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Stadtbuch Wien 1983. Falter Verlag Wien 1983 Mit ... - Christian Reder

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Begräbnisstätte der beiden christlich-sozialen Bundeskanzler fertiggestellt, finanziert<br />

"aus Liebesgaben des dankbaren Volkes" (laut Inschrifttext am Haupteingang). Der<br />

Kreuzweg dafür war ein Geschenk Benito Mussolinis, der damals vorgab, das autoritär<br />

regierte Österreich beschützen zu wollen. Nach 1938 erhielten der "Prälat ohne Milde"<br />

Ignaz Seipel (der beabsichtigt hatte "nach der Währung die Seelen zu sanieren") und<br />

Engelbert Dollfuß einfachere Gräber auf dem Zentralfriedhof bzw. dem Hietzinger<br />

Friedhof. In seinem "Generalappell" auf dem Trabrennplatz hatte Dollfuß 1933 erklärt:<br />

"Die Zeit des kapitalistischen Systems, die Zeit kapitalistisch-liberaistischer<br />

Wirtschaftsordnung ist vorüber, die Zeit marxistischer, materialistischer Volksverführung<br />

ist gewesen! Die Zeit der Parteienherrschaft ist vorbei! Wir lehnen Gleichschalterei und<br />

Terror ab, wir wollen den sozialen, christlichen, deutschen Staat Österreich auf<br />

ständischer Grundlage, unter starker autoritärer Führung!". Und im "Korneuburger Eid"<br />

der Heimwehren (1930) ist auf "drei Gewalten" gepocht worden, auf den Gottesglauben,<br />

den eigenen harten Willen und das Wort der Führer. Die angesprochenen<br />

verschiedenen Zeiten waren keineswegs vorüber, die beschworenen Gewalten konnten<br />

sich und andere nicht mehr bremsen. Von vielem sind Reste geblieben; auch vom<br />

"Ständestaat" durch die Gremien, die Kammern, Berufsorganisationen,<br />

Interessensvertretungen oder Zwangsmitgliedschaften.<br />

Während des Krieges war das große Ministeriumsgebäude Sitz des<br />

Wehrkreiskommandos XVII, das sich zu einem Zentrum des militärischen Widerstandes<br />

gegen Hitler entwickelte. Am 20. Juli 1944, als noch nicht bekannt war, daß das Attentat<br />

Stauffenbergs fehlgeschlagen war, trafen dort die Befehle ein, aufgrund derer die<br />

vorgesehenen Maßnahmen zum Sturz der NS-Herrschaft auch von Uneingeweihten zu<br />

treffen waren (Stichwort "Walküre"). Verschiedenste hohe Parteifunktionäre wurden zu<br />

einer dringenden Sitzung in das Gebäude gerufen, entwaffnet und unter Bewachung<br />

gestellt. Unmittelbar darauf kamen jedoch die Gegenbefehle und die Gestapo startete<br />

eine große Verhaftungswelle. Von den in <strong>Wien</strong> eingesetzten Verschwörern wurden<br />

Oberst Marogna-Redtwitz und Oberstleutnant Robert Bernardis hingerichtet. Oberst<br />

Kodré kam nach Mauthausen. Major Szokoll und einige andere blieben unentdeckt und<br />

er konnte Ende März 1945, als sich die russischen Truppen <strong>Wien</strong> näherten, von seinem<br />

Amtssitz am Stubenring aus die erste Kontaktaufnahme des Widerstandes mit der 3.<br />

Ukrainischen Front unter Marschall Tolbuchin organisieren. Oberfeldwebel Ferdinand<br />

Käs und der Obergefreite Johann Reif gelangten bis nach Hochwolkersdorf ins<br />

russische Hauptquartier (2.- 4. April) um dort über den für den 6. April geplanten<br />

Aufstand und die Möglichkeiten zu einer kampflosen Übergabe der Stadt zu berichten.<br />

Der frühere Staatskanzler Karl Renner stand den Russen bereits zu Gesprächen über<br />

die künftige politische Situation zur Verfügung. Kurz nach der Rückkehr von Käs und<br />

Reif wurde jedoch Major Karl Biedermann verraten und in den Räumen des<br />

Stadtkommandos <strong>Wien</strong> (Universitätsstraße 7, heue Neues Institutsgebäude der<br />

Universität) verhaftet. Als Kommandant der in der Roßauer Kaserne stationierten<br />

Heeresstreife Groß-<strong>Wien</strong> hätte er im Rahmen der Widerstandsaktionen die wichtige<br />

Brückensicherung übernehmen sollen. Da somit die Vorbereitungen zum Aufstand<br />

teilweise bekamt geworden waren, kam er nicht mehr zustande. Major Karl Biedermann,<br />

Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke (die beiden leuteren waren<br />

im Gebäude Stubenring 1 festgenommen worden) sind am 8. April 1945 in Floridsdorf<br />

am Spitz öffentlich gehängt worden. Anwesend dabei war auch der als "Mussolini-<br />

Befreier" noch lange nach dem Krieg vielfach gefeierte österreichische SS-Führer<br />

Skorzeny (gestorben 1975). Er hatte sich schon im März 1938 hervorgetan, als er mit

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