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DFV-Familie - Deutscher Familienverband

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<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

HEFT 5/2010 · www.deutscher-familienverband.de<br />

SOZIALVERSICHERUNG<br />

Im Namen des Volkes<br />

SOZIALES<br />

Links und gut


Für zuhause e und<br />

fürs Drumherum.<br />

mherum.<br />

Das Leben hat seine Tücken – gut, ut, we wenn man versichert ist und seine<br />

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Ruf (040) 63 76 29 83, Fax (040) 63 76 35 82.<br />

Versichern heißt verstehen.


Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

das Jahr neigt sich allmählich dem Ende zu. Und politisch war der Sommer alles andere<br />

als ruhig. In der September-Ausgabe der <strong>DFV</strong> <strong>Familie</strong> geht es deshalb unter anderem um das<br />

Urteil des Freiburger Sozialgerichts, das sich mit den Sozialversicherungsbeiträgen von<br />

<strong>Familie</strong>n beschäftigt. <strong>DFV</strong>-Bundesgeschäftsführer Siegfried Stresing kommentiert die fatale<br />

Entscheidung.<br />

Die frühere Bundesfamilienministerin und amtierende Kuratoriumsvorsitzende des <strong>DFV</strong>,<br />

Renate Schmidt, macht sich in ihrem Beitrag („So sehe ich das“) Gedanken um notwendige<br />

Investitionen in die Zukunft.<br />

Wir haben außerdem mit einem Berliner Schriftsteller darüber gesprochen, was es für Kinder<br />

und Erwachsene heißen kann, als Linkshänder auf die rechte Hand „umerzogen“ zu werden.<br />

Ein ergänzendes Interview mit der Psychologin Dr. Johanna Barbara Sattler beleuchtet diese<br />

noch immer übliche Praxis aus wissenschaftlicher Sicht und gibt Tipps, wie linkshändige<br />

Kinder und Erwachsene gestärkt werden können.<br />

Der Herbst ist in diesem Jahr besonders schnell eingezogen. Wie man kalte Schlechtwettertage<br />

anregend nutzen kann, zeigt die Bastelseite, in der es in dieser Ausgabe um das<br />

Bearbeiten von Speckstein geht. Vielleicht schafft es die Sonne ja aber trotzdem noch mal…<br />

Herzlich,<br />

editorial<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

3


4<br />

INHALT HEFT 5/2010<br />

3 Editorial<br />

4 Inhalt / Impressum<br />

5 Auf ein Wort<br />

SOZIALVERSICHERUNG<br />

7 Im Namen des Volkes …<br />

8 Urlaubsanspruch erlischt bei<br />

Erkrankung des Kindes<br />

BILDUNG<br />

9 JAKO-O Studie zum Bildungssystem<br />

SOZIALES<br />

10 Links und gut<br />

14 Interview<br />

16 Studie: Jedes fünfte Kind fühlt sich benachteiligt<br />

BILDUNG – BUCHTIPP<br />

18 Angst und Druck in der Schule –<br />

was man dagegen tun kann<br />

FAMILIENPOLITIK<br />

19 Wie leben eigentlich <strong>Familie</strong>n?<br />

KREATIVE KIDS<br />

23 Bastelspaß für Kinder<br />

SO SEHE ICH DAS<br />

24 Renate Schmidt: Investition in die Zukunft<br />

LESERBRIEF / ERNÄHRUNG<br />

25 Nestlé Zukunftsforum<br />

MEDIEN<br />

26 Kinderfilm in Thüringen und Sachsen gedreht<br />

AUS DEM <strong>DFV</strong> BERICHTET<br />

26 Manfred Goldenstein feiert den 65. Geburtstag<br />

27 Eva Jensen wird 60<br />

27 Kolumne<br />

28 <strong>DFV</strong> Thüringen<br />

28 <strong>DFV</strong> Sachsen<br />

29 Adressen <strong>DFV</strong><br />

Bildnachweise: Deike: Titel, Seiten 6, 16, 19, 20, 22; Sattler: Seite 14; KUM: Seiten 12 o. und 13 o.; Auer<br />

Verlag: Seite 13 u.; Schneider Schreibgeräte GmbH: Seite 10 o.; Jako-o: Seite 9; Bert Pot:<br />

Seite 26.<br />

Impressum<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

HEFT 5/2010 · www.deutscher-familienverband.de<br />

SOZIALVERSICHERUNG<br />

Im Namen des Volkes<br />

SOZIALES<br />

Links und gut<br />

Heft 5/2010 – September 2010<br />

Herausgeber <strong>Deutscher</strong><br />

Verlag <strong>Familie</strong>nverband e.V.<br />

Luisenstraße 48 – 10117 Berlin<br />

Präsident<br />

Dr. Albin Nees<br />

Mitglieder des Präsidiums:<br />

Uto R. Bonde,<br />

Manfred Goldenstein,<br />

Sandra Herbener,<br />

Anneliese König,<br />

Petra Nölkel,<br />

Hellmut Steuck<br />

Redaktion Sintje Sander-Peuker<br />

verantwortlich Luisenstraße 48<br />

10117 Berlin<br />

Telefon 0 30/30 88 29 60<br />

Telefax 0 30/30 88 29 61<br />

e-mail: redaktion@deutscherfamilienverband.de<br />

Druck ARO-Druck GmbH & Co. KG<br />

55232 Alzey<br />

Vertrieb WNM GmbH, 46282 Dorsten<br />

Layout gluske-medien gmbh, köln<br />

Anzeigen Lennartz.DIE AGENTUR<br />

Media- und Anzeigenberatung<br />

52152 Simmerath<br />

Tel. + Fax: 02473/68512<br />

Gerichtsstand Berlin<br />

Titelfoto Deike<br />

Für Mitglieder des Deutschen<br />

<strong>Familie</strong>nverbandes ist der<br />

Bezug von „<strong>DFV</strong> <strong>Familie</strong>“ im<br />

Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

ISSN 0949 – 4669<br />

Erscheinungs- Sechs Ausgaben jährlich<br />

weise (Januar, März, Mai, Juli,<br />

September, November)<br />

Redaktions- Jeweils am<br />

schluss 10. des Vormonats<br />

Gedruckte<br />

Auflage 100.000 V/2010<br />

Alle nicht mit Namen gekennzeichneten<br />

Beiträge wurden in der Redaktion erstellt.<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

der Buchtitel lautet: „Deutschland schafft sich ab.“ Zeitungen<br />

berichten darüber und kommentieren das Pro und Contra.<br />

Kein Radio- oder Fernsehsender kann das Buch in seinem Programm<br />

verschweigen. Meinungsforscher sehen schon eine<br />

neue politische Partei entstehen.<br />

Ich habe das Buch nicht gelesen. Und ich will nicht so tun, als<br />

könne ich sachkundig mitreden. Aber dass mir der Buchtitel<br />

gefällt, das will ich offen bekennen.<br />

Wirklich: Deutschland schafft sich ab – ganz langsam, wenn<br />

immer weniger Menschen sich trauen, ein Leben mit Kindern<br />

zu führen. Deutschland schafft sich ab, wenn eine kinderentwöhnte<br />

Gesellschaft es zulässt, dass immer mehr kinderlärmfreie<br />

Zonen entstehen. Deutschland schafft sich ab, wenn das<br />

Bekenntnis zur <strong>Familie</strong> lediglich in den Sonntagsreden vorkommt,<br />

in der praktischen Politik aber eine untergeordnete<br />

Rolle spielt.<br />

Staat und Gesellschaft können nicht existieren ohne eine<br />

stets nachwachsende Generation, ohne eine ausreichend<br />

große Anzahl von Eltern, die das Leben weitergeben, die<br />

sich um Pflege und Versorgung der Kinder kümmern und<br />

die in ihren Erziehungs- und Bildungsbemühungen nicht<br />

nachlassen.<br />

Staat und Gesellschaft sind mitverantwortlich dafür, dass diejenigen<br />

gute Rahmenbedingungen vorfinden, die den Mut zur<br />

Elternschaft aufbringen. Und diese Rahmenbedingungen betreffen<br />

das breite Spektrum unseres Lebens und Zusammenlebens.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat dies immer wieder<br />

angemahnt. Es hat in wegweisenden Urteilen deutlich gemacht,<br />

dass <strong>Familie</strong>n zum Beispiel im Steuerrecht und in der<br />

Sozialversicherung noch immer nicht die Gerechtigkeit erfahren,<br />

die zwingend geboten ist.<br />

Zuletzt ging es in Karlsruhe um das Existenzminimum von Kindern.<br />

Erst im Februar war es: Da hat das höchste deutsche Gericht<br />

klargestellt, dass die bisherige Festlegung des Existenzminimums<br />

von Kindern doppelt falsch ist. Sie basiere zum<br />

einen nur auf einer politisch gegriffenen Ableitung des Regelsatzes<br />

für Erwachsene in der Sozialhilfe. Zum anderen sei<br />

der Regelsatz in Gänze verfassungswidrig festgelegt, weil unter<br />

anderem Ausgaben der Eltern für die Bildung ihrer Kinder<br />

unberücksichtigt geblieben seien.<br />

Gerade Eltern mit mehreren Kindern wissen, was Schulbücher,<br />

Hefte, Zusatzmaterial wie Kopierpapier und so weiter kosten.<br />

Statt hier deutlich nachzubessern und endlich per Gesetz Gerechtigkeit<br />

für alle <strong>Familie</strong>n zu schaffen, wird nun die Debatte<br />

um Chipkarten geführt. Mit ihnen sollen Kinder, deren <strong>Familie</strong>n<br />

auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind, Bildungs- und<br />

Freizeitangebote „kaufen“ können. Diese <strong>Familie</strong>n haben nicht<br />

genug Geld, um ihren Kindern das für Bildung und soziale Teilhabe<br />

Erforderliche zu ermöglichen. Nicht zuletzt deshalb, weil<br />

die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder das nicht hergeben. Darin<br />

schwingt vor allem aber die „Vorverurteilung“ von Eltern mit,<br />

das mangelnde Vertrauen in die elterliche Verantwortung. In<br />

der Debatte werden außerdem verfassungs- und steuerrechtlich<br />

verpflichtende Leistungen wild mit solchen durcheinandergeworfen,<br />

die sich auf kommunaler Ebene als freiwillige<br />

Leistungen etabliert haben.<br />

Leidtragende dieses „Chipkarten-Projekts“ würden wieder einmal<br />

die <strong>Familie</strong>n sein. Nicht nur, dass an der Chipkarte klar zu<br />

erkennen wäre, wer die Angebote bezahlt – und vielen Kindern<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

Auf ein Wort<br />

5


Auf ein Wort<br />

6<br />

und ihren Eltern wird dieses Stigma unangenehm sein. Zusätzlich<br />

gehen auch viele private Initiativen und Hilfeangebote<br />

möglicherweise verloren – denn die Nachhilfe der Elterninitiative<br />

nebenan kann (und soll) nicht per Chip „abgerechnet“ werden.<br />

Ein Angebot zwei Kilometer weiter aber darf die Chipkarten<br />

abrechnen, da werden Eltern und Kinder vor neue und unnötige<br />

Probleme gestellt.<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

geboten ist ganz schlicht, die Regelsätze neu festzulegen. Es<br />

muss endlich klar sein, was Kinder tatsächlich für Bildung, Entwicklung<br />

und Persönlichkeitsentfaltung brauchen. Diese Be-<br />

darfsberechnung kann doch nicht so schwer sein. Offenbar will<br />

sich die Politik aber durch die Chipkarten – nämlich Sachleistung<br />

statt Geld – aus der Affäre ziehen. Und das ist absolut<br />

nicht hinnehmbar. Die gezielte Förderung eines Kindes<br />

ist das Recht und die Pflicht der Eltern, nicht des <strong>Familie</strong>nlotsen<br />

im Job-Center. Es rächt sich für uns alle, wenn dieses<br />

Elternrecht, wenn das Prinzip der Subsidiarität aufgegeben<br />

wird. Wenn Eltern Hilfe brauchen, muss das Jugendamt einschreiten<br />

und muss sie unterstützen. Aber generell und zuerst<br />

muss der Staat den Eltern vertrauen und muss ihnen zutrauen,<br />

dass sie am besten wissen, was für ihre Kinder gut und<br />

richtig ist.<br />

Präsident des Deutschen <strong>Familie</strong>nverbandes<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


Im Namen<br />

des Volkes…<br />

In seinem Pflegeversicherungsurteil hat das Bundesverfassungsgericht<br />

vor nun schon fast zehn Jahren entschieden:<br />

Es ist verfassungswidrig, wenn Eltern gleich hohe Beiträge<br />

zahlen müssen wie Mitglieder ohne Kinder. Was das Urteil für<br />

die anderen Sozialversicherungszweige bedeutet, sollte vom<br />

Gesetzgeber geprüft und verfassungsgemäß neu geregelt<br />

werden. Doch das steht bis heute aus. Nun haben Eltern geklagt,<br />

dass ihre Beiträge zur gesetzlichen Pflege-, Krankenund<br />

Rentenversicherung halbiert oder gemessen am Unterhalt<br />

für die Kinder verringert werden. Das Sozialgericht<br />

Freiburg wies die Klage ab. <strong>DFV</strong>-Bundesgeschäftsführer<br />

Siegfried Stresing kommentiert diese Entscheidung.<br />

Im Namen des Volkes hat das Sozialgericht<br />

Freiburg in seinem Urteil vom 17. 6.<br />

2010 (S 5 KR 5878/06) ein Grundpostulat<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

in Frage gestellt. Unter heutigen politischen<br />

Gegebenheiten müsse die Frage<br />

erlaubt sein, inwieweit Kindererziehung<br />

überhaupt noch als konstitutiver, dem<br />

Geldbeitrag gleich zu erachtender generativer<br />

Beitrag zum Sozialversicherungssystem<br />

anzusehen ist.<br />

Viele Jahre hat das Bundesverfassungsgericht<br />

in Aufsehen erregenden Entscheidungen<br />

für die <strong>Familie</strong>n dem Gesetzgeber<br />

klare Aufträge ins Stammbuch geschrieben,<br />

die bis heute auf Umsetzung warten.<br />

In dem Urteil zur Pflegeversicherung hatte<br />

das Bundesverfassungsgericht am 3. 4.<br />

2001 ausdrücklich entschieden, dass es<br />

verfassungswidrig ist, wenn Eltern, die<br />

Kinder erziehen und damit einen genera-<br />

tiven Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines<br />

umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems<br />

leisten, mit gleich hohen Beiträgen<br />

wie Mitglieder ohne Kinder belastet<br />

werden. Dem Gesetzgeber wurde im Hinblick<br />

auf die zu prüfende Bedeutung des<br />

Urteils für andere Sozialversicherungszweige<br />

eine großzügige Frist zur verfassungsgemäßen<br />

Neuregelung gesetzt.<br />

Seither warten <strong>Familie</strong>n.<br />

Wenn das Sozialgericht eine andere Auffassung<br />

vertritt, hätte es durchaus diese<br />

Frage dem Bundesverfassungsgericht zur<br />

Entscheidung vorlegen können. Doch<br />

nun müssen <strong>Familie</strong>n den Weg durch die<br />

Instanzen gehen.<br />

Dem Verfahren beim Sozialgericht lag die<br />

Klage einer fünfköpfigen <strong>Familie</strong> zu Grunde,<br />

die Beiträge zur gesetzlichen Pflege-,<br />

Kranken- und Rentenversicherung unter<br />

Abzug der durchschnittlichen Unterhalts-<br />

SOZIALVERSICHERUNG<br />

§<br />

kosten vom Bemessungsentgelt zu erheben.<br />

Das Sozialgericht entsprach dieser<br />

Klage nicht. Das Arbeitsentgelt als Grundlage<br />

für die Beitragserhebung stehe in<br />

voller Höhe dem Arbeitnehmer zur Verfügung,<br />

Unterhaltsberechtigten, wie beispielsweise<br />

Kindern, stehe nicht ein Teil<br />

des Arbeitsentgelts zu. Es bleibt unklar,<br />

woher dann die finanziellen Mittel stammen,<br />

mit denen Eltern ihrer Unterhaltspflicht<br />

nachkommen. Nicht auszudenken,<br />

wenn erwerbstätige Eltern wirklich darauf<br />

bestehen, dass das Arbeitsentgelt ihnen in<br />

voller Höhe zur Verfügung steht. Die staatliche<br />

Gemeinschaft, die dann für die<br />

Kinder sorgen müsste, wäre vollends<br />

bankrott.<br />

Hoffnungsvoll dagegen stimmt zunächst<br />

die Feststellung des Gerichts, dass von<br />

nachwachsenden Generationen alles<br />

„künftige Leben in Staat und Gesellschaft“<br />

abhängig sei. Wer aber glaubt, dass hieraus<br />

auch Konsequenzen gezogen werden,<br />

wird enttäuscht. Stattdessen räumt<br />

das Sozialgericht dem Gesetzgeber einen<br />

weiten Spielraum ein im Ausgleich von<br />

Nachteilen, die den <strong>Familie</strong>n entstehen,<br />

„die sich im heutigen, hedonistisch-egoistisch<br />

ausgeprägten gesellschaftlichen<br />

Umfeld die Belastungen und Entbehrungen<br />

durch ,Kinderhaben‘ überhaupt noch<br />

zumuten“. Zur Erinnerung: Die Kläger<br />

haben sich dieses dreimal „zugemutet“.<br />

Und wer die <strong>Familie</strong> erlebt, merkt sehr<br />

schnell: sie sind glücklich darüber!<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

