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A8 Die Zeit 1918 – 1932 - Mardorf

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<strong>A8</strong> <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>1918</strong> <strong>–</strong> <strong>1932</strong><br />

20.1.<strong>1918</strong> Weserhochwasser!<br />

<strong>1918</strong> Das Fürstentum Schaumburg-Lippe wird Freistaat im Deutschen Reich.<br />

Wilhelm Heidorn (Nr.113 *1871) ist das erste <strong>Mardorf</strong>er SPD-Parteimitglied (in Nienburg/Weser).<br />

Müller Wilhelm Meier (Nr.75 *1860) betreibt einen ersten kleinen Ausschank am 1.Landungssteg<br />

Weißer Berg (später Betrieb in Nr.116 Badestraße/Ladenstraße?).<br />

Es gibt schon einen allgemeinen Badebetrieb am Weißen Berg.<br />

106<br />

Baden am Weißen Berg Sommer <strong>1918</strong><br />

Bahlsen-Arend-Plan <strong>1918</strong> (Bebauung am Weißen Berg / Ansicht und Plan)


<strong>1918</strong> Es wird der Verein „Familienbad Weißer Berg“ gegründet. Architekt Carl Arend plant (siehe oben)<br />

am Weißen Berg auf dem Bahlsen-Gelände ein Kinderheim, Strand, Spielplätze, Gasthaus,<br />

Bootshaus, Freibad und Badeanstalt, Aussichtsturm, Findlingspark und ein Wochenendgebiet.<br />

Vielleicht ist ein Grund für fehlende Umsetzung der Tod (1919) von Bahlsen. 1921 übernimmt die<br />

„Hannöversche Bank“, 1922 die „Deutsche Bank“ das Gelände.<br />

Herbst <strong>1918</strong> „Spanische Grippe“ (noch im Krieg / bis 1920) entwickelt sich zur größten Pandemie der Neuzeit.<br />

1/3 der Weltbevölkerung ist infiziert und bis zu 50 Mio. Todesopfer sind zu beklagen.<br />

Große Brassenbestände im Steinhuder Meer.<br />

11.11.<strong>1918</strong> Waffenstillstand an den Fronten des I. Weltkrieges.<br />

23 <strong>Mardorf</strong>er sind „im Felde geblieben“ (gefallen). Dadurch werden auch erste dramatische<br />

Besitzerwechsel auf den Hofstellen ausgelöst.<br />

Kriegstote 1914-<strong>1918</strong>: J.Beeck,in84 <strong>–</strong> F.Blanke,53 <strong>–</strong> H.Blanke,88 <strong>–</strong> H.Brase,3 <strong>–</strong> H.Feldmann,41/29 <strong>–</strong><br />

W.Förthmann,12 <strong>–</strong> H.Gerberding,84 <strong>–</strong> W.Gerberding,84 <strong>–</strong> H.Heidorn,6 <strong>–</strong> W.Heidorn,6 <strong>–</strong> H.Heidorn,20 <strong>–</strong><br />

F.Kahle,7 <strong>–</strong> F.Kahle,74 <strong>–</strong> F.Kahle,77 <strong>–</strong> H.Koberg,25 <strong>–</strong> F.Meier,94 <strong>–</strong> H.Meier,94 <strong>–</strong> W.Nortmeier,14 <strong>–</strong><br />

H.Nülle,67 <strong>–</strong> F.Ohlhagen,89 <strong>–</strong> H.Struckmann,21 <strong>–</strong> W.Thürnau,18 <strong>–</strong> H.Thürnau,70.<br />

Nov.<strong>1918</strong> Nach der „November-Revolution“ (Arbeiter- und Soldatenräte) entsteht in Deutschland die<br />

Weimarer Republik. Sie hat bis 1933<br />

(Hitler Reichskanzler und Auflösung<br />

Reichstag und Parteien) Bestand.<br />

30.11.<strong>1918</strong> Frauenwahlrecht in Deutschland.<br />

Köhlerhütte in den Häfern (stand noch nach<br />

1945 am westl. Rand der Staatsforst)<br />

Nach <strong>1918</strong> erreicht die „Christliche Wissenschaft“<br />

<strong>Mardorf</strong> (1.Kirche Christi aus<br />

Hannover). <strong>Die</strong> Religionsgemeinschaft<br />

hat Zulauf aus vielen Familien. Deren<br />

Verbundenheit nach Hannover hält bis<br />

in die 1970er Jahre.<br />

<strong>Mardorf</strong> wird zum „Familienbad“<br />

Hannovers. Es entstehen Hotels,<br />

Pensionen und Wochenendhäuser,<br />

aber auch „Erholungsheime“ für<br />

Fabrikarbeiter und Kleinbürger.<br />

Ein Heinrich Hofmann*23.1.1904<br />

(damals wohnhaft in <strong>Mardorf</strong>) wird in<br />

Hannover wegen Totschlags verurteilt.<br />

1919 Reichstagswahl <strong>–</strong> die SPD erreicht in<br />

unserer Gegend überall Mehrheiten. Friedrich Ebert wird Reichspräsident (bis 1925). Schwarz-rotgold<br />

werden die neuen Nationalfarben in der Weimarer Republik und<br />

nebenstehendes Wappen gilt bis 1935. Das aktive Wahlrecht mit 20 Jahren wird<br />

eingeführt.<br />

Kreistagswahlen in Neustadt a. Rbge (und Gemeindewahlen in <strong>Mardorf</strong>?).<br />

