Technik für den Erfolg der Bahn - Deutsche Bahn AG
Technik für den Erfolg der Bahn - Deutsche Bahn AG
Technik für den Erfolg der Bahn - Deutsche Bahn AG
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Das <strong>Technik</strong>-Magazin <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
bahntech<br />
STELLWERKE<br />
Elektronik<br />
statt Vielfalt<br />
ENERGIE SPAREN<br />
Abschied vom<br />
Bleifuß<br />
DI<strong>AG</strong>NOSE<br />
Lukrative<br />
Früherkennung<br />
<strong>Technik</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
<strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />
3+4|03
inhaltt<br />
thema. aktuell. hintergrund.<br />
thema. ZUR SACHE<br />
Personenverkehrsvorstand Dr. Karl-F. Rausch<br />
Perfekte Tecknik ist Basis <strong>für</strong> Qualität 3<br />
thema. SYSTEMTECHNIK<br />
<strong>Technik</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />
Die technische Weiterentwicklung des<br />
Systems <strong>Bahn</strong> macht die DB <strong>AG</strong> nachhaltig<br />
produktiv und attraktiv 4<br />
thema. LIFE CYCLE COSTS<br />
Kostentreiber aufspüren<br />
Systematik bis in Detail <strong>für</strong> eine konsequente<br />
Beschaffungspolitik 6<br />
thema. DI<strong>AG</strong>NOSE<br />
Lukrative Früherkennung<br />
Mo<strong>der</strong>ne Prüftechnik <strong>für</strong> optimierte<br />
Wartung und weniger Zugausfälle 14<br />
thema. SCHMIERSTOFFE<br />
Gut geschmiert spart Kosten<br />
Konzern-Tribologen auf Sparkurs 18<br />
2<br />
impressum<br />
aktuell. ENERGIE SPAREN<br />
Abschied vom Bleifuss<br />
Das Projekt „Eskimo“ spart Energiekosten<br />
in Millionenhöhe 23<br />
aktuell. STROMABNEHMER<br />
Abtauchen vor dem Hin<strong>der</strong>nis<br />
Intelligente <strong>Technik</strong> verhin<strong>der</strong>t schwere<br />
Schä<strong>den</strong> an <strong>der</strong> Oberleitung 26<br />
aktuell. SICHERHEIT<br />
Mit Knautschzone<br />
Crash-Tests im Dienst zusätzlicher<br />
Sicherheit <strong>für</strong> Stadt- und Straßenbahn 28<br />
aktuell. FORSCHUNG<br />
NeiTech in Kroatien<br />
Prüfzug vor Einsatz auf kroatischen<br />
Neigetechnik-Strecken 30<br />
bahntech 3-4|03<br />
Das <strong>Technik</strong>-Magazin <strong>der</strong><br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
Herausgeber:<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
Potsdamer Platz 2<br />
10785 Berlin<br />
Chefredaktion:<br />
Christine Geißler-Schild<br />
Tel. 030-297-61168<br />
Fax 030-297-62322<br />
christine.geissler-schild@bahn.de<br />
Text und Gestaltung:<br />
Redaktionsbüro ViaDuct<br />
hintergrund. RECHT<br />
Reform <strong>der</strong> Regeln<br />
Teure Altlast <strong>der</strong> Bundesbahn-Vergangenheit:<br />
Immer noch muss die DB <strong>AG</strong><br />
eine kaum übersehbare Flut an<br />
Regelwerken auf dem Laufen<strong>den</strong> halten.<br />
Sie will aus dieser Verantwortung heraus<br />
32<br />
Fotos:<br />
Christoph Busse, Horst Rudel,<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
Druck:<br />
Koelblin-Fortuna-Druck GmbH<br />
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />
mit mineralölfreien Farben
ZUR SACHE<br />
Perfekte <strong>Technik</strong> ist<br />
Basis <strong>für</strong> Qualität<br />
Auf ihrem langen Weg zum führen<strong>den</strong> und erfolgreich<br />
operieren<strong>den</strong> Logistik- und Mobilitätsdienstleister<br />
verfolgt die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> nach wie vor eine<br />
Doppelstrategie: Einerseits müssen unsere Produkte<br />
attraktiver <strong>für</strong> unsere Kun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, an<strong>der</strong>erseits<br />
müssen wir die Produktivität um ein Mehrfaches<br />
erhöhen. Für beide Ziele ist eine exzellente, funktionierende<br />
<strong>Technik</strong> gerade aus <strong>der</strong> Sicht von Personenund<br />
Güterverkehr eine wesentliche Voraussetzung.<br />
Wir brauchen reibungslos ablaufende, Prozesse,<br />
damit wir eine gute Leistung zuverlässig und in<br />
gleichbleibend hoher Qualität täglich aufs Neue<br />
produzieren können. Und diese Prozesse sind ohne eine<br />
mo<strong>der</strong>ne, perfekt funktionierende <strong>Technik</strong> nicht<br />
realisierbar. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit,Verfügbarkeit<br />
unserer Produktionsmittel – von Zügen, Stellwerken bis<br />
hin zu Signalanlagen – sind die Stellhebel <strong>für</strong> <strong>den</strong> Wirtschaftserfolg.<br />
Und sie basieren bei dem komplexen<br />
Dr. Karl-Friedrich Rausch,<br />
Vorstand Personenverkehr <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
System <strong>Bahn</strong> nun einmal auf <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>. Hinzu<br />
kommt: Wir brauchen zeitgemäße <strong>Technik</strong>, um<br />
kostengünstig zu produzieren. Der Kostenfaktor wird<br />
im sich verschärfen<strong>den</strong> Wettbewerb immer wichtiger.<br />
Möglich ist das nur durch eine strategisch abgesicherte,<br />
qualifizierte Systemrealisierung und Systembetreuung.<br />
Denn:Wenn wir in unseren Märkten reüssieren wollen,<br />
brauchen wir Qualität und noch mal Qualität.<br />
Um besser und erfolgreicher zu wer<strong>den</strong>, müssen wir<br />
uns auch in einen stetigen Erneuerungsprozess begeben.<br />
Nicht um das Rad neu zu erfin<strong>den</strong>, son<strong>der</strong>n um<br />
„Wir brauchen reibungslos ablaufende Prozesse,<br />
damit wir eine gute Leistung zuverlässig und in gleichbleibend<br />
hoher Qualität täglich aus Neue produzieren können“<br />
<strong>den</strong> Stand <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> gezielt in noch bessere Produkte<br />
zu implementieren, über Innovationen noch produktiver<br />
zu wer<strong>den</strong>, Kun<strong>den</strong>wünsche noch besser zu<br />
erfüllen. Das ist eine große und wichtige Aufgabe <strong>für</strong><br />
die Ingenieure – sie wird mitentschei<strong>den</strong> über <strong>den</strong><br />
<strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. bt<br />
3<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
4<br />
SYSTEMTECHNIK<br />
<strong>Technik</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
<strong>Erfolg</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />
Im liberalisierten europäischen Transportmarkt weht <strong>der</strong> Wind des<br />
Wettbewerbs immer stärker. Wie <strong>für</strong> alle Spieler in diesem Markt gilt<br />
auch <strong>für</strong> die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong>: Sie muss sich mit aller Konsequenz<br />
ausrichten auf Marktorientierung, Kun<strong>den</strong>nutzen und<br />
wirtschaftlichen <strong>Erfolg</strong>. Da<strong>für</strong> bleibt die Optimierung des<br />
technischen Systems <strong>Bahn</strong> ein ständiger Prozess. Erst die<br />
konsequente und kontinuierliche technologische Weiterentwicklung<br />
kann die <strong>Bahn</strong> nachhaltig produktiv und attraktiv machen.<br />
Liegen gebliebene Fahrzeuge sind <strong>für</strong><br />
jedes <strong>Bahn</strong>-Unternehmen eine mittlere<br />
Katastrophe. Der Störfall verärgert<br />
Kun<strong>den</strong>, er bringt <strong>den</strong> Fahrplan durcheinan<strong>der</strong><br />
und beeinträchtigt damit das<br />
gesamte Produktionssystem. Schließlich<br />
hat er Folgekosten: Hilfsloks müssen<br />
gestellt wer<strong>den</strong>; weiterer Aufwand ist notwendig,<br />
um das System wie<strong>der</strong> ins Reine<br />
zu bringen. Und schließlich: Fehlerbeseitigung<br />
– gegebenenfalls mit erheblichen<br />
Reparaturkosten.<br />
Und doch: Im riesigen Produktionssystem<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> mit über 30.000 Zugfahrten<br />
am Tag gehören liegen gebliebene<br />
Fahrzeuge immer noch zu <strong>den</strong> täglichen<br />
Ereignissen. „Wir haben“, räumt Hans<br />
Peter Lang, Mitglied <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />
<strong>der</strong> DB Systemtechnik, unumwun<strong>den</strong><br />
ein, „immer noch erhebliche Qualitätsdefizite.Was<br />
wir unbedingt brauchen, sind<br />
deutliche Verbesserungen in <strong>der</strong> Verfügbarkeit<br />
unserer Produktionsmittel.“ In<br />
mehreren Pilotprojekten geht die DB<br />
Systemtechnik in enger Zusammenarbeit<br />
mit <strong>den</strong> operativen Geschäftsfel<strong>der</strong>n des<br />
(weiter auf Seite 6)
ahntech: Herr Dr. Schmidberger,<br />
<strong>der</strong> wirtschaftliche<br />
Druck auf die <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong> ist<br />
groß. Kann sich <strong>der</strong> Konzern<br />
da eigene Forschungs- und<br />
Entwicklungsarbeit leisten?<br />
Schmidberger: Ich muss hier<br />
mit einem weit verbreiteten<br />
Irrtum aufräumen. Im Unternehmen<br />
und auch in <strong>der</strong><br />
Politik gibt es immer noch<br />
viele, die meinen, dass wir bei<br />
<strong>der</strong> Systemtechnik einen<br />
geruhsamen Job im Elfenbeinturm<br />
<strong>der</strong> Wissenschaft<br />
pflegen. Das ist völlig absurd.<br />
Unsere Ingenieure arbeiten<br />
keineswegs an kostspieligen,<br />
rosaroten Zukunftsvisionen<br />
fernab von <strong>der</strong> geschäftlichen<br />
Realität. Sie sind vielmehr<br />
knallhart an <strong>der</strong> Front des täglichen<br />
Betriebs tätig. Die ganzen<br />
technischen Probleme des<br />
operativen Geschäfts lan<strong>den</strong><br />
High-Tech <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
sicheren, effizienten<br />
<strong>Bahn</strong>betrieb: In<br />
dieser Prüfanlage<br />
im ICE-Werk in<br />
München wer<strong>den</strong><br />
Radsatzwellen technisch<br />
untersucht.<br />
Kun<strong>den</strong> gewinnen<br />
mit mehr Qualität<br />
Dr Rainer Schmidberger, Chef<br />
<strong>der</strong> DB Systemtechnik, zur<br />
Aufgabe <strong>der</strong> Konzerntechnik<br />
bei uns, und gemeinsam mit<br />
<strong>den</strong> Betreibern suchen wir<br />
pragmatisch nach Lösungen.<br />
Die beschei<strong>den</strong>en Mittel, die<br />
uns zur Verfügung stehen,<br />
geben wir sicher als vielfachen<br />
Mehrwert zurück ins<br />
Unternehmen.<br />
bahntech: Das müssen Sie<br />
präzisieren.<br />
Schmidberger: Gerne. Die<br />
Qualität <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> wird von<br />
<strong>der</strong> technischen Qualität<br />
unserer Produktionsmittel<br />
Infrastruktur und Fahrzeuge<br />
bestimmt. Und diese Qualität<br />
entschei<strong>den</strong>d zu erhöhen –<br />
daran, und an nichts an<strong>der</strong>em,<br />
arbeitet das Ressort<br />
<strong>Technik</strong>/Beschaffung mit<br />
allem Nachdruck.Wir wissen,<br />
dass mangelnde Qualität<br />
unserer technischen Ressourcen<br />
zu 30 Prozent Ursache <strong>für</strong><br />
mangelnde Pünktlichkeit im<br />
Zugverkehr ist. Da können<br />
Sie Lokschä<strong>den</strong>, Stellwerksausfälle,<br />
Probleme mit S-<br />
<strong>Bahn</strong>-Türen, Oberleitungsdefekte<br />
und vieles an<strong>der</strong>e<br />
mehr nehmen. Unser Ziel ist<br />
es, diese Qualitätsdefizite<br />
gegen Null zu reduzieren.<br />
bahntech: Ist das realistisch?<br />
Schmidberger: Ja, an<strong>der</strong>s<br />
macht es keinen Sinn. Nur<br />
mit <strong>der</strong> zuverlässigen <strong>Bahn</strong><br />
können wir Kun<strong>den</strong> gewinnen.<br />
Das ist unseren<br />
Ingenieuren sehr bewusst und<br />
liegt ihnen am Herzen.<br />
bahntech: Wie gehen sie strategisch<br />
vor?<br />
Schmidberger: Zwei Schlagworte:<br />
Systemrealisierung und<br />
Systembetreuung. Von uns<br />
wird <strong>der</strong> gesamte Beschaffungsprozess<br />
neuer <strong>Technik</strong><br />
verantwortet. Die DB<br />
Systemtechnik leitet z.B.<br />
sämtliche laufende Fahrzeug-<br />
beschaffungsprojekte <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong>. Das sind rund 60 mit<br />
einem Beschaffungsvolumen<br />
von 14 Mrd. Euro im Mittelfristzeitraum.<br />
Wir müssen<br />
da<strong>für</strong> sorgen, dass die künftigen<br />
Produktionsmittel in<br />
puncto Kosten, Funktion und<br />
Qualität <strong>den</strong> hohen Ansprüchen<br />
unserer Betreiber<br />
genügen. Gemeinsam mit<br />
unseren Kollegen des operativen<br />
Geschäfts und mit <strong>der</strong><br />
Industrie setzen wir alles<br />
daran, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> DB nach vorne zu<br />
bringen. Soweit die Systemrealisierung.<br />
Systembetreuung<br />
heißt <strong>für</strong> uns ganz wesentlich<br />
Nachbessern <strong>der</strong> vorhan<strong>den</strong>en<br />
Produktionsmittel. Also:<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit,<br />
Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit,<br />
um <strong>den</strong> Marktauftritt<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> endlich besser zu<br />
machen. Gleichzeitig heißt<br />
das: Kosten runter, wo es nur<br />
geht. Wenn die <strong>Technik</strong> glatt<br />
funktioniert, wird sie <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Betreiber immer billiger. Sie<br />
sehen, die Konzerntechnik ist<br />
voll in die Gesamtstrategie<br />
eingebun<strong>den</strong>. Wir verantworten<br />
zwar nicht die Bilanz <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong>. Aber wir wer<strong>den</strong> das<br />
Geschäft absichern. Das ist<br />
unser Beitrag <strong>für</strong> die Zukunft<br />
des Unternehmens. bt<br />
5<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
6<br />
LIFE CYCLE COSTS<br />
Personen- und Güterverkehrs das<br />
Problem an. Beharrlich und konsequent.<br />
Denn alle Beteiligten wissen: Verbesserungen<br />
in <strong>der</strong> Verfügbarkeit bringen<br />
sofort Wirtschaftserfolg – sie sparen<br />
Kosten und verbessern die Akzeptanz <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong> in <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />
Optimierung <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
durch ein technisch optimal funktionierendes<br />
System <strong>Bahn</strong> – auf diese Formel<br />
lässt sich die Aufgabe des Bereichs<br />
<strong>Technik</strong> komprimieren. Manager Lang<br />
formuliert drastischer: „Wenn es uns<br />
nicht gelingt, Verbesserungen zu erreichen,<br />
dann braucht man uns nicht.“ Die<br />
Ansätze, mehr Verfügbarkeit, mehr Qualität<br />
<strong>für</strong> das System <strong>Bahn</strong> bereitzustellen,<br />
sind vielfältig. Sie sind in aller Regel<br />
maßgeschnei<strong>der</strong>t zur Beseitigung eines<br />
bestimmten Störfall-Potenzials und sind<br />
zugleich von einer übergreifen<strong>den</strong><br />
Systematik getrieben.<br />
Ulrich Grotz, E-Lok-Experte <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik in München, hat da<strong>für</strong> ein<br />
gutes Beispiel – die „Quality Gates“.<br />
Hinter dem Schlagwort verbirgt sich ein<br />
System, mit dem <strong>Bahn</strong> und <strong>Bahn</strong>industrie<br />
ein schwerwiegendes Ärgernis <strong>der</strong> letzten<br />
Jahre endgültig zu <strong>den</strong> Akten legen wollen.<br />
Nachdem die Inbetriebnahme neuer<br />
Fahrzeuge vom Neigetechnikzug bis zum<br />
ICE 3 in <strong>den</strong> letzten Jahren immer wie<strong>der</strong><br />
von Störungen und Ausfällen überschattet<br />
war, soll künftig ein präziser, stark<br />
formalisierter Prozess da<strong>für</strong> sorgen, dass<br />
potenzielle technische Probleme mit<br />
neuen Fahrzeugen bereits vor <strong>der</strong> Auslieferung<br />
erkannt und beseitigt wer<strong>den</strong>.<br />
Das Tor zum <strong>Erfolg</strong> ist dabei das Quality<br />
Gate, entwickelt vom Fachteam <strong>der</strong><br />
Qualitätssicherung im Bereich <strong>Technik</strong>.<br />
Experte Grotz definiert: „Ein Quality<br />
Gate kennzeichnet <strong>den</strong> in einem Prozess<br />
fest verankerten Zeitpunkt, an dem zuvor<br />
vereinbarte Leistungen zwischen <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong> als Auftraggeber und dem Hersteller<br />
gemeinsam gemessen und hinsichtlich<br />
ihrer Qualität und Vollständigkeit bewertet<br />
wer<strong>den</strong>.“ Das Ergebnis dieser Bewertung<br />
muss immer eine Antwort auf die<br />
Frage geben, ob die entsprechen<strong>den</strong><br />
Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllt sind o<strong>der</strong> nicht.<br />
Und die Konsequenz aus diesem Urteil<br />
(weiter auf Seite 8)<br />
Bei <strong>der</strong> Beschaffung und<br />
Systembetreuung von Schienenfahrzeugen<br />
spielt ein<br />
Aspekt eine immer stärkere<br />
Rolle, <strong>der</strong> in früheren Zeiten<br />
eher vernachlässigt wurde: die<br />
Lebenszykluskosten, neudeutsch<br />
Life Cycle Costs<br />
(LCC).<br />
Entschei<strong>den</strong>des Kriterium<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> wirtschaftlichen<br />
Betrieb ist neben <strong>den</strong><br />
Anschaffungskosten die Frage,<br />
wieviel das Fahrzeug im täg-<br />
Mit LCC die<br />
Kostentreiber<br />
aufspüren<br />
lichen Betrieb kostet – von<br />
<strong>der</strong> Reinigung bis zur<br />
Wartung, vom Energiebedarf<br />
bis hin zur Entsorgung am<br />
Ende <strong>der</strong> Lebensdauer. Dabei<br />
müssen LCC im Kontext mit<br />
an<strong>der</strong>en Größen gesehen wer<strong>den</strong>,<br />
beschreibt Dr. Bernd<br />
Zirkler, bei <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>für</strong><br />
Systemanalysen, Betriebskonzepte<br />
und LCC Fahrzeuge<br />
