komponente 10 .Esist nicht damit<br />

getan, zu untersuchen, wie viele Männer und<br />

wie viele Frauen (resp. Mädchen oder Jungen)<br />

direkt von staatlichen Ausgaben profitieren<br />

(obgleich das Zählen von Köpfen und Geld in<br />

Bezug auf die Geschlechter in vielen Kontexten<br />

bereits einen Fortschritt darstellt). Es<br />

geht beim <strong>Gender</strong>-Budgeting auch und gerade<br />

darum, die politischen Regelsysteme<br />

(Steuerpolitik, Sozialversicherung etc.) zu<br />

durchdringen und sie auf ihre Implikationen<br />

bezüglich der Geschlechterdisparitäten hin<br />

zu untersuchen und zu bewerten.<br />

In Berlin hat die „Initiative für eine<br />

geschlechtergerechte Haushaltsführung“ 11<br />

einen Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses<br />

zum <strong>Gender</strong>-Budgeting herbeigeführt.<br />

Mit diesem Beschluss, der in Anbetracht der<br />

prekären Haushaltslage Berlins umso notwendiger<br />

erscheint, ist es bei Weitem nicht<br />

getan. Zwar ist Berlin das erste Bundesland,<br />

das eine solche Initiative ergreift, allerdings<br />

bleibt zu beobachten, inwieweit dem politischen<br />

Bekunden nun auch Taten folgen.<br />

Das Berliner Beispiel des <strong>Gender</strong>-Budgeting<br />

zeigt, wie weit reichend die notwendigen<br />

Maßnahmen sein müssen, um erstens die<br />

komplexen politisch-administrativen Strukturen<br />

zu durchdringen und zweitens den tatsächlichen<br />

Grad der strukturellen Diskriminierung<br />

von Frauen zu ermitteln. Es besteht<br />

durchaus keine Einigkeit unter den <strong>Gender</strong>-<br />

Expertinnen und -Experten darüber, obnicht<br />

schon ausreichend Analysen, Studien und<br />

Untersuchungen zum Thema Geschlechtergerechtigkeit<br />

in verschiedenen Kontexten<br />

existieren. Einerseits gibt es (inzwischen auch<br />

zu <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>) eine unüberschaubare<br />

Fülle an Material –nahezu einen<br />

„information-overkill“ –andererseits scheint<br />

dieses Material entweder nicht zugänglich<br />

oder nicht adäquat oder nicht zutreffend für<br />

bestimmte Akteurinnen und Akteure der<br />

jeweiligen Arbeitsbereiche zu sein.<br />

Das folgende Beispiel betrifft einen Politikbereich,<br />

der bislang nahezu ausschließlich<br />

als geschlechtsneutrale Domäne galt und zu<br />

dem so gut wie keine Informationen vorliegen<br />

–die Landwirtschaftspolitik im Rahmen<br />

der EU-Strukturpolitik.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in der<br />

regionalen Entwicklung<br />

Wenn bereits innerhalb der Förderungen<br />

durch den Europäischen Sozialfonds (<strong>ESF</strong>) in<br />

Bezug auf <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> von komplizierten<br />

Verfahren, Hürden und fehlenden<br />

Indikatoren zur Bemessung der Fortschritte<br />

von Chancengleichheit zwischen Frauen und<br />

Männern die Rede ist, so gilt dies in noch<br />

stärkerem Maße für den Europäischen Fonds<br />

für regionale Entwicklung (EFRE) und den<br />

Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds<br />

für die Landwirtschaft (EAGFL).<br />

Die überwiegende Mehrzahl der Planungsdokumente<br />

für den EFRE und den EAGFL<br />

weist eine erstaunliche Abstinenz bezüglich<br />

jedweder Aussagen zum Thema Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern auf. Der<br />

allgemeinen Formulierung, dass „<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> zur Anwendung komme“,<br />

folgt in der Regel die Bemerkung, dass die<br />

Interventionen dieser Fonds geschlechtsneutralen<br />

Charakter haben und somit irrelevant<br />

für das Politikfeld Chancengleichheit seien.<br />

Diese Behauptung wird innerhalb der<br />

„Ergänzung zur Programmplanung“ (EzP) 12<br />

in Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich<br />

in Frage gestellt. In diesem Dokument wird<br />

der Versuch unternommen, erstens überhaupt<br />

einen Ansatz zur Berücksichtigung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> innerhalb des EAGFL<br />

zu entwickeln, zweitens eine Klassifizierung/<br />

Wertung der Maßnahmen des Fonds anhand<br />

von sechs inhaltlichen Fragestellungen vorzunehmen<br />

sowie drittens Schlussfolgerungen


für die Frage der Indikatoren und Bewertungsmethoden<br />

festzulegen.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in den drei<br />

Strukturfonds<br />

Im Land Brandenburg wurde ein weitergehender<br />

Ansatz zur Implementierung des<br />

<strong>Gender</strong> Ansatzes vorgenommen. Dort wurde<br />

im Jahr 2000 eine Machbarkeitsstudie 13 für<br />

alle drei Strukturfonds im Auftrag des Ministeriums<br />

für Arbeit, Soziales, Gesundheit und<br />

Frauen (MASGF), finanziert über den Europäischen<br />

Sozialfonds, durchgeführt. Diese<br />

Studie enthält wichtige Aussagen bezüglich<br />

der Ausgangsbedingungen, Voraussetzungen<br />

und notwendiger Operationalisierungen für<br />

ein integriertes <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Konzept der EU-Strukturfondsförderung in<br />

Brandenburg. Diese Studie bildet nun auch<br />

die Grundlage, um hinsichtlich der Indikatorenbildung<br />

–fondsübergreifend –konkretere<br />

Schritte einzuleiten.<br />

Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig und<br />

komplex die Anforderungen für die tatsächliche<br />

Berücksichtigung der <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Strategie<br />

sind. Die Erfolgskriterien, oder<br />

besser gesagt die Erfolgsbedingungen, wie<br />

etwa ein eindeutiger politischer Wille, der<br />

von den Leitungspersonen getragen und<br />

transportiert wird, Transparenz im Verfahren,<br />

die Einführung von Kontrollmechanismen,<br />

die Sensibilisierung aller Akteurinnen und<br />

Akteure etc., fehlen in vielen Politikbereichen<br />

noch immer. Druck und auch Impulse können<br />

in solchen Situationen von Gremien entwickelt<br />

bzw. gegeben werden, die von übergeordneter<br />

Stelle aus agieren. In verschiedenen<br />

Bundesländern wurden bzw. werden so<br />

genannte <strong>Gender</strong>-Beiräte 14 gebildet. Diese<br />

sind entweder auf Landesebene und somit<br />

übergeordnet oder bezogen auf die Begleitung<br />

der EU-Strukturpolitik tätig.<br />

Kennzeichnend für die <strong>Gender</strong>-Beiräte ist ihre<br />

Zusammensetzung aus Vertreterinnen und<br />

Vertretern der Verwaltung, der Nichtregierungsorganisationen,<br />

der Gewerkschaften,<br />

der Wissenschaft und der Parteien. Vor dem<br />

Hintergrund, dass sich die Implementierung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> noch überwiegend<br />

in den Kinderschuhen befindet (z.B. der<br />

Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

aus feministischer Forschung oder <strong>Gender</strong><br />

Studien), bedarf eseiner genauen Beobach-<br />

tung der Entwicklungen. Diese Beobachtung<br />

sollte durch externe Expertinnen und Experten<br />

geleistet werden. Durch Maßnahmen zur<br />

Qualitätssicherung innerhalb der Verwaltungsstrukturen<br />

muss der interne <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Prozess gesteuert werden.<br />

Aktuelle Entwicklungen und<br />

Perspektiven<br />

Die Fragen der beteiligten Akteurinnen und<br />

Akteure bezüglich der Implementierung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> finden ihre Zuspitzung<br />

in dem Themenkomplex der Kontrollmechanismen<br />

oder auch des <strong>Gender</strong> Controlling.<br />

In einigen Bundesländern wurden in<br />

den vergangenen zwei Jahren Verfahren bzw.<br />

Instrumente entwickelt, mit denen eine<br />

Bewertung von Projekten und eine Unterstützung<br />

für die bewilligenden Stellen stattfinden<br />

sollte. Mit Checklisten, Leitfäden und<br />

Kriterienkatalogen wird der Versuch unternommen,<br />

Anhaltspunkte für die Bewertung,<br />

Prüfung und Genehmigung von Förderanträgen<br />

zu geben.<br />

Aber: Wie sieht ein Projekt aus, das <strong>Gender</strong>-<br />

Kriterien gerecht wird? Wie kommen Träger<br />

zu der notwendigen <strong>Gender</strong>kompetenz?<br />

Muss ein frauenspezifisches Projekt „gegendert“<br />

werden? Und last but not least: Wie<br />

ergeht es momentan den frauenspezifischen<br />

Projekten bzw. den Frauen auf dem Arbeitsmarkt?<br />

Wie eingangs dargestellt, kann ein einzelnes<br />

Projekt lediglich die Auswirkungen einer vorher<br />

implementierten <strong>Gender</strong>-Strategie abbilden.<br />

Je nach Ergebnis einer geschlechterdifferenzierten<br />

Analyse, einer entsprechenden<br />

Zielformulierung und einer klaren Operationalisierung<br />

kann ein Projekt bestimmte<br />

Bestandteile der gesamten Strategie beinhalten.<br />

Dies kann ein definitiver frauenspezifischer<br />

Ansatz sein, um eine Kompensation<br />

von vorhandener Diskriminierung vorzunehmen.<br />

Dies können aber auch experimentelle<br />

Ansätze (wie in <strong>EQUAL</strong> angestrebt) sein, die<br />

Erkenntnisse zu Ursachen und zum Abbau<br />

von Diskriminierungen hervorbringen.<br />

Ebenso sind methodische und didaktische<br />

Weiterentwicklungen für die berufliche<br />

Bildung zu nennen. Die vielfältigen Zielsetzungen<br />

für den Bereich der Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern bieten zudem<br />

auch Anknüpfungspunkte für Projekte, in<br />

Aneignung<br />

von<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz<br />

Kapitel 2<br />

29


30<br />

denen Männer gefördert werden. Hier wäre<br />

das Thema der Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf zu nennen, welches bisher weit überwiegend<br />

an Frauen adressiert ist.<br />

Die <strong>Gender</strong>kompetenz der Träger arbeitsmarktpolitischer<br />

Maßnahmen ist erfahrungsgemäß<br />

gering. Nur wenige Institutionen<br />

haben in der Vergangenheit in dem Bereich<br />

der Geschlechtergerechtigkeit gearbeitet.<br />

Auch in den Einrichtungen, in denen Frauenprojekte<br />

tätig waren bzw. durchgeführt wurden,<br />

trugen diese nicht unbedingt zu einer<br />

Veränderung des Leitbildes oder der<br />

geschlechtersensiblen Organisationsentwicklung<br />

bei. Viele Einrichtungen bemühen sich<br />

darum, dieses Defizit auszugleichen und führen<br />

<strong>Gender</strong>-Qualifizierungen/Trainings durch.<br />

Den Prozessbeteiligten ist dabei jedoch häufig<br />

nicht bewusst, dass es sich bei der<br />

Aneignung der <strong>Gender</strong>kompetenz um einen<br />

permanenten Prozess handelt –sozusagen<br />

ein „Lebens-Langes-<strong>Gender</strong>-Lernen“. So<br />

begnügen sich viele Organisationen damit,<br />

„<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>“ in ihr Handbuch<br />

zum Qualitätsmanagement zu schreiben,<br />

einer Person den Titel „<strong>Gender</strong>-Beauftragte/r“<br />

zu verleihen und im Übrigen alles beim Alten<br />

zu lassen. Andere Organisationen bemühen<br />

sich umeine wirkliche Implementierung und<br />

lassen sich auf einen Denkprozess ein, der<br />

eine kontinuierliche Veränderung der Organisation<br />

und der Aktivitäten nach sich zieht.<br />

Muss ein frauenspezifisches Projekt „gegendert“<br />

werden? Viele Frauenprojekte haben<br />

derzeit größere Sorgen, als sich darüber<br />

Gedanken zu machen, ob der frauenspezifische<br />

Ansatz implizit bereits ein Beitrag zu<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist oder ob sich hinter<br />

einer bestimmten Form der Frauenförderung<br />

auch die Reproduktion von Diskriminierung<br />

verbirgt. Verschiedene Darstellungen von<br />

Trägern deuten darauf hin, dass im Zuge der<br />

Umsetzung des Hartz-Konzepts und der<br />

Umstrukturierung der Bundesagentur für<br />

Arbeit eine Art Roll-back der Chancengleichheit<br />

stattfinden könnte: Frauen werden in<br />

der Beratung beim Arbeitsamt nach dem<br />

Familienernährer gefragt –ganz so wie<br />

Kritikerinnen und Kritiker befürchteten.<br />

Hinzu kommt, dass in einigen Bundesländern<br />

Frauenprojekte nicht mehr finanziert oder<br />

starken Kürzungen unterworfen werden. 15<br />

Der duale Ansatz, der deutlich die positiven<br />

Aktionen für Frauen beinhaltet, scheint konzeptionell<br />

aufgelöst zu werden, noch bevor<br />

er implementiert wurde.<br />

Die skizzierten Veränderungen kennzeichnen<br />

–trotz aller Bemühungen um <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

–eine bedenkliche Entwicklung.<br />

Innerhalb der Gemeinschaftsinitiative <strong>EQUAL</strong><br />

wurde für alle Akteurinnen und Akteure der<br />

Entwicklungspartnerschaften die Teilnahme<br />

an einem <strong>Gender</strong>training vorgeschrieben.<br />

Diese Vorgabe ist hilfreich, denn dadurch<br />

konnten zumindest für den Start der<br />

Gemeinschaftsinitiative Anregungen und<br />

Impulse gegeben werden. Qualifizierungen<br />

zum Thema <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> werden<br />

auch zukünftig –insbesondere inAuswertung<br />

der ersten Erfahrungen mit <strong>Gender</strong>trainings<br />

–notwendig sein. Diese Trainings<br />

sind jedoch nur Mittel zum Zweck, und nicht<br />

als originärer Beitrag zur Gleichstellung der<br />

Geschlechter zu betrachten. Zugespitzt formuliert,<br />

stehen die Fragen im Raum:<br />

Befinden sich amEnde der Förderperiode der<br />

Strukturfondsförderung im Jahre 2006 tatsächlich<br />

deutlich mehr Frauen in gut bezahlten,<br />

qualifikationsadäquaten, unbefristeten<br />

Beschäftigungsverhältnissen und mehr<br />

Männer in Teilzeitbeschäftigung und/oder in<br />

Elternzeit? Und: Kann <strong>EQUAL</strong>, kann die Arbeit<br />

der Entwicklungspartnerschaften und der<br />

Teilprojekte einen Beitrag zum Abbau der<br />

geschlechtsspezifischen Diskriminierung leisten,<br />

wenn zugleich ein Umbau der Arbeitsmarktpolitik<br />

und ein Abbau der frauenpolitischen<br />

Infrastruktur stattfindet?


Anmerkungen<br />

1 Trotz der Verankerung der <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Strategie innerhalb des Amsterdamer Vertrags und der<br />

nachfolgenden Verordnungen (z.B. der Verordnungen<br />

über die Strukturfonds) wird zuRecht nach der recht-<br />

lichen Verbindlichkeit von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

gefragt. In vielen Veröffentlichungen ist jedoch von einer<br />

rechtlichen Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einer<br />

aktiven und integrierten Gleichstellungspolitik die Rede.<br />

Vgl. Schweikert, B. (2002), S. 85.<br />

2 Die Doppelstrategie beinhaltet den Erhalt und den<br />

Ausbau der frauenspezifischen Förderung und zugleich<br />

die systematische Integration der Chancengleichheit von<br />

Frauen und Männern inalle Politiken und Programme.<br />

3 Der Abschlussbericht des Projektes steht als Download<br />

auf der Website http://www.spiconsult.de in der Rubrik<br />

„Kompetenzen“ unter „<strong>Gender</strong>-Training“ zur Verfügung.<br />

Unter http://www.gender-mainstreaming.net hat die<br />

Bundesregierung eine Internetseite eingerichtet, die<br />

wichtige Informationen, Erläuterungen sowie Literatur-<br />

hinweise zum Thema <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> enthält.<br />

4 Auch die Zuweisungspraxis von Mittelgebern muss unter<br />

dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern analysiert und verändert werden.<br />

5 Durch die Europäische Beschäftigungspolitik und die<br />

EU-Strukturpolitik wird eine Fülle von Zielsetzungen vor-<br />

gegeben, die auch durch ihre begriffliche Kunstfertigkeit<br />

(Leitlinien, Oberziele, Querschnittsziele, horizontale Ziele<br />

usw.) nicht zur Klarheit der Prioritäten untereinander bei-<br />

tragen. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bzw. die Chancengleich-<br />

heit von Frauen und Männern wird jedoch, was die<br />

Häufigkeit der Nennungen in den verschiedenen<br />

Dokumenten sowie die Verankerung auf oberster Stufe<br />

(Amsterdamer Vertrag) betrifft, deutlich prioritär behan-<br />

delt. Dennoch kommt es zu so genannten Zielkonflikten<br />

z.B. zwischen dem Ziel der allgemeinen Beschäftigungs-<br />

förderung und der Schaffung von Arbeitsplätzen für<br />

Frauen.<br />

6 Vgl. Weg, M. (2002)<br />

7 Weitere Informationen unter http://www.g-i-s-a.de.<br />

Bezogen auf die strukturelle Unterstützung der Imple-<br />

mentierung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in den Struktur-<br />

fonds sei an dieser Stelle auch die Koordinierungsstelle<br />

im Rahmen des Zieles 2des Landes NRW zu nennen, die<br />

im „Zentrum Frau in Beruf und Technik“<br />

(http://www.zfbt.de) angesiedelt ist.<br />

8 Auch nach EU-Definitionen umfasst <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> immer die Beibehaltung der spezifischen<br />

Frauenförderung und die systematische, integrale<br />

Einbeziehung der geschlechterbezogenen Sichtweisen in<br />

sämtliche Planungen.<br />

9 Der Begriff der Struktur wird hier im Sinne personalpoli-<br />

tischer und organisationspolitischer Festlegungen ver-<br />

wendet. Hierzu zählen z.B. die Benennung von <strong>Gender</strong>-<br />

Beauftragten und die Einrichtung von Arbeitsgruppen<br />

und Arbeitskreisen, die im Sinne einer Prozessbegleitung<br />

auf die quantitativen und qualitativen Fortschritte achten<br />

und Impulse für die verbindliche Verankerung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> geben.<br />

10 Vgl. Budlender, D.u.a. (1998); http://www.gender-bud-<br />

gets.de<br />

11 Diese Initiative entstand im Mai 2001 und setzt sich<br />

aus Frauen aus Nichtregierungsorganisationen, aus der<br />

Wissenschaft, den Gewerkschaften und Parteien zusam-<br />

men.<br />

12 Operationelles Programm Mecklenburg-Vorpommern,<br />

S. 311ff.<br />

13 Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und<br />

Frauen des Landes Brandenburg (2001).<br />

14 Zum jetzigen Zeitpunkt sind solche <strong>Gender</strong>-Beiräte<br />

(nicht zu verwechseln mit verwaltungsinternen Gremien,<br />

wie interministeriellen Arbeitsgruppen) bekannt aus<br />

Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.<br />

15 Beispiel Bremen: Hier wurde das Frauengesundheits-<br />

zentrum geschlossen und die frauenspezifischen Bera-<br />

tungsstellen müssen massive Einsparungen vornehmen.<br />

Kapitel 2<br />

31


32<br />

3 <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –eine Strategie<br />

zur betrieblichen Veränderung für kleine<br />

und mittelständische Unternehmen?<br />

Dörthe Jung<br />

1. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und der Mittelstand<br />

Die Bemühungen, Chancengleichheit zwischen<br />

Frauen und Männern zuverbessern,<br />

stehen nicht erst mit der von der Europäischen<br />

Kommission eingeführten neuen<br />

Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> (GM)<br />

auf der politischen Agenda. Gleichwohl ist<br />

das Thema mit und seit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

wieder stärker in aller Munde. Diese<br />

Popularität hat vor allem zwei Gründe.<br />

Einerseits ist mit der Verabschiedung des<br />

Amsterdamer Vertrags die Umsetzung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> eine verbindliche<br />

politische Vorgabe geworden, die insbesondere<br />

die Beschäftigungspolitik der EU und<br />

der nationalen Staaten beeinflusst.<br />

Andererseits ist für Organisationen und Projektträger<br />

der Erhalt europäischer Finanzmittel<br />

mit der Auflage verbunden, als Mittelempfängerinnen<br />

und -empfänger Aktivitäten<br />

zur Chancengleichheit zukünftig nachweisen<br />

zu müssen. Bislang gab esnicht –jedenfalls<br />

in Deutschland –den „sanften Druck des<br />

Geldes“, wenn es um die Zielerreichung<br />

Geschlechtergerechtigkeit ging.<br />

Vor diesem Hintergrund sind es zur Zeit vor<br />

allem Politik, Verwaltungen und Non-Profit-<br />

Organisationen, die sich inDeutschland mit<br />

dem neuen Chancengleichheitskonzept des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auseinander setzen<br />

und beginnen, erste Umsetzungsschritte zu<br />

entwickeln. In Unternehmen der privaten<br />

Wirtschaft ist die Resonanz eher verhalten.<br />

Große Unternehmen wie z.B. die Telekom<br />

betreiben ihre bislang entwickelten Ansätze<br />

zur konzernweiten betrieblichen Chancengleichheitspolitik<br />

lieber weiter unter der<br />

Fahne Gleichstellung/Chancengleichheit als<br />

den in langer und mühsamer Arbeit erworbenen<br />

Konsens durch neue Modelle und Namen<br />

zu gefährden. Kleine und mittelständische<br />

Unternehmen wiederum sind in Deutschland<br />

in Bezug auf eine gelebte betriebliche<br />

Chancengleichheitspolitik traditionell rückständig.<br />

1 Das trifft insbesondere für die kleinen<br />

und mittleren Unternehmen (KMU) mit<br />

bis zu 200 Beschäftigten zu. Häufig korreliert<br />

dieser Sachverhalt mit der strategischen<br />

Bedeutung, die die Unternehmerin bzw. der<br />

Unternehmer oder die Geschäftsführung der<br />

betrieblichen Personalentwicklung zuschreiben:<br />

So lange diese für die Unternehmensentwicklung<br />

nicht ins Blickfeld systematischer<br />

Betriebspolitik gerät, sind Fragen etwa<br />

zu Nachwuchsförderung von jungen Frauen<br />

kein Gegenstand des unternehmerischen<br />

Handelns.<br />

Ich möchte imFolgenden darlegen, inwieweit<br />

der Gedanke des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und Ansätze zur Umsetzung dieser Strategie<br />

durchaus auch für KMU von Interesse und<br />

Nutzen sein können. Dabei gehe ich von<br />

einem Grundverständnis aus, <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

als eine Lernstrategie anzusehen,<br />

die in laufende Veränderungsprozesse zu<br />

integrieren ist. 2 Denn betriebliche Reorganisation<br />

wird aufgrund veränderter Marktanforderungen<br />

verstärkt zu einer kontinuierlichen<br />

Anforderung für KMU. 3<br />

2. Was ist das Neue an<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>?<br />

Um es gleich vorneweg zusagen: Das Neue<br />

an <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> im Vergleich zu<br />

bisherigen Konzepten und Instrumenten der<br />

Gleichstellungspolitik ist die Möglichkeit zu


einem systematischen Verfahren, mit dem<br />

Organisationen ihre Strukturen und Dienstleistungen/Produkte<br />

prüfen können, ob sie<br />

für Frauen oder Männer benachteiligende<br />

oder fördernde/ausschließende bzw. einschließende<br />

Wirkungen haben. In dieser<br />

Systematik liegt die Chance, den Ansatz in<br />

die gängigen Methoden etwa des Changeund<br />

Qualitätsmanagements oder in bewährte<br />

laufende Verfahren und Prozesse des<br />

Unternehmens einfließen zu lassen. In ihr<br />

liegt ferner die Chance zu überprüfen, inwieweit<br />

eine systematische Berücksichtigung<br />

von Chancengleichheitsaspekten einher geht<br />

mit den Anforderungen des Marktes nach<br />

stärkerer Flexibilisierung, und zwar auf den<br />

Ebenen: Arbeitsstrukturen, Arbeitszeit,<br />

Kompetenzentwicklung, Produktentwicklung<br />

und Lösungen für die Vereinbarkeit von<br />

Arbeit und Familie. Anders gesagt, <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> kann zum Motor notwendiger<br />

Marktanpassungen für KMU werden.<br />

Bausteine des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Die Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> lässt<br />

sich als ein System von fünf Bausteinen charakterisieren.<br />

4 An vorderster Stelle steht, wie<br />

bei jedem professionell durchgeführten<br />

betrieblichen Veränderungsprozess, die Einwilligung<br />

und Verantwortungsübernahme für<br />

den Erfolg von Seiten der Führungskräfte:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist eine Top-down-<br />

Top-down-Strategie<br />

Horizontale Strategie<br />

Verantwortung in allen<br />

Entscheidungsebenen<br />

Frauen und Männer<br />

Bausteine des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Strategie. Und zwar aus hinlänglich bekannten<br />

Gründen. So bedürfen die mit der Veränderung<br />

einhergehenden neuen Werte und<br />

Verhaltensweisen einer gelebten Praxis in der<br />

Führung, um bei den Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern Glaubwürdigkeit im Hinblick auf<br />

den gewünschten Wandel herzustellen und<br />

Ängste bzw. Unsicherheiten abzubauen. Aber<br />

auch zur Beseitigung von Stolpersteinen, die<br />

sich häufig bei betrieblichen Veränderungsprozessen<br />

auf den Weg legen, sind es die<br />

Führungskräfte, die dann (nicht selten unkonventionelle)<br />

Entscheidungen treffen müssen,<br />

um den weiteren Erfolg des Vorhabens abzusichern.<br />

Angesichts des in Führungspositionen<br />

in deutschen Unternehmen bestehenden<br />

Geschlechterverhältnisses 5 ,bedeutet Topdown-Strategie<br />

im Kontext des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

auch, dass vermehrt Männer sich<br />

für die Umsetzung von Chancengleichheit<br />

verantwortlich fühlen werden.<br />

Ein weiteres charakteristisches Merkmal des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist ein integratives<br />

