07.01.2013 Aufrufe

Hautpflege und -schutz - Werner Sellmer

Hautpflege und -schutz - Werner Sellmer

Hautpflege und -schutz - Werner Sellmer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Pflegelexikon<br />

<strong>Hautpflege</strong> <strong>und</strong> -<strong>schutz</strong><br />

Pflegelexikon – die Serie zum Sammeln<br />

186<br />

<strong>Hautpflege</strong><br />

<strong>und</strong> -<strong>schutz</strong><br />

Vorbemerkung<br />

Der nachfolgende Artikel basiert auf<br />

den Empfehlungen „<strong>Hautpflege</strong> <strong>und</strong><br />

-<strong>schutz</strong>“ des W<strong>und</strong>zentrum Hamburg<br />

e.V. (www.w<strong>und</strong>zentrum-hamburg.de).<br />

Dieser Verein ist, wie Herr <strong>Werner</strong><br />

<strong>Sellmer</strong> in seinem Artikel über „Negativprodukte<br />

<strong>und</strong> -methoden in der Behandlung<br />

chronischer W<strong>und</strong>en“ (W<strong>und</strong>management,<br />

2/2007, 67–70) darstellte,<br />

ein Zusammenschluss unterschiedlicher<br />

Berufs- <strong>und</strong> Fachgruppen im Ges<strong>und</strong>heitswesen.<br />