verantwortlich. Der Kostenaspekt<br />
stehe stets im<br />
Spannungsfeld einerseits mit<br />
<strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Verfügbarkeit<br />
und Zuverlässigkeit des<br />
Fahrzeugs, an<strong>der</strong>erseits aber<br />
auch mit dem Nutzwert <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Kun<strong>den</strong>.<br />
Zirkler: „Aus dem Masterplan<br />
<strong>der</strong> Fahrzeugstrategie<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> geht <strong>der</strong> klare<br />
Auftrag hervor, im Rahmen<br />
zukünftiger Beschaffungsmaßnahmen<br />
LCC- und nutzwertoptimale<br />
Fahrzeuge auszuwählen.<br />
Hier geht es<br />
darum, die verschie<strong>den</strong>en<br />
Aspekte im Gesamtzusammenhang<br />
zu sehen: Wir kön-<br />
Zielkostenmethodik<br />
optimiert Kosten<br />
und Nutzen:<br />
Dr. Bernd Zirkler<br />
nen nicht ausschließlich die<br />
Kosten im Blick haben, son<strong>der</strong>n<br />
müssen auch sehen, dass<br />
wir ein optimales Fahrzeug<br />
<strong>für</strong> unsere Kun<strong>den</strong> fahren und<br />
zugleich die da<strong>für</strong> benötigten<br />
Ressourcen zu wirtschaftlich<br />
vernünftigen Konditionen<br />
bereitstellen.“
Typische LCC-<br />
Kosten: Fahrzeug-<br />
Reinigung (links),<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung von<br />
InterCity-Wagen<br />
(rechts).<br />
Bei <strong>der</strong> Beschaffung <strong>der</strong><br />
neuen Generation von<br />
InterCity-Zügen wird die<br />
Strategie erstmals konsequent<br />
verfolgt. Wesentliches Instrument<br />
dabei ist die Zielkostenmethodik.<br />
Mit ihr wird <strong>den</strong><br />
Auftragnehmern aus <strong>der</strong><br />
Industrie klar vorgegeben, wie<br />
sich die <strong>Bahn</strong> als Auftraggeber<br />
die Kostenstrukturen <strong>für</strong> das<br />
geplante Fahrzeug vorstellt.<br />
Ein wesentlicher Schritt dabei<br />
ist die Betrachtungsweise auf<br />
Module und Komponenten.<br />
Um <strong>den</strong> größtmöglichen<br />
Nutzen zu realisieren und<br />
gleichzeitig die Wechselwirkungen<br />
zwischen Lebenszykluskosten<br />
(LCC) und<br />
Qualitätsanfor<strong>der</strong>ungen möglichst<br />
realistisch in <strong>den</strong> Griff<br />
zu bekommen, wer<strong>den</strong> die<br />
entsprechen<strong>den</strong> Daten auf <strong>der</strong><br />
Modul- bzw. Komponentenebene<br />
erhoben und analysiert.<br />
Zirkler: „In <strong>den</strong> meisten<br />
Fällen erlaubt erst diese<br />
Detailbetrachtung das Auffin<strong>den</strong><br />
<strong>der</strong> Kostentreiber.“<br />
Hinzu kommt: Die Kenntnis<br />
<strong>der</strong> Kosten auf Modulebene<br />
lässt interessante Vergleiche<br />
zwischen unterschiedlichen<br />
Fahrzeugen zu: „Die ständige<br />
Verbesserung <strong>der</strong> LCC-<br />
Datenbanken <strong>für</strong> alle Kostenblöcke<br />
von <strong>der</strong> Beschaffung<br />
bis zur Entsorgung wird hierzu<br />
einen wichtigen Beitrag<br />
liefern.“<br />
Im Bereich <strong>Technik</strong> und<br />
Beschaffung wer<strong>den</strong> die entsprechen<strong>den</strong><br />
Analysen gezielt<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> gesamten <strong>Bahn</strong>konzern<br />
vor- und aufbereitet:<br />
„So können wir zukünftigen<br />
Betreibern und Auftraggebern<br />
auch Formulierungen <strong>für</strong> die<br />
Vertragsgestaltung anbieten,<br />
die kontinuierlich und übergreifend<br />
auf <strong>den</strong> Erfahrungen<br />
aus <strong>den</strong> unterschiedlichsten<br />
Beschaffungsprojekten stammen<br />
und doch gleichzeitig die<br />
individuellen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
des jeweiligen Betreibers<br />
erfüllen“, beschreibt Zirkler.<br />
Die LCC-Erhebungen seien<br />
dabei ein entschei<strong>den</strong><strong>der</strong><br />
Beitrag <strong>für</strong> die Investitionsentscheidungen.<br />
Die Entwicklung <strong>der</strong><br />
LCC-Systematik soll so vorangetrieben<br />
wer<strong>den</strong>, dass es<br />
<strong>für</strong> jedes System einen genauen<br />
„Kosten-Fingerabdruck“<br />
gibt und dieser Datenbestand<br />
auch kontinuierlich angepasst<br />
bzw. vorgehalten wird. „Hier<br />
bauen wir auf einem bahnspezifischen<br />
Kostenmodell<br />
auf“, berichtet Zirkler. „Wir<br />
erheben Kosten <strong>für</strong> Vorbereitung,<br />
Beschaffung, Betriebseinsatz,<br />
Fahrweg, Instandhaltung,<br />
Entsorgung, Produktausfall<br />
und Verspätungen.“<br />
Im Ergebnis ist es dann<br />
auch möglich, mit <strong>den</strong> LCC-<br />
Analysen spezifische Kenngrößen<br />
je Zugkilometer o<strong>der</strong><br />
je Sitzplatz abzubil<strong>den</strong>.<br />
Zirkler: „Die umfassende<br />
Berücksichtigung von Lebenszykluskosten<br />
und das<br />
kontinuierliche Aufzeichnen<br />
von weiteren Kostenreduktionen<br />
können allerdings<br />
letztlich nur mit einer detail-<br />
Kosten in Tausend pro Sitzplatz<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
ICE 1<br />
ICE 2<br />
(2 Halbzüge)<br />
Doppelstockzug<br />
(5 Wagen)<br />
lierten konsequenten Datenerhebung<br />
realisiert wer<strong>den</strong>“.<br />
Ein wichtiger Schritt da<strong>für</strong><br />
sei das Projekt Tessa, das<br />
erstmals einen <strong>der</strong>artigen<br />
unternehmensübergreifen<strong>den</strong><br />
Datenfluss zwischen unterschiedlichen<br />
Systemen herstellen<br />
wird (siehe auch Grafik<br />
Seite 9). bt<br />
BR 642<br />
Lebenszykluskosten<br />
Fahrweg<br />
Instandhaltung<br />
Betriebseinsatz<br />
Beschaffung<br />
Betrachtungszeitraum 5 Jahre, alle<br />
Fahrzeuge ohne Berücksichtigung von<br />
Overhead, Vertrieb, Rücknahme und<br />
Produktausfall.<br />
Bei Regio-Fahrzeugen ohne<br />
Zugbegleitpersonal- und<br />
Vorbereitungskosten.<br />
Keine Kapitalkosten eingerechnet,<br />
Trassenkosten auf Stand 2002,<br />
Laufleistungen:<br />
ICE: 420 000 km/Jahr<br />
Regio-Fahrzeuge: 200 000 km/Jahr<br />
7<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
8<br />
SYSTEMTECHNIK<br />
ist die Entscheidung, ob ein „Go“ <strong>den</strong><br />
weiteren Prozess einleitet o<strong>der</strong> zunächst<br />
mit einem „Stop“ nachgebessert wer<strong>den</strong><br />
muss. „Bei <strong>der</strong> Beschaffung <strong>der</strong> neuen<br />
Mehrsystem-Güterzugloks <strong>der</strong> Baureihe<br />
189 wird erstmals durch ein <strong>der</strong>artiges<br />
konsequentes Einhalten von Prozessschritten<br />
da<strong>für</strong> gesorgt, dass <strong>der</strong><br />
Projektfortschritt an festgelegten Meilensteinen<br />
überwacht wird“, berichtet Grotz.<br />
Anwendung soll das Verfahren <strong>der</strong> Quality<br />
Gates in <strong>den</strong> Phasen <strong>der</strong> Fahrzeugkonstruktion<br />
und -montage fin<strong>den</strong>, dann<br />
aber auch bei <strong>der</strong> Inbetriebsetzung, bei<br />
<strong>der</strong> Abnahme und während <strong>der</strong><br />
Gewährleistung.<br />
Quality Gates machen Prozesse und<br />
Entwicklungsschritte transparent, und<br />
bahntech: Herr Lang, Wettbewerb<br />
gilt gemeinhin als<br />
Triebfe<strong>der</strong> <strong>für</strong> Innovationen.<br />
Steht das System <strong>Bahn</strong> nun,<br />
im zunehmen<strong>den</strong> Wettbewerb,<br />
vor kreativen Quantensprüngen?<br />
Lang: Das sehe ich nicht so<br />
recht.<br />
bahntech: Warum nicht?<br />
Lang: Es gibt ein grundsätzliches<br />
Problem. Der Wettbewerb<br />
<strong>der</strong> Verkehrsträger<br />
bedeutet ja in erster Linie, dass<br />
alle Marktteilnehmer unter<br />
einem erheblichen Kostendruck<br />
stehen. So hat <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong>konzern nicht zufällig<br />
seine eigenen, auf Fahrzeuge<br />
und Komponenten bezogenen<br />
Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitätenreduziert,<br />
die er noch zu Bundesbahnzeiten<br />
gepflegt hat. Wir<br />
müssen erkennen, dass wir<br />
Betreiber sind und nicht <strong>der</strong><br />
Entwickler unserer Produktionsmittel.<br />
Das können wir<br />
nicht leisten, das ist die<br />
Aufgabe <strong>der</strong> Industrie.<br />
bahntech: Nun gut, die<br />
Industrie wird ja wohl nicht<br />
<strong>den</strong> weltweit wachsen<strong>den</strong><br />
damit geben sie allen an dem<br />
Beschaffungsprojekt Beteiligten <strong>den</strong><br />
erfor<strong>der</strong>lichen Durchblick auf eventuelle<br />
Schwachstellen. Das Verfahren ermöglicht<br />
solche gemeinsamen Risikoabschätzungen<br />
sowohl im DB internen<br />
Zusammenspiel von Einkauf,<br />
Qualitätssicherung, <strong>Technik</strong> und<br />
Fahrzeughalter als auch in <strong>der</strong> Diskussion<br />
mit dem Hersteller – mit <strong>der</strong> Folge, dass<br />
<strong>Bahn</strong>technikmarkt in puncto<br />
Innovationen vernachlässigen...<br />
Lang: Das stimmt nur zum<br />
Teil. Unsere Hersteller, die<br />
selbst im harten Wettbewerb<br />
stehen, richten zwangsläufig<br />
ihre F&E auf die eigene<br />
Wertschöpfung aus, nicht aber<br />
am Nutzen <strong>für</strong> das Gesamtsystem<br />
<strong>Bahn</strong>. Denn Forschung<br />
kostet nicht nur Geld,<br />
sie schließt auch <strong>den</strong><br />
Misserfolg ein.<br />
bahntech: Sehen Sie das vielleicht<br />
etwas zu schwarz?<br />
Lang: Ich <strong>den</strong>ke nicht.<br />
Schauen Sie sich einmal die<br />
<strong>Bahn</strong>technik in Län<strong>der</strong>n mit<br />
konsequent liberalisiertem<br />
<strong>Bahn</strong>verkehr an. Zum Beispiel<br />
in Großbritannien o<strong>der</strong> auch<br />
in <strong>den</strong> USA. Von Innovationen<br />
in <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> des<br />
Gesamtsystems <strong>Bahn</strong> ist da<br />
wenig zu sehen.<br />
bahntech: Was ist zu tun?<br />
Lang: Das Ganze ist ein politisches<br />
Thema. Die öffentlichen<br />
Hände, insbeson<strong>der</strong>e<br />
die EU, wer<strong>den</strong> kaum umhin<br />
können, mehr in eine konsequente<br />
<strong>Bahn</strong>-Forschung zu<br />
Innovationen <strong>für</strong><br />
die <strong>Bahn</strong> sichern<br />
Hans-Peter Lang, Mitglied <strong>der</strong><br />
Geschäftsleitung von DB<br />
Systemtechnik, zu <strong>den</strong> Folgen <strong>der</strong><br />
Liberalisierung<br />
investieren, soll <strong>der</strong> Schienenverkehr<br />
in Europa tatsächlich<br />
eine entlastende Rolle auf<br />
Dauer einnehmen können.<br />
bahntech: Die Kassen sind<br />
leer, müsste die <strong>Bahn</strong> da nicht<br />
auch um<strong>den</strong>ken?<br />
hochkomplexe und zugleich komplizierte<br />
Projekte wie die Beschaffung eines neuen<br />
Fahrzeugtyps besser in <strong>den</strong> Griff zu<br />
bekommen sind.<br />
Nachdem die ersten Loks <strong>der</strong><br />
Baureihe 189 bereits in <strong>den</strong> Dienst<br />
Quality-Gates machen bei Beschaffungsprojekten<br />
Prozesse wie Entwicklungsschritte transparent und<br />
geben so Durchblick auf eventuelle Risiken<br />
gestellt wur<strong>den</strong>, wird das Quality-Gate-<br />
Verfahren anhand von zwei weiteren<br />
Großprojekten durch die Qualitätssicherung<br />
im Ressort <strong>Technik</strong> <strong>der</strong> DB<br />
Lang: Diese Rolle können<br />
wir als Betreiber nicht übernehmen.<br />
Im übrigen ist es ja<br />
nicht so, dass wir im Bereich<br />
<strong>der</strong> technischen Innovationen<br />
nun völlig passiv sind. Nehmen<br />
Sie <strong>den</strong> ICE 3, <strong>der</strong> ent-
deutlich optimiert – zunächst bei <strong>der</strong><br />
Beschaffung <strong>der</strong> neuen Streckendiesellok-<br />
Generation und dann bei <strong>der</strong> Bestellung<br />
von 13 weiteren ICE-3-Zügen, die <strong>der</strong><br />
Unternehmensbereich Personenverkehr<br />
im Rahmen einer Option ab 2005 einsetzen<br />
möchte. „Mit diesem System“, fasst<br />
Grotz zusammen, „ist ein Controlling-<br />
Instrument geschaffen, das dank hoher<br />
Standardisierung zukünftig eine vielseitige<br />
Anwendbarkeit zum Nutzen unserer<br />
operativen Betreiber vorstellbar macht.“<br />
Sorgenkin<strong>der</strong> im täglichen Betriebsalltag<br />
sind allzu oft aber auch bewährte<br />
Zugpferde mit zum Teil schon Jahrzehnte<br />
langen Einsatzzeiten. Beispielsweise die<br />
E-Loks <strong>der</strong> Baureihe 112. Immer wie<strong>der</strong><br />
bleiben Züge liegen, müssen Hilfsloks<br />
hält durchaus pfiffige <strong>Technik</strong>,<br />
ich <strong>den</strong>ke da z. B. an die<br />
Wirbelstrombremse, die in<br />
Zusammenarbeit mit uns entstan<strong>den</strong><br />
ist, o<strong>der</strong> Innovationen<br />
in <strong>der</strong> Instandhaltungstechnik.<br />
Und letztlich ist jede<br />
Fahrzeug-Optimierung, die<br />
wir im Rahmen <strong>der</strong> Bauartbetreuung<br />
erbringen, ja<br />
auch ein Innovationsprozess<br />
des Betreibers <strong>Bahn</strong>. Aber da<br />
habe ich dann schon wie<strong>der</strong><br />
ein Problem:Wie können wir<br />
verhin<strong>der</strong>n, dass unsere Optimierungen<br />
unmittelbaren<br />
Wettbewerbern zu Gute<br />
kommen, die die gleichen<br />
Fahrzeuge beschaffen wie wir<br />
und so von unseren Entwicklungen<br />
profitieren?<br />
bahntech: Wie ist die Lösung?<br />
Lang: Hier muss eine rechtliche<br />
Lücke geschlossen wer<strong>den</strong>.<br />
Ich <strong>den</strong>ke aber, dass man<br />
so etwas über Lizenzverträge<br />
mit <strong>den</strong> Herstellern relativ<br />
einfach geregelt bekäme. Es<br />
kann je<strong>den</strong>falls nicht angehen,<br />
dass die DB mit eigenen<br />
Forschungsmitteln <strong>den</strong> Wettbewerbern<br />
<strong>den</strong> Weg in die<br />
Märkte ebnet. bt<br />
Baureihe 112:<br />
Durch systematische<br />
Fehler-Analyse<br />
und -Beseitigung<br />
stieg die<br />
Verfügbarkeit<br />
spürbar.<br />
ausrücken. In einem Projekt mit gezielter<br />
technischer Analyse und systematischem<br />
Vorgehen, wurde die Verfügbarkeit <strong>der</strong><br />
E-Loks <strong>der</strong> Baureihe 112 deutlich<br />
erhöht. Zunächst wurde systematisch<br />
ermittelt, wie das „Störgeschehen“ bei<br />
dieser Baureihe aussieht. Es stellte sich<br />
heraus, dass es vor allem technische Fehler<br />
am Hauptschalter, dem Umformer<br />
und dem Schaltwerk waren, die zu<br />
Ausfällen und damit zu Verspätungsminuten<br />
im Betriebsalltag führten. Der<br />
gründlichen Analyse folgten entsprechende<br />
Abhilfemaßnahmen, und mittlerweile<br />
liegt eine erste Bilanz vor. Projektleiter<br />
Wolfgang Graßhoff: „Durch die<br />
Reduzierung <strong>der</strong> Lokausfälle wer<strong>den</strong><br />
Fehlerkosten <strong>für</strong> Verspätungsminuten<br />
eingespart. Was noch wichtiger ist:<br />
Weniger Störungen reduzieren ja auch<br />
die Standzeiten in <strong>der</strong> Werkstatt. Unser<br />
Management<br />
System- und Bauartbetreuung<br />
Regionalbereichsleitung/Leitung des Werks<br />
Projekt ergab, dass <strong>für</strong> die Baureihe 112<br />
nunmehr eine zusätzliche Verfügbarkeit<br />
von 27 Loktagen pro Jahr gegeben ist.“<br />
Erst das systematische technische<br />
Qualitätsmanagement ermöglicht solche<br />
Produktivitätsfortschritte. Doch in einem<br />
Großunternehmen wie <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ist es<br />
gar nicht so einfach, an die entsprechen<strong>den</strong><br />
Informationen heranzukommen.<br />
Qualitätsmanager Olaf Mangold spricht<br />
sogar vom „Datennebel“: „Es ist ja nicht<br />
so, dass Sie einfach nur in <strong>der</strong> Werkstatt<br />
anrufen und sich eine Liste aller technischen<br />
Störungen geben lassen. Es gibt<br />
nun einmal mehrere Meldewege. Und da<br />
wird es dann schwierig, einen umfassen<strong>den</strong><br />
Überblick zu erhalten.“ So kann es<br />
sein, dass <strong>der</strong> Lokführer selbst <strong>den</strong> Auftrag<br />
zur Störungsbeseitigung gegeben hat<br />
o<strong>der</strong> er ihn einfach im Übergabebuch<br />
(weiter auf Seite 12)<br />
TESSA: Bessere Information <strong>für</strong> bessere Fahrzeuge<br />
Berichte<br />
Berichte<br />
Vorgaben und Ziele<br />
Maßnahmen<br />
Än<strong>der</strong>ungen Einsatz, Schulung,<br />
Instandhaltung, Bauartän<strong>der</strong>ungen<br />
Maßnahmen<br />
Umsetzung Än<strong>der</strong>ung/Vorgaben,<br />
Einflussnahmen auf eigene Organisation/Qualität<br />
Daten aus Fahrzeug Daten aus Instandhaltung Fahrzeuge Fahrzeuge Fahrzeuge<br />
9<br />
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themaa<br />
10<br />
FAHRWEG/FAHRZEUG<br />
Es ist eine Wissenschaft <strong>für</strong><br />
sich: das Zusammenspiel von<br />
Rad und Schiene. Seit mehr<br />
als einem Jahrhun<strong>der</strong>t forschen<br />
Physiker und Mathematiker,<br />
Bauingenieure und<br />
Fahrzeug-Konstrukteure,<br />
um die Mechanismen des<br />
Wirkens von Rad und<br />
Schienen zu verstehen. Diese<br />
Forschung ist alles an<strong>der</strong>e als<br />
Selbstzweck. Aus <strong>den</strong> vielfältigen<br />
Erfahrungen des täglichen<br />
Betriebs weiß die DB<br />
Komplexes<br />
Zusammenwirken:<br />
Rad und Schiene<br />
Systemtechnik nur zu gut, dass<br />
dieses Zusammenspiel wirksam<br />
aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt<br />
sein muss. Dabei geht es nicht<br />
nur um Fahrkomfort <strong>für</strong> die<br />
Reisen<strong>den</strong>, son<strong>der</strong>n vor allem<br />
um Sicherheit und um Kosten.<br />