Vorgehen. Der Erfolg dieser neuen Strategie<br />

hängt ganz wesentlich davon ab, dass laufende<br />

Prozesse des Unternehmens ‚gegendert‘<br />

werden. Was heißt das? Zeigt etwa die<br />

Analyse der Beschäftigtenstatistik, dass<br />

Führungspositionen nur oder überwiegend<br />

männlich besetzt sind, dann können Fragen<br />

wie: „Wer sind unsere Kundengruppen?“,<br />

„Werden diese von unserer Führungscrew<br />

Integration in<br />

betriebliche Verbesserung<br />

und laufende Prozesse<br />

Systematisches Verfahren zur Herstellung von<br />

Chancengleichheit<br />

Doppelstrategie<br />

ergänzt bisherige<br />

Gleichstellungspolitik<br />

Kapitel 3<br />

33


34<br />

angemessen repräsentiert?“, „Sprechen wir<br />

mit unserem Produkt eine Vielzahl unterschiedlicher<br />

Kundentypen an?“ zu einer veränderten<br />

Personalpolitik führen, die in ihrer<br />

Zielsetzung sowohl zu einem erhöhten Anteil<br />

weiblicher Führungskräfte als auch zuneuen<br />

Strategien der Kundenakquise führt. Die Integration<br />

in laufende Verfahren ist das Typische<br />

an <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>, nicht die Einführung<br />

eines neuen Systems, das neben anderen<br />

besteht. Integration nicht Separation ist hier<br />

die eine Devise.<br />

Commitment<br />

und Verantwortung<br />

aller<br />

Führungskräfte<br />

Horizontale Umsetzung ist die andere Devise.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als eine Lernstrategie<br />

bei KMU zu implementieren bedeutet, Fragen<br />

zur Verbesserung betrieblicher Chancengleichheit<br />

als eine Methode zur Optimierung<br />

der Kundenorientierung (intern/extern) anzuwenden<br />

und zwar auf allen Ebenen des<br />

Unternehmens: Von der Planung bis hin zum<br />

Marketing; vom Leitbild, der Führungskultur<br />

bis hin zur Kompetenzentwicklung der<br />

Beschäftigten. Die Verantwortung für die<br />

Umsetzung und den Erfolg wird demokratisch<br />

verteilt. Je nach Größe und Struktur des<br />

Unternehmens wird sie auf alle Ebenen der<br />

Führung oder in die Projekte hineinverlagert.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist mehr als Frauenförderung.<br />

Angesichts der strukturellen<br />

Benachteiligung von Frauen in Bezug auf<br />

Einkommen, Aufstiegschancen und der primären<br />

Verantwortlichkeit für die Kindererziehung<br />

sind positive Aktionen für Frauen<br />

aber auch weiterhin erforderlich. Deshalb ist<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> gezielt als eine<br />

Doppelstrategie von der EU angelegt. Für<br />

KMU liegt hier vor allem die Chance, die vorhandenen<br />

Potenziale des weiblichen<br />

Personals stärker zu entwickeln und in der<br />

Unternehmensentwicklung zu nutzen.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Implementation in Unternehmen<br />

Einbindung<br />

aller<br />

Mitarbeiter/innengruppen<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

als Lernstrategie<br />

in Veränderungsprozesseintegrieren<br />

Prozessorientiertes<br />

Verfahren<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als ein systematisches<br />

Verfahren zur Herstellung von Chancengleichheit<br />

ist prozessorientiert .Erst so kann<br />

Nachhaltigkeit erzielt werden. Es bedarf in<br />

der Umsetzung einer Prozessarchitektur, die<br />

von dem Commitment der Führungskräfte<br />

getragen wird, in der aber darüber hinaus<br />

alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder<br />

relevante Beschäftigtengruppen des Unternehmens<br />

eingebunden und beteiligt werden.


3. Handlungsfelder des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bei<br />

KMU<br />

Zunehmende Globalisierung und die mit den<br />

neuen Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

einhergehende Beschleunigung<br />

sind zentrale Elemente, die die Wettbewerbsfähigkeit<br />

nicht nur der großen Unternehmen,<br />

sondern auch der KMU bestimmen. 6 Wie<br />

Unternehmen auf die neuen Anforderungen<br />

reagieren, ist von Faktoren wie Branche und<br />

Größe des Betriebes abhängig. Auch haben<br />

die neuen kleinen und mittleren Unternehmen<br />

aus dem Informations- und Kommunikationstechnik-Bereich<br />

eine andere Kultur und<br />

andere Wachstumsprozesse als traditionelle<br />

Unternehmen, etwa des Einzelhandels.<br />

Ungeachtet dieser Differenzen stehen Fragen<br />

und Prozesse der Organisations- und<br />

Personalentwicklung auf der Tagesordnung<br />

der KMU, um in Produktentwicklung und<br />

Kundenorientierung dem erhöhten<br />

Flexibilisierungsdruck begegnen zu können. 7<br />

Vor diesem Entwicklungshintergrund stellt<br />

sich die Frage, inwieweit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

hier eine Strategie sein kann, die zum<br />

Nutzen des Unternehmens und zur Verbesserung<br />

der Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt<br />

werden kann.<br />

Ich möchte imFolgenden einige Bereiche<br />

beispielhaft aufzeigen, in denen Handlungsund<br />

Veränderungsbedarf bei KMU besteht<br />

und die gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt<br />

von Chancengleichheit für Frauen und<br />

Männer von zentraler Bedeutung sind.<br />

Arbeitsprozesse und -formen<br />

Zur Verbesserung der Prozessqualität von<br />

Arbeitsabläufen steht häufig nicht nur die<br />

Entrümpelung von bürokratischen Regelsystemen<br />

an, sondern eswerden bisher<br />

getrennte Tätigkeiten zusammengelegt und<br />

bestehende Arbeitsteilungen aufgebrochen.<br />

Ergebnisse dieser Veränderungen sind flachere,<br />

flexible Strukturen und neue Arbeitsformen<br />

wie Team- und Projektarbeit, aber<br />

auch die Einführung von (alternierender)<br />

Telearbeit. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als Zielorientierung<br />

setzt hier auf verschiedenen<br />

Ebenen an. Ich möchte esbeispielhaft auf<br />

der Ebene der Effektivität von Teams verdeut-<br />

lichen. Eine entscheidende Frage ist, ob sie<br />

geschlechtshomogen zusammengesetzt sind<br />

oder ob weibliche und männliche Mitarbeiter<br />

eine gleichberechtigte Chance haben, Projekte<br />

gemeinsam bearbeiten zu können.<br />

In gemischt geschlechtlichen Teams werden<br />

differente Perspektiven und Sichtweisen eingebracht,<br />

die zu komplexeren Problemlösungen<br />

beitragen können. In der Kommunikation<br />

treten aber auch Konflikte auf, die nicht selten<br />

typische Missverständnisse zwischen den<br />

Geschlechtern als Ursache haben. Frauen und<br />

Männer benutzen unterschiedliche Kommunikationsstile,<br />

die bei einer entsprechenden<br />

Sensibilisierung für diese differenten Strategien<br />

die Kooperationsfähigkeit zu verbessern<br />

helfen. Häufig wird dann auch sichtbar, dass<br />

stereotype Geschlechterrollen die Arbeitsteilung<br />

bestimmen und nicht die individuellen<br />

Stärken und Schwächen der Teammitgliederinnen<br />

und Teammitglieder. Die<br />

Integration von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

bedeutet das Aufbrechen stereotyper<br />

Arbeitsteilung (u.a. wer schreibt immer das<br />

Protokoll?) und die Stärkung individueller<br />

Fähigkeiten, mit dem Ziel, die neu entstehenden<br />

Synergien in der Kooperation von weiblichen<br />

und männlichen Beschäftigten für die<br />

Projektarbeit effektiver zu nutzen.<br />

Personalentwicklung<br />

In vielen KMU ist eine systematische Personalentwicklung<br />

immer noch ein Reizwort. Dabei<br />

sind auch indiesem Betriebssegment qualifizierte<br />

Führungskräfte und Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter die Schlüsselfaktoren der<br />

unternehmerischen Zukunft. Der Bereich der<br />

Personalentwicklung ist bei der Umsetzung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in KMU ein zentrales<br />

Handlungsfeld, und die Berücksichtigung<br />

von Chancengleichheitszielen, etwa bei<br />

dem Aufbau der Personalentwicklung,<br />

ermöglicht den Unternehmen eine aktive<br />

Potenzialerkennung und -förderung von allen<br />

Beschäftigtengruppen, von Frauen und<br />

Männern. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Fragen sind<br />

in diesem Sinne auf allen Ebenen des<br />

Handlungsfeldes von Nutzen: Angefangen<br />

von der Personalrekrutierung über die Anpassungsqualifizierung<br />

und Kompetenzerweiterung<br />

der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

der Führungskräfteentwicklung bis hin zum<br />

betrieblichen Leistungs- und Bewertungssystem.<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

in KMU<br />

Kapitel 3<br />

35


36<br />

Die Integration von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

den Bereich der Personalentwicklung heißt<br />

insbesondere, die Kompetenzen von Frauen<br />

und ihre spezifischen familiären Rahmenbedingungen<br />

in den gestalterischen Blick zu<br />

nehmen. So werden z.B. Frauen in unqualifizierten<br />

Beschäftigtenverhältnissen häufig<br />

erst gar nicht für die Teilnahme an Seminaren<br />

zur Kompetenzerweiterung ins Auge gefasst. 8<br />

Und das, obwohl sich indieser Gruppe häufig<br />

Frauen mit qualifizierten Ausbildungs- und<br />

Berufsbiographien befinden, die aus unterschiedlichen<br />

Gründen aufgegeben worden<br />

sind (u.a. Berufsunterbrechung aufgrund von<br />

Erziehungszeiten, keine sonstige Teilzeitbeschäftigung<br />

in der Umgebung).<br />

Erfahrungen zeigen, dass hier ungenutzte<br />

Potenziale vorhanden sind, die mit der<br />

Beteiligung an Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

die interne Stellenbesetzung von großem<br />

betrieblichen Nutzen sein können (z.B.<br />

Gruppenleitungspositionen).<br />

Zur gezielten betrieblichen Förderung von<br />

Frauen können viele Personalentwicklungsinstrumente<br />

auch imKontext von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> zur Anwendung kommen wie<br />

beispielsweise: Einbeziehung von Fragen zur<br />

Familienplanung bei der betrieblichen<br />

Karriereplanung (sollte selbstverständlich<br />

auch bei jungen Männern eine Rolle spielen),<br />

Kontakthalteprogramme während der<br />

Erziehungszeiten, spezielle Seminare für<br />

weibliche Nachwuchskräfte zum Empowermen,<br />

Mentoringprogramme (interne oder bei<br />

kleinen Betrieben so genanntes Cross-<br />

Mentoring zusammen mit anderen KMU).<br />

Bei Personalrekrutierung und interner<br />

betrieblicher Karriereentwicklung zukünftig<br />

auf Frauen zu verzichten kann sich längerfristig,<br />

angesichts des prognostizierten Fachund<br />

Führungskräftemangels und des hohen<br />

Ausbildungs- und Qualifikationsniveaus 9 von<br />

jungen Frauen, kein Unternehmen mehr leisten.<br />

Bei Produktinnovation, der Generierung<br />

neuer Märkte und der Kundenakquise sind<br />

Frauen als relevante Leistungsträgerinnen<br />

zukünftig unabkömmlich. Die Globalisierung<br />

der Märkte erfordert komplexe Lösungen und<br />

Vielfalt in der Produktgestaltung. Wenn in<br />

Unternehmenskultur und Personalentwicklung<br />

gezielt auf eine gemischt geschlechtliche<br />

Belegschaft auf allen Entscheidungsebenen<br />

und Führungspositionen Wert gelegt wird,<br />

sind dies positive Faktoren für die Steigerung<br />

des Innovationspotenzials und der Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Verbindung von Familie und Beruf –<br />

Work-Life-Balance<br />

Ein großer Mangel bisheriger Chancengleichheitsansätze<br />

besteht darin, dass wenig Aktivitäten<br />

und Originalität in die Entwicklung<br />

personalpolitischer Instrumente gelegt<br />

wurde, um aktive Vaterschaft der Belegschaft<br />

zu berücksichtigen bzw. zustärken. Da in der<br />

neuen Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

die Arbeits- und Lebenssituation beider<br />

Geschlechter im Zentrum stehen, wird hier<br />

ein Handlungsfeld sichtbar, indem auf bislang<br />

wenig erprobte Praxis zurückgegriffen<br />

werden kann. Ein Handlungsfeld, in dem<br />

KMU Vorbildfunktion übernehmen können?<br />

Denn nicht nur Großbetriebe, auch KMU können<br />

zukünftig das Umfeld Familie sowie<br />

Fragen nach einer ausgewogenen Balance<br />

von Beruf und freier Zeit zur Entspannung<br />

und Regeneration der Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter nicht länger aus dem Kreis unternehmerischen<br />

Handelns ausschließen. Das<br />

liegt vor allen Dingen an der steigenden<br />

Flexibilisierung von Arbeitszeiten, wodurch<br />

die für Deutschland typischen prekären<br />

Arrangements der Verbindung von Beruf und<br />

Kindererziehung noch mehr ins Wanken<br />

gebracht werden. Geteilte Verantwortungsmodelle<br />

der Eltern 10 sind verstärkt notwendig,<br />

auf die das Unternehmen etwa auf der<br />

Ebene von Teilzeitbeschäftigung auch bei<br />

männlichen Mitarbeitern reagieren muss.<br />

Das kann aber auch proaktiv im Zuge der<br />

Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

geschehen: Z.B. durch mehr Transparenz<br />

über die Bedürfnisse und Wünsche der<br />

Beschäftigten nach aktiver Vaterschaft.<br />

Vordringlich ist in diesem Handlungsfeld die<br />

Gestaltung einer offenen Unternehmenskultur,<br />

die geteilter Verantwortung von<br />

Elternschaft nicht diskriminierend und entwertend<br />

gegenüber steht, wenn Männer mit<br />

reduzierten Arbeitszeiten ihr Zeitbudget für<br />

familienbezogene Tätigkeiten in einer<br />

bestimmten Lebensphase ausweiten wollen.<br />

In dieser Richtung können KMU Vorreiter bei<br />

der Erprobung neuer Arbeitszeitmodelle für<br />

männliche Mitarbeiter werden, da sie häufig<br />

aufgrund ihrer Größe mehr Flexibilität für<br />

individuelle Lösungen aufbringen können als<br />

Großunternehmen.


4. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und Nutzen für KMU<br />

In vielen <strong>EQUAL</strong>-Entwicklungspartnerschaften<br />

sind KMU beteiligt. 11 In allen thematischen<br />

Schwerpunkten des Programms ist vorgesehen,<br />

Aktivitäten zur Verbesserung von<br />

Chancengleichheit zu entwickeln. Hierbei<br />

sollte die in Deutschland bestehende traditionelle<br />

Zurückhaltung kleiner und mittelständischer<br />

Unternehmen gegenüber Fragen<br />

der betrieblichen Chancengleichheit berücksichtigt<br />

werden. Diese wird häufig von einem<br />

Selbstverständnis des Unternehmers begleitet,<br />

in dem die persönliche Fürsorge für die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch einen<br />

hohen Stellenwert einnimmt. Personalfragen<br />

liegen überwiegend dann in der Hand des<br />

Unternehmers und sind ansonsten Gegenstand<br />

von Personalverwaltung. Personalentwicklung<br />

wird nicht als ein strategisches<br />

Handlungsfeld betrachtet. Das trifft weniger<br />

auf die neuen kleinen und mittleren Unternehmen<br />

zu, in denen moderne Managementmethoden<br />

zum unternehmerischen Handwerkszeug<br />

gehören. Im Rahmen der <strong>EQUAL</strong>-<br />

Entwicklungspartnerschaften werden diese<br />

unternehmerischen Differenzen berücksichtigt<br />

werden müssen, wenn <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in dem Unternehmenssegment KMU<br />

greifen soll. Vordringlich ist, den jeweils<br />

betrieblichen Nutzen zu analysieren, den<br />

eine Auseinandersetzung mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

im Anpassungsprozess des Betriebs<br />

an die neuen und sich rasch wandelnden<br />

Anforderungen des Marktes bedeuten kann.<br />

Abschließend seien noch einmal die wichtigsten<br />

Vorteile für KMU im Kontext von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> aufgelistet:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> gibt Instrumente<br />

für die Potenzialnutzung aller Beschäftigten<br />

auf allen Ebenen an die Hand.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> unterstützt den<br />

Aufbau einer betrieblichen Personalentwicklung,<br />

die dem zukünftigen Fach- und<br />

Führungskräftemangel und den Veränderungen<br />

im System von Elternschaft proaktiv<br />

begegnet („gendersensibles Human<br />

Resources Management“).<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> verbessert die<br />

Wettbewerbsfähigkeit von KMU durch:<br />

–Bessere Potenzialnutzung der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter<br />

–Eine offene Unternehmens- und Arbeits-<br />

kultur, die für individuelle Differenzen<br />

aufgeschlossen ist und geschlechterstereotype<br />

Zuschreibungen und Arbeitsteilungen<br />

aufbricht<br />

–„Mehr Vielfalt in der Produktentwicklung,<br />

der Kundenakquise, der Personalentwicklung<br />

und der Führung“<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist Impuls und<br />

Motor für ein Management von Diversity.<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl. Fries, U./ Hornung, U. (1997)<br />

2 Vgl. Jung, D. (2001) (2003 a,b)<br />

3 Der Grundgedanke der Verzahnungsmöglichkeiten in<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> mit organisatorischen Verände-<br />

rungen trifft ebenso bei Verwaltungen (Verwaltungs-<br />

reform) und für Organisationen zu.<br />

4 Diese Merkmale treffen selbstverständlich auch für die<br />

Umsetzung in Verwaltungen und Non-Profit-Organisa-<br />

tionen zu. Sie variieren in ihrer Ausgestaltung entspre-<br />

chend der unterschiedlichen Organisationskulturen und<br />

-strukturen.<br />

5 Der Frauenanteil beträgt auf der Ebene der Vorstände/<br />

Geschäftsführerinnen/führer 2,7%, auf der Ebene der<br />

Hauptabteilungsleiterinnen/leiter und vergleichbarer<br />

Positionen 3,3% und auf Ebene der Abteilungsleiter-<br />

innen/leiter und vergleichbarer Positionen 6,9%.<br />

Vgl. Assig, D./ Beck, A. (1996), S. 154.<br />

6 Vgl. Hering, E. u.a. (2001).<br />

7 Vgl. Ganz, W. (2001)<br />

8 Ähnliches gilt für Teilzeitkräfte. Diese bleiben nicht<br />

explizit unberücksichtigt, die zeitlichen und organisatori-<br />

schen Rahmenbedingungen der Seminare und Workshops<br />

schließen aber häufig eine Teilnahme aus, wenn kleine<br />

Kinder zu Hause zu versorgen sind.<br />

9 Vgl. Zahlen des neusten Berichts der Bundesregierung<br />

zum Schul- und Ausbildungsniveau von Frauen. So lag in<br />

1999/2000 bei den Abiturienten und den Hochschulreife-<br />

prüfungen der Anteil der Frauen schon über 50% (53,6%/<br />

55,2%). Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend (2002).<br />

10 Nach einer Studie des Bundesministeriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zum Selbstver-<br />

ständnis von Männern, haben junge Männer ein neues<br />

Verständnis der Vaterrolle. So sieht sich nur noch ein<br />

Drittel der Väter von schulpflichtigen Kindern vorrangig<br />

in der Rolle des „Ernährers der Familie“. Über zwei Drittel<br />

der Väter sehen sich als „Erzieher ihrer Kinder“. Diese<br />

Sicht bestätigen auch ihre Partnerinnen. Zitiert nach<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend (2001b).<br />

11 Vgl. u.a. die Entwicklungspartnerschaft ELAN; Jung, D.<br />

(2002).<br />

Kapitel 3<br />

37


38<br />

4 <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als Querschnittsthema<br />

im Rahmen der GI <strong>EQUAL</strong><br />

Beispiele aus den Entwicklungspartnerschaften<br />

Das Besondere an<strong>EQUAL</strong> im Vergleich zufrüheren<br />

Gemeinschaftsinitiativen ist, dass nicht<br />

Einzelprojekte, sondern Projekt-Partnerschaften<br />

gefördert werden. Entwicklungspartnerschaften<br />

sind Netzwerke, in denen alle relevanten<br />

Akteure des Arbeitsmarktes wie z.B.<br />

Arbeitsverwaltungen, Bildungseinrichtungen,<br />

Zielgruppenvertreter und Unternehmen einer<br />

Region/eines Sektors zusammenarbeiten und<br />

eine gemeinsame Strategie sowie ein detailliertes<br />

Arbeitsprogramm zur Bekämpfung<br />

von Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen<br />

in Beruf und Ausbildung entwickeln.<br />

<strong>Gender</strong>-Logo: entworfen von der oberfränkischen<br />

Entwicklungspartnerschaft „MOVE“<br />

Innovationen zur Lösung arbeitsmarktlicher<br />

Probleme erzielen jedoch erst dann nachhaltige<br />

Wirkung, wenn sie auf breiter Basis<br />

Eingang in die Regelförderung finden.<br />

Deshalb bedarf esder Kreativität, Flexibilität<br />

und Lernbereitschaftaller Beteiligten, <strong>Gender</strong>-<br />

Strategien durch ein konsequentes <strong>Mainstreaming</strong><br />

in die Praxis und darüber hinaus in<br />

die politischen Entscheidungen auf allen<br />

Ebenen zu transferieren und somit eine nachhaltige<br />

Veränderung der arbeitsmarktpolitischen<br />

Landschaft herbeizuführen.<br />

Da Chancengleichheit nicht nur ein Themenfeld<br />

von <strong>EQUAL</strong> darstellt, sondern gleichzei-<br />

tig <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als durchgängiges<br />

Prinzip in allen vier Säulen der Europäischen<br />

Beschäftigungspolitik zu verstehen ist, müssen<br />

die Entwicklungspartnerschaften und<br />

alle Teilprojekte den <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Ansatz als Querschnittsthema umsetzen. Es<br />

ist zu gewährleisten, dass Frauen und Männer<br />

in der Organisation der Entwicklungspartnerschaftgleichberechtigt<br />

beteiligt sind und die<br />

Perspektiven beider Geschlechter projekt- und<br />

themenunabhängig in allen wichtigen<br />

Fragen und Entscheidungen berücksichtigt<br />

werden. Um die Entwicklungspartnerschaften<br />

für das Konzept und die dahinter liegende<br />

Problematik zu sensibilisieren und die<br />

Strategieentwicklung im Rahmen der eigenen<br />

Projektarbeit zu unterstützen, ist u.a.<br />

ihre Teilnahme an <strong>Gender</strong>trainings erforderlich.<br />

Die Gemeinschaftsinitiative <strong>EQUAL</strong> läuft seit<br />

Mitte 2002. Innerhalb der 1. Förderrunde<br />

(2002 –2005) waren 109 Entwicklungspartnerschaften<br />

mit rund 1.640 Teilprojekten<br />

auf dem Weg zumehr Chancengleichheit in<br />

der Arbeitswelt. In den folgenden Beiträgen<br />

stellen die Entwicklungspartnerschaften der<br />

1. Förderrunde „Woman way of<br />

Entrepreneurship“, „Steinburger und<br />

Pinneberger Integrations Netzwerk“,<br />

„Maßarbeit im Münsterland“, sowie drei im<br />

Strafvollzug agierende Entwicklungspartnerschaften<br />

„e-Lis“, „MEMBER“ und „BABE“<br />

exemplarisch ihre <strong>Gender</strong>-Strategien vor.<br />

Zudem berichtet die Entwicklungspartnerschaft<br />

„Regionales Tourismusnetzwerk<br />

Lausitz“ über ihre Erfahrung bei der Durchführung<br />

eines <strong>Gender</strong>trainings.