7


8<br />

SOZIALVERSICHERUNG<br />

Ungewöhnlich ausführlich befasst sich<br />

das Gericht mit demografischen und<br />

volkswirtschaftlichen Themen und nimmt<br />

Stellung zur Migrationspolitik. Mit der niedrigsten<br />

Geburtsrate in der EU könne das<br />

Sozialversicherungssystem, ja die gesamte<br />

deutsche Volkswirtschaft in Zukunft<br />

nicht aufrecht erhalten werden. Ein Zusammenbruch<br />

des Systems sei aber nicht<br />

zu erwarten, da angesichts des „generativen<br />

Streiks“ ein wirtschaftlicher Ausgleich<br />

auch durch erweiterte Zulassung von Immigration<br />

ersetzt werden könnte. Diese<br />

<strong>Familie</strong>n seien in aller Regel kinderreich<br />

und stellten dem deutschen Arbeitsmarkt,<br />

gegebenenfalls nach entsprechenden<br />

Qualifikationsmaßnahmen, die notwendigen<br />

Arbeitskräfte zur Verfügung. Damit<br />

wird die <strong>Familie</strong>npolitik in Deutschland<br />

aus ihrer Verantwortung entlassen – zu<br />

Lasten anderer Länder, die ebenfalls unter<br />

Wenn im Urlaub das eigene Kind<br />

krank und pflegebedürftig wird, erlischt<br />

der Urlaubsanspruch der Mutter oder des<br />

Vaters. So hat es das Berliner Arbeitsgericht<br />

am 17. Juni entschieden (2 Ca<br />

1648/19), berichtet der Verband deutscher<br />

Arbeitsrechtsanwälte.<br />

Eine Verkäuferin hatte 2009 Erholungsur-<br />

erheblichen Nachwuchssorgen leiden.<br />

Ohne Frage wird der Immigrationspolitik<br />

zukünftig eine noch größere Bedeutung<br />

zukommen. Aber Eltern alleine zu lassen<br />

mit den finanziellen Belastungen für Kinder<br />

ist nicht zukunftsorientiert. Junge Menschen,<br />

egal welcher Nationalität, haben<br />

kein Interesse daran, „notwendige Arbeitskräfte<br />

zur Verfügung zu stellen“, sondern<br />

brauchen Mutmacher, Unterstützer und Begleiter<br />

für ein Leben mit Kindern. (Anmerkung<br />

der Redaktion: Zu einem völlig anderen<br />

Ergebnis kommt übrigens die Dissertation<br />

der Demografin Nadja Milewski.<br />

So passe sich die Geburtenrate von Einwanderinnen<br />

der zweiten Generation inzwischen<br />

der der Einheimischen weitgehend<br />

an. Zwar würden Migrantinnen zwei<br />

Jahre früher ihr erstes Kind bekommen, allerdings<br />

liege die Kinderzahl nicht höher als<br />

bei deutschen Frauen. „Fertility of Immi-<br />

Urlaubsanspruch<br />

erlischt bei Erkrankung<br />

des Kindes<br />

laub beantragt. In dieser Zeit erkrankte aber<br />

ihre neunjährige Tochter und musste betreut<br />

werden. Die Frau legte eine ärztliche<br />

Bescheinigung vor und beantragte unbezahlte<br />

Freistellung beim Arbeitgeber zur<br />

Betreuung des kranken Kindes. In der Annahme,<br />

ihr Urlaub wäre nicht verbraucht,<br />

beantragte sie ihn später erneut. Der Ar-<br />

grants. A Two-Generational Approach in<br />

Germany“, Universität Rostock.)<br />

Aber es gibt auch Positives in diesem Urteil:<br />

Das Sozialgericht greift die Frage auf,<br />

ob, ähnlich wie im Steuerrecht, wo für Kinder<br />

Steuerfreibeträge zugestanden werden,<br />

im Bereich des Beitragsrechts der<br />

Sozialversicherung bestimmte Anteile am<br />

Arbeitsentgelt beitragsfrei gestellt werden<br />

müssten. Nichts anderes fordert das<br />

vom <strong>DFV</strong> mitinitiierte und unterstützte<br />

„Aktionsbündnis <strong>Familie</strong>“. Dies ist nach<br />

Auffassung des Gerichts „aus verfassungsrechtlichen<br />

Gründen nicht zwingend<br />

geboten“. Aber nach Auffassung<br />

des <strong>DFV</strong> wäre die Freistellung des Kinderexistenzminimums<br />

ein erster richtiger<br />

Schritt. Übrigens bedurfte es auch im<br />

Steuerrecht deutlicher Entscheidungen<br />

des Bundesverfassungsgerichtes, bis der<br />

Gesetzgeber handelte. y<br />

beitgeber bewilligte den Urlaub nicht und<br />

bekam Recht vom Arbeitsgericht Berlin.<br />

Der Urlaubsanspruch erlösche und auch<br />

ein Schadenersatzanspruch entstehe<br />

nicht, denn es sei nicht Zweck des § 45<br />

SGB V, den Arbeitnehmer vor Vergütungseinbußen<br />

wegen der Erkrankung<br />

eines Kindes zu schützen. y<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


JAKO-O Studie:<br />

Schlechte Noten<br />

für deutsches<br />

Bildungssystem<br />

Bildung ist wichtig, sie legt einen Grundstein für die geistige<br />

und soziale Entwicklung eines Kindes. Aber wie steht es um<br />

unser Schulsystem? Wie zufrieden sind Eltern mit dem Bildungsweg<br />

und den Bildungsmöglichkeiten ihrer Sprösslinge?<br />

Das Versandhaus für Kindersachen<br />

JAKO-O hat das Sozialforschungsinstitut<br />

TNS Emnid beauftragt, diesen Fragen<br />

nachzugehen. Nun liegt die 1. JAKO-O Bildungsstudie<br />

vor. Befragt wurden dafür<br />

3.000 Eltern mit Kindern im Alter von drei<br />

bis sechzehn Jahren. „Es besteht eine<br />

große Differenz zwischen dem, was Eltern<br />

von Schule erwarten und dem, was dort<br />

tatsächlich passiert“, sagte JAKO-O-<br />

Chefin Bettina Peetz bei der Präsentation<br />

der Studie in Berlin.<br />

Eltern sind sich sehr bewusst, wie wichtig<br />

das Thema Bildung ist. 99 Prozent der Befragten<br />

sind laut Studie überzeugt, dass eine<br />

gute Schulbildung „wichtig“ ist für den späteren<br />

Lebenserfolg der Kinder. Priorität hat<br />

demnach viel eher die Gleichheit der Bildungschancen<br />

für alle Kinder (87 Prozent),<br />

während weniger als ein Drittel die Leistungen<br />

in den Vordergrund stellt. Umgesetzt<br />

sehen die Befragten diese Wünsche aber<br />

kaum: Während nur sieben Prozent gleiche<br />

Bildungschancen für alle sehr „stark“ verwirklicht<br />

sehen, schätzt jeder Vierte das<br />

Leistungsprinzip als Realität ein. Jeder Zweite<br />

wünscht die besondere Förderung hochbegabter<br />

Schüler, vier Fünftel halten es für<br />

wichtig, dass lernschwache Mädchen und<br />

Jungen gefördert werden. Nur sieben Prozent<br />

der Befragten finden aber, dass eine<br />

Förderung lernschwacher Kinder „sehr<br />

stark“ verwirklicht sei. Acht von zehn Eltern<br />

finden es „sehr wichtig“, dass Schule eine<br />

gute Allgemeinbildung vermitteln sollte. Weniger<br />

als die Hälfte fordern einen stärker an<br />

den Anforderungen des Arbeitsmarktes<br />

ausgerichteten Bildungsweg.<br />

Kritisch sehen die Eltern vor allem die<br />

„Vielstaaterei“ der Bildungspolitik. Knapp<br />

drei Viertel der Mütter und Väter hielten<br />

laut Studie gleiche Bedingungen in allen<br />

Bundesländern für „sehr wichtig“, dies<br />

schätzen aber nur 5 Prozent als „sehr<br />

stark“ verwirklicht ein.<br />

Nur jedes zweite Elternteil empfindet die<br />

Bildungschancen in unserem Land als gerecht.<br />

Besonders häufig äußerten <strong>Familie</strong>n<br />

mit vier und mehr Kindern Kritik. Allerdings<br />

bezog sich die Kritik der befragten Eltern<br />

BILDUNG<br />

überwiegend auf die Ausgestaltung des<br />

Schulsystems, nicht aber auf das Engagement<br />

und die Leistungen der Lehrer.<br />

Die große Mehrheit der befragten Eltern<br />

zeigte sich laut Studie überzeugt, dass der<br />

Schulerfolg von der Unterstützung der Eltern<br />

bei den Schularbeiten abhängt. „94<br />

Prozent von ihnen fühlen sich verpflichtet,<br />

sich um die schulischen Leistungen ihrer<br />

Kinder zu kümmern, acht von zehn (78<br />

Prozent) geben an, sich sehr oder eher intensiv<br />

mit der Schule und den Schularbeiten<br />

ihrer Kinder zu beschäftigen.“ Dazu<br />

kommen Elternabende, Engagement als<br />

Schul- und Elternsprecher, Fahrdienste für<br />

die Kinder und Nachhilfe. Kein Wunder,<br />

dass 55 Prozent der Eltern über Zeitdruck<br />

klagen. Dazu gehört wohl auch, dass Mütter<br />

und Väter nach eigenem Empfinden<br />

Vieles leisten müssen, was eigentlich Aufgabe<br />

der Schule ist (67 Prozent stimmen<br />

dieser Aussage zu). Hier sehen sie sich<br />

als Lückenbüßer.<br />

Die Bildungsstudie wird sicher auch auf<br />

dem 5. JAKO-O <strong>Familie</strong>nkongress ein<br />

Thema sein. Am 25. und 26. September<br />

lädt JAKO-O nach Weimar ein. Wer mehr<br />

wissen oder kurz entschlossen noch nach<br />

Weimar reisen möchte, findet hier alle<br />

Informationen zu der Veranstaltung:<br />

www.jako-o.de/familienkongress.<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

9


10<br />

SOZIALES<br />

Links und gut<br />

Der erste Schultag ist aufregend für die ganze <strong>Familie</strong>. Jetzt ist<br />

das Kind „groß“ und beginnt, eigene Wege zu gehen. Es lernt<br />

Buchstaben und Zahlen kennen, Zusammenhänge zu begreifen<br />

und es lernt zu schreiben und zu rechnen. Spätestens in der<br />

ersten Unterrichtswoche wird auch zum Thema, ob die Mädchen<br />

und Jungen mit rechts oder links greifen, schreiben oder<br />

basteln. Viele Kinder wurden und werden noch heute unfreiwillig<br />

umerzogen, weil es als „normal“ gilt, mit der rechten<br />

Hand zu schreiben. Das hat für den Lebensweg der Kinder mitunter<br />

schwerwiegende Konsequenzen. Wir haben den Berliner<br />

Schriftsteller Gregor Sander getroffen und uns mit ihm über<br />

seine prägenden Erfahrungen als umerzogener Linkshänder<br />

unterhalten.<br />

„Ein frühes Gefühl ist, dass jemand<br />

meine linke Hand hält, während ich mit<br />

rechts schreibe. Ob das wirklich so war<br />

oder ein Traumbild ist, kann ich nicht mehr<br />

sagen.“ Gregor Sander rührt in seinem<br />

Kaffee und versucht, sich zu erinnern. Der<br />

Berliner Schriftsteller ist Linkshänder, doch<br />

wenn man sein bisheriges Leben betrachtet,<br />

darf er es eigentlich erst seit vier<br />

Jahren sein. Geboren wurde er 1968 und<br />

wie in seiner Generation noch weit verbreitet,<br />

wurde er als Kind von einem Tag<br />

auf den anderen „umerzogen“. Die linke<br />

Hand ist fortan tabu, alles wird auf die<br />

rechte umgestellt – da ist er gerade sechs<br />

Jahre alt. Seine Klassenlehrerin argumentiert,<br />

dass es kaum Berufe und Maschinen<br />

gebe, die auf Linkshänder eingestellt<br />

seien. Das wolle man dem Kind nicht<br />

antun. Sanders Eltern wissen da bereits<br />

um die Händigkeit ihres Sohnes, lassen<br />

sich aber vom „Sinn“ der Umerziehung<br />

überzeugen. In seinem ersten Zeugnis<br />

steht: „Da (Gregor) Linkshänder ist, musste<br />

er für Schreiben, Werken und Zeichnen<br />

besonders viel Energie und Ausdauer aufbringen,<br />

um seine Leistung zu verbessern.“<br />

Wenn sich Gregor Sander an seine<br />

Schulzeit erinnert, fällt ihm kein anderer<br />

Gregor Sander<br />

Mitschüler ein, der Linkshänder war oder<br />

sein durfte. Es waren die frühen siebziger<br />

Jahre und in der DDR galt Individualität<br />

ohnehin nicht viel.<br />

Verbogen in vieler Hinsicht<br />

Oft muss er als Kind und Jugendlicher<br />

hören, dass er ungeschickt sei, nicht gut<br />

zeichnen könne und wie krakelig die Schrift<br />

erst aussehe! Er spürt in dieser Zeit täglich,<br />

wie seine Hände zittern, wenn er etwas eingießen<br />

möchte, seine rechte Hand verkrampft<br />

in der Hakenhaltung und er verwischt<br />

beim Schreiben ständig die Tinte. Er<br />

fühlt sich unsicher, hat Schwierigkeiten mit<br />

der Rechtschreibung. Gregor Sander weiß<br />

zwar seit er eingeschult wurde, dass er<br />

Linkshänder ist, aber er weiß nicht, wie es<br />

sich anfühlt, das zu leben. Was Rechtshänder<br />

mit Leichtigkeit erledigen, bekommt er<br />

mit der rechten Hand nur unter großer Anstrengung<br />

hin. Selbst beim Hockeyspielen,<br />

das er als Kind lange trainiert, muss er sich<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


verbiegen. Es gibt nur Schläger für Rechtshänder.<br />

„Meines Wissens ist das noch<br />

heute so“, sagt er und schüttelt ungläubig<br />

den Kopf. Es ist wohl eine der absurdesten<br />

Sportarten für einen Linkshänder. Die gebogene<br />

Keule des Feldhockey-Schlägers<br />

ist auf der linken Seite flach und auf der<br />

rechten gewölbt. Gespielt werden darf nur<br />

mit der linken, flachen Seite – fast unmöglich<br />

für einen Linkshänder, ohne sich komplett<br />

zu verrenken.<br />

Als Jugendlicher beginnt Gregor Sander<br />

zu schreiben. Um den Stress mit der ungeliebten<br />

und unter Anstrengung produzierten<br />

Handschrift zu umgehen, benutzt er<br />

eine alte Schreibmaschine, um Gedichte<br />

und Geschichten zu notieren. Als Jahre<br />

später sein erstes Buch erscheint („Ich<br />

aber bin hier geboren“, 2002) ist es ihm<br />

körperlich unangenehm, die Exemplare<br />

mit rechts zu signieren. Er ist Mitte 30, als<br />

allmählich der Entschluss in ihm wächst,<br />

sich um seine Linkshändigkeit zu küm-<br />

mern. Sander forscht im Internet, findet den<br />

Klassiker der Linkshänder-Literatur von Johanna<br />

Barbara Sattler: „Der umgeschulte<br />

Linkshänder oder der Knoten im Gehirn“<br />

(Auer Verlag GmbH, Donauwörth, 10. Auflage<br />

2008). Er erkennt sich in vielen der<br />

beschriebenen Symptome wieder, die ihm<br />

allzu vertraut sind: das Zittern, der abgehackte<br />

Schreibstil, die verkrampfte<br />

Schreibhaltung, Unsicherheit, Gedankensprünge…<br />

Hier liest er auch, dass man<br />

seine Händigkeit rückschulen kann.<br />

Rechts und links<br />

Unser Hirn besteht aus zwei Hälften, die<br />

über den so genannten Balken (corpus<br />

callosum) miteinander verbunden sind.<br />

Beide Teile haben unterschiedliche Aufgaben<br />

und Fähigkeiten: Die linke Hirnhälfte<br />

steuert und kontrolliert die rechte Hand, die<br />

rechte Hirnhälfte die linke Hand. Ob ein<br />

Mensch Rechts- oder Linkshänder ist, wird<br />

ihm offenbar in die Wiege gelegt. Warum<br />

SOZIALES<br />

aber jemand diese oder jene Händigkeit<br />

hat, ist wissenschaftlich nicht zweifelsfrei<br />

geklärt. Sattler beschreibt in ihrem Buch die<br />

Händigkeit als „Ausdruck einer motorischen<br />

Dominanz im menschlichen Gehirn<br />

und diese betrifft sowohl die Bevorzugung<br />

der einen Hand als auch die stärkere Betonung<br />

der hemisphärischen Verarbeitungsart<br />

in der entsprechenden, kontralateralen<br />

Gehirnhälfte. … Durch diese –<br />

gegen die menschliche Natur vorgenommene<br />

– Umschulung kommt es nicht zu<br />

einer Umstellung der Dominanz im Gehirn,<br />

sondern es kommt zu einer Überbelastung<br />

der nicht dominanten Gehirnhälfte<br />

und zu einer Unterbelastung der anderen…“(S.<br />

47, 49). Als mögliche Primärfolgen<br />

der Umschulung führt die Expertin<br />

Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen,<br />

Lese-Rechtschreibprobleme, Links-<br />

Rechts-Unsicherheit, feinmotorische Schwierigkeiten<br />

und Sprachstörungen (zum Beispiel<br />

Stammeln/Stottern) an. Das wiederum<br />

könne zu Folgebeschwerden wie Minderwertigkeitskomplexen,Zurückgezogenheit,<br />

Trotz, Verhaltensstörungen, Bettnässen<br />

und Nägelkauen oder emotionalen Problemen<br />

führen. „Die Umschulung der Händigkeit<br />

greift also in Gehirnablaufprozesse<br />

störend und behindernd ein und<br />

zwingt den Menschen, andauernd weit<br />

mehr Kräfte einzusetzen, um seine Intelligenz<br />

zu mobilisieren, als ein unbehinderter,<br />

von den Folgen der Umschulung der<br />

Händigkeit nicht betroffener Links- oder<br />

Rechtshänder. Die Intelligenz selbst wird<br />

nicht vermindert, jedoch ihre Manifestation<br />

gestört, z. B. beim Formulieren und<br />

Ausdrücken der Gedanken, beim Abrufen<br />

von Lerninhalten in Schrift und Sprache,<br />

und so kommt es andauernd zu einem erhöhten<br />

Kräfteeinsatz von schätzungsweise<br />

dreißig Prozent und mehr (gefolgert<br />

aus praktischer Erfahrung, Beobachtung<br />

und Vergleich.)“ (S. 50)<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 11