Wasser im Steinhuder ist wieder normal trüb (Unterwasserpflanzenrückgang).<br />

28.6.1919 Versailler Vertrag besiegelt die deutsche Kriegsschuld!<br />

Um 1920 Lehrer in <strong>Mardorf</strong> sind: Herr Buschhorn Nr.50 und Heinrich Dannenberg (*1898 Kirchdorf oo<br />

Marie Nülle Nr.22 / noch bis 1954 im Amt <strong>–</strong> alle Kinder werden ebenfalls Lehrer!).<br />

Wird die Hofstelle Nr.108 mit Haus des Hsl., Landwirts und Schusters W.Feldmann (Nr.56/ oo<br />

Stadtländer Nr.88 ?/ an der Rehburger Chaussee begründet. 1931 Abbauerstelle „Herms“, später<br />

Oberdanner und Meier.<br />

1920 Gründung des Berufsseglerverbandes Steinhude.<br />

107


1920 „Dominalverteilungsvertrag“ über das Steinhuder Meer, das bis dahin im Alleineigentum des<br />

Fürsten in Bückeburg war. Es wird in 2 ideelle Hälften zwischen dem Fürstenhaus Schaumburg-<br />

Lippe und dem Freistaat Schaumburg-Lippe aufgeteilt.<br />

Großer verheerender Brand im Toten Moor östlich von <strong>Mardorf</strong>.<br />

Ida Thürnau (Gastwirtin Nr.18) beantragt Konzession für eine „Zweigstelle“ am Meer. Landwirt<br />

Heinrich Nordmeyer bekommt keine Erlaubnis.<br />

Der Hannoversche Gastwirt (aus Linden / Calenberger Neustadt) Ludwig Brümann (*25.3.1871<br />

„Ludjen“) errichtet auf einer Pachtfläche (Heideland von H.Langhorst Nr.2) für den Inflationspreis<br />

von 30.000 M) eine „Übernachtungsmöglichkeit und Kochgelegenheit für Wandervögel“ gegen<br />

Erstattung der Selbstkosten. Das Wasser wird aus einem eigenen Brunnen für umsonst<br />

abgegeben. Er nennt es ein „fliegendes Hotel“ <strong>–</strong> es ist ein Zelt. Es gibt für bis zu 300-350<br />

Personen Mittagstisch, Kaffee und Kuchen. Er lässt auch einige übernachten. Er will darüber<br />

hinaus ein WC für 10 Herren und 4 Damen einrichten. Sein Werbeslogan ist: „Beste<br />

Badegelegenheit“. 1923 wird daraus die Blaue Grotte (Nr.111 <strong>–</strong> zunächst immer noch im Zelt /<br />

heute Leichte Brise / Söhne: Oskar ab 1923 Nr.144 / Ludwig später Nr.366). 1929 werden eine<br />

Veranda und ein Ausschank angebaut. 1931 gibt es dann einen großen Konflikt mit dem Nachbarn<br />

im Badehotel (Nr.110). Es kommt ein Verkaufsstand am Strandweg hinzu. Enkel Louis oo Else<br />

Brümann führen den Betrieb (ab 1950 Blauer Bock) noch bis 1972 weiter. Dann wird die Kneipe<br />

„Bei Lucie“ an der Straße „Blauer Bock“ abgerissen.<br />

Juli 1921 Adolf „Hitler“ wird Vorsitzender der NSDAP (bis 1920 noch DAP).<br />

1.7.1921 Wilhelm Carl („Carl <strong>Mardorf</strong>“) wird in <strong>Mardorf</strong> angestellter evang.- lutherischer Lehrer<br />

(„1.Schulstelle der Volksschule“ <strong>–</strong> durch die Preußische Regierung in Hannover) im Schulverband<br />

<strong>Mardorf</strong> (in Nr.50) und gleichzeitig bestallter Kapellenküster (durch das Preußische Konsistorium<br />

Hannover) der Kapellengemeinde <strong>Mardorf</strong> (in Nr.51).<br />

Wilhelm Carl („Schoelmester Carl“) ist am 24.4.1890 in Emmern bei Hameln geboren und ab 1912<br />

Lehrer in Holtorf. 1917 heiratet er Julie Wölthje (*15.4.1896+5.11.1964). Sie haben mehrere Kinder<br />

(Sohn Jochen, jüngste Tochter Eva *28.4.1922 in <strong>Mardorf</strong>). Er hat verschiedene Anstellungen als<br />

Lehrer in Hetzendorf, Bücken und Weende.<br />

Er gilt bei den Schülern als gestrenger Lehrer.<br />

(Wilhelm Carl und seine Familie)<br />

In seiner <strong>Mardorf</strong>er <strong>Zeit</strong> ab 1921<br />

nimmt den Künstlernamen „Carl<br />

<strong>Mardorf</strong>“ an und schreibt<br />

heimatliche Texte. Er wird später<br />

einer der bekanntesten Heide-<br />

und Heimatdichter sowie<br />

Naturfotograf. Er durchwandert<br />

viele Orte und Gegenden in<br />

Norddeutschland, was ihm den<br />

Spitznamen „Buschklepper“<br />

einbringt.<br />

Sein 1.Buch von 1933 heißt: „Das<br />

alte Garagentor“. Weitere<br />

erschienene Titel: „Jochen wandert<br />

in die Heimat“ (1935 <strong>–</strong> mit<br />

Lebensbildern aus <strong>Mardorf</strong>) / <strong>Die</strong><br />

Lüneburger Heide (~1940 <strong>–</strong> mit vielen Naturaufnahmen) / „Der Schäfer von Timmerloh“ (1950) /<br />

„Unter Birken und Wacholdern“ (~1950 <strong>–</strong> Erzählungen und Bilder) / „Der Hillige Kamp“ (1962 <strong>–</strong><br />

wahrscheinlich eine Neuauflage von 1936) / „Münchhäuser Schicksalstage“ (Skizze über den<br />

