05.01.2013 Aufrufe

Technik für den Erfolg der Bahn - Deutsche Bahn AG

Technik für den Erfolg der Bahn - Deutsche Bahn AG

Technik für den Erfolg der Bahn - Deutsche Bahn AG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das <strong>Technik</strong>-Magazin <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />

bahntech<br />

STELLWERKE<br />

Elektronik<br />

statt Vielfalt<br />

ENERGIE SPAREN<br />

Abschied vom<br />

Bleifuß<br />

DI<strong>AG</strong>NOSE<br />

Lukrative<br />

Früherkennung<br />

<strong>Technik</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />

3+4|03


inhaltt<br />

thema. aktuell. hintergrund.<br />

thema. ZUR SACHE<br />

Personenverkehrsvorstand Dr. Karl-F. Rausch<br />

Perfekte Tecknik ist Basis <strong>für</strong> Qualität 3<br />

thema. SYSTEMTECHNIK<br />

<strong>Technik</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />

Die technische Weiterentwicklung des<br />

Systems <strong>Bahn</strong> macht die DB <strong>AG</strong> nachhaltig<br />

produktiv und attraktiv 4<br />

thema. LIFE CYCLE COSTS<br />

Kostentreiber aufspüren<br />

Systematik bis in Detail <strong>für</strong> eine konsequente<br />

Beschaffungspolitik 6<br />

thema. DI<strong>AG</strong>NOSE<br />

Lukrative Früherkennung<br />

Mo<strong>der</strong>ne Prüftechnik <strong>für</strong> optimierte<br />

Wartung und weniger Zugausfälle 14<br />

thema. SCHMIERSTOFFE<br />

Gut geschmiert spart Kosten<br />

Konzern-Tribologen auf Sparkurs 18<br />

2<br />

impressum<br />

aktuell. ENERGIE SPAREN<br />

Abschied vom Bleifuss<br />

Das Projekt „Eskimo“ spart Energiekosten<br />

in Millionenhöhe 23<br />

aktuell. STROMABNEHMER<br />

Abtauchen vor dem Hin<strong>der</strong>nis<br />

Intelligente <strong>Technik</strong> verhin<strong>der</strong>t schwere<br />

Schä<strong>den</strong> an <strong>der</strong> Oberleitung 26<br />

aktuell. SICHERHEIT<br />

Mit Knautschzone<br />

Crash-Tests im Dienst zusätzlicher<br />

Sicherheit <strong>für</strong> Stadt- und Straßenbahn 28<br />

aktuell. FORSCHUNG<br />

NeiTech in Kroatien<br />

Prüfzug vor Einsatz auf kroatischen<br />

Neigetechnik-Strecken 30<br />

bahntech 3-4|03<br />

Das <strong>Technik</strong>-Magazin <strong>der</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />

Herausgeber:<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />

Potsdamer Platz 2<br />

10785 Berlin<br />

Chefredaktion:<br />

Christine Geißler-Schild<br />

Tel. 030-297-61168<br />

Fax 030-297-62322<br />

christine.geissler-schild@bahn.de<br />

Text und Gestaltung:<br />

Redaktionsbüro ViaDuct<br />

hintergrund. RECHT<br />

Reform <strong>der</strong> Regeln<br />

Teure Altlast <strong>der</strong> Bundesbahn-Vergangenheit:<br />

Immer noch muss die DB <strong>AG</strong><br />

eine kaum übersehbare Flut an<br />

Regelwerken auf dem Laufen<strong>den</strong> halten.<br />

Sie will aus dieser Verantwortung heraus<br />

32<br />

Fotos:<br />

Christoph Busse, Horst Rudel,<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />

Druck:<br />

Koelblin-Fortuna-Druck GmbH<br />

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />

mit mineralölfreien Farben


ZUR SACHE<br />

Perfekte <strong>Technik</strong> ist<br />

Basis <strong>für</strong> Qualität<br />

Auf ihrem langen Weg zum führen<strong>den</strong> und erfolgreich<br />

operieren<strong>den</strong> Logistik- und Mobilitätsdienstleister<br />

verfolgt die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> nach wie vor eine<br />

Doppelstrategie: Einerseits müssen unsere Produkte<br />

attraktiver <strong>für</strong> unsere Kun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, an<strong>der</strong>erseits<br />

müssen wir die Produktivität um ein Mehrfaches<br />

erhöhen. Für beide Ziele ist eine exzellente, funktionierende<br />

<strong>Technik</strong> gerade aus <strong>der</strong> Sicht von Personenund<br />

Güterverkehr eine wesentliche Voraussetzung.<br />

Wir brauchen reibungslos ablaufende, Prozesse,<br />

damit wir eine gute Leistung zuverlässig und in<br />

gleichbleibend hoher Qualität täglich aufs Neue<br />

produzieren können. Und diese Prozesse sind ohne eine<br />

mo<strong>der</strong>ne, perfekt funktionierende <strong>Technik</strong> nicht<br />

realisierbar. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit,Verfügbarkeit<br />

unserer Produktionsmittel – von Zügen, Stellwerken bis<br />

hin zu Signalanlagen – sind die Stellhebel <strong>für</strong> <strong>den</strong> Wirtschaftserfolg.<br />

Und sie basieren bei dem komplexen<br />

Dr. Karl-Friedrich Rausch,<br />

Vorstand Personenverkehr <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />

System <strong>Bahn</strong> nun einmal auf <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>. Hinzu<br />

kommt: Wir brauchen zeitgemäße <strong>Technik</strong>, um<br />

kostengünstig zu produzieren. Der Kostenfaktor wird<br />

im sich verschärfen<strong>den</strong> Wettbewerb immer wichtiger.<br />

Möglich ist das nur durch eine strategisch abgesicherte,<br />

qualifizierte Systemrealisierung und Systembetreuung.<br />

Denn:Wenn wir in unseren Märkten reüssieren wollen,<br />

brauchen wir Qualität und noch mal Qualität.<br />

Um besser und erfolgreicher zu wer<strong>den</strong>, müssen wir<br />

uns auch in einen stetigen Erneuerungsprozess begeben.<br />

Nicht um das Rad neu zu erfin<strong>den</strong>, son<strong>der</strong>n um<br />

„Wir brauchen reibungslos ablaufende Prozesse,<br />

damit wir eine gute Leistung zuverlässig und in gleichbleibend<br />

hoher Qualität täglich aus Neue produzieren können“<br />

<strong>den</strong> Stand <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> gezielt in noch bessere Produkte<br />

zu implementieren, über Innovationen noch produktiver<br />

zu wer<strong>den</strong>, Kun<strong>den</strong>wünsche noch besser zu<br />

erfüllen. Das ist eine große und wichtige Aufgabe <strong>für</strong><br />

die Ingenieure – sie wird mitentschei<strong>den</strong> über <strong>den</strong><br />

<strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. bt<br />

3<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

4<br />

SYSTEMTECHNIK<br />

<strong>Technik</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />

Im liberalisierten europäischen Transportmarkt weht <strong>der</strong> Wind des<br />

Wettbewerbs immer stärker. Wie <strong>für</strong> alle Spieler in diesem Markt gilt<br />

auch <strong>für</strong> die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong>: Sie muss sich mit aller Konsequenz<br />

ausrichten auf Marktorientierung, Kun<strong>den</strong>nutzen und<br />

wirtschaftlichen <strong>Erfolg</strong>. Da<strong>für</strong> bleibt die Optimierung des<br />

technischen Systems <strong>Bahn</strong> ein ständiger Prozess. Erst die<br />

konsequente und kontinuierliche technologische Weiterentwicklung<br />

kann die <strong>Bahn</strong> nachhaltig produktiv und attraktiv machen.<br />

Liegen gebliebene Fahrzeuge sind <strong>für</strong><br />

jedes <strong>Bahn</strong>-Unternehmen eine mittlere<br />

Katastrophe. Der Störfall verärgert<br />

Kun<strong>den</strong>, er bringt <strong>den</strong> Fahrplan durcheinan<strong>der</strong><br />

und beeinträchtigt damit das<br />

gesamte Produktionssystem. Schließlich<br />

hat er Folgekosten: Hilfsloks müssen<br />

gestellt wer<strong>den</strong>; weiterer Aufwand ist notwendig,<br />

um das System wie<strong>der</strong> ins Reine<br />

zu bringen. Und schließlich: Fehlerbeseitigung<br />

– gegebenenfalls mit erheblichen<br />

Reparaturkosten.<br />

Und doch: Im riesigen Produktionssystem<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> mit über 30.000 Zugfahrten<br />

am Tag gehören liegen gebliebene<br />

Fahrzeuge immer noch zu <strong>den</strong> täglichen<br />

Ereignissen. „Wir haben“, räumt Hans<br />

Peter Lang, Mitglied <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />

<strong>der</strong> DB Systemtechnik, unumwun<strong>den</strong><br />

ein, „immer noch erhebliche Qualitätsdefizite.Was<br />

wir unbedingt brauchen, sind<br />

deutliche Verbesserungen in <strong>der</strong> Verfügbarkeit<br />

unserer Produktionsmittel.“ In<br />

mehreren Pilotprojekten geht die DB<br />

Systemtechnik in enger Zusammenarbeit<br />

mit <strong>den</strong> operativen Geschäftsfel<strong>der</strong>n des<br />

(weiter auf Seite 6)


ahntech: Herr Dr. Schmidberger,<br />

<strong>der</strong> wirtschaftliche<br />

Druck auf die <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong> ist<br />

groß. Kann sich <strong>der</strong> Konzern<br />

da eigene Forschungs- und<br />

Entwicklungsarbeit leisten?<br />

Schmidberger: Ich muss hier<br />

mit einem weit verbreiteten<br />

Irrtum aufräumen. Im Unternehmen<br />

und auch in <strong>der</strong><br />

Politik gibt es immer noch<br />

viele, die meinen, dass wir bei<br />

<strong>der</strong> Systemtechnik einen<br />

geruhsamen Job im Elfenbeinturm<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft<br />

pflegen. Das ist völlig absurd.<br />

Unsere Ingenieure arbeiten<br />

keineswegs an kostspieligen,<br />

rosaroten Zukunftsvisionen<br />

fernab von <strong>der</strong> geschäftlichen<br />

Realität. Sie sind vielmehr<br />

knallhart an <strong>der</strong> Front des täglichen<br />

Betriebs tätig. Die ganzen<br />

technischen Probleme des<br />

operativen Geschäfts lan<strong>den</strong><br />

High-Tech <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

sicheren, effizienten<br />

<strong>Bahn</strong>betrieb: In<br />

dieser Prüfanlage<br />

im ICE-Werk in<br />

München wer<strong>den</strong><br />

Radsatzwellen technisch<br />

untersucht.<br />

Kun<strong>den</strong> gewinnen<br />

mit mehr Qualität<br />

Dr Rainer Schmidberger, Chef<br />

<strong>der</strong> DB Systemtechnik, zur<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Konzerntechnik<br />

bei uns, und gemeinsam mit<br />

<strong>den</strong> Betreibern suchen wir<br />

pragmatisch nach Lösungen.<br />

Die beschei<strong>den</strong>en Mittel, die<br />

uns zur Verfügung stehen,<br />

geben wir sicher als vielfachen<br />

Mehrwert zurück ins<br />

Unternehmen.<br />

bahntech: Das müssen Sie<br />

präzisieren.<br />

Schmidberger: Gerne. Die<br />

Qualität <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> wird von<br />

<strong>der</strong> technischen Qualität<br />

unserer Produktionsmittel<br />

Infrastruktur und Fahrzeuge<br />

bestimmt. Und diese Qualität<br />

entschei<strong>den</strong>d zu erhöhen –<br />

daran, und an nichts an<strong>der</strong>em,<br />

arbeitet das Ressort<br />

<strong>Technik</strong>/Beschaffung mit<br />

allem Nachdruck.Wir wissen,<br />

dass mangelnde Qualität<br />

unserer technischen Ressourcen<br />

zu 30 Prozent Ursache <strong>für</strong><br />

mangelnde Pünktlichkeit im<br />

Zugverkehr ist. Da können<br />

Sie Lokschä<strong>den</strong>, Stellwerksausfälle,<br />

Probleme mit S-<br />

<strong>Bahn</strong>-Türen, Oberleitungsdefekte<br />

und vieles an<strong>der</strong>e<br />

mehr nehmen. Unser Ziel ist<br />

es, diese Qualitätsdefizite<br />

gegen Null zu reduzieren.<br />

bahntech: Ist das realistisch?<br />

Schmidberger: Ja, an<strong>der</strong>s<br />

macht es keinen Sinn. Nur<br />

mit <strong>der</strong> zuverlässigen <strong>Bahn</strong><br />

können wir Kun<strong>den</strong> gewinnen.<br />

Das ist unseren<br />

Ingenieuren sehr bewusst und<br />

liegt ihnen am Herzen.<br />

bahntech: Wie gehen sie strategisch<br />

vor?<br />

Schmidberger: Zwei Schlagworte:<br />

Systemrealisierung und<br />

Systembetreuung. Von uns<br />

wird <strong>der</strong> gesamte Beschaffungsprozess<br />

neuer <strong>Technik</strong><br />

verantwortet. Die DB<br />

Systemtechnik leitet z.B.<br />

sämtliche laufende Fahrzeug-<br />

beschaffungsprojekte <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong>. Das sind rund 60 mit<br />

einem Beschaffungsvolumen<br />

von 14 Mrd. Euro im Mittelfristzeitraum.<br />

Wir müssen<br />

da<strong>für</strong> sorgen, dass die künftigen<br />

Produktionsmittel in<br />

puncto Kosten, Funktion und<br />

Qualität <strong>den</strong> hohen Ansprüchen<br />

unserer Betreiber<br />

genügen. Gemeinsam mit<br />

unseren Kollegen des operativen<br />

Geschäfts und mit <strong>der</strong><br />

Industrie setzen wir alles<br />

daran, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> DB nach vorne zu<br />

bringen. Soweit die Systemrealisierung.<br />

Systembetreuung<br />

heißt <strong>für</strong> uns ganz wesentlich<br />

Nachbessern <strong>der</strong> vorhan<strong>den</strong>en<br />

Produktionsmittel. Also:<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit,<br />

Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit,<br />

um <strong>den</strong> Marktauftritt<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> endlich besser zu<br />

machen. Gleichzeitig heißt<br />

das: Kosten runter, wo es nur<br />

geht. Wenn die <strong>Technik</strong> glatt<br />

funktioniert, wird sie <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Betreiber immer billiger. Sie<br />

sehen, die Konzerntechnik ist<br />

voll in die Gesamtstrategie<br />

eingebun<strong>den</strong>. Wir verantworten<br />

zwar nicht die Bilanz <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong>. Aber wir wer<strong>den</strong> das<br />

Geschäft absichern. Das ist<br />

unser Beitrag <strong>für</strong> die Zukunft<br />

des Unternehmens. bt<br />

5<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

6<br />

LIFE CYCLE COSTS<br />

Personen- und Güterverkehrs das<br />

Problem an. Beharrlich und konsequent.<br />

Denn alle Beteiligten wissen: Verbesserungen<br />

in <strong>der</strong> Verfügbarkeit bringen<br />

sofort Wirtschaftserfolg – sie sparen<br />

Kosten und verbessern die Akzeptanz <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong> in <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />

Optimierung <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

durch ein technisch optimal funktionierendes<br />

System <strong>Bahn</strong> – auf diese Formel<br />

lässt sich die Aufgabe des Bereichs<br />

<strong>Technik</strong> komprimieren. Manager Lang<br />

formuliert drastischer: „Wenn es uns<br />

nicht gelingt, Verbesserungen zu erreichen,<br />

dann braucht man uns nicht.“ Die<br />

Ansätze, mehr Verfügbarkeit, mehr Qualität<br />

<strong>für</strong> das System <strong>Bahn</strong> bereitzustellen,<br />

sind vielfältig. Sie sind in aller Regel<br />

maßgeschnei<strong>der</strong>t zur Beseitigung eines<br />

bestimmten Störfall-Potenzials und sind<br />

zugleich von einer übergreifen<strong>den</strong><br />

Systematik getrieben.<br />

Ulrich Grotz, E-Lok-Experte <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik in München, hat da<strong>für</strong> ein<br />

gutes Beispiel – die „Quality Gates“.<br />

Hinter dem Schlagwort verbirgt sich ein<br />

System, mit dem <strong>Bahn</strong> und <strong>Bahn</strong>industrie<br />

ein schwerwiegendes Ärgernis <strong>der</strong> letzten<br />

Jahre endgültig zu <strong>den</strong> Akten legen wollen.<br />

Nachdem die Inbetriebnahme neuer<br />

Fahrzeuge vom Neigetechnikzug bis zum<br />

ICE 3 in <strong>den</strong> letzten Jahren immer wie<strong>der</strong><br />

von Störungen und Ausfällen überschattet<br />

war, soll künftig ein präziser, stark<br />

formalisierter Prozess da<strong>für</strong> sorgen, dass<br />

potenzielle technische Probleme mit<br />

neuen Fahrzeugen bereits vor <strong>der</strong> Auslieferung<br />

erkannt und beseitigt wer<strong>den</strong>.<br />

Das Tor zum <strong>Erfolg</strong> ist dabei das Quality<br />

Gate, entwickelt vom Fachteam <strong>der</strong><br />

Qualitätssicherung im Bereich <strong>Technik</strong>.<br />

Experte Grotz definiert: „Ein Quality<br />

Gate kennzeichnet <strong>den</strong> in einem Prozess<br />

fest verankerten Zeitpunkt, an dem zuvor<br />

vereinbarte Leistungen zwischen <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong> als Auftraggeber und dem Hersteller<br />

gemeinsam gemessen und hinsichtlich<br />

ihrer Qualität und Vollständigkeit bewertet<br />

wer<strong>den</strong>.“ Das Ergebnis dieser Bewertung<br />

muss immer eine Antwort auf die<br />

Frage geben, ob die entsprechen<strong>den</strong><br />

Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllt sind o<strong>der</strong> nicht.<br />

Und die Konsequenz aus diesem Urteil<br />

(weiter auf Seite 8)<br />

Bei <strong>der</strong> Beschaffung und<br />

Systembetreuung von Schienenfahrzeugen<br />

spielt ein<br />

Aspekt eine immer stärkere<br />

Rolle, <strong>der</strong> in früheren Zeiten<br />

eher vernachlässigt wurde: die<br />

Lebenszykluskosten, neudeutsch<br />

Life Cycle Costs<br />

(LCC).<br />

Entschei<strong>den</strong>des Kriterium<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> wirtschaftlichen<br />

Betrieb ist neben <strong>den</strong><br />

Anschaffungskosten die Frage,<br />

wieviel das Fahrzeug im täg-<br />

Mit LCC die<br />

Kostentreiber<br />

aufspüren<br />

lichen Betrieb kostet – von<br />

<strong>der</strong> Reinigung bis zur<br />

Wartung, vom Energiebedarf<br />

bis hin zur Entsorgung am<br />

Ende <strong>der</strong> Lebensdauer. Dabei<br />

müssen LCC im Kontext mit<br />

an<strong>der</strong>en Größen gesehen wer<strong>den</strong>,<br />

beschreibt Dr. Bernd<br />

Zirkler, bei <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>für</strong><br />

Systemanalysen, Betriebskonzepte<br />

und LCC Fahrzeuge<br />

verantwortlich. Der Kostenaspekt<br />

stehe stets im<br />

Spannungsfeld einerseits mit<br />

<strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Verfügbarkeit<br />

und Zuverlässigkeit des<br />

Fahrzeugs, an<strong>der</strong>erseits aber<br />

auch mit dem Nutzwert <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Kun<strong>den</strong>.<br />

Zirkler: „Aus dem Masterplan<br />

<strong>der</strong> Fahrzeugstrategie<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> geht <strong>der</strong> klare<br />

Auftrag hervor, im Rahmen<br />

zukünftiger Beschaffungsmaßnahmen<br />

LCC- und nutzwertoptimale<br />

Fahrzeuge auszuwählen.<br />

Hier geht es<br />

darum, die verschie<strong>den</strong>en<br />

Aspekte im Gesamtzusammenhang<br />

zu sehen: Wir kön-<br />

Zielkostenmethodik<br />

optimiert Kosten<br />

und Nutzen:<br />

Dr. Bernd Zirkler<br />

nen nicht ausschließlich die<br />

Kosten im Blick haben, son<strong>der</strong>n<br />

müssen auch sehen, dass<br />

wir ein optimales Fahrzeug<br />

<strong>für</strong> unsere Kun<strong>den</strong> fahren und<br />

zugleich die da<strong>für</strong> benötigten<br />

Ressourcen zu wirtschaftlich<br />

vernünftigen Konditionen<br />

bereitstellen.“


Typische LCC-<br />

Kosten: Fahrzeug-<br />

Reinigung (links),<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung von<br />