In komplexen Berechnungsverfahren,<br />
häufig unter<br />
Zuhilfenahme von Hochleistungsrechnern,<br />
ist es heute<br />
möglich, die dynamischen<br />
Kräfte an <strong>der</strong> Schnittstelle von<br />
Rad und Schiene exakt zu<br />
Dynamisches<br />
berechnen. Diese Daten sind<br />
wesentliche Grundlage <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb. So müssen<br />
sie bei <strong>der</strong> Zulassung von<br />
Fahrzeugen ebenso berücksichtigt<br />
wer<strong>den</strong> wie bei <strong>der</strong><br />
Auslegung des Fahrwegs. Es<br />
gilt, sicherheitsrelevante<br />
Grenzwerte einzuhalten und<br />
damit die Beanspruchung <strong>der</strong><br />
bei<strong>den</strong> Basiskomponenten –<br />
sprich: ihren Verschleiß – im<br />
Auge zu behalten. Dr. Gunnar<br />
Baumann, Spezialist <strong>für</strong><br />
Wechselwirkung Fahrbahn/<br />
Fahrzeug von <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik in München:<br />
„Im Rahmen einer vorbeugen<strong>den</strong>Scha<strong>den</strong>sverhin<strong>der</strong>-<br />
ung müssen die dynamischen<br />
Kräfte so begrenzt sein, dass<br />
Infrastruktur und Fahrzeuge<br />
in einem betriebsfähigen Zustand<br />
bleiben. Denn zwischen<br />
Gleislage und Fahrzeugreaktion<br />
gibt es ganz sensible<br />
Abhängigkeiten.“<br />
Ein Beispiel <strong>für</strong> Wechselwirkungen<br />
zwischen Fahrweg<br />
und Fahrzeug sind vorallem<br />
bei Brücken auszumachen.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e auf <strong>den</strong> Schnellfahrstrecken<br />
geraten die<br />
Brücken bei Zugüberfahrten<br />
in Schwingungen. Bereits seit<br />
<strong>den</strong> neunziger Jahren setzen<br />
sich die Experten <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> in<br />
einem Programm „Zusammenwirken<br />
Fahrzeug –<br />
Brücke“ mit diesem Phänomen<br />
auseinan<strong>der</strong>. In umfangreichen<br />
Versuchsreihen wur<strong>den</strong><br />
– und wer<strong>den</strong> noch heute<br />
– wesentliche Erkenntnisse ermittelt,<br />
um Brückenkonstruktionen,<br />
aber auch <strong>den</strong><br />
Oberbau – feste Fahrbahnen<br />
ebenso wie Schotteroberbau –<br />
so zu optimieren, dass die mitunter<br />
kostspieligen Folgen <strong>der</strong><br />
Schwingungen eingedämmt<br />
wer<strong>den</strong> können.<br />
Seit mehr als einem Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
wer<strong>den</strong> die Mechanismen <strong>der</strong><br />
Grundkomponenten <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> erforscht<br />
Ein Spezialproblem in diesem<br />
Zusammenhang ist die<br />
Schallabstrahlung von<br />
Brücken, wenn Züge über sie<br />
fahren. Dr. Karl-Georg<br />
Degen, Chef <strong>der</strong> Akustik-<br />
Abteilung <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik, beschreibt <strong>den</strong><br />
Fall: „Die bei <strong>der</strong> Überfahrt<br />
eines Zuges entstehen<strong>den</strong><br />
Schwingungen wer<strong>den</strong> über<br />
die Schiene und <strong>den</strong> Oberbau<br />
in die Brückenkonstruktion<br />
eingeleitet. Dadurch wer<strong>den</strong>
Spiel von Rad und Schiene<br />
die Brückenteile zu Schwingungen<br />
angeregt und strahlen<br />
folglich Schall ab. Der äußert<br />
sich bei akustisch ungünstigen<br />
Brückenkonstruktionen meist<br />
in einem tiefen Grollen.<br />
Fachlich gesehen ist es sekundärer<br />
Luftschall im niedrigen<br />
Frequenzbereich.“<br />
Die Akustik-Experten<br />
haben vor dem Hintergrund<br />
<strong>der</strong> Bemühungen, Verkehrslärm<br />
weiter einzudämmen, das<br />
Karl-Georg Degen, Akustikabteilung DB Systemtechnik:<br />
„Das Projekt ,Leise Brücke’ dämmt kostengünstig<br />
Schallabstrahlungen fahren<strong>der</strong> Züge ein.“<br />
Thema in einem Projekt<br />
„Leise Brücke“ aufgegriffen.<br />
In einer Fülle von Untersuchungen<br />
vor Ort und<br />
Simulationen am Computer<br />
wird untersucht, wie sich<br />
Lärmmin<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />
zur Reduktion <strong>der</strong> Schallabstrahlung<br />
auswirken. Degen:<br />
„Hier geht es nicht nur um<br />
Wirkung und technische<br />
Realisierbarkeit, son<strong>der</strong>n auch<br />
um Optimierung <strong>der</strong> Ko-<br />
sten.“ Das Bewertungserfahren<br />
soll dazu führen, dass<br />
Simulationsmodelle <strong>für</strong> Standardbrücken<br />
aufgestellt wer<strong>den</strong>,<br />
um künftig schon von<br />
vornherein und möglichst<br />
ohne Mehrkosten <strong>den</strong><br />
Schallschutz zu verbessern.<br />
Mit <strong>den</strong> zunehmend hohen<br />
Geschwindigkeiten, die<br />
die DB auch im Regionalverkehr<br />
und im Güterverkehr<br />
fährt, sowie durch die wach-<br />
sen<strong>den</strong> Beanspruchungen<br />
aufgrund dichter Zugfolgen<br />
und hoher Gewichte insbeson<strong>der</strong>e<br />
im Güterverkehr,<br />
muss die intensive Beobachtung<br />
<strong>der</strong> Rad-Schiene-<br />
Problematik weiter geführt<br />
wer<strong>den</strong>. Haymo Zenker:<br />
„Wir wissen, dass das System<br />
Rad-Schiene erhebliche Potenziale<br />
hat. Wichtig aus <strong>der</strong><br />
Sicht unserer operativen Betreiber<br />
und des Netzes als<br />
Infrastruktur-Anbieter ist es,<br />
dass wir einerseits ausreichende<br />
Reserven <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
einwandfreien Zugbetrieb<br />
erhalten. Aber an<strong>der</strong>erseits<br />
müssen wir die Reserven so<br />
weit wie möglich ausnutzen,<br />
um <strong>den</strong> Instandhaltungsaufwand<br />
auf ein wirtschaftlich<br />
vertretbares Maß zu<br />
beschränken.“ Hier bedienen<br />
sich die Ingenieure<br />
mo<strong>der</strong>nster Messtechnik in<br />
Messzügen, wie <strong>der</strong> VT 612-<br />
901/902 auf NeiTech-<br />
Strecken, die Oberbaumesswageneinheit<br />
und <strong>den</strong> ICE-<br />
S auf <strong>den</strong> Schnell- und<br />
Ausbaustrecken. bt<br />
Runde Sache: Auf<br />
<strong>der</strong> Radsatz-<br />
Drehbank wer<strong>den</strong><br />
Unebenheiten abgeschliffen<br />
– ein<br />
„unrundes“ Rad<br />
wird wie<strong>der</strong> perfekt<br />
<strong>für</strong> ein glattes<br />
Rollen auf <strong>der</strong><br />
Schiene.<br />
11<br />
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themaa<br />
12<br />
STELLWERKE<br />
schriftlich nie<strong>der</strong>gelegt hat. Häufig<br />
kommt <strong>der</strong> Auftrag zur Störungsbeseitigung<br />
auch aus einem an<strong>der</strong>en Werk<br />
– auf <strong>den</strong> unterschiedlichsten Meldewegen.<br />
„Und schließlich kann auch noch<br />
etwas an<strong>der</strong>es passieren“, ergänzt<br />
Mangold: „Im Werk ist bei <strong>der</strong> Revision<br />
überhaupt kein Defekt an <strong>der</strong> Lok feststellbar,<br />
weil dieser sich nur im<br />
Zugverband zeigt.“<br />
So o<strong>der</strong> so – <strong>den</strong> Datennebel zu lichten,<br />
wird eine <strong>der</strong> vordringlichen Aufgaben<br />
sein, um <strong>den</strong> Prozess <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />
technischen Qualitätsverbesserungen<br />
voranzutreiben. DB Systemtechnik-Manager<br />
Lang: „Wir brauchen<br />
kontinuierliche Informationen aus<br />
Instandhaltung und Betrieb. Und erst<br />
wenn wir ein Rechner unterstütztes<br />
Auswertesystem haben, können wir auf<br />
breiter Front noch besser wer<strong>den</strong>.“<br />
Für Abhilfe soll künftig „Tessa“ sorgen.<br />
Das ist die Abkürzung <strong>für</strong> das Projekt<br />
„Technische Schwachstellenanalyse <strong>für</strong><br />
die <strong>Technik</strong> <strong>der</strong> Fahrzeuge und des Fahrwegs“.<br />
„Gegenwärtig gibt es <strong>für</strong> die<br />
Systembetreuung noch keinen etablierten<br />
und anwendbar strukturierten Prozess <strong>für</strong><br />
die Datenerfassung, -auswertung und -<br />
nutzung“, beschreibt Heiko Gau, EDV-<br />
Spezialist <strong>der</strong> DB Systemtechnik, die<br />
Ausgangssituation. Ohne eine Computer<br />
gestützte Erfassung und Aufbereitung<br />
aller Daten aus dem Betriebsgeschehen<br />
könne die Systembetreuung aber auf<br />
Dauer ihre Aufgabe nicht erfüllen, betont<br />
Gau weiter. Dabei gäbe es heute schon<br />
konzernweit eine Fülle von<br />
Informationen, die <strong>für</strong> eine umfassende<br />
technische Schwachstellenanalyse hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Qualitätsprobleme gute<br />
Dienste leisten könnten.<br />
Hinter Tessa steht da<strong>für</strong> <strong>der</strong> Aufbau<br />
eines durchgängigen Datenmanagements<br />
über die gesamte Lebensdauer <strong>der</strong> Fahrzeuge<br />
und über die <strong>Technik</strong> des Fahrwegs.<br />
Gau: „Tessa soll vorhan<strong>den</strong>e Daten<br />
aus Betrieb und Instandhaltung mit dem<br />
Ziel aufbereiten, auf Basis gesicherter<br />
Aussagen zu Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit,<br />
Pünktlichkeit etc. erfor<strong>der</strong>liche<br />
Maßnahmen zu i<strong>den</strong>tifizieren und<br />
(weiter auf Seite 16)<br />
High-Tech statt<br />
Vielfalt + Vielzahl<br />
Über 5.000 Stellwerke hat die DB<br />
Netz <strong>AG</strong> auf ihrem gut 36.000<br />
Kilometer Streckennetz in Betrieb, um<br />
<strong>den</strong> Verkehr sicher abzuwickeln. In<br />
einigen Jahren sollen es nur noch rund<br />
300 sein. Die Leit- und Sicherungstechnik<br />
durchläuft zurzeit einen revolutionären<br />
Prozess, an dessen Ende die<br />
vollständige Mo<strong>der</strong>nisierung stehen<br />
wird – mit Kostensenkungspotenzialen<br />
in einer Größenordnung von 25 Prozent<br />
bezogen auf <strong>den</strong> Lebenszyklus.<br />
Vielzahl und Vielfalt <strong>der</strong> Stellwerke<br />
dokumentieren eindrucksvoll die technische<br />
Entwicklung des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts:<br />
Auf Nebenstrecken funktionieren<br />
heute noch mechanische Stellwerke aus<br />
<strong>der</strong> Zeit vor 1900. ICE-Verkehr und<br />
an<strong>der</strong>e Hochleistungsverkehre wer<strong>den</strong><br />
längst über elektronische Stellwerke aus
Betriebszentralen gelenkt. „Unsere<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung“, so beschreibt Roland<br />
Sölch, Leiter Stellwerkstechnik bei <strong>der</strong><br />
DB Systemtechnik, „ist, dass alle Generationen<br />
untereinan<strong>der</strong> funktionieren<br />
müssen – die alten Bauformen genauso so<br />
wie unsere mo<strong>der</strong>nen Anlagen. Sie müssen<br />
zusammenspielen und ständig in<br />
Ordnung gehalten wer<strong>den</strong>.“<br />
Im Auftrag <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong> sind die<br />
Stellwerks-Experten <strong>für</strong> das Funktionieren<br />
<strong>der</strong> Leit- und Sicherungstechnik<br />
verantwortlich.Ausfälle und Störungen in<br />
Stellwerken und an Signalen haben <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb meist großflächig<br />
Auswirkungen <strong>für</strong> die Kun<strong>den</strong>. Nicht<br />
Stellwerke und<br />
Signale: Langlebige<br />
<strong>Technik</strong><br />
funktioniert über<br />
Jahrzehnte hinweg<br />
nur, dass sie die Zuverlässigkeit und<br />
Verfügbarkeit des Netzes wesentlich<br />
beeinflussen – schwerwiegen<strong>der</strong> ist noch,<br />
dass bei Ausfällen und Störungen kurzfristig<br />
betriebliche Alternativen greifen<br />
müssen und die Erwartungen <strong>der</strong> Kun<strong>den</strong><br />
nicht mehr erfüllt wer<strong>den</strong> können.<br />
Die Sölch-Truppe versteht sich als<br />
„Feuerwehrkommando“, um im Fall des<br />
Falles schnell zu reagieren. Das aber über<br />
<strong>den</strong> Einzelfall hinaus. Störungen wer<strong>den</strong><br />
kontinuierlich ausgewertet, um in<br />
Schwachstellenanalysen Stellwerkskomponenten<br />
mit auffälligem Störverhalten<br />
nach und nach auszuson<strong>der</strong>n. Sölch: „Ein<br />
komplizierter Prozess, <strong>den</strong> wir in enger<br />
Abstimmung mit <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong>, dem<br />
Eisenbahn-Bundesamt und <strong>den</strong> Herstellern<br />
realisieren.“<br />
Das betrifft insbeson<strong>der</strong>e die älteren<br />
Stellwerk-Bauarten. „Häufig gibt es gar<br />
keine Ersatzteile mehr auf dem Markt“,<br />
berichtet <strong>der</strong> Signaltechnik-Experte.<br />
„Dann müssen wir Lösungen fin<strong>den</strong>.Wir<br />
können alte Stellwerke ja nicht einfach<br />
von heute auf morgen stilllegen.“ Gezielt<br />
unternimmt die Systemtechnik bei <strong>den</strong><br />
alten Bauformen Alterungsprüfungen.<br />
Mit ihnen wird <strong>der</strong> Nachweis erbracht,<br />
dass die in die Jahre gekommenen<br />
Anlagen ihre Funktion zuverlässig weiter<br />
erfüllen können.<br />
300 Elektronische STellwerke <strong>der</strong> dritten Generation wer<strong>den</strong><br />
in <strong>den</strong> nächsten Jahren <strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb auf <strong>den</strong> wichtigsten Strecken steuern<br />
Schon Gegenwart<br />
und Zukunft <strong>für</strong><br />
das gesamte Netz<br />
<strong>der</strong> DB:<br />
Elektronische<br />
Betriebssteuerzentrale<br />
Weitgehend geprägt ist die Entwicklung<br />
aber von <strong>der</strong> Zukunft. In <strong>den</strong><br />
nächsten Jahren wird die Stellwerks-<br />
Vielfalt nach und nach zu Gunsten mo<strong>der</strong>nster<br />
<strong>Technik</strong> ersetzt. Im Zielzustand,<br />
so Peter Pohlmann von <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong>,<br />
werde <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb des Fern- und<br />
Ballungsnetzes über rund 300 elektronische<br />
Stellwerke <strong>der</strong> dritten Generation<br />
betrieben - aus sieben Betriebszentralen<br />
mit insgesamt 78 Steuerbezirken. „Durch<br />
die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Leit- und Sicherungstechnik<br />
lassen sich insbeson<strong>der</strong>e die<br />
heutigen Betriebs- und Instandhaltungskosten<br />
signifikant um rund 75 Prozent<br />
reduzieren“, hat Pohlmann errechnet.<br />
„Selbst wenn die fortlaufend notwendigen<br />
Ersatzinvestitionen voll mit<br />
Eigenmitteln bezahlt wer<strong>den</strong> müssen,<br />
erwarten wir im Zielzustand noch eine<br />
Ersparnis bei <strong>den</strong> Lebenszykluskosten von<br />
insgesamt rund 25 Prozent gegenüber<br />
<strong>den</strong> heutigen Kosten.“ bt<br />
13<br />
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themaa<br />
DI<strong>AG</strong>NOSE<br />
Stillstands- und Ausfallzeiten von<br />
technischen Einrichtungen sind in<br />
jedem Industriebetrieb ein teures<br />
Ärgernis – auch bei <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. Seit<br />
Jahren überwacht sie mit hochmo<strong>der</strong>nen<br />
Prüf- und Diagnoseverfahren die<br />
komplexen technischen Prozesse in<br />
Entwicklung, Fertigung, Instandhaltung<br />
und Betrieb.<br />
Dr. Manfred Bannasch, Chef <strong>der</strong><br />
Prüf-Ingenieure von DB Systemtechnik<br />
in Bran<strong>den</strong>burg-Kirchmöser, berichtet:<br />
„In <strong>den</strong> Unternehmensbereichen wer<strong>den</strong><br />
in verstärktem Umfang Prüf- und<br />
Diagnose-Aufgaben automatisiert und<br />
standardisiert. Daran ist DB Systemtechnik<br />
als Berater <strong>der</strong> operativen<br />
14<br />
Bereiche unmittelbar beteiligt.“ Drei<br />
Geschäftsfel<strong>der</strong> sind die Schwerpunkte:<br />
• Innovationsmanagement: Entwicklung<br />
neuartiger Prüf- und Diagnosetechnologien<br />
bis hin zu einsatzreifen Prototypen<br />
• Fahrzeugdiagnose im Rahmen <strong>der</strong><br />
Bauartbetreuung: Integration <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik in <strong>den</strong> kompletten<br />
Beschaffungsprozess<br />
• Systembetreuung stationärer o<strong>der</strong> mobiler<br />
maschinentechnischer Anlagen.<br />
Hier einige Beispiele von mo<strong>der</strong>nen<br />
Diagnoseeinrichtungen und -technologien:<br />
Automatische Radsatzprüfanlagen<br />
(AURA): Im ausgebauten Zustand wer<strong>den</strong><br />
Eisenbahnrä<strong>der</strong> mit dem Ultraschall-<br />
Lukrative<br />
Früherkennung<br />
und dem Wirbelstromverfahren zerstörungsfrei<br />
geprüft. AURA-Anlagen sind<br />
inzwischen in fast allen Werken <strong>der</strong><br />
schweren Fahrzeuginstandhaltung in<br />
Betrieb.<br />
Unterflur-Prüfeinrichtungen (UFPE):<br />
Hiermit wer<strong>den</strong> Eisenbahnrä<strong>der</strong> im eingebauten<br />
Zustand mit dem Ultraschallverfahren<br />
zerstörungsfrei geprüft. Drei<br />
Einrichtungen sind bereits in <strong>den</strong> ICE-<br />
Werken Berlin, Frankfurt und München<br />
installiert, weitere sieben Anlagen wer<strong>den</strong><br />
beschafft. UFPE löst die bisherige Handprüfung<br />
<strong>der</strong> Fahrzeugrä<strong>der</strong> ab, senkt die<br />
Prüfzeiten und damit die Fertigungskosten.<br />
Prüfergebnisse sind je<strong>der</strong>zeit vollständig<br />
darstellbar. Diese Diagnose macht<br />
Prüfung, Ausbau und Tausch von<br />
Radsätzen weitgehend überflüssig.<br />
Prüfeinrichtung <strong>für</strong> Vollwellen (VPS):<br />
Mit Ultraschall wer<strong>den</strong> Radsatzwellen<br />
untersucht. Eingesetzt wird die VPS in<br />
<strong>den</strong> Werken Pa<strong>der</strong>born und Wittenberge,<br />
weitere Anlagen wer<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Werke<br />
Neumünster und Eberswalde beschafft.