12<br />

SOZIALES<br />

Gregor Sander entscheidet sich mit 38<br />

Jahren, dass er den Weg der Rückschulung<br />

gehen will. Er sieht sich im Internet<br />

auf Beratungsseiten für Linkshänder um<br />

und findet eine Berliner Ergotherapie-Praxis,<br />

die auf diesen Bereich spezialisiert ist.<br />

Er ist neugierig und aufgeregt, als er zum<br />

ersten Mal hingeht. Die ersten zehn Stunden<br />

testet ihn die Therapeutin – sie will<br />

verhindern, einen Rechtshänder zum<br />

Linkshänder zu machen. Gregor Sander<br />

muss verschiedene Dinge erst mit der<br />

einen, dann mit der anderen Hand machen.<br />

Als er schließlich mit rechts ein Jojo<br />

wirft und es mit der Wurfhand auch wieder<br />

fangen will, macht seine linke Hand<br />

die Fangbewegung automatisch mit, obwohl<br />

sie bis dahin entspannt an seinem<br />

Körper „hing“. Diese Situation brennt sich<br />

ihm ein, er weiß jetzt, dass es richtig war,<br />

in die Praxis zu kommen. Das Testergebnis<br />

fällt aus wie erwartet, Gregor Sander ist<br />

Linkshänder und will es jetzt auch endlich<br />

sein. Gleichzeitig brechen widersprüchliche<br />

und schwierige Gefühle aus ihm heraus.<br />

„Mir wurde plötzlich klar, in welcher<br />

Knechtschaft ich gelebt hatte bis dahin. Ich<br />

habe gespürt, wie grausig das ist, wie ein<br />

Phantomschmerz nach fast vierzig Jahren.<br />

So lange habe ich gegen meine Natur gelebt,<br />

ich war traurig und wütend. Und<br />

gleichzeitig hab ich mich gefreut, dass es<br />

einen Weg da raus gibt.“ Die Rückschulung<br />

beginnt Ende 2006 und sie ist kein<br />

Spaziergang. In der Therapie kann Gregor<br />

Sander lernen, mit links zu zeichnen, zu<br />

schreiben, er lernt Alltagstätigkeiten wie<br />

ein Brot mit links zu schneiden. Diese<br />

Dinge hatte er im Alltag vermieden, wann<br />

immer es ging. Er hat als Kind nicht gemalt,<br />

weil das, was er zeichnete, nie so<br />

aussah, wie das, was er sich in seinem<br />

Kopf vorgestellt hatte. Er bekommt jetzt<br />

Aufgaben, die er regelmäßig zu Hause<br />

üben muss. Manche Dinge fühlen sich zuerst<br />

fremd an, zum Beispiel, sich die<br />

Zähne mit links zu putzen. Nach den Sitzungen<br />

bei seiner Ergotherapeutin fühlt er<br />

sich oft erschöpft, wie in Trance manchmal.<br />

Kein Wunder, denn eine Rückschulung<br />

ist anstrengend für Hand und Hirn.<br />

Insgesamt hat er ein dreiviertel Jahr intensiven<br />

Übens gebraucht. Doch schon<br />

innerhalb dieser Phase kam sein zweites<br />

Buch („Abwesend“, 2007) heraus. Noch<br />

war er nach Auffassung seiner Ergotherapeutin<br />

eigentlich nicht so weit, mit links zu<br />

schreiben. Doch diese Bücher wollte er<br />

nicht mehr mit rechts signieren und sie<br />

unterstützte ihn in diesem Wunsch. „Also<br />

hab ich meinen Namen mit links in die Bücher<br />

geschrieben. Ich hatte immer Sorge,<br />

es nicht hinzukriegen, wenn Menschen<br />

sich eine Widmung mit mehr Text wünschten.<br />

Aber dann hab ich einfach losge-<br />

schrieben, auch wenn es noch kein<br />

Mensch lesen konnte“, erinnert sich der<br />

Autor lachend. Und auch mit dem Zeichnen<br />

ist es plötzlich ganz anders: Es entstehen<br />

Bilder, die der Vorstellung in seinem<br />

Kopf sehr ähnlich sind. Freude und<br />

Traurigkeit sind in dieser Zeit immer dabei.<br />

Es fühlt sich richtig an, mit links zu schreiben,<br />

den Alltag zu leben. Das Gefühl, eingesperrt<br />

zu sein, ist weg. Er fühlt sich freier<br />

jetzt. Wenn er manchmal seinen heute<br />

sechsjährigen Sohn beobachtete oder<br />

seine Neffen, die mit großer Selbstverständlichkeit<br />

malen, schrauben oder hämmern,<br />

ohne sich zu verbiegen – dann tut<br />

er sich selbst leid als Kind. Oder wenn er<br />

seine Frau erlebt, die Linkshänderin ist<br />

und immer sein durfte. „Ich glaube, ich<br />

werde nie wie ein Linkshänder sein, der<br />

nicht umerzogen wurde und das bedaure<br />

ich schon“, sagt der inzwischen 42-<br />

Jährige. Vieles hat er schnell gelernt, zum<br />

Beispiel Badminton mit links zu spielen.<br />

Einiges hat er sich aber erst kürzlich angeeignet.<br />

Kartoffeln hat er noch lange mit<br />

rechts geschält und Schneebälle mit links<br />

zu werfen – daran musste er sich auch<br />

erst gewöhnen. Alltagstätigkeiten wie<br />

diese führen ihm jedes Mal vor Augen, wie<br />

wenig Linkshänder noch immer im Bewusstsein<br />

der Gesellschaft sind. Zwar gibt<br />

es Scheren, Lineale und Füller für Linkshänder,<br />

aber sie wirken fast wie eine Spezialausrüstung<br />

oder Hilfsmittel für behinderte<br />

Menschen. Wer denkt darüber nach,<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


ob Messer und Gemüseschäler für Linkshänder<br />

nutzbar sind und hat schon einmal<br />

jemand einen Fotoapparat in der Hand<br />

gehabt, der den Auslöser auf der linken<br />

Seite hat?<br />

Die Macht der Vorurteile<br />

Gregor Sander redet über die Problematik<br />

und er will, dass die Menschen ein Gefühl<br />

für die Linkshändigkeit bekommen.<br />

Immerhin machen Linkshänder geschätzt<br />

etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung<br />

aus, vielleicht sogar die Hälfte – denn viele<br />

wissen gar nicht, dass sie umerzogen<br />

wurden, dass sie eigentlich Linkshänder<br />

sind. Das macht die Forschungsarbeit auf<br />

diesem Gebiet auch so schwierig. In der<br />

Folge sind die Statistiken wenig aussagekräftig.<br />

Warum die Menschen zur Konformität gezwungen<br />

wurden und heute noch bewogen<br />

werden, ist dem Autor ein Rätsel. Natürlich<br />

gibt es den kulturhistorischen Hintergrund<br />

und sich hartnäckig haltende<br />

Vorurteile. „Linkshändig sein, das hieß im<br />

Mittelalter, mit dem Teufel im Bund sein.<br />

Linkisch sein, der hat mich gelinkt, das<br />

mache ich mit links. Der hat zwei linke<br />

Hände. Die ist mit dem linken Fuß aufgestanden.<br />

Unser Sprachgebrauch in der<br />

Gegenwart ist voll von solchen Wertungen“,<br />

sagt er. Kein Wunder, dass viele<br />

nicht um ihre Händigkeit wissen oder wissen<br />

wollen. Manche Kinder<br />

werden gezwungen,<br />

mit<br />

der nicht dominanten Hand zu schreiben,<br />

andere schulen sich sogar selbst um, weil<br />

sie sehen, dass „alle anderen“ mit rechts<br />

malen und greifen. Wenn Vorbilder und<br />

Gebrauchsgegenstände fehlen wird es<br />

eben nicht einfacher, die eigene Linkshändigkeit<br />

zu leben. Und Kinder passen<br />

sich an. Das weiß Gregor Sander aus eigener<br />

Erfahrung. „Linkshänder sind extrem<br />

anpassungsfähig. Selbst psychische<br />

Probleme in diesem Zusammenhang tragen<br />

sie nicht nach außen. Viele, die umerzogen<br />

wurden, negieren es sogar, dass<br />

ihnen das angetan wurde. Sie sagen<br />

ernsthaft, dass sie Rechtshänder sind.“<br />

Und viele glauben das auch tatsächlich.<br />

Dabei kann er sich nicht vorstellen, dass<br />

es das Bedürfnis nicht gibt, „richtig und<br />

bei sich“ zu sein. Das wenigstens hatte<br />

Gregor Sander vielen Umerzogenen voraus:<br />

Es war ihm bewusst, dass er Linkshänder<br />

ist und seine <strong>Familie</strong> wusste es<br />

auch.<br />

Die Menschen, denen er von seiner Rückschulung<br />

erzählte, zeigten zwar oft Interesse,<br />

aber wenig Verständnis dafür. Sie<br />

fanden es „irgendwie spannend“, aber<br />

wozu den schweren Weg zurück gehen?<br />

Jetzt könne er doch alles mit der rechten<br />

Hand machen, sagten sie. „Die haben<br />

überhaupt nicht begriffen, was für eine<br />

Vergewaltigung so etwas ist, das ewige<br />

sich-falsch-Fühlen.“ Die Ignoranz ärgert<br />

ihn besonders, weil die Umerziehung für<br />

den Betreffenden so schlimme Konsequenzen<br />

haben kann. Das sei fatal, weil es<br />

doch um Kinder gehe, die in ihrer Entwicklung<br />

extrem beschnitten<br />

werden. Er wirft diese „Brutalität“<br />

in seinem Fall niemandem<br />

vor, auch seinen Lehrern und<br />

Eltern nicht. „Die Gesellschaft<br />

war damals so.“ Aber heute hat<br />

er kein Verständnis mehr dafür.<br />

SOZIALES<br />

Gregor Sander beschreibt seine Rückschulung<br />

als Weg zu sich selbst. Trauer<br />

und Wut eingeschlossen war es für ihn<br />

eine der aufregendsten Sachen seines Lebens.<br />

„Es ist ein tolles Gefühl zu erkennen,<br />

dass man nicht besiegt worden ist. Zwar<br />

wurde mir ein Weg verschlossen, aber ich<br />

kann auch noch mit 40 Jahren aufstehen<br />

und losgehen.“ Heute tippt er seine Texte<br />

nach wie vor per Tastatur in den Computer,<br />

aber seine Notizen dazu schreibt er mit<br />

links auf. Und wie sieht es in der <strong>Familie</strong><br />

aus? Sind bei Linkshänder-Eltern die Kinder<br />

automatisch auch links dominant?<br />

Sein ältester Sohn zumindest ist ganz klar<br />

ein Rechtshänder, erzählt er schmunzelnd.<br />

Ganz früh habe er begonnen, mit<br />

rechts zu greifen, auch die Gitarre legt er<br />

sich wie ein Rechtshänder auf die Knie.<br />

Sein kleiner Bruder ist noch ein Baby.<br />

Aber sicher ist auch bei ihm: Er wird seine<br />

Händigkeit selbst entdecken und leben<br />

dürfen.<br />

Mehr Informationen zum Thema gibt es im<br />

Internet unter www.linkshaender-beratung.de.<br />

Im Auer Verlag sind weitere Bücher<br />

von Johanna Barbara Sattler erschienen,<br />

unter anderen: „Übungen für<br />

Linkshänder, Schreiben und Hantieren mit<br />

links“, „Die Psyche des linkshändigen Kindes.<br />

Von der Seele, die mit Tieren spricht.“<br />

oder „Links und Rechts in der Wahrnehmung<br />

des Menschen. Zur Geschichte der<br />

Linkshändigkeit“. y<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

13


14<br />

SOZIALES – INTERVIEW<br />

Die Psychologin und Psychotherapeutin Dr. Johanna Barbara<br />

Sattler leistet in ihrer Alltagspraxis kompetente Hilfestellung<br />

dabei, den richtigen Umgang zu finden, sie gilt als „die<br />

Päpstin des Linkshändertums“.<br />

Sie behandeln, Sie beraten, sie schreiben,<br />

Sie lehren, Sie führen Rückschulungen<br />

durch, alles zum Thema Linkshändigkeit.<br />

Woher rührt Ihr starkes Engagement<br />

für dieses Sachgebiet?<br />

Dr. Sattler: Aus eigener Betroffenheit.<br />

Das ging so weit, dass während meines<br />

Studiums Linkshänder noch als gestört<br />

oder behindert angesehen wurden und<br />

zwar auch in der Fachliteratur. Als dann<br />

bekannt wurde, dass wir uns wissenschaftlich<br />

mit Linkshändigkeit auseinandersetzten,<br />

meldeten sich plötzlich sehr<br />

viele Betroffene, so auch Eltern linkshändiger<br />

Kinder, die wissen wollten, was<br />

sie tun müssen, um alles richtig zu<br />

machen.<br />

Jahrhunderte lang hat man Linkshänder<br />

umgeschult, in manchen Kulturen gilt die<br />

linke Hand für bestimmte Tätigkeiten<br />

sogar als unrein, beziehungsweise<br />

Linkshändigkeit ist mit ebenso lächerlichen<br />

Vorurteilen belegt wie beispielsweise<br />

Rothaarigkeit. Was ist eigentlich<br />

so schlimm am Umschulen?<br />

Dr. Sattler: Es gibt noch viele weitere Beeinträchtigungen:<br />

Linkshänder sind zu bestimmten<br />

Zeiten auch ebenso verpönt<br />

worden wie Rothaarige, denn wer die<br />

linke Hand benutzte, war mit dem Teufel<br />

im Bund.<br />

Aber zur Frage: Die Händigkeit ist keine<br />

Angewohnheit, sie ist gehirnbedingt.<br />

Händigkeit ist Hirnigkeit: Beim Linkshänder<br />

ist die rechte Gehirnhälfte motorisch<br />

stärker ausgeprägt, seine Linkshändigkeit<br />

steht schon vor der Geburt fest. Wird<br />

nun der dominanten Hand verboten, ihre<br />

Fähigkeiten auch auszuüben, stattdessen<br />

der motorisch schwächeren (rechten)<br />

Hand – und damit der schwächeren<br />

(linken) Gehirnhälfte – mehr abverlangt,<br />

als diese zu geben fähig ist, kommt es<br />

zu weiteren Überlastungen. Primärfolgen<br />

können sein: Gedächtnisstörungen,<br />

Konzentrations- und Lese-/Rechtschreibstörungen,Links/Rechts-Unsicherheiten,<br />

feinmotorische Störungen<br />

und Sprachauffälligkeiten. In ihrer Folge<br />

treten dann möglicherweise als Sekundärfolgen<br />

Minderwertigkeitskomplexe,<br />

Unsicherheit, Zurückgezogenheit, Verhaltensprobleme<br />

und psychosomatische<br />

Störungen auf.<br />

Der so genannte Knoten im Gehirn<br />

kommt daher zustande, dass nicht nur<br />

die schwächere Hand zur Dominanz<br />

gezwungen wird, gleichzeitig wird die<br />

dominante Körperhälfte unnatürlicher-<br />

weise unterfordert. Oft ist es sogar so,<br />

dass Umgeschulte überfordert sind,<br />

wenn sie bei einem Vortrag mitschreiben<br />

sollen, weil sie „auf links denken“. Das ist<br />

für viele ein ungeheuer komplizierter<br />

Vorgang, den ich gerne einmal vereinfacht<br />

darstelle: Da kommt der Vortrag<br />

durch die Ohren herein ins Gehirn, dort<br />

wird er zerlegt und verstanden und der<br />

Mensch soll schreiben. Der Befehl<br />

„Schreiben“ wird aber beim Linkshänder<br />

natürlich für die linke Hand erteilt. Nun<br />

muss die rechte Gehirnhälfte jede Bewegung<br />

der „Ausführung Schreiben“ an<br />

die linke Gehirnhälfte übertragen und<br />

dabei auch noch auf rechte Hand „transponieren“,<br />

weil ja der Bewegungsablauf<br />

beim – erzwungenen – Schreiben mit<br />

der nicht dominanten rechten Hand ein<br />

ganz anderer ist.<br />

Die Händigkeit ist genetisch bedingt?<br />

Dr. Sattler: Ja, als Beweis dafür dient beispielsweise<br />

die Tatsache, dass Linkshändigkeit<br />

weit häufiger auftritt, wenn einer<br />

der Eltern Linkshänder ist.<br />

Logisch ist für die meisten Arbeitsabläufe,<br />

dass der Mensch eine Führungshand hat,<br />

das gibt es übrigens auch bei Tieren.<br />

Evolutionär macht die Linkshändigkeit<br />

einen Sinn als Ergänzung zum Rechtshänder.<br />

Durch die unterschiedlichen Gehirnfähigkeiten<br />

gibt es auch unterschiedliche<br />

Denkstrukturen, was ebenfalls zu<br />

neuen Anstößen führt.<br />

Wir sprachen schon über Kulturen, die<br />

Linkshändigkeit aus religiösen oder traditionellen<br />

Gründen nicht dulden. Gibt es<br />

denn auch Kulturen, von denen wir diesbezüglich<br />

Toleranz lernen können?<br />

Dr. Sattler: Die USA sind schon seit langem<br />

viel liberaler als wir. Aber wir<br />

haben hier in Deutschland in den letz-<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


