sportunter- richt - Hofmann Verlag
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Buchbesprechung<br />
Buchbesprechung<br />
Zusammengestellt von Norbert Schulz, Marderweg 55, 50259 Pulheim<br />
Schmidt-Sinns, J. /Scholl, S. /Pach, A. (2010):<br />
Le Parkour und Freerunning. Das Basisbuch für<br />
Schule und Verein. (Edition Schulsport Band 12).<br />
Aachen: Meyer & Meyer <strong>Verlag</strong>, 317 S., 19,95 €.<br />
Dieses Fachbuch soll zunächst abgegrenzt werden von<br />
einer zeitgleich erschienenen Publikation im <strong>Verlag</strong><br />
Meyer & Meyer (Autoren: Witfeld, Gerling und ebenfalls<br />
Pach) mit fast gleichlautendem Titel – es fehlt<br />
lediglich der Artikel „Le“ – bei allerdings unterschiedlichem<br />
Untertitel (dort: Entdecke deine Möglichkeiten!),<br />
aber grundsätzlich vergleichbarer inhaltlicher Aus<strong>richt</strong>ung<br />
und fachmethodischer Aufbereitung, nahezu<br />
identischer formaler Ausgestaltung, gleichem Umfang,<br />
Kaufpreis usw.<br />
Schmidt-Sinns und seine Mitautoren stellen als Besonderheit<br />
für ihr Buch die Zusammenarbeit mit den Turnerbünden,<br />
der Sportjugend, dem Deutschen Sportlehrerverband<br />
und der Unfallkasse – alle aus Nordrhein-<br />
Westfalen – heraus. Der besondere Bezug der Autoren<br />
zu diesem Bundesland wird an verschiedenen Stellen<br />
deutlich, beispielsweise im 3. Kapitel, wenn ein Zugriff<br />
auf die Rahmenvorgaben und Lehrpläne für den Schulsport<br />
in NRW erfolgt, um Parkour und Freerunning<br />
(PK/FR) als schulisches (und gleichfalls als vereinssportliches)<br />
„Bewegungsprogramm“ zu legitimieren und es<br />
wegen seiner „turntypischen Inhalte“ dem Inhaltsbereich<br />
„Bewegen an Geräten – Turnen“ zuzuordnen<br />
(vgl. S. 42). Das wird zuvor schon im historisch ausge<strong>richt</strong>eten<br />
2. Kapitel vorbereitet, denn hier gehen die<br />
Autoren über die sonst in den PK/FR-Büchern übliche<br />
spezifische Entwicklungsgeschichte hinaus und entdecken<br />
die eigentlichen Wurzeln dieses aktuellen<br />
Trendsports schwerpunktmäßig am Beginn der modernen<br />
Leibesübungen und des frühen Turnens in der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es wird in Wort und<br />
Bild ein weiter Bogen geschlagen vom damaligen Turnen<br />
im Freien hin zum „freien Turnen“ (mit Schmidt-<br />
Sinns als Mitbegründer) in den 80er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts. Die Geschichte von PK/FR wird für<br />
Schmidt-Sinns und seine Mitautoren somit gleichzeitig<br />
auch Turngeschichte (vgl. S. 27 f und S. 33). Vor dem<br />
Hintergrund solcher Überlegungen kann durchaus<br />
nachvollzogen werden, dass PK/FR als Hallenaktivität<br />
– hier liegt der eindeutige Schwerpunkt dieses Buches<br />
– eigentlich ein „alternatives, attraktives und ungenormtes<br />
„Bewegen an Geräten – Turnen“ ohne Wettkampfcharakter“<br />
(S. 14) ist, bei dem viele der traditionellen<br />
Turnelemente in jugendlicher und moderner<br />
Verpackung sowie das aktuelle „freie Turnen“ für alle<br />
zugänglich neu konzipiert werden (vgl. S. 18 f). Zur<br />
modernen Verpackung für altbewährte turnerische Inhalte<br />
gehört allerdings auch, dass in diesem Buch die<br />
englischen Begriffe für die verschiedenen Basic Vaults,<br />
Flips, Spins und Tricks in den Vordergrund gerückt werden:<br />
Der gute alte Diebsprung wird so zum Dash, der<br />
Salto vorwärts zum Front Flip usw. Mit einer derartigen<br />
sprachlichen Verpackung von traditionellen turntechnischen<br />
Elementen dürften sich vor allem viele der „gelernten<br />
Turner“ unter den Lehrkräften, Übungsleitern/<br />
Trainern (= bevorzugte Zielgruppe) nur schwer anfreunden<br />
können. Und dann wohl auch nicht mit dem<br />
Tipp des Autors Schmitt-Sinns an anderer Stelle, im<br />
Umgang mit PK/FR wegen der allgemein positiven Einstellung<br />
der Jugendlichen zu diesem Bewegungsfeld<br />
und der Motivation zum beharrlichen Üben nicht darauf<br />
hinzuweisen, dass „geturnt“ wird (vgl. <strong>sportunter</strong><strong>richt</strong><br />
11/2010, S. 5 der Lehrhilfen). Und das, wo doch<br />
die meisten der Basis-Aktionen und Bewegungs-Kunststücke<br />
aus dem Turnen kommen und so gängige und<br />
auch einprägsame Namen aus der deutschen Turnsprache<br />
haben.<br />
Auch der Rezensent neigt (schon mal) dazu, in ein Praxisbuch<br />
erst dort einzusteigen, wo es so <strong>richt</strong>ig praktisch<br />
und z. B. für die konkrete Unter<strong>richt</strong>svorbereitung<br />
interessant wird. Im Falle von PK/FR sollte aber unbedingt<br />
vorher das 4. Kapitel dieses Buches (Sicherheitsaspekte<br />
und fachliche Qualifikation von Lehrkräften) gelesen<br />
werden. Dieses Kapitel versteht sich auch als Entscheidungshilfe<br />
für oder gegen PK/FR-Aktivitäten im<br />
eigenen Sportunter<strong>richt</strong> oder an der eigenen Schule.<br />
Denn der Unter<strong>richt</strong> im PK/FR setzt eine spezielle fachliche<br />
Qualifikation bei den Lehrkräften voraus. Hierzu<br />
gehören eigene praktische Erfahrungen, z. B. mit den<br />
elementaren Grundtechniken Laufkehre, Diebsprung,<br />
Parkour-Rolle, weil „die wagenden Situationen am eigenen<br />
Leib erfahren“ (S. 75) werden sollen, ferner<br />
Kenntnisse z. B. zur technischen Ausführung der (tur-<br />
358 <strong>sportunter</strong><strong>richt</strong>, Schorndorf, 60 (2011), Heft 11