Karl-Gustav Schüßler - Evangelische Noah-Kirchengemeinde ...
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Die neue Fußballsaison hat begonnen<br />
Beten für den Sieg?<br />
Der Fußball rollt wieder! Nicht die Europameisterschaft,<br />
die dann doch leider nicht so erfolgreich war wie erhofft.<br />
Sondern der ganz normale Fußball. Was eben für Dortmund<br />
normal ist: Ein mit über 80 000 Zuschauern ständig<br />
ausverkauftes Stadion, immer mehr Fans, die die Spiele<br />
über einen Bezahlsender im Fernsehen oder im Internet<br />
verfolgen und viele andere, für die die „Sportschau“ ein<br />
fester Termin ist.<br />
„Der Fußball ist hier fast wie eine Religion“ sagen manche. Unser Oberbürger -<br />
meister sagt es bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Vieles, was mit<br />
Gesängen, mit Ritualen, mit Verehrung von Spielern zu tun hat, scheint auf den<br />
ersten Blick religiöse Züge zu haben. Und die Kirche? Ein prominenter Vertreter<br />
unserer Kirche erklärte kürzlich sogar, man dürfe für den Sieg der eigenen Mannschaft<br />
beten.<br />
Ich könnte darauf die knappe Antwort geben, dass bei aller Begeisterung Fußball<br />
und der Glaube doch recht unterschiedliche Qualität haben. Aber ich erzähle lieber<br />
eine kleine Begebenheit: Seit einiger Zeit gibt es für Konfirmanden den „Konfi-<br />
Cup“. Aus ganz Westfalen spielen Konfirmanden, Jungen und Mädchen, um den<br />
Titel. Es gibt Vorrunden, es gibt ein Endturnier.<br />
Vor vier Jahren war die Mannschaft der <strong>Noah</strong>-Gemeinde ins Endturnier gekommen<br />
und schlug sich dort gut und tapfer. Das Viertelfinale ging jedoch unentschieden aus,<br />
es kam zum Elfmeter-Schießen. Mitten in der Anspannung stellten die Konfis die<br />
Frage: „Herr Thiel, dürfen wir beten?“ Ein bisschen überrascht war ich schon,<br />
denn wann bitten Konfirmanden dazu um Erlaubnis? Ich habe es ihnen nicht verboten<br />
– und so bildeten sie wie selbstverständlich einen Kreis, legten die Arme<br />
umeinander und sprachen gemeinsam: „Vater unser…“<br />
Ich fand das gut. Es war ja kein Gebet darum, dass Gott die Elfmeter der Gegner in<br />
die Wolken lenken möge. Es war keine Überheblichkeit, es war eher ein Stück innere<br />
Sammlung. Und mit einer Beschwörung Gottes sollten keineswegs magische Kräfte<br />
in den Ball oder den Fuß gelegt werden. Einfach ein Vater unser, weil es in einer<br />
schwierigen Situation des Lebens beruhigend ist, an Gott zu denken und zu beten<br />
„Dein Wille geschehe!“<br />
Das Elfmeterschießen wurde im Übrigen gewonnen, leider ging das Halbfinale verloren.<br />
Das ließ aber niemanden an der Gerechtigkeit Gottes verzweifeln.<br />
Kümmert sich Gott um Fußball? Vielleicht. Wenn er sich um spielende Kinder<br />
kümmert, kann er sich ebenso gut für Fußball interessieren. Aber wenn, dann wird er<br />
das nach seinen Maßstäben tun: Dann mag ihm vielleicht der Konfi-Cup wichtiger<br />
sein als die Champions League. Und wenn im Himmel tatsächlich viele Fragen, die<br />
hier auf Erden scheinbar unlösbar waren, gelöst sein werden – dann wird auch ein<br />
für allemal klar ein, ob das Tor im Endspiel der Weltmeisterschaft 1966 drin war<br />
oder nicht. Albrecht Thiel, Pfarrer<br />
Andacht<br />
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