ten zwei Jahrzehnten gut aufgeholt.<br />

Länder, in denen Linkshändigkeit aber<br />

wirklich als „normal“ angesehen und<br />

entsprechend in der Schule und am Arbeitsplatz<br />

berücksichtigt wird, sind mir<br />

nicht bekannt.<br />

Wie hoch ist der Prozentsatz an Linkshändern<br />

in der Bevölkerung?<br />

Dr. Sattler: 20 bis hin zu 30 % sind möglicherweise<br />

realistisch. Das ist aber auch<br />

eine Frage der Erfassung. Der Streit<br />

fängt ja schon an der Stelle an, wo es die<br />

Frage zu beantworten gilt, ob ein umgeschulter<br />

Linkshänder noch ein Linkshänder<br />

ist. Wir sagen: Natürlich bleibt er es,<br />

denn die Dominanz der Gehirnhälften<br />

kann ja nicht „ausgetauscht“ werden. Jemand,<br />

der in der Händigkeit umgeschult<br />

wird, nimmt das meist nur für eine bestimmte<br />

Tätigkeit an: zum Beispiel das<br />

Schreiben. Alles andere macht er weiterhin<br />

mit links. Und die Füßigkeit, die<br />

zumeist gleich gepolt ist, wird ebenfalls<br />

beibehalten.<br />

Wenn die Umschulung „den Knoten ins<br />

Gehirn macht“, öffnet die Rückschulung<br />

den denn wieder?<br />

Dr. Sattler: Nein, leider nicht ganz. Am<br />

ehesten reduzieren sich Primärfolgen der<br />

Umschulung der Händigkeit und für manche<br />

Menschen ist es wichtig, die Kränkungen<br />

und Verletzungen durch die Umschulung<br />

und die „Ächtung“ der linken<br />

Hand und damit ihrer ganzen Persönlichkeit<br />

als Linkshänder zu rehabilitieren. Ob<br />

man hier von einem regelrechten Trauma<br />

sprechen kann, möchte ich offen lassen.<br />

Für eine Vielzahl Umgeschulter ist es auch<br />

eine Bestätigung im Erwachsenenalter,<br />

nun (endlich) so sein zu dürfen und können,<br />

wie sie wirklich sind: Ganz einfach<br />

Linkshänder.<br />

Frage: Sind für den Linkshänder die<br />

Rechtshänder die Behinderten?<br />

Dr. Sattler: Wir sollten nicht „zurückkarten“<br />

und den Begriff der Behinderung im Zusammenhang<br />

mit der Händigkeit nicht<br />

mehr verwenden.<br />

Sind aber rechtshändige Eltern nicht<br />

schlicht überfordert – selbst wenn sie allerbesten<br />

Willens sind –, wenn sie ihrem<br />

linkshändigen Kind Dinge beibringen sollen,<br />

wie beispielsweise Schleifebinden,<br />

Gitarrespielen, Rollerfahren oder auch<br />

schon nur ein Schulheft richtig hinzulegen,<br />

um so eine günstige Schreibhaltung<br />

zu erreichen?<br />

Dr. Sattler: Ja. Aber es gibt Hilfen: Es gibt<br />

unsere Beratungsstelle (www.lefthanderconsulting.org)<br />

und ein Netzwerk der<br />

Linkshänderberaterinnen und -berater. Es<br />

gibt gute Literatur, es gibt eine Reihe von<br />

Firmen, die sich sehr intensiv und erfolgreich<br />

um die Schaffung von Linkshänder-<br />

Produkten bemühen, und es gibt inzwischen<br />

Läden und Versandgeschäfte quer<br />

durch die Republik, in denen Linkshänder-Produkte<br />

verkauft werden, die überwiegend<br />

wirklich hilfreich sind. Viele Informationen<br />

dazu findet man auf unserer<br />

Internet-Site.<br />

Die Kaffeetasse für Linkshänder ist ja inzwischen<br />

ein so alter Gag, dass die Leute<br />

nicht einmal mehr gähnen, aber im Ernst,<br />

was für Linkshänderprodukte gibt es eigentlich?<br />

Dr. Sattler: Die Tasse ist gar nicht so ein<br />

Gag: Gerade Kindertassen haben häufig<br />

schöne Dekore, wenn diese aber nicht<br />

ganz um die Tasse herumgezogen sind,<br />

sind sie auf der falschen, der abgewandten<br />

Seite für den Linkshänder.<br />

Wichtig sind für Linkshänder besonders<br />

Produkte wie Schere, Spitzer, Schreibun-<br />

SOZIALES – INTERVIEW<br />

terlage, Haushaltsgeräte wie z. B. Schäler,<br />

Dosenöffner, Taschenmesser, Computermaus.<br />

Wissen sollten Eltern, dass die beidhändig<br />

gut funktionierende Schere – von einer<br />

einzigen uns bekannten Ausnahme abgesehen,<br />

die umgebaut werden kann –<br />

Betrug ist und dass man bei Schulfüllern<br />

für beide Händigkeiten ebenfalls äußerst<br />

vorsichtig sein sollte. Als besonders geeignetes<br />

Produkt für beide Gruppen erwähne<br />

ich gerne das Geometrie-Dreieck,<br />

welches die Zahlenreihen in beide Richtungen<br />

aufzeichnet.<br />

Bei Spielzeug ist darauf zu achten, dass es<br />

von beiden Seiten gut benutzbar ist. Dann<br />

wird jedes Kind es so verwenden, wie es<br />

seiner Präferenz entspricht.<br />

Wir geben übrigens einmal im Jahr eine<br />

Auszeichnung für Spielzeug heraus, das<br />

auch linkshändige Kinder nicht vernachlässigt.<br />

Kann man rechtshändigen Eltern Hilfestellungen<br />

geben herauszufinden, welche<br />

Produkte für Linkshänder überhaupt<br />

geeignet sind?<br />

Dr. Sattler: Auch wenn jeder Mensch<br />

immer in seiner Händigkeit ist, Einfühlsamkeit<br />

und Aufmerksamkeit kann man<br />

lernen.<br />

Ist es richtig, als Resümee unseres Gespräches<br />

zu formulieren: Nicht der Linkshänder<br />

muss umlernen, sondern die Umgebung<br />

muss den Umgang mit der<br />

Linkshändigkeit umlernen?<br />

Dr. Sattler: Ja, absolut.<br />

Frau Dr. Sattler, wir danken Ihnen für dieses<br />

Gespräch.<br />

Thomas J. Lennartz<br />

(Urheber: KUM, Erlangen)<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

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16<br />

SOZIALES<br />

Studie:<br />

Jedes fünfte Kind fühlt<br />

sich benachteiligt<br />

Kinder sind neugierig und wollen eigene Wege gehen. Und sie<br />

haben jede Menge Anlagen in sich, um das zu tun. Wie gut sie<br />

ihr Potenzial aber nutzen können, hängt wesentlich von der<br />

Herkunft und von den Bildungseinrichtungen ab. Zum zweiten<br />

Mal nach 2007 hat jetzt World Vision Deutschland eine<br />

Kinderstudie in Auftrag gegeben.<br />

Der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann<br />

und die Kindheitsforscherin Sabine<br />

Andresen haben gemeinsam mit TNS Infratest<br />

Sozialforschung rund 2500 Kinder<br />

über ihre Lebenssituation und ihr Wohlbefinden<br />

befragt. Die Mädchen und Jungen<br />

hatten klare Positionen zum Leben in<br />

der <strong>Familie</strong> und in der Schule, sie konnten<br />

benennen, was ihnen Angst macht<br />

und was ihre Hoffnungen sind. Befragt<br />

wurden in dieser Untersuchung Sechsbis<br />

Elfjährige. Bei der ersten Studie war<br />

die Gruppe der Sechs- bis Siebenjährigen<br />

noch nicht einbezogen worden. Die geschulten<br />

Interviewer trafen die Kinder in<br />

ihrem Zuhause zum Gespräch, ergänzend<br />

wurde ein Elternfragebogen zum familiären<br />

Hintergrund ausgefüllt. Im Folgenden<br />

stellen wir wesentliche Ergebnisse<br />

der Untersuchung vor.<br />

<strong>Familie</strong> bewegt sich<br />

<strong>Familie</strong> bedeutet Geborgenheit, Schutz<br />

und sicheren Boden unter den Füßen – jedenfalls<br />

ist das der Idealfall. Die große<br />

Mehrheit der Kinder in unserem Land sieht<br />

das offenbar so und fühlt sich wohl mit den<br />

eigenen Eltern: 45 Prozent der Mädchen<br />

und 44 Prozent der Jungen bewerteten die<br />

Zufriedenheit als „sehr positiv“, weitere 39<br />

beziehungsweise 37 Prozent als „positiv“.<br />

Neutral äußerten sich 11 beziehungsweise<br />

14 Prozent. Drei Prozent der befragten Kinder<br />

gaben das Urteil „negativ“ ab, zwei<br />

Prozent sogar „sehr negativ“.<br />

Die Formen, wie <strong>Familie</strong>n gegenwärtig<br />

zusammen leben oder eben nicht, sind<br />

vielfältig. Patchwork-<strong>Familie</strong>n sind keine<br />

Seltenheit, sondern gelebte Realität: Immerhin<br />

mehr als ein Fünftel der befragten<br />

Kinder wächst laut Studie nicht mit beiden<br />

leiblichen Eltern auf. Die große Mehrheit<br />

aber lebt nach wie vor in der klassischen<br />

Kernfamilie mit verheirateten Eltern (71<br />

Prozent). Jedes vierte Kind hat keine Geschwister,<br />

knapp jedes zweite hat einen<br />

Bruder oder eine Schwester, 27 Prozent<br />

lebt mit mehreren Geschwistern. Die<br />

Hälfte der befragten Kinder (51 Prozent)<br />

leben in einer <strong>Familie</strong>, in der beide Elternteile<br />

oder der allein erziehende Elternteil<br />

regelmäßig arbeiten gehen. Fünf<br />

Prozent der Kinder leben bei arbeitslosen<br />

Elternteilen.<br />

Ohne Zweifel hat der soziale Hintergrund<br />

Einfluss auf die Entwicklung der Kinder.<br />

Die Forscher teilten die Kinder für die Auswertung<br />

in Gruppen ein, die nach dem Bildungsniveau<br />

der Eltern und einer Einschätzung<br />

der verfügbaren materiellen<br />

Ressourcen gebildet wurden. Demnach<br />

waren neun Prozent der Kinder aus der so<br />

genannten „Unterschicht“, 18 Prozent aus<br />

der „unteren Mittelschicht“, jeweils 29 Prozent<br />

aus der „Mittelschicht“ und der „oberen<br />

Mittelschicht“. 15 Prozent der Kinder<br />

werden der „Oberschicht“ zugerechnet.<br />

Gebeten, auf die Aussagen „Wir haben<br />

genug Geld für alles, was wir brauchen“<br />

und „In unserer <strong>Familie</strong> ist das Geld eher<br />

knapp“ zu reagieren, gab jedes vierte<br />

Kind an, dass es finanzielle Beschränkungen<br />

in der <strong>Familie</strong> gebe. Im Detail äußerten<br />

neun Prozent der Mädchen und Jungen<br />

konkrete armutsbedingte Einschränkungen.<br />

Weil das Geld in diesen <strong>Familie</strong>n<br />

nicht reicht, muss zum Beispiel auf einen<br />

Kinobesuch oder Urlaub verzichtet werden.<br />

Es gibt aber auch Kinder, denen das<br />

Geld für die Schultüte oder für Essen fehlt.<br />

Weitere 16 Prozent machten auf finanzielle<br />

Beschränkungen aufmerksam. Und<br />

diese Erfahrungen wirken sich natürlich<br />

auf die Vorstellungen von der Zukunft aus:<br />

Kinder ohne Armutserfahrungen (27 Prozent)<br />

gaben an, manchmal oder häufig<br />

Angst vor Arbeitslosigkeit der Eltern zu<br />

haben. Kinder, die in der Befragung be-<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


eits auf finanzielle Beschränkungen verweisen,<br />

gaben das schon zu 39 Prozent<br />

an. Mehr als die Hälfte der Kinder mit konkreten<br />

Armutserfahrungen (55 Prozent)<br />

äußerten diese Angst. „Die Gesamtbefunde<br />

zum Armutserleben aus der Sicht der<br />

Kinder sprachen aus unserer Sicht für<br />

sich. Armut ist für die Kinder physisch<br />

konkret und keine ‚relative Größe’. Armut<br />

grenzt aus, und dies erleben die Kinder<br />

auch so in ihrem Alltag“, fassen die<br />

Studienmacher zusammen. „Eine niedrige<br />

soziale Herkunftsschicht, ein allein erziehender<br />

Elternteil sowie fehlende Integration<br />

der Eltern in den Arbeitsmarkt sind<br />

die klassischen Risikofaktoren für ein Aufwachsen<br />

in Armut.“<br />

Zeit für die Kinder<br />

Zwei Drittel der befragten Mädchen und<br />

Jungen gaben an, dass sie zufrieden mit<br />

der Zeit sind, die die Mütter für sie haben.<br />

Aber nur ein Drittel stimmte dem bei den<br />

Vätern zu. 13 Prozent der Kinder beklagten,<br />

dass kein Elternteil genügend Zeit für<br />

sie habe. Offenbar geht es dabei eher weniger<br />

um die berufliche Abwesenheit der<br />

Eltern, heißt es in der Studie. Knapp jedes<br />

dritte Kind, das Zuwendung vermisst, hatte<br />

Eltern, die arbeitslos sind oder aus anderen<br />

Gründen keiner Erwerbstätigkeit<br />

nachgehen. Wo beide Eltern vollzeitbeschäftigt<br />

sind, beklagten „nur“ 17 Prozent<br />

der Kinder ein Zeitdefizit. Bei <strong>Familie</strong>n mit<br />

einem erwerbstätigen Elternteil waren es<br />

neun Prozent der Kinder.<br />

Herkunft bestimmt oft<br />

den Bildungsweg<br />

Die Mehrheit der Studienteilnehmer besucht<br />

die Grundschule (71 Prozent). Ein<br />

Viertel geht auf eine Schule der Sekundarstufe<br />

I – abhängig von der Bildungslandschaft<br />

im jeweiligen Bundesland. Vier<br />

Prozent der Kinder gehen auf eine Förderschule.<br />

Laut Studie zeigt sich auch hier<br />

ein Zusammenhang zwischen Bildungsweg<br />

und Herkunftsschicht: Nur ein Prozent<br />

der Kinder aus der Unterschicht besuchte<br />

ein Gymnasium, dagegen 22 Prozent<br />

aus der Oberschicht (zum Vergleich:<br />

2007 lag die Differenz zwischen einem<br />

und 19 Prozent). Im Gegenzug dazu besuchten<br />

13 Prozent der Kinder aus der Unterschicht<br />

eine Förderschule, aber nur ein<br />

Prozent der Kinder aus der Oberschicht.<br />

Auch die Perspektive, die die befragten<br />

Kinder auf ihre Zukunft hatten, war davon<br />

beeinflusst. Knapp jedes fünfte Kind (19<br />

Prozent) aus der Unterschicht träumt<br />

davon, Abitur zu machen. In der Mittelschicht<br />

sind es schon 45 Prozent, in der<br />

Oberschicht gehen gleich 76 Prozent<br />

davon aus.<br />

Die Halbtagsschule ist in der Bundesrepublik<br />

die Regelschule. Im Vergleich zur<br />

Studie von 2007 ist der Anteil der achtbis<br />

elfjährigen Kinder auf Ganztagsschulen<br />

von 13 auf 18 Prozent angestiegen.<br />

Hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied<br />

zwischen den alten und neuen Bundesländern.<br />

Während in Westdeutschland 14<br />

SOZIALES<br />

Prozent der Kinder von sechs bis elf auf<br />

eine Ganztagsschule gehen, sind es im<br />

Osten 37 Prozent. Offenbar gibt es bei den<br />

befragten Kindern eine Akzeptanz der<br />

Ganztagsschule, so die Studienmacher:<br />

„Nur acht Prozent der Kinder, die eine<br />

Halbtagsschule besuchen, können sich<br />

keines der Angebote auf einer Ganztagsschule<br />

vorstellen. Schaut man auf<br />

die 8- bis 11-Jährigen, so zeigt sich, dass<br />

der Anteil derer, die sich nichts vorstellen<br />

können, von zwölf auf sechs Prozent<br />

zurückgegangen ist. Schüler von Halbtagsschulen<br />

würden zu 77 Prozent Sport<br />

sowie zu 66 Prozent Kunst- oder Theater-AGs<br />

und ähnliche Kreativformen als<br />

schulische Nachmittagsangebote begrüßen.<br />

Projektunterricht könnten sich<br />

56 Prozent vorstellen, eine Hausaufgabenbetreuung<br />

fänden 39 Prozent der<br />

Kinder gut, normalen Unterricht am<br />

Nachmittag allerdings nur 16 Prozent.<br />

Ganztagsangebote ja, aber bloß nicht<br />

den ganzen Tag Schule! Es hängt demnach<br />

vom Konzept und der Ausgestaltung<br />

ab, auf welche Akzeptanz die Ganztagsschule<br />

bei Kindern stößt.“<br />

Die Studienmacher fordern deshalb, Kinder<br />

künftig stärker in die Debatte um<br />

Ganztagsschulen einzubeziehen. Ihre Teilhabe<br />

an Schule sollte größer sein. Ganztagsschule<br />

könne mit einem entsprechenden<br />

Konzept und ausreichenden<br />

Ressourcen neue Möglichkeiten zur Beteiligung<br />

schaffen. So könne man sich viel<br />

stärker als bisher an den Bedürfnissen<br />

der Kinder orientieren. Neben der Ganztagsschule<br />

nutzen 22 Prozent der Sechsbis<br />

Elfjährigen eine Nachmittagsbetreuung<br />

(Hort oder Betreuung in der Schule).<br />

Auch hier gibt es ein großes Gefälle zwischen<br />

den alten und neuen Bundesländern.<br />

66 Prozent der Kinder werden im<br />

Osten des Landes institutionell betreut, im<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