4.1 Gründerinnenförderung und <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> –Hand in Hand ein<br />

starkes Paar<br />

Wolfgang Kanka<br />

„Auf jeden Fall kein weiteres Wachstum. Das<br />

ist klar bei uns. Wir wollen nicht über die<br />

Zehn-Mitarbeiter-Grenze. Denn das ist für<br />

uns so eine Grenze, wo wir sagen: da sind wir<br />

(…) flexibel. Das ist auch so das, wo ich weiß,<br />

da kann ich so arbeiten, wie ich mir das (...)<br />

wünsche. Ich habe einen bestimmten Teil an<br />

Management-Aufgaben, die ich zu machen<br />

habe, aber auch einen ganzen Teil von<br />

inhaltlichen Aufgaben. Ich komme also nicht<br />

zu sehr in diesen reinen Managementbereich<br />

rein. Das finde ich gut.“ 1<br />

Diese Interview-Aussage einer Unternehmerin<br />

führt mitten hinein in das Thema weibliche<br />

Existenzgründung und <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

2 .Denn Frauen gründen meistens<br />

nicht nur anders als Männer 3 ,sie setzen oft<br />

auch andere Schwerpunkte und verfolgen<br />

andere Ziele. So legt (nicht nur) diese Unternehmerin<br />

keinen Wert auf „Wachstum um<br />

jeden Preis“ –denn sie möchte stets strategisch<br />

wie inhaltlich-operativ arbeiten, die<br />

Stärken ihrer Gründung als KMU-Firma nicht<br />

verlieren und den Überblick behalten. Dies<br />

entspricht zwar nicht der dominierenden,<br />

ständig publizierten politischen Wachstumsphilosophie,<br />

dafür aber exakt den Wünschen<br />

und der Firmenphilosophie dieser Frau.<br />

Qualitätsmerkmal: Jede Gründung<br />

ernst nehmen und individuell<br />

fördern<br />

Genau das war ein grundlegendes Qualitätsmerkmal<br />

der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Women Way ofEntrepreneurship“ (WWoE)<br />

zur Gründerinnenförderung 4 :Mögliche<br />

Gründerinnen und Unternehmerinnen nicht<br />

in eine tradierte Gründungs- und Wachstumsschablone<br />

pressen (dass nur die Vollzeit-<br />

Selbständigkeit zählt, ist eine davon), sondern<br />

entsprechend ihren individuellen<br />

Voraussetzungen, Geschäftsideen und Zielen<br />

ernst zu nehmen 5 und in allen Gründungs-<br />

Phasen und -Rollen genderspezifisch zu<br />

begleiten und zu stärken. WWoE hat auf diesem<br />

Wege in den Jahren 2002 –2005 rund<br />

2.500 Frauen unterstützt. Dieses Qualitätsmerkmal<br />

bleibt auch imFocus der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Activating Women’s<br />

Potential for Entrepreneurship“ (AWoPE) in<br />

der 2. Förderrunde. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

bleibt mithin ein zentraler Handlungsansatz<br />

bei der Förderung von Gründerinnen und<br />

Unternehmerinnen, wie die Projekte<br />

zur <strong>Gender</strong>sensibilisierung von Gründungsfachleuten,<br />

die Frauen mit Migrationshintergrund<br />

und ältere Frauen beraten,<br />

zur Gründungs-Sensibilisierung von<br />

Schülerinnen und Lehrkräften,<br />

zur Förderung von Erfindungen durch<br />

Frauen und Erhöhung der weiblichen<br />

Patentanmeldungsquote oder<br />

zur Unterstützung von hochqualifizierten<br />

Frauen, die als Nachfolgerin ein zuvor<br />

männlich geführtes Unternehmen „übernehmen“<br />

möchten,<br />

zeigen.<br />

Stets spielen dabei genderspezifische Aspekte<br />

–inunterschiedlicher Ausprägung –eine<br />

Rolle. Diese wurden und werden im Projektverlauf<br />

erfasst, analysiert und mögliche<br />

Lösungen erarbeitet. So müssen Fachleute,<br />

die gründungsinteressierte Frauen mit<br />

Migrationshintergrund beraten, eine ethnischkulturelle<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz besitzen, um<br />

Vertrauen herstellen zu können. Auch der<br />

großen Gruppe der Frauen über vierzig mit<br />

Gründungspotenzial müssen Gründungsfachleute<br />

gendersensibel gegenübertreten, da<br />

diese oftmals über gute Ideen und Gründungsqualitäten<br />

wie Realitätssinn, Organisations-<br />

und Durchhaltevermögen verfügen,<br />

Kapitel 4.1<br />

39


40<br />

Quelle: Peter Galle@GeM Koordinierungsstelle, Wien<br />

aber bisweilen ihre fachlichen wie persönlichen<br />

Fähigkeiten für eine Gründung als<br />

nicht ausreichend erachten. Hierbei spielt<br />

auch eine Rolle, dass „Frauen eher zur Unter-<br />

(...) Männer eher zur Überschätzung der eigenen<br />

Fähigkeiten tendieren“ 6 .<br />

<strong>Gender</strong>spezifische Gründerinnen-<br />

Typologie<br />

Zu den wesentlichen Innovationen der<br />

Entwicklungspartnerschaft WWoE gehört<br />

eine „Gründerinnen-Typologie“, in die genderspezifisch<br />

relevante Faktoren wie materielle<br />

Ressourcen und Zeitressourcen, fachliche<br />

Qualifikationen und soziale Unterstützung<br />

einflossen. Je nach Gründerinnentyp<br />

(vier Grundtypen), Gründungsphase (Orientierung,<br />

Planung, Start und Wachstum) und<br />

Unterstützungsbereich (Sensibilisierung,<br />

Training, Beratung/Coaching) hat die Entwicklungspartnerschaft<br />

dann ihr Füllhorn an<br />

Angeboten mit dieser Typologie verzahnt.<br />

Das gesamte Angebotsspektrum wurde gendergerecht<br />

auf eine qualitätsorientierte<br />

Gründungsbegleitung hin zugeschnitten 7 .<br />

Dazu hat WWoE zu jedem Thema je einen<br />

modularen Leitfaden mit den jeweiligen genderspezifischen<br />

Merkmalen erarbeitet.<br />

Ein Angebots-Schwerpunkt liegt dabei auf<br />

dem benachteiligten Gründerinnentyp<br />

„Empowerment-Pack“, zu dem langzeitarbeitslose<br />

Menschen oder/und Menschen mit<br />

Hilfe zum Lebensunterhalt gehören. Aber<br />

auch der so genannte „Coaching-Typ“, der in<br />

seiner knappen Zeit die Angebote imallgemeinen<br />

sehr kritisch prüft und effizient<br />

nutzt, findet passgenaue Unterstützung.<br />

Hier einige genderspezifische Merkmale mit<br />

dazugehörigem Thema:<br />

Paritätisch besetzte Dozententeams<br />

(im „Gründungsintensivseminar mit<br />

anschließender Markterprobungsphase“)<br />

Wichtiger Erfahrungsaustausch mit anderen<br />

Gründerinnen und Gründern (im<br />

„Netzwerktreffen“ 8 )<br />

Günstige Seminarzeiten für Gründerinnen<br />

mit Kindern (vormittags, einmal abends<br />

pro Woche, am Wochenende; im „Einzelcoaching“,<br />

„Trainingskonzept für Unternehmerinnen“,<br />

„Wochenend-Workshop“)<br />

Persönliche Beziehung innerhalb der<br />

Gründungsbegleitung (bei „Mentoring“)<br />

Existenzgründungsthemen genderspezifisch<br />

aufbereitet und online jederzeit verfügbar<br />

(im „Web Based Training“)<br />

Aufzeigen der Chancen und spezielle<br />

Risiko-Abschätzung (in den „Info-Veranstaltungen<br />

Selbstständigkeit“)<br />

<strong>Gender</strong>orientierte Gründungsbegleitung<br />

als Qualitätsmerkmal<br />

<strong>Gender</strong>orientierte Gründungsbegleitung als<br />

Qualitätsmerkmal heißt: Die (genderspezifisch<br />

geschulten) Gründungsfachleute beziehen<br />

in allen Phasen der Beratung und Qualifizierung<br />

gleichrangig neben den wichtigen<br />

ökonomischen und marktwirtschaftlichen<br />

Aspekten die individuellen Lebensumstände


und das gesellschaftliche Umfeld von Gründerinnen<br />

und Gründern mit ein. In einem Bild<br />

gesprochen: Hier wird die Frage der konkreten<br />

Auswirkung der Geschlechterverhältnisse<br />

auf die Gründungspersönlichkeit zu einer der<br />

wesentlichen Beratungsstränge, der durchgeflochten<br />

wird und die Gründungsberatung<br />

von Anfang an prägt. Genau diese soziokulturell<br />

fundierte und passgenaue Existenzgründungsbegleitung<br />

ist richtig verstandenes<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in Verbindung<br />

mit dem Thema Gründungsförderung.<br />

Heute existiert aber immer noch eine Vielzahl<br />

an herkömmlichen Gründungsförderungen,<br />

die mit einem „Seminar speziell für<br />

Frauen“ oder ähnlich wohlmeinenden Angeboten<br />

auf der modern-frauenfreundlichen<br />

Welle schwimmen wollen. Sie erliegen dabei<br />

dem sehr verbreiteten Missverständnis, dass<br />

Frauen –imGegensatz zu Männern –spezielle<br />

Bedürfnisse haben, auf die man(n) selbstverständlich<br />

gerne Rücksicht nimmt. Diese<br />

traditionelle Gründungsberatung ist mit<br />

ihren inhaltlichen Strängen wie Machbarkeit,<br />

Kosten und Kenntnissen immer schon, um an<br />

das obige Bild anzuknüpfen, zu einem fertigen<br />

Zopf geflochten und wird amEnde nur<br />

noch mit einer zierenden Schleife („Einen<br />

Frauenkurs haben wir natürlich auch“) versehen.<br />

Hier ist <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> oft nur<br />

ein Anglizismus, von dem man schon mal<br />

gehört hat, hier bleibt noch viel zu tun, bis<br />

diese genderorientierte Qualitätsgründungsbegleitung<br />

als Denk- und Handlungsmuster<br />

zum selbstverständlichen Alltagshandeln<br />

aller mit Gründungsbegleitung befassten<br />

Menschen gehört.<br />

Zu dieser gendergerechten Gründungsbegleitung<br />

gehört auch das zentrale Thema<br />

Gründungsfinanzierung, pointierter, die<br />

„Barriere Bankgespräche“. Gerade weibliche<br />

Gründer haben mit dieser formalen Finanzierungsquelle<br />

große Schwierigkeiten 9 –oft verzichten<br />

sie gar auf eine Gründung, wenn sich<br />

informelle Geldquellen (aus dem sozialen<br />

Umfeld) nicht realisieren lassen. Erfahrungen<br />

in der Entwicklungspartnerschaft WWoE<br />

haben gezeigt, dass es sich bewährt,<br />

Gründerinnen auf diese klassische Hürde gut<br />

vorzubereiten und zwar nicht nur durch<br />

einen gründlichen Businessplan, der selbstverständlich<br />

sein sollte. Auch auf das erwartete<br />

Verhalten des (zumeist männlichen)<br />

Gegenübers kann „frau“ sich einstellen. Dies<br />

geschieht am besten durch ein genderspezifisches<br />

Rollenspiel, bei dem die Gründerin<br />

trainiert, sich nicht so schnell verunsichern<br />

zu lassen oder als Bittstellerin zu fühlen, sondern<br />

als Kundin selbstbewusst und auf<br />

gleicher Augenhöhe aufzutreten. Dazu hat<br />

sie allen Grund, denn Gründerinnen gehen<br />

durch eher geringe Kredithöhen und sorgfältige<br />

Planung ein insgesamt weniger hohes<br />

unternehmerisches Risiko ein als Männer und<br />

tilgen ihren Kredit auch verlässlicher als ihre<br />

Kollegen.<br />

<strong>Gender</strong>orientierte Gründungsbegleitung<br />

verdient langfristige<br />

Förderung<br />

Eine langfristige Förderung der genderorientierten<br />

Gründungsbegleitung ist eminent<br />

wichtig, um jede Person mit Gründungspotenzial<br />

in ihrer Gesamtpersönlichkeit<br />

genau dort abholen zu können, wo sie steht.<br />

Oder andersherum: Diese individuelle<br />

Gründungsbegleitung vermeidet, dass die<br />

Gründerin oder der Gründer an eine<br />

„Gründungsberatung vom Reißbrett“ gerät,<br />

in der oft nur das Vollzeit-Unternehmen mit<br />

großer Wachstumsintention richtig anerkannt<br />

ist.<br />

Die Qualitätsgründungsbegleitung hilft<br />

dagegen, jede Gründung von Anfang an in<br />

die individuell passende Gründungs-Spur zu<br />

setzen und sei es zunächst in eine „Schmaloder<br />

Versuchsspur“ namens Neben- oder<br />

Zuerwerbs-Selbständigkeit. Hier kann die<br />

Gründungsidee in Ruhe auf Tragfähigkeit in<br />

der Praxis hin geprüft werden. Nochmals<br />

zusammengefasst: <strong>Gender</strong>orientierte Gründungsbegleitung<br />

heißt, jede Gründungsabsicht<br />

ernst zu nehmen, sie selbstverständlich<br />

auf Marktfähigkeit hin kritisch zuprüfen,<br />

in jedem Fall aber ihre individuellen Ziele zu<br />

respektieren.<br />

Wenn Gründungsförderung mit <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> von Anfang an konsequent<br />

Hand in Hand geht, ist das ein starkes Paar:<br />

So blieben in Frankfurt/Main von indiesem<br />

Sinne geförderten und zuvor arbeitslosen<br />

Frauen noch ca. 90% auch zwei Jahre nach<br />

ihrer Existenzgründung selbständig 10 .<br />

An dieser Stelle eine kleine, zugegeben hypothetische,<br />

Modellrechnung: Auf der einen<br />

Seite sind –mit Hilfe der genderorientierten<br />

<strong>Gender</strong>orientierteGründungsbegleitung<br />

Kapitel 4.1<br />

41


42<br />

Gründungsbegleitung –100 in aller Gründlichkeit<br />

und sorgfältigen Planung realisierte<br />

„Solo-Selbständige“, von denen fünfzig nach<br />

fünf Jahren eine zusätzliche Stelle schaffen.<br />

Auf der anderen Seite sind –ohne diese<br />

Gründungsunterstützung –30risikofreudige<br />

Unternehmen, die in den ersten beiden<br />

Jahren durchschnittlich fünf Stellen schaffen,<br />

von denen aber nach drei Jahren nur fünfzehn<br />

„überleben“ und weitere fünf Firmen<br />

wieder zwei Angestellte entlassen müssen. Es<br />

ist schnell ausgerechnet, dass –volkswirtschaftlich<br />

wie individuell –das Beispiel der<br />

genderorientierten Gründungsbegleitung<br />

das erfolgreichere ist.<br />

So oder so: Die Tendenz geht hin zu flexiblen<br />

Kleinst- und Kleinunternehmen mit überschaubarem<br />

Kostenapparat 11 .<br />

<strong>Gender</strong>sensible Sprache statt<br />

„Existenzgründer willkommen“<br />

Der letzte Absatz gehört der Sprache: Sie<br />

sollte fair oder –imFachneudeutsch –„gendersensibel“<br />

mit Existenzgründerinnen umgehen<br />

und sie stets mit ansprechen. Darum<br />

bemühen sich die Gründungsfachleute der<br />

aktuellen Entwicklungspartnerschaft AWoPE<br />

–das sei auch den Verantwortlichen aller<br />

Existenzgründungsinstitute oder -initiativen<br />

ans Herz gelegt, die in ihren Pressemeldungen<br />

und auf Plakaten, im Internet und in<br />

Info-Broschüren immer nur die „Existenzgründer<br />

willkommen“ heißen, vom „Unternehmertum“<br />

und von „Gründern“ sprechen<br />

oder auf andere Weise Frauen im besten Fall<br />

zwar mit meinen, aber explizit eben nicht<br />

ansprechen.<br />

Fair in der Sprache: Ein Poster der Entwicklungspartnerschaft „RUNWAY –Startbahn für<br />

Benachteiligte imLandkreis Sigmaringen“ zum Thema <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>


Anmerkungen<br />

1 Hansen, Katrin (2005).<br />

2 Für den in Fachkreisen zwar etablierten und viel zitierten,<br />

aber nicht wirklich populären <strong>Gender</strong>-<strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Begriff sprechen zwei Argumente: 1. Für den englischen<br />

Begriff „<strong>Gender</strong>“ als Bezeichnung der soziokulturell zuge-<br />

schriebenen Geschlechtsrolle gibt es kein äquivalentes<br />

deutsches Wort. 2.Die englischsprachige Bezeichnung<br />

einer internationalen Strategie vereinfacht die internatio-<br />

nale Verständigung.<br />

3 KfW-Bankengruppe (2005a).<br />

4 Aktuelle Gründungs-Zahlen: 2004 haben sich inder BRD<br />

504.000 Frauen selbständig gemacht gegenüber<br />

925.000 Männer. 35% aller Gründungen sind damit weib-<br />

lich. Diesem (unbefriedigenden) Gründerinnenanteil<br />

steht ein Frauenanteil von 45% an der Gesamtheit aller<br />

Erwerbstätigen gegenüber.Vgl.KfW-Bankengruppe (2005b).<br />

5 „Die Beraterinnen der Frauenberatungsstellen bemüh-<br />

ten sich amstärksten, sich tatsächlich mit den Geschäfts-<br />

ideen im Ganzen auseinander zu setzen.“ in: Stiftung<br />

Warentest (2003), S. 85. Zu aktuellen Formen der<br />

Selbständigkeit empfehlenswert: Piorkowsky, Michael-<br />

Burkhard (2005).<br />

6 KfW-Bankengruppe (2005a).<br />

7 „Gründerinnentypologie“ inkl. Matrices und Modul-Leit-<br />

fäden im „WWoE-Handbuch“ (CD-ROM), www.wwoe.org<br />

8 Eine Reihe von Studien belegen Defizite im„sozialen<br />

Kapital“ von Frauen, z.B. für unterstützende Netzwerk-<br />

und Geschäftsbeziehungen. Vgl. Jungbauer-Gans, Monika<br />

(2002).<br />

9 Spezialisiert auf Existenzgründungen mit relativ gerin-<br />

gem Kreditbedarf ist das Deutsche Mikrofinanz-Institut<br />

(DMI); Gründungs-Förderdarlehen gibt es von der KfW-<br />

Mittelstandsbank.<br />

10 Die Quote bezieht sich auf den Rücklauf der Anfragen.<br />

Vgl. Nispel, Andrea (2000).<br />

11 Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurden mit<br />

Wirkung zum 01.01.2005 EU-weit neu definiert. Die EU<br />

hat die neue Kategorie „Kleinstunternehmen“ mit weni-<br />

ger als 10 Beschäftigten eingeführt. Dann folgen die<br />

„Kleinunternehmen“ mit weniger als 50 Beschäftigten,<br />

schließlich „Mittlere Unternehmen“ mit weniger als 250<br />

Beschäftigten. Die Definition impliziert zudem noch<br />

jeweils eine bestimmte Jahresbilanzsumme bzw. einen<br />

bestimmten Jahresumsatz.<br />

Kapitel 4.1<br />

43


44<br />

4.2 Gute Fernsicht aus dem Flachland<br />

Erfahrungsbericht der Entwicklungspartnerschaft SPIN<br />

Astrid Nielsen, Doris Schneider<br />

Eine verbesserte Integration von Frauen und<br />

Männern mit Behinderungen in Arbeit und<br />

Ausbildung, die Vermeidung von Schnittstellen<br />

und Parallelstrukturen im Übergang<br />

von medizinischer in berufliche Rehabilitation<br />

und eine bessere Koordinierung und Vernetzung<br />

aller am Rehaprozess beteiligten<br />

Akteure war Zielsetzung der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Steinburger und Pinneberger<br />

Integrations Netzwerk“ (SPIN). Die Koordination<br />

dieser regionalen Entwicklungspartnerschaft<br />

lag in Händen der Brücke Schleswig-<br />

Holstein gGmbH. Um zu erreichen, dass<br />

Chancengleichheit von Frauen und Männern<br />

bei allen Teilprojekten und innerhalb der gesamten<br />

Entwicklungspartnerschaft als durch-<br />

Mitarbeit auf allen Ebenen<br />

der Entwicklungspartnerschaft<br />

Teilnahme im Steuerkreis<br />

<strong>Gender</strong>analyse der<br />

Trägerorganisationen<br />

Arbeitsmarktanalyse<br />

Kooperation mit transnationalen<br />

Partnern<br />

Vorträge ineinzelnen<br />

Teilprojekten und deren<br />

Trägerorganisationen zu<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Mitarbeit in Bundesgremien<br />

<strong>Gender</strong> Trainings und Workshops auf allen<br />

Ebenen der Entwicklungspartnerschaft<br />

<strong>Gender</strong>trainings und Workshops sind integraler<br />

Bestandteil des Gesamtkonzepts und ein<br />

wichtiges Instrument zum Erwerb von <strong>Gender</strong><br />

Kompetenz.<br />

Während der Projektlaufzeit wurden drei große<br />

<strong>Gender</strong>trainings durchgeführt. Zielgruppen<br />

waren Organisations- und Projektleitungen,<br />

strategische Partner sowie Vertreterinnen und<br />

Vertreter der Querschnitte. Erreicht wurden:<br />

Sensibilisierung für die Vielfalt von<br />

Geschlechterrollen und die Lebensrealitäten<br />

von Frauen und Männern<br />

Erarbeitung von Umsetzungsstrategien und<br />

Instrumenten<br />

Gegenüberstellung von „gender“ und<br />

„diversity“<br />

Die vier <strong>Gender</strong>-Workshops für die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter wurden von den Teilnehmenden<br />

durchweg positiv bewertet, da sie<br />

einen konkreten Bezug zu den Arbeits- und<br />

Handlungsfeldern der Beteiligten darstellten.<br />

gängiges Prinzip berücksichtigt und in<br />

Ansätzen realisiert wird, wurde ein eigenes<br />

Teilprojekt –die Beratungsstelle FRAU &<br />

BERUF aus dem Kreis Steinburg –mit der<br />

Koordinierung, Beratung und Begleitung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> beauftragt. Das<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Konzept der Entwicklungspartnerschaft<br />

SPIN beruhte auf drei<br />

Säulen (vgl. Abbildung).<br />

Das Netzwerk der <strong>Gender</strong> Begleitungen<br />

Eine tragende Säule des <strong>Gender</strong>-Konzepts<br />

war der Aufbau eines <strong>Gender</strong> Begleiterinnen-<br />

Netzwerks für die einzelnen Teilprojekte. Die<br />

<strong>Gender</strong> Begleiterinnen kamen von strategischen<br />

Partnern und besaßen regionale, Fach-<br />

Die Säulen des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Konzepts<br />

Netzwerk der<br />

<strong>Gender</strong> Begleitungen<br />

Beratung, Unterstützung<br />

und Begleitung der<br />

Teilprojekte bei der<br />

Umsetzung konkreter<br />

Maßnahmen zur<br />

Chancengleichheit<br />

Koordinierung des<br />

Netzwerks über FRAU &<br />

BERUF<br />

Regelmäßige Sitzungen<br />

mit allen Begleitungen<br />

Gemeinsame jährliche<br />

Reflektionssitzungen mit<br />

allen Projektleitungen<br />

und <strong>Gender</strong> Begleitungen<br />

Fortbildungen und<br />

Intervision für <strong>Gender</strong><br />

Begleitungen


und <strong>Gender</strong>kompetenz. Als Honorarkräfte<br />

von der Beratungsstelle FRAU &BERUF waren<br />

sie in beratender und unterstützender Funktion<br />

für die gesamte Projektlaufzeit für<br />

jeweils ein Teilprojekt zuständig. Es gab ca.<br />

fünf Treffen jährlich mit den Projektleitungen<br />

sowie den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern.<br />

Die Treffen wurden von den<br />

<strong>Gender</strong> Begleitungen protokolliert, Vereinbarungen<br />

und Zuständigkeiten wurden mit<br />

Terminangaben festgehalten. Die Protokolle<br />

wurden an die Beteiligten und die Beratungsstelle<br />

FRAU &BERUF verschickt, um Transparenz<br />

herzustellen. Dieses Vorgehen erwies<br />

sich als sinnvoll, da es die Verbindlichkeit<br />

erhöhte und den <strong>Gender</strong> Begleitungen<br />

ermöglichte, gezielt nachzufragen, wenn<br />

Vereinbarungen nicht eingehalten wurden.<br />

Wie fing es an?<br />

Zunächst wurden gemeinsam mit den Projektleitungen<br />

die Konzepte der Teilprojekte hinsichtlich<br />

Chancengleichheit überarbeitet und<br />

gegebenenfalls erweitert. Die geschlechtersensible<br />

Überarbeitung der Zielebene verlief<br />

nicht überall reibungslos, da teilweise andere<br />

Personen die Projektziele entwickelt hatten<br />

als diejenigen, die dann vor Ort an der Umsetzung<br />

arbeiteten, und sie setzte zeitlich<br />

ein, als die Projekte bereits ins Laufen kamen.<br />

Ohne die Formulierung von konkreten <strong>Gender</strong>zielen<br />

kann es jedoch keine systematische<br />

Auszüge aus einem Beispiel<br />

Umsetzung geben, dann bleibt <strong>Gender</strong><br />

schmückendes Beiwerk. Zukünftig ist es<br />

wichtig, <strong>Gender</strong>zielsetzungen von Anfang an<br />

in die Zielentwicklung zu integrieren.<br />

Voraussetzung dafür ist, dass diejenigen, die<br />

an den Zielsetzungen arbeiten, über <strong>Gender</strong>kompetenz<br />

verfügen.<br />

Ausgehend von den erarbeiteten Zielen wurden<br />

im nächsten Schritt für mindestens einen<br />

konkreten Projektbereich (Personal, Klientel,<br />

Finanzen etc.) Maßnahmen zur Umsetzung<br />

von Chancengleichheit festgelegt. Entscheidend<br />

für gelungene Umsetzungsprozesse,<br />

die vom Umfang und von der Ausrichtung<br />

sehr unterschiedlich waren, war immer der<br />

jeweils konkrete Handlungsbezug. Für<br />

Projektleitungen und Mitarbeitende musste<br />

der direkte Nutzen der geplanten Maßnahmen<br />

sichtbar sein. Synergien entstanden,<br />

wenn die Projektmitarbeitenden sich als<br />

Expertinnen und Experten mit ihren Erfahrungen<br />

und ihrem Wissen in die Kooperation<br />

mit der <strong>Gender</strong> Begleitung einbrachten und<br />

es zur Verknüpfung von <strong>Gender</strong>- und Fachwissen<br />

kam (Doppelstrategie von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> +Frauenförderung).<br />

Im Teilprojekt „Ambulante Rehabilitation“<br />

wurde erstmalig eine Qualifizierung als<br />

Einzelmaßnahme in Teilzeit für eine alleinerziehende<br />

Mutter beantragt und bewilligt.<br />

Die vorhergehende Analyse hatte<br />

Teilprojekt BAD –Beratung von Unternehmen und Institutionen zur Beschäftigung und<br />

Wiedereingliederung von Frauen und Männern mit Handicaps<br />

Aufgabenstellung des Teilprojekts unter dem <strong>Gender</strong>-Aspekt:<br />