Die von der Arbeitsgruppe<br />

des W<strong>und</strong>zentrum Hamburg<br />

e. V. ausgearbeiteten Standards sind<br />

gemäß der Vereinssatzung für jedes der<br />

knapp 400 Mitglieder verbindlich.<br />

Die Autorinnen Dr. med. Katharina<br />

Herberger <strong>und</strong> Kerstin Protz sind beide<br />

auch Mitglied dieser interprofessionell<br />

aus Pflege <strong>und</strong> Ärzten (ambulant + stationär)<br />

besetzten Arbeitsgruppe.<br />

<strong>Hautpflege</strong>/Haut<strong>schutz</strong><br />

Definition<br />

Angepasster Haut<strong>schutz</strong> <strong>und</strong> -pflege<br />

dienen zur Erhaltung oder Wiederherstellung<br />

der Haut<strong>schutz</strong>barriere <strong>und</strong><br />

der Vermeidung von Komplikationen.<br />

W<strong>und</strong>rand <strong>und</strong> -umgebung sind gefährdet<br />

durch hohes Exsudataufkommen,<br />

Ausscheidungen wie Schweiß,<br />

Urin <strong>und</strong> Stuhl. Zudem treten häufig<br />

Hautprobleme als Begleitsymptome<br />

der Gr<strong>und</strong>erkrankung, z. B. einer peripheren<br />

arteriellen Verschlusskrankheit<br />

(pAVK), einer chronisch venösen<br />

Insuffizienz (CVI), einem Diabetes mellitus,<br />

auf. Auch W<strong>und</strong>auflagen <strong>und</strong> deren<br />

Klebeflächen können Hautirritatio-<br />

nen auslösen. Um diese zu vermeiden<br />

oder bereits vorliegende Defekte zu<br />

mindern, sollte immer ein angepasster<br />

W<strong>und</strong>rand<strong>schutz</strong> bzw. eine angepasste<br />

<strong>Hautpflege</strong> erfolgen. Dieses gilt<br />

insbesondere für feuchte oder mazerierte<br />

Umgebungshaut <strong>und</strong> bestimmte<br />

Krankheitsbilder.<br />

Ziele<br />

• koordiniertes Vorgehen aller an der<br />

Behandlung beteiligten Personen<br />

• Förderung des W<strong>und</strong>heilungsprozesses<br />

<strong>und</strong> der Lebensqualität<br />

• Vermeiden von Komplikationen<br />

• einheitliches Vorgehen bei Diagnostik,<br />

Therapie <strong>und</strong> W<strong>und</strong>behandlung<br />

Ursachen:<br />

Hautprobleme haben bei W<strong>und</strong>patienten<br />

unterschiedliche Ursachen:<br />

1. Hautprobleme als Begleitsymptome<br />

der Gr<strong>und</strong>erkrankung<br />

a) Hautbef<strong>und</strong> bei Diabetes mellitus<br />

• Haut: trocken, juckend (Ekzema craquelé)<br />

• geschwächte Immunabwehr<br />

• bei 80 % der Patienten Pilzinfektion<br />

(Tinea pedis)<br />

• Schwielenbildung (malum perforans)<br />

• Rhagaden<br />

Problem: Durch eine gestörte Haut<strong>schutz</strong>barriere<br />

<strong>und</strong> hieraus folgende<br />

Hautverletzungen können vermehrt<br />

Erreger eindringen � Infektionsgefahr.<br />

b) Hautbef<strong>und</strong> bei chronisch venöser<br />

Insuffizienz (CVI)<br />

• Haut: trocken, schuppig, gespannt<br />

• Stauungsekzem, Beinödeme<br />

• Juckreiz, Nässen<br />

• kleine Hautrisse<br />

• Hautaustrocknung durch Kompressionsstrümpfe/-verbände<br />

W<strong>und</strong>M 2010; 4 [5]<br />

Stauungsekzem mit nässender, schuppiger,<br />

gespannter Haut bei CVI.<br />

Foto: K. Protz<br />

Problem: Erreger können durch Risse<br />

oder ekzematisierte Hautstellen eindringen<br />

� Infektionsgefahr.<br />

c) Hautbef<strong>und</strong> bei peripherer arterieller<br />

Verschlusskrankheit (pAVK)<br />

• Haut: trocken, kühl<br />

• schlechte Hautversorgung aufgr<strong>und</strong><br />

der Durchblutungsstörung<br />

Problem: lokale Minderversorgung der<br />

Haut � Infektionsgefahr.<br />

2. Hautprobleme verursacht durch die<br />

W<strong>und</strong>e<br />

Durch Einwirkung des W<strong>und</strong>exsudates<br />

kommt es zur Aufweichung <strong>und</strong> Reizung<br />

des W<strong>und</strong>randes bis hin zum toxischen<br />

Kontaktekzem<br />

Hautbef<strong>und</strong><br />

• am W<strong>und</strong>rand weißliche, aufgeweichte<br />

Epidermis (Mazeration)<br />

• Rötung <strong>und</strong> Nässen von W<strong>und</strong>rand<br />

<strong>und</strong> -umgebung bis hin zur Erosion<br />

Problem: Vergrößerung der W<strong>und</strong>e,<br />

Schmerzen � Infektionsgefahr.<br />

Kratzspuren bei Patientin mit CVI.<br />

Foto: K. Protz<br />

#


#<br />

Rhagaden, trockene Haut, Pilzbefall, malum<br />

perforans bei Diabetes mellitus.<br />

Foto: K. Protz<br />

3. Hautprobleme verursacht durch<br />

Therapie<br />

Durch <strong>Hautpflege</strong> <strong>und</strong> W<strong>und</strong>therapeutika<br />