Untergang der Schutz- und Trutzburg Münchhausen bis 1523 <strong>–</strong> Haarberg, Winzlar). Außerdem hat<br />

er ca.3000 Fotografien von Norddeutschland (Heidelandschaft und Bauernleben) gemacht; sie<br />

sind heute im Museum in Soltau zu sehen. Dazu kommen 6 Monografien und 120 Aufsätze,<br />

Erzählungen und Gedichte. Auszugsweise ein Frühlingsgedicht: „In meiner Heide wird alles nun<br />

wieder wach, schwatzt durch die Wiesen schon leise der Bach. In meiner Heide wird alles nun wieder grün,<br />

im Moore will Erika blüh’n. In meiner Heide <strong>–</strong> o welch’ ein süßer Ton! <strong>–</strong> flöten am Dorfteich die Stare<br />

schon. In meiner Heide <strong>–</strong> o lasst mich aus der Stadt, damit das Heimweh ein Ende hat!“<br />

1926 wird er der 1. Naturschutzbeauftragte für die Lüneburger Heide und Betreuer mehrerer<br />

Niedersächsischer <strong>Zeit</strong>ungen. Seine <strong>Die</strong>nstzeit in <strong>Mardorf</strong> endet 1927. Er zieht mit Familie nach<br />

Hannover. 1937 wird er Lehrer in Wichtenbeck/Uelzen. Nach 1941 ist er dann lange in Soltau.<br />

108


(Wilhelm Carl) 1964 bekommt er den Nds. Verdienstorden. Bis dahin wohnt er im „Haus Wulmsried“ in<br />

Wietzedorf. Er zieht mit Frau nach Hameln. 1968 wird ihm das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse<br />

verliehen.<br />

Wilhelm Carl (<strong>Mardorf</strong>) stirbt am 14.1.1970 in Hollenstedt, begraben ist er aber in Drakenburg bei<br />

Nienburg/W. <strong>Die</strong> Grabsteine von den<br />

Eheleuten Carl sind 1995 am Museum in<br />

<strong>Mardorf</strong> aufgestellt worden. In Soltau ist eine<br />

Straße nach Wilhelm Carl benannt worden.<br />

1990 ist die Obstbaumallee vom Bungeplatz<br />

mit Alter Schule (seiner ehem. Wirkungsstätte)<br />

bis zum Heerhof nach ihm benannt worden:<br />

Carl-<strong>Mardorf</strong>-Weg<br />

Auf dem Zusatzschild steht:<br />

Wilhelm Carl „<strong>Mardorf</strong>“<br />

(*24.4.1890 +14.1.1970)<br />

Lehrer in <strong>Mardorf</strong> und Heimatdichter.<br />

109<br />

(Gedichte ans Meer: Wilhelm Carl 1940)<br />

16.10.1921 Einweihung des Denkmals für die Opfer des „Großen Krieges“ (später I. Weltkrieg genannt).<br />

Auf dem Teil der alten Friedhofsfläche östlich der<br />

Kapelle an der Dorfstraße entsteht das steinerne<br />

Denkmal, das später „Unter die Eichen“ (Hinterm<br />

Dorf) versetzt wird. <strong>Die</strong> restliche Gräberfläche wird<br />

nach 1945 eingeebnet.<br />

Notgeld 1921:<br />

(im Kreis Stolzenau / ähnlich so auch in<br />

<strong>Mardorf</strong>, Kreis Neustadt a. Rbge.)<br />

1922 Abriss des letzten direkt nach dem 30jährigen Krieg<br />

(~1650) gebauten Fachwerk-Bauernhauses mit Ziehbrunnen in <strong>Mardorf</strong> Nr.2 (Am Brink).<br />

Neuer ev.-luth. Pastor (-1933) in Schneeren ist Bernhard Heinrich Jäger (Hannover).<br />

Arbeiter August Heidorn (Nr.128) bekommt eine Betriebserlaubnis für einen Ausschank am Meer,<br />

wenn er auch eine Abortanlage bereitstellt.<br />

1.Vors. bei „Concordia“ <strong>Mardorf</strong> ist H.Kahle (Nr.17) bis 1926.


24.6.1922 Ermordung von Walter Rathenau (Außenminister) führt zu weiterem Extremismus.<br />

Dez.1922 Josef „Stalin“ wird Generalsekretär der KPdSU und installiert eine verheerende Diktatur in der<br />

Sowjetunion und Osteuropa. Über 22 Mio. Menschen zahlen das mit ihrem Leben. Er stirbt 1953.<br />

Bis 1923 Inflation der Preise:<br />

Um 1923 Der 1. große Saal in <strong>Mardorf</strong> entsteht bei der Gastwirtschaft Thürnau (Nr.18).<br />

1923 Erste automatische Telefon-Fernvermittlung in Deutschland.<br />

Landrat in Neustadt a. Rbge. ist G. Lichtenberg<br />

Sommer 1923 An der Stelle einer alten Schutzhütte für Steinhuder Torfstecher im Moor (am sogen. Fisklok)<br />

wird der Ausschank „Moorhütte“ eröffnet (später Nr.144) <strong>–</strong> von Oskar Brümann (*1901+1976 /<br />

arbeitsloser Sohn von Ludwig Brümann Nr.111/366 / oo Gertrud Kuklinski*1911+1988). Den<br />

heutigen Namen bekommt das Lokal erst nach dem Bau der „Neuen Moorhütte“ 1930. Ein<br />