1. Allgemeine Fragestellungen<br />

Welches Geschlechterverhältnis strebt das Projekt an?<br />

Inwieweit ist <strong>Gender</strong>kompetenz bei der Projektleitung und den Mitarbeitenden gegeben?<br />

Finden geschlechtsspezifisches Bewusstsein und Handeln Berücksichtigung?<br />

2. Beratung von Einzelpersonen/Beratung von Betrieben<br />

Über welche Zugangswege werden die Einzelpersonen geworben?<br />

Existiert die Möglichkeit sich von einem Mann/einer Frau beraten zu lassen?<br />

Gibt es Hemmnisse bei Männern/Frauen eine bestimmte Rehabilitationsmaßnahme anzutreten<br />

wie z.B. Trennung von der Familie, Kinderbetreuung/Familienbetreuung, Ort der<br />

Maßnahme, Qualität der Maßnahme?<br />

Bei wie viel Frauen/Männern wird Erwerbsunfähigkeit festgestellt?<br />

Anzahl der Unfälle pro Unternehmen nach Geschlecht.<br />

Kapitel 4.2<br />

45


46<br />

Auszüge aus einem Beispiel<br />

Teilprojekt ZEBRA –Beratungsleitlinien<br />

Die <strong>Gender</strong> Begeitung entwickelte gemeinsam mit der Projektleitung und den Beschäftigten<br />

Leitlinien für geschlechtersensible Einzelberatung, die als Grundlage für die Einzelberatung<br />

genutzt wurden. Der Prozess der Entwicklung beinhaltete eine Teamreflektion über eigene<br />

Geschlechterkonstrukte und verknüpfte sie mit Beratungsansätzen.<br />

Berücksichtigt werden drei Ebenen:<br />

Biografie,<br />

Phantasie und Reflektion,<br />

Planung und Umsetzung.<br />

Jeweils ein Ziel wird formuliert und exemplarische Fragen zu diesem Ziel genannt.<br />

Ebene: Biografie<br />

Ziel: Männern und Frauen soll der Zugang zur eigenen Biografie durch das Heranführen an<br />

implizite Erlebnis- und Sichtweisen erleichtert werden, die ihre Ursache im spezifischen<br />

Geschlechterrollenverständnis haben.<br />

Richtung der Fragen:<br />

Berufe der Eltern<br />

Wertigkeit von Berufstätigkeit und Hausfrauenarbeit in der Herkunftsfamilie<br />

Auswirkungen auf eigene Berufswegplanung, damals und heute<br />

Vorbilder außerhalb der Familie<br />

Bedeutung kultureller und subkultureller Einbindung<br />

Zusammenhang zwischen Handicap und Vorstellungen angemessener Geschlechterrollen<br />

Die Leitlinien wurden in der Sitzung der <strong>Gender</strong> Begleitungen vorgestellt und in die anderen<br />

Teilprojekte, die ebenfalls einen Beratungsauftrag hatten, transferiert. In der Folge wurde ein<br />

<strong>Gender</strong> Workshop zu Geschlechterrollen und Beratungskompetenzen, an dem Mitarbeitende<br />

verschiedener Teilprojekte teilnahmen, durchgeführt.<br />

ergeben, dass es für diese Zielgruppe bisher<br />

keine Angebote gab und sie bei der<br />

Arbeitsagentur auch nicht berücksichtigt<br />

wurde.<br />

Im Teilprojekt „Frischlinge“ wurden vordem<br />

Umzug des Projektes in neue Räumlichkeiten<br />

die Jugendlichen nach Geschlecht<br />

getrennt befragt, welche Wünsche sie<br />

bezüglich der räumlichen Gestaltung<br />

haben. Die unterschiedlichen Bedürfnisse<br />

von Jungen und Mädchen konnten somit<br />

bei der Einrichtung und Gestaltung der<br />

neuen Räume berücksichtigt werden.<br />

Im Teilprojekt „ZEBRA“ wurden Beratungsleitlinien<br />

für eine geschlechtersensible<br />

Beratung erstellt und angewendet.<br />

Rückblick und Ausblick<br />

Das Konzept der <strong>Gender</strong> Begleitungen ist<br />

aufgegangen. Innerhalb der Projektlaufzeit<br />

gab esnur einen Personalwechsel bei den<br />

Begleitungen. Von den Projektleitungen<br />

wurde die Form der externen, kontinuierlichen<br />

Begleitung während einer Zwischenauswertung<br />

in 2004 und im Rahmen der<br />

Endauswertung in 2005 als gewinnbringend,<br />

verstärkend und zielführend beurteilt. Zwei<br />

Teilprojekte regten diese Form der Begleitung<br />

bei der Implementierung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> auch für die eigene Organisation<br />

an. Im Vergleich der Projekte wurde<br />

deutlich, dass die kontinuierliche Mitarbeit<br />

der Projektleitungen in diesem Prozess notwendig<br />

für eine erfolgreiche Implementierung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist (Topdown-Ansatz).<br />

Delegation an Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen führten teilweise zu Verzögerungen,<br />

da keine Entscheidungsbefugnisse<br />

vorlagen. In den Projekten, in denen<br />

sich die Leitungen aktiv am Umsetzungsprozess<br />

beteiligten und ebenfalls die Mitarbeitenden<br />

einbezogen, ist viel erreicht worden.<br />

Für spätere Projekte ist es wichtig auf die Einhaltung<br />

des Top-down-Ansatzes zu achten.


Resümee zum Gesamtziel<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> hatte als Querschnittsthema<br />

innerhalb der Entwicklungspartnerschaft<br />

eine verbindende Funktion. Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern ist bei<br />

allen Teilprojekten und innerhalb der<br />

Entwicklungspartnerschaft SPIN als durchgängiges<br />

Prinzip berücksichtigt und in<br />

Ansätzen erreicht. Sensibilisierung hat<br />

umfassend stattgefunden, ebenso die<br />

Umsetzung auf die konkrete Projektebene<br />

bzw. die Einbeziehung der Geschlechterthematik<br />

in die verschiedenen Handlungsfelder<br />

der Arbeit. Die regelmäßig stattfindenden<br />

Trainings und Workshops verstärkten<br />

den Erfahrungsaustausch über den Projektrahmen<br />

hinaus. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

wurde über regelmäßige Mitarbeit im Steuerkreis<br />

verankert und die Umsetzung fortgeschrieben.<br />

Anfängliche Skepsis und Widerstand<br />

gegenüber der Thematik konnten mit<br />

Lupe und Fernglas erfolgreich angegangen<br />

werden.<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

hat verbindende<br />

Funktion<br />

Kapitel 4.2<br />

47


48<br />

4.3 Flying Experts<br />

Erfahrungsbericht der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Maßarbeit im Münsterland“<br />

Cornelia Benninghoven<br />

„Es zeigte sich, dass, gemessen an der Eingangsbefragung,<br />

bei der das Thema<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> nahezu unbekannt<br />

war, der Stand des Wissens und der Akzeptanz<br />

vieler Teilprojekte erheblich zugenommen<br />

hat –ein ausnehmend positives Ergebnis,<br />

selbst vor dem Hintergrund, dass bei<br />

einigen Teilprojekten noch Überzeugungsarbeit<br />

zu leisten ist. Das zentrale Instrument<br />

waren die Flying Experts. Durch sie wurde<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in der Entwicklungspartnerschaft<br />

sehr stark verankert.“<br />

Thomas Baaken, Volker Hölscher,<br />

Fachhochschule Münster, Begleitforschung<br />

Schlüssel zur Qualität: Flying Experts<br />

Vier so genannte Flying Experts bildeten das<br />

Herzstück bei der Umsetzung des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Maßarbeit im Münsterland“. In der<br />

wissenschaftlichen Begleitforschung haben<br />

Professor Dr. Thomas Baaken und Volker<br />

Hölscher von der Fachhochschule Münster sie<br />

als wichtigstes Qualitätsmerkmal der <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Arbeit in der Entwicklungspartnerschaft<br />

identifiziert. Als eine Art<br />

„<strong>Gender</strong>-Coach“ arbeiteten die Flying Experts<br />

auf Honorarbasis nach schwedischem Vorbild<br />

und wurden aus dem Budget des Teilprojekts<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> bezahlt.<br />

Eine erfolgreiche Arbeit von Flying Experts<br />

ließ sich nur durch ihre passgenaue „Rollenbesetzung“<br />

erreichen, d.h. ihr Einsatz war<br />

individuell auf die Bedürfnisse der Teilprojekte<br />

zugeschnitten. Zur Erfüllung dieser<br />

Rolle waren <strong>Gender</strong>kompetenz und<br />

Erfahrungs- und Netzwerkwissen im Arbeitsfeld<br />

des jeweiligen Teilprojekts (z.B. Jugendund<br />

Behindertenhilfe) unbedingte Voraus-<br />

setzungen. Flying Experts halfen unter anderem<br />

bei der Suche nach adäquaten Trainerinnen<br />

und Trainern. Sie waren außerdem<br />

gefordert, für das jeweilige Projekt gleichstellungsrelevante<br />

Daten passgenau zu erheben<br />

und diese dabei zu unterstützen, konkrete<br />

<strong>Gender</strong>-Ziele zu formulieren sowie adäquate<br />

Maßnahmen zu entwickeln. Flying Experts sollen:<br />

die Fähigkeit haben, eine gute Arbeitsatmosphäre<br />

herzustellen und Motivation<br />

zu schaffen.<br />

Begeisterung für offene Prozesse mitbringen,<br />

um mit den Beteiligten produktiv<br />

und kreativ bedarfsgerechte Maßnahmen<br />

zu initiieren.<br />

Ein Flying Expert nutzte zur Beschreibung<br />

ihrer Rolle ein Bild aus der Seefahrt: Wer<br />

gerade erst einen Segelschein (<strong>Gender</strong>trainings)<br />

gemacht habe, könne ja auch nicht<br />

mit vollen Segeln in fremden Gewässern<br />

segeln, sondern brauche noch einen<br />

Steuermann oder eine Steuerfrau, um gut<br />

durch die steifen Brisen zu kommen. So<br />

wurde es möglich, neben dem Alltagsgeschäft<br />

inden Projekten Ursachen für<br />

<strong>Gender</strong>-Gaps zu analysieren, realistische<br />

<strong>Gender</strong>-Ziele zu formulieren und auch dann<br />

am Ball zu bleiben, wenn es schwierig wurde.<br />

„Was mir zugute kam, war ein großes<br />

Repertoire anKontakten zu Trainerinnen<br />

und Trainern, insbesondere für Mädchenund<br />

Frauenarbeit. Wenn man dieses<br />

Netzwerk an Kontakten nicht hat, ist es<br />

schwer. Ich habe aktuell dann noch vieles<br />

nachgelesen zur Situation von körperbehinderten<br />

Jungen und Mädchen. Ganz zu<br />

Anfang habe ich mir –nach schwedischem<br />

Beispiel –eine Toolbox erstellt. Das war ein<br />

schwarzer Baumarktkoffer mit einer ganzen


Reihe von Konzeptbausteinen, die ich brauche,<br />

um ein Projekt oder eine Fortbildung<br />

vorzubereiten –von der Zielformulierung<br />

über Ideenplanung und Analyse bis zur<br />

Umsetzung. Für mein Gegenüber ist das<br />

auch ein wichtiges Signal: Es gibt etwas, an<br />

das wir uns halten können –wenn wir wollen.“<br />

Irmgard Grieshop-Sander, Flying Expert<br />

Die Beratungsprozesse der Flying Experts<br />

waren auch deshalb so erfolgreich, weil sie<br />

mit ausreichenden Finanzen und einem Zeitbudget<br />

ausgestattet waren, das ihnen eine<br />

qualifizierte Vorbereitung ermöglichte, um<br />

gute Ergebnisse zu erzielen. Fast 3,5% des<br />

Gesamtbudgets standen für das Teilprojekt<br />

zur Verfügung, um <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

die Entwicklungspartnerschaft „Maßarbeit im<br />

Münsterland“ zu integrieren. Damit wurde<br />

allen Beteiligten die Bedeutung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> für die Entwicklungspartnerschaft<br />

signalisiert.<br />

Gute Flying Experts zeichnet aus, dass sie ihr<br />

Gegenüber in der Beratung als gleichberechtigt<br />

wertschätzen. Sie akzeptieren die gegebene<br />

Projekt- und Personalsituation und<br />

begleiten die Beteiligten während des<br />

gesamten Veränderungsprozesses. Hierdurch<br />

entsteht die Erkenntnis, dass eigenes <strong>Gender</strong>handeln<br />

in Projekten zum Erfolg führt und<br />

folglich <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> nicht nur, wie<br />

so oft, an die üblichen Verdächtigen, wie<br />

etwa die Gleichstellungsbeauftragte, delegiert<br />

wird.<br />

„In einem Teilprojekt war esschwierig, die<br />

Gründe herauszufinden, warum imKreis<br />

Borken nur so wenige Frauen mit Handicaps<br />

von der Agentur für Arbeit in das Projekt<br />

zur Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt<br />

geschickt wurden. Erste Nachforschungen<br />

ergaben, dass bei der Arbeitsagentur nicht<br />

mehr Frauen mit Handicaps gemeldet<br />

waren. Weitere Recherchen bei den Rentenversicherungsträgern<br />

hatten dasselbe<br />

Ergebnis. Bei den Krankenversicherungen<br />

jedoch ist die Zahl der Frauen mit Behinderungen<br />

höher als die der Männer.<br />

Allerdings gab eskein nach Geschlechtern<br />

erfasstes Zahlenmaterial auf regionaler<br />

Ebene. Es blieb nur die Einsicht, dass es zu<br />

diesem Themenbereich kaum wissenschaft-<br />

liche Erkenntnisse, dafür aber interessante<br />

Fragestellungen gibt, die deutlich imallgemeinen<br />

Interesse liegen. Denn zu den<br />

„Personen ohne ausreichende Erwerbsbiographie“,<br />

für die „Versorgungslücken festgestellt<br />

werden“, gehören offensichtlich<br />

nicht nur in Ahaus viele Frauen.<br />

Marithres van Bürk-Opahle, Flying Expert<br />

Die Flying Experts sind das „Front-Office“,<br />

das um so mehr glänzt, je besser das „Back-<br />

Office“ funktioniert. Oft reichten die von den<br />

„Kundinnen und Kunden“ geforderten Beratungsinhalte<br />

insoviele Bereiche hinein, dass<br />

ein schneller Zugriff auf das Wissen anderer<br />

Expertinnen und Experten notwendig war.<br />

Im <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Teilprojekt im<br />

Münsterland konnten die Flying Experts zum<br />

Austausch und zur Wissensergänzung auf ein<br />

Netzwerk von regionalen Expertinnen und<br />

Experten zurückgreifen. Wenn die Flying<br />

Experts als besonders erfolgreich inder<br />

Evaluation hervorgehoben wurden, dann verdanken<br />

sie diesen Erfolg auch einem guten<br />

Gesamtkonzept und den darin enthaltenen<br />

Instrumenten und Rahmenbedingungen:<br />

Ohne zusätzliche Fachleute geht es nicht.<br />

Die <strong>Gender</strong>expertise von ausgewiesenen<br />

Fachleuten muss in die Planungs- und<br />

Praxisebenen einer Maßnahme eingebunden<br />

werden.<br />

Die Unabhängigkeit eines <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Projekts<br />

ist ein großer Vorteil<br />

bei der Arbeit. Die Akteure des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Teilprojekts im Münsterland<br />

haben von Anfang an deutlich<br />

gemacht, <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> nur dann<br />

durchzuführen, wenn die anderen Teilprojekte<br />

auch wirklich auf ihre Angebote<br />

zurückgreifen würden. Hätte esnach der<br />

anfänglichen Workshop-Phase keine Nachfrage<br />

nach Beratung, keine Zielvereinbarungen<br />

mit Projekten gegeben, hätten<br />

sie den „Restauftrag“ (und den restlichen<br />

Etat) zurück gegeben.<br />

Bei regionalen Entwicklungspartnerschaften<br />

sind Kenntnisse der regionalen Verhältnisse<br />

von Vorteil. Zudem sollte der<br />

Rückgriff auf regionale Netzwerke gewährleistet<br />

sein. Unter Berücksichtigung des<br />

Aspekts der Nachhaltigkeit können die<br />

Projekte auf diese Netzwerke auch dann<br />

zurückgreifen, wenn die eigentliche<br />

Kapitel 4.3<br />

49


50<br />

„Maßnahme“ vorbei ist.<br />

Alle müssen –entsprechend ihrer Funktion<br />

–aktiv mitarbeiten. „Widerstände“ an der<br />

„Spitze“ wirken stets bis unten nach. Die<br />

Projektleitung muss <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

wollen und in die Projektbeschreibung<br />

einbinden, denn nur so erhält <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> Autorität in der Entwicklungspartnerschaft.<br />

Gute Arbeit kostet Geld. Was nichts kostet,<br />

wird auch nicht wertgeschätzt.<br />

Nichts geht ohne Verbindlichkeit, d.h. die<br />

Vereinbarung von Zielen ist unverzichtbar.<br />

Sieben Schritte der Umsetzung des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Der Auftrag des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Teilprojekts an die anderen Teilprojekte war,<br />

dass diese ein konkretes erreichbares <strong>Gender</strong>-<br />

Ziel vereinbaren, das sie im Rahmen der<br />

Partnerschaft umsetzen wollten. Um alle<br />

Entscheidungsträgerinnen und -träger und<br />

alle, die mit der Durchführung von Projekten<br />

betraut waren, bei der Umsetzung des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> zu unterstützen, entschieden<br />

sich die verantwortlichen Projektleiterinnen<br />

des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Teilprojekts für ein Vorgehen in sieben<br />

Schritten:<br />

<strong>Gender</strong>-Analyse der Projektstrukturen<br />

(Zielgruppen, Materialien, Didaktik usw.)<br />

Untersuchung des Geschlechterverhältnisses<br />

(Daten Männer/Frauen, Arbeitsbereiche,<br />

Kompetenzen, Schwierigkeiten usw.)<br />

Sensibilisierung für Geschlechterrollen<br />

und -ungleichheiten<br />

Verknüpfung der projekteigenen Thematik<br />

mit Fragen der Chancengleichheit (z.B.:<br />

Wird die Identitätsfindung der Zielgruppe<br />

mit geschlechtsbewussten Ansätzen und<br />

Instrumenten gefördert?)<br />

Formulierung mindestens eines konkreten<br />

Ziels zur Verbesserung der Chancengleichheit<br />

Entwicklung von Handlungsoptionen und<br />

Strategien<br />

Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in den jeweiligen<br />

Institutionen<br />

Die Angebote des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Teilprojekts richteten sich analle Beteiligten<br />

–von der Ebene der strategischen Partner bis<br />

zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in<br />

der Praxis. Die wichtigsten Instrumente zur<br />

Begleitung der Projekte waren:<br />

Flying Experts: Sie standen mit ihrem<br />

<strong>Gender</strong>-Wissen und der nötigen „Feldkompetenz“<br />

(z.B. Jugendhilfe, Behindertenhilfe)<br />

den Teilprojekten und den Arbeitsgruppen<br />

zur Verfügung.<br />

Workshops: Sie wurden für verschiedene<br />

Ziele und Arbeitsebenen und für die<br />

Leitungsebene, für Beschäftigte und die<br />

Zielgruppen durchgeführt. Vermittelt wurden<br />

Informationen über <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>,<br />

<strong>Gender</strong>-Prozesse und die<br />

Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Inhalt<br />

waren die Erarbeitung von Zielen für die<br />

Teilprojekte sowie die Vorstellung der<br />

Ergebnisse in der Entwicklungspartnerschaft.<br />

<strong>Gender</strong>trainings: Sie waren Teil der Workshops<br />

zur Sensibilisierung für Geschlechterrollen.<br />

Aufgabe war die Geschlechterkategorien<br />

in Organisationen zu reflektieren<br />

und Handlungsoptionen aufzuzeigen.<br />

Themenspeicher: Er bietet die Möglichkeit,<br />

aufkommende Fragestellungen im Projekt<br />

zum <strong>Gender</strong>thema öffentlich zustellen.<br />

Die Themen wurden entweder im Rahmen<br />

der Arbeitsgruppen oder von Joker Workshops<br />

bearbeitet. Es bestand die<br />

Möglichkeit, Fragestellungen einzelner<br />

Träger zu kumulieren und sich Überblick<br />

über die <strong>Gender</strong>fragen in der Entwicklungspartnerschaft<br />

zuverschaffen.<br />

Joker Workshops: Aus dem Themenspeicher<br />

wurden aktuelle Themen und<br />

Fragestellungen aufgegriffen und in<br />

geeigneter Form (z. B. als Workshop) für<br />

die Kerngruppe und weitere Interessierte<br />

angeboten.<br />

„Was mich ammeisten fasziniert, ist selbst<br />

einen fremden Blick auf’s Alltagsgeschäft<br />

werfen zu können. Man ist so in seinem<br />

Alltag verstrickt und muss sehen, dass das<br />

Geschäft irgendwie läuft, oft unter Zeitdruck.<br />

Und diese Arbeitsgruppen sind für<br />

mich eine Auszeit, wo ich Muße habe über<br />

Dinge nachzudenken und Anregungen einfach<br />

aufzunehmen. Und zugucken: „Was<br />

ist der Alltag? Kann man da nicht doch<br />

etwas verändern?“ Man wird irgendwann<br />

einfach ein bisschen betriebsblind.“<br />

Petra Hanau, Lehrbauhof


Fazit<br />

Der kontinuierliche Einsatz der Flying Experts<br />

führte dazu, dass die Umsetzung des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Maßarbeit im Münsterland“ als<br />

Prozess und nicht als einmalige Aktion verstanden<br />

wurde. Die Verantwortlichen des<br />

Teilprojekts <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> wollten<br />

nicht ein eigenes, möglichst lupenreines,<br />

aber isoliertes „<strong>Gender</strong>-Projekt“ auf die Beine<br />

stellen und damit alle anderen Teilprojekte<br />

von der Auseinandersetzung mit Geschlechterfragen<br />

imkonkreten Alltag ihrer Maßnahme<br />

entlasten. Statt dessen wurde sich das<br />

ehrgeizige Ziel gesetzt, allen Teilprojekten<br />

maßgeschneiderte Umsetzungen des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> im Rahmen ihrer Projektaufgaben<br />

zu ermöglichen und damit ihre<br />

Praxis zu verbessern.<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

ist ein Prozess<br />

Kapitel 4.3<br />

51


52<br />

4.4 Strategien zur Umsetzung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> im Strafvollzug<br />

Renate Wielpütz<br />

„<strong>Gender</strong> im Strafvollzug? Frauen und Männer<br />

sitzen doch ingetrennten Knästen ...“ –dies<br />

ist einer von vielen, ähnlich lautenden<br />

Kommentaren, wenn es um <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

oder die <strong>Gender</strong>-Perspektive im<br />

Strafvollzug geht. Dass dieser –weltweit –<br />

Unterschiede zwischen Männern und Frauen,<br />

Benachteiligungen und Diskriminierungen<br />

wie kaum ein anderer gesellschaftlicher<br />

Bereich (re-)produziert, und dass gleichstellungspolitische,<br />

soziale, aber auch ökonomische<br />

Gründe dafür sprechen, die Unterschiede<br />

zur Kenntnis zu nehmen und Veränderungen<br />

einzuleiten, dringt kaum in die öffentliche<br />

Diskussion. Einige Daten und Fakten aus<br />

einem <strong>Gender</strong> Impact Assessment (GIA) 1<br />

zum Strafvollzug verdeutlichen dies:<br />

In Deutschland<br />

sind ca. 95,5% der Strafgefangenen männlich<br />

und 4,5% weiblich (weltweiter Frauenanteil:<br />

2-8%),<br />

gibt es nur fünf eigenständige Frauenvollzugsanstalten,<br />

die restlichen weiblichen<br />

Strafgefangenen sind in „Abteilungen“ des<br />

Männervollzugs untergebracht 2 ,<br />

begehen Frauen andere Straftaten (Eigentumsdelikte<br />

wie Diebstahl oder Betrug,<br />

Verstoß gegendas Betäubungsmittelgesetz,<br />

verhältnismäßig wenig Gewaltdelikte) als<br />

Männer. Als gefährlich gelten Delikte, bei<br />

denen das Opfer schwer oder tödlich verletzt<br />

wurde, Waffen im Spiel sind oder ein<br />

Schaden von mehr als 2.500 EUR entstanden<br />

ist. Gemessen an diesen Kriterien wurden<br />

schätzungsweise 90% der weiblichen<br />

Inhaftierten für Straftaten verurteilt, bei<br />

denen keine besondere Gefahr für die<br />

Gesellschaft bestand,<br />

sind Frauen im Schnitt viel weiter entfernt<br />

von ihren Angehörigen untergebracht, was<br />

Besuche und Kontakte erschwert,<br />

hat ein hoher Anteil der weiblichen Straf-<br />

gefangenen Gewalt- oder Mißbrauchserfahrungen,<br />

werden Frauen im Strafvollzug häufig<br />

noch mit Kochen, Waschen und Flicken<br />

beschäftigt, während die Männer in Werkstätten<br />

arbeiten. Damit können sich die<br />

Frauen kaum für eine Beschäftigung nach<br />

der Entlassung qualifizieren, zumal auch<br />

Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten<br />

unzureichend vorhanden sind.<br />

Dank der Gemeinschaftsinitiative <strong>EQUAL</strong><br />

wurde es möglich, Konzepte und Handlungsansätze<br />

zu entwickeln, die nicht nur den<br />

Frauen-Strafvollzug bzw. die Insassinnen<br />

durch positive Aktionen an Bildung, Berufsbildung<br />

oder Beschäftigung partizipieren lassen.<br />

Der Gleichstellungs-Doppelansatz –seit<br />

der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages<br />

im Europäischen Sozialfonds verpflichtend –<br />

hat Einzug gehalten in bisher nachhaltig<br />

männlich geprägte Strukturen, Perspektiven,<br />

Einstellungen und Haltungen und: erste zarte<br />

Spuren hinterlassen.<br />

Um mehr Chancengleichheit im Justizvollzug<br />

haben sich unter anderem drei Entwicklungspartnerschaften<br />

3 in den Nord-Ost-Bundesländern<br />

Berlin, Brandenburg, Bremen,<br />

Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-<br />

Vorpommern bemüht:<br />

e-LiS –e-Learning im Strafvollzug,<br />

1. <strong>EQUAL</strong>-Förderrunde (www.e-LiS.de),<br />

MEMBER –Medienkompetenz und Qualifizierungsbausteine<br />

in der Berufsvorbereitung<br />

(mit Teilprojekten im Strafvollzug),<br />

2. <strong>EQUAL</strong>-Förderrunde<br />

(www.berufsvorbereitung- medien.org),<br />

BABE –Bildung, Arbeit und berufliche<br />

Eingliederung im Nordverbund, 2. <strong>EQUAL</strong>-<br />

Förderrunde (www.wikiprison.de).


