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Kompetenzen im Wandel - congena GmbH

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Dr. Klaus v. Welser<br />

Vorgeschmack einer Kopernikanischen Wende<br />

20<br />

<strong>congena</strong> Texte 2008<br />

dies ist verläßlich. Die Filmindustrie<br />

bemüht sich redlich, mit ihrem Alien­<br />

Design uns eine Ahnung zu geben.<br />

Aber die elektronisch erweiterten Geisterbahneffekte<br />

sind von einer intellektuellen<br />

Dürftigkeit und Motivarmut,<br />

dass uns daneben das Märchen vom<br />

Froschkönig mit geradezu kafkaesker<br />

Tiefgründigkeit anblickt.<br />

Konsistenzkrise<br />

Die persönlichen Erfahrungen, die mit<br />

den offiziellen Definitionen nicht mehr<br />

abgleichbar sind und nur noch ausgehalten<br />

oder weggeblendet werden<br />

können, bilden heute als eine Art<br />

Dunkelziffer unseren kulturellen St<strong>im</strong>mungshintergrund,<br />

während <strong>im</strong> Vordergrund<br />

öffentliche Quizmaster die<br />

absichtliche Zusammenhanglosigkeit<br />

gewusster Einzelfakten als neue<br />

Schicksalsgöttin inthronisieren. Wir<br />

haben uns an partielle Gültigkeiten<br />

gewöhnt, mit einem geistigen Achselzucken<br />

verzichten wir auf ein konsistentes<br />

Weltbild. Aber die Konsequenzen<br />

für den Privatmenschen sind<br />

noch nicht gezogen. Kaum einer wäre<br />

in der Lage, auch nur für sich persönlich<br />

seine private „Geistesgeschichte“<br />

zu schreiben, nämlich die Geschichte<br />

des eigenen Geistes, sozusagen die<br />

allmähliche Verfertigung seiner Weltvorstellung<br />

während seines eigenen<br />

Lebens. Wir begegnen Menschen,<br />

die sich selbst für christlich halten,<br />

und dennoch eifrige Horoskopleser<br />

sind, so als gäbe es keinen Konflikt<br />

zwischen Glauben und Aberglauben.<br />

Was derzeit an nicht mehr Zusammenpassendem<br />

in unserer Gesellschaft<br />

intellektuell unerledigt liegenbleibt,<br />

sammelt sich in langsam massiv<br />

werdenden Grauzonen, die an die Plagen<br />

von Messis gemahnen. »Fakten,<br />

Fakten, Fakten« ist in Wahrheit ein<br />

Angstschrei.<br />

Kopernikanische Wende<br />

Diese Bewusstseinslage erinnert insgesamt<br />

an die Kopernikanische Wende<br />

des 16ten Jahrhunderts. Wir können<br />

fragen, ob uns wiederum eine Art<br />

Kopernikanischer Wende bevorsteht.<br />

Wir wissen freilich nicht, wie der neue<br />

Kopernikus heißen wird, sehr wahrscheinlich<br />

wird esaber kein Astronom<br />

sein: Die Frage, ob man das Universum<br />

doch besser Multiversum nennt,<br />

brennt den Zeitgenossen nicht auf<br />

den Nägeln. Wir sind noch mit dem<br />

Sammeln der Phänomene beschäftigt.<br />

Erinnern wir uns, dass bis zum Ende<br />

des 15ten Jahrhunderts offiziell das<br />

geozentrische Weltbild galt. Mit der<br />

Kopernikanischen Wende meint man<br />

jedoch nicht so sehr den Wechsel zum<br />

heliozentrischen Weltbild, der mit den<br />

Namen Kopernikus, Kepler und Galilei<br />

markiert ist, sondern die psychischen<br />

Folgen für den modernen europäischen<br />

Menschen. Wissen wird wichtiger<br />

als Sehen. »Ich sehe die Sonne<br />

untergehen, ich weiß aber, dass die<br />

Sonne nicht untergeht, sondern die<br />

Erde sich dreht.« Das Zeugnis der<br />

Sinne gilt fortan als fragwürdig; ein<br />

Mensch, der ihnen unbedacht traute,<br />

als naiv. Mit dieser Zerrissenheit musste<br />

nun der Mensch der modernen<br />

westlichen Zivilisation umgehen lernen.<br />

Es ist verständlich, dass diejenigen dies<br />

besser lernten, die von dem Wechsel<br />

nicht so vollständig überrascht wurden<br />

wie die Kirche. Dies waren zum<br />

Beispiel Seeleute, die durch ihre<br />

Nikolaus Kopernikus<br />

(1473-1543)<br />

polnischer Mathema-<br />

tiker und Astronom<br />

Bild: ullstein Bild<br />

Imagno

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