Verkaufskiosk gehört auch dazu. Das Gästebuch in der „Alten Moorhütte“ wird später zur<br />

„inoffiziellen Chronik des Nordufers“. Zu erreichen ist der Betrieb zunächst nur über den<br />

Wasserweg. Um 1934 ist es dann schon ein Sandweg von der alten Meerstraße her durch die<br />

Schwarzen Berge. Noch bis 1954 ist Oskar Brühmann Betreiber.<br />

Der 1. große Steg wird als Anleger (anstelle des alten Landungssteges von <strong>1918</strong>) für die<br />

Steinhuder Schiffer am Nordufer am Weißen Berg ins Meer gebaut.<br />

Am damals noch einfachen Sandweg („Meerstraße“, Abzweigung Lütjen <strong>Mardorf</strong>) erbaut auf einem<br />

Gemeindegrundstück ein Herr Fesing aus Hannover das kleine Lokal „Meeresblick“ (später<br />

Nr.149).<br />

14.7.1923 An diesem guten Sonntag kommen ca. 25.000 Menschen an den Badestrand am Weißen Berg.<br />

Hier wird u. a. schon „Schaumburger Bier“ ausgeschenkt. Bei den An- und Abfahrten kommt es zu<br />

stundenlangen Wartezeiten. Bei Windstille muss dann sogar gerudert werden.<br />

Aug.1923 Gustav Stresemann ist bis November Reichskanzler der Weimarer Republik.<br />

20.11.1923 Neben der Reichsmark wird die Rentenmark zur Zweitwährung <strong>–</strong> damit wird die verheerende<br />

Inflation beendet. Zu dieser <strong>Zeit</strong> entspricht 1 Billion Mark <strong>–</strong> eine 1 mit 12 Nullen <strong>–</strong> dem Wert einer<br />

neuen Reichsmark. Wenige Tage vorher muss im Kolonialwarengeschäft Vogeler 1 Pfund Salz mit<br />

einem Wäschekorb voll Papiergeld bezahlt werden. Viele haben in der Hoffnung auf Besserung<br />

Geld gehortet. <strong>Die</strong> Rentenmark behält bis 1948 Gültigkeit.<br />

1924 Schützenkönig in <strong>Mardorf</strong> ist Heinrich Nortmeier (Nr.42 *1869).<br />

Das erste Radio wird bei Lehrer Heinr.Dannenberg (Nr.22) aufgestellt.<br />

Gründung des Fremdenverkehrsvereins Steinhude.<br />

Aug.1924 Im Monat fällt über 160 mm Niederschlag (normal nur 60).<br />

30.11.1924 Einweihung des 2.großen Saales bei Gastwirt Asche (Nr.78). Der Saal bei Gastwirt Thürnau Nr.18<br />

ist kurz zuvor entstanden (~1923).<br />

110


1920er Jahre Friedrich Meier (*1891 Nr.72) wird 2.SPD-Mitglied in <strong>Mardorf</strong>. Nach 1945 ist er einer der<br />

wesentlichen politischen Kräfte im Gemeinderat und im Ort (siehe Schützenausmarsch 1958).<br />

Unter den Kindern ist bei öffentlichem Fehlverhalten sein „Handstock“ gefürchtet.<br />

111<br />

Badende am Weißen Berg in den 1920er Jahren<br />

Um 1925 gibt es in Mitteleuropa viele Tierkrankheiten, die die schon stark leidende Landwirtschaft<br />

zusätzlich treffen: Bei Pferden (Rotz, Wurm, Dämpfigkeit), bei Rindern (Tuberkulose,<br />

Lungenseuche, Kolik), bei Schafen (Räude, Wassersucht) und bei Schweinen (Tuberkulose,<br />

Rotlauf, Schweineseuche, Trichinen, Finnen).<br />

Außerdem treten immer häufiger tierische Schädlinge auf, die die ohnehin schon kargen<br />

<strong>Mardorf</strong>er Äcker heimsuchen: Stockälchen, Frifliege, Hessenfliege, Zikade, Drahtwurm, Mäuse,<br />

Krähen, Rübennematode.<br />

<strong>Die</strong> pflanzlichen Schädlinge schaden diesen noch zusätzlich: Getreidebrand, Schneeschimmel,<br />

Kornstreifenkrankheit, Mutterkorn, Getreiderost <strong>–</strong> Rübenwurzelbrand <strong>–</strong> Kartoffelkrautfäule,<br />

Kartoffelrotz, Kräuselkrankheit, Kartoffelschorf, Kartoffelkrebs.<br />

1.Vors. bei „Liedertafel“ ist H.Wiebking (Nr.104), sein Liedervater ist F.Kahle (Nr.52).<br />

1925 Paul von Hindenburg wird Deutscher Reichspräsident (bis 1934).<br />

<strong>Mardorf</strong> hat 574 Einwohner bei 115 Hausnummern (lt. einer amtl. Hann. Statistik dagegen 535).<br />

In Schneeren gibt es schon 865 Einwohner.<br />

Der „Meeresblick“ (später Nr.149) wird von Familie Fesing ausgebaut zu einem Hotel mit Pension.<br />

Der „Kommerzienrat“ und Lederfabrikant Arnold Seegers aus Steinhude (dort ehem. Schäkerlager<br />

+1925) übernimmt von Bahlsen die Fläche am Weißen Berg (ca. 2 km zwischen Erlenweg und<br />

