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WA Mozart, F. Mendelssohn Bartholdy, M. Dupré und JS Bach an ...

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Mensch werden<br />

In den letzten Wochen hatte ich das große Glück, in Kolumbien sein zu dürfen. Die<br />

vor-adventliche Stimmung bei mittlerer Hitze war mir fremd, die für unseren Geschmack<br />

kitschige Weihnachtsdekoration war schon gewöhnungsbedürftig. Mit einer<br />

Gruppe pastoraler Mitarbeiter/innen aus dem Bistum besuchten wir nicht nur die Armutsviertel<br />

Bogotas, hörten von Unruhen <strong>und</strong> Kämpfen, Gewalt <strong>und</strong> Bedrohung, wir<br />

hatten auch die große Freude, in viele kleine Projekte zur Beseitigung der ärgsten<br />

Not <strong>und</strong> damit in viele leuchtende Augen sehen zu können.<br />

Mit dem Erzbischof von M<strong>an</strong>izales z.B. besuchten drei „Aachener“ ein armseliges<br />

Haus mitten in der Stadt. Der Erzbischof k<strong>an</strong>nte sich aus <strong>und</strong> ging voraus. Immer<br />

mehr Männer mittleren bis höheren Alters schauten uns neugierig <strong>an</strong> – den Erzbischof<br />

<strong>und</strong> die Leute aus dem fernen Deutschl<strong>an</strong>d. Als wir viele Hände geschüttelt<br />

hatten, wurden wir in einen Raum geführt, der übervoll war mit Männern, die offensichtlich<br />

versuchten, einen richtig guten Eindruck zu machen. Der Erzbischof st<strong>an</strong>d in<br />

ihrer Mitte <strong>und</strong> sprach mit ihnen, ermutigte sie <strong>und</strong> s<strong>an</strong>g <strong>und</strong> betete mit ihnen. Als<br />

einige ihre Geschichte erzählten, wurde mir klar, dass diese Menschen alle eine<br />

fragwürdige Karriere nach unten hinter sich hatten, vom Leiter dieser Einrichtung,<br />

einem ständigen Diakon, von der Straße aufgelesen worden waren. Sie schauten mir<br />

in die Augen voller D<strong>an</strong>kbarkeit – <strong>und</strong> das nur, weil ich aus Aachen komme, dem<br />

„gelobten L<strong>an</strong>d“ <strong>und</strong> weil ich sie besuchte.<br />

Ein M<strong>an</strong>n erzählte, dass er als Sternekoch in den besten Häusern dieser Welt gekocht<br />

hatte, d<strong>an</strong>n durch widrige Umstände seine „Drogenkarriere“ beg<strong>an</strong>n <strong>und</strong> er auf<br />

den dreckigen Straßen von M<strong>an</strong>izales zu enden drohte. D<strong>an</strong>n kam er in dieses Hoffnungshaus.<br />

Nach seinen eigenen Worten, hat er die noblen Küchen dieser Welt eingetauscht<br />

gegen eine g<strong>an</strong>z einfache Küche, die für ihn inzwischen „die beste der<br />

Welt“ ist, wie er erzählte. Ein Neu<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g. Er kocht jetzt für diese 80 ehemals obdachlosen<br />

Männer. Strahlend <strong>und</strong> stolz servierte er uns in Plastikschälchen mit Plastiklöffeln<br />

einen Obstsalat in einer Creme. Den besten Obstsalat, den ich je gegessen habe!<br />

Ich komme jetzt noch ins Schwärmen, wenn ich dar<strong>an</strong> denke.<br />

In dieser Gruppe <strong>und</strong> bei den Lebensgeschichten dieser Menschen wurde mir<br />

schlagartig klar, dass hier Menschwerdung geschieht. Menschen werden von Einzelnen,<br />

die die Spur des Ev<strong>an</strong>geliums aufgenommen haben, aus dem Dreck der Straße<br />

geholt. Sie können ihre Fähigkeiten einbringen, sie „sind wieder jem<strong>an</strong>d“. Sie erfahren<br />

die Hilfe, die sie brauchen, um wieder Würde <strong>und</strong> Menschlichkeit erleben zu können.<br />

Hier passiert Weihnachten. Jeden Tag. Die d<strong>an</strong>kbaren Augen, die uns verabschiedeten,<br />

das „muchos gracias!“ <strong>und</strong> der ehrliche D<strong>an</strong>k dieser Menschen werden<br />

uns noch l<strong>an</strong>ge in Erinnerung bleiben.<br />

Gott wird Mensch, damit wir Menschen sein können. Weihnachten im Hinterhof dieser<br />

Welt. Ich spüre, es ist genau das, was wir in jeder Heiligen Nacht vorlesen.<br />

Der selbstgemachte Rosenkr<strong>an</strong>z in den Farben Kolumbiens, der mir geschenkt wurde,<br />

hat einen Ehrenplatz bekommen.<br />

Frohe Weihnachten <strong>und</strong> ein d<strong>an</strong>kbares Herz – mein Wunsch für uns alle!<br />

3<br />

Uschi Weisgerber

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