17


18<br />

SOZIALES<br />

Westen sind es weniger als die Hälfte<br />

davon (32 Prozent).<br />

Was brauchen unsere<br />

Kinder also?<br />

Um selbstbewusst und kompetent zu<br />

werden, braucht es Unterstützung. Kinder<br />

BILDUNG – BUCHTIPP<br />

wollen ernst genommen werden, ihre eigene<br />

Meinung haben und sie auch vertreten<br />

dürfen – und das nicht nur in der<br />

<strong>Familie</strong> und unter Freunden, sondern<br />

auch in der Schule. Förderlich sei ebenfalls<br />

ein Freundeskreis, Kontakte in Vereinen<br />

und Freizeitangebote. Bedrohlich für<br />

Angst und Druck in der Schule –<br />

was man dagegen tun kann<br />

Das neue Schuljahr hat begonnen und<br />

mit ihm finden sich Kinder, Jugendliche<br />

und ihre <strong>Familie</strong>n wieder ein in den Alltag.<br />

Viele Kinder sind neugierig und freuen<br />

sich auf die Mitschüler, die neuen und<br />

alten Fächer und die<br />

Lehrer. Aber es gibt<br />

auch Kinder und Jugendliche,<br />

denen<br />

das Schulleben<br />

Bauchweh macht.<br />

Sie haben Angst zu<br />

versagen, dem<br />

Druck nicht standhalten<br />

zu können, zu Verlierern unserer<br />

Gesellschaft zu werden. Und sie schämen<br />

sich manchmal sogar, sich mit diesen Sorgen<br />

ihren Eltern anzuvertrauen. Und die<br />

interpretieren den Kummer der Kinder<br />

vielleicht als vorübergehende Phase, als<br />

mangelnde Lust auf Schule.<br />

Wie aber können Eltern helfen, wenn es<br />

ihren Kindern so ergeht? Im Beltz Verlag<br />

ist gerade ein sehr hilfreiches Buch erschienen.<br />

Unter dem Titel „Keine Angst<br />

vor der Schule. Was Eltern tun können“<br />

geben die Autoren Udo Baer und Waltraut<br />

Barnowski-Geiser wichtige Tipps und Hilfestellung.<br />

Beschrieben werden zunächst<br />

die Formen, in denen sich Angst vor der<br />

Schule ausdrücken kann: zum Beispiel<br />

sind das Krankheiten, Isolation, Verstummen,<br />

Selbstverletzungen. Schon erste<br />

Hinweise darauf können erkannt werden,<br />

wenn Eltern genau hinschauen. Im zweiten<br />

Teil kommen Kinder in Beispielfällen<br />

zu Wort. Hier wird deutlich, welche verschiedenen,<br />

ganz persönlichen Ursachen<br />

für die Ängste vorliegen können. In der<br />

Folge werden Sofortmaßnahmen beschrieben,<br />

die selbstverständlich scheinen<br />

(„Dasein“, „Halt geben“, „Gemeinsam Eltern<br />

sein“) – doch manchmal ist die<br />

Situation eben komplizierter. Da sind die<br />

eigene Schulvergangenheit, Stress in der<br />

Partnerschaft oder Sorgen um die berufliche<br />

Existenz. Solche Gefühle übertragen<br />

sich natürlich auch auf das Kind. Wichtig<br />

ist, gemeinsam zu versuchen, die Angst<br />

zu überwinden.<br />

Wer den Verdacht hat, sein Kind könnte<br />

Angst vor der Schule haben, findet am<br />

Ende des Buches Fragebögen zum<br />

Thema. Außerdem geben die Autoren<br />

diese Entwicklung sind dagegen laut Studie<br />

Armut und fehlende elterliche Zuwendung<br />

– dann nämlich würden Kinder<br />

gehindert, Selbstwertgefühl und Kompetenz<br />

zu entwickeln. y<br />

Buchtipps und weisen auf hilfreiche Internetadressen<br />

hin. „Keine Angst vor der<br />

Schule“ ist in Zusammenarbeit mit „Eltern“,<br />

„Eltern family“, der Deutschen Liga<br />

für das Kind und der Initiative gegen frühkindliche<br />

Deprivation e.V. entstanden und<br />

kostet 12,95 Euro. y<br />

Ein weiteres Buch zum Thema Schule<br />

beschäftigt sich mit der Generation G8<br />

und dem Druck, der Kindern und ihren <strong>Familie</strong>n<br />

daraus entsteht. Es trägt den Titel<br />

„Generation G8. Wie die Turbo-Schule<br />

Schüler und <strong>Familie</strong>n ruiniert“ und ist<br />

ebenfalls im Beltz Verlag erschienen. Die<br />

Autorin Birgitta vom Lehn ist Journalistin<br />

und Mutter von drei Kindern im G8-Alter.<br />

Sie beleuchtet in<br />

ihrem Buch die Hintergründe<br />

und Ziele<br />

der verkürzten Abiturstufe,<br />

die Auswirkungen<br />

auf Schüler, Lehrer<br />

und Eltern.<br />

Das Buch kostet<br />

14,95 Euro. y<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


Der <strong>Familie</strong>nreport behandelt unter anderem<br />

die Varianten des Zusammenlebens<br />

mit Kindern, die Nettoeinkommen<br />

der Eltern, Zeitmanagement, die Vereinbarkeit<br />

von <strong>Familie</strong> und Beruf, Elterngeld<br />

und Elternzeit und betrachtet auch <strong>Familie</strong>n<br />

mit Migrationshintergrund. Natürlich<br />

geht es auch um die staatlichen Leistungen,<br />

die Zahlen beziehen sich auf den<br />

Stand von 2008. Hier benennt das Ministerium<br />

157 ehe- und familienbezogene<br />

Leistungen und Maßnahmen in Höhe von<br />

insgesamt 186 Milliarden Euro. 149 familienbezogene<br />

Einzelleistungen machen<br />

demnach mehr als 114 Milliarden Euro<br />

aus. 51 Milliarden Euro davon sind dem<br />

großenteils verfassungsrechtlich gebotenen<br />

<strong>Familie</strong>nlastenausgleich zuzuordnen<br />

(Kinderfreibeträge vom Einkommen, Steuerfreistellung<br />

des Existenzminimums von<br />

Kindern, „beitragsfreie Mitversicherung“<br />

von Kindern in der Sozialversicherung). 16<br />

Milliarden Euro wurden für die materielle<br />

und gesundheitliche Grundsicherung von<br />

Kindern, dem Alimentationsprinzip für<br />

Staatsbedienstete und der Jugendhilfe<br />

veranlagt. Nur die übrigen 47 Milliarden<br />

Euro sind als <strong>Familie</strong>nförderung im engeren<br />

Sinn zu verstehen – etwa 14,6 Milliarden<br />

entfallen auf den Förderanteil des Kindergeldes.<br />

Neben den familienbezogenen Leistungen<br />

im engeren Sinn führt die Bestandsaufnahme<br />

die ehebezogenen Leistungen<br />

„mit starkem <strong>Familie</strong>nbezug“ auf. In die<br />

Gesamtsumme von rund 72 Milliarden<br />

Euro gehören die Witwen- und Witwerrenten<br />

(37 Milliarden Euro) und das Ehegattensplitting<br />

(rund 20 Milliarden Euro).<br />

„Die <strong>Familie</strong>nkomponente in den Konjunkturpaketen<br />

der Bundesregierung<br />

2008/2009 erhöht die <strong>Familie</strong>neinkommen<br />

und stützt damit die deutsche Konjunktur.<br />

So wird der bislang bemerkenswert<br />

stabile Inlandskonsum in hohem<br />

Maße von <strong>Familie</strong>n getragen. Das ifo-<br />

Institut stellte im Sommer 2009 fest, dass<br />

in den Jahren 2008 und 2009 die familienpolitischen<br />

Maßnahmen sowie die<br />

Änderungen bei Lohnsteuer und Sozialabgaben<br />

zu zum Teil erheblichen Steigerungen<br />

der Einkommen privater Haushal-<br />

FAMILIENPOLITIK<br />

Wie leben eigentlich<br />

<strong>Familie</strong>n?<br />

„Die Stabilisierung von <strong>Familie</strong>neinkommen, nachhaltige Armutsvermeidung<br />

und die Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und Beruf<br />

haben noch stärker an Bedeutung gewonnen. <strong>Familie</strong>n in allen<br />

Einkommensbereichen werden unterstützt. <strong>Familie</strong> als soziale<br />

Mitte der Gesellschaft wird gesichert.“ Das klingt märchenhaft<br />

gut und steht so im <strong>Familie</strong>nreport 2010 des Bundesfamilienministeriums,<br />

der im Sommer vorgestellt wurde. Was ist<br />

dran an den Zahlen und Interpretationen und was haben sie<br />

mit der tatsächlichen Lebensrealität von <strong>Familie</strong>n zu tun?<br />

te geführt haben. Diese Steigerungen fallen<br />

je nach Haushaltstyp und Einkommen<br />

recht unterschiedlich aus. Aufgrund<br />

des starken Gewichts der familienbezogenen<br />

Maßnahmen liegen die Einkommensverbesserungen<br />

in den <strong>Familie</strong>nhaushalten<br />

deutlich höher als in den<br />

Haushalten ohne Kinder. In den <strong>Familie</strong>nhaushalten<br />

wiederum hängt die Höhe der<br />

Entlastung von Alter und Zahl der Kinder<br />

sowie von der Höhe des Erwerbseinkommens<br />

ab“, heißt es. Nach unseren<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

19


20<br />

FAMILIENPOLITIK<br />

Berechnungen bleibt den <strong>Familie</strong>n aber<br />

auch 2010 weniger im Portemonnaie als<br />

ihnen zustünde. Ein Ehepaar mit zwei Kindern<br />

und einem angenommenen Einkommen<br />

von 30.000 Euro im Jahr hat<br />

nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialabgaben<br />

praktisch kein frei verfügbares<br />

Einkommen, sondern mit einem Minus<br />

von 3271 Euro im Jahr zu kämpfen (siehe<br />

<strong>DFV</strong> <strong>Familie</strong> 1/2010, S. 9). Bei einem Ehepaar<br />