Auch hier ersetzt die Prüfung die bisherige<br />
teure Handprüfung.<br />
Schienenintegrierte Überroll-Prüfanlage<br />
(SUPRA): Das noch in Aufbau<br />
befindliche innovative Radprüfsystem soll<br />
die Rä<strong>der</strong> eines kompletten Zuges automatisch<br />
überprüfen, während er in<br />
Schrittgeschwindigkeit über die Einrichtung<br />
fährt.<br />
Prüfeinrichtung <strong>für</strong> Radsatzwellen<br />
mit Längsbohrung (HPS): Zerstörungsfreie<br />
Ultraschall-Prüfung <strong>für</strong> entsprechende<br />
Radsatzwellen. Damit ausgestattet<br />
sind die ICE-Werke Hamburg, Frankfurt<br />
und München, weitere sechs Anlagen wer<strong>den</strong><br />
beschafft. Mit <strong>der</strong> Senkung <strong>der</strong><br />
Prüfzeiten wer<strong>den</strong> die Verfügbarkeit <strong>der</strong><br />
Züge erhöht und Wartungskosten gesenkt.<br />
Bremsbelagdiagnoseanlage (BBDA-1):<br />
Vollautomatisch wird <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong><br />
Bremsbeläge <strong>der</strong> ICE 1 und ICE 2 bei <strong>der</strong><br />
Einfahrt in das Betriebswerk Hamburg-<br />
Eidelstedt mit Hilfe digitaler<br />
Bildverarbeitung geprüft. Die Anlage<br />
erkennt, ob das Betriebsgrenzmaß <strong>der</strong><br />
Bremsbeläge unterschritten ist.<br />
Diagnoseanlagen <strong>für</strong> unrunde Rä<strong>der</strong><br />
(DafuR): Diese stationären Anlagen sind<br />
inzwischen im Netz an 20 Stellen installiert<br />
und überprüfen sämtliche sie überfahrende<br />
Züge. Mit <strong>den</strong> bisherigen<br />
Installationen wer<strong>den</strong> die Rä<strong>der</strong> <strong>der</strong> ICE-<br />
Züge bereits vollständig überwacht.<br />
Durch weitere Anlagen ist ab 2004 auch<br />
<strong>der</strong> Lok bespannte Fernverkehr voll<br />
erfasst. Im Regionalverkehr und <strong>für</strong><br />
Railion laufen Pilotanwendungen. Das<br />
System erkennt automatisch Unrundheiten<br />
und Flachstellen <strong>der</strong> über sie rollen<strong>den</strong><br />
Rä<strong>der</strong>. Somit wer<strong>den</strong> ohne<br />
Ausfallzeiten des Fahrzeugs Komfortund<br />
Sicherheitsaspekte überwacht sowie<br />
Schä<strong>den</strong> am Gleis durch defekte Rä<strong>der</strong><br />
verhin<strong>der</strong>t.<br />
Stromabnehmer-Anhubdiagnosesystem<br />
(SDS): Die stationäre Anhubmessung,<br />
von <strong>der</strong> eine erste vollautomatische<br />
Pilotanlage an <strong>der</strong> Strecke Augsburg –<br />
München realisiert ist, überprüft die aerodynamische<br />
Kontaktkraft im Hochgeschwindigkeitsverkehr.<br />
Das System untersucht<br />
über Sensoren und Lichtschranken<br />
Diagnose per High<br />
Tech: Rä<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Ultraschall-<br />
Diagnose (linke<br />
Seite oben), AURA-<br />
Prüfstand (unten),<br />
Bremsbelag-<br />
Diagnose mit Optik<br />
und Sensorhilfe<br />
an <strong>der</strong> Messstelle, wie die Fahrleitung<br />
durch <strong>den</strong> an sie drücken<strong>den</strong> Stromabnehmer<br />
angehoben wird. Die automatisch<br />
erfassten und mit Hilfe des PC ausgewerteten<br />
Daten geben konkrete<br />
Aufschlüsse über defekte o<strong>der</strong> falsch eingestellte<br />
Stromabnehmer. Die Früherkennung<br />
vermeidet Oberleitungsstörungen<br />
und trägt zur Erhöhung <strong>der</strong><br />
Verfügbarkeit des Netzes bei.Wie bei <strong>den</strong><br />
DafuR-Systemen ist auch bei SDS-<br />
Anhubkontrollen <strong>den</strong>kbar, ein Überwachungssystem<br />
flächendeckend zur Stromabnehmerkontrolle<br />
außerhalb <strong>der</strong> Werkstatt<br />
im laufen<strong>den</strong> Betrieb aufzubauen.<br />
Onboard-Fahrzeugdiagnosesysteme:<br />
Bereits seit Einsatz des ICE 1 setzt die DB<br />
auf komplexe Fahrzeugdiagnose-Systeme,<br />
um Störungen frühzeitig zu erkennen<br />
bzw. eine Störungsbeseitigung o<strong>der</strong><br />
Instandsetzung vorzuplanen. Diagnostiziert<br />
wer<strong>den</strong> möglichst weitreichend die<br />
Subsysteme im Fahrzeug, einschließlich<br />
<strong>der</strong> Erfassung und Speicherung von<br />
Protokolldaten. Möglich ist auch,<br />
Schä<strong>den</strong> in das Betriebswerk vorzumel<strong>den</strong>.<br />
Die mo<strong>der</strong>nste Entwicklung in diesem<br />
Bereich ist das Railway Condition<br />
Monitoring System (RW COMOS). Es<br />
dient <strong>der</strong> kontinuierlichen Überwachung<br />
von Fahrwerken und Fahrwerks-<br />
komponenten auf Verschleiß und<br />
Schä<strong>den</strong>. Es wird in sechs Mittelwagen<br />
und einem Steuerwagen eines ICE 2-<br />
Triebzugs mit seriennahen Prototypen<br />
erfolgreich im Regelfahrbetrieb erprobt.<br />
RW COMOS basiert auf einem<br />
sensorgesteuerten Schwingungsüberwachungssystem,<br />
das die Instandhaltungsprozesse<br />
wesentlich optimiert:<br />
Es macht Sichtkontrollen bei<br />
Inspektionen weithin überflüssig.<br />
Dr. Manfred Bannasch, DB Systemtechnik:<br />
„Mit automatisierten<br />
Prüf- und Diagnose-Systemen lassen<br />
sich Wartung vereinfachen<br />
und Verfügbarkeit erhöhen.“<br />
Automatisierte Brandmeldeanlagen:<br />
Die DB Systemtechnik übernimmt als<br />
Dienstleister innerhalb des Konzerns die<br />
fachliche Betreuung und begleitet<br />
aktuelle Fahrzeugbeschaffungen wie<br />
etwa bei <strong>der</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> neuen<br />
Komfort-Schlafwagen <strong>der</strong> DB Autozug.<br />
Radsatz-I<strong>den</strong>tsystem: Die DB<br />
Systemtechnik in Kirchmöser treibt die<br />
Entwicklung eines Systems auf<br />
Transpon<strong>der</strong>-Basis voran, das sich <strong>der</strong>zeit<br />
im Betriebsversuch befindet. Die an<br />
<strong>der</strong> Radsatzwelle angebrachten<br />
Transpon<strong>der</strong> wer<strong>den</strong> an 250 Radsätzen<br />
von Spezialgüterwagen <strong>der</strong> „Rollen<strong>den</strong><br />
Landstraße“ getestet. Erwartet wird<br />
auch hier Früherkennung von Schä<strong>den</strong>,<br />
um in <strong>den</strong> Werken besser und gezielter<br />
reagieren zu können. bt<br />
15<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
SYSTEMTECHNIK<br />
Erfahrungen <strong>für</strong> die <strong>Technik</strong>gestaltung zu<br />
gewinnen.“ Von einem anwendungsübergreifen<strong>den</strong><br />
Reporting auf Computer-<br />
Basis erhoffen sich die Fachleute naturgemäß,<br />
dass Analysen schneller und zuverlässiger<br />
erstellt wer<strong>den</strong> können und zugleich<br />
<strong>der</strong> Aufwand <strong>für</strong> das Berichtswesen<br />
verringert wird.<br />
Dabei können dann die gesammelten<br />
Informationen auch in Neuentwicklungen<br />
und Konstruktionsän<strong>der</strong>ungen einfließen.<br />
Sie dienen ebenso <strong>der</strong> Optimierung<br />
<strong>der</strong> Systeme wie <strong>der</strong> Schulung<br />
des Personals und könnten zudem zu<br />
Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Instandhaltungsregeln<br />
bzw. an<strong>der</strong>er betrieblicher Vorschriften<br />
führen.<br />
Unter dem Schlagwort „Systembetreuung“<br />
definiert Lang die zentrale<br />
Hans Peter Lang, DB Systemtechnik:<br />
„Optimierung <strong>der</strong> Systeme nach<br />
Massgabe <strong>der</strong> Unternehmensziele“<br />
Aufgabe <strong>der</strong> hochqualifizierten Ingenieurstruppe<br />
<strong>der</strong> DB Systemtechnik. Als<br />
Dienstleister <strong>der</strong> Betreiber muss die<br />
Konzerntechnik Lang zufolge vor allem<br />
die „zielgerichtete Betreuung <strong>der</strong> technischen<br />
Produktionsmittel“ o<strong>der</strong> Fahrzeugsysteme,<br />
Leit- und Sicherungssysteme<br />
und Fahrbahnsysteme leisten. Zielgerichtet<br />
vor allem im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit,<br />
immer nach Maßgabe des<br />
Unternehmensziels, nämlich zu immer<br />
weniger Kosten immer attraktivere, kun<strong>den</strong>nahe<br />
Mobilitäts- und Logistik-Produkte<br />
anzubieten. Das ist ein weites Feld<br />
und setzt reichlich Know-how und neben<br />
dem Systemblick eine tiefgehende<br />
Spezialisierung voraus. So wird die DB<br />
Systemtechnik die Systeme <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> auf<br />
ihre vielen funkionalen Module „herun-<br />
terbrechen“: <strong>Technik</strong>er wer<strong>den</strong> in ihrem<br />
Fachgebiet die Modulbetreuung umfassend<br />
und in Ergänzung zur<br />
Systembetreuung ausüben. Lang: „Wir<br />
haben Fahrwerks-Spezialisten ebenso wie<br />
Neigetechnikexperten, an<strong>der</strong>e betreuen<br />
die Leit- und Sicherungstechnik, wie<strong>der</strong>um<br />
an<strong>der</strong>e beschäftigen sich mit dem<br />
Fahrweg. Die Modulverantwortlichkeit<br />
beginnt bei <strong>der</strong> Beschaffung schon im<br />
Planungsstadium und bleibt während des<br />
gesamten Lebenszyklus <strong>der</strong> jeweiligen<br />
technischen Komponenten erhalten.“<br />
Da geht es um viele Fragen, weit über<br />
die bloße Funktionsfähigkeit des jeweiligen<br />
Moduls hinaus. Lang nennt ein<br />
Beispiel: „Unsere Aufgabe ist es auch, die<br />
Grenzen <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von<br />
Komponenten ausloten. Ziel muss eine
deutliche Verlängerung <strong>der</strong> störungsfreien<br />
Funktion <strong>der</strong> Module und damit dann<br />
auch <strong>der</strong> Systeme sein, ohne natürlich<br />
Verfügbarkeit o<strong>der</strong> gar Sicherheit zu<br />
beeinträchtigen. Hier gehen wir Musterprojekte<br />
an, von <strong>den</strong>en wir uns einiges<br />
versprechen.“<br />
Die Größe des <strong>Bahn</strong>konzerns sieht<br />
Lang dabei eher als Vorteil: „Sicher, wie in<br />
jedem Großunternehmen gibt es eine<br />
gewisse Trägheit, vielleicht auch einen<br />
Wasserkopf, doch erst die Größe ermöglicht<br />
uns die technische Kompetenz. Wir<br />
haben, ganz an<strong>der</strong>s als kleine Wettbewerber,<br />
die Chance, unsere technischen<br />
Produktionsmittel optimal auszurichten<br />
und flexibel entsprechend <strong>der</strong> Nachfrage<br />
einzusetzen. Unsere vielfältigen Erfahrungen<br />
ermöglichen uns eine Optimierung<br />
<strong>der</strong> Instandhaltungsprozesse.<br />
Und last but not least: Unsere Größe<br />
macht uns auch von <strong>den</strong> Herstellern<br />
unabhängig – abgesehen davon, dass wir<br />
auch im Umgang mit <strong>der</strong> Aufsichtsbehörde,<br />
dem Eisenbahn-Bundesamt,<br />
dank unserer Kompetenz in<br />
hohem Maße vertrauensvoll zusammenarbeiten<br />
können.“<br />
Die Systemverantwortung <strong>der</strong><br />
Konzernunternehmen <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> als<br />
Halter und Betreuer <strong>der</strong> technischen<br />
Produktionsmittel ist auch einer <strong>der</strong><br />
Gründe, weshalb <strong>der</strong> DB Konzern die<br />
Instandhaltung nicht auslagert, son<strong>der</strong>n<br />
weiter als sein Kerngeschäft betrachtet.<br />
Die vielfältigen Erfahrungen mit <strong>den</strong><br />
Produktionsmitteln im alltäglichen<br />
Betriebsgeschehen – das Betreiber-<br />
Neues Fahrzeugsystem<br />
Systemlastenheft<br />
mit generellen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsprofilen an<br />
das Fahrzeugsystem<br />
Hauptmodullastenheft<br />
1<br />
ANTRIEB<br />
mit Modulkapiteln<br />
1.1<br />
1.2<br />
...<br />
Hauptmodullastenheft<br />
4<br />
KLIMATECHNIK<br />
mit Modulkapiteln<br />
4.1<br />
4.2<br />
...<br />
Know-how – sind ein Potenzial zur vielfältigen<br />
Optimierung des Gesamtsystems<br />
<strong>Bahn</strong>: Erfahrungen, die in technische<br />
Än<strong>der</strong>ungen einfließen, um auf diese<br />
Weise Verbesserungen hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Kosten und <strong>der</strong> Verfügbarkeit zu erreichen.<br />
Im liberalisierten Verkehrsmarkt<br />
(weiter auf Seite 19)<br />
Lastenheftstruktur<br />
Hauptmodullastenheft<br />
2<br />
FÜHRERSTAND<br />
mit Modulkapiteln<br />
2.1<br />
2.2<br />
...<br />
Hauptmodullastenheft<br />
5<br />
LAUFWERKE<br />
mit Modulkapiteln<br />
5.1<br />
5.2<br />
...<br />
Hauptmodullastenheft<br />
3<br />
BREMSEN<br />
mit Modulkapiteln<br />
3.1<br />
3.2<br />
...<br />
… weitere<br />
Hauptmodullastenhefte<br />
mit<br />
Modulkapiteln<br />
17<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
18<br />
SCHMIERSTOFFE<br />
Ob Radsatzlager o<strong>der</strong><br />
Weichen, Motoren o<strong>der</strong><br />
Getriebe – damit das System<br />
<strong>Bahn</strong> technisch wie<br />
geschmiert läuft, muss es<br />
geschmiert wer<strong>den</strong>: Eine<br />
Vielzahl von hochspezialisierten<br />
Ölen und Fetten ist<br />
notwendig <strong>für</strong> das buchstäblich<br />
reibungslose Zusammenspiel<br />
<strong>der</strong> zahlreichen<br />
mechanischen Komponenten.<br />
Über 200 verschie<strong>den</strong>e<br />
Schmierstoffe setzt die<br />
<strong>Bahn</strong> heute ein – und ist gar<br />
nicht glücklich damit.<br />
Die Vielfalt ist teuer, sie<br />
schafft Abhängigkeiten von<br />
Lieferanten, es gibt Engpässe:<br />
Eine Arbeitsgruppe<br />
„Schmierstoffeinsatz DB<br />
<strong>AG</strong>" ist dabei, Abhilfe zu<br />
schaffen. Es geht um die<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Versor-<br />
Büchsen,<br />
Fässer,Tonnen:<br />
Schmierstoff-Lager<br />
(unten). Fett <strong>für</strong> ein<br />
Radsatzlager<br />
(rechts). Spurkranzfettungs-<br />
Versuchsanlage<br />
(rechte Seite)<br />
gungssicherheit <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> und<br />
um Einsparpotenziale durch<br />
bedarfsgerechte Schmierung<br />
von einigen 100.000 Euro.<br />
„Schmierstoffe sind <strong>für</strong> die<br />
<strong>Bahn</strong>“, so Wulf-Dietrich Abel,<br />
bei <strong>der</strong> DB Systemtechnik<br />
Experte <strong>für</strong> die Tribologie/Tribotechnik,<br />
die sich mit<br />
dem Schmierstoffeinsatz wissenschaftlich<br />
auseinan<strong>der</strong>setzt,<br />
„ähnlich zu sehen wie die<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Schienen. Mit<br />
falschen o<strong>der</strong> nicht bedingungsgemäßenSchmierstoffen<br />
kann <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> großer<br />
Scha<strong>den</strong> zugeführt wer<strong>den</strong>.“<br />
Der Einsatz ungeeigneter<br />
Schmierstoffe kann erhebliche<br />
Probleme bereiten. Ungern<br />
erinnert sich Abel an einen<br />
zehn Jahre zurückliegen<strong>den</strong><br />
Vorfall bei <strong>der</strong> S-<strong>Bahn</strong> Stuttgart:<br />
„Damals waren die Spur-<br />
Gut<br />
geschmiert<br />
spart<br />
Geld und<br />
Probleme<br />
kränze an <strong>den</strong> Rä<strong>der</strong>n <strong>der</strong> S-<br />
<strong>Bahn</strong>-Züge mit einem falschen<br />
Schmierstoff geschmiert<br />
wor<strong>den</strong>. Es gab erhebliche<br />
Fahrzeugausfälle, und um <strong>den</strong><br />
S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr in Stuttgart<br />
überhaupt aufrecht erhalten<br />
zu können, mussten<br />
Fahrzeuge aus Frankfurt und<br />
München geholt wer<strong>den</strong>“.<br />
Doch trotz hoher Spezialisierung<br />
wollen die <strong>Bahn</strong>-<br />
Tribologen aus wohl verstan<strong>den</strong>em<br />
wirtschaftlichem Interesse<br />
künftig mit weniger verschie<strong>den</strong>en<br />
Ölen und Fetten<br />
auskommen. Der Experte:<br />
„Über 200 Sorten, da ähneln<br />
unsere Schmierstofflager <strong>der</strong><br />
Werke ja fast schon Apotheken.“<br />
Deshalb suchen die<br />
Experten nach einer Eindämmung<br />
<strong>der</strong> Vielfalt. Das Ziel: Es<br />
sollten 30 Prozent weniger<br />
unterschiedliche Öle und<br />
Fette gebraucht wer<strong>den</strong>.<br />
Ein Beispiel: Für die<br />
Radsatzrollenlager im ICE, in<br />
Lokomotiven sowie Reiseund<br />
Güterzugwagen müssen<br />
<strong>der</strong>zeit drei verschie<strong>den</strong>e<br />
Radsatzrollenlagerfette eingesetzt<br />
wer<strong>den</strong>, um die in <strong>den</strong><br />
einzelnen Fahrzeugen unterschiedlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
ausreichend gut zu erfüllen.<br />
Eine „Breitband-Lösung“ ist<br />
von <strong>der</strong> Industrie bisher nicht<br />
entwickelt wor<strong>den</strong>.<br />
Weniger Vielfalt, aber auch<br />
weniger Mengen – das ist ein<br />
weiteres Ziel <strong>der</strong> bahneigenen<br />
Tribologie. Abel beschreibt:<br />
„Wir streben an, durch eine<br />
Verlängerung <strong>der</strong> Schmierstoffwechselfristen<br />
<strong>den</strong> Verbrauch<br />
und damit die Kosten<br />
zu senken.“ Das setzt natür-
lich voraus, dass die Qualität<br />
<strong>der</strong> eingesetzten Schmierstoffe<br />
<strong>den</strong> Verschleißschutz<br />
über <strong>den</strong> längeren Zeitraum<br />
garantiert. Durch solche<br />
Verlängerungen und durch<br />
Sortenreduzierung lassen sich<br />
nach Berechnungen <strong>der</strong><br />
Experten über 500.000 Euro<br />
im Jahr einsparen.<br />
Ein bereits verwirklichtes<br />
Beispiel: Mit dem Motorhersteller<br />
MTU einigten sich<br />
die Bauartbetreuung und die<br />
Tribologen <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> bei zwei<br />
Motorentypen <strong>für</strong> Loks <strong>der</strong><br />
Baureihe 218 auf eine<br />
Verdoppelung <strong>der</strong> Ölwechselfrist<br />
von 1000 auf 2000<br />
Motorbetriebsstun<strong>den</strong>. Erwartet<br />
wird allein hier eine<br />
Einsparung von 115.000 Euro<br />
im Jahr. Eine weitere Fristenverlängerung<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Motorenölwechsel wird zurzeit<br />
bei <strong>den</strong> Motoren <strong>der</strong><br />
Regionaltriebzüge VT 628<br />
und VT 642 im Betriebsversuch<br />
überprüft. Ziel ist<br />
eine Einsparung von rund<br />
120.000 Euro pro Jahr.<br />
Die Vielfalt <strong>der</strong> Öle und<br />
Fette macht <strong>den</strong> Schmierstoffeinsatz<br />
auch noch aus einem<br />
an<strong>der</strong>en Grund teuer. Viele<br />
Produkte wer<strong>den</strong> nur von<br />
einem o<strong>der</strong> zwei Herstellern<br />
