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UGOTCHI - Stadtgemeinde Stockerau

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KOMMUNALES<br />

UNSERE STADT <strong>Stadtgemeinde</strong> <strong>Stockerau</strong><br />

Letzte Worte<br />

Er war ein alter Musikant.<br />

In der Stadtkapelle hatte er<br />

mitgespielt, aber auch auf<br />

Hochzeiten und bei Beerdigungen<br />

musiziert. Trauermärsche<br />

und böhmische<br />

Polka, den alten Kameraden<br />

und so manchen Walzer<br />

hatte er oft und oft gespielt.<br />

Er war ein Original.<br />

Das verschmitzte Lächeln,<br />

die Zigarre, die vor dem An-<br />

zünden noch in den Bierkrug<br />

getaucht wurde…<br />

und Geschichten konnte er<br />

erzählen - Geschichten aus<br />

seinem langen Leben. Den<br />

ersten Krieg hatte er erlebt<br />

als er noch Kind war. Seine<br />

Eltern hatten kein Geld, um<br />

ihn ein Instrument lernen<br />

zu lassen. Also hatte er sich<br />

vieles selbst beigebracht,<br />

um auf Dorffesten und Familienfeiern<br />

zu spielen. Von<br />

einer Bauernhochzeit im<br />

Winter 44/45 hatte er ein<br />

großes Stück Geselchtes<br />

mit nach Hause gebracht -<br />

was für ein Jubel in der Familie.<br />

Seine Instrumente waren<br />

sein Heiligtum. Sie wurden<br />

sorgfältig gepflegt. Einige<br />

davon hatte er sich vom<br />

Mund abgespart. Eine alte<br />

Klarinette war sein beson-<br />

derer Stolz. Im Notenschrank<br />

stapelten sich wahre<br />

Schätze: Landler, Mazurkas,<br />

Menuette und Walzer<br />

hatte er mit der Hand aufgeschrieben.<br />

Zu Weihnachten, wenn er<br />

das ‚Stille Nacht’ mit großer<br />

Andacht spielte, war die<br />

ganze Gemeinde zutiefst<br />

ergriffen.<br />

Als er alt geworden war und<br />

im Sterben lag, hat er kurz<br />

vor seinem Tod noch einmal<br />

die Augen geöffnet, an<br />

die Decke geschaut und<br />

dann mit vollem Bewusstsein<br />

gesagt: „Ich höre sie<br />

singen.“ Das waren seine<br />

letzten Worte.<br />

Man vergisst sie nicht, die<br />

letzten Worte, die ein<br />

Mensch spricht.<br />

Am Karfreitag hören wir im<br />

Gottesdienst wieder die<br />

letzten Worte Jesu. Als er<br />

am Kreuz hing, versprach<br />

er dem Schächer neben<br />

sich am Kreuz:<br />

„Heute noch wirst du mit<br />

mir im Paradies sein!“<br />

Ich bin mir sicher. Dort<br />

werden sie musizieren und<br />

singen; der alte Musikant<br />

hat es vernommen und als<br />

er gestorben war, lag ein<br />

tiefer Friede auf seinem Angesicht.<br />

Eine gesegnete Karwoche<br />

und ein frohes Osterfest<br />

wünscht Ihnen<br />

Ihr Pfarrer<br />

Christian Brost<br />

April 2007 5

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