UGOTCHI - Stadtgemeinde Stockerau
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HISTORISCHES<br />
KOMMUNALES<br />
UNSERE STADT <strong>Stadtgemeinde</strong> <strong>Stockerau</strong><br />
Das Lenau-Denkmal in <strong>Stockerau</strong><br />
Nicht nur Künstler, auch Denkmäler haben ihre Schicksale. Dies gilt ganz besonders für das <strong>Stockerau</strong>er Lenau-Denkmal,<br />
das zudem eine eigenartige Parallelität zum Lebensschicksal des Dichters zeigt.<br />
Das von dem in<br />
<strong>Stockerau</strong> geborenen<br />
Bildhauer Wilhelm<br />
Seib geschaffene Denkmal<br />
wurde in der kleinen Parkanlage<br />
gegenüber der Post<br />
(Bahnhofplatz) aufgestellt<br />
und am 21. Dezember 1902<br />
feierlich enthüllt. Die Festrede<br />
hielt damals der junge<br />
<strong>Stockerau</strong>er Dichter Hermann<br />
Krimmel.<br />
Das hinter Bäumen und<br />
Buschwerk fast völlig versteckte<br />
Denkmal kam aber<br />
auf diesem Platz nur wenig<br />
zur Geltung.<br />
Aus Anlass des 140. Geburtstages<br />
des Dichters<br />
wurde das Lenau-Denkmal<br />
im Bahnhof-Park neu aufgestellt<br />
und am 30. August<br />
1942 vom damaligen Bürgermeister-Stellvertreter<br />
Josef Sandhofer im Rahmen<br />
einer schlichten Feier<br />
neu enthüllt. Der Bahnhof-<br />
Park wurde zu Ehren des<br />
Dichters in Lenau-Park<br />
umbenannt.<br />
Doch schon nach achte<br />
Jahren musste das Denkmal<br />
diesen schönen, stimmungsvollen<br />
Platz wieder<br />
verlassen, da an seiner<br />
Stelle ein Denkmal für die<br />
gefallenen Sowjet-Soldaten<br />
errichtet wurde.<br />
Das Lenau-Denkmal wurde<br />
nun in der Schießstattgasse<br />
an der Schmalseite<br />
der „Hauptschule West“<br />
aufgestellt. Am 8. Oktober<br />
1950 – zum 100. Todestag<br />
des Dichters – fand vor<br />
dem Denkmal eine Lenau-<br />
Feier statt, an der unter<br />
Mitwirkung von dreißig<br />
2 April 2007<br />
Mitgliedern des Wiener<br />
Staatsopernorchesters<br />
sämtliche Schulen <strong>Stockerau</strong>s<br />
dem Dichter in Form<br />
eines Gemeinschaftssingens<br />
ihre Huldigung darbrachten.<br />
Aber damit ist die „Schicksalsgeschichte“<br />
des Lenau-<br />
Denkmales noch keinesfalls<br />
zu Ende. Man hat dem<br />
Bildhauer – völlig zu Unrecht<br />
– wiederholt den Vorwurf<br />
gemacht, dass er<br />
nicht den jugendlichen,<br />
sondern den herangereiften<br />
Dichter in seinem<br />
Bronzerelief dargestellt habe,<br />
was für <strong>Stockerau</strong> völlig<br />
unpassend sei, da doch<br />
Lenau hier erst zum Dichter<br />
erwacht sei und erst 16<br />
Jahre gezählt habe, als er<br />
mit <strong>Stockerau</strong> in<br />
Berührung kam. Wie war<br />
doch dem Bildhauer in<br />
Wahrheit die Lösung des<br />
Problems geglückt, Jugend<br />
und reifes Mannesalter des<br />
Dichters durch die vergoldete<br />
Amsel symbolhaft zu<br />
verknüpfen, die, auf einem<br />
vorgelagerten Steinblock<br />
sitzend, zu des Dichters<br />
Bildnis emporblickt.<br />
Hier beginnt eine fast unglaubhafte<br />
Tragikomödie:<br />
Die Amsel, das liebliche<br />
Sinnbild von Lenaus stärkstem<br />
Natur-Erlebnis in seinen<br />
<strong>Stockerau</strong>er Tagen,<br />
wird zweimal von unbekannten<br />
Tätern entwendet<br />
und jedes Mal auf dem<br />
Postwege an den Bürgermeister<br />
der Stadt – fast ist<br />
man versucht zu sagen<br />
„reumütig“ – zurückge-<br />
Das Lenaudenkmal wurde 1987 von der Schießstattgasse versetzt und befindet<br />
sich seit damals in der Judithastraße<br />
schickt, weshalb man sich<br />
entschließen musste, die<br />
Amsel dem Museum der<br />
Stadt <strong>Stockerau</strong> zur Aufbewahrung<br />
zu übergeben.<br />
Die wiederholte Standortveränderung<br />
des Denkmales<br />
und die dem Vöglein<br />
aufgezwungene Unfreiheit<br />
– zeigen sie nicht, wenn<br />
auch unbeabsichtigt, geradezu<br />
beunruhigende Ähnlichkeiten<br />
mit dem Schicksalsweg<br />
unseres Dichters?<br />
Eine Anmerkung möchte<br />
ich hier noch anbringen:<br />
Meist wird als Enthüllungsjahr<br />
des <strong>Stockerau</strong>er<br />
Lenau-Denkmales das Jahr<br />
1903 angegeben. Das<br />
Lenau-Denkmal wurde<br />
aber 1902, zur 100. Wiederkehr<br />
von Lenaus Geburtsjahr,<br />
enthüllt. Es wurde<br />
vom Städtischen Bauhof<br />
bislang „letztmalig“ am 16.<br />
September 1987 von der<br />
Schießstattgasse in die Judithastraße<br />
versetzt.<br />
Dr. Günter Sellinger