angeboten. Abel: „Und da<br />
braucht dann nur mal ein<br />
Unternehmen in Konkurs zu<br />
gehen o<strong>der</strong> aufgekauft zu<br />
wer<strong>den</strong>, wie es in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
wie<strong>der</strong>holt geschehen<br />
ist – und schon fehlt<br />
ein Lieferant.“ Strategisches<br />
Ziel ist deshalb, möglichst<br />
zwei o<strong>der</strong> drei Anbieter <strong>für</strong><br />
jedes Produkt zu haben.<br />
Selbst wenn die einschlägige<br />
Industrie da mitspielt, ist<br />
das nicht so einfach, wie es<br />
<strong>den</strong> Anschein hat. An<strong>der</strong>s als<br />
beim Massenprodukt Auto<br />
müssen die Schmierstoffe<br />
gründlich in <strong>der</strong> Praxis<br />
erprobt wer<strong>den</strong>, bevor sie die<br />
„<strong>Bahn</strong>freigabe“ erhalten.<br />
Was Wettbewerb bewirken<br />
kann, stellt Abel an zwei<br />
Beispielen dar: Bei Isolieröl ist<br />
jetzt Wettbewerb vorhan<strong>den</strong>.<br />
Dadurch konnte <strong>der</strong> Preis um<br />
mehr als zwei Prozent gesenkt<br />
wer<strong>den</strong>. Bei Wälzlagerfett <strong>für</strong><br />
Lokomotiven hingegen stiegen<br />
die Preise mangels<br />
Wettbewerb um 11,8 Prozent.<br />
Die Fachleute schätzen, dass<br />
allein das Aufbrechen <strong>der</strong><br />
Monopolstellung beispielsweise<br />
bei Spurkranzfetten<br />
70.000 Euro Ersparnis im Jahr<br />
bringen würde.<br />
Abel: „Unser Know-how<br />
hat wirtschaftliche Effekte <strong>für</strong><br />
alle technischen Bereiche im<br />
Konzern. Deshalb wer<strong>den</strong> wir<br />
konzentriert am Ball bleiben. bt<br />
stellt sich dabei aber ein Problem: „Wir<br />
müssen sicherstellen, dass das in <strong>den</strong><br />
Instandhaltungsprozessen erworbenes<br />
Know-how auch unser Eigentum bleibt“,<br />
sieht Hans Peter Lang. „Es kann nicht<br />
angehen, dass beispielsweise technische<br />
Bauartän<strong>der</strong>ungen über <strong>den</strong> Hersteller<br />
auch gleich unseren Wettbewerbern<br />
zugänglich gemacht wer<strong>den</strong>, nur weil sie<br />
zufällig <strong>den</strong>selben Fahrzeug-Typ fahren.<br />
Da besteht noch eine Menge Regelungsbedarf,<br />
sonst geht uns <strong>der</strong> Wettbewerbsvorteil<br />
<strong>der</strong> umfassen<strong>den</strong> Systemverantwortung<br />
durch die Marktliberalisierung<br />
schlicht verloren“ (Siehe auch Seite 8).<br />
Die Optimierung <strong>der</strong> technischen<br />
Qualität im Interesse einer möglichst<br />
hohen Verfügbarkeit <strong>der</strong> Produktionsmittel<br />
setzt eine konsequente Betrachtung<br />
von Systemen und Komponenten<br />
und <strong>der</strong> immer komplexer wer<strong>den</strong><strong>den</strong><br />
rechnergesteuerten Prozesse im<br />
Betriebsablauf voraus. Systematisch hat<br />
die DB dazu Prüf- und Diagnoseverfahren<br />
aufgebaut, mit <strong>den</strong>en heute in<br />
hohem Maße eine „Prozess-Sicherheit“<br />
Mehr Qualität in <strong>der</strong> Beschaffung<br />
durch modular aufgebaute Lastenhefte<br />
gewährleistet wer<strong>den</strong> kann. Das wird<br />
nicht nur <strong>für</strong> <strong>den</strong> täglichen Betrieb<br />
gebraucht. Die umfassen<strong>den</strong> Diagnoseverfahren<br />
spielen ebenso in <strong>der</strong><br />
Entwicklung und Fertigung wie in <strong>der</strong><br />
Instandhaltung eine immer wichtigere<br />
Rolle: Sie sichern die Qualität einer intelligenten,<br />
weit vorausschauen<strong>den</strong> Instandhaltung.<br />
Von <strong>der</strong> zerstörungsfreien Werkstoffprüfung<br />
von Rä<strong>der</strong>n und Radsatzwellen<br />
beispielsweise bis zu automatisierten<br />
Brandmeldeanlagen reicht das Spektrum<br />
<strong>der</strong> Prüf- und Diagnoseverfahren und<br />
-systeme, die unter <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung von<br />
DB Systemtechnik entwickelt wer<strong>den</strong>.<br />
„Die zunehmend jünger und hochwertiger<br />
wer<strong>den</strong>de Fahrzeugflotte verlangt<br />
eine gute Auslastung, die nur durch hohe<br />
Verfügbarkeit erreicht wer<strong>den</strong> kann“,<br />
erklärt Dr. Manfred Bannasch, Chef <strong>der</strong><br />
Diagnose-Experten in Bran<strong>den</strong>burg-<br />
19<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
20<br />
RADSATZL<strong>AG</strong>ER<br />
Schneller, schwerer, weiter:<br />
Im Güterverkehr sind in<br />
<strong>den</strong> letzten Jahren die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an <strong>den</strong> Fahrzeugpark<br />
deutlich gewachsen.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e die Anhebung<br />
<strong>der</strong> Geschwindigkeiten auf<br />
bis zu 120 km/h und die<br />
Erhöhung <strong>der</strong> zulässigen<br />
Radsatzlasten von 20<br />
Tonnen auf 22,5 Tonnen bei<br />
hohen Laufleistungen führen<br />
zu steigen<strong>den</strong> Beanspruchungen<br />
<strong>der</strong> Lauftechnik.<br />
An <strong>den</strong> Rä<strong>der</strong>n wur<strong>den</strong><br />
verstärkt Ausbröckelungen,<br />
Flachstellen und Unrundheiten<br />
festgestellt. Mit jedem<br />
Defekt wer<strong>den</strong> die Fahrwerksteile,<br />
insbeson<strong>der</strong>e die<br />
Radsatzlager, wesentlich<br />
höheren Belastungen ausgesetzt<br />
– mit schwer wiegen<strong>den</strong><br />
Folgen.Vermehrt treten<br />
Schä<strong>den</strong> an <strong>den</strong> Rollenlagerkäfigen<br />
<strong>der</strong> Radsatzlager<br />
auf. Die führten<br />
Kirchmöser, <strong>den</strong> wirtschaftlichen Hintergrund.<br />
„Die Implementierung bedarfsgerechter<br />
Diagnoseprozesse liefert einen<br />
entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Anteil zur Sicherstellung,<br />
Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung<br />
<strong>der</strong> Kernkompetenzen Betrieb und<br />
Instandhaltung bei <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong>“.<br />
(Siehe auch Seite 14)<br />
Ein Beispiel <strong>für</strong> mehr Wirtschaftlichkeit<br />
durch Erhöhung <strong>der</strong><br />
Verfügbarkeit von Fahrzeugen ist außerdem<br />
„Express“. Es steht <strong>für</strong> „Exzellenz im<br />
produktiven Ressourceneinsatz“ und bedeutet<br />
konkret: die betriebsnahe Wartung<br />
<strong>der</strong> Züge im Fernverkehr künftig verstärkt<br />
in <strong>den</strong> Betriebspausen durchzuführen,<br />
also überwiegend nachts, wenn <strong>der</strong><br />
Personenverkehr ruht o<strong>der</strong> zumindest<br />
dann immer wie<strong>der</strong> zu<br />
Heißläufern und Radsatzschenkelbrüchen<br />
– mit kostspieligen<br />
weiteren Konsequenzen:<br />
Mehrfach entgleisten<br />
Güterwagen.<br />
„Da musste dringend<br />
etwas getan wer<strong>den</strong>“, berichtet<br />
Hartmut Koch, bei <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik in Min<strong>den</strong> <strong>für</strong><br />
die Radsatztechnologie verantwortlich.<br />
In einer Arbeits-<br />
gruppe beim internationalen<br />
<strong>Bahn</strong>verband UIC arbeiteten<br />
die Experten eng zusammen<br />
und suchten nach europaweiten<br />
technischen Lösungen,<br />
Polyamid statt<br />
Messing: die neuen<br />
Käfige <strong>für</strong> die<br />
Rollenlager (großes<br />
Foto). An <strong>der</strong><br />
Presse wer<strong>den</strong> die<br />
Bauteile zur Achse<br />
verbun<strong>den</strong>.<br />
Kick mit<br />
Kunststoff<br />
Innovative <strong>Technik</strong> meistert die steigen<strong>den</strong><br />
Belastungen im internationalen Güterverkehr<br />
erheblich weniger Züge unterwegs sind.<br />
Denn wenn die Züge nachts Instand<br />
gehalten, gereinigt und bereitsgestellt<br />
wer<strong>den</strong>, stehen tagsüber mehr Züge<br />
bereit – ohne Vergrößerung <strong>der</strong> Fahrzeugflotte.<br />
Die Flottenleistung und die<br />
Wirtschaftlichkeit steigen. Zum Fahrplanwechsel<br />
2004 sind die ICE-Umläufe<br />
bereits so optimiert, als ob 13 zusätzliche<br />
ICE-Züge im Verkehr wären.<br />
Die auf <strong>den</strong> Modulverantwortlichkeiten<br />
basierende Systembetreuung wird<br />
in <strong>den</strong> kommen<strong>den</strong> Jahren <strong>den</strong><br />
Beschaffungsprozess <strong>der</strong> operativen<br />
Geschäftsbereiche grundlegend verän<strong>der</strong>n,<br />
strukturieren und vereinfachen. Die<br />
DB Systemtechnik entwickelt <strong>der</strong>zeit ein<br />
Muster- o<strong>der</strong> Basislastenheft, das künftig<br />
Grundlage <strong>für</strong> alle Fahrzeugbeschaffungen<br />
sein wird. Der wesentliche Unterschied<br />
zur bisherigen Beschaffungspraxis:<br />
Sämtliche Fahrzeugsysteme, die die <strong>Bahn</strong><br />
einsetzt, wer<strong>den</strong> in funktionale Hauptmodule<br />
strukturiert. Das reicht dann vom<br />
Antriebssystem über das Fahrwerk bis hin<br />
zu Türen, Sicherheitseinrichtungen o<strong>der</strong><br />
auch Fahrzeugverbindungen, Heizung/<br />
Klima/Lüftung und Bordstromsystem.<br />
Wenn die <strong>Bahn</strong> künftig Fahrzeuge ausschreibt,<br />
wird sie <strong>den</strong> potenziellen<br />
Anbietern ein Systemlastenheft zur<br />
Verfügung stellen, das übergreifende<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an das Gesamtfahrzeug<br />
formuliert, und zusätzlich untergeordnete<br />
Hauptmodullastenhefte enthält.<br />
Diese beschreiben dann – natürlich
nach Maßgabe <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>für</strong> das<br />
Gesamtfahrzeug – weitere Details: funktionale<br />
Vorgaben, Anfor<strong>der</strong>ungen an Verfügbarkeit,<br />
Zuverlässigkeit und Lebenszykluskosten<br />
o<strong>der</strong> auch die For<strong>der</strong>ung,<br />
bewährte Komponenten aus dem <strong>Bahn</strong>-<br />
Alltag zu verwen<strong>den</strong>. „Wir machen mit<br />
dieser Vorgehensweise das funktionale<br />
Lastenheft zum vertragstauglichen, messbaren<br />
und damit auch einklagbaren<br />
Werkzeug“, erklärt Projektleiter Frank<br />
König. Zu Bundesbahnzeiten war es<br />
üblich, dass neue Fahrzeuggenerationen<br />
in <strong>den</strong> Lastenheften praktisch bis zur letzten<br />
Schraube und konkreten Lösung<br />
detailliert beschrieben waren und diese<br />
Fahrzeuge dann unter Führung <strong>der</strong><br />
Bundesbahn gemeinsam mit <strong>der</strong> Industrie<br />
um <strong>den</strong> freizügigen Einsatz<br />
<strong>der</strong> Güterwagen nicht zu<br />
gefähr<strong>den</strong>. Aus <strong>den</strong> gemeinsamen<br />
Ermittlungen entstand<br />
ein ganzer Katalog von technischen<br />
Lösungen, die nunmehr<br />
<strong>für</strong> eine Optimierung<br />
<strong>der</strong> Fahrzeuge sorgen.<br />
Einer <strong>der</strong> Schritte war beispielsweise,<br />
<strong>für</strong> unrunde<br />
Rä<strong>der</strong> mit Flachstellen an <strong>der</strong><br />
Lauffläche einen Betriebsgrenzwert<br />
einzusetzen. Mehrere<br />
<strong>Bahn</strong>en – darunter die<br />
DB – entwickelten Detektionsanlagen<br />
zur Erkennung<br />
von Laufflächenschä<strong>den</strong> und<br />
unrun<strong>den</strong> Rä<strong>der</strong>n (siehe auch<br />
Seite 14).<br />
Außerdem entschied die<br />
DB <strong>für</strong> ihren Wagenpark, die<br />
Rollenlagerkäfige, die bislang<br />
aus Messing mit Stahlstift-<br />
Nieten zur Befestigung bestehen,<br />
auf Polyamidkäfige umzurüsten.<br />
Koch: „Es hatte sich<br />
gezeigt, dass dieser Werkstoff<br />
eine höhere Festigkeit, ein<br />
Frank König, Projektleiter<br />
Lastenheftentwicklung:<br />
entwickelt und<br />
erprobt wur<strong>den</strong>.<br />
Die von <strong>der</strong><br />
Behörde zum<br />
Unternehmen<br />
gewandelte <strong>Bahn</strong><br />
wollte und<br />
konnte sich auf<br />
die MobilitätsundLogistikdienstleistungen<br />
konzentrieren –<br />
sie wollte deshalb<br />
die Verantwortung <strong>für</strong> die<br />
<strong>Technik</strong>entwicklung an die Herstellerund<br />
Lieferindustrie abgeben. In <strong>der</strong><br />
Konsequenz hatte das dann in <strong>den</strong> ersten<br />
Jahren nach <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>reform dazu<br />
„Das funktionale<br />
Lastenheft wird zum<br />
guten Werkzeug in<br />
<strong>der</strong> Beschaffung.“<br />
deutlich geringeres Gewicht<br />
und damit weniger unabgefe<strong>der</strong>te<br />
Masse hat. Damit sind<br />
die Nutlaufeigenschaften wesentlich<br />
besser als bei <strong>der</strong><br />
herkömmlichen <strong>Technik</strong>.“<br />
Seit dem Jahr 2000 läuft<br />
ein Umrüstungsprogramm.<br />
Immer wenn die Güterwagen<br />
in die planmäßigen<br />
Radsatzlageruntersuchungen<br />
in die Werke kommen,<br />
wer<strong>den</strong> die Messingkäfige<br />
gegen Polyamidkäfige ausgetauscht.<br />
Ein Spiel <strong>der</strong> großen<br />
Zahlen: Insgesamt 363.000<br />
Radsätze müssen umgerüstet<br />
wer<strong>den</strong>. Die Aktion wird<br />
voraussichtlich noch bis zum<br />
Jahr 2012 dauern. „Die<br />
Kosten <strong>der</strong> Umrüstaktion<br />
belaufen sich auf rund 50<br />
Millionen Euro“, schätzt<br />
Koch. „Das mag viel klingen,<br />
doch wenn man<br />
be<strong>den</strong>kt, dass je<strong>der</strong> Scha<strong>den</strong><br />
hohe Kosten verursacht, ist<br />
das gut angelegtes Geld.“ bt<br />
geführt, dass in knapp gefassten<br />
Ausschreibungen nur minimale Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
formuliert wur<strong>den</strong>. Die Folge<br />
kann man landauf, landab betrachten, so<br />
König: „Die hohe Abstraktionsstufe und<br />
21<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
themaa<br />
22<br />
SYSTEMTECHNIK<br />
die teilweise dünnen Lastenhefte haben<br />
sicherlich dazu geführt, dass wir schlechte<br />
Qualität geliefert bekamen und heute im<br />
Nahverkehr eine hohen Typenvielfalt bei<br />
Dieseltriebwagen haben. Je<strong>der</strong> Typ erfüllt<br />
die vor<strong>der</strong>gründig gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />
doch es fehlt of die <strong>Bahn</strong>tauglichkeit<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> harten Betriebseinsatz. Und die<br />
Vielfalt kostet in Betrieb und<br />
Instandhaltung viel Geld. Auch künftig<br />
wollen wir die Verantwortung <strong>für</strong> neue<br />
Fahrzeuggenerationen bei <strong>den</strong> Herstellern<br />
belassen, nur muss <strong>der</strong> funktionale,<br />
qualitäts- und kostenbezogene Rahmen -<br />
orientiert an unseren Betreibererfor<strong>der</strong>nissen<br />
- präziser und damit messbarer<br />
wer<strong>den</strong>.“<br />
Die neue Systematik mit System- und<br />
Hauptmodullastenheften wird nach Einschätzung<br />
<strong>der</strong> Fachleute <strong>den</strong> Fahrzeugbeschaffungsprozess<br />
auf die Dauer deutlich<br />
verbessern. Eine höhere Standardisierung<br />
künftiger Schienenfahrzeuggenerationen<br />
wird zudem Kosten in<br />
Wartung und Instandhaltung senken und<br />
die Verfügbarkeit erhöhen. Intern erwar-<br />
tet die DB Systemtechnik, dass <strong>der</strong> nicht<br />
unbeträchtlich hohe Aufwand <strong>für</strong> die<br />
Lastenheft-Erstellung deutlich geringer<br />
wird, weil vorhan<strong>den</strong>e und aus <strong>der</strong> Erfahrung<br />
<strong>der</strong> System- und Modulbetreuung<br />
gepflegte Datenbestände genutzt wer<strong>den</strong><br />
können. Hans Peter Lang: „Über die<br />
Struktur <strong>der</strong> Module wer<strong>den</strong> die wesentlichen<br />
<strong>Technik</strong>komponenten zu Bausteinen,<br />
die man einfacher aneinan<strong>der</strong> setzen<br />
kann.Wenn wir dieses System kontinuierlich<br />
fortschreiben, braucht man bei<br />
<strong>der</strong> Formulierung neuer Lastenhefte nur<br />
noch gewissermaßen ins Regal zu greifen<br />
und findet das meiste schon vor.“<br />
Zu <strong>den</strong> Beson<strong>der</strong>heiten des Systems<br />
<strong>Bahn</strong> gegenüber an<strong>der</strong>en Verkehrsträgern<br />
zählen die vielfältigen Wechselwirkungen<br />
zwischen Schienenfahrzeugen und stationärer<br />
Infrastruktur – Fahrweg und Leitund<br />
Sicherungstechnik. Die physikalischen<br />
Vorgänge zwischen <strong>der</strong> Schiene<br />
und insbeson<strong>der</strong>e dem schnell rollen<strong>den</strong><br />
Das Rad auf <strong>der</strong> Schiene als<br />
Schallquelle: In <strong>der</strong><br />
Simulation wer<strong>den</strong><br />
Eigenschwingungen<br />
sichtbar.<br />
Die höhere Standardisierung künftiger Schienenfahrzeug-Generationen<br />
wird Kosten senken und die Verfügbarkeit erhöhen<br />
Rad eines Hochgeschwindigkeitszugs sind<br />
seit Jahrzehnten Forschungsgegenstand.<br />
Und selbst heute ist die Fahrzeug-<br />
Fahrweg-Dynamik wissenschaftlich noch<br />
nicht vollständig ausgelotet. Klar ist aber<br />
längst, dass Sicherheit und Komfort <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong> ganz entschei<strong>den</strong>d von einem möglichst<br />
perfekten Zusammenspiel von Rad<br />
und Schiene abhängig sind. Lang sieht das<br />
ganz pragmatisch: „Störungen können<br />
immer ,sowohl als auch‘ sein“: Sowohl<br />
Fehler in <strong>der</strong> Gleislage als auch<br />
Unregelmäßigkeiten an Rä<strong>der</strong>n und<br />
Laufwerken können zu Beeinträchtigungen<br />
führen. Da geht es neben<br />
Sicherheit und Komfort auch um Kosten:<br />
Schlecht aufeinan<strong>der</strong> abgestimmte Rä<strong>der</strong><br />
und Schienen erhöhen zudem auch <strong>den</strong><br />
Verschleiß – mit kostspieligen Folgen.<br />
Als Verantwortlicher <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> von<br />
Fahrzeugen und Infrastruktur arbeitet die<br />
DB Systemtechnik in diesen Fragen eng<br />
mit <strong>der</strong> DB Netz <strong>AG</strong> zusammen. Lang:<br />
„Das ist eine eingespielte Kooperation.<br />
Wir haben natürlich Zugang zu <strong>den</strong><br />
Messungen, die die DB Netz unternimmt,<br />
und wir stellen unsere Daten zur<br />
Verfügung. Viele Erkenntnisse stammen<br />
im übrigen aus Messfahrten, die mit<br />
