DFV-Familie - Deutscher Familienverband
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SO SEHE ICH DAS<br />
Investition in die Zukunft<br />
Von Renate Schmidt, frühere Bundesfamilienministerin, Kuratoriumsvorsitzende des <strong>DFV</strong><br />
Über drei Dinge habe ich<br />
mich im Frühjahr und Sommer<br />
dieses Jahres kräftig geärgert:<br />
1. Über die Länderfinanzminister und ihren<br />
Versuch, ihre Ausgaben für Bildung<br />
schönzurechnen (indem z. B. das Kindergeld<br />
plötzlich zur Bildungsausgabe<br />
wurde). Damit wollten sie demonstrieren,<br />
dass die Länder ihre Mittel für Bildung<br />
nicht erhöhen müssten.<br />
2. Über einen führenden Haushaltspolitiker,<br />
der im Radio ausführte, dass dringend<br />
gespart werden müsste (womit er Recht<br />
hatte), aber selbstverständlich nicht bei so<br />
wichtigen Dingen wie dem Ausbau des<br />
Straßennetzes, sondern vielmehr bei den<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen und beim<br />
doch eher überflüssigen Elterngeld.<br />
3. Über das Sparpaket insgesamt und vor<br />
allem über die geplanten Kürzungen beim<br />
Elterngeld.<br />
Was haben diese drei<br />
Dinge miteinander zu tun?<br />
Sie zeugen von mangelnder Zukunftsfähigkeit,<br />
von einem falschen Investitionsbegriff<br />
und von einem genauso falschen<br />
Gerechtigkeitsgefühl. Wer noch nicht begriffen<br />
hat, dass Investitionen in Bildung<br />
unseren künftigen Wohlstand sichern, hat<br />
das kleine politische 1x1 noch nicht verinnerlicht.<br />
Auf der Bundesebene wird<br />
richtigerweise der Bildungs- und Forschungshaushalt<br />
von Sparmaßnahmen<br />
verschont. Auf Länderebene wird versucht,<br />
im Bildungsbereich das, was auf<br />
Bundesebene mehr ausgegeben wird,<br />
einzusparen und: Die Zustimmung zu<br />
BAföG-Erhöhungen wird verweigert.<br />
Dabei sollte doch Einigkeit darin bestehen,<br />
dass es nur auf den Grips der jungen<br />
Menschen ankommen darf, wenn<br />
sie studieren wollen und nicht auf den<br />
Geldbeutel ihrer Eltern. Mit all dem<br />
wird Bildungspolitik zur „Echternacher<br />
Springprozession“. Nur bei der ging es<br />
wenigstens etwas voran: Zwei Schritte<br />
vor, einen zurück. In der Bildungspolitik<br />
geht es allerdings einen Schritt vor und<br />
zwei zurück! Deshalb muss Schluss sein<br />
mit dem ausufernden Bildungsförderalismus,<br />
mit der deutschen bildungspolitischen<br />
Kleinstaaterei in einer globalisierten<br />
Welt. Die Föderalismusreform II war<br />
ein grober Fehler, der korrigiert werden<br />
muss, wenn wir bei Bildungsausgaben<br />
endlich bundesweit das vereinbarte Ziel<br />
erreichen und für Kinder und <strong>Familie</strong>n<br />
einen verlässlichen Rahmen schaffen<br />
wollen. Es darf uns alle nicht kalt lassen,<br />
dass in unserem Land Banken in Palästen<br />
residieren, während unsere Kinder<br />
teilweise in Bruchbuden mit zu wenigen<br />
Lehrern zu viel Stoff pauken müssen. Bildungsausgaben<br />
sind Investitionen und<br />
dies gilt genauso für die frühkindliche<br />
Förderung und für Ausgaben für <strong>Familie</strong>n.<br />
Wer immer noch glaubt, dass Investitionen<br />
in Beton und Asphalt demgegenüber<br />
Vorrang haben müssten, der spielt<br />
mit unser aller Zukunft. Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
dienen nicht nur der<br />
Vereinbarkeit von Beruf und <strong>Familie</strong> – so<br />
wichtig das heute ist. Denn es ist eine<br />
Illusion zu glauben, dass für die große<br />
Mehrzahl der <strong>Familie</strong>n heute auf Dauer<br />
ein Einkommen ausreichen könnte. Die<br />
so genannte Alleinverdiener-<strong>Familie</strong> wird<br />
nur noch im oberen Mittelfeld möglich<br />
sein. Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
dienen an erster Stelle der Förderung, Erziehung<br />
und Bildung der Kinder, ergänzend<br />
zur <strong>Familie</strong> und in manchen prekären<br />
<strong>Familie</strong>nverhältnissen auch statt der<br />
<strong>Familie</strong>. Deshalb darf die Diskussion über<br />
Kinderbetreuung nicht nur über fehlende<br />
Quantitäten geführt werden, sondern vor<br />
allem über fehlende Qualitäten. Beides<br />
zu verbessern kostet viel Geld. Den<br />
Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab<br />
dem 2. Lebensjahr deshalb zur Disposition<br />
zu stellen ist aber grundfalsch: Denn<br />
fehlende und schlechte Einrichtungen für<br />
Kinder zementieren die Ungerechtigkeit.<br />
Deshalb sind Investitionen in Kinderbe-<br />
<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010