ausgelöste Entzündung der Haut.<br />

Es wird unterschieden zwischen allergischem<br />

Kontaktekzem (Typ IV Allergie)<br />

<strong>und</strong> kumulativ toxischem Ekzem<br />

(wiederholter Einfluss eines reizenden<br />

Stoffes, keine Allergie).<br />

Hautbef<strong>und</strong>:<br />

• Papeln<br />

• scharf begrenzte Rötung<br />

• Schuppung<br />

• Nässen<br />

• Juckreiz<br />

Problem: Entzündung der Haut kann<br />

W<strong>und</strong>heilung stören <strong>und</strong> unangenehme<br />

Symptome wie Juckreiz <strong>und</strong> Schmerzen<br />

verursachen.<br />

Diagnostik der Hautprobleme<br />

• klinischer Bef<strong>und</strong>: wie sieht die Haut<br />

aus, welche Probleme haben sich daraus<br />

ergeben bzw. sind zu erwarten<br />

• spezielle Diagnostik:<br />

- bei Verdacht auf bakterielle Infektion<br />

Abstrichentnahme<br />

- bei Verdacht auf Pilzinfektion Schuppen<br />

abkratzen <strong>und</strong> in einer Petrischale<br />

ins Labor schicken<br />

- bei Verdacht auf Kontaktallergie Epikutantestung<br />

- bei anhaltenden Problemen dermatologische<br />

Vorstellung<br />

Zinkpaste auf gesamter W<strong>und</strong>fläche. Foto: K. Protz<br />

Therapie<br />

a) Hautaustrocknung/Ekzema craquelé<br />

bei Diabetes mellitus, CVI<br />

oder pAVK<br />

Maßnahmen:<br />

• rückfettende, hydratisierende Pflege<br />

angepasst an den Hauttyp, z. B. harnstoffhaltige<br />

Substanzen (Urea)10–<br />

15 %<br />

• Schwielen aufweichen: z. B. mit Salicylvaseline<br />

10–20%<br />

• Cave: bei anhaltendem Stauungsekzem,<br />

dermatologische Vorstellung erforderlich<br />

b) Kontaktekzem<br />

Maßnahmen:<br />

• meiden bzw. beseitigen des Auslösers<br />

• kurzfristiger Einsatz kortisonhaltiger<br />

Salben/Cremes<br />

• bei ausgeprägtem Bef<strong>und</strong> oder Nichtansprechen<br />

kann weiterführende Diagnostik/Therapie<br />

erforderlich sein<br />

(z. B. Kortisonstoßtherapie); zur allergologischen<br />

Abklärung möglichst<br />

immer dermatologische Konsultation<br />

• nach Abklingen der Akutsymptomatik<br />

rückfettende Pflege zur Wiederherstellung/Erhaltung<br />

der Haut<strong>schutz</strong>barriere<br />

c) Aufweichen des W<strong>und</strong>randes/Mazeration<br />

Maßnahmen:<br />

• Exsudatmanagement, W<strong>und</strong>auflage<br />

mit ausreichend Saugvermögen, angepasste<br />

Wechselintervalle<br />

• W<strong>und</strong>rand<strong>schutz</strong> mit transparentem<br />

Haut<strong>schutz</strong>film<br />

Allgemeine Hinweise zur<br />

<strong>Hautpflege</strong> bei W<strong>und</strong>patienten<br />

• Kontaktallergien sind häufig bei Patienten<br />

mit chronischen W<strong>und</strong>en, zu-<br />

W<strong>und</strong>M 2010; 4 [5]<br />

Pilzbefall bei Diabetes mellitus.<br />

Pflegelexikon<br />

Foto: K. Protz<br />

meist gegen Salbenbestandteile, Duftstoffe<br />

oder andere Komponenten von<br />

Lokaltherapeutika. Daher sollten zur<br />

Pflege dermatologisch geprüfte Präparate<br />

mit geringem Allergierisiko eingesetzt<br />

werden. Duft- <strong>und</strong> Konservierungsstoffe,<br />

Antibiotika <strong>und</strong> viele<br />

Pflanzentherapeutika sollten bei Patienten<br />

mit W<strong>und</strong>en gemieden werden.<br />

Eine Aufklärung der Patienten<br />

<strong>und</strong> ihrer Angehörigen dient maßgeblich<br />

der Prävention.<br />

• Salben, Cremes, Zinkpasten nicht in<br />

offene W<strong>und</strong>en reiben<br />

• keine Verwendung von Puder; diese<br />

können durch Reibe- <strong>und</strong> Scherkräfte<br />

Hautreizungen hervorrufen <strong>und</strong> die<br />

Haut austrocknen<br />

• kein „Einmassieren“ von Salben/<br />

Cremes; durch den erzeugten Druck<br />

kann es zur Beschädigung der Haut<br />

kommen<br />

• Folien <strong>und</strong> hydroaktive Verbände haften<br />

nicht auf Salbenresten<br />

• Therapeutika auf dem zu versorgenden<br />

W<strong>und</strong>rand zuvor einziehen lassen<br />

• die Cremegr<strong>und</strong>lage richtet sich nach<br />

dem Zustand der Haut: trockene Haut<br />

� Wasser-in-Öl-Emulsion bzw. Wasser-in-Öl-Creme;<br />

sehr trockene Haut/<br />

W<strong>und</strong>randmazeration durch unzureichendes<br />