unseren Fahrzeugen gemacht wer<strong>den</strong>.“<br />
Im Interesse <strong>der</strong> Optimierung des<br />
Zusammenspiels von Fahrweg und<br />
Fahrzeug wer<strong>den</strong> gemeinsam Grenzwerte<br />
und Instandhaltungskriterien festgelegt<br />
und fortgeschrieben, die stets das<br />
Gesamtsystem im Blick haben. „Nur so<br />
geht es“, betont Lang, „wenn je<strong>der</strong> <strong>für</strong><br />
sich in seinem Bereich optimieren würde,<br />
wäre das Gesamtergebnis mangelhaft.“<br />
Nicht viel an<strong>der</strong>s ist es bei <strong>der</strong> Leitund<br />
Sicherungstechnik, bei Stellwerken<br />
und Signalen. Über einen Geschäftsbesorgungsvertrag<br />
übernimmt die DB<br />
Systemtechnik die Betreuung <strong>der</strong><br />
Stellwerkstechnik im Auftrag <strong>der</strong> Netz<br />
<strong>AG</strong>. (siehe auch Seite 12). bt
aktuellll<br />
ENERGIE SPAREN<br />
Ohne<br />
Bleifuß<br />
fahren<br />
Sparsamer Umgang mit<br />
Energie ist <strong>für</strong> die <strong>Bahn</strong> eine<br />
<strong>der</strong> Grundvoraussetzungen<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> unternehmerischen<br />
<strong>Erfolg</strong>. Seit Jahren laufen<br />
Energiesparprogramme <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Fahrbetrieb wie <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
stationären Bereich. Eskimo<br />
ist eine Abkürzung und steht<br />
<strong>für</strong>: „Energiesystemkosten<br />
i<strong>den</strong>tifizieren, messen und<br />
optimieren“.<br />
Projektleiter Dr. Kristian<br />
Weiland: „Um Energiesparmaßnahmen<br />
differenziert<br />
bewerten zu können, müssen<br />
die einzelnen Faktoren <strong>der</strong><br />
Energiekosten betrachtet wer<strong>den</strong>:<br />
Die Kosten entstehen<br />
nicht nur bei <strong>der</strong> Beschaffung<br />
von Energien, son<strong>der</strong>n auch<br />
durch <strong>der</strong>en zuverlässige<br />
Bereitstellung. Lediglich die<br />
Beschaffungskosten können<br />
über Energiesparmaßnahmen<br />
direkt gesteuert wer<strong>den</strong>. Ziel<br />
von Eskimo ist es, geeignete<br />
Maßnahmen zur Einsparung<br />
von Energien zu i<strong>den</strong>tifizieren<br />
und konzernweit umzusetzen.<br />
Allein im kommen<strong>den</strong> Jahr<br />
können mit Hilfe von Eskimo<br />
22,6 Millionen Euro eingespart<br />
wer<strong>den</strong>.“<br />
„Das Projekt Eskimo ist<br />
neben <strong>den</strong> Kosten sehr stark<br />
Bewusst fahren<br />
spart Strom: ICE-<br />
Piloten leisten ihren<br />
Beitrag <strong>für</strong> eine verbesserte<br />
Energie-<br />
Bilanz <strong>der</strong> DB.<br />
Energie sparen, heißt erfolgreich wirtschaften. Denn<br />
die Energiekosten steigen kontinuierlich. Im Projekt<br />
Eskimo koordinieren und forcieren die <strong>für</strong> die<br />
Energielieferung und –kosten verantwortliche Tochter<br />
DB Energie, das <strong>Bahn</strong>-Umwelt-Zentrum und die DB<br />
Systemtechnik die Energiesparaktivitäten des Konzerns.<br />
aus ökologischer Sicht getrieben“,<br />
betont Joachim Kettner,<br />
Leiter des <strong>Bahn</strong>-Umwelt-<br />
Zentrums <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. „Umweltschutz<br />
und Wirtschaftlichkeit<br />
haben hier einen<br />
gleichwertigen Stellenwert.<br />
Und nicht zuletzt spielt das<br />
Projekt Eskimo bei <strong>der</strong><br />
Ausgestaltung des künftigen<br />
Klimaschutzprogramms <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong> eine wichtige Rolle.<br />
23<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
aktuellll<br />
24<br />
ENERGIE SPAREN<br />
Auch unsere Wettbewerber<br />
Flugzeug und Automobil<br />
arbeiten an einer Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Ökobilanz und wir müssen<br />
bestrebt sein, umweltfreundlichster<br />
Verkehrsträger<br />
zu bleiben.Wir setzen hier auf<br />
technische Innovationen und<br />
effizientes Energiemanagement.“<br />
Und da ist noch mehr<br />
drin, betont Dr. Rainer<br />
Schmidberger, Vorsitzen<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik: „Mit Hilfe<br />
innovativer <strong>Technik</strong> ist es<br />
möglich, die Energiekosten<br />
des Konzerns nachhaltig zu<br />
senken. Entschei<strong>den</strong>d ist es,<br />
auf Technologien zu setzen,<br />
die es <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ermöglichen,<br />
auf die Entwicklung an <strong>den</strong><br />
Rohstoffmärkten flexibel zu<br />
reagieren, gleichzeitig die<br />
CO 2-Ziele zu erreichen und<br />
Kosten zu senken.“<br />
Die DB Systemtechnik<br />
hat im Eskimo-Team eine<br />
Fülle von Maßnahmen<br />
analysiert, mit <strong>den</strong>en man<br />
weiter Energie sparen kann.<br />
Das Energiesparpotenzial<br />
wird auf rund 85 Millionen<br />
Euro pro Jahr geschätzt. Ein<br />
Beispiel: Abgestellte Triebund<br />
Reisezüge wer<strong>den</strong> in aller<br />
Regel im Winter beheizt, im<br />
Sommer – soweit möglich –<br />
klimatisiert. Beides braucht<br />
Strom. Und hier kann man<br />
<strong>der</strong> Züge benötigen – spürbar<br />
zu senken.<br />
Schmidberger: „Da gibt es<br />
eine Reihe von Ansätzen.<br />
Der erste: Wie beim Auto<br />
auch, kann über eine Energie<br />
sparende Fahrweise <strong>der</strong> Verbrauch<br />
erheblich zurück-gedrängt<br />
wer<strong>den</strong>.“ Fahren ohne<br />
„Bleifuß“ also: Die Lokführer<br />
des Personenverkehrs üben<br />
das inzwischen sogar beim<br />
Fahrtraining am Simulator.<br />
Joachim Kettner, Leiter des <strong>Bahn</strong>-Umwelt-Zentrums<br />
„Wir setzen auf technische Innovationen und<br />
effizientes Energiemanagement.“<br />
durch ein optimiertes Management<br />
des Vorheizens bzw.<br />
Vorkühlens <strong>der</strong> Zugeinheit<br />
deutlich sparsamer haushalten,<br />
als dies bisher <strong>der</strong> Fall ist.<br />
Daran haben die operativen<br />
Unternehmensbereiche<br />
ein nachhaltiges Interesse. So<br />
gibt es beispielsweise im<br />
Unternehmensbereich Personenverkehr<br />
Bestrebungen, <strong>den</strong><br />
so genannten Traktionsenergieverbrauch<br />
– also das, was<br />
die Fahrzeuge zum Bewegen<br />
Rund 85 Prozent <strong>der</strong><br />
Triebfahrzeuge des Personenverkehrs<br />
sind bereits mit<br />
einer Tema-Box ausgestattet.<br />
Das sind Geräte <strong>für</strong> die Traktions-Energiemessung<br />
und<br />
die Abrechnung. Auch<br />
Railion wird die Energiezähler<br />
in seinen Loks installieren.<br />
Ziel ist jeweils, durch<br />
ein effizientes Energie-<br />
Controlling die Kostenkomponente<br />
Traktionsenergie<br />
zu verkleinern.
Programm<br />
Stromsparen:<br />
Leitzentrale<br />
(links), Tema-<br />
Gerät (mitte),<br />
Fahrtraining im<br />
Simulator<br />
Energie wird aber nicht<br />
nur im Fahrbetrieb gespart.<br />
Das Projekt Eskimo entwickelt<br />
<strong>der</strong>zeit auch Energie-<br />
Controlling-Instrumente <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Verbrauch im stationären<br />
Bereich. Denn hier gibt es<br />
ebenfalls erhebliche Sparpotenziale.<br />
Andreas P. Meyer,<br />
Chef <strong>der</strong> DB Energie, ist mit<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Arbeit nicht<br />
unzufrie<strong>den</strong>. „Eskimo bringt<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> jährlich Ergebnisbeiträge<br />
im zweistelligen<br />
Millionen-Bereich. Die<br />
bereichsübergreifende Zusammenarbeit<br />
zwischen allen<br />
Konzerneinheiten und das<br />
System<strong>den</strong>ken innerhalb <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong> sind Voraussetzungen,<br />
diese erfolgreiche Bilanz zu<br />
verstetigen.“ bt<br />
Suche nach Lecks<br />
in <strong>der</strong> Isolierung:<br />
Mit <strong>der</strong><br />
Wärmekamera<br />
(kleines Bild)<br />
lassen sich<br />
Energiesparpotenziale<br />
aufspüren.<br />
25<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
aktuellll<br />
26<br />
STROMABNEHMER<br />
durch Kamera erfasster Bereich<br />
Hin<strong>der</strong>nis/Scha<strong>den</strong><br />
Kamera am Fahrzeug<br />
Entfernung Zug – Hin<strong>der</strong>nis<br />
Oberleitung<br />
Entfernung Stromabnehmer – Hin<strong>der</strong>nis<br />
Stromabnehmer blitzschnell<br />
Intelligente<br />
Sensortechnik kann<br />
ein häufiges Ärgernis<br />
im elektrischen<br />
<strong>Bahn</strong>betrieb unter dem<br />
Fahrdraht weitgehend<br />
ausschalten: Wenn<br />
sich Fremdkörper in<br />
<strong>der</strong> Oberleitung verhakt<br />
haben, wer<strong>den</strong><br />
diese von Bordkameras<br />
im Zug erkannt. Und<br />
ein Computer sorgt<br />
da<strong>für</strong>, dass sich <strong>der</strong><br />
Stromabnehmer vor<br />
dem Hin<strong>der</strong>nis<br />
automatisch absenkt.<br />
Vor diesem Crash ist kein elektrisch<br />
betriebener Zug gefeit: Immer wie<strong>der</strong><br />
verhaken sich in <strong>der</strong> Oberleitung Äste,<br />
Plastikplanen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Fremdkörper.<br />
Wenn <strong>der</strong> Stromabnehmer des Zuges sie<br />
erfasst, sind die Folgen meist fatal – <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Stromabnehmer, aber auch <strong>für</strong> die<br />
Oberleitung: Oft wird das gesamte<br />
Kettenwerk auf einer längeren Strecke<br />
schwer beschädigt. Die Folgen:<br />
Streckensperrung, Zugausfälle, hohe<br />
Reparaturkosten. Ein hochmo<strong>der</strong>nes<br />
System <strong>der</strong> mobilen optischen Hin<strong>der</strong>niserkennung<br />
soll <strong>für</strong> Abhilfe sorgen.<br />
Im Prinzip ist das ganz einfach.Wenn<br />
plötzlich vor dem fahren<strong>den</strong> Zug ein<br />
Fremdkörper in <strong>der</strong> Oberleitung auftaucht,<br />
dann senkt <strong>der</strong> Zug blitzschnell<br />
und vollautomatisch <strong>den</strong> Stromabnehmer<br />
aufs Dach hinab, fährt wenige Sekun<strong>den</strong><br />
ohne Strom weiter. Im Prinzip steht das<br />
System auch schon. Optische Sensoren –<br />
so genannte Flächenkameras – blicken<br />
von <strong>der</strong> Zugspitze während <strong>der</strong> Fahrt<br />
etwa 80 Meter voraus auf die<br />
Oberleitung. Ein Rechner wertet die<br />
Bil<strong>der</strong> aus. Dank ausgeklügelter <strong>Technik</strong>
auf Tauchstation<br />
ist er in <strong>der</strong> Lage, Fremdkörper im<br />
Durchgangsraum des Stromabnehmers zu<br />
erkennen – so rechtzeitig, dass <strong>der</strong><br />
Stromabnehmer noch vor dem Hin<strong>der</strong>nis<br />
gewissermaßen abtaucht.<br />
„Mit einem Oberleitungsmesswagen<br />
haben wir dieses System bereits getestet,“<br />
berichtet Dr. Bernhard Sarnes, bei <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik verantwortlich <strong>für</strong> die<br />
Wechselwirkung von Stromabnehmer und<br />
Oberleitung. Das System wurde sogar<br />
schon patentiert, ist aber noch einige<br />
Schritte von <strong>der</strong> Serienreife entfernt.<br />
Sarnes: „Wir wollen insbeson<strong>der</strong>e erreichen,<br />
dass wir ein solches Sensorsystem<br />
zur Hin<strong>der</strong>niserkennung an Oberleitungen<br />
auch im Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />
einsetzen können. Denn je<br />
Betriebsunfall:<br />
Defekte<br />
Schleifleiste, die in<br />
ein Hin<strong>der</strong>nis im<br />
Fahrdraht fuhr<br />
(rechts).<br />
Stromabnehmer-<br />
Inspektion im ICE-<br />
Werk Frankfurt/M.<br />
höher die Geschwindigkeit ist, desto<br />
größer sind natürlich die Folgen, die ein<br />
Hin<strong>der</strong>nis im Fahrdraht auslöst“.<br />
Gemeinsam mit dem Bundesministerium<br />
<strong>für</strong> Bildung und Forschung und<br />
mit Partnern aus <strong>der</strong> Industrie will die<br />
DB Systemtechnik das System <strong>der</strong><br />
Hin<strong>der</strong>niserkennnung zur Einsatzreife<br />
bringen. Fachleute rechnen damit, dass<br />
etwa zwei Jahre weitere Arbeit anstehen<br />
und man dann in die Betriebserprobung<br />
gehen kann. Ein Detailproblem: Bislang<br />
funktioniert die Erkennung per Kamera<br />
nur bei ausreichendem Tageslicht.<br />
Überlegt wird nunmehr, auch ein nächtliches<br />
Kontrollsystem zu schaffen. „Wir<br />
stellen uns vor, dass das mit <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Menschen unsichtbaren infraroten Laser-<br />
Strahlen funktionieren kann", erklärt<br />
Sarnes.<br />
Er ist überzeugt, dass ein serienreif<br />
funktionierendes System die Nachrüstung<br />
allemal lohnt: „Wir können nicht nur<br />
hohe Reparaturkosten an Fahrzeugen und<br />
<strong>der</strong> Oberleitung vermei<strong>den</strong>, son<strong>der</strong>n wir<br />
erhöhen vor allem die Verfügbarkeit des<br />
Netzes: Wenn es Schä<strong>den</strong> an <strong>der</strong> Oberleitung<br />
gibt, dann steht <strong>der</strong> Verkehr still.“<br />
Komplizierte mathematisch-geometrische<br />
Prozesse waren notwendig, um mit<br />
<strong>den</strong> Kameras – im Versuch wer<strong>den</strong> hinter<br />
<strong>der</strong> Windschutzscheibe des Triebfahrzeuges<br />
drei Geräte installiert – ein räumliches<br />
„Sehen“ zu ermöglichen. Mit zehn<br />
Bil<strong>der</strong>n pro Sekunde wer<strong>den</strong> auch bei<br />
Hochgeschwindigkeitsfahrten bis 330<br />
km/h verlässlich Blicke auf <strong>den</strong> Fahrdraht<br />
ermöglicht. Beson<strong>der</strong>s schwierig ist es, dass<br />
das von zwei Computern gesteuerte System<br />
wirklich nur bei Hin<strong>der</strong>nissen Alarm<br />
schlägt und sich nicht von Bauteilen <strong>der</strong><br />
Oberleitung irritieren lässt. Zu diesem<br />
Zweck ist <strong>der</strong> Computer mit Informationen<br />
gefüttert, wie die typischen<br />
Dr. Bernhard Sarnes, DB Systemtechnik:<br />
„Wenn es Schä<strong>den</strong> an <strong>der</strong> Oberleitung gibt, dann steht <strong>der</strong> Verkehr still.“<br />
Oberleitungs-Komponenten aussehen.<br />
Mit diesem „Wissen“ überblickt das<br />
System <strong>den</strong> Raum, <strong>den</strong> <strong>der</strong> Stromabnehmer<br />
durchfährt – und schlägt nur<br />
Alarm, wenn dann plötzlich ein frem<strong>der</strong><br />
Eindruck ins Bild kommt.<br />
Entwickelt wur<strong>den</strong> da<strong>für</strong> zwei Hin<strong>der</strong>niserkennungsalgorithmen.<br />
Der eine ist auf<br />
kleine, am Fahrdraht hängende Hin<strong>der</strong>nisse<br />
geeicht, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e auf größere<br />
wie etwa Äste, die <strong>der</strong> Wind in die<br />
Oberleitung geweht hat. Natürlich bleiben<br />
Unwägbarkeiten. Sarnes: „Die Qualität <strong>der</strong><br />
Erkennung <strong>der</strong> Hin<strong>der</strong>nisse ist abhängig<br />
vom Wetter.“ Bei blauem Himmel o<strong>der</strong> bei<br />
Kumuluswolken liegt die Erkennungsrate<br />
bei 90 Prozent, doch mit <strong>der</strong> Sonne im<br />
Rücken lediglich bei ca. 80 Prozent. bt<br />
27<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
aktuellll<br />
28<br />
SICHERHEIT<br />
Auf einer Teststrecke in Polen produzieren<br />
Europas <strong>Bahn</strong>en Crashs nach Fahrplan.<br />
Die jüngsten Proban<strong>den</strong>: Die Kopfstrukturen<br />
einer Straßenbahn und einer<br />
Regional-Stadtbahn (auch als Tram-Train<br />
bezeichnet), wie sie auch auf DB-Schienen<br />
fahren. Einer <strong>der</strong> Mit-Initiatoren <strong>der</strong><br />
Crash-Tests ist die DB Systemtechnik.<br />
Hinter <strong>den</strong> Versuchen steht das EU-Projekt<br />
„SAFETRAM“ – mit <strong>der</strong> Absicht,<br />
Leichttriebwagen, Stadt- und Straßenbahnen<br />
bei Kollisionen noch sicherer zu<br />
machen.<br />
Projektleiter Wilfried Wolter: „Um es<br />
ganz klar zu sagen, wir schließen mit diesem<br />
Vorhaben nicht etwa eine Sicherheitslücke<br />
im System <strong>Bahn</strong>.Was wir in diesem<br />
Projekt suchen, ist gewissermaßen eine<br />
,Sicherheit plus‘ nun auch <strong>für</strong> die leichten<br />
Fahrzeuge des Stadt- und Regionalverkehrs."<br />
Es ist eine zusätzliche Sicherheit<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> statistisch nachweisbar sehr seltenen<br />
Fall, dass auf Grund einer Verkettung von<br />
unglücklichen Umstän<strong>den</strong> das vorhan<strong>den</strong>e<br />
Sicherheitssystem versagt. Das EU/UIC-<br />
Vorgängerprojekt „SAFETRAIN“ hatte<br />
die technischen Grundlagen bereits <strong>für</strong><br />
Triebfahrzeuge, Triebzüge und Reisezugwagen<br />
geschaffen.<br />
Sicherheit<br />
plus<br />
mit <strong>der</strong><br />
Knautschzone<br />
Wolter: „Unsere Sicherheitsphilosophie<br />
baut auf <strong>der</strong> aktiven Sicherheit<br />
auf. Darunter verstehen wir, dass wir durch<br />
eine Reihe von Maßnahmen, speziell durch<br />
die Leit- und Betriebstechnik, <strong>den</strong> Zugbetrieb<br />
so lenken, dass es gar nicht zu<br />
Kollisionen kommen kann.“ Hans Peter<br />
Lang von <strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik ergänzt: „Unser System ist<br />
sicher, doch jedes technische System hat ein<br />
Restrisiko. Auch wenn dieses minimal<br />
ist, wollen wir dieses Risiko weiter minimieren.“<br />
Bislang wur<strong>den</strong> die Sicherheitsrisiken<br />
des Systems <strong>Bahn</strong> ausschließlich deterministisch<br />
bewertet. Das heißt, es wurde untersucht,<br />
ob die Einhaltung von Grenzwerten<br />
– z.B. Mindestfestigkeitswerte o<strong>der</strong><br />
Maximalströme –, die aus Erfahrung und<br />
Versuchen gewonnen wur<strong>den</strong>, <strong>für</strong> die<br />
Risiko-Beherrschung ausreichen. Zusätzlich,<br />
das heißt darauf aufbauend, betreibt die<br />
<strong>Bahn</strong> auch Risikoanalysen, bei <strong>den</strong>en mit<br />
einem „Probabilistischen Ansatz“ mit Hilfe<br />
von Wahrscheinlichkeitsrechnungen das<br />
Risiko eines Systems abgeschätzt wird.<br />
Lang: „Das wird beson<strong>der</strong>s wichtig<br />
beim Einsatz neuer Werkstoffe, neuer Technologien<br />
o<strong>der</strong> neuer Betriebsweisen. Das<br />
Eisenbahn-Bundesamt besteht auch hier<br />
auf <strong>der</strong> Einhaltung des Regelwerks bzw. auf<br />