InterCity-Wagen<br />

(rechts).<br />

Bei <strong>der</strong> Beschaffung <strong>der</strong><br />

neuen Generation von<br />

InterCity-Zügen wird die<br />

Strategie erstmals konsequent<br />

verfolgt. Wesentliches Instrument<br />

dabei ist die Zielkostenmethodik.<br />

Mit ihr wird <strong>den</strong><br />

Auftragnehmern aus <strong>der</strong><br />

Industrie klar vorgegeben, wie<br />

sich die <strong>Bahn</strong> als Auftraggeber<br />

die Kostenstrukturen <strong>für</strong> das<br />

geplante Fahrzeug vorstellt.<br />

Ein wesentlicher Schritt dabei<br />

ist die Betrachtungsweise auf<br />

Module und Komponenten.<br />

Um <strong>den</strong> größtmöglichen<br />

Nutzen zu realisieren und<br />

gleichzeitig die Wechselwirkungen<br />

zwischen Lebenszykluskosten<br />

(LCC) und<br />

Qualitätsanfor<strong>der</strong>ungen möglichst<br />

realistisch in <strong>den</strong> Griff<br />

zu bekommen, wer<strong>den</strong> die<br />

entsprechen<strong>den</strong> Daten auf <strong>der</strong><br />

Modul- bzw. Komponentenebene<br />

erhoben und analysiert.<br />

Zirkler: „In <strong>den</strong> meisten<br />

Fällen erlaubt erst diese<br />

Detailbetrachtung das Auffin<strong>den</strong><br />

<strong>der</strong> Kostentreiber.“<br />

Hinzu kommt: Die Kenntnis<br />

<strong>der</strong> Kosten auf Modulebene<br />

lässt interessante Vergleiche<br />

zwischen unterschiedlichen<br />

Fahrzeugen zu: „Die ständige<br />

Verbesserung <strong>der</strong> LCC-<br />

Datenbanken <strong>für</strong> alle Kostenblöcke<br />

von <strong>der</strong> Beschaffung<br />

bis zur Entsorgung wird hierzu<br />

einen wichtigen Beitrag<br />

liefern.“<br />

Im Bereich <strong>Technik</strong> und<br />

Beschaffung wer<strong>den</strong> die entsprechen<strong>den</strong><br />

Analysen gezielt<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> gesamten <strong>Bahn</strong>konzern<br />

vor- und aufbereitet:<br />

„So können wir zukünftigen<br />

Betreibern und Auftraggebern<br />

auch Formulierungen <strong>für</strong> die<br />

Vertragsgestaltung anbieten,<br />

die kontinuierlich und übergreifend<br />

auf <strong>den</strong> Erfahrungen<br />

aus <strong>den</strong> unterschiedlichsten<br />

Beschaffungsprojekten stammen<br />

und doch gleichzeitig die<br />

individuellen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

des jeweiligen Betreibers<br />

erfüllen“, beschreibt Zirkler.<br />

Die LCC-Erhebungen seien<br />

dabei ein entschei<strong>den</strong><strong>der</strong><br />

Beitrag <strong>für</strong> die Investitionsentscheidungen.<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong><br />

LCC-Systematik soll so vorangetrieben<br />

wer<strong>den</strong>, dass es<br />

<strong>für</strong> jedes System einen genauen<br />

„Kosten-Fingerabdruck“<br />

gibt und dieser Datenbestand<br />

auch kontinuierlich angepasst<br />

bzw. vorgehalten wird. „Hier<br />

bauen wir auf einem bahnspezifischen<br />

Kostenmodell<br />

auf“, berichtet Zirkler. „Wir<br />

erheben Kosten <strong>für</strong> Vorbereitung,<br />

Beschaffung, Betriebseinsatz,<br />

Fahrweg, Instandhaltung,<br />

Entsorgung, Produktausfall<br />

und Verspätungen.“<br />

Im Ergebnis ist es dann<br />

auch möglich, mit <strong>den</strong> LCC-<br />

Analysen spezifische Kenngrößen<br />

je Zugkilometer o<strong>der</strong><br />

je Sitzplatz abzubil<strong>den</strong>.<br />

Zirkler: „Die umfassende<br />

Berücksichtigung von Lebenszykluskosten<br />

und das<br />

kontinuierliche Aufzeichnen<br />

von weiteren Kostenreduktionen<br />

können allerdings<br />

letztlich nur mit einer detail-<br />

Kosten in Tausend pro Sitzplatz<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

ICE 1<br />

ICE 2<br />

(2 Halbzüge)<br />

Doppelstockzug<br />

(5 Wagen)<br />

lierten konsequenten Datenerhebung<br />

realisiert wer<strong>den</strong>“.<br />

Ein wichtiger Schritt da<strong>für</strong><br />

sei das Projekt Tessa, das<br />

erstmals einen <strong>der</strong>artigen<br />

unternehmensübergreifen<strong>den</strong><br />

Datenfluss zwischen unterschiedlichen<br />

Systemen herstellen<br />

wird (siehe auch Grafik<br />

Seite 9). bt<br />

BR 642<br />

Lebenszykluskosten<br />

Fahrweg<br />

Instandhaltung<br />

Betriebseinsatz<br />

Beschaffung<br />

Betrachtungszeitraum 5 Jahre, alle<br />

Fahrzeuge ohne Berücksichtigung von<br />

Overhead, Vertrieb, Rücknahme und<br />

Produktausfall.<br />

Bei Regio-Fahrzeugen ohne<br />

Zugbegleitpersonal- und<br />

Vorbereitungskosten.<br />

Keine Kapitalkosten eingerechnet,<br />

Trassenkosten auf Stand 2002,<br />

Laufleistungen:<br />

ICE: 420 000 km/Jahr<br />

Regio-Fahrzeuge: 200 000 km/Jahr<br />

7<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

8<br />

SYSTEMTECHNIK<br />

ist die Entscheidung, ob ein „Go“ <strong>den</strong><br />

weiteren Prozess einleitet o<strong>der</strong> zunächst<br />

mit einem „Stop“ nachgebessert wer<strong>den</strong><br />

muss. „Bei <strong>der</strong> Beschaffung <strong>der</strong> neuen<br />

Mehrsystem-Güterzugloks <strong>der</strong> Baureihe<br />

189 wird erstmals durch ein <strong>der</strong>artiges<br />

konsequentes Einhalten von Prozessschritten<br />

da<strong>für</strong> gesorgt, dass <strong>der</strong><br />

Projektfortschritt an festgelegten Meilensteinen<br />

überwacht wird“, berichtet Grotz.<br />

Anwendung soll das Verfahren <strong>der</strong> Quality<br />

Gates in <strong>den</strong> Phasen <strong>der</strong> Fahrzeugkonstruktion<br />

und -montage fin<strong>den</strong>, dann<br />

aber auch bei <strong>der</strong> Inbetriebsetzung, bei<br />

<strong>der</strong> Abnahme und während <strong>der</strong><br />

Gewährleistung.<br />

Quality Gates machen Prozesse und<br />

Entwicklungsschritte transparent, und<br />

bahntech: Herr Lang, Wettbewerb<br />

gilt gemeinhin als<br />

Triebfe<strong>der</strong> <strong>für</strong> Innovationen.<br />

Steht das System <strong>Bahn</strong> nun,<br />

im zunehmen<strong>den</strong> Wettbewerb,<br />

vor kreativen Quantensprüngen?<br />

Lang: Das sehe ich nicht so<br />

recht.<br />

bahntech: Warum nicht?<br />

Lang: Es gibt ein grundsätzliches<br />

Problem. Der Wettbewerb<br />

<strong>der</strong> Verkehrsträger<br />

bedeutet ja in erster Linie, dass<br />

alle Marktteilnehmer unter<br />

einem erheblichen Kostendruck<br />

stehen. So hat <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong>konzern nicht zufällig<br />

seine eigenen, auf Fahrzeuge<br />

und Komponenten bezogenen<br />

Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitätenreduziert,<br />

die er noch zu Bundesbahnzeiten<br />

gepflegt hat. Wir<br />

müssen erkennen, dass wir<br />

Betreiber sind und nicht <strong>der</strong><br />

Entwickler unserer Produktionsmittel.<br />

Das können wir<br />

nicht leisten, das ist die<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Industrie.<br />

bahntech: Nun gut, die<br />

Industrie wird ja wohl nicht<br />

<strong>den</strong> weltweit wachsen<strong>den</strong><br />

damit geben sie allen an dem<br />

Beschaffungsprojekt Beteiligten <strong>den</strong><br />

erfor<strong>der</strong>lichen Durchblick auf eventuelle<br />

Schwachstellen. Das Verfahren ermöglicht<br />

solche gemeinsamen Risikoabschätzungen<br />

sowohl im DB internen<br />

Zusammenspiel von Einkauf,<br />

Qualitätssicherung, <strong>Technik</strong> und<br />

Fahrzeughalter als auch in <strong>der</strong> Diskussion<br />

mit dem Hersteller – mit <strong>der</strong> Folge, dass<br />

<strong>Bahn</strong>technikmarkt in puncto<br />

Innovationen vernachlässigen...<br />

Lang: Das stimmt nur zum<br />

Teil. Unsere Hersteller, die<br />

selbst im harten Wettbewerb<br />

stehen, richten zwangsläufig<br />

ihre F&E auf die eigene<br />

Wertschöpfung aus, nicht aber<br />

am Nutzen <strong>für</strong> das Gesamtsystem<br />

<strong>Bahn</strong>. Denn Forschung<br />

kostet nicht nur Geld,<br />

sie schließt auch <strong>den</strong><br />

Misserfolg ein.<br />

bahntech: Sehen Sie das vielleicht<br />

etwas zu schwarz?<br />

Lang: Ich <strong>den</strong>ke nicht.<br />

Schauen Sie sich einmal die<br />

<strong>Bahn</strong>technik in Län<strong>der</strong>n mit<br />

konsequent liberalisiertem<br />

<strong>Bahn</strong>verkehr an. Zum Beispiel<br />

in Großbritannien o<strong>der</strong> auch<br />

in <strong>den</strong> USA. Von Innovationen<br />

in <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> des<br />

Gesamtsystems <strong>Bahn</strong> ist da<br />

wenig zu sehen.<br />

bahntech: Was ist zu tun?<br />

Lang: Das Ganze ist ein politisches<br />

Thema. Die öffentlichen<br />

Hände, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die EU, wer<strong>den</strong> kaum umhin<br />

können, mehr in eine konsequente<br />

<strong>Bahn</strong>-Forschung zu<br />

Innovationen <strong>für</strong><br />

die <strong>Bahn</strong> sichern<br />

Hans-Peter Lang, Mitglied <strong>der</strong><br />

Geschäftsleitung von DB<br />

Systemtechnik, zu <strong>den</strong> Folgen <strong>der</strong><br />

Liberalisierung<br />

investieren, soll <strong>der</strong> Schienenverkehr<br />

in Europa tatsächlich<br />

eine entlastende Rolle auf<br />

Dauer einnehmen können.<br />

bahntech: Die Kassen sind<br />

leer, müsste die <strong>Bahn</strong> da nicht<br />

auch um<strong>den</strong>ken?<br />

hochkomplexe und zugleich komplizierte<br />

Projekte wie die Beschaffung eines neuen<br />

Fahrzeugtyps besser in <strong>den</strong> Griff zu<br />

bekommen sind.<br />

Nachdem die ersten Loks <strong>der</strong><br />

Baureihe 189 bereits in <strong>den</strong> Dienst<br />

Quality-Gates machen bei Beschaffungsprojekten<br />

Prozesse wie Entwicklungsschritte transparent und<br />

geben so Durchblick auf eventuelle Risiken<br />

gestellt wur<strong>den</strong>, wird das Quality-Gate-<br />

Verfahren anhand von zwei weiteren<br />

Großprojekten durch die Qualitätssicherung<br />

im Ressort <strong>Technik</strong> <strong>der</strong> DB<br />

Lang: Diese Rolle können<br />

wir als Betreiber nicht übernehmen.<br />

Im übrigen ist es ja<br />

nicht so, dass wir im Bereich<br />

<strong>der</strong> technischen Innovationen<br />

nun völlig passiv sind. Nehmen<br />

Sie <strong>den</strong> ICE 3, <strong>der</strong> ent-


deutlich optimiert – zunächst bei <strong>der</strong><br />

Beschaffung <strong>der</strong> neuen Streckendiesellok-<br />

Generation und dann bei <strong>der</strong> Bestellung<br />

von 13 weiteren ICE-3-Zügen, die <strong>der</strong><br />

Unternehmensbereich Personenverkehr<br />

im Rahmen einer Option ab 2005 einsetzen<br />

möchte. „Mit diesem System“, fasst<br />

Grotz zusammen, „ist ein Controlling-<br />

Instrument geschaffen, das dank hoher<br />

Standardisierung zukünftig eine vielseitige<br />

Anwendbarkeit zum Nutzen unserer<br />

operativen Betreiber vorstellbar macht.“<br />

Sorgenkin<strong>der</strong> im täglichen Betriebsalltag<br />

sind allzu oft aber auch bewährte<br />

Zugpferde mit zum Teil schon Jahrzehnte<br />

langen Einsatzzeiten. Beispielsweise die<br />

E-Loks <strong>der</strong> Baureihe 112. Immer wie<strong>der</strong><br />

bleiben Züge liegen, müssen Hilfsloks<br />

hält durchaus pfiffige <strong>Technik</strong>,<br />

ich <strong>den</strong>ke da z. B. an die<br />

Wirbelstrombremse, die in<br />

Zusammenarbeit mit uns entstan<strong>den</strong><br />

ist, o<strong>der</strong> Innovationen<br />

in <strong>der</strong> Instandhaltungstechnik.<br />

Und letztlich ist jede<br />

Fahrzeug-Optimierung, die<br />

wir im Rahmen <strong>der</strong> Bauartbetreuung<br />

erbringen, ja<br />

auch ein Innovationsprozess<br />

des Betreibers <strong>Bahn</strong>. Aber da<br />

habe ich dann schon wie<strong>der</strong><br />

ein Problem:Wie können wir<br />

verhin<strong>der</strong>n, dass unsere Optimierungen<br />

unmittelbaren<br />

Wettbewerbern zu Gute<br />

kommen, die die gleichen<br />

Fahrzeuge beschaffen wie wir<br />

und so von unseren Entwicklungen<br />

profitieren?<br />

bahntech: Wie ist die Lösung?<br />

Lang: Hier muss eine rechtliche<br />

Lücke geschlossen wer<strong>den</strong>.<br />

Ich <strong>den</strong>ke aber, dass man<br />

so etwas über Lizenzverträge<br />

mit <strong>den</strong> Herstellern relativ<br />

einfach geregelt bekäme. Es<br />

kann je<strong>den</strong>falls nicht angehen,<br />

dass die DB mit eigenen<br />

Forschungsmitteln <strong>den</strong> Wettbewerbern<br />

<strong>den</strong> Weg in die<br />

Märkte ebnet. bt<br />

Baureihe 112:<br />

Durch systematische<br />

Fehler-Analyse<br />

und -Beseitigung<br />

stieg die<br />

Verfügbarkeit<br />

spürbar.<br />

ausrücken. In einem Projekt mit gezielter<br />

technischer Analyse und systematischem<br />

Vorgehen, wurde die Verfügbarkeit <strong>der</strong><br />

E-Loks <strong>der</strong> Baureihe 112 deutlich<br />

erhöht. Zunächst wurde systematisch<br />

ermittelt, wie das „Störgeschehen“ bei<br />

dieser Baureihe aussieht. Es stellte sich<br />

heraus, dass es vor allem technische Fehler<br />

am Hauptschalter, dem Umformer<br />

und dem Schaltwerk waren, die zu<br />

Ausfällen und damit zu Verspätungsminuten<br />

im Betriebsalltag führten. Der<br />

gründlichen Analyse folgten entsprechende<br />

Abhilfemaßnahmen, und mittlerweile<br />

liegt eine erste Bilanz vor. Projektleiter<br />

Wolfgang Graßhoff: „Durch die<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Lokausfälle wer<strong>den</strong><br />

Fehlerkosten <strong>für</strong> Verspätungsminuten<br />

eingespart. Was noch wichtiger ist:<br />

Weniger Störungen reduzieren ja auch<br />

die Standzeiten in <strong>der</strong> Werkstatt. Unser<br />

Management<br />

System- und Bauartbetreuung<br />

Regionalbereichsleitung/Leitung des Werks<br />

Projekt ergab, dass <strong>für</strong> die Baureihe 112<br />

nunmehr eine zusätzliche Verfügbarkeit<br />

von 27 Loktagen pro Jahr gegeben ist.“<br />

Erst das systematische technische<br />

Qualitätsmanagement ermöglicht solche<br />

Produktivitätsfortschritte. Doch in einem<br />

Großunternehmen wie <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ist es<br />

gar nicht so einfach, an die entsprechen<strong>den</strong><br />

Informationen heranzukommen.<br />

Qualitätsmanager Olaf Mangold spricht<br />

sogar vom „Datennebel“: „Es ist ja nicht<br />

so, dass Sie einfach nur in <strong>der</strong> Werkstatt<br />

anrufen und sich eine Liste aller technischen<br />

Störungen geben lassen. Es gibt<br />

nun einmal mehrere Meldewege. Und da<br />

wird es dann schwierig, einen umfassen<strong>den</strong><br />

Überblick zu erhalten.“ So kann es<br />

sein, dass <strong>der</strong> Lokführer selbst <strong>den</strong> Auftrag<br />

zur Störungsbeseitigung gegeben hat<br />

o<strong>der</strong> er ihn einfach im Übergabebuch<br />

(weiter auf Seite 12)<br />

TESSA: Bessere Information <strong>für</strong> bessere Fahrzeuge<br />

Berichte<br />

Berichte<br />

Vorgaben und Ziele<br />

Maßnahmen<br />

Än<strong>der</strong>ungen Einsatz, Schulung,<br />

Instandhaltung, Bauartän<strong>der</strong>ungen<br />

Maßnahmen<br />

Umsetzung Än<strong>der</strong>ung/Vorgaben,<br />

Einflussnahmen auf eigene Organisation/Qualität<br />

Daten aus Fahrzeug Daten aus Instandhaltung Fahrzeuge Fahrzeuge Fahrzeuge<br />

9<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

10<br />

FAHRWEG/FAHRZEUG<br />

Es ist eine Wissenschaft <strong>für</strong><br />

sich: das Zusammenspiel von<br />

Rad und Schiene. Seit mehr<br />

als einem Jahrhun<strong>der</strong>t forschen<br />

Physiker und Mathematiker,<br />

Bauingenieure und<br />

Fahrzeug-Konstrukteure,<br />

um die Mechanismen des<br />

Wirkens von Rad und<br />

Schienen zu verstehen. Diese<br />

Forschung ist alles an<strong>der</strong>e als<br />

Selbstzweck. Aus <strong>den</strong> vielfältigen<br />

Erfahrungen des täglichen<br />

Betriebs weiß die DB<br />

Komplexes<br />

Zusammenwirken:<br />

Rad und Schiene<br />

Systemtechnik nur zu gut, dass<br />

dieses Zusammenspiel wirksam<br />

aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt<br />

sein muss. Dabei geht es nicht<br />

nur um Fahrkomfort <strong>für</strong> die<br />

Reisen<strong>den</strong>, son<strong>der</strong>n vor allem<br />

um Sicherheit und um Kosten.<br />

In komplexen Berechnungsverfahren,<br />

häufig unter<br />

Zuhilfenahme von Hochleistungsrechnern,<br />

ist es heute<br />

möglich, die dynamischen<br />

Kräfte an <strong>der</strong> Schnittstelle von<br />

Rad und Schiene exakt zu<br />

Dynamisches<br />

berechnen. Diese Daten sind<br />

wesentliche Grundlage <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb. So müssen<br />

sie bei <strong>der</strong> Zulassung von<br />

Fahrzeugen ebenso berücksichtigt<br />

wer<strong>den</strong> wie bei <strong>der</strong><br />

Auslegung des Fahrwegs. Es<br />

gilt, sicherheitsrelevante<br />

Grenzwerte einzuhalten und<br />

damit die Beanspruchung <strong>der</strong><br />

bei<strong>den</strong> Basiskomponenten –<br />

sprich: ihren Verschleiß – im<br />

Auge zu behalten. Dr. Gunnar<br />

Baumann, Spezialist <strong>für</strong><br />

Wechselwirkung Fahrbahn/<br />

Fahrzeug von <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik in München:<br />