Alte Moorhütte).<br />

Frühjahr 1925 Er baut anstelle des zum Schein errichteten (um Vorschriften zu umgehen) Stallgebäudes das<br />

erste Hotel am Nordufer <strong>–</strong> das „Badehotel“. Müller Wilhelm Meier (Nr.75 *1860) wird 1.Pächter<br />

und „Hüttenwirt“ (Blockhütte mit Ausschank) in der neuen Nr.110 am Weißen Berg. 1927<br />

bekommt das Grundstück die Seegers Witwe Anna geb. Nott (Seegers Erben) und der „Advocat“<br />

Simon. Ewald Busch pachtet eine Teilfläche und baut 1927 die „Strandquelle“. 1929 schließlich<br />

wird die „Weißer Berg Gesellschaft m.b.H.“ aus Hannover Eigentümer der Flächen. Wirt Otto<br />

Meier aus <strong>Mardorf</strong> (Nr.75 *~1885 / ab 1930 in Nr.164) wird nun auch Hotelier und baut zusätzlich<br />

einen Schank-Pavillon am Landungssteg. 1930-1940 ist Karl Tensfeld Betreiber (danach<br />

Bannseehütte Nr.154). Ihm folgt Richard Fischer mit Familie. <strong>Die</strong> Tochter muss jeden Tag zu Fuß<br />

nach <strong>Mardorf</strong> zur Schule gehen. „Bannsee-Kinder“ wählen oft die Schneerener Schule.


1925/1926 <strong>Die</strong> Gastwirtschaft „Moorhütte“ (Nr.144) wird ausgebaut.<br />

3.1.1926 Weserhochwasser!<br />

1926 Gründung der ehrenamtlichen „Strand- und Seewacht“<br />

am Steinhuder Meer. <strong>Die</strong> Initiative des Heimatbundes<br />

mit Wilhelm Carl (<strong>Mardorf</strong>) führt auch zu einer<br />

Polizeiverordnung des Kreises Neustadt a. Rbge. wegen<br />

der Müllprobleme, Störungen und Zerstörungen. Als<br />

erste Maßnahme werden in den betreffenden<br />

Uferbereichen Abfallbehälter aufgestellt.<br />

1.Vors. bei „Concordia“ ist Wilhelm Ideker (*1894<br />

Nr.91).<br />

Wird die Abbauerstelle Nr.109 des Schmieds und<br />

Schlossermeisters Alb.Struckmann (Nr.21/ oo Emmi<br />

Wiebking Nr.83/ „Alberts“) vor der Mühle begründet. Das<br />

massive Steilgiebelhaus wird 1923 an Stelle einer der<br />

dort noch stehenden Gemeindescheunen gebaut.<br />

Später Boslar mit Landmaschinenreparaturen- und<br />

handel. (Foto: Nr.109)<br />

112<br />

<strong>Mardorf</strong> Nr.110 „Badehotel“ 1925<br />

13.-15.6.1926 (3 Wochen nach Pfingsten / Sa.-Mo.) Beim Schützenfest<br />

der Gemeinde wird August Nülle (*1903 Nr.92) Schützenkönig. <strong>Die</strong> Kinder feiern ihren König am<br />

<strong>Die</strong>nstag.<br />

20.6.1926 Erste Postautobusverbindung<br />

von <strong>Mardorf</strong> nach Neustadt (1x<br />

täglich auch von Rehburg aus<br />

über <strong>Mardorf</strong>). Bekanntester<br />

Fahrer der <strong>Zeit</strong> ist Wilhelm<br />

Scheffler, der noch bis 1951 fährt.<br />

<strong>Die</strong> Strecke geht über Schneeren<br />

(Reichstraße 6), „Aschenkrug“,<br />

Eilvese und Himmelreich bis<br />

Neustadt-Bahnhof.<br />

(Foto: Bäckerladen in <strong>Mardorf</strong> Nr.114)


1.7.1926 <strong>Die</strong> erste Bäckerei mit einem kleinen Cafe öffnet in <strong>Mardorf</strong> Nr.114 („Beckers“). Bäckermeister<br />

August Gallmeyer (*7.5.1899 Rehburg oo Lina Thürnau aus Winzlar). Seine Schwester ist die<br />

Mutter des späteren Bäckers Benno Lohrer in Nr.34. Geselle ist Alexis Zeretzke aus Schlesien. Er<br />

pachtet um 1955 die „Brot- und Feinbäckerei“ an der Dreieckstraße. nach ihm führt Familie Jacobs<br />

und Jürgensen das Geschäft, das inzwischen aber zur „Gaststätte am Dreieck“ (und seit ein paar<br />

Jahren auch wieder Cafe) geworden ist.<br />

113<br />

Meisterbrief Bäckermeister August Gallmeyer (Nr.114)<br />

25.7.1926 Das Hotel „Seestern“ (<strong>Mardorf</strong> Nr.115 am späteren Weidenbruchsweg) wird vom Gastwirt<br />

Conrad Ostermeyer aus Gleidingen mit Restaurant eröffnet.<br />

Juli 1926 Im Monat fällt in unserer Gegend über 220 mm sintflutartiger Niederschlag (normal wären 60).<br />

Sommer 1926 Schlechter Sommer mit Missernten!<br />

Fischsterben im Meerbach wegen der starken (grünen) Algenblüte aufgrund hoher Nährstoffzufuhr.<br />

Okt.1926 Gründung des Turn- und Sportvereins (TSV) <strong>Mardorf</strong>. Dorflehrer<br />

Heinrich Dannenberg (*1898 Nr.22 / 1.Vorsitzender bis 1930) mit<br />

10 Männern im Gasthaus Thürnau (Nr.18). 1.öffentliche<br />

Turnvorführung mit eigenem Turnwart auf dem Saal von Asche<br />

Nr.78. <strong>Die</strong> fest installierten Ringe und Kletterseile, sowie Barren,<br />