mit vier Kindern sieht es ganz düster<br />

aus – 12.427 Euro fehlen am Jahresende,<br />

wenn das steuerliche Existenzminimum<br />

für Erwachsene und Kinder berücksichtigt<br />

werden. Spätestens hier wird klar:<br />

Der <strong>Familie</strong>nreport färbt schön. Ohnehin<br />

hinterlässt das „Tableau der staatlichen<br />

Leistungen“ letztlich viele offene Fragen.<br />

<strong>Familie</strong>n warten weiterhin darauf, dass<br />

ihnen Gerechtigkeit widerfährt, dass der<br />

Staat nicht nur in Worten, sondern in Taten<br />

und damit in Euro die Leistung der <strong>Familie</strong>n<br />

für die Gesellschaft anerkennt. Solange<br />

Skilifte und Tierfutter mit einer geringeren<br />

Mehrwertsteuer (7 Prozent) belegt<br />

werden als Kinderprodukte (19 Prozent),<br />

bleibt noch viel zu tun. Und dieses Beispiel<br />

ist – nicht zuletzt wegen der Medienwirksamkeit<br />

– nur die Spitze des Eisberges.<br />

Jeder Fünfte ist unter<br />

20 Jahre alt<br />

Fast jeder fünfte Mensch in Deutschland<br />

ist ein Kind oder ein junger Erwachsener,<br />

die Altersgruppe von 0 bis 20 Jahren<br />

macht 19 Prozent der Bevölkerung aus<br />

und ist damit fast gleichauf mit der Gruppe<br />

der über 65-Jährigen (20 Prozent). 61<br />

Prozent der Bevölkerung sind zwischen<br />

20 und 64 Jahre alt. Die Geburtenrate ist<br />

von 1,37 auf 1,38 gestiegen, diese Tendenz<br />

ist laut <strong>Familie</strong>nreport auf die wachsenden<br />

Geburtenzahlen in den neuen<br />

Bundesländern zurückzuführen. Insge-<br />

samt bekommen Frauen ihre Kinder später<br />

als noch vor zehn Jahren. „2008 war<br />

eine deutsche Mutter bei der Geburt ihres<br />

ersten Kindes durchschnittlich 30,4 Jahre<br />

alt. Heute bringen Frauen zwischen 29<br />

und 32 Jahren die meisten Kinder zur<br />

Welt, während es 2001 noch Frauen zwischen<br />

28 und 30 Jahren waren.“ Fast<br />

jedes dritte Kind wurde 2008 von nicht<br />

verheirateten Müttern geboren, der Anteil<br />

nichtehelicher Geburten stieg seit 1991<br />

von 15 auf 30 Prozent.<br />

Die Kinderlosigkeit von Frauen ist in Ostdeutschland<br />

wesentlich geringer als in den<br />

alten Bundesländern. Acht Prozent der ostdeutschen<br />

Frauen zwischen 50 und 75<br />

Jahren haben keine Kinder, in Westdeutschland<br />

sind es 14 Prozent. In der<br />

Gruppe der 35- bis 39-Jährigen sind 28<br />

Prozent in den alten Ländern kinderlos,<br />

aber nur 16 Prozent in den neuen Ländern.<br />

In Westdeutschland ist die Kinderlosigkeit<br />

laut Studie an den Bildungsstand gekoppelt:<br />

Je höher der Bildungsstand, desto<br />

häufiger ist die Frau ohne Nachwuchs. In<br />

Ostdeutschland sieht das anders aus: Die<br />

Kinderlosigkeit ist dort bei Frauen mit geringer<br />

Bildung etwas höher als bei Frauen<br />

mit hohem Bildungsgrad. Knapp die Hälfte<br />

von Frauen mit geringen Haushaltsnettoeinkommen<br />

ist kinderlos. Je höher das<br />

Einkommen, desto größer ist der Anteil der<br />

Frauen mit zwei Kindern. Mehrkindfamilien<br />

bei kleinen Einkommen sind laut <strong>Familie</strong>nreport<br />

selten, sie sind demnach vergleichsweise<br />

häufiger armutsgefährdet als<br />

<strong>Familie</strong>n mit einem oder zwei Kindern. In<br />

den neuen Bundesländern gibt es laut<br />

Studie weniger Mehrkindfamilien als in<br />

den alten Bundesländern.<br />

86 Prozent der verheirateten Frauen zwischen<br />

35 und 49 Jahren haben Kinder,<br />

bei den Ledigen dieser Altersgruppe ist es<br />

nur etwa jede Dritte. Einen Unterschied<br />

macht offenbar die Herkunft: In den alten<br />

Bundesländern hatte rund jede vierte der<br />

unverheirateten Frauen Kinder, in den<br />

neuen Bundesländern sind es zwei Drittel.<br />

Die Ehe ist aber nach wie vor mit einem<br />

Anteil von 73 Prozent an allen <strong>Familie</strong>nformen<br />

die meist gelebte, wenngleich die<br />

nichtehelichen Lebensgemeinschaften in<br />

den vergangenen zehn Jahren um mehr<br />

als 30 Prozent zugenommen haben, vor<br />

allem in Westdeutschland. Während in<br />

den neuen Ländern knapp jede fünfte Lebensgemeinschaft<br />

nicht ehelich ist, sind<br />

es in den alten Ländern nur sechs Prozent.<br />

76 Prozent aller ledigen Kinder wachsen<br />

bei ihren verheirateten Eltern auf.<br />

Lebensmodelle der<br />

Gegenwart<br />

Laut <strong>Familie</strong>nreport nimmt die Zahl der allein<br />

verdienenden Männer in unserem<br />

Land ab, viele Frauen tragen zum <strong>Familie</strong>neinkommen<br />

bei. Ostdeutsche Frauen<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


gehen häufiger einer eigenständigen Arbeit<br />

nach, oft sogar in Vollzeit. Frauen ernähren<br />

sich oder ihre <strong>Familie</strong>n dort allerdings<br />

oft mit einem recht niedrigen Einkommen.<br />

Die Hälfte der <strong>Familie</strong>nernährerinnen<br />

verfügt über nicht mehr als<br />

1.319 Euro netto im Monat. Etwa jede<br />

zweite <strong>Familie</strong>nernährerin in den neuen<br />

Ländern ist allein erziehend. Viele müssen<br />

das Einkommen aber auch erwirtschaften,<br />

weil der Partner arbeitslos ist.<br />

<strong>Familie</strong> hat einen hohen Stellenwert für die<br />

meisten Menschen, für drei Viertel der Bevölkerung<br />

ist sie der wichtigste Bereich<br />

des Lebens, <strong>Familie</strong> bietet Rückhalt. 75<br />

Prozent der Menschen beurteilen den Zusammenhalt<br />

in ihrer <strong>Familie</strong> als „sehr eng“<br />

oder „ziemlich eng“. Gerade in schwierigen<br />

Lebenssituationen unterstützen <strong>Familie</strong>nmitglieder<br />

einander, drei Viertel der<br />

Deutschen vertrauen auf dieses familiäre<br />

Netz, bei <strong>Familie</strong>n mit minderjährigen Kindern<br />

sind es sogar vier Fünftel. Was Fa-<br />

milie eigentlich ist, kann dabei verschieden<br />

sein. Das Verständnis der Menschen<br />

ist offenbar im Wandel. Die große Mehrheit<br />

(95,3 Prozent) versteht laut <strong>Familie</strong>nreport<br />

ein Ehepaar mit Kindern unter dem Begriff<br />

<strong>Familie</strong> (2000: 97 Prozent), 78 Prozent<br />

nennen drei zusammen lebende Generationen<br />

eine <strong>Familie</strong>. Aber auch ein unverheiratetes<br />

Paar mit Kindern ist für 71 Prozent<br />

der Befragten eine <strong>Familie</strong>, rund zehn<br />

Jahre zuvor lag diese Zahl bei nur 53 Prozent.<br />

Auch bei allein Erziehenden und<br />

Paaren ohne Kinder hat sich das Verständnis<br />

des <strong>Familie</strong>nbegriffs verändert:<br />

52 Prozent nennen allein Erziehende mit<br />

Kind eine <strong>Familie</strong> (2000: 40 Prozent) und<br />

für 34 Prozent ist ein verheiratetes Paar<br />

ohne Kinder eine <strong>Familie</strong> (2000: 30 Prozent).<br />

Geschätzt und hilfreich:<br />

Die Großeltern<br />

Die Beziehung der Enkel zu ihren Großeltern<br />

hat sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />

deutlich verbessert. Nur fünf Prozent<br />

der heute 30-Jährigen haben die<br />

Großeltern nicht mehr kennen gelernt.<br />

Zwei Drittel dagegen geben an, dass ihre<br />

Großeltern sie geprägt haben. Die heute<br />

über 60-Jährigen sind im Vergleich weniger<br />

von den eigenen Großeltern geprägt<br />

worden (weniger als die Hälfte), ein Fünftel<br />

hat sie nicht mehr erlebt.<br />

In der Gegenwart sind die Großeltern<br />

den Enkeln wichtig, der Austausch mit<br />

ihnen, die Beziehung zu ihnen. Drei Viertel<br />

der Bevölkerung glauben außerdem,<br />

dass Oma und Opa dem Enkel mehr<br />

Verständnis entgegenbringen als die Eltern.<br />

Vier Fünftel meinen, dass sich die<br />

Großeltern um die Enkel kümmern sollten,<br />

wenn die Eltern das nicht können.<br />

Umgekehrt sind 82 Prozent der Menschen<br />

der Meinung, dass Kinder sich<br />

um ihre hilfebedürftigen Eltern kümmern<br />

sollten. Das gilt in großen Teilen auch für<br />

die finanzielle Unterstützung der erwachsenen<br />

Kinder (rund 66 Prozent)<br />

und für die Betreuung der pflegebedürftigen<br />

Eltern zu Hause (mehr als 50 Prozent).<br />

<strong>Familie</strong> bedeutet also für die Mehrheit<br />

Unterstützung, sie bietet Sicherheit,<br />

Schutz und ein Netz – vom Baby bis zum<br />

alten Menschen.<br />

Zeit, Zeit, Zeit<br />

FAMILIENPOLITIK<br />

Keine <strong>Familie</strong> ist wie die andere, Gewohnheiten<br />

und Rituale können verschieden<br />

sein – aber: gemeinsame Zeit<br />

ist ihnen wichtig. 98 Prozent der Eltern mit<br />

minderjährigen Kindern finden es wichtig<br />

oder sehr wichtig, Zeit mit der <strong>Familie</strong> zu<br />

verbringen. Gut die Hälfte der Väter und<br />

zwei Drittel der Mütter gaben an, genug<br />

Zeit dafür zu haben. Aber im Jahr der<br />

Krise ist der Druck deutlich gewachsen.<br />

Der Spagat zwischen <strong>Familie</strong> und Beruf<br />

ist noch schwieriger geworden. Zum<br />

einen sei der Zeitmangel durch die berufliche<br />

Belastung groß (36 Prozent der<br />

Väter, 20 Prozent der Mütter), zum anderen<br />

machten ungünstige Arbeitszeiten<br />

das <strong>Familie</strong>nleben kompliziert (11 Prozent<br />

der Mütter, 16 Prozent der Väter). Vor<br />

allem <strong>Familie</strong>n mit kleinen Kindern klagten<br />

über Zeitnot, weil hier noch sehr viel<br />

Zuwendung und Unterstützung notwendig<br />

sind. Zum anderen ist die Situation für<br />

berufstätige allein Erziehende besonders<br />

zugespitzt. Und auch wenn es um die<br />

Pflege älterer Angehöriger geht, braucht<br />

es Zeit und Geld. 2007 wurden laut Studie<br />

45 Prozent der Pflegebedürftigen allein<br />

durch Angehörige gepflegt. Vor allem<br />

Menschen über 55 Jahre übernahmen<br />

die Hauptpflegearbeit. Knapp zwei Drittel<br />

werden von Frauen geleistet, der Anteil<br />

pflegender Männer habe sich aber deut-<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

21


22<br />

FAMILIENPOLITIK<br />

lich erhöht und liege bei 27 Prozent<br />

(2002). Während Männer jedoch meist<br />

nach der Arbeitsphase pflegen, tun Frauen<br />

das schon in jüngeren Jahren – mit<br />

den entsprechenden beruflichen und finanziellen<br />

Einbußen.<br />

Elterngeld und zurück an<br />

den Arbeitsplatz?<br />

„Aus der Elterngeldstatistik wird deutlich,<br />

dass und wie die Einkommenssicherheit<br />

von jungen <strong>Familie</strong>n gewachsen<br />

ist. Das Elterngeld setzt die richtigen<br />

Akzente.“ So steht es im <strong>Familie</strong>nreport.<br />

Gute 28 Prozent erhielten demnach 2009<br />

die 300 Euro Mindestelterngeld, 20 Pro-<br />

zent bezogen 300 bis 500 Euro. Gute 29<br />

Prozent betrug der Anteil derjenigen, die<br />

500 bis 999 Euro erhielten. Knapp 14<br />

Prozent erhielten 1000 bis 1499 Euro im<br />

Monat. Grundlage des Elterngeldes ist<br />

das Einkommen vor der Geburt, es wird<br />

ein Jahr lang gezahlt, maximal 14 Monate,<br />

wenn auch der Partner mindestens<br />

zwei Monate zu Hause bleibt. Dann ist die<br />

<strong>Familie</strong> wieder ganz auf sich allein gestellt.<br />

„Betrachtet man im Detail den Verlauf<br />

des Elterngeldbezugs und des beruflichen<br />

Wiedereinstiegs, so zeigt sich,<br />

dass um den 12. Monat nach der Geburt<br />

eines Kindes der Anteil der erwerbstätigen<br />

Mütter sprunghaft ansteigt. Dieser<br />

Zeitpunkt entspricht auch den Erkenntnissen<br />

über die Lebensplanungen von<br />

Frauen.“ Man könnte auch sagen – und<br />

das erscheint wesentlich einleuchtender:<br />

Weil das Elterngeld nach nur einem Jahr<br />

ausbleibt, müssen viele Mütter aus finanziellen<br />

Gründen schon ein Jahr nach der<br />

Geburt ihres Kindes wieder arbeiten<br />

gehen. Aber es kommt noch dicker. Wer<br />

länger aus dem Beruf aussteigt, riskiert<br />

Lohnverluste – schon während der Auszeit<br />

und auch nach dem Wiedereinstieg.<br />

„Hier zeigen sich die positiven Effekte<br />

des Elterngeldes, das einen frühen beruflichen<br />

Wiedereinstieg belohnt. Derzeit<br />

arbeiten 13 Prozent der Mütter während<br />

des Elterngeldbezuges in Teilzeit. Eine<br />

Verkürzung der Auszeit von einem Jahr<br />

auf ein halbes Jahr (zum Beispiel durch<br />

Teilelterngeld) wirkt sich für alle Qualifikationsgruppen<br />

positiv aus: nicht nur<br />

während der Ausstiegsphase, sondern<br />

auch nach der Rückkehr in Vollzeit.<br />

Durch eine entsprechende Verkürzung<br />

der Auszeit reduziert sich der Lohnverlust<br />

in allen Berufsgruppen um etwa<br />

10.000 Euro.“ Wen aber kümmern eigentlich<br />

die Kinder? Sollte es das Ziel<br />

sein, sie möglichst schnell kompatibel zu<br />

machen mit dem Wettbewerb unserer<br />

Gesellschaft? Lieber mit sechs Monaten<br />

in die Krippe als den Anschluss verpassen<br />

– wie die Eltern so die Kinder? Das<br />

ist vom falschen Punkt aus gedacht. <strong>Familie</strong>n<br />

sollten die Wahl haben, bis wann<br />

und von wem sie ihr Kind betreuen lassen,<br />

ohne wesentliche berufliche oder finanzielle<br />

Nachteile in Kauf nehmen zu<br />

müssen. Kinder und <strong>Familie</strong>n sind die<br />

Stützen unserer Gesellschaft, so steht es<br />

auch im <strong>Familie</strong>nreport. Nur kosten dürfen<br />

sie uns natürlich nichts. Von der Verantwortung<br />

der Gemeinschaft für unser<br />

aller Zukunft ganz zu schweigen. y<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


Bastelspaß für Kinder<br />

Es ist Steinzeit!<br />

Speckstein gibt es seit vielen Millionen Jahren. Er ist weich und<br />

lässt sich mit einfachsten Mitteln bearbeiten. Aus Speckstein<br />

lässt sich fast alles gestalten: Schmuck, Skulpturen, Vasen,<br />

Schalen und vieles mehr.<br />

Info für Eltern und Erzieher: Es ist ratsam, in gut belüfteten Räumen zu arbeiten,<br />

idealerweise im Garten. Hilfreich ist, den Stein auf feuchte Tücher zu legen, das<br />

bindet den Staub und hält die Umgebung sauber. Bei Asthma sollten Sie vorher den<br />

Hausarzt fragen.<br />

Was Ihr braucht:<br />

Im Bastelgeschäft gibt es Specksteinrohlinge<br />

in allen Größen und Farben. Dort<br />

kann man auch Specksteinraspeln kaufen.<br />

Ihr könnt aber die Steine auch mit Feilen<br />

und Raspeln aus der Werkstatt Eurer<br />

Eltern bearbeiten. Außerdem besorgt Ihr<br />

Schleifpapier in verschiedenen Stärken<br />

(80, 120, 240). Einen Schleifschwamm benötigt<br />

Ihr, um den Stein am Ende glatt<br />

zu bekommen. Für das Polieren braucht<br />

ihr aus dem Bastelgeschäft Speckstein-<br />

Polish-Spezial.<br />

Es geht los<br />

KREATIVE KIDS<br />

Bevor Ihr beginnt, solltet Ihr ein angefeuchtetes Handtuch auf den Tisch legen. Zuerst<br />

wird mit den Raspeln die grobe Form gefeilt, dann kommt das Schleifpapier dran: dabei<br />

arbeitet Ihr von grob zu fein. (Das heißt Ihr beginnt mit der Nummer 80, macht weiter<br />

mit der 120 und die feinen Ausarbeitungen könnt Ihr mit der 240 machen.) Wenn Euer<br />

Stein-Kunstwerk fertig ist, legt Ihr mit dem Schleifschwamm los. Hier bietet es sich an,<br />

in einer flachen Schüssel oder im Waschbecken unter Verwendung von Wasser den<br />

Stein fein zu schleifen. Wenn die Schleifwirkung nachlässt, einfach den Schleifschwamm<br />

unter fließendem Wasser kurz ausspülen<br />

und nicht auswringen.<br />

Wenn alles fertig ist, braucht der fein geschliffene<br />

Speckstein etwas Ruhe, damit<br />

er vollständig austrocknen kann. Anschließend<br />

wird poliert. Dazu das Speckstein-Polish-Spezial<br />

mit einem Tuch dünn<br />

auftragen und nach einer Trocknungszeit<br />

von 3–5 Minuten polieren, bis der Stein<br />

seinen seidigen Glanz erhält und die<br />

Struktur brillant hervortritt. Dieser Vorgang<br />

kann wiederholt werden, falls der Glanz<br />

nach dem ersten Politurgang noch nicht<br />

ausreichend ist.<br />

Weitere Tipps findet Ihr hier:<br />

www.efco.de. Viel Spaß!<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

23


24<br />

SO SEHE ICH DAS<br />

Investition in die Zukunft<br />

Von Renate Schmidt, frühere Bundesfamilienministerin, Kuratoriumsvorsitzende des <strong>DFV</strong><br />

Über drei Dinge habe ich<br />

mich im Frühjahr und Sommer<br />

dieses Jahres kräftig geärgert:<br />

1. Über die Länderfinanzminister und ihren<br />

Versuch, ihre Ausgaben für Bildung<br />

schönzurechnen (indem z. B. das Kindergeld<br />

plötzlich zur Bildungsausgabe<br />

wurde). Damit wollten sie demonstrieren,<br />

dass die Länder ihre Mittel für Bildung<br />

nicht erhöhen müssten.<br />

2. Über einen führenden Haushaltspolitiker,<br />

der im Radio ausführte, dass dringend<br />

gespart werden müsste (womit er Recht<br />

hatte), aber selbstverständlich nicht bei so<br />

wichtigen Dingen wie dem Ausbau des<br />

Straßennetzes, sondern vielmehr bei den<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen und beim<br />

doch eher überflüssigen Elterngeld.<br />

3. Über das Sparpaket insgesamt und vor<br />

allem über die geplanten Kürzungen beim<br />

Elterngeld.<br />

Was haben diese drei<br />

Dinge miteinander zu tun?<br />

Sie zeugen von mangelnder Zukunftsfähigkeit,<br />

von einem falschen Investitionsbegriff<br />

und von einem genauso falschen<br />

Gerechtigkeitsgefühl. Wer noch nicht begriffen<br />

hat, dass Investitionen in Bildung<br />

unseren künftigen Wohlstand sichern, hat<br />

das kleine politische 1x1 noch nicht verinnerlicht.<br />

Auf der Bundesebene wird<br />

richtigerweise der Bildungs- und Forschungshaushalt<br />

von Sparmaßnahmen<br />

verschont. Auf Länderebene wird versucht,<br />

im Bildungsbereich das, was auf<br />

Bundesebene mehr ausgegeben wird,<br />

einzusparen und: Die Zustimmung zu<br />

BAföG-Erhöhungen wird verweigert.<br />

Dabei sollte doch Einigkeit darin bestehen,<br />

dass es nur auf den Grips der jungen<br />

Menschen ankommen darf, wenn<br />

sie studieren wollen und nicht auf den<br />

Geldbeutel ihrer Eltern. Mit all dem<br />

wird Bildungspolitik zur „Echternacher<br />

Springprozession“. Nur bei der ging es<br />

wenigstens etwas voran: Zwei Schritte<br />

vor, einen zurück. In der Bildungspolitik<br />

geht es allerdings einen Schritt vor und<br />

zwei zurück! Deshalb muss Schluss sein<br />

mit dem ausufernden Bildungsförderalismus,<br />

mit der deutschen bildungspolitischen<br />

Kleinstaaterei in einer globalisierten<br />

Welt. Die Föderalismusreform II war<br />

ein grober Fehler, der korrigiert werden<br />

muss, wenn wir bei Bildungsausgaben<br />

endlich bundesweit das vereinbarte Ziel<br />

erreichen und für Kinder und <strong>Familie</strong>n<br />

einen verlässlichen Rahmen schaffen<br />

wollen. Es darf uns alle nicht kalt lassen,<br />

dass in unserem Land Banken in Palästen<br />

residieren, während unsere Kinder<br />

teilweise in Bruchbuden mit zu wenigen<br />

Lehrern zu viel Stoff pauken müssen. Bildungsausgaben<br />

sind Investitionen und<br />

dies gilt genauso für die frühkindliche<br />

Förderung und für Ausgaben für <strong>Familie</strong>n.<br />

Wer immer noch glaubt, dass Investitionen<br />

in Beton und Asphalt demgegenüber<br />

Vorrang haben müssten, der spielt<br />

mit unser aller Zukunft. Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

dienen nicht nur der<br />

Vereinbarkeit von Beruf und <strong>Familie</strong> – so<br />

wichtig das heute ist. Denn es ist eine<br />

Illusion zu glauben, dass für die große<br />

Mehrzahl der <strong>Familie</strong>n heute auf Dauer<br />

ein Einkommen ausreichen könnte. Die<br />

so genannte Alleinverdiener-<strong>Familie</strong> wird<br />

nur noch im oberen Mittelfeld möglich<br />

sein. Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

dienen an erster Stelle der Förderung, Erziehung<br />

und Bildung der Kinder, ergänzend<br />

zur <strong>Familie</strong> und in manchen prekären<br />

<strong>Familie</strong>nverhältnissen auch statt der<br />

<strong>Familie</strong>. Deshalb darf die Diskussion über<br />

Kinderbetreuung nicht nur über fehlende<br />

Quantitäten geführt werden, sondern vor<br />

allem über fehlende Qualitäten. Beides<br />

zu verbessern kostet viel Geld. Den<br />

Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab<br />

dem 2. Lebensjahr deshalb zur Disposition<br />

zu stellen ist aber grundfalsch: Denn<br />

fehlende und schlechte Einrichtungen für<br />

Kinder zementieren die Ungerechtigkeit.<br />

Deshalb sind Investitionen in Kinderbe-<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


SO SEHE ICH DAS<br />

treuung gut angelegtes Geld. Die Tatsache,<br />

dass Kinder aus so genannten bildungsfernen<br />

<strong>Familie</strong>n eine mehr als<br />

sechsmal niedrigere Chance haben, ein<br />

Gymnasium zu besuchen, und zwar bei<br />

gleicher Begabung und gleicher Intelligenz,<br />

als ein Kind aus einer meist gutsituierten,<br />

bildungsnahen <strong>Familie</strong>, ist auf<br />

fehlende oder unzureichende frühe Förderung<br />

der Kinder zurückzuführen und<br />

die größte Ungerechtigkeit in unserem<br />

Land. Ungerecht ist auch, wenn das notwendige<br />

Sparen vor allem <strong>Familie</strong>n und<br />

diejenigen mit geringem Einkommen zuerst<br />

trifft. Natürlich stimmt es, dass das Elterngeld,<br />

genau wie Arbeitslosen- oder<br />

Krankengeld, an erster Stelle eine Lohnersatzleistung<br />

ist. Aber es ist auch Anerkennung<br />

der Erziehungsleistung von Eltern,<br />

die vor der Geburt ihrer Kinder nicht<br />

oder nur geringfügig erwerbstätig waren.<br />

Deshalb sind die Vorschläge des Referentenentwurfs<br />

aus dem <strong>Familie</strong>nministerium,<br />

auch wenn sie hoffentlich wieder<br />

in der Versenkung verschwinden, Ausdruck<br />

mangelnder Wertschätzung der<br />

<strong>Familie</strong>n. Gerade diejenigen, die auch<br />

schlecht bezahlte Jobs annehmen, die so<br />

wenig verdienen, dass sie Anspruch auf<br />

den Kinderzuschlag für Geringverdiener<br />

haben, haben unseren Respekt verdient.<br />

Natürlich muss gespart werden – bei<br />

unsinnigen Subventionen, bei den vielen<br />

überflüssigen Steuererleichterungen<br />

und Einnahmen des Staates kann verbessert<br />

werden, nicht indem man geringverdienende<br />

<strong>Familie</strong>n zur Kasse bittet,<br />

sondern für gut verdienende Menschen,<br />

wie z. B. mich, den Spitzensteuersatz erhöht.<br />

Dann würden manche Einschränkungen,<br />

die breite Schichten der Bevölkerung<br />

treffen, auch akzeptiert und<br />

der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt.<br />

y<br />

zu „Theorie und Praxis“ von Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP<br />