„Im Rahmen einer vorbeugen<strong>den</strong>Scha<strong>den</strong>sverhin<strong>der</strong>-<br />

ung müssen die dynamischen<br />

Kräfte so begrenzt sein, dass<br />

Infrastruktur und Fahrzeuge<br />

in einem betriebsfähigen Zustand<br />

bleiben. Denn zwischen<br />

Gleislage und Fahrzeugreaktion<br />

gibt es ganz sensible<br />

Abhängigkeiten.“<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> Wechselwirkungen<br />

zwischen Fahrweg<br />

und Fahrzeug sind vorallem<br />

bei Brücken auszumachen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e auf <strong>den</strong> Schnellfahrstrecken<br />

geraten die<br />

Brücken bei Zugüberfahrten<br />

in Schwingungen. Bereits seit<br />

<strong>den</strong> neunziger Jahren setzen<br />

sich die Experten <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> in<br />

einem Programm „Zusammenwirken<br />

Fahrzeug –<br />

Brücke“ mit diesem Phänomen<br />

auseinan<strong>der</strong>. In umfangreichen<br />

Versuchsreihen wur<strong>den</strong><br />

– und wer<strong>den</strong> noch heute<br />

– wesentliche Erkenntnisse ermittelt,<br />

um Brückenkonstruktionen,<br />

aber auch <strong>den</strong><br />

Oberbau – feste Fahrbahnen<br />

ebenso wie Schotteroberbau –<br />

so zu optimieren, dass die mitunter<br />

kostspieligen Folgen <strong>der</strong><br />

Schwingungen eingedämmt<br />

wer<strong>den</strong> können.<br />

Seit mehr als einem Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

wer<strong>den</strong> die Mechanismen <strong>der</strong><br />

Grundkomponenten <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> erforscht<br />

Ein Spezialproblem in diesem<br />

Zusammenhang ist die<br />

Schallabstrahlung von<br />

Brücken, wenn Züge über sie<br />

fahren. Dr. Karl-Georg<br />

Degen, Chef <strong>der</strong> Akustik-<br />

Abteilung <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik, beschreibt <strong>den</strong><br />

Fall: „Die bei <strong>der</strong> Überfahrt<br />

eines Zuges entstehen<strong>den</strong><br />

Schwingungen wer<strong>den</strong> über<br />

die Schiene und <strong>den</strong> Oberbau<br />

in die Brückenkonstruktion<br />

eingeleitet. Dadurch wer<strong>den</strong>


Spiel von Rad und Schiene<br />

die Brückenteile zu Schwingungen<br />

angeregt und strahlen<br />

folglich Schall ab. Der äußert<br />

sich bei akustisch ungünstigen<br />

Brückenkonstruktionen meist<br />

in einem tiefen Grollen.<br />

Fachlich gesehen ist es sekundärer<br />

Luftschall im niedrigen<br />

Frequenzbereich.“<br />

Die Akustik-Experten<br />

haben vor dem Hintergrund<br />

<strong>der</strong> Bemühungen, Verkehrslärm<br />

weiter einzudämmen, das<br />

Karl-Georg Degen, Akustikabteilung DB Systemtechnik:<br />

„Das Projekt ,Leise Brücke’ dämmt kostengünstig<br />

Schallabstrahlungen fahren<strong>der</strong> Züge ein.“<br />

Thema in einem Projekt<br />

„Leise Brücke“ aufgegriffen.<br />

In einer Fülle von Untersuchungen<br />

vor Ort und<br />

Simulationen am Computer<br />

wird untersucht, wie sich<br />

Lärmmin<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />

zur Reduktion <strong>der</strong> Schallabstrahlung<br />

auswirken. Degen:<br />

„Hier geht es nicht nur um<br />

Wirkung und technische<br />

Realisierbarkeit, son<strong>der</strong>n auch<br />

um Optimierung <strong>der</strong> Ko-<br />

sten.“ Das Bewertungserfahren<br />

soll dazu führen, dass<br />

Simulationsmodelle <strong>für</strong> Standardbrücken<br />

aufgestellt wer<strong>den</strong>,<br />

um künftig schon von<br />

vornherein und möglichst<br />

ohne Mehrkosten <strong>den</strong><br />

Schallschutz zu verbessern.<br />

Mit <strong>den</strong> zunehmend hohen<br />

Geschwindigkeiten, die<br />

die DB auch im Regionalverkehr<br />

und im Güterverkehr<br />

fährt, sowie durch die wach-<br />

sen<strong>den</strong> Beanspruchungen<br />

aufgrund dichter Zugfolgen<br />

und hoher Gewichte insbeson<strong>der</strong>e<br />

im Güterverkehr,<br />

muss die intensive Beobachtung<br />

<strong>der</strong> Rad-Schiene-<br />

Problematik weiter geführt<br />

wer<strong>den</strong>. Haymo Zenker:<br />

„Wir wissen, dass das System<br />

Rad-Schiene erhebliche Potenziale<br />

hat. Wichtig aus <strong>der</strong><br />

Sicht unserer operativen Betreiber<br />

und des Netzes als<br />

Infrastruktur-Anbieter ist es,<br />

dass wir einerseits ausreichende<br />

Reserven <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

einwandfreien Zugbetrieb<br />

erhalten. Aber an<strong>der</strong>erseits<br />

müssen wir die Reserven so<br />

weit wie möglich ausnutzen,<br />

um <strong>den</strong> Instandhaltungsaufwand<br />

auf ein wirtschaftlich<br />

vertretbares Maß zu<br />

beschränken.“ Hier bedienen<br />

sich die Ingenieure<br />

mo<strong>der</strong>nster Messtechnik in<br />

Messzügen, wie <strong>der</strong> VT 612-<br />

901/902 auf NeiTech-<br />

Strecken, die Oberbaumesswageneinheit<br />

und <strong>den</strong> ICE-<br />

S auf <strong>den</strong> Schnell- und<br />

Ausbaustrecken. bt<br />

Runde Sache: Auf<br />

<strong>der</strong> Radsatz-<br />

Drehbank wer<strong>den</strong><br />

Unebenheiten abgeschliffen<br />

– ein<br />

„unrundes“ Rad<br />

wird wie<strong>der</strong> perfekt<br />

<strong>für</strong> ein glattes<br />

Rollen auf <strong>der</strong><br />

Schiene.<br />

11<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

12<br />

STELLWERKE<br />

schriftlich nie<strong>der</strong>gelegt hat. Häufig<br />

kommt <strong>der</strong> Auftrag zur Störungsbeseitigung<br />

auch aus einem an<strong>der</strong>en Werk<br />

– auf <strong>den</strong> unterschiedlichsten Meldewegen.<br />

„Und schließlich kann auch noch<br />

etwas an<strong>der</strong>es passieren“, ergänzt<br />

Mangold: „Im Werk ist bei <strong>der</strong> Revision<br />

überhaupt kein Defekt an <strong>der</strong> Lok feststellbar,<br />

weil dieser sich nur im<br />

Zugverband zeigt.“<br />

So o<strong>der</strong> so – <strong>den</strong> Datennebel zu lichten,<br />

wird eine <strong>der</strong> vordringlichen Aufgaben<br />

sein, um <strong>den</strong> Prozess <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />

technischen Qualitätsverbesserungen<br />

voranzutreiben. DB Systemtechnik-Manager<br />

Lang: „Wir brauchen<br />

kontinuierliche Informationen aus<br />

Instandhaltung und Betrieb. Und erst<br />

wenn wir ein Rechner unterstütztes<br />

Auswertesystem haben, können wir auf<br />

breiter Front noch besser wer<strong>den</strong>.“<br />

Für Abhilfe soll künftig „Tessa“ sorgen.<br />

Das ist die Abkürzung <strong>für</strong> das Projekt<br />

„Technische Schwachstellenanalyse <strong>für</strong><br />

die <strong>Technik</strong> <strong>der</strong> Fahrzeuge und des Fahrwegs“.<br />

„Gegenwärtig gibt es <strong>für</strong> die<br />

Systembetreuung noch keinen etablierten<br />

und anwendbar strukturierten Prozess <strong>für</strong><br />

die Datenerfassung, -auswertung und -<br />

nutzung“, beschreibt Heiko Gau, EDV-<br />

Spezialist <strong>der</strong> DB Systemtechnik, die<br />

Ausgangssituation. Ohne eine Computer<br />

gestützte Erfassung und Aufbereitung<br />

aller Daten aus dem Betriebsgeschehen<br />

könne die Systembetreuung aber auf<br />

Dauer ihre Aufgabe nicht erfüllen, betont<br />

Gau weiter. Dabei gäbe es heute schon<br />

konzernweit eine Fülle von<br />

Informationen, die <strong>für</strong> eine umfassende<br />

technische Schwachstellenanalyse hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Qualitätsprobleme gute<br />

Dienste leisten könnten.<br />

Hinter Tessa steht da<strong>für</strong> <strong>der</strong> Aufbau<br />

eines durchgängigen Datenmanagements<br />

über die gesamte Lebensdauer <strong>der</strong> Fahrzeuge<br />

und über die <strong>Technik</strong> des Fahrwegs.<br />

Gau: „Tessa soll vorhan<strong>den</strong>e Daten<br />

aus Betrieb und Instandhaltung mit dem<br />

Ziel aufbereiten, auf Basis gesicherter<br />

Aussagen zu Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit,<br />

Pünktlichkeit etc. erfor<strong>der</strong>liche<br />

Maßnahmen zu i<strong>den</strong>tifizieren und<br />

(weiter auf Seite 16)<br />

High-Tech statt<br />

Vielfalt + Vielzahl<br />

Über 5.000 Stellwerke hat die DB<br />

Netz <strong>AG</strong> auf ihrem gut 36.000<br />

Kilometer Streckennetz in Betrieb, um<br />

<strong>den</strong> Verkehr sicher abzuwickeln. In<br />

einigen Jahren sollen es nur noch rund<br />

300 sein. Die Leit- und Sicherungstechnik<br />

durchläuft zurzeit einen revolutionären<br />

Prozess, an dessen Ende die<br />

vollständige Mo<strong>der</strong>nisierung stehen<br />

wird – mit Kostensenkungspotenzialen<br />

in einer Größenordnung von 25 Prozent<br />

bezogen auf <strong>den</strong> Lebenszyklus.<br />

Vielzahl und Vielfalt <strong>der</strong> Stellwerke<br />

dokumentieren eindrucksvoll die technische<br />

Entwicklung des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts:<br />

Auf Nebenstrecken funktionieren<br />

heute noch mechanische Stellwerke aus<br />

<strong>der</strong> Zeit vor 1900. ICE-Verkehr und<br />

an<strong>der</strong>e Hochleistungsverkehre wer<strong>den</strong><br />

längst über elektronische Stellwerke aus


Betriebszentralen gelenkt. „Unsere<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung“, so beschreibt Roland<br />

Sölch, Leiter Stellwerkstechnik bei <strong>der</strong><br />

DB Systemtechnik, „ist, dass alle Generationen<br />

untereinan<strong>der</strong> funktionieren<br />

müssen – die alten Bauformen genauso so<br />

wie unsere mo<strong>der</strong>nen Anlagen. Sie müssen<br />

zusammenspielen und ständig in<br />

Ordnung gehalten wer<strong>den</strong>.“<br />

Im Auftrag <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong> sind die<br />

Stellwerks-Experten <strong>für</strong> das Funktionieren<br />

<strong>der</strong> Leit- und Sicherungstechnik<br />

verantwortlich.Ausfälle und Störungen in<br />

Stellwerken und an Signalen haben <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb meist großflächig<br />

Auswirkungen <strong>für</strong> die Kun<strong>den</strong>. Nicht<br />

Stellwerke und<br />

Signale: Langlebige<br />

<strong>Technik</strong><br />

funktioniert über<br />

Jahrzehnte hinweg<br />

nur, dass sie die Zuverlässigkeit und<br />

Verfügbarkeit des Netzes wesentlich<br />

beeinflussen – schwerwiegen<strong>der</strong> ist noch,<br />

dass bei Ausfällen und Störungen kurzfristig<br />

betriebliche Alternativen greifen<br />

müssen und die Erwartungen <strong>der</strong> Kun<strong>den</strong><br />

nicht mehr erfüllt wer<strong>den</strong> können.<br />

Die Sölch-Truppe versteht sich als<br />

„Feuerwehrkommando“, um im Fall des<br />

Falles schnell zu reagieren. Das aber über<br />

<strong>den</strong> Einzelfall hinaus. Störungen wer<strong>den</strong><br />

kontinuierlich ausgewertet, um in<br />

Schwachstellenanalysen Stellwerkskomponenten<br />

mit auffälligem Störverhalten<br />

nach und nach auszuson<strong>der</strong>n. Sölch: „Ein<br />

komplizierter Prozess, <strong>den</strong> wir in enger<br />

Abstimmung mit <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong>, dem<br />

Eisenbahn-Bundesamt und <strong>den</strong> Herstellern<br />

realisieren.“<br />

Das betrifft insbeson<strong>der</strong>e die älteren<br />

Stellwerk-Bauarten. „Häufig gibt es gar<br />

keine Ersatzteile mehr auf dem Markt“,<br />

berichtet <strong>der</strong> Signaltechnik-Experte.<br />

„Dann müssen wir Lösungen fin<strong>den</strong>.Wir<br />

können alte Stellwerke ja nicht einfach<br />

von heute auf morgen stilllegen.“ Gezielt<br />

unternimmt die Systemtechnik bei <strong>den</strong><br />

alten Bauformen Alterungsprüfungen.<br />

Mit ihnen wird <strong>der</strong> Nachweis erbracht,<br />

dass die in die Jahre gekommenen<br />

Anlagen ihre Funktion zuverlässig weiter<br />

erfüllen können.<br />

300 Elektronische STellwerke <strong>der</strong> dritten Generation wer<strong>den</strong><br />

in <strong>den</strong> nächsten Jahren <strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb auf <strong>den</strong> wichtigsten Strecken steuern<br />

Schon Gegenwart<br />

und Zukunft <strong>für</strong><br />

das gesamte Netz<br />

<strong>der</strong> DB:<br />

Elektronische<br />

Betriebssteuerzentrale<br />

Weitgehend geprägt ist die Entwicklung<br />

aber von <strong>der</strong> Zukunft. In <strong>den</strong><br />

nächsten Jahren wird die Stellwerks-<br />

Vielfalt nach und nach zu Gunsten mo<strong>der</strong>nster<br />

<strong>Technik</strong> ersetzt. Im Zielzustand,<br />

so Peter Pohlmann von <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong>,<br />

werde <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb des Fern- und<br />

Ballungsnetzes über rund 300 elektronische<br />

Stellwerke <strong>der</strong> dritten Generation<br />

betrieben - aus sieben Betriebszentralen<br />

mit insgesamt 78 Steuerbezirken. „Durch<br />

die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Leit- und Sicherungstechnik<br />

lassen sich insbeson<strong>der</strong>e die<br />

heutigen Betriebs- und Instandhaltungskosten<br />

signifikant um rund 75 Prozent<br />

reduzieren“, hat Pohlmann errechnet.<br />

„Selbst wenn die fortlaufend notwendigen<br />

Ersatzinvestitionen voll mit<br />

Eigenmitteln bezahlt wer<strong>den</strong> müssen,<br />

erwarten wir im Zielzustand noch eine<br />

Ersparnis bei <strong>den</strong> Lebenszykluskosten von<br />

insgesamt rund 25 Prozent gegenüber<br />

<strong>den</strong> heutigen Kosten.“ bt<br />

13<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

DI<strong>AG</strong>NOSE<br />

Stillstands- und Ausfallzeiten von<br />

technischen Einrichtungen sind in<br />

jedem Industriebetrieb ein teures<br />

Ärgernis – auch bei <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. Seit<br />

Jahren überwacht sie mit hochmo<strong>der</strong>nen<br />

Prüf- und Diagnoseverfahren die<br />

komplexen technischen Prozesse in<br />

Entwicklung, Fertigung, Instandhaltung<br />

und Betrieb.<br />

Dr. Manfred Bannasch, Chef <strong>der</strong><br />

Prüf-Ingenieure von DB Systemtechnik<br />

in Bran<strong>den</strong>burg-Kirchmöser, berichtet:<br />

„In <strong>den</strong> Unternehmensbereichen wer<strong>den</strong><br />

in verstärktem Umfang Prüf- und<br />

Diagnose-Aufgaben automatisiert und<br />

standardisiert. Daran ist DB Systemtechnik<br />

als Berater <strong>der</strong> operativen<br />

14<br />

Bereiche unmittelbar beteiligt.“ Drei<br />

Geschäftsfel<strong>der</strong> sind die Schwerpunkte:<br />

• Innovationsmanagement: Entwicklung<br />

neuartiger Prüf- und Diagnosetechnologien<br />

bis hin zu einsatzreifen Prototypen<br />

• Fahrzeugdiagnose im Rahmen <strong>der</strong><br />

Bauartbetreuung: Integration <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik in <strong>den</strong> kompletten<br />

Beschaffungsprozess<br />

• Systembetreuung stationärer o<strong>der</strong> mobiler<br />

maschinentechnischer Anlagen.<br />

Hier einige Beispiele von mo<strong>der</strong>nen<br />

Diagnoseeinrichtungen und -technologien:<br />

Automatische Radsatzprüfanlagen<br />

(AURA): Im ausgebauten Zustand wer<strong>den</strong><br />

Eisenbahnrä<strong>der</strong> mit dem Ultraschall-<br />

Lukrative<br />

Früherkennung<br />

und dem Wirbelstromverfahren zerstörungsfrei<br />

geprüft. AURA-Anlagen sind<br />

inzwischen in fast allen Werken <strong>der</strong><br />

schweren Fahrzeuginstandhaltung in<br />

Betrieb.<br />

Unterflur-Prüfeinrichtungen (UFPE):<br />

Hiermit wer<strong>den</strong> Eisenbahnrä<strong>der</strong> im eingebauten<br />

Zustand mit dem Ultraschallverfahren<br />

zerstörungsfrei geprüft. Drei<br />

Einrichtungen sind bereits in <strong>den</strong> ICE-<br />

Werken Berlin, Frankfurt und München<br />

installiert, weitere sieben Anlagen wer<strong>den</strong><br />

beschafft. UFPE löst die bisherige Handprüfung<br />

<strong>der</strong> Fahrzeugrä<strong>der</strong> ab, senkt die<br />

Prüfzeiten und damit die Fertigungskosten.<br />

Prüfergebnisse sind je<strong>der</strong>zeit vollständig<br />

darstellbar. Diese Diagnose macht<br />

Prüfung, Ausbau und Tausch von<br />

Radsätzen weitgehend überflüssig.<br />

Prüfeinrichtung <strong>für</strong> Vollwellen (VPS):<br />

Mit Ultraschall wer<strong>den</strong> Radsatzwellen<br />

untersucht. Eingesetzt wird die VPS in<br />

<strong>den</strong> Werken Pa<strong>der</strong>born und Wittenberge,<br />

weitere Anlagen wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Werke<br />

Neumünster und Eberswalde beschafft.