Reck und Bodenmatten sind noch bis um 1965 dort in Gebrauch.<br />

Anfang 1927 Gründung des Schützenvereins (SV) <strong>Mardorf</strong> in der<br />

Gastwirtschaft Thürnau Nr.18. 1.Vorsitzender wird Friedrich „Fritz“<br />

Heidorn (Nr.64 *14.6.1880 Schneider und Landwirt <strong>–</strong> Foto rechts).<br />

Aktive Schützen gab es aber schon lange vorher im Dorf. Schon im<br />

ersten Jahr werden deshalb 78 Männer Mitglied. Er bleibt viele<br />

Jahre Vorsitzender. Vor 1939 wird dann Otto Heidorn (Nr.20<br />

*7.2.1901 noch für eine kurze <strong>Zeit</strong> (bis zur vorübergehenden<br />

Einstellung des Vereinslebens 1939-1952) sein Nachfolger.<br />

Heinrich Aschenbrenner aus Hannover-Linden baut an der heutigen Ladenstraße einen kleinen<br />

Kiosk (Laden / Nr.116). 1931 übernimmt H.Fischer (oo Hedwig) das Geschäft.


1927 Das für <strong>Mardorf</strong> zuständige Finanzamt wird<br />

Nienburg/Weser.<br />

<strong>Die</strong> Post wird weiterhin über Rehburg nach <strong>Mardorf</strong><br />

verteilt.<br />

Es gibt noch viele Teiche und Seen in <strong>Mardorf</strong>: Der<br />

Röttsee, die Jägerbülte, der Rischpump haben<br />

ganzjährig Wasser <strong>–</strong> wie auch der Bannsee noch groß<br />

und zusammenhängend ist. Am Nordufer stehen viele<br />

Wachholderbüsche (Wachholderweg am Nordufer, ab<br />

1974 Holunderweg).<br />

Ostern 1927 Einschulung in die nahe gelegene Neue Schule:<br />

(Foto: Henny Meyer*1921 Nr.8 wohnt<br />

schräg gegenüber der Schule)<br />

26.-28.6.1927 Das Schützenfest richtet nochmal die Gemeinde aus<br />

(immer 3 Wochen nach Pfingsten). Schützenkönig ist<br />

Heinrich Hüper (*1905 Nr.142). <strong>Die</strong> Kinder feiern am<br />

<strong>Die</strong>nstag.<br />

Sommer 1927 Baubeginn für das erste Privathaus am<br />

Nordufer. Dr. med. Paul Adam aus Hannover<br />

errichtet es auf einem Grundstück des Advokaten<br />

Simon. Er verkauft es aber nach 1928 weiter an<br />

die Eheleute Wehrmann (Luthe / später Nr.121),<br />

die dort die Gaststätte „Dükerstuben“ (Nr.118 <strong>–</strong><br />

Foto rechts) einrichten und bis nach 1960 betreiben.<br />

An den Dükerstuben entsteht auch der 2.große<br />

Steg als Haupt-Anleger für die „Auswanderer“-<br />

Fahrgastschiffe nach Steinhude und zum<br />

Wilhelmstein. Außerdem ist hier ein beliebter<br />

Sand-Badestrand.<br />

114<br />

<strong>Mardorf</strong> Nr.144 „Alte Moorhütte“ (Sommer 1927)


115<br />

Dorfstraße / Poggenecke (im Winter 1927)<br />

Um 1928 Gaststätte Wehrmann (<strong>Mardorf</strong> Nr.121) am Warteweg wird eröffnet (~1960 abgerissen). Fritz<br />

Wehrmann aus Luthe (*27.4.1887+1957 oo Erna Krackel *1907+1973 / 2 Kinder: Fritz *1934+1955<br />

und Helga oo Achilles Nr.125). 1929 bauen sie die Nr.124 und übernehmen schon 1930 die<br />

benachbarte „<strong>Mardorf</strong>er Warte“ (Nr.119).<br />

Der Zahnarzt Dr. Heinrich Rohde aus Hannover baut am Warteweg die Nr.122.<br />

Lehrer in <strong>Mardorf</strong> ist Herr Möller.<br />

Mädchenturnen auf dem Brink gegenüber der Schule um 1928 (Foto unten)


Um 1928 Der schon länger bestehende und besonders zwischen den Weltkriegen sehr aktive Theaterclub<br />

(im TSV <strong>Mardorf</strong>) hat folgende Mitglieder:<br />

Lina Asche (*1912 Nr.88), H.Dankenbring (*1910 Nr.96), Marie Förthmann (Nr.45), H.Hüper (*1905<br />

Nr.142), Berta Kahle (Nr.62), W.Kahle (*1910 Nr.82), Adele Kleine (*1910 Nr.103), Lina Meier, Lina<br />

Meyer, Fritz Meyer (*1910 Nr.23), Aug.Nülle (*1903 Nr.39), Aug.Nülle (*1905 Nr.92), Karl Schmidt<br />

(Nr.34), H.Stadtländer (Nr.5), Karl Syrup (*1912 Nr.15).<br />

1928 Reichstagswahl <strong>–</strong> die SPD erreicht hier noch die Mehrheit!<br />

Der Eiszeitforscher Prof. Dr. Paul Woldstedt (*1888+1973) erkennt erstmalig die <strong>Mardorf</strong>er und<br />