Dass Eltern und Kinder zu einer Verfügungsmasse von Staat und Wirtschaft werden, dürfte<br />

ursprünglich keine liberale Idee sein. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes<br />

stellt fest, dass „einfach mehr Menschen geboren und berufstätig werden“ müssen,<br />

um dem steigenden Fachkräftemangel zu begegnen. Da wird es dann zum „Riesenproblem“,<br />

dass „Frauen in einem wesentlich geringeren Umfang tätig sind als Männer“.<br />

Um Frauen in die Berufstätigkeit und Kinder schon als Säuglinge in öffentliche Einrichtungen<br />

zu zwingen, plädiert sie für die Abschaffung des Ehegattensplittings. Es fällt auf,<br />

dass die Erziehungsleistung der <strong>Familie</strong>n, die von dieser Besteuerung unterstützt wird,<br />

von Frau Koch-Mehrin wie in weiten Teilen der öffentlichen Debatte weitgehend ignoriert<br />

wird. Eine „gute“ Erziehung kann eben nur von „professionellen“ also bezahlten Erzieherinnen<br />

gewährleistet werden, redet man den Eltern ein. Beispiel: Auch im dritten<br />

nationalen Bildungsbericht von Bundesregierung und KMK kommen die <strong>Familie</strong>n bei<br />

den „Bildungsorten und Lernwelten in Deutschland“ schlicht nicht vor (Grafik auf S. X).<br />

Der Schutz der Ehe sei nicht mehr zeitgemäß, meint Frau Koch-Mehrin, weil „die Wirklichkeit<br />

heute viel bunter und vielfältiger ist als zu Zeiten der Mütter und Väter des Grundgesetzes“.<br />

Diese dürftige Argumentation soll verschleiern, dass die Politik das Fundament<br />

einer stabilen Beziehung, die Ehe, durch die das auch formal dargestellt und bekräftigt<br />

wird, seit geraumer Zeit unterminiert, diese „Buntheit“ also selber befördert. Kein<br />

Politiker hat bisher erklärt, was eigentlich die Ehe so gestrig erscheinen lässt, warum<br />

der Staat also kein Interesse mehr an ihr haben sollte und stattdessen „moderne<br />

Formen des Zusammenlebens“ unterstützt. Was bedeutet eigentlich diese „Buntheit“<br />

für die Kinder und welche Folgekosten entstehen der Gemeinschaft daraus?<br />

Henry Krause, Mitglied im <strong>DFV</strong>, Dresden<br />

Nestlé Zukunftsforum:<br />

„Wie einsam is(s)t<br />

Deutschland?“<br />

Im September hat das Nestlé Zukunftsforum<br />

zu einer Podiumsdiskussion eingeladen.<br />

Thema waren die Ernährungsgewohnheiten<br />

der Menschen in unserem<br />

Land und was sie für den Zusammenhalt<br />

der Gesellschaft bedeuten. Im Frühjahr<br />

2010 hatte das Gremium in seiner konstituierenden<br />

Sitzung drei Grundannahmen<br />

aufgestellt. Der ersten – „Veränderte<br />

Ernährungsgewohnheiten und Esskultur<br />

führen zu einer Schwächung des<br />

sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft“<br />

- widmete sich die Veranstaltung<br />

in Berlin. Bevor es in die Diskussion ging,<br />

hielt Renate Schmidt, Beiratsvorsitzende<br />

des Nestlé Zukunftsforums, Bundesfamilienministerin<br />

a.D. und Kuratoriumsvorsit-<br />

LESERBRIEF<br />

ERNÄHRUNG<br />

zende des <strong>DFV</strong>, einen Vortrag. Er stand<br />

unter der Überschrift: „Einsam mampfen<br />

oder gemeinsam speisen? Wir brauchen<br />

eine neue, soziale Kultur der Ernährung.“<br />

In ihrer Rede wies Renate Schmidt darauf<br />

hin, wie wichtig beim Essen das „wie“<br />

ist. Zunehmend gebe es ältere Alleinlebende,<br />

die ihre Mahlzeiten allein einnehmen<br />

müssten. Aber auch jüngere Alleinstehende<br />

oder beruflich stark eingespannte<br />

Menschen essen nicht selten<br />

allein, unterwegs, unter Stress. Damit sich<br />

Deutschland nicht „einsam isst“, macht<br />

das Nestlé Zukunftsprogramm konkrete<br />

Vorschläge. Mehr Informationen gibt es<br />

im Internet unter<br />

www.nestle-zukunftsforum.de. y<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

25


26<br />

MEDIEN<br />

Kinderfilm<br />

in Thüringen und Sachsen gedreht<br />

Im August fiel die letzte Klappe in<br />

Deutschland für „Tony Ten“, einen span-<br />

AUS DEM <strong>DFV</strong> BERICHTET<br />

nenden Kinder- und <strong>Familie</strong>nfilm. Gedreht<br />

wurde die internationale Produktion in<br />

Thüringen<br />

und Sachsen,<br />

nun<br />

folgen<br />

n o c h<br />

Drehs in<br />

Belgien<br />

und den<br />

Niederlanden.<br />

„Tony Ten“<br />

erzählt die<br />

Geschichte<br />

eines<br />

Zehnjährigen<br />

und<br />

Manfred Goldenstein<br />

feiert den 65. Geburtstag<br />

Er ist kein Freund der Langatmigkeit. Wer<br />

Manfred Goldenstein kennt, weiß, dass es<br />

zügig vorwärts gehen muss. So manche<br />

Diskussion wird von ihm flugs auf den<br />

Punkt gebracht, bevor man sich in Details<br />

oder Unwichtigem verlieren kann. Das ist<br />

eine Eigenschaft, die viele an ihm schät-<br />

zen. Eine andere ist seine Akribie, was<br />

Zahlen angeht. Denn Manfred Goldenstein<br />

ist der Schatzmeister des <strong>DFV</strong> Bundesverbandes<br />

und das schon seit 17 Jahren.<br />

Auch hier beschönt er nichts oder verfällt<br />

beim Anblick der Bilanzen in Panik –<br />

eine sachliche Analyse dessen, was ist<br />

seiner Eltern. Als der Vater zum Minister<br />

der Königin wird, beginnen die Eltern, sich<br />

zu entfremden. Sie trennen sich, schließlich<br />

hat der Vater eine neue Freundin. Tony<br />

will die Trennung seiner Eltern nicht akzeptieren.<br />

Er unternimmt alles, um sie wieder<br />

zusammenzubringen.<br />

„Tony Ten“ ist der zweite Kinderfilm, den<br />

die niederländische Produktionsfirma<br />

Lemming Film in Deutschland realisiert.<br />

Gedreht wurde unter anderem in Erfurt,<br />

weitere Drehorte waren Schloss Friedenstein<br />

in Gotha, Schloss Albrechtsberg in<br />

Dresden und Schloss Altenberg in Thüringen.<br />

Ende 2011 soll der Film in die deutschen<br />

Kinos kommen. Hoffen wir, dass<br />

Tony beim Kampf um seine Eltern Erfolg<br />

hat. y<br />

und ein konstruktiver Lösungsvorschlag<br />

sind eher seine Sache. Und darauf verlässt<br />

sich der <strong>DFV</strong> mit großer Anerkennung.<br />

Am 20. September wird unser „Finanzchef“<br />

65 Jahre. Wir sagen Danke für<br />

das große Engagement im <strong>DFV</strong> und wünschen<br />

von Herzen Gesundheit, Energie<br />

und viel Zeit im Kreise seiner großen <strong>Familie</strong>.<br />

Und sicher hält es der Jubilar mit<br />

dem Ruhestand wie mit den Debatten –<br />

er wird in Bewegung bleiben und das Wesentliche<br />

nicht aus den Augen verlieren. y<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


Eva Jensen wird 60<br />

Eva Jensen führt den Berliner Landesverband<br />

des <strong>DFV</strong> mit Herz und Verstand.<br />

Auch in schwierigen Zeiten schafft sie es,<br />

Projekte zu realisieren, die den <strong>DFV</strong> über<br />

die Ländergrenzen hinaus für seine Kompetenz<br />

bekannt gemacht haben. Seit 1994<br />

ist Eva Jensen im <strong>DFV</strong> engagiert, seit 2001<br />

<strong>Familie</strong> –<br />

wichtiger als alles andere<br />

Kurz vor Redaktionsschluss für diese<br />

Ausgabe der <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> bewegte eine<br />

sehr persönliche Entscheidung eines führenden<br />

Politikers die Republik. Er hatte<br />

sich entschlossen, seiner Frau eine Niere<br />

zu spenden und damit ihr Leben zu retten.<br />

Alles andere, so entschied er, muss dahinter,<br />

zumindest zeitweise, zurückstehen:<br />

Politik, Karriere, persönliche Anliegen…<br />

Unerträglich waren einige Reaktionen,<br />

dies könne Ausdruck eines politischen<br />

Kalküls sein. Wohltuend dagegen die<br />

überwältigende Mehrheit in der Bevölkerung,<br />

die mit großem Respekt wahrnahm<br />

und anerkannte, dass es noch immer<br />

menschliche Beziehungen gibt, die nicht<br />

von kaltem Kalkül geprägt sind, sondern<br />

von einem viel zu selten wahrgenommenen<br />

Antrieb: der Liebe zu einem nahestehenden<br />

Menschen.<br />

Zwischen der Anzahl von Personen, die<br />

als lebensrettende Maßnahme eine<br />

Organspende annehmen würden und<br />

denen, die bereit sind zur Organspende,<br />

klafft eine riesige Lücke. Es verwundert<br />

kaum, dass – soweit möglich – Lebendorganspenden<br />

in allererster Linie von<br />

als Landeschefin. Frau Jensens Mitstreiter<br />

schätzen besonders ihre Beharrlichkeit<br />

und ihre Standfestigkeit. Trotz familiärer<br />

Schicksalsschläge stehe sie treu zum <strong>DFV</strong><br />

und unterstütze ihr Team.<br />

Die andere Seite der Eva Jensen ist ganz<br />

märchenhaft. Geschichten und Märchen<br />

einem Elternteil zum Kind geschehen. „Es<br />

ist doch mein Fleisch und Blut“! Und auch<br />

die tiefe Liebe zum Partner veranlasst zu<br />

einem solch einschneidenden, lebensrettenden<br />

Schritt, während die Organspende<br />

von weiter entfernten Verwandten und von<br />

Fremden äußerst selten ist.<br />

All jenen, die zunehmend der Auffassung<br />

sind, die <strong>Familie</strong> habe ausgedient und sei<br />

ein Auslaufmodell, die in <strong>Familie</strong> erlebten<br />

Beziehungen und in ihr erfüllte Aufgaben<br />

könnten sehr viel besser, vielleicht sogar<br />

effektiver durch eine staatliche Gemeinschaft<br />

übernommen werden, sei ins<br />

Stammbuch geschrieben: <strong>Familie</strong> ist<br />

durch nichts zu ersetzen!<br />

Der aktuelle Anlass war für mich ein Anstoß,<br />

erneut über die Liebe zu einem anderen<br />

Menschen nachzudenken, über<br />

langfristige Entscheidungen und über Verzicht.<br />

Ich meine es ist an der Zeit, neben<br />

der Anteilnahme in Ausnahmesituationen<br />

und tagelangen Schlagzeilen auch all<br />

jene Menschen wahrzunehmen, die tagtäglich,<br />

völlig unauffällig, Verzicht ausüben<br />

um Leben zu schenken. Und es ist an der<br />

Zeit, ihnen zu danken. Durch nichts zu er-<br />

AUS DEM <strong>DFV</strong> BERICHTET<br />

begleiteten sie schon von Kindesbeinen an.<br />

Als „sagenhafte Eva“ erzählt sie heute Märchen,<br />

zum Beispiel orientalische und irische,<br />

Hochzeits- und Geburtstagsmärchen.<br />

Am 13. August wurde Eva Jensen 60 Jahre<br />

alt. Wir gratulieren ganz herzlich und wünschen<br />

ihr Gesundheit, Freude, Tatkraft und<br />

Gelegenheit zur Muße - und ihren Märchen-<br />

Fans viele Ausflüge ins Reich der Phantasie. y<br />

setzen ist die <strong>Familie</strong>,<br />

die bereit ist, Vieles<br />

aus Liebe zurückzustellen<br />

und die damit<br />

auch unsere Gemeinschaftbereichert.<br />

Das beginnt mit<br />

der Entscheidung für neues Leben, für<br />

Kinder, und endet mit der Pflege von Angehörigen.<br />

Dazwischen liegen ungezählte,<br />

statistisch nie erfasste Entscheidungen,<br />

die noch lange nicht unter den Rahmenbedingungen<br />

einer „Runden Sache für<br />

<strong>Familie</strong>n“, wie sie der <strong>DFV</strong> fordert, getroffen<br />

werden. <strong>Familie</strong>n treffen Entscheidungen,<br />

die unsere Gemeinschaft nicht nur<br />

entlasten sondern erst ermöglichen. Diese<br />

„Helden des Alltags“ in den Mittelpunkt<br />

zu stellen ist eine reizvolle Aufgabe.<br />

Von ganzem Herzen wünsche ich dem<br />

Leben spendenden Politiker und seiner<br />

Frau gute Genesung und eine wunderbare<br />

gemeinsame Zukunft. Allen <strong>Familie</strong>n<br />

wünsche ich die ihnen gebührende Aufmerksamkeit<br />

und endlich Rahmenbedingungen,<br />

die ihren Mut zur Gemeinschaft<br />

anerkennen und dem dabei ausgeübten<br />

vielfältigen Verzicht gerecht werden.<br />

Siegfried Stresing – <strong>DFV</strong>-Bundesgeschäftsführer<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

Kolumne<br />

27


28<br />

AUS DEM <strong>DFV</strong> BERICHTET<br />

Am 21. August 2010 gab es in Erfurt<br />

Grund zur Freude: Der <strong>DFV</strong> lud in den<br />

Grünen Freizeitgarten des <strong>Familie</strong>nzentrums<br />

Family-Club, um sein 20-jähriges<br />

Bestehen zu feiern. Auf dem Programm<br />

stand eine Gesprächsrunde mit Vertretern<br />

aus Politik, Bildung und Verbänden<br />

zum aktuellen <strong>DFV</strong>-Positionspapier „Eine<br />

runde Sache für <strong>Familie</strong>n“. Sie zeigte einmal<br />

mehr, dass die Bemühungen des Verbandes<br />

für eine gerechte und nachhaltige<br />

<strong>Familie</strong>npolitik auf allen Ebenen weiter<br />

verstärkt werden müssen. Klar wurde<br />

schnell, dass allein mit mehr Geld für <strong>Familie</strong>n<br />

die vielfältigen Probleme in unserer<br />

Gesellschaft nicht gelöst werden können.<br />

Dass aber von der verfassungsgerichtlich<br />

eingeforderten Aktualisierung des Exis-<br />

<strong>DFV</strong> Thüringen<br />

20 Jahre <strong>DFV</strong> Thüringen – Eine runde<br />

Sache für Thüringer <strong>Familie</strong>n<br />

tenzminimums nicht nur Hartz-IV-<strong>Familie</strong>n,<br />

sondern in den Wirkungen alle <strong>Familie</strong>n<br />

betroffen sind, war zunächst nicht<br />

allen deutlich. Natürlich forderte auch die<br />

Chip-Karten-Debatte Raum. In Thüringen<br />

gibt es diesbezüglich unterschiedliche Erfahrungen:<br />

Der Erfurter <strong>Familie</strong>npass ist<br />

ein Erfolgsmodell, die Thüringer Kinder-<br />

Karte blieb bisher in den Kinderschuhen<br />

stecken.<br />

<strong>DFV</strong>-Landesvorsitzende Petra Mielenz<br />

führte durch ein Programm, das bei den<br />

Mitgliedern und Gästen großen Anklang<br />

fand. In einem kurzen Rückblick wies Geschäftsführer<br />

Peter Resch auf einige Höhepunkte<br />

der 20-jährigen Entwicklung hin.<br />

Aus den Grußworten der Gäste sprach<br />

viel Anerkennung für die geleistete Arbeit.<br />

<strong>DFV</strong> Sachsen<br />

„20 Jahre im Wandel –<br />

neue Wege für <strong>Familie</strong>n?“<br />

Jüngst veröffentlichte das Statistische<br />

Bundesamt neue Zahlen rund um das<br />

Thema <strong>Familie</strong>. So ist die Anzahl der<br />

Eheschließungen im Jahr 2009 mit leichter<br />

Zunahme gegenüber dem Vorjahr geradezu<br />

konstant geblieben, und die über-<br />

wältigende Anzahl der 14- bis 17-jährigen Jugendlichen<br />

(75,4 % im Jahr 2008) lebt weiterhin in<br />

„traditionellen“ <strong>Familie</strong>n. Dennoch ist nicht nur Experten<br />

aufgefallen, dass neue Formen des Zusammenlebens<br />

insgesamt selbstverständlicher geworden<br />

sind. Aus diesem Grund steht die diesjährige<br />

Langjährige und verdienstvolle Mitglieder<br />

freuten sich über ehrende Worte und den<br />

anlässlich des Jahrestages gestalteten<br />

Wandkalender mit Dokumenten und<br />

Fotos aus der Verbandsarbeit sowie Bildern<br />

aus den Kreativkursen im Family-<br />

Club. Gezeigt wurde eine Ausstellung mit<br />

Dokumenten, Bildern, Präsentationen und<br />

Videos aus 20 Jahren Verbandsarbeit. Außerdem<br />

sorgten ein <strong>Familie</strong>nquiz, Kreativund<br />

Spielangebote und natürlich selbstgebackener<br />

Kuchen und Thüringer Rostbratwurst<br />

für das Wohl der Gäste. Das Akkordeonorchester<br />

Robert Flache, das seit<br />

vielen Jahren im Family-Club probt, sorgte<br />

für den musikalischen Rahmen, mitreißende<br />

Auftritte boten die Erfurter Tanzzwerge.<br />

y<br />

<strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


AUS DEM <strong>DFV</strong> BERICHTET<br />

Fachtagung der sächsischen Landesarbeitsgemeinschaft<br />

der <strong>Familie</strong>nverbände unter<br />

dem Motto „20 Jahre im Wandel – neue<br />

Wege für <strong>Familie</strong>n?“ Am 27. September lädt<br />

der <strong>DFV</strong> LV Sachsen dazu in die Dresdner<br />

Dreikönigskirche ein.<br />

Im Rahmen dieser Veranstaltung wird nicht<br />

nur die Sozialministerin des Freistaats, Christine<br />

Clauß (CDU), über Leitlinien und Ziele<br />

sächsischer <strong>Familie</strong>npolitik, sondern auch Dr.<br />

Steffen Kröhnert (Institut für Bevölkerung und<br />

Entwicklung, Berlin) über „Vielfalt der <strong>Familie</strong>nformen“<br />

referieren. Darüber hinaus wird<br />

Professor Mathias Albert (Universität Bielefeld)<br />

– ganz aktuell! – über die Ergebnisse<br />

der 16. Shell-Jugendstudie sprechen, die<br />

erst ein paar Tage vor der Veranstaltung in<br />

Dresden, bei der Bundespressekonferenz am<br />

16. September in Berlin, der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt werden wird: „Was bewegt die<br />

Jugend? – Erkenntnisse der neuen 16. Shell-<br />

Jugendstudie“.<br />

Inhaltlich wird die Fachtagung also zunächst<br />

einen Blick zurückwerfen und die Entwicklung<br />

der <strong>Familie</strong>nformen über die letzten beiden<br />

Jahrzehnte skizzieren. Im Mittelpunkt der<br />

Diskussionen werden dann aber die Fragen<br />

nach den Lebenswünschen und Zukunftschancen<br />

von Jugendlichen und ihren <strong>Familie</strong>n<br />

in Sachsen stehen. So soll die Veranstaltung<br />

einerseits dazu beitragen, die im Raum<br />

stehenden politischen Diskussionen zu versachlichen,<br />

zugleich aber auch Wege in eine<br />

familienfreundliche Zukunft aufzeigen. Nicht<br />

zuletzt möchte der <strong>DFV</strong> LV Sachsen mit dieser<br />

Veranstaltung deutlich machen, an wie<br />

vielen politischen Diskussionen der vergangenen<br />

20 Jahre er engagiert teilgenommen<br />

hat und dass er auch in Zukunft zuverlässiger<br />

Ansprechpartner für die <strong>Familie</strong>n im Land und<br />

kompetenter Gesprächspartner für die Politik<br />

sein möchte. Nähere Informationen zur Fachtagung<br />

am 27. September in Dresden unter<br />

www.dfv-sachsen.de. y<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Familie</strong>nverband<br />