Auch hier ersetzt die Prüfung die bisherige<br />

teure Handprüfung.<br />

Schienenintegrierte Überroll-Prüfanlage<br />

(SUPRA): Das noch in Aufbau<br />

befindliche innovative Radprüfsystem soll<br />

die Rä<strong>der</strong> eines kompletten Zuges automatisch<br />

überprüfen, während er in<br />

Schrittgeschwindigkeit über die Einrichtung<br />

fährt.<br />

Prüfeinrichtung <strong>für</strong> Radsatzwellen<br />

mit Längsbohrung (HPS): Zerstörungsfreie<br />

Ultraschall-Prüfung <strong>für</strong> entsprechende<br />

Radsatzwellen. Damit ausgestattet<br />

sind die ICE-Werke Hamburg, Frankfurt<br />

und München, weitere sechs Anlagen wer<strong>den</strong><br />

beschafft. Mit <strong>der</strong> Senkung <strong>der</strong><br />

Prüfzeiten wer<strong>den</strong> die Verfügbarkeit <strong>der</strong><br />

Züge erhöht und Wartungskosten gesenkt.<br />

Bremsbelagdiagnoseanlage (BBDA-1):<br />

Vollautomatisch wird <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong><br />

Bremsbeläge <strong>der</strong> ICE 1 und ICE 2 bei <strong>der</strong><br />

Einfahrt in das Betriebswerk Hamburg-<br />

Eidelstedt mit Hilfe digitaler<br />

Bildverarbeitung geprüft. Die Anlage<br />

erkennt, ob das Betriebsgrenzmaß <strong>der</strong><br />

Bremsbeläge unterschritten ist.<br />

Diagnoseanlagen <strong>für</strong> unrunde Rä<strong>der</strong><br />

(DafuR): Diese stationären Anlagen sind<br />

inzwischen im Netz an 20 Stellen installiert<br />

und überprüfen sämtliche sie überfahrende<br />

Züge. Mit <strong>den</strong> bisherigen<br />

Installationen wer<strong>den</strong> die Rä<strong>der</strong> <strong>der</strong> ICE-<br />

Züge bereits vollständig überwacht.<br />

Durch weitere Anlagen ist ab 2004 auch<br />

<strong>der</strong> Lok bespannte Fernverkehr voll<br />

erfasst. Im Regionalverkehr und <strong>für</strong><br />

Railion laufen Pilotanwendungen. Das<br />

System erkennt automatisch Unrundheiten<br />

und Flachstellen <strong>der</strong> über sie rollen<strong>den</strong><br />

Rä<strong>der</strong>. Somit wer<strong>den</strong> ohne<br />

Ausfallzeiten des Fahrzeugs Komfortund<br />

Sicherheitsaspekte überwacht sowie<br />

Schä<strong>den</strong> am Gleis durch defekte Rä<strong>der</strong><br />

verhin<strong>der</strong>t.<br />

Stromabnehmer-Anhubdiagnosesystem<br />

(SDS): Die stationäre Anhubmessung,<br />

von <strong>der</strong> eine erste vollautomatische<br />

Pilotanlage an <strong>der</strong> Strecke Augsburg –<br />

München realisiert ist, überprüft die aerodynamische<br />

Kontaktkraft im Hochgeschwindigkeitsverkehr.<br />

Das System untersucht<br />

über Sensoren und Lichtschranken<br />

Diagnose per High<br />

Tech: Rä<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Ultraschall-<br />

Diagnose (linke<br />

Seite oben), AURA-<br />

Prüfstand (unten),<br />

Bremsbelag-<br />

Diagnose mit Optik<br />

und Sensorhilfe<br />

an <strong>der</strong> Messstelle, wie die Fahrleitung<br />

durch <strong>den</strong> an sie drücken<strong>den</strong> Stromabnehmer<br />

angehoben wird. Die automatisch<br />

erfassten und mit Hilfe des PC ausgewerteten<br />

Daten geben konkrete<br />

Aufschlüsse über defekte o<strong>der</strong> falsch eingestellte<br />

Stromabnehmer. Die Früherkennung<br />

vermeidet Oberleitungsstörungen<br />

und trägt zur Erhöhung <strong>der</strong><br />

Verfügbarkeit des Netzes bei.Wie bei <strong>den</strong><br />

DafuR-Systemen ist auch bei SDS-<br />

Anhubkontrollen <strong>den</strong>kbar, ein Überwachungssystem<br />

flächendeckend zur Stromabnehmerkontrolle<br />

außerhalb <strong>der</strong> Werkstatt<br />

im laufen<strong>den</strong> Betrieb aufzubauen.<br />

Onboard-Fahrzeugdiagnosesysteme:<br />

Bereits seit Einsatz des ICE 1 setzt die DB<br />

auf komplexe Fahrzeugdiagnose-Systeme,<br />

um Störungen frühzeitig zu erkennen<br />

bzw. eine Störungsbeseitigung o<strong>der</strong><br />

Instandsetzung vorzuplanen. Diagnostiziert<br />

wer<strong>den</strong> möglichst weitreichend die<br />

Subsysteme im Fahrzeug, einschließlich<br />

<strong>der</strong> Erfassung und Speicherung von<br />

Protokolldaten. Möglich ist auch,<br />

Schä<strong>den</strong> in das Betriebswerk vorzumel<strong>den</strong>.<br />

Die mo<strong>der</strong>nste Entwicklung in diesem<br />

Bereich ist das Railway Condition<br />

Monitoring System (RW COMOS). Es<br />

dient <strong>der</strong> kontinuierlichen Überwachung<br />

von Fahrwerken und Fahrwerks-<br />

komponenten auf Verschleiß und<br />

Schä<strong>den</strong>. Es wird in sechs Mittelwagen<br />

und einem Steuerwagen eines ICE 2-<br />

Triebzugs mit seriennahen Prototypen<br />

erfolgreich im Regelfahrbetrieb erprobt.<br />

RW COMOS basiert auf einem<br />

sensorgesteuerten Schwingungsüberwachungssystem,<br />

das die Instandhaltungsprozesse<br />

wesentlich optimiert:<br />

Es macht Sichtkontrollen bei<br />

Inspektionen weithin überflüssig.<br />

Dr. Manfred Bannasch, DB Systemtechnik:<br />

„Mit automatisierten<br />

Prüf- und Diagnose-Systemen lassen<br />

sich Wartung vereinfachen<br />

und Verfügbarkeit erhöhen.“<br />

Automatisierte Brandmeldeanlagen:<br />

Die DB Systemtechnik übernimmt als<br />

Dienstleister innerhalb des Konzerns die<br />

fachliche Betreuung und begleitet<br />

aktuelle Fahrzeugbeschaffungen wie<br />

etwa bei <strong>der</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> neuen<br />

Komfort-Schlafwagen <strong>der</strong> DB Autozug.<br />

Radsatz-I<strong>den</strong>tsystem: Die DB<br />

Systemtechnik in Kirchmöser treibt die<br />

Entwicklung eines Systems auf<br />

Transpon<strong>der</strong>-Basis voran, das sich <strong>der</strong>zeit<br />

im Betriebsversuch befindet. Die an<br />

<strong>der</strong> Radsatzwelle angebrachten<br />

Transpon<strong>der</strong> wer<strong>den</strong> an 250 Radsätzen<br />

von Spezialgüterwagen <strong>der</strong> „Rollen<strong>den</strong><br />

Landstraße“ getestet. Erwartet wird<br />

auch hier Früherkennung von Schä<strong>den</strong>,<br />

um in <strong>den</strong> Werken besser und gezielter<br />

reagieren zu können. bt<br />

15<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

SYSTEMTECHNIK<br />

Erfahrungen <strong>für</strong> die <strong>Technik</strong>gestaltung zu<br />

gewinnen.“ Von einem anwendungsübergreifen<strong>den</strong><br />

Reporting auf Computer-<br />

Basis erhoffen sich die Fachleute naturgemäß,<br />

dass Analysen schneller und zuverlässiger<br />

erstellt wer<strong>den</strong> können und zugleich<br />

<strong>der</strong> Aufwand <strong>für</strong> das Berichtswesen<br />

verringert wird.<br />

Dabei können dann die gesammelten<br />

Informationen auch in Neuentwicklungen<br />

und Konstruktionsän<strong>der</strong>ungen einfließen.<br />

Sie dienen ebenso <strong>der</strong> Optimierung<br />

<strong>der</strong> Systeme wie <strong>der</strong> Schulung<br />

des Personals und könnten zudem zu<br />

Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Instandhaltungsregeln<br />

bzw. an<strong>der</strong>er betrieblicher Vorschriften<br />

führen.<br />

Unter dem Schlagwort „Systembetreuung“<br />

definiert Lang die zentrale<br />

Hans Peter Lang, DB Systemtechnik:<br />

„Optimierung <strong>der</strong> Systeme nach<br />

Massgabe <strong>der</strong> Unternehmensziele“<br />

Aufgabe <strong>der</strong> hochqualifizierten Ingenieurstruppe<br />

<strong>der</strong> DB Systemtechnik. Als<br />

Dienstleister <strong>der</strong> Betreiber muss die<br />

Konzerntechnik Lang zufolge vor allem<br />

die „zielgerichtete Betreuung <strong>der</strong> technischen<br />

Produktionsmittel“ o<strong>der</strong> Fahrzeugsysteme,<br />

Leit- und Sicherungssysteme<br />

und Fahrbahnsysteme leisten. Zielgerichtet<br />

vor allem im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit,<br />

immer nach Maßgabe des<br />

Unternehmensziels, nämlich zu immer<br />

weniger Kosten immer attraktivere, kun<strong>den</strong>nahe<br />

Mobilitäts- und Logistik-Produkte<br />

anzubieten. Das ist ein weites Feld<br />

und setzt reichlich Know-how und neben<br />

dem Systemblick eine tiefgehende<br />

Spezialisierung voraus. So wird die DB<br />

Systemtechnik die Systeme <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> auf<br />

ihre vielen funkionalen Module „herun-<br />

terbrechen“: <strong>Technik</strong>er wer<strong>den</strong> in ihrem<br />

Fachgebiet die Modulbetreuung umfassend<br />

und in Ergänzung zur<br />

Systembetreuung ausüben. Lang: „Wir<br />

haben Fahrwerks-Spezialisten ebenso wie<br />

Neigetechnikexperten, an<strong>der</strong>e betreuen<br />

die Leit- und Sicherungstechnik, wie<strong>der</strong>um<br />

an<strong>der</strong>e beschäftigen sich mit dem<br />

Fahrweg. Die Modulverantwortlichkeit<br />

beginnt bei <strong>der</strong> Beschaffung schon im<br />

Planungsstadium und bleibt während des<br />

gesamten Lebenszyklus <strong>der</strong> jeweiligen<br />

technischen Komponenten erhalten.“<br />

Da geht es um viele Fragen, weit über<br />

die bloße Funktionsfähigkeit des jeweiligen<br />

Moduls hinaus. Lang nennt ein<br />

Beispiel: „Unsere Aufgabe ist es auch, die<br />

Grenzen <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von<br />

Komponenten ausloten. Ziel muss eine


deutliche Verlängerung <strong>der</strong> störungsfreien<br />

Funktion <strong>der</strong> Module und damit dann<br />

auch <strong>der</strong> Systeme sein, ohne natürlich<br />

Verfügbarkeit o<strong>der</strong> gar Sicherheit zu<br />

beeinträchtigen. Hier gehen wir Musterprojekte<br />

an, von <strong>den</strong>en wir uns einiges<br />

versprechen.“<br />

Die Größe des <strong>Bahn</strong>konzerns sieht<br />

Lang dabei eher als Vorteil: „Sicher, wie in<br />

jedem Großunternehmen gibt es eine<br />

gewisse Trägheit, vielleicht auch einen<br />

Wasserkopf, doch erst die Größe ermöglicht<br />

uns die technische Kompetenz. Wir<br />

haben, ganz an<strong>der</strong>s als kleine Wettbewerber,<br />

die Chance, unsere technischen<br />

Produktionsmittel optimal auszurichten<br />

und flexibel entsprechend <strong>der</strong> Nachfrage<br />

einzusetzen. Unsere vielfältigen Erfahrungen<br />

ermöglichen uns eine Optimierung<br />

<strong>der</strong> Instandhaltungsprozesse.<br />

Und last but not least: Unsere Größe<br />

macht uns auch von <strong>den</strong> Herstellern<br />

unabhängig – abgesehen davon, dass wir<br />

auch im Umgang mit <strong>der</strong> Aufsichtsbehörde,<br />

dem Eisenbahn-Bundesamt,<br />

dank unserer Kompetenz in<br />

hohem Maße vertrauensvoll zusammenarbeiten<br />

können.“<br />

Die Systemverantwortung <strong>der</strong><br />

Konzernunternehmen <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> als<br />

Halter und Betreuer <strong>der</strong> technischen<br />

Produktionsmittel ist auch einer <strong>der</strong><br />

Gründe, weshalb <strong>der</strong> DB Konzern die<br />

Instandhaltung nicht auslagert, son<strong>der</strong>n<br />

weiter als sein Kerngeschäft betrachtet.<br />

Die vielfältigen Erfahrungen mit <strong>den</strong><br />

Produktionsmitteln im alltäglichen<br />

Betriebsgeschehen – das Betreiber-<br />

Neues Fahrzeugsystem<br />

Systemlastenheft<br />

mit generellen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsprofilen an<br />

das Fahrzeugsystem<br />

Hauptmodullastenheft<br />

1<br />

ANTRIEB<br />

mit Modulkapiteln<br />

1.1<br />

1.2<br />

...<br />

Hauptmodullastenheft<br />

4<br />

KLIMATECHNIK<br />

mit Modulkapiteln<br />

4.1<br />

4.2<br />

...<br />

Know-how – sind ein Potenzial zur vielfältigen<br />

Optimierung des Gesamtsystems<br />

<strong>Bahn</strong>: Erfahrungen, die in technische<br />

Än<strong>der</strong>ungen einfließen, um auf diese<br />

Weise Verbesserungen hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Kosten und <strong>der</strong> Verfügbarkeit zu erreichen.<br />

Im liberalisierten Verkehrsmarkt<br />

(weiter auf Seite 19)<br />

Lastenheftstruktur<br />

Hauptmodullastenheft<br />

2<br />

FÜHRERSTAND<br />

mit Modulkapiteln<br />

2.1<br />

2.2<br />

...<br />

Hauptmodullastenheft<br />

5<br />

LAUFWERKE<br />

mit Modulkapiteln<br />

5.1<br />

5.2<br />

...<br />

Hauptmodullastenheft<br />

3<br />

BREMSEN<br />

mit Modulkapiteln<br />

3.1<br />

3.2<br />

...<br />

… weitere<br />

Hauptmodullastenhefte<br />

mit<br />

Modulkapiteln<br />

17<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

18<br />

SCHMIERSTOFFE<br />

Ob Radsatzlager o<strong>der</strong><br />

Weichen, Motoren o<strong>der</strong><br />

Getriebe – damit das System<br />

<strong>Bahn</strong> technisch wie<br />

geschmiert läuft, muss es<br />

geschmiert wer<strong>den</strong>: Eine<br />

Vielzahl von hochspezialisierten<br />

Ölen und Fetten ist<br />

notwendig <strong>für</strong> das buchstäblich<br />

reibungslose Zusammenspiel<br />

<strong>der</strong> zahlreichen<br />

mechanischen Komponenten.<br />

Über 200 verschie<strong>den</strong>e<br />

Schmierstoffe setzt die<br />

<strong>Bahn</strong> heute ein – und ist gar<br />

nicht glücklich damit.<br />

Die Vielfalt ist teuer, sie<br />

schafft Abhängigkeiten von<br />

Lieferanten, es gibt Engpässe:<br />

Eine Arbeitsgruppe<br />

„Schmierstoffeinsatz DB<br />

<strong>AG</strong>" ist dabei, Abhilfe zu<br />

schaffen. Es geht um die<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Versor-<br />

Büchsen,<br />

Fässer,Tonnen:<br />

Schmierstoff-Lager<br />

(unten). Fett <strong>für</strong> ein<br />

Radsatzlager<br />

(rechts). Spurkranzfettungs-<br />

Versuchsanlage<br />

(rechte Seite)<br />

gungssicherheit <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> und<br />

um Einsparpotenziale durch<br />

bedarfsgerechte Schmierung<br />

von einigen 100.000 Euro.<br />

„Schmierstoffe sind <strong>für</strong> die<br />

<strong>Bahn</strong>“, so Wulf-Dietrich Abel,<br />

bei <strong>der</strong> DB Systemtechnik<br />

Experte <strong>für</strong> die Tribologie/Tribotechnik,<br />

die sich mit<br />

dem Schmierstoffeinsatz wissenschaftlich<br />

auseinan<strong>der</strong>setzt,<br />

„ähnlich zu sehen wie die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Schienen. Mit<br />

falschen o<strong>der</strong> nicht bedingungsgemäßenSchmierstoffen<br />

kann <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> großer<br />

Scha<strong>den</strong> zugeführt wer<strong>den</strong>.“<br />

Der Einsatz ungeeigneter<br />

Schmierstoffe kann erhebliche<br />

Probleme bereiten. Ungern<br />

erinnert sich Abel an einen<br />

zehn Jahre zurückliegen<strong>den</strong><br />

Vorfall bei <strong>der</strong> S-<strong>Bahn</strong> Stuttgart:<br />

„Damals waren die Spur-<br />

Gut<br />

geschmiert<br />

spart<br />

Geld und<br />

Probleme<br />

kränze an <strong>den</strong> Rä<strong>der</strong>n <strong>der</strong> S-<br />

<strong>Bahn</strong>-Züge mit einem falschen<br />

Schmierstoff geschmiert<br />

wor<strong>den</strong>. Es gab erhebliche<br />

Fahrzeugausfälle, und um <strong>den</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr in Stuttgart<br />

überhaupt aufrecht erhalten<br />

zu können, mussten<br />

Fahrzeuge aus Frankfurt und<br />

München geholt wer<strong>den</strong>“.<br />

Doch trotz hoher Spezialisierung<br />

wollen die <strong>Bahn</strong>-<br />

Tribologen aus wohl verstan<strong>den</strong>em<br />

wirtschaftlichem Interesse<br />

künftig mit weniger verschie<strong>den</strong>en<br />

Ölen und Fetten<br />

auskommen. Der Experte:<br />

„Über 200 Sorten, da ähneln<br />

unsere Schmierstofflager <strong>der</strong><br />

Werke ja fast schon Apotheken.“<br />

Deshalb suchen die<br />

Experten nach einer Eindämmung<br />

<strong>der</strong> Vielfalt. Das Ziel: Es<br />

sollten 30 Prozent weniger<br />

unterschiedliche Öle und<br />

Fette gebraucht wer<strong>den</strong>.<br />

Ein Beispiel: Für die<br />

Radsatzrollenlager im ICE, in<br />

Lokomotiven sowie Reiseund<br />

Güterzugwagen müssen<br />

<strong>der</strong>zeit drei verschie<strong>den</strong>e<br />

Radsatzrollenlagerfette eingesetzt<br />

wer<strong>den</strong>, um die in <strong>den</strong><br />

einzelnen Fahrzeugen unterschiedlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

ausreichend gut zu erfüllen.<br />

Eine „Breitband-Lösung“ ist<br />

von <strong>der</strong> Industrie bisher nicht<br />

entwickelt wor<strong>den</strong>.<br />

Weniger Vielfalt, aber auch<br />

weniger Mengen – das ist ein<br />

weiteres Ziel <strong>der</strong> bahneigenen<br />

Tribologie. Abel beschreibt:<br />

„Wir streben an, durch eine<br />

Verlängerung <strong>der</strong> Schmierstoffwechselfristen<br />

<strong>den</strong> Verbrauch<br />

und damit die Kosten<br />

zu senken.“ Das setzt natür-


lich voraus, dass die Qualität<br />

<strong>der</strong> eingesetzten Schmierstoffe<br />

<strong>den</strong> Verschleißschutz<br />

über <strong>den</strong> längeren Zeitraum<br />

garantiert. Durch solche<br />

Verlängerungen und durch<br />

Sortenreduzierung lassen sich<br />

nach Berechnungen <strong>der</strong><br />

Experten über 500.000 Euro<br />

im Jahr einsparen.<br />

Ein bereits verwirklichtes<br />

Beispiel: Mit dem Motorhersteller<br />

MTU einigten sich<br />

die Bauartbetreuung und die<br />

Tribologen <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> bei zwei<br />