Schneerener<br />

Höhenzüge nördlich<br />

vom Steinhuder Meer<br />

als Teil der<br />

Endmoräne, die sich<br />

als Höhenzug nach<br />

Westen bis ins<br />

Emsland fortsetzt. Der<br />

abgebildete Findling<br />

ist nach ihm benannt.<br />

Ein Einbaum aus der<br />

Jungsteinzeit wird am<br />

<strong>Mardorf</strong>er Moor<br />

gefunden und befindet<br />

sich heute auf der<br />

Festung Wilhelmstein.<br />

<strong>Die</strong> „Kraftpost“ fährt vom Postamt Wunstorf bis Rehburg. Von hier wird die Post dann vom<br />

Rehburger Briefträger weiter nach <strong>Mardorf</strong> gebracht.<br />

Kauf der ersten beiden „Scheibenbüchsen“ für den Schützenverein durch Wilhelm Rusche (*1880<br />

Nr.47). Er stellt auch in mühevoller Kleinarbeit die Munition selbst her.<br />

Gründung Verkehrsverbandes Steinhuder Meer (er besteht bis 1934 <strong>–</strong> fast alle Orte rund ums<br />

Meer sind Mitglied).<br />

Erste Tankstelle in <strong>Mardorf</strong> „Standard“ bei Heinrich Meier Nr.102 (bis 1954 <strong>–</strong> SPAR-Markt).<br />

<strong>Mardorf</strong> Nr.102 (unter dem großen Baum die Tanksäule von 1928)<br />

März 1928 An einem schönen Frühlings-Sonntag kommen über 20.000 Besucher ans Meer. Fast alle mit<br />

Booten von Steinhude aus zum Landungssteg am Weißen Berg. Auch die ausgeschenkten<br />

Getränke werden über Steinhude mit Booten herangeschafft.<br />

116


Mai 1928 1.Gründung des Fremdenverkehrsvereins <strong>Mardorf</strong> (Gründer sind nicht bekannt?)<br />

Erste touristische Karte: „Da liegt <strong>Mardorf</strong>“ (Anbindung über Rehburg / Wunstorf, aber schon Rundwanderweg!)<br />

Frühsommer 1928 <strong>Die</strong> „Strandgesellschaft <strong>Mardorf</strong>“ erhält an den Bultgärten (Nr.119) die Konzession für die<br />

„<strong>Mardorf</strong>er Warte“. <strong>Die</strong> Grundstücke wurden schon 1925/6 durch den Wunstorfer Lehrer Fritz<br />

Clarck erworben. <strong>Die</strong> ersten Baupläne hat dann eine Frau Flegel aus Wunstorf.<br />

<strong>Die</strong> „<strong>Mardorf</strong>er Warte“ (Nr.119 <strong>–</strong> Foto oben links die Badekabinen und der Anleger)<br />

117


Sommer 1928 Am Nordufer entsteht das Privathaus Nr.117 vom Hannoverschen Kaufmann Karl Grönke (oo<br />

Luise Harke).<br />

3.-5.6.1928 Erstes Schützenfest des neu gegründeten Schützenvereins und erstmals eine Woche nach<br />

Pfingsten. Alle Kosten des Festes belaufen sich auf 648,30 RM. Schützenkönig ist H.Heidorn<br />

(*1902 Nr.99). <strong>Die</strong> Kinder feiern jetzt am Montag. Vor dem großen Fest werden auf dem<br />

Kastensberg kleine „Scheingefechte“ mit sogen. „Hundepistolen (zur Knallverstärkung im<br />

Ofenrohr) ausgetragen. <strong>Die</strong> „Verletzten“ behandelt dann immer „Dr. Rosenthal“ (Schützenbruder)<br />

mit einem hochprozentigen Lebenselixier.<br />

16.6.1928 Schützenverein hat erste „Abrechnungsversammlung“! Am Ende der „Sitzung“ ist vom<br />

Schützenfestüberschuss (50,20 M) noch ein Rest von 95 Pf.<br />

12.8.1928 Einweihung des Badehotels „<strong>Mardorf</strong>er Warte“ (Nr.119). Der Luther Architekt und<br />

Bauunternehmer Fritz Wehrmann (oo Erna / Nr.121) und der Hannoversche Gastwirt Karl<br />

Lohrberg richten ab 1930 in dem Fachwerkgebäude 16 Zimmer mit 28 Betten ein. Dazu kommen<br />

am Strand 20 Badekabinen. Zusätzlich gibt es einen Verkaufspavillon und Strandhäuser mit<br />

Flachdach. Familie Wehrmann wohnt u. a. in den Häusern Nr.120 und 121 (alle am Warteweg).<br />

1.10.1928 Einführung des NSDAP-Parteigaus „Süd-Hannover/Braunschweig“. Damit gibt es parallel zu den<br />

weiterhin bestehenden Landkreisen und Gemeinden nun auch Kreis- und Ortsgruppen. Der (OG)<br />

Leiter in <strong>Mardorf</strong> ist Heinrich Heidorn (Nr.24 *1885).<br />

Dez.1928 Schwerer Wintereinbruch entwickelt sich zum „Jahrhundert-Winter“!<br />

1929 Ausbreitung der Buchenwolllaus vernichtet viele alte Buchenbestände.<br />

Kreistagswahl Neustadt a. Rbge.<br />

Der Eisenbahnsekretär Wilhelm Gutmann baut die Nr.123.<br />

Das Grundstück Nr.125 (Warteweg) wird durch den Hannoverschen Fabrikanten Günter Wagner<br />

(später Nr.211) erworben und 1938 abgetrennt. Verkauft an Dr. Hans Wispler aus Hannover. Nach<br />

1945 erwirbt das große Grundstück Manfred Achilles aus Lengede (oo Helga Wehrmann Nr.121).<br />