Präsident: Dr. Albin Nees · Bundesgeschäftsführer: Siegfried Stresing<br />

Bundesgeschäftsstelle: Luisenstraße 48, 10117 Berlin<br />

Telefon 0 30/30 88 29 60, Fax 0 30/30 88 29 61<br />

e-mail: post@deutscher-familienverband.de · www.deutscher-familienverband.de<br />

<strong>DFV</strong> Baden-Württemberg www.<strong>DFV</strong>-Baden-Wuerttemberg.de<br />

Landesvorsitzender: Uto R. Bonde, Geschäftsstelle: St.-Georgener-Straße 10, 79111 Freiburg<br />

Tel. 07 61/4 70 27 95, Fax 07 61/1 51 78 30, e-mail: post@dfv-familie-bw.de<br />

Internet: www.dfv-baden-wuerttemberg.de<br />

<strong>DFV</strong> Bayern www.dfv-bayern.de<br />

Landesvorsitzende: Petra Nölkel, Geschäftsstelle: Kanalstraße 2, 95444 Bayreuth<br />

Tel. 09 21/78 77 94 94, Fax 09 21/78 77 96 99, e-mail: <strong>DFV</strong>-Bayern@t-online.de<br />

<strong>DFV</strong> Berlin www.deutscher-familienverband-berlin.de<br />

Landesvorsitzende: Eva Jensen, Geschäftsstelle: Genter Straße 53, 13353 Berlin<br />

Tel. 0 30/4 53 00 10, Fax 0 30/45 30 01 14, e-mail: dfv.berlin@web.de<br />

<strong>DFV</strong> Brandenburg<br />

Landesvorsitzender: Wolfgang Haupt, Geschäftsstelle: An der B1, Nr. 9, 14550 Groß Kreutz<br />

Tel. 03 32 07/7 08 91, Fax 03 32 07/7 08 93, e-mail: <strong>DFV</strong>-BRB@t-online.de<br />

<strong>DFV</strong> Bremen<br />

Landesvorsitzender: Peter Beyer, Geschäftsstelle: Hans-Mohrmann-Straße 22, 28357 Bremen<br />

Tel. 04 21/23 65 12, Fax 04 21/2 44 03 85<br />

<strong>DFV</strong> Hamburg<br />

Landesvorsitzender: Dietrich Schacht, Geschäftsstelle: c/o. APR, Quadenweg 81, 22453 Hamburg<br />

Tel./Fax 0 40/5 51 97 25, e-mail: info@dfv-hamburg.de<br />

<strong>DFV</strong> Hessen www.<strong>DFV</strong>-Hessen.de<br />

Landesvorsitzende: Dagmar Persch, Geschäftsstelle: Steinbacher Hohl 25, 60488 Frankfurt<br />

Tel.: 0 69/76 11 67, Fax 0 69/7 68 13 20, e-mail: info@dfv-hessen.de<br />

<strong>DFV</strong> Mecklenburg-Vorpommern<br />

Landesvorsitzender: Karsten Neumeister, Geschäftsstelle: Am Leuschenberg 19, 19057 Schwerin<br />

Tel. 03 85/2 07 26 62<br />

<strong>DFV</strong> Niedersachsen<br />

Landesvorsitzende: Anneliese König, Geschäftsstelle: Friedrichswall 17, 30159 Hannover<br />

Tel. 05 11/55 15 00, Fax 05 11/3 53 02 64, e-mail: <strong>DFV</strong>-Niedersachsen@t-online.de<br />

<strong>DFV</strong> Nordrhein-Westfalen www.<strong>DFV</strong>-NRW.de<br />

Landesvorsitzende: Petra Windeck, Geschäftsstelle: Elsbachstraße 107, 51379 Leverkusen<br />

Tel. 0 21 71/34 12 70, Fax 0 21 71/34 17 58, e-mail: info@dfv-nrw.de<br />

<strong>DFV</strong> Rheinland-Pfalz www.dfv-rheinland-pfalz.de<br />

Landesvorsitzender: Peter Schneider, Geschäftsstelle: Wollburgsweg 8, 56218 Mülheim-Kärlich<br />

Tel./Fax 0 26 30/95 89 58, e-mail: <strong>DFV</strong>-Rheinlandpfalz@gmx.de<br />

<strong>DFV</strong> Saarland<br />

Landesvorsitzende: Ingrid Lang, Geschäftsstelle: Neuweiher Weg 7, 66292 Riegelsberg<br />

Tel. 06 81/9 54 34 36, Fax 06 81/9 53 34 66<br />

<strong>DFV</strong> Sachsen-Anhalt www.dfv-magdeburg.de<br />

Vorstand/Kontakt – Geschäftsstelle: Weststraße 12, 39104 Magdeburg<br />

Tel. 03 91/7 21 74 70, Fax 03 91/7 21 74 42, e-mail: geschaeftsstelle@dfv-lsa.de,<br />

webadresse: www.dfv-lsa.de<br />

<strong>DFV</strong> Sachsen www.<strong>DFV</strong>-Sachsen.de<br />

Landesvorsitzender: Peter Wilhelm Patt, MdL, Geschäftsstelle: Am Waldschlößchen 4, 01099 Dresden<br />

Tel. 03 51/2 51 64 05, Fax 03 51/4 48 21 38, e-mail: <strong>DFV</strong>.Sachsen@gmx.de<br />

<strong>DFV</strong> Schleswig-Holstein www.<strong>DFV</strong>-Schleswig-Holstein.de<br />

Landesvorsitzender: Horst Lütjens, Geschäftsstelle: Herzogin-Augusta-Straße 31, 25813 Husum<br />

Tel. 0 48 41/12 51, Fax 0 48 41/66 95 74, e-mail: Horst.Luetjens@t-online.de<br />

<strong>DFV</strong> Thüringen www.<strong>DFV</strong>-Thueringen.de<br />

Landesvorsitzende: Petra Mielenz, Geschäftsstelle: Am Drosselberg 24/26, 99097 Erfurt<br />

Tel. 03 61/4 17 20 00, Fax 03 61/4 23 30 73, e-mail: dfv-thueringen@web.de<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

29


DIE ERGO INFORMIERT<br />

Nicht nur bei spektakulären Abenteuern, sondern<br />

vor allem im Alltag lauern unvorhersehbare<br />

Gefahren, die kostenintensive Folgen<br />

nach sich ziehen können. Schon eine kleine<br />

Unachtsamkeit kann beträchtlichen Schaden<br />

anrichten, der schnell auf eine siebenstellige<br />

Summe anwächst. Und wer einmal die Erfahrung<br />

gemacht hat, sein Hab und Gut<br />

zu verlieren, weiß, welch hohe finanzielle<br />

Für Markus Herrmann (Name geändert),<br />

der mit Frau, zwei kleinen Kindern und<br />

Hund in Göttingen lebt, kam eine Lösung<br />

von der Stange nicht in Frage. Sein Versicherungsschutz<br />

sollte exakt die Lebensverhältnisse<br />

und Anforderungen seiner<br />

<strong>Familie</strong> berücksichtigen – und das zu<br />

überschaubaren Beiträgen. Fündig wurde<br />

er bei der ERGO Versicherung, die mit<br />

ihrem Wertpaket Haushalt umfassenden<br />

und zugleich maßgeschneiderten Schutz<br />

bietet. „Wir konnten uns die entscheidenden<br />

Bausteine selbst zusammenstellen<br />

und profitieren durch die Bündelung der<br />

Versicherungslösung<br />

Wertpaket Haushalt:<br />

Maßgeschneidert<br />

für Alltagsrisiken<br />

Belastungen bei der Wiederbeschaffung gestemmt<br />

werden müssen. Versicherungsexperten<br />

raten deshalb dringend zu einer Absicherung<br />

der zentralen Risiken des täglichen<br />

Lebens. Das sind in erster Linie die Haftpflichtund<br />

die Hausratversicherung. Ebenfalls besonders<br />

wichtig: die Glasversicherung gerade<br />

für Eigenheimbesitzer und die Tierhalter-<br />

Haftpflicht für alle Hundebesitzer.<br />

Versicherungen, deren Leistungsumfang<br />

wir weitgehend selbst bestimmen konnten,<br />

von attraktiven Rabatten. Jetzt sind wir<br />

rundum und günstig abgesichert“, sagt<br />

der 37-jährige Abteilungsleiter. Mit seiner<br />

Paketlösung und der Auswahl aus vielen<br />

Optionen fühlt er sich bestens versorgt.<br />

30 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong> 5/2010


Privat-Haftpflicht<br />

ist ein Muss<br />

Bei der Privat-Haftpflichtversicherung hat<br />

sich die <strong>Familie</strong> für die höhere Deckungsvariante<br />

mit einer Versicherungssumme<br />

von zehn Millionen Euro pauschal für Personen-<br />

und Sachschäden sowie 100.000<br />

Euro für Vermögensschäden entschieden.<br />

Um auf der ganz sicheren Seite zu stehen,<br />

hat Markus Herrmann zudem die Beitragsbefreiung<br />

bei Arbeitslosigkeit bis zu<br />

24 Monaten abgeschlossen. Dass auch<br />

die Tierhalter-Haftpflicht im Wertpaket<br />

Haushalt enthalten ist, kommt dem verantwortungsbewussten<br />

Hundebesitzer<br />

sehr entgegen. „Selbst bei einem gut erzogenen<br />

Hund lassen sich Risiken nie<br />

ganz ausschließen“, weiß er.<br />

Wie wichtig guter Haftpflicht-Versicherungsschutz<br />

ist, hat er vor wenigen Monaten<br />

selbst erfahren können, als sein sechsjähriger<br />

Sohn mit Backformen voller Sand<br />

auf der Motorhaube des Nachbarautos<br />

gespielt hat. Die Lackschäden waren unübersehbar.<br />

Gut für Markus Herrmann:<br />

Seine Versicherung übernahm die Reparaturkosten,<br />

ohne sich auf eine mögliche<br />

Deliktunfähigkeit des minderjährigen Kindes<br />

zu berufen.<br />

Sicherheit nicht nur<br />

für zu Hause<br />

„Auch bei unserer Hausrat-Versicherung<br />

wollten wir keine Kompromisse eingehen“,<br />

erklärt der <strong>Familie</strong>nvater. Ihr Hab<br />

und Gut ist den Herrmanns lieb und<br />

teuer. Deshalb haben sie sich gemeinsam<br />

mit ihrem Versicherungsvermittler<br />

viel Zeit genommen und in einer Wertanalyse<br />

den Wiederbeschaffungspreis<br />

ihres Hausrats ermittelt. „Mit der Versicherungssumme<br />

von 650 Euro pro Qua-<br />

dratmeter Wohnfläche<br />

wird jeder Schaden bis<br />

zu dieser Summe in voller<br />

Höhe ersetzt. Bei 120<br />

Quadratmetern sind das<br />

immerhin 78.000 Euro“,<br />

erläutert Ehefrau Lisa.<br />

Dankbar ist sie dem Experten<br />

der ERGO für den<br />

Tipp, zusätzlich die Option<br />

„Diebstahl spezial“ zu<br />

wählen, bei der Diebstähle<br />

am Arbeitsplatz, aus<br />

dem Auto, dem Krankenzimmer,<br />

der Schiffskabine<br />

oder dem Zugabteil<br />

ebenso bis zu einer Entschädigungsgrenze<br />

von<br />

1.000 Euro versichert<br />

sind wie Gartenmöbel<br />

und -geräte, Antennenanlagen,<br />

Wäsche und<br />

Bekleidung vom Grundstück<br />

sowie die Waschmaschine<br />

oder der Wäschetrockner<br />

in Gemeinschaftsräumen.<br />

Nicht alle<br />

Scherben<br />

bringen Glück<br />

Die Herrmanns wollen sich als frischgebackene<br />

Eigenheimbesitzer nicht auf unsicheres<br />

Parkett begeben. Die laufenden<br />

finanziellen Belastungen lassen die kostspielige<br />

Wiederbeschaffung teuren Hausrates<br />

nicht zu – ebenso wenig wie den Ersatz<br />

der Glaskeramik-Kochfläche oder<br />

des Naturstein-Tisches im Wohnzimmer.<br />

„Dass diese Leistungen, wie auch das<br />

,Blindwerden‘ der Isolierverglasung oder<br />

Schäden an einer Photovoltaikanlage, die<br />

wir planen, in der Glasversicherung ein-<br />

DIE ERGO INFORMIERT<br />

geschlossen sind, wusste ich gar nicht“,<br />

resümiert Markus Herrmann.<br />

Weitere Informationen zum Wertpaket<br />

Haushalt, den Einzellösungen und Optionen<br />

geben die Experten der ERGO<br />

Stamm-Organisation. Sie beraten gern zu<br />

allen Fragen rund um den Versicherungsschutz<br />

und gestalten individuelle<br />

Angebote. Bei der Suche nach dem<br />

richtigen Ansprechpartner in Ihrer Nähe<br />

hilft Ihnen die Expertensuche auf<br />

www.ergo.de unter der Rubrik „ERGO in<br />

Ihrer Nähe“.<br />

5/2010 <strong>DFV</strong>-<strong>Familie</strong><br />

31


Der Deutsche <strong>Familie</strong>nverband e.V. vertritt seit über 85 Jahren die Interessen der <strong>Familie</strong>: Bei Ihnen<br />

vor Ort, auf Bundesebene und in parlamentarischen Gremien. Parteipolitisch und konfessionell sind<br />

wir ungebunden – wir sind nur unseren Mitgliedern verpflichtet.<br />

Wenn Sie die Arbeit des Deutschen <strong>Familie</strong>nverbandes als Fördermitglied unterstützen möchten,<br />

füllen Sie einfach das unten stehende Formular aus und senden Sie es uns.<br />

Sie erhalten dann selbstverständlich kostenlos unsere Verbandszeitschrift <strong>DFV</strong> <strong>Familie</strong> (6 Ausgaben<br />

pro Jahr). Weitere Infos unter www.deutscher-familienverband.de.<br />

Das haben wir schon erreicht ...<br />

x Schaffung familiengerechten Wohnraums<br />

x Anerkennung der Erziehungsleistung bei der<br />

Rentenberechnung<br />

x Einführung von Elterngeld und Elternzeit<br />

x Ausweitung des Verbraucherschutzes für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

Das wollen wir ...<br />

�<br />

Ja, ich möchte mich für <strong>Familie</strong>n<br />

engagieren und die Arbeit des<br />

Deutschen <strong>Familie</strong>nverbandes<br />

unterstützen. Für einen Jahresbeitrag<br />

von _____ Euro möchte<br />

ich Fördermitglied werden.<br />

(Mindestbeitrag 50,– Euro)<br />

Name, Vorname<br />

PLZ, Wohnort<br />

Straße<br />

Mailadresse<br />

Datum, Unterschrift<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Familie</strong>nverband<br />

x Maßnahmen zur Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong>n- und<br />

Erwerbstätigkeit<br />

Werden Sie jetzt Mitglied – gemeinsam bewegen wir mehr!<br />

x Ausbau des Elterngeldes, damit die dreijährige<br />

Elternzeit mit mindestens 700 Euro monatlich<br />

finanziell abgesichert wird<br />

x Altersgerechte Kinderbetreuungsangebote<br />

x Steuergerechtigkeit für <strong>Familie</strong>n durch Erhöhung<br />

des Kinderfreibetrages auf 8.000 Euro sowie<br />

Erhöhung des damit verrechneten Kindergeldes<br />

auf 280 Euro, in weiteren Schritten auf 330 Euro<br />

x Einführung einer Elternrente, die der Erziehungsleistung<br />

angemessen ist<br />

x <strong>Familie</strong>ngerechtes Wohnen und Wohnumfeld<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Familie</strong>nverband<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Luisenstraße 48<br />

10117 Berlin

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