Motorentypen <strong>für</strong> Loks <strong>der</strong><br />

Baureihe 218 auf eine<br />

Verdoppelung <strong>der</strong> Ölwechselfrist<br />

von 1000 auf 2000<br />

Motorbetriebsstun<strong>den</strong>. Erwartet<br />

wird allein hier eine<br />

Einsparung von 115.000 Euro<br />

im Jahr. Eine weitere Fristenverlängerung<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Motorenölwechsel wird zurzeit<br />

bei <strong>den</strong> Motoren <strong>der</strong><br />

Regionaltriebzüge VT 628<br />

und VT 642 im Betriebsversuch<br />

überprüft. Ziel ist<br />

eine Einsparung von rund<br />

120.000 Euro pro Jahr.<br />

Die Vielfalt <strong>der</strong> Öle und<br />

Fette macht <strong>den</strong> Schmierstoffeinsatz<br />

auch noch aus einem<br />

an<strong>der</strong>en Grund teuer. Viele<br />

Produkte wer<strong>den</strong> nur von<br />

einem o<strong>der</strong> zwei Herstellern<br />

angeboten. Abel: „Und da<br />

braucht dann nur mal ein<br />

Unternehmen in Konkurs zu<br />

gehen o<strong>der</strong> aufgekauft zu<br />

wer<strong>den</strong>, wie es in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

wie<strong>der</strong>holt geschehen<br />

ist – und schon fehlt<br />

ein Lieferant.“ Strategisches<br />

Ziel ist deshalb, möglichst<br />

zwei o<strong>der</strong> drei Anbieter <strong>für</strong><br />

jedes Produkt zu haben.<br />

Selbst wenn die einschlägige<br />

Industrie da mitspielt, ist<br />

das nicht so einfach, wie es<br />

<strong>den</strong> Anschein hat. An<strong>der</strong>s als<br />

beim Massenprodukt Auto<br />

müssen die Schmierstoffe<br />

gründlich in <strong>der</strong> Praxis<br />

erprobt wer<strong>den</strong>, bevor sie die<br />

„<strong>Bahn</strong>freigabe“ erhalten.<br />

Was Wettbewerb bewirken<br />

kann, stellt Abel an zwei<br />

Beispielen dar: Bei Isolieröl ist<br />

jetzt Wettbewerb vorhan<strong>den</strong>.<br />

Dadurch konnte <strong>der</strong> Preis um<br />

mehr als zwei Prozent gesenkt<br />

wer<strong>den</strong>. Bei Wälzlagerfett <strong>für</strong><br />

Lokomotiven hingegen stiegen<br />

die Preise mangels<br />

Wettbewerb um 11,8 Prozent.<br />

Die Fachleute schätzen, dass<br />

allein das Aufbrechen <strong>der</strong><br />

Monopolstellung beispielsweise<br />

bei Spurkranzfetten<br />

70.000 Euro Ersparnis im Jahr<br />

bringen würde.<br />

Abel: „Unser Know-how<br />

hat wirtschaftliche Effekte <strong>für</strong><br />

alle technischen Bereiche im<br />

Konzern. Deshalb wer<strong>den</strong> wir<br />

konzentriert am Ball bleiben. bt<br />

stellt sich dabei aber ein Problem: „Wir<br />

müssen sicherstellen, dass das in <strong>den</strong><br />

Instandhaltungsprozessen erworbenes<br />

Know-how auch unser Eigentum bleibt“,<br />

sieht Hans Peter Lang. „Es kann nicht<br />

angehen, dass beispielsweise technische<br />

Bauartän<strong>der</strong>ungen über <strong>den</strong> Hersteller<br />

auch gleich unseren Wettbewerbern<br />

zugänglich gemacht wer<strong>den</strong>, nur weil sie<br />

zufällig <strong>den</strong>selben Fahrzeug-Typ fahren.<br />

Da besteht noch eine Menge Regelungsbedarf,<br />

sonst geht uns <strong>der</strong> Wettbewerbsvorteil<br />

<strong>der</strong> umfassen<strong>den</strong> Systemverantwortung<br />

durch die Marktliberalisierung<br />

schlicht verloren“ (Siehe auch Seite 8).<br />

Die Optimierung <strong>der</strong> technischen<br />

Qualität im Interesse einer möglichst<br />

hohen Verfügbarkeit <strong>der</strong> Produktionsmittel<br />

setzt eine konsequente Betrachtung<br />

von Systemen und Komponenten<br />

und <strong>der</strong> immer komplexer wer<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

rechnergesteuerten Prozesse im<br />

Betriebsablauf voraus. Systematisch hat<br />

die DB dazu Prüf- und Diagnoseverfahren<br />

aufgebaut, mit <strong>den</strong>en heute in<br />

hohem Maße eine „Prozess-Sicherheit“<br />

Mehr Qualität in <strong>der</strong> Beschaffung<br />

durch modular aufgebaute Lastenhefte<br />

gewährleistet wer<strong>den</strong> kann. Das wird<br />

nicht nur <strong>für</strong> <strong>den</strong> täglichen Betrieb<br />

gebraucht. Die umfassen<strong>den</strong> Diagnoseverfahren<br />

spielen ebenso in <strong>der</strong><br />

Entwicklung und Fertigung wie in <strong>der</strong><br />

Instandhaltung eine immer wichtigere<br />

Rolle: Sie sichern die Qualität einer intelligenten,<br />

weit vorausschauen<strong>den</strong> Instandhaltung.<br />

Von <strong>der</strong> zerstörungsfreien Werkstoffprüfung<br />

von Rä<strong>der</strong>n und Radsatzwellen<br />

beispielsweise bis zu automatisierten<br />

Brandmeldeanlagen reicht das Spektrum<br />

<strong>der</strong> Prüf- und Diagnoseverfahren und<br />

-systeme, die unter <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung von<br />

DB Systemtechnik entwickelt wer<strong>den</strong>.<br />

„Die zunehmend jünger und hochwertiger<br />

wer<strong>den</strong>de Fahrzeugflotte verlangt<br />

eine gute Auslastung, die nur durch hohe<br />

Verfügbarkeit erreicht wer<strong>den</strong> kann“,<br />

erklärt Dr. Manfred Bannasch, Chef <strong>der</strong><br />

Diagnose-Experten in Bran<strong>den</strong>burg-<br />

19<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

20<br />

RADSATZL<strong>AG</strong>ER<br />

Schneller, schwerer, weiter:<br />

Im Güterverkehr sind in<br />

<strong>den</strong> letzten Jahren die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an <strong>den</strong> Fahrzeugpark<br />

deutlich gewachsen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die Anhebung<br />

<strong>der</strong> Geschwindigkeiten auf<br />

bis zu 120 km/h und die<br />

Erhöhung <strong>der</strong> zulässigen<br />

Radsatzlasten von 20<br />

Tonnen auf 22,5 Tonnen bei<br />

hohen Laufleistungen führen<br />

zu steigen<strong>den</strong> Beanspruchungen<br />

<strong>der</strong> Lauftechnik.<br />

An <strong>den</strong> Rä<strong>der</strong>n wur<strong>den</strong><br />

verstärkt Ausbröckelungen,<br />

Flachstellen und Unrundheiten<br />

festgestellt. Mit jedem<br />

Defekt wer<strong>den</strong> die Fahrwerksteile,<br />

insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Radsatzlager, wesentlich<br />

höheren Belastungen ausgesetzt<br />

– mit schwer wiegen<strong>den</strong><br />

Folgen.Vermehrt treten<br />

Schä<strong>den</strong> an <strong>den</strong> Rollenlagerkäfigen<br />

<strong>der</strong> Radsatzlager<br />

auf. Die führten<br />

Kirchmöser, <strong>den</strong> wirtschaftlichen Hintergrund.<br />

„Die Implementierung bedarfsgerechter<br />

Diagnoseprozesse liefert einen<br />

entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Anteil zur Sicherstellung,<br />

Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung<br />

<strong>der</strong> Kernkompetenzen Betrieb und<br />

Instandhaltung bei <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong>“.<br />

(Siehe auch Seite 14)<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> mehr Wirtschaftlichkeit<br />

durch Erhöhung <strong>der</strong><br />

Verfügbarkeit von Fahrzeugen ist außerdem<br />

„Express“. Es steht <strong>für</strong> „Exzellenz im<br />

produktiven Ressourceneinsatz“ und bedeutet<br />

konkret: die betriebsnahe Wartung<br />

<strong>der</strong> Züge im Fernverkehr künftig verstärkt<br />

in <strong>den</strong> Betriebspausen durchzuführen,<br />

also überwiegend nachts, wenn <strong>der</strong><br />

Personenverkehr ruht o<strong>der</strong> zumindest<br />

dann immer wie<strong>der</strong> zu<br />

Heißläufern und Radsatzschenkelbrüchen<br />

– mit kostspieligen<br />

weiteren Konsequenzen:<br />

Mehrfach entgleisten<br />

Güterwagen.<br />

„Da musste dringend<br />

etwas getan wer<strong>den</strong>“, berichtet<br />

Hartmut Koch, bei <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik in Min<strong>den</strong> <strong>für</strong><br />

die Radsatztechnologie verantwortlich.<br />

In einer Arbeits-<br />

gruppe beim internationalen<br />

<strong>Bahn</strong>verband UIC arbeiteten<br />

die Experten eng zusammen<br />

und suchten nach europaweiten<br />

technischen Lösungen,<br />

Polyamid statt<br />

Messing: die neuen<br />

Käfige <strong>für</strong> die<br />

Rollenlager (großes<br />

Foto). An <strong>der</strong><br />

Presse wer<strong>den</strong> die<br />

Bauteile zur Achse<br />

verbun<strong>den</strong>.<br />

Kick mit<br />

Kunststoff<br />

Innovative <strong>Technik</strong> meistert die steigen<strong>den</strong><br />

Belastungen im internationalen Güterverkehr<br />

erheblich weniger Züge unterwegs sind.<br />

Denn wenn die Züge nachts Instand<br />

gehalten, gereinigt und bereitsgestellt<br />

wer<strong>den</strong>, stehen tagsüber mehr Züge<br />

bereit – ohne Vergrößerung <strong>der</strong> Fahrzeugflotte.<br />

Die Flottenleistung und die<br />

Wirtschaftlichkeit steigen. Zum Fahrplanwechsel<br />

2004 sind die ICE-Umläufe<br />

bereits so optimiert, als ob 13 zusätzliche<br />

ICE-Züge im Verkehr wären.<br />

Die auf <strong>den</strong> Modulverantwortlichkeiten<br />

basierende Systembetreuung wird<br />

in <strong>den</strong> kommen<strong>den</strong> Jahren <strong>den</strong><br />

Beschaffungsprozess <strong>der</strong> operativen<br />

Geschäftsbereiche grundlegend verän<strong>der</strong>n,<br />

strukturieren und vereinfachen. Die<br />

DB Systemtechnik entwickelt <strong>der</strong>zeit ein<br />

Muster- o<strong>der</strong> Basislastenheft, das künftig<br />

Grundlage <strong>für</strong> alle Fahrzeugbeschaffungen<br />

sein wird. Der wesentliche Unterschied<br />

zur bisherigen Beschaffungspraxis:<br />

Sämtliche Fahrzeugsysteme, die die <strong>Bahn</strong><br />

einsetzt, wer<strong>den</strong> in funktionale Hauptmodule<br />

strukturiert. Das reicht dann vom<br />

Antriebssystem über das Fahrwerk bis hin<br />

zu Türen, Sicherheitseinrichtungen o<strong>der</strong><br />

auch Fahrzeugverbindungen, Heizung/<br />

Klima/Lüftung und Bordstromsystem.<br />

Wenn die <strong>Bahn</strong> künftig Fahrzeuge ausschreibt,<br />

wird sie <strong>den</strong> potenziellen<br />

Anbietern ein Systemlastenheft zur<br />

Verfügung stellen, das übergreifende<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an das Gesamtfahrzeug<br />

formuliert, und zusätzlich untergeordnete<br />

Hauptmodullastenhefte enthält.<br />

Diese beschreiben dann – natürlich


nach Maßgabe <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>für</strong> das<br />

Gesamtfahrzeug – weitere Details: funktionale<br />

Vorgaben, Anfor<strong>der</strong>ungen an Verfügbarkeit,<br />

Zuverlässigkeit und Lebenszykluskosten<br />

o<strong>der</strong> auch die For<strong>der</strong>ung,<br />

bewährte Komponenten aus dem <strong>Bahn</strong>-<br />

Alltag zu verwen<strong>den</strong>. „Wir machen mit<br />

dieser Vorgehensweise das funktionale<br />

Lastenheft zum vertragstauglichen, messbaren<br />

und damit auch einklagbaren<br />

Werkzeug“, erklärt Projektleiter Frank<br />

König. Zu Bundesbahnzeiten war es<br />

üblich, dass neue Fahrzeuggenerationen<br />

in <strong>den</strong> Lastenheften praktisch bis zur letzten<br />

Schraube und konkreten Lösung<br />

detailliert beschrieben waren und diese<br />

Fahrzeuge dann unter Führung <strong>der</strong><br />

Bundesbahn gemeinsam mit <strong>der</strong> Industrie<br />

um <strong>den</strong> freizügigen Einsatz<br />

<strong>der</strong> Güterwagen nicht zu<br />

gefähr<strong>den</strong>. Aus <strong>den</strong> gemeinsamen<br />

Ermittlungen entstand<br />

ein ganzer Katalog von technischen<br />

Lösungen, die nunmehr<br />

<strong>für</strong> eine Optimierung<br />

<strong>der</strong> Fahrzeuge sorgen.<br />

Einer <strong>der</strong> Schritte war beispielsweise,<br />

<strong>für</strong> unrunde<br />

Rä<strong>der</strong> mit Flachstellen an <strong>der</strong><br />

Lauffläche einen Betriebsgrenzwert<br />

einzusetzen. Mehrere<br />

<strong>Bahn</strong>en – darunter die<br />

DB – entwickelten Detektionsanlagen<br />

zur Erkennung<br />

von Laufflächenschä<strong>den</strong> und<br />

unrun<strong>den</strong> Rä<strong>der</strong>n (siehe auch<br />

Seite 14).<br />

Außerdem entschied die<br />

DB <strong>für</strong> ihren Wagenpark, die<br />

Rollenlagerkäfige, die bislang<br />

aus Messing mit Stahlstift-<br />

Nieten zur Befestigung bestehen,<br />

auf Polyamidkäfige umzurüsten.<br />

Koch: „Es hatte sich<br />

gezeigt, dass dieser Werkstoff<br />

eine höhere Festigkeit, ein<br />

Frank König, Projektleiter<br />

Lastenheftentwicklung:<br />

entwickelt und<br />

erprobt wur<strong>den</strong>.<br />

Die von <strong>der</strong><br />

Behörde zum<br />

Unternehmen<br />

gewandelte <strong>Bahn</strong><br />

wollte und<br />

konnte sich auf<br />

die MobilitätsundLogistikdienstleistungen<br />

konzentrieren –<br />

sie wollte deshalb<br />

die Verantwortung <strong>für</strong> die<br />

<strong>Technik</strong>entwicklung an die Herstellerund<br />

Lieferindustrie abgeben. In <strong>der</strong><br />

Konsequenz hatte das dann in <strong>den</strong> ersten<br />

Jahren nach <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>reform dazu<br />

„Das funktionale<br />

Lastenheft wird zum<br />

guten Werkzeug in<br />

<strong>der</strong> Beschaffung.“<br />

deutlich geringeres Gewicht<br />

und damit weniger unabgefe<strong>der</strong>te<br />

Masse hat. Damit sind<br />

die Nutlaufeigenschaften wesentlich<br />

besser als bei <strong>der</strong><br />

herkömmlichen <strong>Technik</strong>.“<br />

Seit dem Jahr 2000 läuft<br />

ein Umrüstungsprogramm.<br />

Immer wenn die Güterwagen<br />

in die planmäßigen<br />

Radsatzlageruntersuchungen<br />

in die Werke kommen,<br />

wer<strong>den</strong> die Messingkäfige<br />

gegen Polyamidkäfige ausgetauscht.<br />

Ein Spiel <strong>der</strong> großen<br />

Zahlen: Insgesamt 363.000<br />

Radsätze müssen umgerüstet<br />

wer<strong>den</strong>. Die Aktion wird<br />

voraussichtlich noch bis zum<br />

Jahr 2012 dauern. „Die<br />

Kosten <strong>der</strong> Umrüstaktion<br />

belaufen sich auf rund 50<br />

Millionen Euro“, schätzt<br />

Koch. „Das mag viel klingen,<br />

doch wenn man<br />

be<strong>den</strong>kt, dass je<strong>der</strong> Scha<strong>den</strong><br />

hohe Kosten verursacht, ist<br />

das gut angelegtes Geld.“ bt<br />

geführt, dass in knapp gefassten<br />

Ausschreibungen nur minimale Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

formuliert wur<strong>den</strong>. Die Folge<br />

kann man landauf, landab betrachten, so<br />

König: „Die hohe Abstraktionsstufe und<br />

21<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


themaa<br />

22<br />

SYSTEMTECHNIK<br />

die teilweise dünnen Lastenhefte haben<br />

sicherlich dazu geführt, dass wir schlechte<br />

Qualität geliefert bekamen und heute im<br />

Nahverkehr eine hohen Typenvielfalt bei<br />

Dieseltriebwagen haben. Je<strong>der</strong> Typ erfüllt<br />

die vor<strong>der</strong>gründig gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

doch es fehlt of die <strong>Bahn</strong>tauglichkeit<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> harten Betriebseinsatz. Und die<br />

Vielfalt kostet in Betrieb und<br />

Instandhaltung viel Geld. Auch künftig<br />

wollen wir die Verantwortung <strong>für</strong> neue<br />

Fahrzeuggenerationen bei <strong>den</strong> Herstellern<br />

belassen, nur muss <strong>der</strong> funktionale,<br />

qualitäts- und kostenbezogene Rahmen -<br />

orientiert an unseren Betreibererfor<strong>der</strong>nissen<br />

- präziser und damit messbarer<br />

wer<strong>den</strong>.“<br />

Die neue Systematik mit System- und<br />

Hauptmodullastenheften wird nach Einschätzung<br />

<strong>der</strong> Fachleute <strong>den</strong> Fahrzeugbeschaffungsprozess<br />

auf die Dauer deutlich<br />

verbessern. Eine höhere Standardisierung<br />

künftiger Schienenfahrzeuggenerationen<br />

wird zudem Kosten in<br />

Wartung und Instandhaltung senken und<br />

die Verfügbarkeit erhöhen. Intern erwar-<br />

tet die DB Systemtechnik, dass <strong>der</strong> nicht<br />

unbeträchtlich hohe Aufwand <strong>für</strong> die<br />

Lastenheft-Erstellung deutlich geringer<br />

wird, weil vorhan<strong>den</strong>e und aus <strong>der</strong> Erfahrung<br />

<strong>der</strong> System- und Modulbetreuung<br />

gepflegte Datenbestände genutzt wer<strong>den</strong><br />

können. Hans Peter Lang: „Über die<br />

Struktur <strong>der</strong> Module wer<strong>den</strong> die wesentlichen<br />

<strong>Technik</strong>komponenten zu Bausteinen,<br />

die man einfacher aneinan<strong>der</strong> setzen<br />

kann.Wenn wir dieses System kontinuierlich<br />

fortschreiben, braucht man bei<br />

<strong>der</strong> Formulierung neuer Lastenhefte nur<br />

noch gewissermaßen ins Regal zu greifen<br />

und findet das meiste schon vor.“<br />

Zu <strong>den</strong> Beson<strong>der</strong>heiten des Systems<br />

<strong>Bahn</strong> gegenüber an<strong>der</strong>en Verkehrsträgern<br />

zählen die vielfältigen Wechselwirkungen<br />

zwischen Schienenfahrzeugen und stationärer<br />

Infrastruktur – Fahrweg und Leitund<br />

Sicherungstechnik. Die physikalischen<br />

Vorgänge zwischen <strong>der</strong> Schiene<br />

und insbeson<strong>der</strong>e dem schnell rollen<strong>den</strong><br />

Das Rad auf <strong>der</strong> Schiene als<br />

Schallquelle: In <strong>der</strong><br />

Simulation wer<strong>den</strong><br />

Eigenschwingungen<br />

sichtbar.<br />

Die höhere Standardisierung künftiger Schienenfahrzeug-Generationen<br />

wird Kosten senken und die Verfügbarkeit erhöhen<br />

Rad eines Hochgeschwindigkeitszugs sind<br />

seit Jahrzehnten Forschungsgegenstand.<br />

Und selbst heute ist die Fahrzeug-<br />

Fahrweg-Dynamik wissenschaftlich noch<br />

nicht vollständig ausgelotet. Klar ist aber<br />

längst, dass Sicherheit und Komfort <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong> ganz entschei<strong>den</strong>d von einem möglichst<br />

perfekten Zusammenspiel von Rad<br />

und Schiene abhängig sind. Lang sieht das<br />

ganz pragmatisch: „Störungen können<br />

immer ,sowohl als auch‘ sein“: Sowohl<br />

Fehler in <strong>der</strong> Gleislage als auch<br />

Unregelmäßigkeiten an Rä<strong>der</strong>n und<br />

Laufwerken können zu Beeinträchtigungen<br />

führen. Da geht es neben<br />

Sicherheit und Komfort auch um Kosten:<br />

Schlecht aufeinan<strong>der</strong> abgestimmte Rä<strong>der</strong><br />

und Schienen erhöhen zudem auch <strong>den</strong><br />

Verschleiß – mit kostspieligen Folgen.<br />

Als Verantwortlicher <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> von<br />