dem ‚Nachweis gleicher Sicherheit‘. Das<br />
kann etwa durch neue Instandhaltungsregeln<br />
realisiert wer<strong>den</strong>, aber auch<br />
durch betriebliche Maßnahmen o<strong>der</strong> durch<br />
zusätzliche Diagnosen. Für eine Abwägung
Die Sicherheitsphilosophie des Schienenverkehrs setzt auf „aktive<br />
Sicherheit“: Durch Regeln, spezielle Verfahren und nicht zuletzt<br />
durch die hoch entwickelte Leit- und Sicherungstechnik sollen<br />
Unfälle von vornherein – aktiv eben – ausgeschlossen wer<strong>den</strong>.<br />
Das Beispiel <strong>Bahn</strong>übergang zeigt dies anschaulich: Der herannahende<br />
Zug löst das Ampelsignal und die Halbschranke aus. Wenn<br />
er die Straße kreuzt, müssen theoretisch alle Straßenverkehrsteilnehmer<br />
in sicherem Abstand die Zugfahrt abwarten. Dass es<br />
betrieblich und wirtschaftlich sinnvoller<br />
Maßnahmen kann man die Methode <strong>der</strong><br />
Risikoanalyse nutzen.“<br />
Das Projekt SAFETRAM will geeignete<br />
Maßnahmen erarbeiten, die die Folgen<br />
von Kollisionen nun auch in <strong>den</strong> leichten<br />
Nahverkehrsfahrzeugen mil<strong>der</strong>n. Wolter:<br />
„Hierbei handelt es sich um einen typischen<br />
Fall <strong>der</strong> passiven Sicherheit – also um<br />
Schutzmaßnahmen, wenn es dann doch<br />
einen Unfall gegeben hat.“ Dabei geht es in<br />
<strong>den</strong> seltensten Fällen um Zusammenstöße<br />
von Schienenfahrzeugen. Häufiger sind<br />
Kollisionen im täglichen Betrieb mit<br />
Hin<strong>der</strong>nissen auf dem Gleis. Das können<br />
umgestürzte Bäume nach einem Unwetter<br />
sein o<strong>der</strong> Zusammenstöße mit Straßenfahrzeugen<br />
auf <strong>Bahn</strong>übergängen.<br />
Wolter: „Beson<strong>der</strong>s die <strong>Bahn</strong>übergangsunfälle<br />
sind ein typisches Beispiel <strong>für</strong><br />
die Unwägbarkeiten eines technischen Sy-<br />
stems. Die Sicherheit ist bereits durch die<br />
Verkehrsregeln gegeben. Wür<strong>den</strong> sich alle<br />
Verkehrsteilnehmer strikt daran halten,<br />
könnte es überhaupt keine <strong>Bahn</strong>übergangsunfälle<br />
geben. Hier zeigt sich deutlich, wie<br />
wir durch <strong>den</strong> Ausbau <strong>der</strong> Kollisionssicherheit<br />
ein Restrisiko weiter minimieren."<br />
Wilfried Wolter, Projektleiter SAFETRAM<br />
„Durch Ausbau <strong>der</strong> Kollisionssicherheit<br />
ein Restrisiko weiter minimieren.“<br />
ein Restrisiko gibt, lehrt die Lebenserfahrung: Verkettung<br />
unglücklicher Umstände, technisches wie menschliches Versagen<br />
sind typische Ursachen gerade auch <strong>für</strong> <strong>Bahn</strong>übergangsunfälle.<br />
Zusätzliche „passive Sicherheit“ kann dann möglicherweise<br />
Folgen mil<strong>der</strong>n. So wollen Europas <strong>Bahn</strong>en insbeson<strong>der</strong>e leichte<br />
Regionaltriebwagen, aber auch Stadt- und Straßenbahnen mit<br />
Kollisionsschutz ausstatten – und unternehmen da<strong>für</strong> Crash-Tests<br />
(Bild unten).<br />
Das Projekt SAFETRAM hat dabei,<br />
ebenso wie ehemals SAFETRAIN, eine<br />
grundsätzliche Zielrichtung: Es geht um<br />
die Schaffung von vorausbestimmten Verformungszonen.<br />
An <strong>den</strong> Fahrzeug-<br />
En<strong>den</strong>, die von einer Kollision betroffen<br />
sind, soll im Fall <strong>der</strong> Straßenbahn <strong>der</strong><br />
Führerstand möglichst unbeschädigt bleiben<br />
und bei <strong>der</strong> Regional-Stadtbahn nur<br />
partiell verformt wer<strong>den</strong>. Für Straßenbahnen<br />
wer<strong>den</strong> zur Umwandlung <strong>der</strong><br />
Kollisionsenergie daher sogenannte<br />
Crashmodule verwendet, die vor <strong>der</strong><br />
Fahrerkabine angeordnet sind. Regional-<br />
Stadtbahnen müssen im Kollisionsfall mit<br />
80-Tonnen-Eisenbahnfahrzeugen sogar<br />
mit <strong>der</strong>en Seitenpuffern o<strong>der</strong> Mittelpufferkupplungen<br />
fertig wer<strong>den</strong>. Wegen<br />
<strong>der</strong> hohen Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />
Energieumwandlung müssen hier die<br />
Fahrzeugen<strong>den</strong> in die kontrollierte Verformung<br />
einbezogen wer<strong>den</strong> – selbstverständlich<br />
unter Gewährleistung <strong>der</strong><br />
Sicherheit <strong>für</strong> <strong>den</strong> Fahrer. Ein integrierter<br />
Aufkletterschutz verhin<strong>der</strong>t außerdem<br />
das vertikale Ausbrechen eines <strong>der</strong> kollidieren<strong>den</strong><br />
Fahrzeuge. Das führt heute oft<br />
noch zur Entgleisung. Bemerkenswert ist,<br />
dass die in SAFETRAM entwickelten<br />
technischen Lösungen grundsätzlich auch<br />
auf an<strong>der</strong>e kollisionssichere Eisenbahnfahrzeuge<br />
anwendbar sind.<br />
Zusätzliche Sicherheit ist nicht zum<br />
Nulltarif erhältlich.Wolter: „Wir sind im<br />
engen Kontakt mit <strong>der</strong> Industrie, um mit<br />
angemessenen technischen Lösungen ein<br />
Optimum an Sicherheit zu erreichen. Die<br />
technischen Ansätze sind durchaus vielversprechend.“<br />
Entsprechend konsequent<br />
handeln die operativen Geschäftsbereiche<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>: Verstärkt schreiben sie bei<br />
neuen Fahrzeugen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
passiven Sicherheit in die Lastenhefte. bt<br />
29<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
aktuellll<br />
30<br />
DIENSTLEISTUNG<br />
NeiTech in Kroatien<br />
Das Know-how, die Prüf- und<br />
Diagnoseeinrichtungen sowie die<br />
Prüffahrzeuge <strong>der</strong> DB Systemtechnik<br />
wer<strong>den</strong> immer wie<strong>der</strong> auch von an<strong>der</strong>en<br />
<strong>Bahn</strong>en genutzt. Ein typischer und<br />
aktueller Fall <strong>für</strong> so ein Drittgeschäft: Die<br />
Staatsbahn von Kroatien hat angefragt, ob<br />
sie <strong>den</strong> Messzug VT 612.9 im kommen<strong>den</strong><br />
Jahr auf ihrem Netz einsetzen kann.<br />
Dieses aus dem Serien-Neigetriebzug <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Regionalverkehr entwickelte<br />
NeiTech mit<br />
Messtechnik: Der<br />
VT 612.9 steht<br />
vor einem<br />
Auslandseinsatz.<br />
Fahrzeug prüft normalerweise im DB-<br />
Netz regelmäßig alle von NeiTech-<br />
Zügen befahrenen Strecken. Dabei zeichnen<br />
Rechner vielfältige Signale <strong>der</strong><br />
Messradsätze und <strong>der</strong> Beschleunigungssensoren<br />
auf, die bei <strong>der</strong> schnellen<br />
Bogenfahrt zwischen Rad und Schiene<br />
entstehen bzw. die Fahrzeugkomponenten<br />
beanspruchen. So lassen sich<br />
Verschleiß und Fehler im Fahrweg frühzeitig<br />
aufspüren (siehe auch bahntech<br />
2/2003). Die <strong>Bahn</strong> in Kroatien will selbst<br />
Neigetechnikfahrzeuge <strong>der</strong> Baureihe 612<br />
einsetzen. Da<strong>für</strong> soll zunächst einmal mit<br />
Hilfe des Messzugs festgestellt wer<strong>den</strong>,<br />
welche Belastungen die ausgewählten<br />
Strecken hervorrufen. Insgesamt geht es<br />
um eine Strecke von 100 Kilometern. Die<br />
Von <strong>der</strong> Invention<br />
zur Innovation<br />
<strong>Bahn</strong>technik-Gipfel in<br />
Schottland: Zum World<br />
Congress of Railway<br />
Research (WCRR) in<br />
Edinburgh trafen sich 700<br />
Fachleute aus über 30<br />
Län<strong>der</strong>n vor einigen Wochen<br />
zum Erfahrungsaustausch.<br />
Joachim Mayer, Mitglied im<br />
internationalen Organisationskomitee<br />
und einer <strong>der</strong><br />
geschäftlichen Einzelheiten des Einsatzes<br />
des Testzugs und seines Teams wer<strong>den</strong><br />
noch geregelt – auf höchster Ebene zwischen<br />
<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>-Chefs. bt<br />
Geschäftsführer <strong>der</strong> DB<br />
Systemtechnik, war dabei. Er<br />
beobachtete nach einer mehrjährigen,<br />
eher euphorischen<br />
Stimmung über die Renaissance<br />
<strong>der</strong> Eisenbahn eine<br />
gewisse Ernüchterung – und<br />
findet das gut so: „Die<br />
Aufbruchstimmung <strong>der</strong><br />
Liberalisierung ist bei vielen<br />
<strong>Bahn</strong>en vorbei, da<strong>für</strong> setzt sich
FORSCHUNG<br />
Harte Köpfe <strong>für</strong><br />
High Speed Gleisbau<br />
Die anspruchsvollen Betriebsprogramme<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> for<strong>der</strong>n Höchstleistungen<br />
von Rad und Schiene. Auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach Möglichkeiten, Schienenschä<strong>den</strong><br />
und Wartungsaufwand insbeson<strong>der</strong>e auf<br />
<strong>den</strong> Hochgeschwindigkeitsstrecken zu<br />
vermin<strong>der</strong>n, führten die Werkstoffexperten<br />
<strong>der</strong> DB Systemtechnik in<br />
Bran<strong>den</strong>burg-Kirchmöser gemeinsam<br />
mit dem österreichischen Schienenhersteller<br />
Voestalpine Schienen GmbH<br />
einen bemerkenswerten Versuch durch.<br />
Auf <strong>der</strong> Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
Hannover – Würzburg und auf <strong>der</strong> mit<br />
200 km/h befahrenen Schnellstrecke<br />
München – Augsburg wur<strong>den</strong> in einem<br />
dreijährigen Vergleich herkömmliche<br />
Schienen mit einem neuen Produkt des<br />
österreichischen Herstellers verglichen –<br />
mit HSH-Schienen, <strong>der</strong>en Köpfe in<br />
einem Spezialverfahren beson<strong>der</strong>s gehär-<br />
jetzt nüchterner Pragmatismus<br />
durch. Ganz generell<br />
lässt sich sagen, dass die<br />
Entwicklung völlig neuer<br />
technischer Lösungen eher<br />
zur Ran<strong>der</strong>scheinung gewor<strong>den</strong><br />
ist. Ich sehe einen Wandel<br />
von <strong>der</strong> Invention zur<br />
Innovation.“<br />
So setzen Mayer zufolge in<br />
vielen Län<strong>der</strong>n die <strong>Bahn</strong>-<br />
tet wer<strong>den</strong>. Rene Hey<strong>der</strong>, Experte <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Rad/Schiene-Kontakt aus Kirchmöser,<br />
fasst das Ergebnis des Versuchs<br />
zusammen: „Verschleiß, Riffelbildung<br />
und Risse sind bei herkömmlichen<br />
Schienen zwei bis drei Mal so hoch wie<br />
bei <strong>der</strong> HSH-Schiene. Unter Berücksichtigung<br />
einer entsprechen<strong>den</strong> Instandhaltungsstrategie<br />
lässt sich mit diesem<br />
Produkt auch eine deutlich längere<br />
Liegedauer erwarten. Zudem sinkt <strong>der</strong><br />
Aufwand <strong>für</strong> die Schienenbearbeitung,<br />
weil die Bearbeitungsintervalle größer<br />
wer<strong>den</strong>.“<br />
Das Produkt aus dem Schienenwerk<br />
in Leoben-Donawitz in Österreich wird<br />
seit Jahren von vielen <strong>Bahn</strong>en vor allem<br />
auf Strecken mit Schwerlastverkehr eingesetzt<br />
– so auch bei <strong>der</strong> DB. Bis jetzt<br />
aber war das Produkt vorwiegend <strong>für</strong> verschleißintensive<br />
enge Bogenradien vorge-<br />
betreiber sehr stark auf die<br />
konsequente Weiterentwicklung<br />
bisheriger Technologien,<br />
statt ständig das Rad neu<br />
erfin<strong>den</strong> zu wollen. Mayer:<br />
„Das Gebot <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
gewinnt überall an<br />
Gewicht.“ Insbeson<strong>der</strong>e die<br />
am freien Markt operieren<strong>den</strong><br />
<strong>Bahn</strong>betreiber seien zunächst<br />
an <strong>der</strong> Optimierung und <strong>der</strong><br />
Zuverlässigkeit ihres Betriebs<br />
interessiert. Vielfach gehe es<br />
<strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>en bei <strong>Technik</strong>-<br />
Innovationen um Ausschöpfung<br />
<strong>der</strong> Kapazitätsreserven<br />
und Erhöhung ihrer Produktivität.<br />
Zunehmend gebe es<br />
auch weltweit intelligente<br />
Ansätze, die Leistungsfähigkeit<br />
von Strecken o<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>-<br />
<strong>für</strong> Schnellfahrstrecken: die kopfgehärtete Schiene als<br />
mögliche Alternative zum Klassiker UIC 60<br />
knoten über <strong>Technik</strong> und<br />
auch entsprechende Organisation<br />
zu erhöhen.<br />
Bei diesen Prozessen sei<br />
das alte Eisenbahnland Europa<br />
nicht unbedingt in einer<br />
Vorreiterrolle, stellt Mayer<br />
fest. „Das Zusammenspiel <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong>en und <strong>der</strong> <strong>für</strong> sie tätigen<br />
Hersteller ist offensichtlich<br />
noch nicht ausgereift. Es gibt<br />
zwar langfristige Visionen und<br />
Reaktionen auf unmittelbare<br />
Tagesprobleme, aber noch<br />
wenig wirklich strategische<br />
Ansätze. Und da gibt es reichlich<br />
Probleme: Die Finanzierung,<br />
fehlende politische<br />
Unterstützung, Konflikte zwischen<br />
<strong>Bahn</strong>en und Industrie.<br />
Aber auf an<strong>der</strong>en Konti-<br />
sehen. In einem umfangreichen<br />
Versuchsprogramm wurde dann die<br />
Schiene auf <strong>den</strong> Schnellfahrstrecken<br />
getestet. Mit Hilfe von Profilmessungen<br />
und <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen, zerstörungsfreien<br />
Wirbelstromprüfung wur<strong>den</strong> die Testschienen<br />
über drei Jahre lang auf<br />
Verschleiß, Verriffelung und Oberflächenrissbildung<br />
analysiert und mit<br />
an<strong>der</strong>en Produkten verglichen.<br />
Das Ergebnis war nach Ansicht <strong>der</strong><br />
Experten eindeutig. Während Schienen<br />
<strong>der</strong> naturharten Güteklassen Schädigungstiefen<br />
bis drei Millimeter aufwiesen,<br />
zeigte die HSH-Schiene gerade einmal<br />
Risse von 0,5 Millimetern Tiefe. Das zahlt<br />
sich beim Schienenschleifen aus. Bei <strong>den</strong><br />
kopfgehärteten Schienen waren die<br />
Schleifzüge viel schneller – also mit weniger<br />
Schleif-Aufwand – damit fertig, Risse<br />
und Riffel zu beseitigen. bt<br />
nenten, z. B. in Asien, ist eine<br />
deutliche Konsolidierung <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong>en und <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>technik<br />
zu sehen. Davon können alle<br />
profitieren.“<br />
Der nächste WCRR-<br />
Kongress findet in drei Jahren<br />
statt, erstmals seit langer Zeit<br />
wie<strong>der</strong> in Nordamerika, in<br />
<strong>der</strong> kanadischen Metropole<br />
Montreal. Mayer: „Das wird<br />
sicher eine interessante<br />
Veranstaltung über die unternehmerischen<br />
Fortschritte<br />
<strong>der</strong> amerikanischen <strong>Bahn</strong>en,<br />
die traditionsgemäß ihren<br />
Schwerpunkt im Güterverkehr<br />
haben, aber jetzt in<br />
dicht besiedelten Gebieten<br />
wie<strong>der</strong> zunehmend Personenverkehr<br />
betreiben.“ bt<br />
31<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
hinterrggrrund<br />
32<br />
RECHT<br />
Reform <strong>der</strong> Regeln<br />
Auf dem Reformweg <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ist eine Aufgabe noch unerledigt: Die<br />
Reform <strong>der</strong> technischen Regelwerke. Immer noch ist <strong>der</strong> DB-Konzern<br />
mit <strong>der</strong> teuren Aufgabe belastet, weitgehend in eigener Regie die<br />
Bestimmungen <strong>für</strong> einen reibungslosen <strong>Bahn</strong>betrieb aufzustellen. Ein<br />
Relikt aus <strong>der</strong> Behör<strong>den</strong>zeit <strong>der</strong> alten Bundesbahn – keine Aufgabe <strong>für</strong><br />
ein normales Wirtschaftsunternehmen. Die <strong>Bahn</strong> sinnt auf Abhilfe.<br />
Gesetze, Verordnungen,<br />
Normen national und europaweit,<br />
technische Spezifikationen,<br />
Richtlinien, Abkommen,<br />
Lieferbedingungen,<br />
Dienstvorschriften – bis in die<br />
letzten Details sind die<br />
Vorgaben und Abläufe des<br />
<strong>Bahn</strong>betriebs technisch definiert.<br />
„Es gibt Abertausende<br />
von Normen, da hat niemand<br />
mehr <strong>den</strong> Überblick“, erklärt<br />
Dr. Rainer Schmidberger,<br />
Chef <strong>der</strong> DB Systemtechnik,<br />
im Gespräch mit bahntech.<br />
Und doch seien die Regeln<br />
we<strong>der</strong> überflüssig noch obsolet:<br />
„Die technischen<br />
Regelwerke sind das Wissen<br />
<strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>. Sie konservieren das<br />
gesamte Know-how und sind<br />
damit die Basis <strong>für</strong> die<br />
Weiterentwicklung des<br />
Gesamtsystems.“<br />
Doch aus <strong>der</strong> Sicht des<br />
<strong>Bahn</strong>konzerns stellt sich ein<br />
schwer wiegendes Problem,<br />
erläutert Schmidberger: „Die<br />
Pflege des Regelwerks ist<br />
immens aufwändig. Sie bindet<br />
in hohem Maße Personal, vor<br />
allem auf <strong>der</strong> technischen<br />
Ebene, aber natürlich auch bei<br />
<strong>den</strong> Juristen. Unser Problem<br />
ist, dass wir das als<br />
Unternehmen, das im harten<br />
Wettbewerb <strong>der</strong> Verkehrsträger<br />
steht, gar nicht mehr<br />
leisten können. Und wir wollen<br />
es auch nicht: Keine<br />
Fluggesellschaft, kein Spediteur<br />
käme auf die Idee, sich<br />
mit <strong>den</strong> grundsätzlichen technisch-juristischenRahmenbedingungen<br />
seines Geschäftes<br />
auseinan<strong>der</strong> zu setzen.“<br />
Bei <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong> ist das bisher<br />
an<strong>der</strong>s – historisch gewachsen.<br />
Die <strong>Deutsche</strong> Bundesbahn<br />
war eine staatliche<br />
Behörde, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
weitgehend Regelungs- und<br />
Aufsichtsfunktionen zugewiesen<br />
hatte. Mit <strong>der</strong> Schaffung<br />
<strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
mussten neue Wege gefun<strong>den</strong><br />
wer<strong>den</strong>. Das führte beispielsweise<br />
zur Gründung des<br />
Eisenbahn-Bundesamts, das<br />
nunmehr die technische<br />
Aufsicht über <strong>den</strong> <strong>Bahn</strong>betrieb<br />
in Deutschland innehat.<br />
Bei <strong>den</strong> Regelwerken<br />
indes funktionierte das nicht –<br />
Typische DB-<br />
Werknorm: Grundsatz-<br />
Entscheidung <strong>für</strong> die<br />
Schiene UIC 60.