Exsudatmanagement.<br />

Foto: K. Protz<br />

187


Pflegelexikon<br />

W<strong>und</strong>rand mit Eosin eingefärbt, keine Beurteilung<br />

möglich.<br />

Foto: K. Protz<br />

Altershaut: Wasser-in-Öl-Emulsion<br />

bzw. Wasser-in-Öl-Creme mit Zusatz<br />

von NMF (Natural Moisterizing Factors)<br />

wie Urea oder Kollagen, fettige<br />

oder nässende Haut � Lotio oder Gel.<br />

• auf gereizter, empfindlicher kein Einsatz<br />

von W<strong>und</strong>auflagen mit Kleberand;<br />

ggf. Einsatz von hautfre<strong>und</strong>lichen<br />

Haftrandbeschichtungen, z. B.<br />

mit Silikon<br />

188<br />

Allgemeine Hinweise zum<br />

Haut-/W<strong>und</strong>rand<strong>schutz</strong><br />

bei W<strong>und</strong>patienten:<br />

• Schutz des W<strong>und</strong>randes vor Mazerationen:<br />

spezieller Haut<strong>schutz</strong>, z.B.<br />

3M Cavilon oder Cutimed ® protect<br />

Haut<strong>schutz</strong>applikator, -spray<br />

bei Hautmazerationen/Intertrigo-<br />

oder W<strong>und</strong>randprophylaxe; ggf. den<br />

W<strong>und</strong>rand mit Transparentfolie/dünnem<br />

Hydrokolloidverband oder Stomapaste/-modellierstreifen<br />

schützen<br />

• transparenter Haut<strong>schutz</strong>film ist<br />

gegenüber <strong>und</strong>urchsichtigen, verklebenden<br />

Pasten zu bevorzugen, unter<br />

anderem, um den W<strong>und</strong>rand weiterhin<br />

beurteilen zu können<br />

• keine Anwendung von Farbstoffen,<br />

die eine Hautbeobachtung unmöglich<br />

machen <strong>und</strong> zudem die Haut noch<br />

gerben/austrocknen<br />

• bei Bedarf Randfixierung von W<strong>und</strong>auflagen:<br />

da W<strong>und</strong>auflagen in der<br />

Sakralregion durch Ausscheidungen<br />

häufig unterwandert werden oder sich<br />

aufrollen, sollte der Rand zusätzlich<br />

mit semipermeablen Transparentfolienstreifen<br />

umklebt werden<br />

• Einsatz von silikonbeschichteten<br />

W<strong>und</strong>auflagen oder unbeschichteten<br />

Hydrogelkompressen bei Pergamenthaut/cortisongeschädigter<br />

oder dünner<br />

Altershaut; Vorsicht bei W<strong>und</strong>auflagen<br />

mit Kleberand <strong>und</strong> bei<br />

PU-Schäumen ohne Kleberand, die<br />

durch die Saugwirkung ihrer feinen<br />

Poren mit dem W<strong>und</strong>gr<strong>und</strong> verkleben<br />

können<br />

• Analtampons, Stuhldrainagesysteme<br />

(z.B. Flexi-Seal®, Firma Convatec),<br />

Fäkalkollektoren oder anale Irrigation<br />

bei Stuhlinkontinenz; so wird einer<br />

möglichen Unterwanderung der Ver-<br />

W<strong>und</strong>M 2010; 4 [5]<br />

IMPRIMATUR<br />

Hiermit erkläre ich die anliegenden Druckfahnen, nach<br />

Ausführung der angegebenen Korrekturen, für druckreif. Mit der<br />

Veröffentlichung geht das Copyright auf den mhp-Verlag über. Das<br />

schließt auch die Nutzung der druckfreien pdf-Dateien im Online-<br />

Bereich der Zeitschrift „W<strong>und</strong>management” ein<br />

Ort, Datum Unterschrift<br />

mhp-verlag GmbH<br />

Marktplatz 13, D-65183 Wiesbaden<br />

Tel.: ++49 (0)611 50593-35, Fax.: -11<br />

E-Mail: wm@mhp-verlag.de<br />

sorgung vorgebeugt, die zu Hautirritationen<br />

führt <strong>und</strong> ein Infektionsrisiko<br />

birgt; Achtung: Analtampons sollten<br />

2–3-mal täglich gewechselt werden<br />

(ansonsten Ileusgefahr!)<br />

• Einsatz von Sprühpflaster zum Schutz<br />

frisch genähter W<strong>und</strong>en, insbesondere<br />

in unmittelbarer Nähe einer Stomaanlage<br />

Dr. med. Katharina Herberger, Fachärztin für<br />

Dermatologie <strong>und</strong> Venerologie, Oberärztin,<br />

CWC-Comprehensive Wo<strong>und</strong> Center, Institut<br />

für Versorgungsforschung in der Dermatologie<br />

<strong>und</strong> bei Pflegeberufen, Universitätsklinikum<br />

Hamburg – Eppendorf<br />

Kerstin Protz, Krankenschwester, Projektmanagerin<br />

W<strong>und</strong>forschung CWC-Comprehensive<br />

Wo<strong>und</strong> Center im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,<br />

Vorstandsmitglied W<strong>und</strong>zentrum<br />

Hamburg e. V.<br />

#

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!