Fahrzeugen und Infrastruktur arbeitet die<br />

DB Systemtechnik in diesen Fragen eng<br />

mit <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong> zusammen. Lang:<br />

„Das ist eine eingespielte Kooperation.<br />

Wir haben natürlich Zugang zu <strong>den</strong><br />

Messungen, die die DB Netz unternimmt,<br />

und wir stellen unsere Daten zur<br />

Verfügung. Viele Erkenntnisse stammen<br />

im übrigen aus Messfahrten, die mit<br />

unseren Fahrzeugen gemacht wer<strong>den</strong>.“<br />

Im Interesse <strong>der</strong> Optimierung des<br />

Zusammenspiels von Fahrweg und<br />

Fahrzeug wer<strong>den</strong> gemeinsam Grenzwerte<br />

und Instandhaltungskriterien festgelegt<br />

und fortgeschrieben, die stets das<br />

Gesamtsystem im Blick haben. „Nur so<br />

geht es“, betont Lang, „wenn je<strong>der</strong> <strong>für</strong><br />

sich in seinem Bereich optimieren würde,<br />

wäre das Gesamtergebnis mangelhaft.“<br />

Nicht viel an<strong>der</strong>s ist es bei <strong>der</strong> Leitund<br />

Sicherungstechnik, bei Stellwerken<br />

und Signalen. Über einen Geschäftsbesorgungsvertrag<br />

übernimmt die DB<br />

Systemtechnik die Betreuung <strong>der</strong><br />

Stellwerkstechnik im Auftrag <strong>der</strong> Netz<br />

<strong>AG</strong>. (siehe auch Seite 12). bt


aktuellll<br />

ENERGIE SPAREN<br />

Ohne<br />

Bleifuß<br />

fahren<br />

Sparsamer Umgang mit<br />

Energie ist <strong>für</strong> die <strong>Bahn</strong> eine<br />

<strong>der</strong> Grundvoraussetzungen<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> unternehmerischen<br />

<strong>Erfolg</strong>. Seit Jahren laufen<br />

Energiesparprogramme <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Fahrbetrieb wie <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

stationären Bereich. Eskimo<br />

ist eine Abkürzung und steht<br />

<strong>für</strong>: „Energiesystemkosten<br />

i<strong>den</strong>tifizieren, messen und<br />

optimieren“.<br />

Projektleiter Dr. Kristian<br />

Weiland: „Um Energiesparmaßnahmen<br />

differenziert<br />

bewerten zu können, müssen<br />

die einzelnen Faktoren <strong>der</strong><br />

Energiekosten betrachtet wer<strong>den</strong>:<br />

Die Kosten entstehen<br />

nicht nur bei <strong>der</strong> Beschaffung<br />

von Energien, son<strong>der</strong>n auch<br />

durch <strong>der</strong>en zuverlässige<br />

Bereitstellung. Lediglich die<br />

Beschaffungskosten können<br />

über Energiesparmaßnahmen<br />

direkt gesteuert wer<strong>den</strong>. Ziel<br />

von Eskimo ist es, geeignete<br />

Maßnahmen zur Einsparung<br />

von Energien zu i<strong>den</strong>tifizieren<br />

und konzernweit umzusetzen.<br />

Allein im kommen<strong>den</strong> Jahr<br />

können mit Hilfe von Eskimo<br />

22,6 Millionen Euro eingespart<br />

wer<strong>den</strong>.“<br />

„Das Projekt Eskimo ist<br />

neben <strong>den</strong> Kosten sehr stark<br />

Bewusst fahren<br />

spart Strom: ICE-<br />

Piloten leisten ihren<br />

Beitrag <strong>für</strong> eine verbesserte<br />

Energie-<br />

Bilanz <strong>der</strong> DB.<br />

Energie sparen, heißt erfolgreich wirtschaften. Denn<br />

die Energiekosten steigen kontinuierlich. Im Projekt<br />

Eskimo koordinieren und forcieren die <strong>für</strong> die<br />

Energielieferung und –kosten verantwortliche Tochter<br />

DB Energie, das <strong>Bahn</strong>-Umwelt-Zentrum und die DB<br />

Systemtechnik die Energiesparaktivitäten des Konzerns.<br />

aus ökologischer Sicht getrieben“,<br />

betont Joachim Kettner,<br />

Leiter des <strong>Bahn</strong>-Umwelt-<br />

Zentrums <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. „Umweltschutz<br />

und Wirtschaftlichkeit<br />

haben hier einen<br />

gleichwertigen Stellenwert.<br />

Und nicht zuletzt spielt das<br />

Projekt Eskimo bei <strong>der</strong><br />

Ausgestaltung des künftigen<br />

Klimaschutzprogramms <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong> eine wichtige Rolle.<br />

23<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


aktuellll<br />

24<br />

ENERGIE SPAREN<br />

Auch unsere Wettbewerber<br />

Flugzeug und Automobil<br />

arbeiten an einer Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Ökobilanz und wir müssen<br />

bestrebt sein, umweltfreundlichster<br />

Verkehrsträger<br />

zu bleiben.Wir setzen hier auf<br />

technische Innovationen und<br />

effizientes Energiemanagement.“<br />

Und da ist noch mehr<br />

drin, betont Dr. Rainer<br />

Schmidberger, Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik: „Mit Hilfe<br />

innovativer <strong>Technik</strong> ist es<br />

möglich, die Energiekosten<br />

des Konzerns nachhaltig zu<br />

senken. Entschei<strong>den</strong>d ist es,<br />

auf Technologien zu setzen,<br />

die es <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ermöglichen,<br />

auf die Entwicklung an <strong>den</strong><br />

Rohstoffmärkten flexibel zu<br />

reagieren, gleichzeitig die<br />

CO 2-Ziele zu erreichen und<br />

Kosten zu senken.“<br />

Die DB Systemtechnik<br />

hat im Eskimo-Team eine<br />

Fülle von Maßnahmen<br />

analysiert, mit <strong>den</strong>en man<br />

weiter Energie sparen kann.<br />

Das Energiesparpotenzial<br />

wird auf rund 85 Millionen<br />

Euro pro Jahr geschätzt. Ein<br />

Beispiel: Abgestellte Triebund<br />

Reisezüge wer<strong>den</strong> in aller<br />

Regel im Winter beheizt, im<br />

Sommer – soweit möglich –<br />

klimatisiert. Beides braucht<br />

Strom. Und hier kann man<br />

<strong>der</strong> Züge benötigen – spürbar<br />

zu senken.<br />

Schmidberger: „Da gibt es<br />

eine Reihe von Ansätzen.<br />

Der erste: Wie beim Auto<br />

auch, kann über eine Energie<br />

sparende Fahrweise <strong>der</strong> Verbrauch<br />

erheblich zurück-gedrängt<br />

wer<strong>den</strong>.“ Fahren ohne<br />

„Bleifuß“ also: Die Lokführer<br />

des Personenverkehrs üben<br />

das inzwischen sogar beim<br />

Fahrtraining am Simulator.<br />

Joachim Kettner, Leiter des <strong>Bahn</strong>-Umwelt-Zentrums<br />

„Wir setzen auf technische Innovationen und<br />

effizientes Energiemanagement.“<br />

durch ein optimiertes Management<br />

des Vorheizens bzw.<br />

Vorkühlens <strong>der</strong> Zugeinheit<br />

deutlich sparsamer haushalten,<br />

als dies bisher <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Daran haben die operativen<br />

Unternehmensbereiche<br />

ein nachhaltiges Interesse. So<br />

gibt es beispielsweise im<br />

Unternehmensbereich Personenverkehr<br />

Bestrebungen, <strong>den</strong><br />

so genannten Traktionsenergieverbrauch<br />

– also das, was<br />

die Fahrzeuge zum Bewegen<br />

Rund 85 Prozent <strong>der</strong><br />

Triebfahrzeuge des Personenverkehrs<br />

sind bereits mit<br />

einer Tema-Box ausgestattet.<br />

Das sind Geräte <strong>für</strong> die Traktions-Energiemessung<br />

und<br />

die Abrechnung. Auch<br />

Railion wird die Energiezähler<br />

in seinen Loks installieren.<br />

Ziel ist jeweils, durch<br />

ein effizientes Energie-<br />

Controlling die Kostenkomponente<br />

Traktionsenergie<br />

zu verkleinern.


Programm<br />

Stromsparen:<br />

Leitzentrale<br />

(links), Tema-<br />

Gerät (mitte),<br />

Fahrtraining im<br />

Simulator<br />

Energie wird aber nicht<br />

nur im Fahrbetrieb gespart.<br />

Das Projekt Eskimo entwickelt<br />

<strong>der</strong>zeit auch Energie-<br />

Controlling-Instrumente <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Verbrauch im stationären<br />

Bereich. Denn hier gibt es<br />

ebenfalls erhebliche Sparpotenziale.<br />

Andreas P. Meyer,<br />

Chef <strong>der</strong> DB Energie, ist mit<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Arbeit nicht<br />

unzufrie<strong>den</strong>. „Eskimo bringt<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> jährlich Ergebnisbeiträge<br />

im zweistelligen<br />

Millionen-Bereich. Die<br />

bereichsübergreifende Zusammenarbeit<br />

zwischen allen<br />

Konzerneinheiten und das<br />

System<strong>den</strong>ken innerhalb <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong> sind Voraussetzungen,<br />

diese erfolgreiche Bilanz zu<br />

verstetigen.“ bt<br />

Suche nach Lecks<br />

in <strong>der</strong> Isolierung:<br />

Mit <strong>der</strong><br />

Wärmekamera<br />

(kleines Bild)<br />

lassen sich<br />

Energiesparpotenziale<br />

aufspüren.<br />

25<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


aktuellll<br />

26<br />

STROMABNEHMER<br />

durch Kamera erfasster Bereich<br />

Hin<strong>der</strong>nis/Scha<strong>den</strong><br />

Kamera am Fahrzeug<br />

Entfernung Zug – Hin<strong>der</strong>nis<br />

Oberleitung<br />

Entfernung Stromabnehmer – Hin<strong>der</strong>nis<br />

Stromabnehmer blitzschnell<br />

Intelligente<br />

Sensortechnik kann<br />

ein häufiges Ärgernis<br />

im elektrischen<br />

<strong>Bahn</strong>betrieb unter dem<br />

Fahrdraht weitgehend<br />

ausschalten: Wenn<br />

sich Fremdkörper in<br />

<strong>der</strong> Oberleitung verhakt<br />

haben, wer<strong>den</strong><br />

diese von Bordkameras<br />

im Zug erkannt. Und<br />

ein Computer sorgt<br />

da<strong>für</strong>, dass sich <strong>der</strong><br />

Stromabnehmer vor<br />

dem Hin<strong>der</strong>nis<br />

automatisch absenkt.<br />

Vor diesem Crash ist kein elektrisch<br />

betriebener Zug gefeit: Immer wie<strong>der</strong><br />

verhaken sich in <strong>der</strong> Oberleitung Äste,<br />

Plastikplanen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Fremdkörper.<br />

Wenn <strong>der</strong> Stromabnehmer des Zuges sie<br />

erfasst, sind die Folgen meist fatal – <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Stromabnehmer, aber auch <strong>für</strong> die<br />

Oberleitung: Oft wird das gesamte<br />

Kettenwerk auf einer längeren Strecke<br />

schwer beschädigt. Die Folgen:<br />

Streckensperrung, Zugausfälle, hohe<br />

Reparaturkosten. Ein hochmo<strong>der</strong>nes<br />

System <strong>der</strong> mobilen optischen Hin<strong>der</strong>niserkennung<br />

soll <strong>für</strong> Abhilfe sorgen.<br />

Im Prinzip ist das ganz einfach.Wenn<br />

plötzlich vor dem fahren<strong>den</strong> Zug ein<br />

Fremdkörper in <strong>der</strong> Oberleitung auftaucht,<br />

dann senkt <strong>der</strong> Zug blitzschnell<br />

und vollautomatisch <strong>den</strong> Stromabnehmer<br />

aufs Dach hinab, fährt wenige Sekun<strong>den</strong><br />

ohne Strom weiter. Im Prinzip steht das<br />

System auch schon. Optische Sensoren –<br />

so genannte Flächenkameras – blicken<br />

von <strong>der</strong> Zugspitze während <strong>der</strong> Fahrt<br />

etwa 80 Meter voraus auf die<br />

Oberleitung. Ein Rechner wertet die<br />

Bil<strong>der</strong> aus. Dank ausgeklügelter <strong>Technik</strong>


auf Tauchstation<br />

ist er in <strong>der</strong> Lage, Fremdkörper im<br />

Durchgangsraum des Stromabnehmers zu<br />

erkennen – so rechtzeitig, dass <strong>der</strong><br />

Stromabnehmer noch vor dem Hin<strong>der</strong>nis<br />

gewissermaßen abtaucht.<br />

„Mit einem Oberleitungsmesswagen<br />

haben wir dieses System bereits getestet,“<br />

berichtet Dr. Bernhard Sarnes, bei <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik verantwortlich <strong>für</strong> die<br />

Wechselwirkung von Stromabnehmer und<br />

Oberleitung. Das System wurde sogar<br />

schon patentiert, ist aber noch einige<br />

Schritte von <strong>der</strong> Serienreife entfernt.<br />

Sarnes: „Wir wollen insbeson<strong>der</strong>e erreichen,<br />

dass wir ein solches Sensorsystem<br />

zur Hin<strong>der</strong>niserkennung an Oberleitungen<br />

auch im Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

einsetzen können. Denn je<br />

Betriebsunfall:<br />

Defekte<br />

Schleifleiste, die in<br />

ein Hin<strong>der</strong>nis im<br />

Fahrdraht fuhr<br />

(rechts).<br />

Stromabnehmer-<br />

Inspektion im ICE-<br />

Werk Frankfurt/M.<br />

höher die Geschwindigkeit ist, desto<br />

größer sind natürlich die Folgen, die ein<br />

Hin<strong>der</strong>nis im Fahrdraht auslöst“.<br />

Gemeinsam mit dem Bundesministerium<br />

<strong>für</strong> Bildung und Forschung und<br />

mit Partnern aus <strong>der</strong> Industrie will die<br />

DB Systemtechnik das System <strong>der</strong><br />

Hin<strong>der</strong>niserkennnung zur Einsatzreife<br />

bringen. Fachleute rechnen damit, dass<br />

etwa zwei Jahre weitere Arbeit anstehen<br />

und man dann in die Betriebserprobung<br />

gehen kann. Ein Detailproblem: Bislang<br />

funktioniert die Erkennung per Kamera<br />

nur bei ausreichendem Tageslicht.<br />

Überlegt wird nunmehr, auch ein nächtliches<br />

Kontrollsystem zu schaffen. „Wir<br />

stellen uns vor, dass das mit <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Menschen unsichtbaren infraroten Laser-<br />

Strahlen funktionieren kann", erklärt<br />

Sarnes.<br />

Er ist überzeugt, dass ein serienreif<br />

funktionierendes System die Nachrüstung<br />

allemal lohnt: „Wir können nicht nur<br />

hohe Reparaturkosten an Fahrzeugen und<br />

<strong>der</strong> Oberleitung vermei<strong>den</strong>, son<strong>der</strong>n wir<br />

erhöhen vor allem die Verfügbarkeit des<br />

Netzes: Wenn es Schä<strong>den</strong> an <strong>der</strong> Oberleitung<br />

gibt, dann steht <strong>der</strong> Verkehr still.“<br />

Komplizierte mathematisch-geometrische<br />

Prozesse waren notwendig, um mit<br />

<strong>den</strong> Kameras – im Versuch wer<strong>den</strong> hinter<br />

<strong>der</strong> Windschutzscheibe des Triebfahrzeuges<br />

drei Geräte installiert – ein räumliches<br />

„Sehen“ zu ermöglichen. Mit zehn<br />

Bil<strong>der</strong>n pro Sekunde wer<strong>den</strong> auch bei<br />

Hochgeschwindigkeitsfahrten bis 330<br />

km/h verlässlich Blicke auf <strong>den</strong> Fahrdraht<br />

ermöglicht. Beson<strong>der</strong>s schwierig ist es, dass<br />

das von zwei Computern gesteuerte System<br />

wirklich nur bei Hin<strong>der</strong>nissen Alarm<br />

schlägt und sich nicht von Bauteilen <strong>der</strong><br />

Oberleitung irritieren lässt. Zu diesem<br />

Zweck ist <strong>der</strong> Computer mit Informationen<br />

gefüttert, wie die typischen<br />

Dr. Bernhard Sarnes, DB Systemtechnik:<br />

„Wenn es Schä<strong>den</strong> an <strong>der</strong> Oberleitung gibt, dann steht <strong>der</strong> Verkehr still.“<br />

Oberleitungs-Komponenten aussehen.<br />

Mit diesem „Wissen“ überblickt das<br />

System <strong>den</strong> Raum, <strong>den</strong> <strong>der</strong> Stromabnehmer<br />

durchfährt – und schlägt nur<br />

Alarm, wenn dann plötzlich ein frem<strong>der</strong><br />

Eindruck ins Bild kommt.<br />

Entwickelt wur<strong>den</strong> da<strong>für</strong> zwei Hin<strong>der</strong>niserkennungsalgorithmen.<br />

Der eine ist auf<br />

kleine, am Fahrdraht hängende Hin<strong>der</strong>nisse<br />

geeicht, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e auf größere<br />

wie etwa Äste, die <strong>der</strong> Wind in die<br />

Oberleitung geweht hat. Natürlich bleiben<br />

Unwägbarkeiten. Sarnes: „Die Qualität <strong>der</strong><br />

Erkennung <strong>der</strong> Hin<strong>der</strong>nisse ist abhängig<br />

vom Wetter.“ Bei blauem Himmel o<strong>der</strong> bei<br />

Kumuluswolken liegt die Erkennungsrate<br />

bei 90 Prozent, doch mit <strong>der</strong> Sonne im<br />

Rücken lediglich bei ca. 80 Prozent. bt<br />

27<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


aktuellll<br />

28<br />

SICHERHEIT<br />

Auf einer Teststrecke in Polen produzieren<br />

Europas <strong>Bahn</strong>en Crashs nach Fahrplan.<br />

Die jüngsten Proban<strong>den</strong>: Die Kopfstrukturen<br />

einer Straßenbahn und einer<br />

Regional-Stadtbahn (auch als Tram-Train<br />

bezeichnet), wie sie auch auf DB-Schienen<br />

fahren. Einer <strong>der</strong> Mit-Initiatoren <strong>der</strong><br />

Crash-Tests ist die DB Systemtechnik.<br />

Hinter <strong>den</strong> Versuchen steht das EU-Projekt<br />

„SAFETRAM“ – mit <strong>der</strong> Absicht,<br />

Leichttriebwagen, Stadt- und Straßenbahnen<br />

bei Kollisionen noch sicherer zu<br />

machen.<br />

Projektleiter Wilfried Wolter: „Um es<br />

ganz klar zu sagen, wir schließen mit diesem<br />

Vorhaben nicht etwa eine Sicherheitslücke<br />

im System <strong>Bahn</strong>.Was wir in diesem<br />

Projekt suchen, ist gewissermaßen eine<br />

,Sicherheit plus‘ nun auch <strong>für</strong> die leichten<br />

Fahrzeuge des Stadt- und Regionalverkehrs."<br />

Es ist eine zusätzliche Sicherheit<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> statistisch nachweisbar sehr seltenen<br />