Für die drei hier dargestellten Entwicklungspartnerschaften<br />

galten/gelten gemeinsame<br />

Essentials für den Umsetzungsprozess von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> erfolgt<br />

Top-down durch das Management der<br />

Entwicklungspartnerschaften,<br />

auf der Basis von geschlechterdifferenzierten<br />

Daten und Fakten und deren Bewertung<br />

in den Aufgabenbereichen (soweit<br />

vorhanden),<br />

verankert inden Zielen und Aufgaben<br />

aller Ebenen und Beteiligten der Entwicklungspartnerschaften,<br />

integriert indie Organisations-, Qualitätsund<br />

Personalentwicklungs-Prozesse,<br />

durch <strong>Gender</strong>kompetenz-Entwicklung und<br />

Erweiterung der <strong>Gender</strong>-Handlungskompetenzen<br />

aller Beteiligten,<br />

mithilfe von Evaluations- und Controlling-<br />

Methoden und -Instrumenten zur Zielfindung,<br />

Steuerung, Bewertung und Verbesserung<br />

der Umsetzung.<br />

Die drei Entwicklungspartnerschaften verfolg(t)en<br />

ein gemeinsames Ziel: die Bildungsund<br />

Berufsbildungsstrukturen in den Justizvollzugsanstalten<br />

zu verändern und die<br />

Beschäftigungschancen der Inhaftierten zu<br />

verbessern, um Rückfallquoten zu minimieren<br />

und den Häftlingen nach ihrer Entlassung<br />

eine Reintegration in die Gesellschaft zu<br />

ermöglichen. Ein weiteres gemeinsames<br />

Anliegen war/ist es, die Situation von Frauen<br />

im Justizvollzug zu verbessern, da allen<br />

Beteiligten bewusst ist, dass weibliche Inhaftierte<br />

nicht zuletzt auf Grund ihres Anteils an<br />

der Gefangenenpopulation keinen gleichwertigen<br />

Zugang zu Bildung und Arbeit haben.<br />

Bei der Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

steht jedoch nicht nur die Kompensation<br />

von inder Vergangenheit entstandener<br />

Diskriminierung des Frauenvollzugs zur<br />

Debatte. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> stellt Fragen<br />

nach Unterschieden und Diskriminierungen<br />

bezogen auf das Gesamtsystem, seine Strukturen,<br />

seine Entscheidungsträgerinnen und<br />

-träger, den Ressourcen, wie z.B. den Zugang<br />

zu Bildung und Beschäftigung anstatt einer<br />

unnötigen Übersicherung –auch, wenn die<br />

Unterschiede einer kleinen im Vergleich zu<br />

einer großen Gruppe tangiert sind. Es geht<br />

aber auch umRollenstereotypen, Einstellun-<br />

gen, Haltungen und Handlungskompetenzen<br />

des Personals, das in der Lage sein muss,<br />

geschlechterdifferenziert zuarbeiten, und –<br />

last but not least –der Inhaftierten. Alle<br />

diese Ebenen wurden/werden in den drei<br />

Entwicklungspartnerschaften adressiert und<br />

hier beispielhaft dargestellt 4 .<br />

e-LiS –e-Learning im Strafvollzug<br />

Ziel und Strategie der 2005 beendeten<br />

Entwicklungspartnerschaft e-LiS war es,<br />

E-Learning im Strafvollzug von sechs nordostdeutschen<br />

Bundesländern einzuführen,<br />

um (Berufs-)Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen<br />

zu diversifizieren und zwar<br />

angepasst an die Situation, die Bedürfnisse<br />

und Vorerfahrungen der unterschiedlichen<br />

Strafgefangenen-Populationen (Männer,<br />

Frauen, Jugendliche). Die Umsetzung der<br />

Querschnittsaufgabe <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

sollte auf Basis der bei Antragstellung durchgeführten<br />

Bedarfsanalyse zur Situation von<br />

Männern und Frauen im Strafvollzug auf<br />

allen Ebenen und allen Arbeitsfeldern der<br />

Entwickungspartnerschaft erfolgen 5 .<br />

Zu Beginn der Aktivitäten wurden Sensibilisierungs-Workshops<br />

für die Steuerungsgruppe<br />

durchgeführt, um das Management,<br />

die Leitung der Teilprojekte, die Verantwortlichen<br />

für die Querschnittsaufgaben<br />

sowie strategische Partner aus den Justizverwaltungen<br />

mit dem Ansatz vertraut zu<br />

machen. Mit den Workshops wurde das Ziel<br />

verfolgt, <strong>Gender</strong>kompetenzen in den unterschiedlichen<br />

Handlungsfeldern zustärken. Zu<br />

<strong>Gender</strong>kompetenzen zählen die „basics“ der<br />

Theorie und Geschichte des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

ebenso wie das Wissen über<br />

Geschlechterverhältnisse, deren Niederschlag<br />

in gesellschaftlichen und Organisationsstrukturen<br />

sowie in den Einstellungen, Haltungen<br />

und Handlungen von Männern und Frauen.<br />

Dabei geht es z.B. um:<br />

die Klärung des gleichstellungspolitischen<br />

Doppelansatzes (Einführung in die Wurzeln/<br />

Geschichte der Gleichstellungspolitik/des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> (EU-Ebene) und<br />

positiver Aktionen), deren rechtliche<br />

Grundlagen (Amsterdamer Vertrag, Europäische<br />

Beschäftigungsstrategie) bis hin<br />

zur Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in <strong>EQUAL</strong>,<br />

<strong>Gender</strong>-Wissen bezogen auf die Bedarfs-<br />

Kapitel 4.4<br />

53


54<br />

analyse(n) der Entwicklungspartnerschaft/<br />

der Teilprojekte v.a. hinsichtlich der eingangs<br />

erwähnten Unterschiede zwischen<br />

männlichen und weiblichen Strafgefangenen<br />

und deren Auswirkungen,<br />

kommunikative <strong>Gender</strong>kompetenz<br />

(Verständnis für die Bedeutung von<br />

Sprache, Sexismus in der Sprache),<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz in Bildung, Ausbildung<br />

und Erwerbsarbeit.<br />

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />

Teilprojekte erfolgten im Anschluss an die<br />

Einführungsworkshops aufgabenbezogene<br />

Beratungen und zielgruppenspezifische<br />

Trainings. Diese Aktivitäten orientierten sich<br />

am jeweiligen Bedarf der Organisationen<br />

(der Justizvollzugsanstalten, Bildungsträger)<br />

und waren eingebettet in deren Ziele und<br />

Strategien. Hier ging es –jenach Teilprojektaufgabe<br />

–umOrganisations- und Personal-<br />

Entwicklung, um die <strong>Gender</strong>-Perspektive in<br />

der Konzeption und Didaktik von Bildungsmaßnahmen<br />

oder um Qualitätskriterien für<br />

gendersensibles E-Learning.<br />

Quelle: www.womansnews.org<br />

Beispiel JVAF Berlin:<br />

In dieser Organisation wurde <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Top-down und Bottum-up umgesetzt.<br />

Zu Beginn des Prozesses erfolgten<br />

separate Beratungen, Trainings und Workshops<br />

für das JVAF-Management und den<br />

Personalrat der Anstalt. Hier ging es sowohl<br />

um Organisations- als auch Personal-Entwicklungsfragen.<br />

Die Klärung der Frage nach gendergerechten<br />

Vollzugsabläufen stand dabei<br />

ebenso auf der Agenda wie die Rolle von<br />

männlichen Bediensteten im „feminisierten“<br />

Arbeitskontext Frauenvollzug. In einem weiteren<br />

Schritt wurden die an der Umsetzung<br />

des e-LiS-Teilprojekts beteiligten Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter in den Prozess einbezogen.<br />

Durch eine für die JVAF neue Personalentwicklungsmaßnahme<br />

wurden noch vor Start<br />

der Arbeit mit den Inhaftierten zwölf<br />

Beschäftigte imRahmen eines „training of<br />

trainers“ für Co-Training und Lernbegleitung<br />

in den Bereichen IT, Projektmanagement,<br />

Kommunikation, Didaktik und selbstorgani-


siertes Lernen qualifiziert. In diese Trainings<br />

und Beratungen wurde <strong>Gender</strong>kompetenz-<br />

Entwicklung integriert, indem alle Lernbereiche<br />

aus der Perspektive der Arbeit mit weiblichen<br />

Inhaftierten, deren biographische,<br />

soziale und Lern-Voraussetzungen reflektiert<br />

wurden. Explizite <strong>Gender</strong>kompetenz-Workshops<br />

dienten z.B. der Reflektion der eigenen<br />

und gesellschaftlich bedingten Geschlechterrollen<br />

und -Stereotypen, dem Verständnis für<br />

die Bedeutung von Sprache und Kommunikation<br />

mit den Insassinnen, der Berücksichtigung<br />

von Gleichstellungsfragen im Training.<br />

Durch diese Personalentwicklungsmaßnahme,<br />

die das Projekt über die gesamte Laufzeit<br />

begleitete und die Integration der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter in die Bildungsarbeit<br />

mit den Strafgefangenen ermöglichte,<br />

konnte Nachhaltigkeit in zweierlei Hinsicht<br />

erreicht werden: Schon im Laufe des e-LiS-<br />

Projektes führten die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter „IT-Freizeitkurse“ für Inhaftierte<br />

durch und wurden nach Beendigung der 1.<br />

<strong>EQUAL</strong>-Förderrunde in ein durch den Berliner<br />

<strong>ESF</strong> gefördertes Nachfolgeprojekt, „eniac –<br />

Medienkompetenzen für drogenabhängige<br />

Frauen im Strafvollzug“, eingebunden. Die<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz-Entwicklung wurde von<br />

den Beschäftigten als Erweiterung ihrer<br />

Handlungskompetenzen bezüglich der Arbeit<br />

mit den Insassinnen und deren vielschichtigen<br />

Problemlagen erlebt.<br />

Die <strong>Gender</strong>-Perspektive wurde auch indie<br />

unterschiedlichen Querschnitts-Aufgaben der<br />

Entwicklungspartnerschaft integriert. Während<br />

es bei der Evaluation der Entwicklungspartnerschaft<br />

umdie <strong>Gender</strong>-Perspektive im<br />

Untersuchungsdesign, in den Fragestellungen<br />

und Methoden ging, wurde im transnationalen<br />

Kontext dazu gearbeitet, wie die <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Strategie und –z.B. im UK<br />

eher gebräuchliche –Antidiskriminierungsoder<br />

Diversity-Ansätze miteinander korrespondieren.<br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Aktivitäten beinhalteten<br />

Trainings für das Leitungspersonal<br />

der Justizverwaltungen und Haftanstalten für<br />

Männer und Jugendliche sowie den Informationsaustausch<br />

mit der für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

zuständigen Mitarbeiterin im<br />

Bundesministerium für Justiz. Ein Arbeitsschwerpunkt<br />

auf Ebene der Entwicklungspartnerschaft<br />

war das „<strong>Gender</strong>-Screening“<br />

der jeweiligen Entwicklungsschritte der<br />

Lernplattform hinsichtlich technischer Um-<br />

setzung, Benutzerführung und Inhalt. Die<br />

technische und didaktische Entwicklung der<br />

Lernplattform wurde kontinuierlich analysiert,<br />

mit den Verantwortlichen diskutiert<br />

und in Form eines „living documents“ dokumentiert.<br />

MEMBER –Medienkompetenz und<br />

Qualifizierungsbausteine in der<br />

Berufsvorbereitung<br />

MEMBER verzahnt neun Teilprojekte, die in<br />

Brandenburg und Berlin mit Jugendlichen<br />

mit besonderem Förderbedarf –innerhalb<br />

und außerhalb des Strafvollzugs –arbeiten.<br />

Ziele sind die Herstellung von Chancengleichheit<br />

und die Verbesserung der Zugangswege<br />

der Jugendlichen beim Übergang von der<br />

Schule in die Ausbildung. Dazu werden auf<br />

Basis des neuen Fachkonzepts der Bundesagentur<br />

für Arbeit verschiedene berufsbezogene<br />

Qualifizierungskonzepte und Curricula<br />

für die Berufsvorbereitung entwickelt und<br />

erprobt sowie der Aufbau einer aufeinander<br />

abgestimmten und transparenten regionalen<br />

Förderstruktur unterstützt.<br />

Die <strong>Gender</strong>-Perspektive wurde in dieser Entwicklungspartnerschaft<br />

von Beginn an in alle<br />

Arbeitsschritte integriert, so auch indie<br />

Bedarfsanalysen der Entwicklungspartnerschaft<br />

und der Teilprojekte. Anhand eines<br />

Fragenleitfadens zu Aspekten und Ebenen<br />

vonpersonellen und organisatorischen Voraussetzungen/Bedingungen<br />

in den Aufgabenbereichen<br />

wurden <strong>Gender</strong>-Bestandsaufnahmen<br />

(GIA) mit den Teilprojekt- und den Verantwortlichen<br />

für die Querschnittsaufgaben der<br />

Entwicklungspartnerschaft geführt. Diese<br />

Gespräche dienten sowohl der Bestandsaufnahme<br />

gender-relevanter Daten und Fakten<br />

im Aufgabengebiet (als Voraussetzung für<br />

die Definition von <strong>Gender</strong>-Zielen, Meilensteinen<br />

und Umsetzungsstrategien), der<br />

Identifikation „weißer Flecken“ in quantitativer<br />

und qualitativer Hinsicht, als auch der<br />

Planung weiterer Schritte zur Umsetzung von<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>. Der Leitfaden, der<br />

entsprechend der jeweiligen Aufgabengebiete<br />

modifiziert wurde (und nicht als Checkliste<br />

zubetrachten ist), wurde nach ersten<br />

Sensibilisierungs-Workshops eingesetzt und<br />

diente der Vertiefung des Themas:<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

im Strafvollzug<br />

Kapitel 4.4<br />

55


56<br />

Persönliche Ebene<br />

Bisherige Berührungspunkte mit <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>?<br />

Bisherige Trainings, Sensibilisierung,<br />

Beratung? Wenn ja, in welchem Kontext,<br />

mit welchem Ergebnis? Erfahrungen mit<br />

„positiven Aktionen“? Erfahrungen mit<br />

anderen Formen von Gleichstellungsund/oder<br />

Chancengleichheitspolitik?<br />

Antidiskriminierungs- oder Anti-Bias-<br />

Arbeit 6 ?Diversity-Management?<br />

Interessen, Fragen/Fragestellungen,<br />

Wissensfragen zu <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>/<br />

<strong>Gender</strong>kompetenzen?<br />

Funktion der Person in der Organisation<br />

und im Teilprojekt?<br />

Organisationsebene<br />

Leitbild der Organisation: <strong>Gender</strong>-/<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>- oder Gleichstellungs-<br />

Themen verankert? Oder: Diversity-<br />

Management? Falls nicht im Leitbild verankert,<br />

anders sichtbar/erfahrbar? Wenn<br />

ja, wodurch? Wie werden die „Zielgruppen“<br />

der Organisation adressiert? Wie werden<br />

Dienstleistungen angeboten/vermarktet?<br />

Personal-Management: <strong>Gender</strong>-Perspektive<br />

bei Einstellungen? <strong>Gender</strong>-Perspektive in<br />

anderen Management-Funktionen?<br />

Gibt es Widerstände in der Organisation,<br />

sich mit dem Thema zu beschäftigen?<br />

Wenn ja, welche? (Einschätzung)<br />

Teilprojekt:<br />

Geschlechtsspezifische Daten (und weitere<br />

Differenzierungen) bezogen auf<br />

-Projektmanagement, Organisation, Durchführung,<br />

-Teilnehmende/ Kunden/Kundinnen,<br />

-Ziele, Maßnahmen und Methoden des<br />

Teilprojekts. An welchen Bedürfnissen der<br />

Zielgruppe(n) setzt das Teilprojekt an (Ziele,<br />

Maßnahmen, Methoden)?<br />

Thematische Bereiche des Teilprojekts, in<br />

denen <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> eine Rolle<br />

spielt<br />

Bestandsaufnahme nach geschlechtspezifischen<br />

Indikatoren vorhanden? Wenn<br />

nein, warum nicht?<br />

<strong>Gender</strong>-Dimensionen in den Bedürfnissen<br />

der Zielgruppen (s. oben)<br />

Welche Ebene vonFunktionen/ Zielgruppen<br />

etc. –z.B. Trainer/innen, Management,<br />

Zielgruppen mit besonderem<br />

Förderbedarf, Entscheider/innen im<br />

Kontext der Maßnahme?<br />

Materialien/Veröffentlichungen?<br />

<strong>Gender</strong>-Wissen<br />

<strong>Gender</strong>-Differenzen in den Lebensentwürfen<br />

von jungen Frauen und Männern des<br />

Teilprojekts?<br />

<strong>Gender</strong> in den Strukturen der Beruflichen<br />

Vorbereitung (BVB)?<br />

<strong>Gender</strong>-Gaps in der Schule, in Berufswahl<br />

und Ausbildung, im Zugang zu Jobs, im<br />

Erwerbsleben etc.?<br />

Bedarf/Bedürfnisse von jungen Frauen und<br />

Männern inder BVB?<br />

Bedarf/Bedürfnisse von jungen Frauen und<br />

Männern mit Migrationshintergrund,<br />

Behinderung, anderen potenziellen<br />

Diskriminierungsmerkmalen?<br />

Umsetzung/Struktur der BVB: Wo werden<br />

hier <strong>Gender</strong> Gaps gesehen?<br />

<strong>Gender</strong>kompetenzen im Teilprojekt<br />

Bestandsaufnahme aus <strong>Gender</strong>-Perspektive?<br />

Ziele, Planung, Umsetzung?<br />

Methoden?<br />

Controlling/Bewertung/Evaluation?<br />

Haltung/Einstellungen/Handlungskompetenzen<br />

bezogen auf die Beschäftigten im Teilprojekt<br />

Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen?<br />

Einsicht in die Veränderbarkeit/Gestaltbarkeit<br />

der Geschlechterverhältnisse?<br />

Auswirkungen auf das Aufgaben- und<br />

Handlungsfeld sichtbar?<br />

Ergebnisse der Bedarfsermittlung und weiteres<br />

Vorgehen<br />

Vereinbarungen für die weitere Arbeit<br />

Ziele (bereits definierbar?)<br />

Maßnahmen (Training, Sensibilisierung,<br />

Beratung)<br />

Weiteres Vorgehen, Terminabsprachen<br />

BABE –Bildung, Arbeit und berufliche<br />

Eingliederung im Nordverbund<br />

Diese sektorale Entwicklungspartnerschaft<br />

zielt –jenseits der Verbesserung der Arbeitsmarktchancen<br />

von Strafgefangenen mit<br />

besonderen Problemlagen (z.B. Insassen mit<br />

Langstrafen) durch die Entwicklung von gendersensiblen<br />

Kompetenz-Erfassungsverfahren,<br />

die Qualifizierung bis hin zur Produktentwicklung<br />

und -vermarktung durch Strafge-


fangene –auf Strukturveränderung im Strafvollzug<br />

durch Wissensmanagement und<br />

Vernetzung. Ein kooperativ mithilfe aller<br />

Entwicklungspartnerschaften und der transnationalen<br />

Partner betriebenes Wissensportal<br />

soll dazu führen, dass Erfahrungswissen<br />

zu relevanten Bereichen des Strafvollzugs<br />

zwischen den Akteuren ausgetauscht wird.<br />

Zu diesen Bereichen gehören auf der operativen<br />

Ebene z.B. Diagnose- und Beratungsmethoden,<br />

Bildungsplanung oder Berufsvorbereitung<br />

und Ausbildung, auf der strategischen<br />

Ebene etwa <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

oder kriminologische Politikberatung. Das<br />

Portal wird neben dem Faktenwissen vor<br />

allem auch komplexes Problemlösungs- und<br />

Prozesswissen enthalten. Die als partizipative<br />

Systementwicklung bezeichnete Methode<br />

bezieht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

in Entwicklung und Betrieb des Wissensportals<br />

ein und kann als „organizational memory“<br />

bezeichnet werden. Die unmittelbare Beteiligung<br />

an der Wissensentwicklung im Sinne<br />

eines Empowerment erhöht die Akzeptanz,<br />

die Anwendbarkeit und die Nützlichkeit des<br />

Wissens.<br />

In dieser Entwicklungspartnerschaft wird die<br />

<strong>Gender</strong>-<strong>Mainstreaming</strong>-Strategie vergleichbar<br />

mit den für e-LiS und MEMBER beschriebenen<br />

Ansätzen umgesetzt und eingebunden in die<br />

Organisations- und Personal-Entwicklung in<br />

den Justizvollzugsanstalten, die im Rahmen<br />

des Wissensmanagements stattfindet.<br />

<strong>Gender</strong>kompetenzen und -Wissen werden im<br />

Kontext der Wissensgenerierung und der<br />

Einführung von Wissensmanagement in den<br />

Anstalten thematisiert und vertieft. Auch die<br />

Entwicklung der Wissensmanagement-<br />

Plattform erfolgt gender-sensibel; dies betrifft<br />

die technische Umsetzung/Adaptation der<br />

Plattform ebenso wie die Benutzerführung<br />

und die Wissens-Generierung sowie die<br />

Dokumentation der Inhalte.<br />

Erste „Wirkungen“ der <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Aktivitäten verdeutlicht der Auszug aus dem<br />

Bericht eines Teilprojekts, in dem mit Männern<br />

mit langen Haftstrafen gearbeitet wird:<br />

„Im Dienstleistungsbereich „Reinigung“ sind<br />

überwiegend Frauen beschäftigt. Männliche<br />

Gefangene, die in dieses Berufsfeld integriert<br />

werden sollen, sind auf ihre Rolle in den<br />

Reinigungsteams vorzubereiten. Sie müssen<br />

lernen, die Gleichberechtigung aller Team-<br />

Mitglieder zu akzeptieren und ihr Handeln<br />

danach auszurichten. (…) Im Rahmen des<br />

Bewerbungstrainings müssen entsprechende<br />

Verhaltensproben bzw. Rollenspiele entwickelt<br />

und trainiert werden. Hilfreich wäre<br />

auch, wenn in dem Ausbildungsteam Frauen<br />

und Männer tätig sind, damit ein der Situation<br />

angemessenes Verhalten modellhaft vorgelebt<br />

werden kann.“ 7<br />

Anmerkungen<br />

1 <strong>Gender</strong> Impact Assessment wird mit „Gleichstellungs-<br />

verträglichkeitsprüfung“ übersetzt.<br />

2 Der Trennungsgrundsatz ist in diversen Konventionen<br />

und Strafvollzugs-Grundsätzen auf UN- und EU-Ebene<br />

ebenso wie das Diskriminierungsverbot auf Grund des<br />

Geschlechts festgehalten. Danach müssen Frauen<br />

entweder in eigenen Anstalten untergebracht werden<br />

oder zumindest deutlich räumlich getrennt von<br />

männlichen Gefangenen. Vgl. Frieder Dünkel u.a. (2005).<br />

3 Auch andere Entwicklungspartnerschaften (z.B. Mabis-<br />

net; http://www.mabis-net.de) haben sich imKontext der<br />

GI <strong>EQUAL</strong> mit der Thematik auseinandergesetzt.<br />

4 Beispielhaft bedeutet dies, dass für die drei Entwick-<br />

lungspartnerschaften die jeweils typischen Ansätze oder<br />

Entwicklungen im jeweiligen Kontext beschrieben wer-<br />

den, wodurch die Einbindung in die Ziele und Prozess-<br />

schritte oder wichtige Aspekte der Entwicklungspartner-<br />

schaften deutlich werden.<br />

5 Das <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in e-LiS wird hier ausführ-<br />

licher dargestellt als in den beiden Entwicklungspartner-<br />

schaften der 2. Förderrunde, da die Entwicklungspartner-<br />

schaft bereits beendet wurde.<br />

6 Mit dem Anti-Bias-Ansatz werden Vorurteile (englisch:<br />

bias) transparent gemacht und Schritte zueinem respekt-<br />

vollem Umgang miteinander eingeleitet.<br />

7 Teilprojekt „Anpassungsausbildung Gebäudereiniger“<br />

der Entwicklungspartnerschaft BABE (2005).<br />

Kapitel 4.4<br />

57


58<br />

4.5 <strong>Gender</strong>training als Einstieg in das <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

Erfahrungsbericht der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Regionales Tourismusnetzwerk Lausitz“<br />

