4 SCHO’ A BISSERL LEIWANDER ALS BUNDESLIGA <strong>alszeilen</strong> Beim ersten Sommercup des <strong>Wiener</strong> <strong>Sportklub</strong> begrüßen wir heuer neben der spielstarken 1b von MTK Budapest zwei Vereine aus Oberösterreich, die mit dem WSK vieles gemeinsam haben. Alle drei Klubs haben einen guten Ruf, viele Zuschauer und sind seit geraumer Zeit im Unterhaus fernab der Bundesliga „gefangen“. Text: Hannes Biedermann Endlich wird am Sportclubplatz wieder gekickt! Unsere letzte schwarz-weiße Dosis bekamen wir schließlich schon vor langen sieben Wochen verabreicht. Damals strömten zur sportlich ziemlich bedeutungslosen Abschlusspartie der Ostliga gegen den SV Horn 2.196 ZuschauerInnen ins Stadion an der Alszeile. Eine eindrucksvolle Zahl, die, gemessen am Sympathiegrad der heutigen Gegner, eigentlich vervielfacht werden sollte. Neben unseren ungarischen Gästen aus dem gehobenen Mittelfeld der dortigen zweiten Liga besuchen uns zwei Vereine, die in lokalen wie überregionalen Medien gemeinhin als “Kultklubs” bezeichnet werden. Wie auch die Schwarz-Weißen aus Hernals haben sowohl der SK Vorwärts Steyr als auch der FC Blau-Weiss Linz (bzw. sein moralischer Vorgängerverein) schon deutlich bessere Zeiten erlebt, zumindest was die Ligenzugehörigkeit betrifft (Anm.: Vorwärts Steyr spielte 12 Saisonen, der SK Vöest/FC Linz deren 19 in der höchsten österreichischen Spielklasse). Gemeinsam ist den Dreien auch, dass sie sich im Laufe der letzten Jahre jenseits der Bundesliga in den unteren Etagen des Ligensystems eingenistet und etabliert haben. Und man lese und staune: Allen drei Klubs geht es in ihrer gegenwärtigen Umgebung gar nicht schlecht – im Gegenteil. Aus den sehr ähnli- chen Fehlern der Vergangenheit – die Schlagworte lauten Zwangsausgleich, Lizenzentzug, Konkurs und so weiter – wurde gelernt, verantwortungsbewusstes Wirtschaften gilt in den beiden Stahlstädten, wie auch in Hernals, als oberste Prämisse. Der Weg zu dieser Erkenntnis war für alle drei ein schmerzhafter, heute stehen sie dafür umso selbstbewusster da und gelten als Alternativmodelle zu diversen Klubs der zweiten Liga, die oft nicht mehr sind, als das Spielzeug eines einzelnen Mäzens am Selbstverwirklichungstrip. Der SK Vorwärts Steyr ist nach seinem Neuaufbau in der achten(!) Liga ab dem Jahr 2001 diesen Sommer in der Landesliga angekommen, Blau-Weiss Linz und der <strong>Sportklub</strong> bespielen die Regionalliga-Plätze der Republik. Dennoch können alle drei Klubs - vielleicht gerade auf Grund ihrer im Vergleich zu so manchem Sternschnuppen-Verein in der Bundesliga doch seriösen Vereinspolitik – auf großes öffentliches Interesse und dementsprechend überdurchschnittliche Zuschauerzahlen bauen. Die Abschluss-Heimspiele in der abgelaufenen Saison waren bei allen drei Klubs sehr gut besucht: Neben den erwähnten 2.196 in Dornbach konnte Vorwärts zu seiner letzten Fünftliga-Heimpartie fast gleich viele, nämlich 2.100, Fans begrüßen, dem SK Vöest-Nachfolger aus Linz schauten bei seinem Saisonfinale gegen den GAK sogar 4.200 Menschen auf die Beine. Die tollen Zuschauerzahlen manifestierten sich auch in den Durchschnittswerten für die vergangene Saison. Alle drei Klubs wiesen einen Besucherschnitt auf, an den jenseits der Bundesliga sonst nur der Grazer AK und der SV Austria Salzburg herankommen. Doch auch mit Zweitliga-Maßstäben gemessen sind die Zahlen mehr als nur herzeigbar: Gleich sechs Klubs aus der “Greißlerliga” (Udo Huber, 2008) hatten im Vorjahr einen niedrigeren Zuschauerschnitt als der <strong>Sportklub</strong> (1.740) und Vorwärts Steyr (1.654). Auch die durchschnittlich 1.053 BesucherInnen des FC Blau-Weiss Linz würden immerhin noch für den siebten Platz in der Zuschauertabelle der zweiten Liga reichen. Angesichts eines solchen Rückhalts in ihrem jeweiligen Umfeld streben alle drei Vereine natürlich eine “Rückkehr” in die Bundesliga an. Das jedoch nicht vorbehaltlos und an