Fall, dass auf Grund einer Verkettung von<br />

unglücklichen Umstän<strong>den</strong> das vorhan<strong>den</strong>e<br />

Sicherheitssystem versagt. Das EU/UIC-<br />

Vorgängerprojekt „SAFETRAIN“ hatte<br />

die technischen Grundlagen bereits <strong>für</strong><br />

Triebfahrzeuge, Triebzüge und Reisezugwagen<br />

geschaffen.<br />

Sicherheit<br />

plus<br />

mit <strong>der</strong><br />

Knautschzone<br />

Wolter: „Unsere Sicherheitsphilosophie<br />

baut auf <strong>der</strong> aktiven Sicherheit<br />

auf. Darunter verstehen wir, dass wir durch<br />

eine Reihe von Maßnahmen, speziell durch<br />

die Leit- und Betriebstechnik, <strong>den</strong> Zugbetrieb<br />

so lenken, dass es gar nicht zu<br />

Kollisionen kommen kann.“ Hans Peter<br />

Lang von <strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik ergänzt: „Unser System ist<br />

sicher, doch jedes technische System hat ein<br />

Restrisiko. Auch wenn dieses minimal<br />

ist, wollen wir dieses Risiko weiter minimieren.“<br />

Bislang wur<strong>den</strong> die Sicherheitsrisiken<br />

des Systems <strong>Bahn</strong> ausschließlich deterministisch<br />

bewertet. Das heißt, es wurde untersucht,<br />

ob die Einhaltung von Grenzwerten<br />

– z.B. Mindestfestigkeitswerte o<strong>der</strong><br />

Maximalströme –, die aus Erfahrung und<br />

Versuchen gewonnen wur<strong>den</strong>, <strong>für</strong> die<br />

Risiko-Beherrschung ausreichen. Zusätzlich,<br />

das heißt darauf aufbauend, betreibt die<br />

<strong>Bahn</strong> auch Risikoanalysen, bei <strong>den</strong>en mit<br />

einem „Probabilistischen Ansatz“ mit Hilfe<br />

von Wahrscheinlichkeitsrechnungen das<br />

Risiko eines Systems abgeschätzt wird.<br />

Lang: „Das wird beson<strong>der</strong>s wichtig<br />

beim Einsatz neuer Werkstoffe, neuer Technologien<br />

o<strong>der</strong> neuer Betriebsweisen. Das<br />

Eisenbahn-Bundesamt besteht auch hier<br />

auf <strong>der</strong> Einhaltung des Regelwerks bzw. auf<br />

dem ‚Nachweis gleicher Sicherheit‘. Das<br />

kann etwa durch neue Instandhaltungsregeln<br />

realisiert wer<strong>den</strong>, aber auch<br />

durch betriebliche Maßnahmen o<strong>der</strong> durch<br />

zusätzliche Diagnosen. Für eine Abwägung


Die Sicherheitsphilosophie des Schienenverkehrs setzt auf „aktive<br />

Sicherheit“: Durch Regeln, spezielle Verfahren und nicht zuletzt<br />

durch die hoch entwickelte Leit- und Sicherungstechnik sollen<br />

Unfälle von vornherein – aktiv eben – ausgeschlossen wer<strong>den</strong>.<br />

Das Beispiel <strong>Bahn</strong>übergang zeigt dies anschaulich: Der herannahende<br />

Zug löst das Ampelsignal und die Halbschranke aus. Wenn<br />

er die Straße kreuzt, müssen theoretisch alle Straßenverkehrsteilnehmer<br />

in sicherem Abstand die Zugfahrt abwarten. Dass es<br />

betrieblich und wirtschaftlich sinnvoller<br />

Maßnahmen kann man die Methode <strong>der</strong><br />

Risikoanalyse nutzen.“<br />

Das Projekt SAFETRAM will geeignete<br />

Maßnahmen erarbeiten, die die Folgen<br />

von Kollisionen nun auch in <strong>den</strong> leichten<br />

Nahverkehrsfahrzeugen mil<strong>der</strong>n. Wolter:<br />

„Hierbei handelt es sich um einen typischen<br />

Fall <strong>der</strong> passiven Sicherheit – also um<br />

Schutzmaßnahmen, wenn es dann doch<br />

einen Unfall gegeben hat.“ Dabei geht es in<br />

<strong>den</strong> seltensten Fällen um Zusammenstöße<br />

von Schienenfahrzeugen. Häufiger sind<br />

Kollisionen im täglichen Betrieb mit<br />

Hin<strong>der</strong>nissen auf dem Gleis. Das können<br />

umgestürzte Bäume nach einem Unwetter<br />

sein o<strong>der</strong> Zusammenstöße mit Straßenfahrzeugen<br />

auf <strong>Bahn</strong>übergängen.<br />

Wolter: „Beson<strong>der</strong>s die <strong>Bahn</strong>übergangsunfälle<br />

sind ein typisches Beispiel <strong>für</strong><br />

die Unwägbarkeiten eines technischen Sy-<br />

stems. Die Sicherheit ist bereits durch die<br />

Verkehrsregeln gegeben. Wür<strong>den</strong> sich alle<br />

Verkehrsteilnehmer strikt daran halten,<br />

könnte es überhaupt keine <strong>Bahn</strong>übergangsunfälle<br />

geben. Hier zeigt sich deutlich, wie<br />

wir durch <strong>den</strong> Ausbau <strong>der</strong> Kollisionssicherheit<br />

ein Restrisiko weiter minimieren."<br />

Wilfried Wolter, Projektleiter SAFETRAM<br />

„Durch Ausbau <strong>der</strong> Kollisionssicherheit<br />

ein Restrisiko weiter minimieren.“<br />

ein Restrisiko gibt, lehrt die Lebenserfahrung: Verkettung<br />

unglücklicher Umstände, technisches wie menschliches Versagen<br />

sind typische Ursachen gerade auch <strong>für</strong> <strong>Bahn</strong>übergangsunfälle.<br />

Zusätzliche „passive Sicherheit“ kann dann möglicherweise<br />

Folgen mil<strong>der</strong>n. So wollen Europas <strong>Bahn</strong>en insbeson<strong>der</strong>e leichte<br />

Regionaltriebwagen, aber auch Stadt- und Straßenbahnen mit<br />

Kollisionsschutz ausstatten – und unternehmen da<strong>für</strong> Crash-Tests<br />

(Bild unten).<br />

Das Projekt SAFETRAM hat dabei,<br />

ebenso wie ehemals SAFETRAIN, eine<br />

grundsätzliche Zielrichtung: Es geht um<br />

die Schaffung von vorausbestimmten Verformungszonen.<br />

An <strong>den</strong> Fahrzeug-<br />

En<strong>den</strong>, die von einer Kollision betroffen<br />

sind, soll im Fall <strong>der</strong> Straßenbahn <strong>der</strong><br />

Führerstand möglichst unbeschädigt bleiben<br />

und bei <strong>der</strong> Regional-Stadtbahn nur<br />

partiell verformt wer<strong>den</strong>. Für Straßenbahnen<br />

wer<strong>den</strong> zur Umwandlung <strong>der</strong><br />

Kollisionsenergie daher sogenannte<br />

Crashmodule verwendet, die vor <strong>der</strong><br />

Fahrerkabine angeordnet sind. Regional-<br />

Stadtbahnen müssen im Kollisionsfall mit<br />

80-Tonnen-Eisenbahnfahrzeugen sogar<br />

mit <strong>der</strong>en Seitenpuffern o<strong>der</strong> Mittelpufferkupplungen<br />

fertig wer<strong>den</strong>. Wegen<br />

<strong>der</strong> hohen Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />

Energieumwandlung müssen hier die<br />

Fahrzeugen<strong>den</strong> in die kontrollierte Verformung<br />

einbezogen wer<strong>den</strong> – selbstverständlich<br />

unter Gewährleistung <strong>der</strong><br />

Sicherheit <strong>für</strong> <strong>den</strong> Fahrer. Ein integrierter<br />

Aufkletterschutz verhin<strong>der</strong>t außerdem<br />

das vertikale Ausbrechen eines <strong>der</strong> kollidieren<strong>den</strong><br />

Fahrzeuge. Das führt heute oft<br />

noch zur Entgleisung. Bemerkenswert ist,<br />

dass die in SAFETRAM entwickelten<br />

technischen Lösungen grundsätzlich auch<br />

auf an<strong>der</strong>e kollisionssichere Eisenbahnfahrzeuge<br />

anwendbar sind.<br />

Zusätzliche Sicherheit ist nicht zum<br />

Nulltarif erhältlich.Wolter: „Wir sind im<br />

engen Kontakt mit <strong>der</strong> Industrie, um mit<br />

angemessenen technischen Lösungen ein<br />

Optimum an Sicherheit zu erreichen. Die<br />

technischen Ansätze sind durchaus vielversprechend.“<br />

Entsprechend konsequent<br />

handeln die operativen Geschäftsbereiche<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>: Verstärkt schreiben sie bei<br />

neuen Fahrzeugen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

passiven Sicherheit in die Lastenhefte. bt<br />

29<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


aktuellll<br />

30<br />

DIENSTLEISTUNG<br />

NeiTech in Kroatien<br />

Das Know-how, die Prüf- und<br />

Diagnoseeinrichtungen sowie die<br />

Prüffahrzeuge <strong>der</strong> DB Systemtechnik<br />

wer<strong>den</strong> immer wie<strong>der</strong> auch von an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Bahn</strong>en genutzt. Ein typischer und<br />

aktueller Fall <strong>für</strong> so ein Drittgeschäft: Die<br />

Staatsbahn von Kroatien hat angefragt, ob<br />

sie <strong>den</strong> Messzug VT 612.9 im kommen<strong>den</strong><br />

Jahr auf ihrem Netz einsetzen kann.<br />

Dieses aus dem Serien-Neigetriebzug <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Regionalverkehr entwickelte<br />

NeiTech mit<br />

Messtechnik: Der<br />

VT 612.9 steht<br />

vor einem<br />

Auslandseinsatz.<br />

Fahrzeug prüft normalerweise im DB-<br />

Netz regelmäßig alle von NeiTech-<br />

Zügen befahrenen Strecken. Dabei zeichnen<br />

Rechner vielfältige Signale <strong>der</strong><br />

Messradsätze und <strong>der</strong> Beschleunigungssensoren<br />

auf, die bei <strong>der</strong> schnellen<br />

Bogenfahrt zwischen Rad und Schiene<br />

entstehen bzw. die Fahrzeugkomponenten<br />

beanspruchen. So lassen sich<br />

Verschleiß und Fehler im Fahrweg frühzeitig<br />

aufspüren (siehe auch bahntech<br />

2/2003). Die <strong>Bahn</strong> in Kroatien will selbst<br />

Neigetechnikfahrzeuge <strong>der</strong> Baureihe 612<br />

einsetzen. Da<strong>für</strong> soll zunächst einmal mit<br />

Hilfe des Messzugs festgestellt wer<strong>den</strong>,<br />

welche Belastungen die ausgewählten<br />

Strecken hervorrufen. Insgesamt geht es<br />

um eine Strecke von 100 Kilometern. Die<br />

Von <strong>der</strong> Invention<br />

zur Innovation<br />

<strong>Bahn</strong>technik-Gipfel in<br />

Schottland: Zum World<br />

Congress of Railway<br />

Research (WCRR) in<br />

Edinburgh trafen sich 700<br />

Fachleute aus über 30<br />

Län<strong>der</strong>n vor einigen Wochen<br />

zum Erfahrungsaustausch.<br />

Joachim Mayer, Mitglied im<br />

internationalen Organisationskomitee<br />

und einer <strong>der</strong><br />

geschäftlichen Einzelheiten des Einsatzes<br />

des Testzugs und seines Teams wer<strong>den</strong><br />

noch geregelt – auf höchster Ebene zwischen<br />

<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>-Chefs. bt<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> DB<br />

Systemtechnik, war dabei. Er<br />

beobachtete nach einer mehrjährigen,<br />

eher euphorischen<br />

Stimmung über die Renaissance<br />

<strong>der</strong> Eisenbahn eine<br />

gewisse Ernüchterung – und<br />

findet das gut so: „Die<br />

Aufbruchstimmung <strong>der</strong><br />

Liberalisierung ist bei vielen<br />

<strong>Bahn</strong>en vorbei, da<strong>für</strong> setzt sich


FORSCHUNG<br />

Harte Köpfe <strong>für</strong><br />

High Speed Gleisbau<br />

Die anspruchsvollen Betriebsprogramme<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> for<strong>der</strong>n Höchstleistungen<br />

von Rad und Schiene. Auf <strong>der</strong> Suche<br />

nach Möglichkeiten, Schienenschä<strong>den</strong><br />

und Wartungsaufwand insbeson<strong>der</strong>e auf<br />

<strong>den</strong> Hochgeschwindigkeitsstrecken zu<br />

vermin<strong>der</strong>n, führten die Werkstoffexperten<br />

<strong>der</strong> DB Systemtechnik in<br />

Bran<strong>den</strong>burg-Kirchmöser gemeinsam<br />

mit dem österreichischen Schienenhersteller<br />

Voestalpine Schienen GmbH<br />

einen bemerkenswerten Versuch durch.<br />

Auf <strong>der</strong> Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />

Hannover – Würzburg und auf <strong>der</strong> mit<br />

200 km/h befahrenen Schnellstrecke<br />

München – Augsburg wur<strong>den</strong> in einem<br />

dreijährigen Vergleich herkömmliche<br />

Schienen mit einem neuen Produkt des<br />

österreichischen Herstellers verglichen –<br />

mit HSH-Schienen, <strong>der</strong>en Köpfe in<br />

einem Spezialverfahren beson<strong>der</strong>s gehär-<br />

jetzt nüchterner Pragmatismus<br />

durch. Ganz generell<br />

lässt sich sagen, dass die<br />

Entwicklung völlig neuer<br />

technischer Lösungen eher<br />

zur Ran<strong>der</strong>scheinung gewor<strong>den</strong><br />

ist. Ich sehe einen Wandel<br />

von <strong>der</strong> Invention zur<br />

Innovation.“<br />

So setzen Mayer zufolge in<br />

vielen Län<strong>der</strong>n die <strong>Bahn</strong>-<br />

tet wer<strong>den</strong>. Rene Hey<strong>der</strong>, Experte <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Rad/Schiene-Kontakt aus Kirchmöser,<br />

fasst das Ergebnis des Versuchs<br />

zusammen: „Verschleiß, Riffelbildung<br />

und Risse sind bei herkömmlichen<br />

Schienen zwei bis drei Mal so hoch wie<br />

bei <strong>der</strong> HSH-Schiene. Unter Berücksichtigung<br />

einer entsprechen<strong>den</strong> Instandhaltungsstrategie<br />

lässt sich mit diesem<br />

Produkt auch eine deutlich längere<br />

Liegedauer erwarten. Zudem sinkt <strong>der</strong><br />

Aufwand <strong>für</strong> die Schienenbearbeitung,<br />

weil die Bearbeitungsintervalle größer<br />

wer<strong>den</strong>.“<br />

Das Produkt aus dem Schienenwerk<br />

in Leoben-Donawitz in Österreich wird<br />

seit Jahren von vielen <strong>Bahn</strong>en vor allem<br />

auf Strecken mit Schwerlastverkehr eingesetzt<br />

– so auch bei <strong>der</strong> DB. Bis jetzt<br />

aber war das Produkt vorwiegend <strong>für</strong> verschleißintensive<br />

enge Bogenradien vorge-<br />

betreiber sehr stark auf die<br />

konsequente Weiterentwicklung<br />

bisheriger Technologien,<br />

statt ständig das Rad neu<br />

erfin<strong>den</strong> zu wollen. Mayer:<br />

„Das Gebot <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

gewinnt überall an<br />

Gewicht.“ Insbeson<strong>der</strong>e die<br />

am freien Markt operieren<strong>den</strong><br />

<strong>Bahn</strong>betreiber seien zunächst<br />

an <strong>der</strong> Optimierung und <strong>der</strong><br />

Zuverlässigkeit ihres Betriebs<br />

interessiert. Vielfach gehe es<br />

<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>en bei <strong>Technik</strong>-<br />

Innovationen um Ausschöpfung<br />

<strong>der</strong> Kapazitätsreserven<br />

und Erhöhung ihrer Produktivität.<br />

Zunehmend gebe es<br />

auch weltweit intelligente<br />

Ansätze, die Leistungsfähigkeit<br />

von Strecken o<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>-<br />

<strong>für</strong> Schnellfahrstrecken: die kopfgehärtete Schiene als<br />

mögliche Alternative zum Klassiker UIC 60<br />

knoten über <strong>Technik</strong> und<br />

auch entsprechende Organisation<br />

zu erhöhen.<br />

Bei diesen Prozessen sei<br />

das alte Eisenbahnland Europa<br />

nicht unbedingt in einer<br />

Vorreiterrolle, stellt Mayer<br />

fest. „Das Zusammenspiel <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong>en und <strong>der</strong> <strong>für</strong> sie tätigen<br />

Hersteller ist offensichtlich<br />

noch nicht ausgereift. Es gibt<br />

zwar langfristige Visionen und<br />

Reaktionen auf unmittelbare<br />

Tagesprobleme, aber noch<br />

wenig wirklich strategische<br />

Ansätze. Und da gibt es reichlich<br />

Probleme: Die Finanzierung,<br />

fehlende politische<br />

Unterstützung, Konflikte zwischen<br />

<strong>Bahn</strong>en und Industrie.<br />

Aber auf an<strong>der</strong>en Konti-<br />

sehen. In einem umfangreichen<br />

Versuchsprogramm wurde dann die<br />

Schiene auf <strong>den</strong> Schnellfahrstrecken<br />

getestet. Mit Hilfe von Profilmessungen<br />

und <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen, zerstörungsfreien<br />

Wirbelstromprüfung wur<strong>den</strong> die Testschienen<br />

über drei Jahre lang auf<br />

Verschleiß, Verriffelung und Oberflächenrissbildung<br />

analysiert und mit<br />

an<strong>der</strong>en Produkten verglichen.<br />

Das Ergebnis war nach Ansicht <strong>der</strong><br />

Experten eindeutig. Während Schienen<br />

<strong>der</strong> naturharten Güteklassen Schädigungstiefen<br />

bis drei Millimeter aufwiesen,<br />

zeigte die HSH-Schiene gerade einmal<br />

Risse von 0,5 Millimetern Tiefe. Das zahlt<br />

sich beim Schienenschleifen aus. Bei <strong>den</strong><br />

kopfgehärteten Schienen waren die<br />

Schleifzüge viel schneller – also mit weniger<br />

Schleif-Aufwand – damit fertig, Risse<br />

und Riffel zu beseitigen. bt<br />

nenten, z. B. in Asien, ist eine<br />

deutliche Konsolidierung <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong>en und <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>technik<br />

zu sehen. Davon können alle<br />

profitieren.“<br />

Der nächste WCRR-<br />

Kongress findet in drei Jahren<br />

statt, erstmals seit langer Zeit<br />

wie<strong>der</strong> in Nordamerika, in<br />

<strong>der</strong> kanadischen Metropole<br />

Montreal. Mayer: „Das wird<br />

sicher eine interessante<br />

Veranstaltung über die unternehmerischen<br />

Fortschritte<br />

<strong>der</strong> amerikanischen <strong>Bahn</strong>en,<br />

die traditionsgemäß ihren<br />

Schwerpunkt im Güterverkehr<br />

haben, aber jetzt in<br />

dicht besiedelten Gebieten<br />

wie<strong>der</strong> zunehmend Personenverkehr<br />

betreiben.“ bt<br />

31<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


hinterrggrrund<br />

32<br />

RECHT<br />

Reform <strong>der</strong> Regeln<br />

Auf dem Reformweg <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ist eine Aufgabe noch unerledigt: Die<br />

Reform <strong>der</strong> technischen Regelwerke. Immer noch ist <strong>der</strong> DB-Konzern<br />

mit <strong>der</strong> teuren Aufgabe belastet, weitgehend in eigener Regie die<br />

Bestimmungen <strong>für</strong> einen reibungslosen <strong>Bahn</strong>betrieb aufzustellen. Ein<br />

Relikt aus <strong>der</strong> Behör<strong>den</strong>zeit <strong>der</strong> alten Bundesbahn – keine Aufgabe <strong>für</strong><br />

ein normales Wirtschaftsunternehmen. Die <strong>Bahn</strong> sinnt auf Abhilfe.<br />