Serena Junker, Jana Voigt<br />

Zu einer qualitätsvollen Entwicklung des<br />

Tourismus in der Lausitz beizutragen und<br />

neue Ideen, Geschäftsfelder und nachhaltige<br />

Ansätze zur Entwicklung des Tourismus in<br />

der Region mitzuentwickeln war Ziel der<br />

Entwicklungspartnerschaft „Regionales<br />

Tourismusnetzwerk Lausitz. Sächsisch-<br />

Brandenburgische Entwicklungspartnerschaft<br />

im Dreiländereck Deutschland –Polen –<br />

Tschechien“. Die Umsetzung erfolgte inacht<br />

Teilprojekten, in denen neue Organisationsformen<br />

im Tourismus (z.B. Gästeführerausbildung<br />

mit neuen regionalen Inhalten,<br />

Gästeführerring, Eventmanagement) entwickelt,<br />

neue Lernformen (z.B. Bildungscamps, Projektarbeit<br />

oder Teilzeit- und Homelearning)<br />

erprobt, Existenzgründungen im Tourismus<br />

unterstützt, Modellprojekte für einen innovativen<br />

und beschäftigungsorientierten<br />

Tourismus in der Region (z.B. Reittourismus)<br />

sowie einen barrierefreien und behinderten-<br />

gerechten Tourismus erarbeitet oder auch<br />

neue Technologien im Tourismus (z.B. virtuelle<br />

Führungen) eingesetzt wurden.<br />

Das Thema Tourismus hat per se eine genderbezogene<br />

Komponente, da der Tourismus als<br />

ein Wirtschaftszweig gilt, der stark frauenspezifisch<br />

ausgeprägt ist. 80% der Studierenden<br />

in tourismusrelevanten Studiengängen<br />

sind weiblich. Hotel- und Gaststättenberufe<br />

werden mit Ausnahme des Berufsbildes<br />

Koch/Köchin zu einem großen Anteil von<br />

weiblichen Arbeitnehmern erlernt und ausgeübt.<br />

Es finden sich imTourismus und dem<br />

ihm nahe stehenden Hotel- und Gaststättengewerbe<br />

überproportional prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

(Teilzeitarbeit, Mini- und<br />

Aushilfsjobs, Ungelernte oder Anlerntätigkeiten).<br />

Zudem findet Tourismus teilweise in<br />

Familienbetrieben statt, wo ein Großteil der<br />

Arbeit durch weibliche Familienmitglieder


geleistet wird. Der Tourismus weist also<br />

erhebliche geschlechterbezogene Ungleichgewichte<br />

auf, die allerdings nicht immer<br />

Benachteiligungen sein müssen, denn er bietet<br />

auch Chancen und Raum zum Experimentieren,<br />

gerade im Hinblick auf genderorientierte<br />

Ansätze.<br />

Die Entwicklungspartnerschaft ging in ihrem<br />

Entwicklungsansatz also nicht von einer reinen<br />

Frauenperspektive aus, sondern von der<br />

generellen These des <strong>Gender</strong>ungleichgewichts,<br />

wo das Pendel in Wirtschaftsbereichen wie<br />

dem Tourismus auch einmal in Richtung der<br />

Männer ausschlagen kann! Sie hat die<br />

Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> als<br />

Querschnittsaufgabe für alle Aktivitäten im<br />

Projekt definiert, denn <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

bedeutet im Ansatz eine systematische<br />

Einbeziehung des Themas Chancengleichheit<br />

zwischen Männern und Frauen bei der<br />

(Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung<br />

und Evaluation von Entscheidungsprozessen<br />

in allen Politik- und Arbeitsbereichen, insbesondere<br />

aber im Beschäftigungssystem, da<br />

hier die Ungleichgewichte imGeschlechterverhältnis<br />

am ausgeprägtesten sind und<br />

unmittelbaren Einfluss auf die wirtschaftliche<br />

und soziale Lage der Betroffenen haben.<br />

Die Entwicklungspartnerschaft „Regionales<br />

Tourismusnetzwerk Lausitz“ hat sich zur Aufgabe<br />

gemacht, mit ihren acht Teilprojekten<br />

die Dimension der Chancengleichheit von<br />

Frauen und Männern imHandlungsansatz<br />

und in ihrer eigenen Struktur zu berücksichtigen.<br />

Die Gleichstellungsbeauftragte im<br />

Konvent der Landräte mit Sitz in Kamenz für<br />

Sachsen und die Gleichstellungsbeauftragte<br />

des Landkreises Oberspreewald-Lausitz für<br />

Brandenburg gehörten zur Lenkungsgruppe<br />

der Entwicklungspartnerschaft und brachten<br />

ihre <strong>Gender</strong>kompetenz sowohl auf der strategischen<br />

als auch auf der operationellen<br />

Ebene ein. In einem gemeinsamen <strong>Gender</strong>training<br />

haben sich alle Teilprojekte und<br />

Akteure der Entwicklungspartnerschaft mit<br />

dem Thema vertraut gemacht und wurden<br />

für die Dimension der Chancengleichheit im<br />

Projekt aber auch inihrer täglichen Arbeit<br />

sensibilisiert.<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz durch Training:<br />

Der Weg ist das Ziel!<br />

Unter dieses Motto hat die Entwicklungspartnerschaft<br />

ihr <strong>Gender</strong>training 1 gestellt, um<br />

deutlich zumachen, dass ein solches Training<br />

nur ein Ausgangspunkt sein kann und damit<br />

nicht die Thematik <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

der Arbeit der Entwicklungspartnerschaft<br />

„abgehandelt“ ist. Es sollte vielmehr dazu<br />

beitragen, daß <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

sowohl auf der Ebene der Entwicklungspartnerschaft<br />

als auch auf der Ebene der Teilprojekte<br />

zueinem maßgeblichen Handlungsprinzip<br />

wird. Ziele des Trainings waren:<br />

Die Förderung der Sensibilisierung für<br />

Geschlechterfragen sowie eine Erweiterung<br />

der Fähigkeiten, des Wissens und des<br />

Bewusstseins über die unterschiedlichen<br />

Voraussetzungen und Rahmenbedingungen<br />

der Lebenswelten von Männern und<br />

Frauen.<br />

Die Sensibilisierung für die eigenen individuellen<br />

Handlungsmuster basierend auf<br />

eigenen Geschlechterrollen und damit die<br />

Förderung der kritischen Reflexion des<br />

eigenen Verhaltens.<br />

Die Sensibilisierung für die strukturellen,<br />

gesellschaftspolitischen und organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>.<br />

Die Sensibilisierung für die Notwendigkeit<br />

und Möglichkeit der Veränderung –<br />

sowohl des eigenen Verhaltens als auch<br />

der Ausgestaltung von fachlichen und<br />

strukturellen Rahmenbedingungen.<br />

Die Vermittlung von Handlungsorientierung<br />

zur Umsetzung der Gemeinschaftsaufgabe<br />

in den jeweils eigenen Arbeitsund<br />

Fachzusammenhang.<br />

Die Förderung der Dialogfähigkeit zwischen<br />

den Projektpartnern.<br />

Die Teilnehmerzusammensetzung entsprach<br />

einem gemischtgeschlechtlichen Verhältnis<br />

von zehn Frauen und neun Männern aus<br />

unterschiedlichen beruflichen Kontexten<br />

(Bildung, Beratung, Gleichstellung, Tourismus,<br />

Wissenschaft) mit unterschiedlichen<br />

Aufgaben in der Entwicklungspartnerschaft.<br />

So war die Lenkungsgruppe, die die Koordinierung<br />

der Entwicklungspartnerschaft zu<br />

verantworten hatte, nahezu komplett vertreten,<br />

ebenso die Teilprojektleiterinnen, die<br />

Evaluatoren sowie je nach Aufgabenstellung<br />

und Interesse auch die Projektmitarbeiter-<br />

Kapitel 4.5<br />

59


60<br />

Gruppenarbeit „Assoziationen“: Die „Frau“ Gruppenarbeit „Assoziationen“: Der „Mann“<br />

innen und Projektmitarbeiter. Dazu kamen<br />

Vertreterinnen und Vertreter der strategischen<br />

Partner sowie externe Interessenten.<br />

Das Training war für zwei Tage konzipiert,<br />

wobei der erste Tag der Sensibilisierung der<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie<br />

einem eher intuitiven und assoziativen<br />

Herangehen an die Thematik diente und der<br />

zweite Tag stärker theoretisch konzeptionell<br />

ausgestaltet war. Die Teilnehmenden hatten<br />

vor Beginn des Trainings ein besonderes<br />

Interesse an praktischen und theoretischen<br />

Hinweisen und Hilfen zu einer genderorientierten<br />

Projektgestaltung geäußert, gerade<br />

auch inProjekten mit Bezug zur regionalen<br />

Entwicklung, und es wurde mit den Trainerinnen<br />

im Vorfeld des Trainings vereinbart,<br />

dass in einem handlungsorientierten Teil des<br />

Trainings auch praktische Beispiele gegeben<br />

und übungshalber einige Projekte der<br />

Entwicklungspartnerschaft „gegendert“ werden.<br />

Das Training wurde ergänzt durch<br />

Materialien und Leitfäden zur Verankerung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in verschiedenen<br />

Zusammenhängen 2 sowie durch eine Auswertung<br />

und Dokumentation des Trainings,<br />

die in schriftlicher Form allen Teilnehmenden<br />

nach Abschluss des Trainings zur Verfügung<br />

gestellt wurde 3 .<br />

Sensibilisierungsphase (1. Tag)<br />

Im Mittelpunkt stand, biografische und individuelle<br />

Elemente, eigene Rollenbilder und<br />

Verhaltensweisen, unterschiedliche Lebensplanungen<br />

von Männern und Frauen sowie<br />

gesellschaftliche Rollenzuteilungen unter<br />

anderem durch Gruppenarbeiten und<br />

Rollenspiele zu verdeutlichen. Die Teilnehmenden<br />

sollten insbesondere für Benachteiligungen<br />

sensibilisiert und dazu motiviert<br />

werden, sich mit dem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen.


Das Training begann mit einer Vorstellungsrunde,<br />

in der die Teilnehmenden dazu aufgefordert<br />

waren, Biographisches zur eigenen<br />

Person, Informationen zum beruflichen<br />

Kontext, zu ihrer persönlichen Motivation<br />

und ihren Erwartungen an das Training sowie<br />

zum Wissen um und den Erfahrungen mit<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> zu berichten. Es zeigte<br />

sich, dass ein Großteil der Teilnehmenden<br />

des Trainings bislang noch wenig oder gar<br />

keine beruflichen Erfahrungen in Zusammenhang<br />

mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

machen konnten, der Thematik jedoch offen<br />

und mit Neugier gegenüber standen. Eine<br />

Ausnahme bildeten die „hauptamtlichen“<br />

Gleichstellungsbeauftragten der beiden<br />

Gebietsvertretungen für die Entwicklungspartnerschaft<br />

sowie einige Mitwirkende der<br />

Entwicklungspartnerschaft, die sich inanderen<br />

Zusammenhängen schon mit der Thematik<br />

beschäftigt hatten.<br />

Auf der anderen Seite standen auch skeptische<br />

Meinungen, die<br />

entweder eine besondere geschlechtliche<br />

gesellschaftliche Benachteiligung verneinten:<br />

–„Benachteiligung trifft doch vielfältigere<br />

Gruppen als nur Mann und Frau. Das<br />

kann man doch nicht nur auf diese<br />

Gruppen runterbrechen.“<br />

–„Wirklich benachteiligt sind doch die<br />

Menschen in der 3. Welt.“<br />

dem Konzept des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

an sich mit Skepsis begegneten:<br />

„Für mich ist von Interesse, ob <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> nur ein Zauberwort ist<br />

oder ob wirklich etwas dahintersteckt“,<br />

oder auch eher die traditionelle Rollenverteilung<br />

der Geschlechter befürworteten:<br />

–„Ich bin eigentlich gegen eine solche<br />

Hervorhebung von Unterschieden zwischen<br />

Frauen und Männern. Bei dem<br />

Ganzen sollte nicht vergessen werden,<br />

dass auch die Familie eine Rolle spielt.“<br />

– „Es ist normal, dass Frauen am<br />

Kochtopf und nicht in Arbeit zu finden<br />

sind. …„das liegt doch an der Wirtschaft<br />

hier. Regionalspezifisch sind doch kaum<br />

Entwicklungschancen für Frauen hier.“<br />

–„Frauenvereine existieren doch schon<br />

genug“.<br />

In einigen Meinungen kam zudem zum<br />

Ausdruck, daß die Gleichberechtigung, mit<br />

der der Begriff des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

assoziiert wurde, in der ehemaligen DDR<br />

weiter fortgeschritten gewesen sei als im<br />

westlichen Teil Deutschlands und daher von<br />

anderen Voraussetzungen auszugehen sei:<br />

„Geschlechtspezifische Probleme haben sich<br />

doch erst mit der Wende herauskristallisiert“.<br />

Gruppenarbeit „Assoziationen“<br />

In einer ersten „aktiven“ Übung zur Sensibilisierung<br />

für geschlechtliche Zuschreibungen<br />

erhielten die Teilnehmenden den Arbeitsauftrag,<br />

die Kontur eines weiblichen oder<br />

männlichen Teilnehmers zu zeichnen und<br />

nachfolgend gemeinsam typisch weibliche<br />

bzw. männliche Assoziationen, Rollen,<br />

Charaktere und Fähigkeiten zuzuordnen.<br />

Dazu wurden vier gemischtgeschlechtliche<br />

Kleingruppen gebildet, wobei zwei der markantesten<br />

Ergebnisse hier abgebildet sind.<br />

Die Abbildungen (vgl. S. 60) verdeutlichen<br />

die Assoziationen, die in der Gesellschaft<br />

häufig mit den unterschiedlichen Rollenbildern<br />

der Geschlechter verbunden sind. Der<br />

Mann in seiner Rolle funktioniert, maschinengleich,<br />

in einem Fließschema, verfügt aber<br />

auch über die Symbole und Zuschreibungen<br />

gesellschaftlicher Macht und Erfolgs, während<br />

der Frau vielfältigere, oft gefühlsbetonte<br />

Eigenschaften zugesprochen werden.<br />

Rollenspiel „Deridianer“<br />

Ein weiteres Sensibilisierungselement stellte<br />

das Rollenspiel „Deridianer“ dar, inwelchem<br />

zwei Kulturen/Gesellschaften simuliert wurden,<br />

deren Zusammenleben durch unterschiedliche<br />

Absichten, Ziele und soziale<br />

Regeln bedingt ist. Die Spielerinnen und<br />

Spieler teilten sich hierbei selbständig und<br />

gemischtgeschlechtlich auf die beiden<br />

Kulturen („Internationale Expertinnen und<br />

Experten“ und „Deridianer“) sowie in zu je<br />

zwei Personen bestehende Beobachterteams<br />

auf und studierten ihr kulturspezifisches<br />

Verhalten in zwei getrennten Räumen mit<br />

Hilfe von Spielanleitungen ein. Wichtig war<br />

dabei, dass sie über keine Informationen zur<br />

jeweils anderen Gruppe verfügten. Ziel der<br />

Expertinnengruppe sollte essein, den<br />

Deridianern beizubringen, wie man eine<br />

Brücke bauen kann. Die Besonderheit des<br />

Rollenspiels lag darin, dass auf Grund der<br />

sehr großen Unterschiede im gespielten kulturspezifischen<br />

Verhalten die Kommunikation<br />

zwischen Deridianern und der „Expertengruppe“,<br />

die den Bau der Brücke unterstützen<br />

sollte, sehr erschwert war. Insofern steht<br />

Instrumente<br />

zur<br />

Sensibilisierung<br />

Kapitel 4.5<br />

61


62<br />

dieses Spiel in etwas überspitzter Form auch<br />

für das Kommunikationsverhalten zwischen<br />

den Geschlechtern. Weil Worte und Gestiken<br />

unterschiedlich interpretiert und gedeutet<br />

werden, kommt es zu Misserständnissen.<br />

Ein Großteil des Aufeinandertreffens in diesem<br />

Spiel wurde sehr emotional erlebt,<br />

wenngleich die Brücke am Ende gebaut war!<br />

Nach der Durchführung des Spiels wurden<br />

die erlebten Gefühle, Erfahrungen und<br />

Eindrücke in den Einzelgruppen sowie im<br />

Plenum mit Hilfe einiger Leitfragen ausgewertet.<br />

Die Missverständnisse und<br />

Unsicherheiten, die die Benutzung unterschiedlicher<br />

Gesten und Begriffe mit sich<br />

brachte, wurden zum Gegenstand der<br />

Spielauswertung. Thematisiert wurden insbesondere<br />

die Schwierigkeiten im Umgang mit<br />

der anderen Kultur sowie Reaktionen,<br />

Erkenntnisse und Einsichten der Spielenden.<br />

Theoretischer Teil (2. Tag, Vormittag)<br />

Im Vordergrund der ersten Hälfte des zweiten<br />

Trainingstages standen politische, sozialpolitische,<br />

wirtschaftspolitische Aspekte und<br />

gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> sowie Inputs zu frauenpolitischen<br />

und genderspezifischen Fragestellungen.<br />

<strong>Gender</strong>orientierte Projektplanung,<br />

Projektentwicklung und -evaluierung stellte<br />

den Themenschwerpunkt eines handlungsorientierten<br />

Trainingsabschnitts dar, der<br />

ebenfalls intensiv behandelt wurde.<br />

<strong>Gender</strong>orientierte Projektgestaltung in<br />

einem regionalen Kontext<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist ein Instrument zur<br />

Umsetzung von Geschlechterdemokratie,<br />

indem die Frage von Chancengleichheit von<br />

Frauen und Männern systematisch inalle<br />

Politik- und Arbeitsbereiche integriert wird.<br />

Dies bedeutet auch, dass die Möglichkeiten<br />

der Chancengleichheitsförderung durch<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> vom jeweiligen<br />

Kontext bestimmt sind. Während etwa der<br />

rechtliche, wirtschafts-, beschäftigungs- und<br />

sozialpolitische Rahmen in Deutschland auf<br />

Bundesebene gestaltet wird, werden die alltäglichen<br />

Lebensbedingungen von Frauen<br />

und Männern auf regionaler Ebene entscheidend<br />

geprägt und können aber auch unmittelbarer<br />

beeinflusst werden. Maßgeblich sind<br />

hier die Bildungs- und Beschäftigungsmög-<br />

lichkeiten für Frauen und Männer, der Zugang<br />

zu Dienstleistungsangeboten sowie die Infrastrukturen<br />

des täglichen Lebens und des<br />

sozialen Bedarfs.<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in einem regionalen<br />

Entwicklungszusammenhang bedeutet, eine<br />

geschlechtssensible Perspektive inalle bisherigen<br />

und zukünftigen Programme und<br />

Aktivitäten zu integrieren. Zur Umsetzung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> stellen sich prozessorientierte<br />

und ergebnisorientierte<br />

Fragen. Zum einen ist zu überlegen, wie die<br />

Planung, Durchführung und Evaluierung von<br />

Programmen und Maßnahmen nach <strong>Mainstreaming</strong>prinzipien<br />

zu gestalten ist und<br />

andererseits wie Umsetzungs- und Entscheidungsstrukturen<br />

zu organisieren sind.<br />

Bestehende Konzepte müssen überdacht,<br />

neue Ansätze und Fragen aufgenommen<br />

sowie jene Bereiche in den Blickpunkt gestellt<br />

werden, die für Fragen der Chancengleichheit<br />

besonders relevant sind. Wo werden<br />

beispielsweise Verantwortlichkeiten verankert<br />

oder mit welchen Funktionen und<br />

Kompetenzen werden <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

Beauftragte ausgestattet? Welches Ziel wird<br />

mit <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> verfolgt? Welche<br />

Ergebnisse werden angestrebt? Was heißt<br />

Chancengleichheit und wie wird das Leitziel<br />

in konkrete und überprüfbare Teilziele umgesetzt?<br />

Wie und mit welchen Maßnahmen<br />

können die angestrebten Ziele erreicht werden?<br />

Wer sind die Akteure und wer sind die<br />

Zielgruppen? Wichtig ist also, den institutionellen<br />

Rahmen zu betrachten, in dem<br />

Regionalentwicklung stattfindet.<br />

Für die Umsetzung von<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

sind bestimmte Voraussetzungen notwendig: 3<br />

Politischer Wille<br />

Die Verpflichtung zur Umsetzung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> und zum Ziel der Chancengleichheit<br />

auf hoher politischer und administrativer<br />

Ebene ist eine elementare Voraussetzung.<br />

Es bedarf einer verbindlichen und<br />

konkreten Zielformulierung und einer klaren<br />

Prioritätensetzung. Geschlechterdemokratie<br />

bzw. die Anwendung des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>prinzips<br />

muss als Leitbild fest verankert<br />

sein. Die Verantwortung für den gesamten<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> Prozess einer Organisation<br />

oder Institution muss also an der<br />

Spitze einer Organisation angesiedelt sein.<br />

Ohne dass die Spitzen die Veränderung von


Entscheidungsprozessen in ihrer Organisation<br />

im Sinne des <strong>Gender</strong>-Aspektes befürworten<br />

und unterstützen, wird ein solcher<br />

Prozess nicht funktionieren. Es handelt sich<br />

also um eine klassische Top-down-Strategie.<br />

Ressourcen<br />

Die Willenserklärung und Zielsetzung muss<br />

mit der Bereitstellung von finanziellen und<br />

personellen Ressourcen für die Implementierung<br />

und Umsetzung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> verbunden sein.<br />

Wissen<br />

Voraussetzung für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> ist<br />

das Wissen über Strukturen und Mechanismen<br />

geschlechtsspezifischer Ungleichheit<br />

gepaart mit dem Fachwissen aus dem jeweiligen<br />

Bereich. Die Entwicklung von <strong>Gender</strong>kompetenz<br />

bei Führungskräften, Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern kann durch die<br />

Bereitstellung von <strong>Gender</strong>beratung, <strong>Gender</strong>coaching<br />

und <strong>Gender</strong>trainings unterstützt<br />

werden. Neben der Zuständigkeit einer jeden<br />

Fachfrau und eines jeden Fachmanns für die<br />

Geschlechterpolitik hat sich inder Praxis die<br />

Einrichtung von <strong>Gender</strong>-Beauftragten und<br />

gegebenenfalls Fachressorts für Geschlechterpolitik<br />

als günstig erwiesen. Sie haben die<br />

Aufgaben der Koordinierung und Beratung<br />

und unterstützen die Umsetzung der<br />

Geschlechteraspekte indie Praxis 4 .<br />

Handlungsorientierter Teil (2. Tag,<br />

Nachmittag)<br />

Den Abschluss des <strong>Gender</strong>trainings bildete<br />

ein handlungsorientierter Arbeitsteil, innerhalb<br />

dessen die Umsetzung genderspezifischer<br />

Fragestellungen in die eigene Arbeitsund<br />

Projektpraxis praktisch erprobt werden<br />

konnte. Aufgabenstellung für die insgesamt<br />

fünf eingesetzten Arbeitsteams war es,<br />

jeweils ein Projekt der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Regionales Tourismusnetzwerk<br />

Lausitz“ zu gendern. Die Gruppenarbeiten<br />

sollten dabei durch die folgenden Schwerpunkte<br />

geprägt sein:<br />

Definition von Thema und Zielstellung,<br />

Analyse der Thematik nach dem „Vier-R-<br />

Konzept“,<br />

Aufstellung eines Zeit- und Arbeitsplans,<br />

Erschließung der Akteure,<br />

Finden von Bündnis- und Kooperationspartnern,<br />

Einbettung in die Entwicklungspartnerschaft,<br />

Überprüfung der Zielerreichung.<br />

Beispiel Qualifizierung und Arbeit von Jugendlichen im Tourismussektor in der Lausitz<br />

Kapitel 4.5<br />

63


64<br />

Mit dem „4R-Konzept“ (vgl. hierzu Kapitel 7)<br />

erhielten die Teilnehmenden eine Handreichung<br />

für eine systematische Vorgehensweise<br />

zur Erhebung von Informationen und<br />

zur Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

ihren Projekten, die sie im Training an einem<br />

Beispiel erprobten. Die Methode beinhaltet<br />

gleichzeitig ein starkes aktivierendes Potenzial,<br />

da die Akteure selbst in die Untersuchung<br />

einbezogen werden und sich aktiv mit der<br />

Frage der Chancengleichheit im eigenen<br />

Wirkungsbereich auseinandersetzen. Ein<br />

Beispiel aus den Ergebnissen der Gruppenarbeit<br />

zeigt, dass diese Methode es ermöglicht,<br />

bei der Planung und Entwicklung der<br />

Projekte auf eine geschlechtssensible Gestaltung<br />

und auf gleiche Zugangs- und Teilhabechancen<br />

von Frauen und Männern zuachten<br />

und mögliche geschlechtsspezifische Wirkungen<br />

vorab abzuschätzen, um so sicherzustellen,<br />

dass Frauen und Männer gleich inund<br />

von den Projekten profitieren (vgl. Abb. S. 63).<br />

Dieser handlungsorientierte Arbeitsabschnitt<br />

endete mit konkreten Formulierungen von<br />

Selbstverpflichtungen, Arbeitsaufträgen oder<br />

Projektkonzepten, welche die Zukunft der<br />

Entwicklungspartnerschaft bestimmen sollen.<br />

Resümee<br />

Ziel des <strong>Gender</strong>trainings der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Regionales Tourismusnetzwerk<br />

Lausitz“ war es, die <strong>Gender</strong>kompetenzen<br />

seiner Mitglieder zu entwickeln und zu<br />

erweitern, um so Geschlechterdemokratie<br />

und Chancengleichheit langfristig in die<br />

Gemeinschaftsaufgabe zu implementieren.<br />

Mit den in das <strong>Gender</strong>training integrierten<br />

Sensibilisierungselementen, theoretischen<br />

Inputs und handlungsorientierten Aspekten<br />

wurden die Mitglieder der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Regionales Tourismusnetzwerk<br />

Lausitz“ dazu motiviert, eigene<br />

Geschlechterrollen und Geschlechterrollenbilder<br />

sowie das Verhältnis der Geschlechter<br />

in der projektbezogenen Zusammenarbeit zu<br />

reflektieren. Methodisch kamen hierbei vor<br />

allem Perspektivenwechsel, Rollenspiel,<br />

<strong>Gender</strong>dialog und handlungsorientierte<br />

Arbeitsaufgaben zum Einsatz, wobei das<br />

Arbeiten als gemeinsames <strong>Gender</strong>team einen<br />

grundlegenden Bestandteil der Methodik<br />

darstellte.<br />

In der Arbeit der Entwicklungspartnerschaft<br />

hat das Training sowohl bei den strategischen<br />

Partnern und in der Lenkungsgruppe als auch<br />

in den Teilprojekten dazu beigetragen, dass<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> zu einem maßgeblichen<br />

Handlungsziel in der praktischen<br />

Umsetzung wurde. Als Beispiele seien<br />

genannt:<br />

Teilprojekt WOQUFLEX: flexibles Ausbildungsmodell<br />

für auf dem Arbeitsmarkt<br />

benachteiligte Frauen, mit Elementen des<br />

Homelearning (Einrichten eines PC-Arbeitsplatzes<br />

bei den Teilnehmerinnen zu Hause<br />

einschließlich kostenlosem Internetzugang,<br />

flexibler Kinderbetreuung, betrieblichen<br />

Praktika, Übungsfirma u.ä.)<br />

Teilprojekt EVA –Existenzgründerinnen im<br />

Tourismus: aktive Begleitung von Frauen<br />

auf dem Weg indie Selbständigkeit. Im<br />

Verlauf des Projekts wurden acht Existenzgründerinnen<br />

zur Teilnahme gewonnen<br />

und während ihrer Existenzgründung<br />

betreut. Der <strong>Gender</strong>gedanke war ein<br />

immanenter Bestandteil des Projekts, weit<br />

über die Tatsache hinaus, dass alle Teilnehmerinnen<br />

Frauen waren. Es haben sich<br />

letztendlich fünf Unternehmen mit teils<br />

sehr innovativen Konzepten gegründet<br />

und so den Tourismus in der Region mit<br />

befruchtet und Praxisbeispiele für neue<br />

Unternehmensgründungen in diesem<br />

Bereich gegeben.<br />

In den anderen Teilprojekten war die <strong>Gender</strong>perspektive<br />

auch immer Leitgedanke, was<br />

sich sowohl in einem ausgewogenen<br />

Teilnehmerverhältnis (auch inRichtung<br />

männlicher Teilnehmer!), in innovativen<br />

Konzepten zur Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf, in der Integration von Teilnehmenden<br />

mit doppelter Benachteiligung (Barrierefreier<br />

Tourismus) sowie in der Erprobung neuer, flexibler<br />

Qualifizierungsangebote (möglichst<br />

mit anerkannten Abschlüssen) und Vermittlungswege<br />

inden Arbeitsmarkt äußerte.<br />

In den Leitungsgremien der Entwicklungspartnerschaft<br />

schließlich, bei den strategischen<br />

Partnern, der Lenkungsgruppe, der<br />

Koordinierung sowie der Arbeitsgruppe der<br />

Teilprojekte war der <strong>Gender</strong>gedanke ebenso<br />

handlungsleitendes Prinzip, sei es bei der<br />

ausgewogenen Besetzung der einzelnen<br />

Aufgaben, sei es bei der Begleitung der<br />

Arbeit der Entwicklungspartnerschaft oder<br />

auch bei der Evaluierung und Auswertung.