gewisse Kriterien – vornehmlich wirtschaftlicher Natur – geknüpft. Auch für die Bundesliga selbst wäre jeder der drei Klubs eine substanzielle Bereicherung. Denn wenn zum publikumsfeindlichen Freitag, 18 Uhr-Termin das Spiel zwischen dem FC Gratkorn und dem SV Grödig vor 400 Unerschrockenen über die Foto: Bernd Speta (stahlstadt-kollektiv.at) Foto: Jimmy Müller (<strong>Wiener</strong> SK) Premiere-Bildschirme flimmert und damit der Öffentlichkeit eine Persiflage auf eine angebliche Profiliga präsentiert wird, kann das nicht einmal mehr dem Interesse der Bundesliga-Bosse entsprechen, aus denen die beschönigenden PR-Sätzchen sonst nur so heraussprudeln. Doch nicht nur die Quantität auch die Qualität des Anhangs ist in Dornbach, Steyr und Linz eine besondere. Während die Friedhofstribüne national wie international für ihre ungezwungene Form des Supports und ihr gesellschaftspolitisches Engagement geschätzt wird, machen die AnhängerInnen der beiden oberösterreichischen Vereine bei Heim- wie Auswärtsspielen mit aufwändigen Choreographien auf sich aufmerksam und schaffen stets eine Stimmung, die den Stadionbesuch zum Erlebnis macht. In allen drei Vereinen nimmt die Fangemeinde eine besondere Stellung ein, teilweise verschwimmen auf Funktionärsebene sogar die Grenzen zwischen Klub und Anhang. Genau in dieser starken Verwurzelung an der Basis liegt der relative Erfolg der drei Klubs auch begründet. Sie alle sind sich in ihrem natürlichen Umfeld entwickelnde Institutionen, die auch wirklich noch Sportvereine sind. Der Fußball und das Vereinswesen stehen im Zentrum des Handelns, nicht der Egotrip lokaler “Dorfkaiser”, die sich als Hobby – und ja, so einfach ist das in Österreich bisweilen – einen Zweitliga- Klub leisten, ehe dieser ein, zwei Jahre später wieder seinem Schicksal überlassen wird und meist unverzüglich als Scherbenhaufen endet. Vom eine Etage höher bekannten Missbrauch des Fußballsports zur Steigerung der Marktanteile einer “klebrigen Limonadenfirma” (Campino, 2005) ganz zu schweigen. Vor wenigen Wochen hat sich die Bundesliga wieder einmal selbst ein neues “Kleid” verpasst: Die seit Jahren eher dahinvegetierende statt blühende zweite Liga wird auf zehn Klubs verkleinert. Der Kuchen namens TV-Gelder wird also dann in weniger – und dadurch marginal größere – Stücke geteilt; ein Argument, wie es nur für Klubs, deren Planungshorizont am Ende der jeweils aktuellen Halbserie endet, gelten kann. Zehn Kuchenstücke für zehn Vereine. Nennen wir sie 1.FC Vöcklabruck, SC Schwanenstadt, SV Bad Aussee, SV Grödig, FC Kufstein, SC Untersiebenbrunn, FC Gratkorn, BSV Bad Bleiberg, SV Wörgl und FC Kärnten. Alle zehn spielten im Lauf der letzten fünf Jahre in der zweiten Liga. Sechs davon gibt es heute erst gar nicht mehr, von den restlichen vier spielt nur noch einer in der Bundesliga und fürchtet dort Jahr für Jahr den Lizenzierungs-Senat mehr als jeden Gegner. Das Produkt zweite Bundesliga funktioniert nicht, ganz egal, ob nun zehn oder zwölf Vereine daran teilnehmen, das haben die vergangenen Jahre gezeigt. In diesem Sinne ist es vielleicht gar nicht so übel, dass die drei österreichischen Klubs, die wir heuer beim Sommercup des <strong>Wiener</strong> <strong>Sportklub</strong> zu sehen bekommen, nicht Teil dieser Liga sind, sondern mit starker Einbeziehung ihrer jeweiligen Basis in unteren Ligen die Entwicklung ihres Klubs vorantreiben. Auch für unsere Fans kann alleine schon mit Blick auf die Sicherheitsschikanen, denen wir in der Bundesliga ausgesetzt wären, diese Spielklasse nicht das Ziel aller Träume sein. Und dass eine Fahrt mit dem Nostalgie-Zug nach Neusiedl um Klassen leiwander ist als der Besuch einer Lasershow in einem überdimensionierten Discotempel in Wals-Siezenheim, davon bin ich überzeugt. Viel Spaß beim Sommercup 2009 mit vier sehr attraktiven Teams, die der Bundesliga nicht angehören! Foto: Gabor Bota (vorwaerts-steyr.at) <strong>alszeilen</strong> 5