wohl auch deshalb, weil das<br />
Thema sehr komplex ist.<br />
Schmidberger: „Der wesentliche<br />
Unterschied zu <strong>den</strong> alten<br />
Bundesbahn-Zeiten ist doch,<br />
dass wir heute <strong>den</strong> Wettbewerb<br />
auf Schienen haben.<br />
Früher galten die technischen<br />
Regelwerke nur <strong>für</strong> uns, also<br />
<strong>für</strong> die Staatsbahn. Heute<br />
müssen sich aber auch unsere<br />
Wettbewerber an die<br />
Normen halten. Es wird<br />
ihnen auf die Dauer<br />
kaum gefallen, sich<br />
von uns alles vorschreiben<br />
zu lassen.<br />
Ich <strong>den</strong>ke, wir<br />
brauchen nicht<br />
nur aus Kostengrün<strong>den</strong><br />
eine<br />
neutrale Instanz,<br />
die sich <strong>der</strong> Fortschreibung<br />
<strong>der</strong><br />
Regelwerke annimmt.“<br />
In einem<br />
Strategieprojekt<br />
wird die DB<br />
Systemtechnik konkrete Empfehlungen<br />
ausarbeiten, wie<br />
die Schritte zum weiteren<br />
Umgang mit <strong>den</strong> technischen<br />
Regelwerken aussehen sollen.<br />
Als Ausgangsmodell <strong>für</strong> die<br />
Überlegungen zeichnet <strong>der</strong><br />
Chef <strong>der</strong> DB Systemtechnik<br />
das Bild einer Pyramide. Basis<br />
<strong>der</strong> Pyramide – und damit<br />
aller technischen Regeln –<br />
sind Gesetze und Verordnungen;<br />
gemeint sind<br />
nicht nur nationale Vorschriften,<br />
son<strong>der</strong>n verstärkt<br />
auch die Regelungen <strong>der</strong><br />
Europäischen Union.<br />
Die nächste Stufe <strong>der</strong><br />
Pyramide umfasst die Industriestandards,<br />
die übergreifend<br />
<strong>für</strong> alle technischen<br />
Abläufe in unserer Gesellschaft<br />
gelten. Die bekanntesten<br />
davon sind die DIN-,<br />
ISO- und Euro-Normen.<br />
Erst in <strong>der</strong> Pyrami<strong>den</strong>-<br />
Stufe darüber wird es bahnspezifisch<br />
mit <strong>der</strong> Fülle <strong>der</strong><br />
Standards, wie international<br />
gelten<strong>den</strong> Richtlinien und<br />
technischen Merkblättern des<br />
Internationalen Eisenbahnverbandes<br />
UIC, aber auch<br />
spezieller multilateraler Abkommen<br />
zur Regelung des<br />
<strong>Bahn</strong>verkehrs. Hierzu zählen<br />
auch die von <strong>der</strong> EU forcierten<br />
Technischen Spezifikationen<br />
Interoperabilität,<br />
mit <strong>den</strong>en die Gemeinschaft<br />
gesetzesverbindlich die Vielfalt<br />
<strong>der</strong> nationalen <strong>Bahn</strong>techniken<br />
gegen supranationale Systeme<br />
austauschen will. Die Spitze<br />
<strong>der</strong> Pyramide schließlich ist<br />
<strong>der</strong> Platz <strong>für</strong> die ausschließlich<br />
internen „Werksnormen“ <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong>.<br />
Nur noch <strong>für</strong> diese internen<br />
Vorschriften will Schmid-<br />
Werksnormen<br />
<strong>Bahn</strong>spezifische Normen<br />
(<strong>Bahn</strong>standards)<br />
Allgemeine Normen<br />
(Industriestandards)<br />
Nationale und internationale<br />
Gesetze und Normen<br />
Dr. Rainer Schmidberger, Chef <strong>der</strong> DB Systemtechnik:<br />
„Unseren Wettbewerbern wird es auf Dauer kaum<br />
gefallen, sich von uns alles vorschreiben zu lassen.“<br />
berger künftig im Unternehmen<br />
die Regelungskompetenz<br />
sehen. Heute ist die <strong>Bahn</strong><br />
sehr stark auch in <strong>der</strong> Ebene<br />
darunter in die Entwicklungsund<br />
Gestaltungsprozesse eingebun<strong>den</strong>.<br />
Aus diesem Geschäft<br />
will sie sich<br />
zurück ziehen,<br />
muss es nach<br />
ihrem Selbstverständnis<br />
von einem<br />
„ganz normalen<br />
Unternehmen“<br />
Regelungsbedarf<br />
Kunststoff-<br />
Bremssohle: Welche<br />
Auswirkungen darf<br />
<strong>der</strong> Abrieb beim<br />
Bremsen aufs<br />
Gesamtsystem<br />
haben?<br />
Vision: So soll<br />
das künftige<br />
Regelwerk<br />
aufgebaut<br />
sein.<br />
auch. „Da geht es ja gerade<br />
um die übergreifen<strong>den</strong><br />
Regelungen, an <strong>der</strong>en Formulierung<br />
wir als Wettbewerber<br />
im Markt eigentlich<br />
nicht länger teilnehmen können“,<br />
erklärt Schmidberger.<br />
Was das aus Sicht <strong>der</strong><br />
<strong>Bahn</strong> bedeutet, macht er an<br />
einem einfachen Beispiel<br />
deutlich. Die langfristige<br />
Strategie des DB- Konzerns<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> Fahrweg<br />
sieht vor, künftig im<br />
gesamten Netz nur<br />
eine einzige<br />
Schienen-Qualität<br />
zu verwen<strong>den</strong>:<br />
die Schienen <strong>der</strong><br />
Bauart UIC 60.<br />
Das ist eine<br />
schwere Schiene,<br />
die hohen Belastungen<br />
stand hält<br />
und damit auf allen<br />
hoch frequen-<br />
tierten Strecken<br />
die wirtschaftlich<br />
vernünftigste<br />
Lösung darstellt.Auf verkehrsschwächeren<br />
Strecken ist dieser<br />
Standard etwas überdimensioniert;<br />
es könnten auch<br />
leichtere Schienen-Qualitäten<br />
verwendet wer<strong>den</strong>. Doch<br />
unternehmensinterne Unter-<br />
33<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
hinterrggrrund<br />
34<br />
RECHT<br />
suchungen haben gezeigt, dass<br />
die Festlegung auf <strong>den</strong> einheitlichen<br />
Standard unter dem<br />
Strich aus Konzernsicht<br />
Aufwand min<strong>der</strong>n hilft und<br />
damit zum Ergebnis beitragen<br />
kann.<br />
Die Festlegung auf die<br />
UIC 60-Schiene wird in eine<br />
typische bahninterne Werksnorm<br />
gefasst. Schmidberger:<br />
„Da steht dann nur noch<br />
drin, dass das Netz bei allen<br />
Schienen-Erneuerungen die-<br />
sen Schienentyp verwen<strong>den</strong><br />
muss. Mehr nicht. Wie etwa<br />
die Geometrie <strong>der</strong> Schiene<br />
technisch auszusehen hat o<strong>der</strong><br />
wie sie metallurgisch beschaffen<br />
sein muss, das regeln wir<br />
nicht intern, son<strong>der</strong>n das<br />
ergibt sich aus <strong>den</strong> übergreifen<strong>den</strong><br />
internationalen Vorschriften,<br />
teils aus <strong>den</strong> bahnspezfischen,<br />
teils aber auch aus<br />
<strong>den</strong> Industriestandards. Das<br />
bringt unseren künftig verbleiben<strong>den</strong>,<br />
eigenen technischen<br />
Regelwerken enorme<br />
Vereinfachungen, die sich<br />
sicher auf <strong>der</strong> Kostenseite<br />
nie<strong>der</strong>schlagen wer<strong>den</strong>.“<br />
Nicht immer müssen auch<br />
übergeordnete Vorschriften<br />
bahnspezifisch geregelt wer<strong>den</strong>.<br />
Auch da gibt es bereits<br />
ein Beispiel aus dem Bereich<br />
Fahrweg: Für <strong>den</strong> Streckenneu-<br />
o<strong>der</strong> -ausbau ist in <strong>der</strong><br />
Auf ausgereifte Standards aus dem<br />
Straßenbau zurückgreifen<br />
Regel Erdbau erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Bisher ist genau in internen<br />
Regelwerken <strong>der</strong> DB festgelegt,<br />
wie dieser auszusehen<br />
hat. „Das ist vollkommen<br />
überflüssig“, meint <strong>der</strong> Chef<br />
<strong>der</strong> Systemtechnik. „Erdbau<br />
betreiben auch an<strong>der</strong>e,<br />
namentlich im Straßenbau.<br />
Da können wir weitestgehend<br />
auf dessen ausgereifte<br />
Standards zurückgreifen.“<br />
Das schaffe nicht nur<br />
Normen-Wust ab, son<strong>der</strong>n<br />
verspreche auch wirtschaftliche<br />
Vorteile: „Wir können<br />
<strong>den</strong> Anbietermarkt ausweiten<br />
und auf typische<br />
Straßenbaufirmen zurückgreifen.<br />
Nicht nur Investitionskosten,<br />
son<strong>der</strong>n auch<br />
Instandhaltungskosten wer<strong>den</strong><br />
sinken, wenn wir auf<br />
Spezialität verzichten und auf<br />
solche Standards setzen.“<br />
Allerdings sei <strong>der</strong> Weg<br />
noch sehr weit und werde<br />
sicher Jahre, wenn nicht Jahrzehnte<br />
in Anspruch nehmen,<br />
warnt Schmidberger. Der<br />
Grund: Es sei äußerst schwierig,<br />
das Normengeflecht so<br />
auseinan<strong>der</strong> zu nehmen, dass<br />
die Trennung zwischen bahnintern<br />
und extern funktioniert.<br />
„Wir wer<strong>den</strong> auch<br />
künftig bei <strong>den</strong> externen<br />
Regelungen mitwirken müssen.<br />
Und das nicht nur, weil<br />
wir das Know-how haben,<br />
son<strong>der</strong>n auch, um Regelungen<br />
zu verhin<strong>der</strong>n, die<br />
nicht sinnvoll sind.“<br />
Letzteres gelte beispielsweise<br />
<strong>für</strong> die TSI-Richtlinien<br />
<strong>der</strong> EU. Da müsse die <strong>Bahn</strong><br />
schon aufpassen, dass ihr nicht<br />
Regelungen übergestülpt<br />
wür<strong>den</strong>, die dann bei ihr<br />
hohen Aufwand in <strong>der</strong><br />
Anpassung <strong>der</strong> technischen<br />
Infrastruktur erfor<strong>der</strong>n. „So<br />
sehr wir eine europäische<br />
Standardisierung begrüßen,<br />
müssen wir doch auch immer<br />
<strong>den</strong> wirtschaftlichen Nutzen<br />
im Blick halten und können<br />
uns nicht mit hohen<br />
Migrationskosten belasten.“<br />
Beispiel Europäische Leitund<br />
Sicherungstechnik<br />
ETCS: Eine Einführung auf<br />
allen Fernstrecken, die zu <strong>den</strong><br />
Transeuropäischen Netzen<br />
zählen, würde rund 1,6 Mrd.<br />
Euro kosten, ohne in <strong>den</strong><br />
nächsten Jahren <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong><br />
wirtschaftliche Vorteile zu<br />
bringen.<br />
Ein weiteres Beispiel:<br />
Sollte die EU das Umweltrecht,<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>den</strong><br />
Schallschutz, verschärfen,<br />
kämen Milliar<strong>den</strong>-Investitionen<br />
auf die DB zu – 2 Mrd.
Papier, Papier,<br />
Papier: Für die<br />
Informationsverarbeitung<br />
<strong>der</strong><br />
vielen Regelwerke<br />
braucht die <strong>Bahn</strong><br />
Gabelstapler,<br />
Transportkisten<br />
und Computer<br />
Euro <strong>für</strong> unmittelbaren<br />
Schallschutz, 2,5 Mrd. Euro<br />
zur Installation akustisch optimierterHochgeschwindigkeitsoberleitungenbeispielsweise.<br />
Fachkenntnis ist aber auch<br />
in übergeordneten technischen<br />
Detailfragen notwendig.<br />
Beispielsweise ist die<br />
Güterverkehrstochter Railion<br />
dazu übergegangen, <strong>den</strong><br />
Güterwagenpark mit Kunststoff-Bremssohlenauszurüsten,<br />
weil diese langlebiger als<br />
bisherige Grauguss-Klotzbremsen<br />
sind und zudem die<br />
Radoberflächen weniger angreifen<br />
und so <strong>den</strong> Schall<br />
min<strong>der</strong>n helfen. Schmidberger:<br />
„Hinter einer solchen<br />
Umrüstung stehen komplexe<br />
Fragen. Insbeson<strong>der</strong>e muss<br />
untersucht wer<strong>den</strong>, ob <strong>der</strong><br />
Kunststoffabrieb, <strong>der</strong> beim<br />
Bremsen anfällt, nicht Auswirkungen<br />
auf die im Gleis<br />
liegende Signaltechnk hat.<br />
Bevor ein Regelwerk erstellt<br />
wird, sind zuweilen umfangreiche<br />
Forschungsaktivitäten<br />
erfor<strong>der</strong>lich. Das ist es ja, was<br />
die Betreuung <strong>der</strong> techni-<br />
schen Regelwerke so teuer<br />
macht.“<br />
Als übergeordnete Instanz<br />
<strong>für</strong> die künftige übergeordnete<br />
Regelwerk-Arbeit bietet<br />
sich nach <strong>Bahn</strong>-Einschätzung<br />
<strong>der</strong> Verband <strong>Deutsche</strong>r<br />
Verkehrsunternehmen (VDV)<br />
an, <strong>der</strong> auch schon die<br />
Bereitschaft signalisiert hat.<br />
Nur: Die Kosten dieser<br />
Aufgabe kann das Gremium<br />
nahezu aller <strong>Bahn</strong>unternehmen<br />
in Deutschland keinesfalls<br />
aus <strong>den</strong> Verbandsbeiträgen<br />
tragen. Das EBA<br />
hat bereits Unterstützung zu<br />
<strong>den</strong> Plänen <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Bahn</strong> signalisiert, die<br />
Verantwortung <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Normierungsprozess neu zu<br />
regeln. Doch, so<br />
Schmidberger, „es gibt noch<br />
Werksnormen<br />
<strong>Bahn</strong>spezifische<br />
Normen<br />
(<strong>Bahn</strong>standards)<br />
Allgemeine<br />
Normen<br />
(Industrie-<br />
Standards)<br />
DB<br />
und die Industrie im<br />
geringen Umfang<br />
DB<br />
und an<strong>der</strong>e <strong>Bahn</strong>en,<br />
Netzbetreiber und die<br />
Industrie<br />
jede Menge offene Fragen“.<br />
Auch <strong>der</strong> Blick in die<br />
Luftfahrt helfe nur bedingt:<br />
Dort ist das Bundesluftfahrtamt<br />
die nationale Regelungsinstanz,<br />
doch an<strong>der</strong>s als<br />
die <strong>Bahn</strong> waren die Fluggesellschaften<br />
nie hoheitlich<br />
eigenverantwortlich <strong>für</strong> die<br />
allgemeinen flugtechnischen<br />
Normen aktiv.<br />
Für die DB ist eine vernünftige<br />
Lösung dieses<br />
Fragenkomplexes lebenswichtig,<br />
weil entschei<strong>den</strong>de<br />
Wettbewerbsverzerrungen<br />
abgebaut wer<strong>den</strong>. Schmidberger:<br />
„Neben <strong>der</strong> Sichtung,<br />
Neustrukturierung und<br />
Verringerung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong><br />
Normen geht es auch darum,<br />
Fehler <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>reform abzubauen.“<br />
Verantwortlichkeiten<br />
bisher künftig<br />
DB<br />
DB<br />
und an<strong>der</strong>e <strong>Bahn</strong>en<br />
alle <strong>Bahn</strong>en und<br />
Netzbetreiber<br />
DB<br />
und an<strong>der</strong>e <strong>Bahn</strong>en,<br />
Netzbetreiber und die<br />
Industrie<br />
Ein beson<strong>der</strong>s eklatanter<br />
Fehler stecke in <strong>der</strong><br />
Grundlage <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>reform,<br />
dem Allgemeinen Eisenbahngesetz<br />
(AEG). In § 4 (1) heißt<br />
es: „Die Eisenbahnen sind<br />
verpflichtet, ihren Betrieb<br />
sicher zu führen und die<br />
Eisenbahninfrastruktur, Fahrzeuge<br />
und Zubehör sicher zu<br />
bauen...“<br />
Dieser Text müsse unbedingt<br />
geän<strong>der</strong>t wer<strong>den</strong>, for<strong>der</strong>t<br />
Schmidberger: „Der<br />
Passus ,sicher zu bauen‘ spiegelt<br />
die Rolle <strong>der</strong> Behörde<br />
Bundesbahn wi<strong>der</strong>. Als<br />
Betreiber können wir aber<br />
nicht die Herstellerverantwortung<br />
übernehmen, nur<br />
die <strong>für</strong> <strong>den</strong> sicheren Betrieb.<br />
Hier muss das Regelwerk ganz<br />
oben geän<strong>der</strong>t wer<strong>den</strong>.“ bt<br />
35<br />
bbahnnteechh 33+4|2003
Es gibt viele Gründe,<br />
das Auto auch mal<br />
stehen zu lassen.<br />
Hier die zwei besten.<br />
Einfach einsteigen. Einfach sparen. Mit <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>Card 25 <strong>für</strong> nur 50 Euro (2. Kl.) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn</strong>Card 50 <strong>für</strong> 200 Euro<br />
(2. Kl.). Für Sie heißt das, flexibel reisen und 25% o<strong>der</strong> 50% vom Normalpreis sparen (gilt nicht in allen Verkehrsverbün<strong>den</strong>).<br />
Genaue Bedingungen überall, wo es Fahrkarten gibt, und unter www.bahn.de.