Anmerkungen<br />

1 Vgl. Voigt (2003), S. 13<br />

2 Vgl. ebenda, S. 45ff.<br />

–Erhebungsbogen für betriebliche Daten mit Bezug zur<br />

Gleichstellung,<br />

–Leitfaden zur Entwicklung von Projekten:<br />

Geschlechtssensible Gestaltung,<br />

–Leitfaden zur Entwicklung von Projekten:<br />

Geschlechtsspezifische Wirkungen,<br />

–Leitfaden zur Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

Programmen,<br />

–Leitfaden zur Verankerung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

bei Projektträgern,<br />

–Leitfaden zur Verankerung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in Institutionen.<br />

3 Vgl. Geschwandtner, Ulrike/ Buchinger, Birgit (2002)<br />

4 Vgl. Voigt (2003), S. 14.<br />

<strong>Gender</strong>sensible<br />

Projektkonzepte<br />

und<br />

Personalpolitik<br />

Kapitel 4.5<br />

65


66<br />

5 Halbzeit! –Ausgewählte Ergebnisse zu<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> und Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern in<br />

der 1. Förderrunde der GI <strong>EQUAL</strong><br />

Henriette Meseke, Benno Savioli<br />

Der vorliegende Beitrag stellt ausgewählte<br />

Ergebnisse der <strong>EQUAL</strong>-Programmevaluierung<br />

aus den Jahren 2003 bis 2005 in Hinblick auf<br />

die Umsetzung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

und der Chancengleichheit zwischen den<br />

Geschlechtern vor. Der Beitrag umfasst drei<br />

Hauptaspekte:<br />

Begriffsverständnis<br />

Köpfe, Geld, Geschlecht und Themen –<br />

Aspekte des physischen und finanziellen<br />

Verlaufs<br />

Entwicklungsschritte gendersensibler<br />

Innovationen<br />

Die beiden inhaltlichen Aspekte enthalten<br />

aus Sicht der <strong>EQUAL</strong>-Programmevaluation<br />

wichtige Fragestellungen, anhand derer sich<br />

–unter dem <strong>Gender</strong>-Fokus –Fortschritt oder<br />

Stillstand, aber auch kritische Merkmale<br />

nachvollziehen bzw. darstellen lassen. Für<br />

die 1. Förderrunde der GI <strong>EQUAL</strong> liegen zu<br />

diesen Merkmalen entsprechende Ergebnisse<br />

der Programmevaluation vor. Für deren<br />

Bewertung spielen allerdings die jeweiligen<br />

Rahmenbedingungen sowohl auf Programmebene<br />

als auch auf Ebene der Entwicklungspartnerschaften<br />

und Teilprojekte eine entscheidende<br />

Rolle. Da eine solche differenzierte<br />

Analyse auf Entwicklungspartnerschaft-<br />

Ebene den Rahmen der Programmevaluation<br />

übersteigt, werden im Folgenden keine<br />

Entwicklungspartnerschaften oder Teilprojekte<br />

inForm einer Good-practice- Darstellung<br />

hervorgehoben. Statt dessen sollen verallgemeinerbare<br />

Ergebnisse zur Verfügung<br />

gestellt werden, um die fachliche Auseinandersetzung<br />

zu unterstützen.<br />

1. Begriffsverständnis<br />

Dem Artikel liegt folgende Definition der<br />

Begriffe zugrunde:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> wird als übergeordnetes<br />

Struktur- und Steuerungsprinzip<br />

verstanden, welches als politische Strategie<br />

im Wesentlichen auf die gleichstellungsorientierte<br />

Veränderung von Strukturen,<br />

Verfahren, Organisationen oder<br />

Prozesse abzielt.<br />

Die Chancengleichheit von Frauen und<br />

Männern zielt auf der Wirkungsebene darauf<br />

ab, durch Interventionen (z.B. in<br />

arbeitsmarktpolitischen Programmen)<br />

einen direkten Einfluss auf die Verbesserung<br />

der von Diskriminierung betroffenen<br />

Personen zu bewirken. Diese analysierte<br />

Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt<br />

weist Frauen als das Geschlecht aus, welches<br />

massiv von Benachteiligung betroffen<br />

ist.<br />

Um diese „Lücke“ zuschließen, ist die spezifische<br />

Frauenförderung als elementarer<br />

Bestandteil sowohl der <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Strategie<br />

als auch der Zielsetzung<br />

Chancengleichheit fortzuführen und ggf.<br />

zu verstärken. 1<br />

2. Köpfe, Geld, Geschlecht und<br />

Themen –der physische und<br />

finanzielle Verlauf<br />

Gemessen an der Zielmarke, dass in <strong>EQUAL</strong><br />

gemäß PGI zumindest 50% der Teilnehmenden<br />

weiblich sein sollten, kann das Programm<br />

als erfolgreich bezeichnet werden: 54% der<br />

geförderten Personen in der 1. Förderrunde<br />

waren Frauen. Auch in finanzieller Hinsicht<br />

kann eine positive Bilanz gezogen werden:<br />

Die Pro-Kopf-Ausgaben liegen ebenfalls bei


54% für Frauen im Programmdurchschnitt 2 .<br />

Auch im Vergleich mit den <strong>ESF</strong>-Regelprogrammen,<br />

die bereits bei der Bestimmung<br />

der anzustrebenden Frauenquote einen typischen,<br />

geschlechterspezifischen Bias beinhalten<br />

3 ,ist für <strong>EQUAL</strong> sowohl bezüglich der<br />

Programmplanung als auch hinsichtlich der<br />

Ergebnisse eine gute Bilanz zu ziehen.<br />

Wie setzt sich dieses Ergebnis zusammen?<br />

Immerhin fünf der neun thematischen<br />

Schwerpunkte in<strong>EQUAL</strong> tragen zu dem<br />

guten Ergebnis bei (vgl. Tabelle):<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

Abbau geschlechtsspezifischer<br />

Diskrepanzen<br />

Gründungsunterstützung<br />

Sozialwirtschaft<br />

Bekämpfung des Rassismus<br />

Der mit Abstand gewichtigste Schwerpunkt<br />

Beschäftigungsfähigkeit stabilisiert mit<br />

50,1% Frauenanteil das positive Ergebnis.<br />

Frauenanteil in den thematischen<br />

Schwerpunkten von <strong>EQUAL</strong><br />

Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf<br />

Abbau geschlechtsspezifischer<br />

Diskrepanzen<br />

91,0%<br />

85,5%<br />

Gründungsunterstützung 63,0%<br />

Sozialwirtschaft 57,6%<br />

Bekämpfung des<br />

Rassismus<br />

56,5%<br />

Beschäftigungsfähigkeit 50,1%<br />

Lebenslanges Lernen 46,8%<br />

Wandel IT 45,1%<br />

Asylsuchende 36,0%<br />

Die folgenden thematischen Schwerpunkte<br />

haben einen unterdurchschnittlichen Anteil<br />

an Frauen im Vergleich zum Programmdurchschnitt:<br />

Lebenslanges Lernen<br />

Wandel IT<br />

Asylsuchende<br />

Die erstgenannten fünf thematischen<br />

Schwerpunkte tragen also im wesentlichen<br />

zu dem guten quantitativen Gesamtergebnis<br />

bei. Hervorzuheben ist dabei die Gründungsunterstützung,<br />

weil sich hieran exemplarisch<br />

die positive Wirkung von <strong>EQUAL</strong> im Sinne der<br />

Chancengleichheit zeigen lässt: Das Verhältnis<br />

geförderter Frauen und Männer im<br />

Bereich Existenzgründung allgemein verhält<br />

sich imBundesdurchschnitt genau umgekehrt.<br />

Während der finanziell gewichtige Schwerpunkt<br />

„Beschäftigungsfähigkeit“ mit 50,1%<br />

Frauenanteil dem PGI-Maßstab noch genügt,<br />

zeigen die übrigen Programmschwerpunkte,<br />

hier vor allem der auf zukunftsträchtige<br />

Berufe ausgerichtete Schwerpunkt „Wandel<br />

IT“, schlechtere Ergebnisse.<br />

Der Bereich „Asyl“ zeigt den geringsten<br />

Frauenanteil (36%). Ob dieser Anteil dem<br />

frauenspezifischen Anteil innerhalb der<br />

Asylsuchenden entspricht, ist allerdings kaum<br />

gesichert zuüberprüfen, da geschlechterdifferenzierte<br />

Daten weder bundesweit einheitlich,<br />

noch vollständig bzw. konsistent sind.<br />

Zumindest aber scheint das Problem der Erreichbarkeit<br />

bzw. der Zugänge zuAngeboten<br />

von Asyl-Entwicklungspartnerschaften für<br />

weibliche Asylsuchende noch schwieriger zu<br />

sein als für männliche.<br />

Diese Ergebnisse bieten lediglich einen<br />

ersten Eindruck hinsichtlich der Berücksichtigung<br />

der Chancengleichheit zwischen den<br />

Geschlechtern, auf Basis ihrer jeweiligen<br />

quantitativen Beteiligung; ein durchaus<br />

wichtiger Aspekt für die Programmbewertung<br />

unter diesem Fokus. Anhaltspunkte für<br />

die Bewertung der vielfältigen engagierten<br />

Initiativen und Aktivitäten –aber auch der<br />

gleichstellungsorientierten Resistenzen –<br />

innerhalb der Entwicklungspartnerschaften<br />

bieten folgende Aspekte mit Bezug zur Zielstellung<br />

arbeitsmarktpolitischer Innovationen<br />

in <strong>EQUAL</strong>.<br />

Kapitel 5<br />

67


68<br />

3. Entwicklungsschritte für gendersensible<br />

Innovationen<br />

Die GI <strong>EQUAL</strong> soll mit Hilfe von Netzwerken<br />

arbeitsmarktpolitische Innovationen zur<br />

Bekämpfung von Ungleichheit und Diskriminierung<br />

hervorbringen. Nun stellt sich die<br />

Frage: Was ist eine arbeitsmarkpolitische<br />

Innovation bzw. welche Maßnahme, welches<br />

Produkt ist unter welchen Umständen innovativ?<br />

4 Parallel und systematisch integriert<br />

(nicht nachgeordnet!) muss die Frage behandelt<br />

werden, wie in geplanten Innovationen<br />

maßgebliche Kriterien der Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern aufgenommen werden<br />

können. Es geht hierbei sowohl um die<br />

Prozesse der Planung und Durchführung<br />

(<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Ansatz), als auch um<br />

die gendersensible Gestaltung möglicher<br />

Innovationen (Wirkungsebene von Chancengleichheit).<br />

Die Voraussetzung für die Entwicklung gendersensibler<br />

Innovationen ist eine geschlechterdifferenzierte<br />

Analyse der Problemlage.<br />

Nur auf dieser Basis lassen sich inder Folge<br />

Arbeitsschritte operationalisieren, die die<br />

unterschiedlichen Ausgangslagen von<br />

Männern und Frauen reflektieren und zu adäquaten<br />

Lösungen führen sollen.<br />

Geschlechtsspezifische Diskriminierungsmerkmale<br />

sind aber nicht in jeder Zielgruppe 5 in<br />

gleicher Weise zu identifizieren. Sie können<br />

sich sowohl als ungleiche Ausgangslage darstellen,<br />

als auch als unterschiedliche Wahlmöglichkeiten<br />

trotz gleicher oder ähnlicher<br />

Ausgangslage. Die Gruppe der kinderlosen<br />

Akademikerinnen und Akademiker weist<br />

wahrscheinlich geringere geschlechtsspezifische<br />

Unterschiede auf, als beispielsweise die<br />

Gruppe der älteren, langzeiterwerbslosen<br />

Menschen.<br />

In jedem Fall geht es nicht nur darum, in<br />

Erfahrung zu bringen, wie viele Frauen und<br />

Männer in einer bestimmten Zielgruppe<br />

grundsätzlich vertreten sind und mit welchen<br />

spezifischen Problemen sie konfrontiert<br />

sind, sondern auch darum, mit welchen<br />

potenziellen bzw. absehbaren Diskriminierungen<br />

sie zu rechnen haben (z.B. Väter in<br />

Elternzeit).<br />

Quelle: Frauenbildungsnetz Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />

Einige Entwicklungspartnerschaften der<br />

1. <strong>EQUAL</strong>-Förderrunde beschrieben die Notwendigkeit,<br />

fehlendes geschlechterdifferenziertes<br />

Datenmaterial durch umfangreiche<br />

eigene qualitative Analysen zu kompensieren,<br />

um darauf aufbauend die Entwicklungspartnerschaft-Aktivitäten<br />

zu entwickeln.<br />

Häufig scheitern sie jedoch anflankierenden<br />

Institutionen, die sich nicht im gleichen<br />

Maße der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet<br />

fühlen. So kann es sein, dass Entwicklungspartnerschaften<br />

oder Teilprojekte<br />

konzeptionell ideenreich und experimentierfreudig<br />

neuartige und bessere Problemlösungen<br />

entwickeln, die im Anwendungskontext<br />

jedoch nicht angenommen werden.<br />

AndereEntwicklungspartnerschaftennegieren<br />

von vornherein die geschlechtsspezifische<br />

Relevanz eines Problems, und dies selbst in<br />

fachpolitischen Bereichen, in denen andere<br />

Netzwerke auf dem Wege sind, kreative und<br />

eben gendersensible Lösungsmodelle zu entwickeln.<br />

Zu behaupten, der Strukturwandel<br />

in einer Region habe nichts mit der


Geschlechterdimension zu tun, zeugt von<br />

einer ausgeprägten Resistenz, sich mit den<br />

konkreten Problemstellungen auseinander zu<br />

setzen. Denn wer, wenn nicht Menschen<br />

unterschiedlichen Geschlechts, agieren in<br />

diesen Regionen –sei es als politische<br />

Akteure oder als Männer und Frauen, die<br />

wirtschaftlich aktiv und erwerbstätig sind<br />

bzw. dies werden wollen?<br />

Die Merkmale zur Beschreibung bzw. zur<br />

Identifikation von arbeitsmarkpolitischen Innovationen,<br />

wie höhere Problemlösungsfähigkeit,<br />

ein höherer Zielerreichungsgrad<br />

und Nutzen müssen also nicht um Kriterien<br />

der Geschlechterdimension (nachträglich) ergänzt<br />

werden, sondern sie müssen von vornherein<br />

konzeptionell integriert sein. Mit<br />

anderen Worten: Ein behaupteter höherer<br />

Nutzen, der systematisch und kontinuierlich<br />

die Geschlechterdimension ausklammert ist<br />

fraglich! Ein arbeitsmarkt- oder berufsbildungspolitischer<br />

Lösungsansatz, der bereits<br />

in der Analyse die Geschlechterdimension<br />

außer Acht lässt, kann höchstens zufällig ein<br />

höheres Lösungspotenzial für beide Geschlechter<br />

bereithalten.<br />

<strong>Gender</strong>sensible Innovationen zu entwickeln<br />

ist allerdings eine große Herausforderung:<br />

Einzelne Entwicklungspartnerschaften und<br />

mehr noch einzelne Teilprojekte können auf<br />

die vielfältigen Anforderungen der horizontalen<br />

und vertikalen geschlechtsspezifischen<br />

Segregation des Arbeitsmarktes nur im Detail<br />

reagieren und laufen immer Gefahr an den<br />

gesellschaftlichen Gegebenheiten zu resignieren<br />

bzw. diese zu reproduzieren. Dennoch<br />

zeigen die vielfältigen Aktivitäten einiger<br />

Entwicklungspartnerschaften, dass individuelle<br />

und strukturelle Verbesserungen möglich<br />

sind.<br />

Der Vorteil, den <strong>EQUAL</strong> als Laboratorium in<br />

diesem Dilemma bietet, liegt in der präzisen<br />

Beobachtung dessen, was bestimmte Interventionen<br />

zum Ziel der Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern tatsächlich bewirken.<br />

Allerdings bedarf eshierfür auch des<br />

Muts, Misserfolge und ambivalente Wirkungen<br />

genauso zu benennen wie mögliche<br />

Erfolge. In diesem Sinne gilt für die Halbzeit<br />

von <strong>EQUAL</strong>: „Nach dem Spiel ist vor dem<br />

Spiel!“<br />

Anmerkungen<br />

1 Die spezifische Frauenförderung ist keinesfalls überflüs-<br />

sig oder weniger sinnhaft –auch wenn wir uns unter dem<br />

Fokus von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> über das Verhältnis der<br />

Geschlechter konzeptionell verstärkt Gedanken machen<br />

müssen.<br />

2 Der physische und finanzielle Verlauf bezeichnet die<br />

jahresbezogene bzw. die kumulierte Darstellung der<br />

Umsetzung und Ergebnisse des Programms. Unsere<br />

Auswertungen stützen sich auf MEPHISTO, dem EDV-<br />

gestützten Stammdaten- und Finanzverwaltungstool der<br />

1. <strong>EQUAL</strong>-Förderrunde. Für beide genannten Indikatoren<br />

weisen die MEPHISTO-Daten allerdings nur einen<br />

begrenzten Füllgrad aus, so dass die Angaben nur<br />

Näherungswert besitzen.<br />

3 Das „Einheitliche Programmplanungsdokument zur<br />

Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Humanressour-<br />

cen (EPPD)“ Ziel-3 Deutschland zielt hinsichtlich der zu<br />

erreichenden Frauenquote darauf ab, Frauen gemessen<br />

an ihrem spezifischen Anteil an den Arbeitslosen zu för-<br />

dern. KennerInnen der Materie wissen allerdings, dass<br />

dieser Referenzwert aufgrund der förderrechtlichen<br />

Bedingungen aber auch aufgrund statistischer Zähl-<br />

weisen erhebliche Lücken aufweist und nur beschränkt<br />

geeignet ist. Im einheitlichen Planungsdokument für<br />

Österreich wurde dies berücksichtigt und ebenso wie in<br />

der GI <strong>EQUAL</strong> Deutschland ein 50%iger Frauenanteil ver-<br />

einbart.<br />

4 Ausführlichere Informationen zum Thema Innovationen<br />

unter: www.ev aluation-equal.de<br />

5 Im Rahmen von (Programm-)Evaluationen tritt häufig<br />

das Problem zu Tage, dass „Frauen“ als eigenständige<br />

Zielgruppe definiert werden. Dies ist insofern korrekt, da<br />

Frauen unter verschiedenen Gesichtspunkten von Diskri-<br />

minierungen betroffen sind. Das eigentliche Problem<br />

besteht nun darin, dass häufig innerhalb der „sonstigen“<br />

Zielgruppen keine Geschlechterdifferenzierung vorge-<br />

nommen wird und auch keinerlei Aussagen oder Informa-<br />

tionen zu möglichen Unterschieden von Frauen und<br />

Männern beispielsweise bei Langzeiterwerbslosen, bei<br />

Migrantinnen und Migranten oder bei älteren Arbeit-<br />

nehmerinnen und Arbeitnehmern vorgenommen werden.<br />

Die Strategie des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auf dieses<br />

Problem angewandt, bedeutet auf der Programmebene<br />

sowohl die geschlechterdifferenzierte Darstellung aller<br />

Zielgruppen vorzunehmen, als auch die spezifische<br />

Darstellung der Ergebnisse bezüglich des Anteils von<br />

Frauen und Männern.<br />

<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

in den <strong>EQUAL</strong>-<br />

Entwicklungspartnerschaften<br />

Kapitel 5<br />

69


70<br />

6 Leitfäden für die Integration von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in der Projektplanung<br />

Durch die Bewertung der geschlechterspezifischen<br />

Auswirkungen mit Hilfe von Leitfäden<br />

lassen sich unbeabsichtigte, negative Folgeerscheinungen<br />

verhindern und die Qualität<br />

und Wirksamkeit der Projektarbeit verbessern.<br />

Inzwischen existieren eine Reihe von<br />

Empfehlungen, die praktische Anregungen<br />

zur Umsetzung des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

geben. Die hier aufgeführten Leitfäden stellen<br />

nur eine kleine, wertfreie Auswahl der<br />

bekanntesten Leitfäden dar.<br />

Die ersten drei aufgeführten Konzepte finden<br />

Sie ausführlich beschrieben auf der<br />

Homepage des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

(BMFSFJ) unter dem Link „Verfahren“:<br />

http://www.gender-mainstreaming.net<br />

1. Gleichstellungsprüfung der<br />

Europäischen Kommission<br />

Analytische Gleichstellungsprüfung der<br />

Europäischen Kommission für Legislativvorschläge,<br />

Strategiepapiere und Gemeinschaftsaktionen,<br />

die sich indrei grundlegenden<br />

Schritten vollzieht:<br />

Im ersten Arbeitsschritt erfolgt die Prüfung<br />

und Feststellung der geschlechtsspezifischen<br />

Relevanz. Dazu werden nach Geschlecht aufgeschlüsselte<br />

Daten benötigt. Wenn eine der<br />

beiden folgenden Fragen bejaht werden<br />

kann, sollte eine Bewertung des möglichen<br />

geschlechtsspezifischen Einflusses bezüglich<br />

des Legislativvorschlags durchgeführtwerden:<br />

Betrifft der Vorschlag eine oder mehrere<br />

Zielgruppen? Hat er Einfluss auf das tägliche<br />

Leben eines Teils/von Teilen der<br />

Bevölkerung?<br />

Gibt es in diesem Bereich Unterschiede<br />

zwischen Männern und Frauen (im Hinblick<br />

auf Rechte, Ressourcen, Beteiligung,<br />

Werte und Normen)?<br />

Im zweiten Arbeitsschritt werden die<br />

geschlechtsspezifischen Auswirkung der<br />

Maßnahme anhand von verschiedenen<br />

Kriterien wie beispielsweise<br />

Beteiligung (z.B. in Entscheidungspositionen,<br />

Gehaltsgruppen, Verbänden etc.)<br />

Ressourcen (wie Zeit, Raum, Geld, Information,<br />

Bildung etc.)<br />

Normen und Werte, die die Geschlechterrolle<br />

beeinflussen<br />

Rechte wie Zugang zu Rechten<br />

bewertet.<br />

Der dritte Arbeitsschritt beinhaltet die<br />

Umsetzung der Bewertungsergebnisse und<br />

eine gleichstellungspolitische Ausrichtung<br />

der Maßnahmen mit der Fragestellung „Wie<br />

kann die geplante Maßnahme dazu beitragen,<br />

Ungleichheiten zu beseitigen und die<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern zu<br />

fördern?“.<br />

2. 6-Schritte-Prüfung von Krell/<br />

Mückenberger/Tondorf<br />

Von drei deutschen Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftlern entwickeltes Konzept<br />

zur erfolgreichen Umsetzung des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>.<br />

Die Strukturierung des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Prozesses<br />

erfolgt unter Berücksichtigung<br />

von Wissen, Analyse, Erfahrungen,<br />

Wahlmöglichkeiten, Umsetzungen und<br />

Erfolgskontrolle und schafft dadurch Transparenz<br />

bzgl. der Grenzen und Möglichkeiten<br />

des Vorhabens.


