Franz Anton Mesmer - Museum der Liebe
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polizeilicher Geheimbericht sah die öffentliche Ordnung und Moral gefährdet. Die von<br />
<strong>Mesmer</strong> erwünschte „Heilkrise“ erinnerte mit ihren Konvulsionen, Zittern und Stöhnen zu<br />
sehr an einen Orgasmus, seine „gruppen-therapeutischen Events“ also an orgiastische<br />
Happenings. Dass die an Vergewaltigung und technische Folter erinnernde Elektroschock-<br />
Therapie sich dagegen als wissenschaftlich durchsetzte, sollte zu denken geben!<br />
<strong>Mesmer</strong> spaltete mit seinen Heilerfolgen nicht nur Paris, son<strong>der</strong>n ganz Europa in Pro und<br />
Contra. Eine <strong>der</strong> entschiedensten Parteigängerinnen <strong>Mesmer</strong>s in Paris war beispielsweise die<br />
österreichische Kaisertochter Marie Antoinette, während ihr Gemahl Kaiser Ludwig XVI., <strong>der</strong><br />
wie sie später so spektakulär durch die Guillotine hingerichtet wurde, <strong>Mesmer</strong> ablehnte. Denn<br />
zu <strong>Mesmer</strong>s Anhängern gehörte nicht nur königstreuer Adel, son<strong>der</strong>n auch und gerade<br />
Aufklärer, Freigeister und Freimaurer, also jene Kräfte, die die Revolution anstrebten.<br />
Die wichtigsten hier kurz zu würdigen sind <strong>der</strong> Rechtsanwalt Nicolas Bergasse, <strong>der</strong> aus<br />
<strong>Mesmer</strong>s Lehre die revolutionär-bürgerlichen Ideale ableitete sowie <strong>der</strong> von <strong>Mesmer</strong> von<br />
seiner fast vollständigen Erblindung geheilte Bankier Korman. Beide waren die wichtigsten<br />
Männer, die für <strong>Mesmer</strong> die „Harmoniegesellschaft“ („Societé d’Harmonie“) gründeten,<br />
welche ähnlich organisiert war wie die <strong>der</strong> Freimaurer o<strong>der</strong> Jakobiner. <strong>Mesmer</strong> muss wohl<br />
auch schon während seines Studiums von Freimaurern geför<strong>der</strong>t worden sein. An<strong>der</strong>s lässt<br />
sich die Finanzierung seines umfangreichen Studiums nach Abbruch <strong>der</strong> Theologie schwer<br />
erklären, worauf <strong>der</strong> Medizin-Historiker Ellenberger in seinem höchst empfehlenswertem<br />
Buch 28 aufmerksam macht. Auch die beiden Mozarts, mit denen <strong>Mesmer</strong> in Wien befreundet<br />
war, gehörten ja wie Haydn <strong>der</strong> Freimaurerei an. Und <strong>der</strong> Kirchenhistoriker Ernst Benz zählt<br />
neben dem Jesuiten Athanasius Kircher und dem Freimaurer Robert Fludd, auf die ich unten<br />
in Bezug auf Steiner zu sprechen komme, auch Rudolf Goclenius den Jüngeren zu den<br />
Vorläufern <strong>Mesmer</strong>s, „einen Kabbalist von reinstem Wasser, Astrologe, und Chiromantiker<br />
und in allen geheimen Künsten wohl bewan<strong>der</strong>t“.<br />
Zu dem vielleicht heute noch bekanntesten Pariser <strong>Mesmer</strong>-Anhängern gehörte Lafayette,<br />
ebenfalls Freimaurer, <strong>der</strong> damals wegen seiner entscheidenden Rolle als General im<br />
amerikanischen Unabhängigkeitskrieg als Volksheld gefeiert wurde und später die Erklärung<br />
<strong>der</strong> Menschenrechte in die französische Nationalversammlung einbrachte. Über ihn kam es<br />
nicht nur zu einem Briefwechsel zwischen <strong>Mesmer</strong> und George Washington, son<strong>der</strong>n zu<br />
einem weit darüber hinausgehenden Einfluss des <strong>Mesmer</strong>ismus in den USA. Schon auf seiner<br />
Schiffsreise nach Amerika heilte Lafayette spektakulär einen Matrosen, um dann wie ein<br />
Missionar mit glühenden Reden amerikanische Gelehrte zu begeistern und in die Technik des<br />
<strong>Mesmer</strong>ismus einzuweihen.<br />
Eine Zentralfigur für die Weiterentwicklung des <strong>Mesmer</strong>ismus in Amerika wurde dann<br />
Phineast Parkhurst Quimby (1802 – 1866), Ahnherr <strong>der</strong> so genannten „New-Thought-<br />
Bewegung“. Unter seinen Einfluss gründete nicht nur Mary Baker-Eddy die große Bewegung<br />
<strong>der</strong> „Christian Science“ (siehe oben), son<strong>der</strong>n auch, was in meinen Gesamtzusammenhang<br />
hier wirchtig ist: Helena Petrowna Blawatsky ihre „Theosophische Gesellschaft“! Noch<br />
stärker war Blawatsky allerdings beeinflusst durch Du Common, <strong>der</strong> im Gefolge des wohl<br />
berühmtesten <strong>Mesmer</strong>schülers Puysègur den von diesem entdeckten „Somnambulismus“ <strong>der</strong><br />
„elektrischen Psychologie“ dazu nutzte, um mit <strong>der</strong> Geisterwelt in Kontakt zu treten. Und<br />
bevor Blawatsky mit Oberst Olcott 1875 die „Theosophische Gesellschaft“ gründete, gehörte<br />
sie einige Jahre <strong>der</strong> „Spiritualist Church“ an, <strong>der</strong>en bedeutendster Mitbegrün<strong>der</strong>, Andrew<br />
Jackson Davis, ebenfalls begeisterter <strong>Mesmer</strong>-Anhänger war. 29 Im Gegensatz zu Baker-Eddy<br />
leugnete Blawatsky jedoch nie den starken Einfluss Quimbys und des <strong>Mesmer</strong>ismus auf sich<br />
und erwähnt sie dankbar in ihrer „Isis entschleiert“.<br />
28 Ellenberger, »Die Entdeckung des Unbewussten«, 1985<br />
29 Ernst Benz, »<strong>Franz</strong> <strong>Anton</strong> <strong>Mesmer</strong> (1734 – 1815) und seine Ausstrahlung in Europa und Amerika«, in<br />
»Abhandlungen <strong>der</strong> Marburger gelehrten Gesellschaft« III/2, 1976<br />
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