Gesetze, Verordnungen,<br />

Normen national und europaweit,<br />

technische Spezifikationen,<br />

Richtlinien, Abkommen,<br />

Lieferbedingungen,<br />

Dienstvorschriften – bis in die<br />

letzten Details sind die<br />

Vorgaben und Abläufe des<br />

<strong>Bahn</strong>betriebs technisch definiert.<br />

„Es gibt Abertausende<br />

von Normen, da hat niemand<br />

mehr <strong>den</strong> Überblick“, erklärt<br />

Dr. Rainer Schmidberger,<br />

Chef <strong>der</strong> DB Systemtechnik,<br />

im Gespräch mit bahntech.<br />

Und doch seien die Regeln<br />

we<strong>der</strong> überflüssig noch obsolet:<br />

„Die technischen<br />

Regelwerke sind das Wissen<br />

<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. Sie konservieren das<br />

gesamte Know-how und sind<br />

damit die Basis <strong>für</strong> die<br />

Weiterentwicklung des<br />

Gesamtsystems.“<br />

Doch aus <strong>der</strong> Sicht des<br />

<strong>Bahn</strong>konzerns stellt sich ein<br />

schwer wiegendes Problem,<br />

erläutert Schmidberger: „Die<br />

Pflege des Regelwerks ist<br />

immens aufwändig. Sie bindet<br />

in hohem Maße Personal, vor<br />

allem auf <strong>der</strong> technischen<br />

Ebene, aber natürlich auch bei<br />

<strong>den</strong> Juristen. Unser Problem<br />

ist, dass wir das als<br />

Unternehmen, das im harten<br />

Wettbewerb <strong>der</strong> Verkehrsträger<br />

steht, gar nicht mehr<br />

leisten können. Und wir wollen<br />

es auch nicht: Keine<br />

Fluggesellschaft, kein Spediteur<br />

käme auf die Idee, sich<br />

mit <strong>den</strong> grundsätzlichen technisch-juristischenRahmenbedingungen<br />

seines Geschäftes<br />

auseinan<strong>der</strong> zu setzen.“<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ist das bisher<br />

an<strong>der</strong>s – historisch gewachsen.<br />

Die <strong>Deutsche</strong> Bundesbahn<br />

war eine staatliche<br />

Behörde, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />

weitgehend Regelungs- und<br />

Aufsichtsfunktionen zugewiesen<br />

hatte. Mit <strong>der</strong> Schaffung<br />

<strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />

mussten neue Wege gefun<strong>den</strong><br />

wer<strong>den</strong>. Das führte beispielsweise<br />

zur Gründung des<br />

Eisenbahn-Bundesamts, das<br />

nunmehr die technische<br />

Aufsicht über <strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb<br />

in Deutschland innehat.<br />

Bei <strong>den</strong> Regelwerken<br />

indes funktionierte das nicht –<br />

Typische DB-<br />

Werknorm: Grundsatz-<br />

Entscheidung <strong>für</strong> die<br />

Schiene UIC 60.


wohl auch deshalb, weil das<br />

Thema sehr komplex ist.<br />

Schmidberger: „Der wesentliche<br />

Unterschied zu <strong>den</strong> alten<br />

Bundesbahn-Zeiten ist doch,<br />

dass wir heute <strong>den</strong> Wettbewerb<br />

auf Schienen haben.<br />

Früher galten die technischen<br />

Regelwerke nur <strong>für</strong> uns, also<br />

<strong>für</strong> die Staatsbahn. Heute<br />

müssen sich aber auch unsere<br />

Wettbewerber an die<br />

Normen halten. Es wird<br />

ihnen auf die Dauer<br />

kaum gefallen, sich<br />

von uns alles vorschreiben<br />

zu lassen.<br />

Ich <strong>den</strong>ke, wir<br />

brauchen nicht<br />

nur aus Kostengrün<strong>den</strong><br />

eine<br />

neutrale Instanz,<br />

die sich <strong>der</strong> Fortschreibung<br />

<strong>der</strong><br />

Regelwerke annimmt.“<br />

In einem<br />

Strategieprojekt<br />

wird die DB<br />

Systemtechnik konkrete Empfehlungen<br />

ausarbeiten, wie<br />

die Schritte zum weiteren<br />

Umgang mit <strong>den</strong> technischen<br />

Regelwerken aussehen sollen.<br />

Als Ausgangsmodell <strong>für</strong> die<br />

Überlegungen zeichnet <strong>der</strong><br />

Chef <strong>der</strong> DB Systemtechnik<br />

das Bild einer Pyramide. Basis<br />

<strong>der</strong> Pyramide – und damit<br />

aller technischen Regeln –<br />

sind Gesetze und Verordnungen;<br />

gemeint sind<br />

nicht nur nationale Vorschriften,<br />

son<strong>der</strong>n verstärkt<br />

auch die Regelungen <strong>der</strong><br />

Europäischen Union.<br />

Die nächste Stufe <strong>der</strong><br />

Pyramide umfasst die Industriestandards,<br />

die übergreifend<br />

<strong>für</strong> alle technischen<br />

Abläufe in unserer Gesellschaft<br />

gelten. Die bekanntesten<br />

davon sind die DIN-,<br />

ISO- und Euro-Normen.<br />

Erst in <strong>der</strong> Pyrami<strong>den</strong>-<br />

Stufe darüber wird es bahnspezifisch<br />

mit <strong>der</strong> Fülle <strong>der</strong><br />

Standards, wie international<br />

gelten<strong>den</strong> Richtlinien und<br />

technischen Merkblättern des<br />

Internationalen Eisenbahnverbandes<br />

UIC, aber auch<br />

spezieller multilateraler Abkommen<br />

zur Regelung des<br />

<strong>Bahn</strong>verkehrs. Hierzu zählen<br />

auch die von <strong>der</strong> EU forcierten<br />

Technischen Spezifikationen<br />

Interoperabilität,<br />

mit <strong>den</strong>en die Gemeinschaft<br />

gesetzesverbindlich die Vielfalt<br />

<strong>der</strong> nationalen <strong>Bahn</strong>techniken<br />

gegen supranationale Systeme<br />

austauschen will. Die Spitze<br />

<strong>der</strong> Pyramide schließlich ist<br />

<strong>der</strong> Platz <strong>für</strong> die ausschließlich<br />

internen „Werksnormen“ <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong>.<br />

Nur noch <strong>für</strong> diese internen<br />

Vorschriften will Schmid-<br />

Werksnormen<br />

<strong>Bahn</strong>spezifische Normen<br />

(<strong>Bahn</strong>standards)<br />

Allgemeine Normen<br />

(Industriestandards)<br />

Nationale und internationale<br />

Gesetze und Normen<br />

Dr. Rainer Schmidberger, Chef <strong>der</strong> DB Systemtechnik:<br />

„Unseren Wettbewerbern wird es auf Dauer kaum<br />

gefallen, sich von uns alles vorschreiben zu lassen.“<br />

berger künftig im Unternehmen<br />

die Regelungskompetenz<br />

sehen. Heute ist die <strong>Bahn</strong><br />

sehr stark auch in <strong>der</strong> Ebene<br />

darunter in die Entwicklungsund<br />

Gestaltungsprozesse eingebun<strong>den</strong>.<br />

Aus diesem Geschäft<br />

will sie sich<br />

zurück ziehen,<br />

muss es nach<br />

ihrem Selbstverständnis<br />

von einem<br />

„ganz normalen<br />

Unternehmen“<br />

Regelungsbedarf<br />

Kunststoff-<br />

Bremssohle: Welche<br />

Auswirkungen darf<br />

<strong>der</strong> Abrieb beim<br />

Bremsen aufs<br />

Gesamtsystem<br />

haben?<br />

Vision: So soll<br />

das künftige<br />

Regelwerk<br />

aufgebaut<br />

sein.<br />

auch. „Da geht es ja gerade<br />

um die übergreifen<strong>den</strong><br />

Regelungen, an <strong>der</strong>en Formulierung<br />

wir als Wettbewerber<br />

im Markt eigentlich<br />

nicht länger teilnehmen können“,<br />

erklärt Schmidberger.<br />

Was das aus Sicht <strong>der</strong><br />

<strong>Bahn</strong> bedeutet, macht er an<br />

einem einfachen Beispiel<br />

deutlich. Die langfristige<br />

Strategie des DB- Konzerns<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> Fahrweg<br />

sieht vor, künftig im<br />

gesamten Netz nur<br />

eine einzige<br />

Schienen-Qualität<br />

zu verwen<strong>den</strong>:<br />

die Schienen <strong>der</strong><br />

Bauart UIC 60.<br />

Das ist eine<br />

schwere Schiene,<br />

die hohen Belastungen<br />

stand hält<br />

und damit auf allen<br />

hoch frequen-<br />

tierten Strecken<br />

die wirtschaftlich<br />

vernünftigste<br />

Lösung darstellt.Auf verkehrsschwächeren<br />

Strecken ist dieser<br />

Standard etwas überdimensioniert;<br />

es könnten auch<br />

leichtere Schienen-Qualitäten<br />

verwendet wer<strong>den</strong>. Doch<br />

unternehmensinterne Unter-<br />

33<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


hinterrggrrund<br />

34<br />

RECHT<br />

suchungen haben gezeigt, dass<br />

die Festlegung auf <strong>den</strong> einheitlichen<br />

Standard unter dem<br />

Strich aus Konzernsicht<br />

Aufwand min<strong>der</strong>n hilft und<br />

damit zum Ergebnis beitragen<br />

kann.<br />

Die Festlegung auf die<br />

UIC 60-Schiene wird in eine<br />

typische bahninterne Werksnorm<br />

gefasst. Schmidberger:<br />

„Da steht dann nur noch<br />

drin, dass das Netz bei allen<br />

Schienen-Erneuerungen die-<br />

sen Schienentyp verwen<strong>den</strong><br />

muss. Mehr nicht. Wie etwa<br />

die Geometrie <strong>der</strong> Schiene<br />

technisch auszusehen hat o<strong>der</strong><br />

wie sie metallurgisch beschaffen<br />

sein muss, das regeln wir<br />

nicht intern, son<strong>der</strong>n das<br />

ergibt sich aus <strong>den</strong> übergreifen<strong>den</strong><br />

internationalen Vorschriften,<br />

teils aus <strong>den</strong> bahnspezfischen,<br />

teils aber auch aus<br />

<strong>den</strong> Industriestandards. Das<br />

bringt unseren künftig verbleiben<strong>den</strong>,<br />

eigenen technischen<br />

Regelwerken enorme<br />

Vereinfachungen, die sich<br />

sicher auf <strong>der</strong> Kostenseite<br />

nie<strong>der</strong>schlagen wer<strong>den</strong>.“<br />

Nicht immer müssen auch<br />

übergeordnete Vorschriften<br />

bahnspezifisch geregelt wer<strong>den</strong>.<br />

Auch da gibt es bereits<br />

ein Beispiel aus dem Bereich<br />

Fahrweg: Für <strong>den</strong> Streckenneu-<br />

o<strong>der</strong> -ausbau ist in <strong>der</strong><br />

Auf ausgereifte Standards aus dem<br />

Straßenbau zurückgreifen<br />

Regel Erdbau erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Bisher ist genau in internen<br />

Regelwerken <strong>der</strong> DB festgelegt,<br />

wie dieser auszusehen<br />

hat. „Das ist vollkommen<br />

überflüssig“, meint <strong>der</strong> Chef<br />

<strong>der</strong> Systemtechnik. „Erdbau<br />

betreiben auch an<strong>der</strong>e,<br />

namentlich im Straßenbau.<br />

Da können wir weitestgehend<br />

auf dessen ausgereifte<br />

Standards zurückgreifen.“<br />

Das schaffe nicht nur<br />

Normen-Wust ab, son<strong>der</strong>n<br />

verspreche auch wirtschaftliche<br />

Vorteile: „Wir können<br />

<strong>den</strong> Anbietermarkt ausweiten<br />

und auf typische<br />

Straßenbaufirmen zurückgreifen.<br />

Nicht nur Investitionskosten,<br />

son<strong>der</strong>n auch<br />

Instandhaltungskosten wer<strong>den</strong><br />

sinken, wenn wir auf<br />

Spezialität verzichten und auf<br />

solche Standards setzen.“<br />

Allerdings sei <strong>der</strong> Weg<br />

noch sehr weit und werde<br />

sicher Jahre, wenn nicht Jahrzehnte<br />

in Anspruch nehmen,<br />

warnt Schmidberger. Der<br />

Grund: Es sei äußerst schwierig,<br />

das Normengeflecht so<br />

auseinan<strong>der</strong> zu nehmen, dass<br />

die Trennung zwischen bahnintern<br />

und extern funktioniert.<br />

„Wir wer<strong>den</strong> auch<br />

künftig bei <strong>den</strong> externen<br />

Regelungen mitwirken müssen.<br />

Und das nicht nur, weil<br />

wir das Know-how haben,<br />

son<strong>der</strong>n auch, um Regelungen<br />

zu verhin<strong>der</strong>n, die<br />

nicht sinnvoll sind.“<br />

Letzteres gelte beispielsweise<br />

<strong>für</strong> die TSI-Richtlinien<br />

<strong>der</strong> EU. Da müsse die <strong>Bahn</strong><br />

schon aufpassen, dass ihr nicht<br />

Regelungen übergestülpt<br />

wür<strong>den</strong>, die dann bei ihr<br />

hohen Aufwand in <strong>der</strong><br />

Anpassung <strong>der</strong> technischen<br />

Infrastruktur erfor<strong>der</strong>n. „So<br />

sehr wir eine europäische<br />

Standardisierung begrüßen,<br />

müssen wir doch auch immer<br />

<strong>den</strong> wirtschaftlichen Nutzen<br />

im Blick halten und können<br />

uns nicht mit hohen<br />

Migrationskosten belasten.“<br />

Beispiel Europäische Leitund<br />

Sicherungstechnik<br />

ETCS: Eine Einführung auf<br />

allen Fernstrecken, die zu <strong>den</strong><br />

Transeuropäischen Netzen<br />

zählen, würde rund 1,6 Mrd.<br />

Euro kosten, ohne in <strong>den</strong><br />

nächsten Jahren <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />

wirtschaftliche Vorteile zu<br />

bringen.<br />

Ein weiteres Beispiel:<br />

Sollte die EU das Umweltrecht,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>den</strong><br />

Schallschutz, verschärfen,<br />

kämen Milliar<strong>den</strong>-Investitionen<br />

auf die DB zu – 2 Mrd.


Papier, Papier,<br />

Papier: Für die<br />

Informationsverarbeitung<br />

<strong>der</strong><br />

vielen Regelwerke<br />

braucht die <strong>Bahn</strong><br />

Gabelstapler,<br />

Transportkisten<br />

und Computer<br />

Euro <strong>für</strong> unmittelbaren<br />

Schallschutz, 2,5 Mrd. Euro<br />

zur Installation akustisch optimierterHochgeschwindigkeitsoberleitungenbeispielsweise.<br />

Fachkenntnis ist aber auch<br />

in übergeordneten technischen<br />

Detailfragen notwendig.<br />

Beispielsweise ist die<br />

Güterverkehrstochter Railion<br />

dazu übergegangen, <strong>den</strong><br />

Güterwagenpark mit Kunststoff-Bremssohlenauszurüsten,<br />

weil diese langlebiger als<br />

bisherige Grauguss-Klotzbremsen<br />

sind und zudem die<br />

Radoberflächen weniger angreifen<br />

und so <strong>den</strong> Schall<br />

min<strong>der</strong>n helfen. Schmidberger:<br />

„Hinter einer solchen<br />

Umrüstung stehen komplexe<br />

Fragen. Insbeson<strong>der</strong>e muss<br />

untersucht wer<strong>den</strong>, ob <strong>der</strong><br />

Kunststoffabrieb, <strong>der</strong> beim<br />

Bremsen anfällt, nicht Auswirkungen<br />

auf die im Gleis<br />

liegende Signaltechnk hat.<br />

Bevor ein Regelwerk erstellt<br />

wird, sind zuweilen umfangreiche<br />

Forschungsaktivitäten<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Das ist es ja, was<br />

die Betreuung <strong>der</strong> techni-<br />

schen Regelwerke so teuer<br />

macht.“<br />

Als übergeordnete Instanz<br />

<strong>für</strong> die künftige übergeordnete<br />

Regelwerk-Arbeit bietet<br />

sich nach <strong>Bahn</strong>-Einschätzung<br />

<strong>der</strong> Verband <strong>Deutsche</strong>r<br />

Verkehrsunternehmen (VDV)<br />

an, <strong>der</strong> auch schon die<br />

Bereitschaft signalisiert hat.<br />

Nur: Die Kosten dieser<br />

Aufgabe kann das Gremium<br />

nahezu aller <strong>Bahn</strong>unternehmen<br />

in Deutschland keinesfalls<br />

aus <strong>den</strong> Verbandsbeiträgen<br />

tragen. Das EBA<br />

hat bereits Unterstützung zu<br />

<strong>den</strong> Plänen <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Bahn</strong> signalisiert, die<br />

Verantwortung <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Normierungsprozess neu zu<br />

regeln. Doch, so<br />

Schmidberger, „es gibt noch<br />

Werksnormen<br />

<strong>Bahn</strong>spezifische<br />

Normen<br />

(<strong>Bahn</strong>standards)<br />

Allgemeine<br />

Normen<br />

(Industrie-<br />

Standards)<br />

DB<br />

und die Industrie im<br />

geringen Umfang<br />

DB<br />

und an<strong>der</strong>e <strong>Bahn</strong>en,<br />

Netzbetreiber und die<br />

Industrie<br />

jede Menge offene Fragen“.<br />

Auch <strong>der</strong> Blick in die<br />

Luftfahrt helfe nur bedingt:<br />

Dort ist das Bundesluftfahrtamt<br />

die nationale Regelungsinstanz,<br />

doch an<strong>der</strong>s als<br />

die <strong>Bahn</strong> waren die Fluggesellschaften<br />

nie hoheitlich<br />

eigenverantwortlich <strong>für</strong> die<br />

allgemeinen flugtechnischen<br />

Normen aktiv.<br />

Für die DB ist eine vernünftige<br />

Lösung dieses<br />

Fragenkomplexes lebenswichtig,<br />

weil entschei<strong>den</strong>de<br />

Wettbewerbsverzerrungen<br />

abgebaut wer<strong>den</strong>. Schmidberger:<br />

„Neben <strong>der</strong> Sichtung,<br />

Neustrukturierung und<br />

Verringerung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong><br />

Normen geht es auch darum,<br />

Fehler <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>reform abzubauen.“<br />

Verantwortlichkeiten<br />

bisher künftig<br />

DB<br />

DB<br />

und an<strong>der</strong>e <strong>Bahn</strong>en<br />

alle <strong>Bahn</strong>en und<br />

Netzbetreiber<br />

DB<br />

und an<strong>der</strong>e <strong>Bahn</strong>en,<br />

Netzbetreiber und die<br />

Industrie<br />

Ein beson<strong>der</strong>s eklatanter<br />

Fehler stecke in <strong>der</strong><br />

Grundlage <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>reform,<br />

dem Allgemeinen Eisenbahngesetz<br />

(AEG). In § 4 (1) heißt<br />

es: „Die Eisenbahnen sind<br />

verpflichtet, ihren Betrieb<br />

sicher zu führen und die<br />

Eisenbahninfrastruktur, Fahrzeuge<br />

und Zubehör sicher zu<br />

bauen...“<br />

Dieser Text müsse unbedingt<br />

geän<strong>der</strong>t wer<strong>den</strong>, for<strong>der</strong>t<br />

Schmidberger: „Der<br />

Passus ,sicher zu bauen‘ spiegelt<br />

die Rolle <strong>der</strong> Behörde<br />

Bundesbahn wi<strong>der</strong>. Als<br />

Betreiber können wir aber<br />

nicht die Herstellerverantwortung<br />

übernehmen, nur<br />

die <strong>für</strong> <strong>den</strong> sicheren Betrieb.<br />

Hier muss das Regelwerk ganz<br />

oben geän<strong>der</strong>t wer<strong>den</strong>.“ bt<br />

35<br />

bbahnnteechh 33+4|2003


Es gibt viele Gründe,<br />

das Auto auch mal<br />

stehen zu lassen.<br />

Hier die zwei besten.<br />

Einfach einsteigen. Einfach sparen. Mit <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>Card 25 <strong>für</strong> nur 50 Euro (2. Kl.) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>Card 50 <strong>für</strong> 200 Euro<br />

(2. Kl.). Für Sie heißt das, flexibel reisen und 25% o<strong>der</strong> 50% vom Normalpreis sparen (gilt nicht in allen Verkehrsverbün<strong>den</strong>).<br />

Genaue Bedingungen überall, wo es Fahrkarten gibt, und unter www.bahn.de.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!