Die 6-Schritte-Prüfung Voraussetzungen<br />

1. Definition der gleichstellungspolitischen<br />

Ziele<br />

Welcher Soll-Zustand wird durch das zu<br />

entscheidende Vorhaben angestrebt?<br />

2. Analyse der Probleme und der<br />

Betroffenen<br />

Welches sind die konkreten Hemmnisse<br />

auf dem Weg zumehr Chancengleichheit?<br />

Welche Gruppen sind betroffen?<br />

3. Entwickeln von Optionen<br />

Welche Alternativen bestehen hinsichtlich<br />

der Realisierung?<br />

4. Analyse der Optionen<br />

im Hinblick auf ihre voraussichtlichen Auswirkungen<br />

auf die Gleichstellung und Entwicklung<br />

eines Lösungsvorschlags<br />

Welche Option lässt den höchsten Zielerreichungsgrad<br />

erwarten?<br />

5. Umsetzung der getroffenen<br />

Entscheidung<br />

6. Erfolgskontrolle und Evaluation<br />

Wurden die Ziele erreicht?<br />

Ursachen für Nicht- oder Teilerreichung?<br />

Welche Maßnahmen sind notwendig?<br />

3. 3R-Methode (Schweden)<br />

Die 3R-Methode ist ein in Schweden entwickeltes<br />

und inzwischen EU-weit angewendetes<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-Instrument.<br />

Daten/Statistiken werden systematisch nach<br />

dem Geschlecht aufgeschlüsselt und anhand<br />

der drei Prüfkriterien Repräsentation, Ressourcen<br />

und Realität („Wer erhält Was unter<br />

Welchen Bedingungen“) auf angemessene<br />

Berücksichtigung der Chancengleichheit<br />

überprüft.<br />

Während es bei der Repräsentation (R1) um<br />

die Beantwortung der Frage geht, wie groß<br />

der Anteil von Frauen und Männern z.B. in<br />

Entscheidungsprozessen ist, beziehen sich<br />

die Daten der Ressourcen (R2) auf die<br />

geschlechterspezifische Verteilung von Geld,<br />

Kenntnis über Ist-Zustand<br />

Zugrundelegung einschlägiger Rechtsnormen,<br />

Programme etc.<br />

Koordinierung mit allen betroffenen<br />

Bereichen<br />

Wissen über Gleichstellungsproblematik<br />

Zuarbeitung und Unterstützung z.B. durch<br />

Gutachten, Materialien, Schulungen<br />

Kenntnisse und Wissen wie oben<br />

Erarbeitung von Analyse- und<br />

Bewertungskriterien<br />

Daten über Zielerreichung<br />

Berichtssystem<br />

Verpflichtende Ursachenanalyse<br />

Zeit und Raum, Information, politische und<br />

wirtschaftliche Macht, Bildung und Ausbildung,<br />

Beruf und berufliche Laufbahn, neue<br />

Technologien, Gesundheitsversorgung,<br />

Wohnverhältnisse, Transportmöglichkeiten,<br />

Freizeitverhalten etc.<br />

Ausgehend von den Ergebnissen der ersten<br />

beiden Rs wird ineinem letzten Arbeitsschritt<br />

(R3) untersucht, welches die Gründe<br />

für vorgefundene Geschlechterdisparitäten<br />

sind, um hieraus Konsequenzen für genderspezifische<br />

Maßnahmen abzuleiten und<br />

Aktionspläne und Checklisten zur Beseitigung<br />

bestehender Ungleichheiten zu entwickeln.<br />

Ergänzt wird die 3R-Methode oft durch ein<br />

viertes Prüfkriterium „Recht“. Hier steht die<br />

Frage nach gleichen Rechten und die Inanspruchnahme<br />

dieser Rechte durch Frauen<br />

Kapitel 6<br />

71


72<br />

Frauen und Männer verfügen über unterschiedliche Ressourcen hinsichtlich:<br />

Geld<br />

Zeit<br />

Information<br />

Raum<br />

Politischer &wirtschaftlicher Macht<br />

Bildung &Ausbildung<br />

und Männer im Vordergrund. Mit Hilfe der<br />

3R-Methode wurde beispielsweise ermittelt,<br />

dass in der schwedischen Stadt Köping vergleichbare<br />

Anträge auf Sozialhilfe häufiger<br />

Männern als Frauen bewilligt werden.<br />

4. GeM-ToolBox der Koordinationsstelle<br />

für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

im <strong>ESF</strong><br />

Die Koordinationsstelle für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

im <strong>ESF</strong> stellt auf ihrer Homepage<br />

verschiedene Leitfäden für die Implementierung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> auf der<br />

institutionellen Ebene und der Programmund<br />

Projektebene als Download zur Verfügung:<br />

http://www.gem.or.at/de<br />

Um mögliche geschlechtsspezifische Wirkungen<br />

eines Projektes beurteilen zu können, ist<br />

es unumgänglich, die Arbeitsmarktsituation<br />

Arbeitsschritte Die 4GeM-Schritte<br />

Beruf &Karriere<br />

Neuer Technologien<br />

Gesundheitsversorgung<br />

Wohnverhältnisse<br />

Transportmöglichkeiten<br />

Freizeitverhalten<br />

des Interventionsbereichs genau zu kennen.<br />

Daher wird zuerst analysiert, welche<br />

geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in<br />

der Region bestehen und was die Ursachen<br />

und möglichen Einflussfaktoren hierfür sind.<br />

Wie sind beispielsweise die Arbeitsbedingungen<br />

und Aufstiegschancen von Frauen und<br />

Männern? Bei Festlegung der Zielgruppen<br />

des Projektes ist zu klären, wie sich innerhalb<br />

dieser das Geschlechterverhältnis gestaltet<br />

und ob es unterschiedliche Bedürfnisse und<br />

Probleme bei den Frauen und Männern der<br />

Zielgruppe gibt. Sind z.B. Frauen aus anderen<br />

Gründen (langzeit)arbeitslos als Männer? Ist<br />

es für Mädchen aus anderen Gründen als für<br />

Jungen schwierig, einen Ausbildungsplatz zu<br />

bekommen? Des Weiteren wird geprüft, ob<br />

es geschlechtsspezifische Teilnahmebarrieren<br />

(unterschiedliche Qualifikationen mit unterschiedlicher<br />

Verwertbarkeit, Mobilitätshemmnisse,<br />

gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />

etc.) gibt. Werden z.B. Frauen und<br />

Analyse Im ersten Schritt geht es darum, geschlechterspezifische Fragestellungen<br />

und Ungleichheiten wahrzunehmen und zu analysieren.<br />

Ziele Im zweiten Schritt werden davon ausgehend möglichst konkrete<br />

und überprüfbare Chancengleichheitsziele formuliert und festgelegt.<br />

Umsetzung Im dritten Schritt werden die Projekte soausgewählt und gestaltet,<br />

dass sie zu den Chancengleichheitszielen beitragen.<br />

Evaluierung Im vierten Schritte werden Ergebnisse und Fortschritte hinsichtlich<br />

der gesetzten Chancengleichheitsziele betrachtet.<br />

Die Indikatoren und qualitativen Kriterien dazu wurden vorab<br />

festgelegt.


Männer durch die Gestaltung und die Inhalte<br />

des Projekts gleichermaßen angesprochen<br />

und erreicht? Welche zeitliche Beanspruchung<br />

haben Frauen und Männer der Zielgruppe?<br />

Welche Flexibilität können sie aufbringen<br />

(aufgrund von Betreuungspflichten)?<br />

In einem weiteren Schritt ist zu definieren,<br />

was <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in dem betreffenden<br />

<strong>EQUAL</strong>-Themenbereich heißt (was ist das<br />

Leitziel?) und es wird überprüft, welche<br />

chancengleichheitsorientierten Ziele in die<br />

Projektziele integriert werden.<br />

Hinsichtlich der Umsetzung der Maßnahmen<br />

sind Fragen zu berücksichtigen wie z.B. „Wie<br />

werden bei der Organisation der Maßnahme,<br />

der Gewinnung von Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmern, der Projektabwicklung und<br />

Unterrichtsgestaltung sowie in der Nachbetreuung<br />

gleiche Zugangs- und Teilhabechancen<br />

für Frauen und Männer gesichert?<br />

Wie wird verhindert, dass durch ein Projekt<br />

geschlechtsspezifische Ungleichgewichte<br />

reproduziert werden? Welchen Beitrag leistet<br />

das Vorhaben zum Abbau von Ungleichgewichten?“.<br />

Schließlich wird geprüft, ob alle Daten und<br />

Ergebnisse geschlechtsspezifisch erhoben<br />

und dokumentiert werden und ob alle<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die<br />

Evaluierung eingebunden sind. Wie erfolgt<br />

die Überprüfung der Ziele zur Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern? Wie<br />

werden die Evaluationsergebnisse zur<br />

Verbesserung der <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>-<br />

Maßnahmen genutzt?<br />

Diese vier Schritte sind kein abgeschlossener<br />

Prozess, sondern der Evaluierung folgt die<br />

neuerliche Analyse zur kontinuierlichen<br />

Weiterentwicklung.<br />

5. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

betrieblichen Beratungsprojekten<br />

Dieser Leitfaden richtet sich anBeraterinnen<br />

und Berater sowie Entscheiderinnen und<br />

Entscheider zur <strong>Gender</strong>-Sensibilisierung bei<br />

der Entwicklung, Umsetzung und Bewertung<br />

von betrieblichen Beratungsprojekten.<br />

Er umfaßt:<br />

Leitfragen zur Genese von Projekten<br />

Erläuterungen zur sinnvollen Erweiterung<br />

von betrieblichen Modernisierungsvor–<br />

haben durch den <strong>Gender</strong>-Ansatz<br />

konkrete Beispiele aus dem betrieblichen<br />

Alltag<br />

Anregungen für neue Projektansätze und<br />

Beratungsstrategien<br />

und auch:<br />

eine Checkliste zur Bewertung des <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>-Ansatzes in Projekten der<br />

arbeitsorientierten Modernisierung<br />

eine Checkliste zur Bewertung der<br />

<strong>Gender</strong>kompetenz der Beraterin/des<br />

Beraters bzw. der Beratungseinrichtung<br />

einen Beurteilungsbogen für eine<br />

abschließende Bewertung des Anliegens<br />

durch die Entscheidungsträger<br />

Der Leitfaden steht als Download auf der<br />

Homepage der Gesellschaft für Innovative<br />

Beschäftigungsförderung in Nordrhein-<br />

Westfalen (G.I.B. NRW) zur Verfügung:<br />

http://www.gib.nrw.de/download/index.htm<br />

6. Leitfaden zur Berücksichtigung<br />

und Überprüfung der<br />

Geschlechterperspektive in<br />

Bildungsmaßnahmen der EU-<br />

Strukturfondsprogramme<br />

Der Leitfaden des Zentrums Frau in Beruf<br />

und Technik (ZFBT) in Form eines Fragebogens<br />

ist ein Angebot für Entscheidende,<br />

Beratende und Projektträger. Ersoll helfen,<br />

die Berücksichtigung von Chancengleichheit<br />

im Bereich arbeits- und strukturpolitischer<br />

Bildungsmaßnahmen zu beurteilen und/oder<br />

mit diesem Instrument sicherzustellen. Im<br />

Mittelpunkt stehen Bildungsmaßnahmen, die<br />

Frauen und Männern gleichermaßen offen<br />

stehen.<br />

Der Leitfaden steht als Download auf der<br />

Homepage des ZFBT zur Verfügung:<br />

http://www.zfbt.de/veroeffentlichungen/<br />

index.htm<br />

Leitfäden<br />

zur Umsetzung<br />

von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong><br />

Kapitel 6<br />

73


74<br />

7 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren<br />

Benninghoven, Cornelia<br />

Journalistin, Köln<br />

http://www.ideen-texte-moderationen.de<br />

Beauftragt von FRAU &BERUF, Münster<br />

E-Mail: frauen@muenster.de<br />

http://www.frauen-beruf-muenster.de<br />

Jung, Dörthe<br />

Inhaberin der Dörthe Jung Unternehmensberatung,<br />

Frankfurt/Main. Arbeitsschwerpunkte:<br />

Expertin für Konzept und Umsetzung<br />

von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in Verwaltung,<br />

Non-Profit-Organisationen und <strong>EQUAL</strong>-<br />

Projekten; Beratung bei betrieblichen<br />

Veränderungsprozessen; Evaluation von EU-<br />

Programmen und Projekten; Vorträge und<br />

Moderation<br />

E-Mail: info@doerthejung-consult.com<br />

http://www.doerthejung-consult.com<br />

Junker, Serena<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen<br />

Universität Chemnitz, Professur<br />

Erwachsenenbildung und betriebliche<br />

Weiterbildung, Inhaberin der Fa. Geoplan<br />

International Labour Market Consulting +<br />

Research<br />

E-Mail: serena.junker@phil.tu-chemnitz.de<br />

Kanka, Wolfgang<br />

PR-Referent der Entwicklungspartnerschaft<br />

„Activating Women’s Potential for<br />

Entrepreneurship“ und freier Journalist.<br />

E-Mail: wolfgang.kanka@an-training.de<br />

http://www.awope.org<br />

Koberski, Wolfgang<br />

Leiter der Abteilung Europäische und Internationale<br />

Beschäftigungs- und Sozialpolitik des<br />

Bundesministeriums für Arbeit und Soziales<br />

E-Mail: equal@bmas.bund.de<br />

http://www.bmas.bund.de<br />

Meseke, Henriette<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der<br />

Compass GmbH –Gesellschaft für Informationsmanagement<br />

und Projektentwicklung in<br />

Bremen. Arbeitsschwerpunkte: Beratung und<br />

Evaluierung zum Thema Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern sowie <strong>Gender</strong> Main-<br />

streaming im Rahmen der Strukturpolitik der<br />

Europäischen Union.<br />

E-Mail: compass-bremen@t-online.de<br />

http://www.compass-bremen.de<br />

Nielsen, Astrid<br />

Beraterin und <strong>Gender</strong>-Trainerin, Beratungsstelle<br />

FRAU &BERUF, Itzehoe<br />

E-Mail: frau-und-beruf-bea@t-online.de<br />

Savioli, Benno<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der FEED-<br />

BACK GmbH in Bremen.<br />

Schneider, Doris<br />

Beraterin und <strong>Gender</strong>-Expertin, Beratungsstelle<br />

FRAU &BERUF, Itzehoe<br />

E-Mail: frau-und-beruf-bea@t-online.de<br />

Voigt, Jana<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der<br />

Technischen Universität Chemnitz, Professur<br />

Erwachsenenbildung und betriebliche<br />

Weiterbildung<br />

E-Mail: jana.voigt@phil.tu-chemnitz.de<br />

http://www.tu-chemnitz.de/phil/ebbw/<br />

mambo/<br />

Weg, Marianne<br />

Arbeitsmarkt- und <strong>Gender</strong>expertin<br />

Frau Weg war in den Jahren 1991–1999 als<br />

Abteilungsleiterin für Arbeitsmarktpolitik<br />

im damaligen Hessischen Ministerium für<br />

Frauen, Arbeit und Sozialordnung (heutiges<br />

Hessisches Sozialministerium) tätig. Heute<br />

leitet sie die Arbeitsschutzabteilung.<br />

E-Mail: marianne.weg@t-online.de<br />

Wielpütz, Renate<br />

Geschäftsführerin des FrauenComputer-<br />

ZenturmBerlin und Mitglied des Berliner<br />

„<strong>Gender</strong>-Beirats“ für die Strukturfonds in<br />

Berlin. Mitarbeit an einer Machbarkeitsstudie<br />

zur „Implementierung von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>“<br />

im Berliner <strong>ESF</strong>.<br />

E-Mail: wielpuetz@fczb.de<br />

http://www.fczb.de


8 Literaturverzeichnis und Internetadressen<br />

Zitierte Literatur<br />

Assig, Dorothe/ Beck, Andrea (1996): Frauen<br />

revolutionieren die Arbeitswelt. Das Handbuch<br />

zur Chancengleichheit, München.<br />

Budlender, Debbie u.a. (1998): How todoa<br />

<strong>Gender</strong>-Sensitive Budget Analysis.<br />

Contemporary Research and Practice.<br />

Commonwealth Secretariat. Übersetzung<br />

und Zusammenfassung: Regina Frey, Berlin.<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend (2001 a): Die Rolle des<br />

Vaters in der Familie, Berlin.<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend (2001 b): Bericht zur<br />

Berufs- und Einkommenssituation von Frauen<br />

und Männern. Kurzfassung, Berlin.<br />

Dünkel, Frieder u.a. (2005): Internationale<br />

Studie zum Frauenvollzug, Reader, Greifswald.<br />

Europäische Kommission (2000): Der neue<br />

Programmplanungszeitraum 2000–2006,<br />

Technisches Papier 3, Einbeziehung der<br />

Chancengleichheit von Frauen und Männern<br />

in die Strukturfondsmaßnahmen, Luxemburg.<br />

Europarat (1998): <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>.<br />

Konzeptioneller Rahmen, Methodologie und<br />

Beschreibung bewährter Praktiken.<br />

Schlussbericht über die Tätigkeit der Group<br />

of Specialists on <strong>Mainstreaming</strong> (EG-S-MS).<br />

Deutsche Übersetzung: Bundesministerium<br />

für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz,<br />

Wien.<br />

Fries, Ursula/ Hornung, Ursula (1997): Ob<br />

Männlein oder Weiblein –das spielt keine<br />

Rolle. Frauenförderung, Gleichstellungsideologie<br />

und Politik im Mittelstand, in: WSI<br />

Mitteilungen, Heft 1/1997.<br />

Ganz, Walter (2001) (Hg.): Das Management<br />

von Erfolg und Wachstum, Stuttgart.<br />

Gschwandtner, Ulrike/ Buchinger, Birgit<br />

(2002), Wie kommt <strong>Gender</strong> in den Mainstream?<br />

Trainingsunterlagen, Salzburg.<br />

Hansen, Katrin Prof. Dr. (2005): „Wachstumspfade<br />

frauengeführter Unternehmen –kleiner<br />

bescheidener, langsamer? Mentoring als<br />

unterstützender Faktor“; Referat imRahmen<br />

des WWoE-Workshops „Forschungsergebnisse<br />

und Politikberatung“ am 18.02.2005 in Bonn.<br />

Hering, Ekbert/ Pförtsch, Waldemar/<br />

Wordelmann, Peter (2001): Internationalisierung<br />

des Mittelstandes. Strategien zur internationalen<br />

Qualifizierung in kleinen und<br />

mittleren Unternehmen, Bundesinstitut für<br />

Berufsbildung (Hg.), Berichte zur beruflichen<br />

Bildung Bd. 244, Bielefeld.<br />

Jung, Dörthe (2003 a): <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

als nachhaltige Veränderungsstrategie,<br />

in Heinrich-Böll-Stiftung (Hg.): Geschlechterdemokratie<br />

wagen, Königstein.<br />

Jung, Dörthe (2003 b): Potenziale besser<br />

erkennen und gezielter fördern, in: IHK<br />

Wirtschaftsforum 6/03, Frankfurt/Main.<br />

Jung, Dörthe (2002): <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>:<br />

Durch den Fachkräftemangel auch für Mittelständer<br />

eine sinnvolle Strategie, in: job-ELAN,<br />

Magazin der HRB, Sonderausgabe zur Auftaktveranstaltung<br />

der Entwicklungspartnerschaft<br />

ELAN, Hannover.<br />

Jung, Dörthe/ Küpper, Gunhild (2001):<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> und betriebliche<br />

Veränderungsprozesse, Wissenschaftliche<br />

Reihe Bd. 134, Bielefeld.<br />

Jungbauer-Gans, Monika (2002), Soziale<br />

Ungleichheit, Netzwerkbeziehungen und<br />

Gesundheit, München.<br />

KfW-Bankengruppe (2005a), Unternehmensgründungen<br />

durch Frauen in Deutschland, in:<br />

WirtschaftsObserver online Nr. 3/Sept. 2005.<br />

KfW-Bankengruppe (2005b), Zahl der Vollerwerbsgründungen<br />

stabil –Kleinstgründungen<br />

weiter auf dem Vormarsch, in: Gründungsmonitor<br />

2005.<br />

Kapitel 8<br />

75


76<br />

Linde, Karin (2001), <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> –<br />

Chancengleichheit für Frauen und Männer<br />

auf den Arbeitsmärkten in Europa, in: Beitrag<br />

für Theorie und Praxis der sozialen Arbeit,<br />

AWO Bundesverband (Hg.), Nr. 7/2001, Bonn.<br />

Meseke, Henriette/ Armstroff, Thorsten<br />

(2001): <strong>Gender</strong>-<strong>Mainstreaming</strong> in der<br />

Strukturfondsförderung des Landes<br />

Brandenburg. Ein koordiniertes und integriertes<br />

Konzept zur Förderung der Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern mit Hilfe<br />

der Strukturfonds. Ministerium für Arbeit,<br />

Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes<br />

Brandenburg (Hg.), Potsdam.<br />

Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit<br />

und Frauen des Landes Brandenburg (2001),<br />

Machbarkeitsstudie „<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in der Strukturfondsförderung des Landes<br />

Brandenburg“, Brandenburg.<br />

Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />

und Forsten des Landes Brandenburg (1999):<br />

Bericht zur Lage der Land- und Ernährungswirtschaft<br />

des Landes Brandenburg, Potsdam.<br />

Nispel, Andrea (2000), Evaluation von geförderten<br />

Existenzgründungen, Studie für die<br />

Arbeitsagentur Frankfurt/M.<br />

http://www.andrea-nispel.de<br />

Operationelles Programm Mecklenburg-<br />

Vorpommern: Förderperiode 2000–2006 CCI<br />

Nr.: 1999 DE 16 1PO004. Ergänzung zur<br />

Programmplanung vom 08.06.2001, red.<br />

Überarbeitung vom 23.10.2001.<br />

Piorkowsky, Michael-Burkhard (2005), Neue<br />

Kulturen unternehmerischer Selbstständigkeit,<br />

in: Perspektiven für Land &Leute: regionale<br />

Kooperationen für Existenzgründungen.<br />

Dokumentation der Tagung vom 01. Februar<br />

2005 in Berlin, Bundesministerium für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.).<br />

Download unter: http://www.bmfsfj.de/<br />

Publikationen/perspektiven/2-Reden/<br />

Schweikert, Birgit (2002): Alles <strong>Gender</strong> –<br />

oder? Die Implementierung von <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> auf Bundesebene, in: <strong>Gender</strong><br />

Mainstrea-ming –eine Innovation in der<br />

Gleichstellungspolitik, Bothfeld, Silke u.a.<br />

(Hg.), Frankfurt/Main.<br />

Stiegler, Barbara (2000): Wie <strong>Gender</strong> in den<br />

Mainstream kommt: Konzepte, Argumente<br />

und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>, in: Expertisen zur<br />

Frauenforschung, Friedrich Ebert Stiftung<br />

(Hg.), Abt. Arbeit und Sozialpolitik, Bonn.<br />

Stiftung Warentest (2003), Existenzgründung,<br />

in: Finanztest extra, Oktober 2003, S. 85.<br />

Teilprojekt „Anpassungsausbildung Gebäudereiniger“<br />

der Entwicklungspartnerschaft<br />

BABE (2005), Fortentwicklung der beruflichen<br />

Bildung in der Justizvollzugsanstalt<br />

Neumünster –„Qualifizierung zum Gebäudereiniger“,<br />

Unveröffentlichter Bericht,<br />

Neumünster.<br />

Voigt, Jana (2003), Neue Wege? <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>. Dokumentation des <strong>Gender</strong>trainings<br />

der Gemeinschaftsinitiative <strong>EQUAL</strong><br />

Entwicklungspartnerschaft „Regionales<br />

Tourismusnetzwerk Lausitz am 12./13.04.2002<br />

in Görlitz, Institut für Weiterbildung und<br />

Organisationsentwicklung e.V.(Hg.), Chemnitz.<br />

Download unter: http://www.equal-lausitz.de/<br />

Veröffentlichungen/<br />

Weg, Marianne (2002): <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong><br />

in den Bundesländern: Zwischenbilanz<br />

und Perspektiven, Wiesbaden.


Zitierte Internetadressen<br />

http://www.equal-esf.at<br />

<strong>EQUAL</strong>-Portal des österreichischen Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und Arbeit<br />

http://www.evaluation-equal.de<br />

Website der <strong>EQUAL</strong>-Programmevaluation<br />

http://www.gem.or.at/de/<br />

GeM Koordinationsstelle <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> im <strong>ESF</strong> (Österreich)<br />

http://www.gender-budgets.de<br />

Initiative für eine geschlechtergerechte<br />

Haushaltsführung in Berlin<br />

http://www.gender-mainstreaming.net<br />

<strong>Gender</strong>-Portal des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

http://www.gib.nrw.de/download/index.htm<br />

Gesellschaft für Innovative Beschäftigungsförderung<br />

NRW mbH (G.I.B. NRW): Leitfaden<br />

für <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in betrieblichen<br />

Beratungsprojekten<br />

http://www.g-i-s-a.de<br />

<strong>Gender</strong>-Institut Sachsen-Anhalt<br />

http://www.pakte.at<br />

Website der Territorialen Beschäftigungspakte<br />

(TEP) in Österreich<br />

http://www.spiconsult.de<br />

Informationen zum Projekt „Von der Strategie<br />

zur Praxis –<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in<br />

Förderprojekten der Europäischen Strukturfonds“<br />

http://www.zfbt.de<br />

Zentrum Frau in Beruf und Technik (ZFBT)<br />

http://www.zfbt.de/veroeffentlichungen/<br />

index.htm<br />

Leitfaden zur Berücksichtigung und Überprüfung<br />

der Geschlechterperspektive in<br />

Bildungsmaßnahmen<br />

Literatur<br />

und<br />

Internetadressen<br />

Kapitel 9<br />

77


Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

und den Europäischen Sozialfonds

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