6 Wochenendhäuser werden errichtet (Rundweg 1-6). U. a. werden hier eine Segelschule und ein<br />

Bootsverleih betrieben.<br />

Eröffnung der ersten Filiale der Kreissparkasse Neustadt a. Rbge. in der „guten Stube“ von<br />

Heinrich Nortmeier (Nr.14) und dann bei Heinrich Wiebking (Nr.40 <strong>–</strong> bis 1946). Bei beiden schon<br />

mit einem kleinen Tresor und „flexiblen Öffnungszeiten“.<br />

Febr.1929 <strong>Die</strong> Temperatur fällt bis auf -38°C und der „polare Winter“ bleibt bis in den April. <strong>Die</strong> Eisschicht des<br />

Steinhuder Meeres ist über 70 cm dick und wird auch von voll beladenen Pferdegespannen nach<br />

Steinhude und Wunstorf befahren.<br />

2.3.1929 Letzte Schicht im Steinkohlebergbau in den Rehburger Bergen (Bergwerk Rehburg-Stadt AG).<br />

April 1929 Bau des ersten Kleinkaliber-<br />

Schießstandes am „Mühlenweg“ in der<br />

ehemaligen Lehmkuhle unter den Eichen<br />

(mit zwei 100 m Bahnen Kosten 588 RM).<br />

25.-27.5.1929 Schützenfest mit König Heinrich „Heita“<br />

Meier (*~1908 Nr.11). <strong>Die</strong> Kinder feiern am<br />

Montag.<br />

Sommer 1929 Der trockene und sonnenreiche Sommer<br />

beschert an einem guten Sonntag allein<br />

der <strong>Mardorf</strong>er Warte 400 Autos. Am<br />

Weißen Berg ist ein Zeltlager der<br />

Sozialistischen Arbeiterjugend Hannover.<br />

Sehr niedriger Wasserstand im Steinhuder<br />

Meer.<br />

<strong>Die</strong> „Waldklause“ am Weißen Berg<br />

(Nr.110) wird von Karl Tensfeld (1930<br />

Badehotel) eröffnet.<br />

(Schießstand 1929: Plan der Scheibenanzeige von Hand / Schießen von rechts)<br />

Ludwig Brümann eröffnet in der Nähe von Nr.110 einen zusätzlichen Ausschank in der Gaststätte<br />

„Blaue Grotte“ (Nr.111).<br />

118


25.10.1929 „Schwarzer Freitag“ mit dem Zusammenbruch der Börse in New York mündet in eine<br />

Weltwirtschaftskrise (bis Ende 1930er Jahre).<br />

17.11.1929 Gemeinde- und Kreistagswahlen in der Provinz Hannover.<br />

119<br />

(Karl Tensfeld „Waldklause“ Nr.110 nach 1929)<br />

Um 1930 Carl Hanssen (oder Haussen? / oo Herma Droese) aus Hannover baut direkt am Ufer das Haus<br />

Nr.129 an der heutigen Rote-Kreuz-Str.38. 1942 übernehmen Otto Bosse und Elise-Charlotte<br />

Seebohm aus Stadthagen den gesamten Bereich zwischen Ufer, Weiße Riede und Rote-Kreuz-<br />

Str. mit Haus.<br />

(Gemeinde-) Feuerwehr<br />

<strong>Mardorf</strong> (noch mit den alten<br />

Helmen um 1930 / v.l.<br />

W.Thürnau *1903 Nr.18,<br />

H.Thürnau *1940 Nr.98,<br />

H.Heidorn Nr.?, Albert<br />

Struckmann *1902 Nr.109)<br />

Dr.<strong>Die</strong>ter Hanssen aus<br />

Ingelheim/Rhein (bei Nr.129<br />

erwähnt) erwirbt das<br />

Grundstück Nr.140 am<br />

Weißen Berg.<br />

Am Bannsee (-weg 11) wird<br />

das erste kleine Häuschen<br />

(Nr.153) errichtet. Auf einem Grundstück der Gemeinde (1951 an Nr.13 verkauft) baut Familie<br />

Heller 1939 ein richtiges Landhaus.


Um 1930 <strong>Die</strong> Strandgesellschaft m.b.H. erwirbt eine Fläche in „Lütjen <strong>Mardorf</strong>“ um dort die 1. „feste“<br />

Gaststätte „Lütjen <strong>Mardorf</strong>“ zu bauen. Am Bauplatz wird ein 3 m tiefer Brunnen (Zieh-) entdeckt,<br />

der mit Feldsteinen eingefasst ist. Am Grunde liegt noch ein Wasserkrug. Es ist der Rest der um<br />

1620 aufgegebenen Siedlung „Lütjen Mardrup“. In der späteren Nr.164 (Uferweg 102) eröffnet am<br />

Nordufer des Meeres der Wirt Otto Meier aus <strong>Mardorf</strong> (Nr.110 ~1885 oo Marie Nülle) um 1936<br />

zusätzlich noch eine Pension. Sohn Otto (*21.4.1908 oo Johanna Busch <strong>–</strong> später Nr.181) sowie<br />

Tochter Irmgard (oo Baier Nr.138) folgen als Betreiber. Ab 1952 ist der Betrieb verpachtet.<br />

Oskar Brühmann errichtet hinter der schon bestehenden Moorhütte eine erste kleine Holzhütte<br />

(westlich des heutigen Restaurants). Ab 1948 ist dort die Nr.188.<br />

Lehrer in <strong>Mardorf</strong>: Herr Andermann (H.-Döhren) und Stöcker (Hameln) und erstmalig eine<br />

Lehrerin Frau Ackermann.<br />

Jungenturnen auf dem Brink gegenüber der Schule: (Foto um 1930)<br />

Beginn der Moorkultivierungen im Schneerener und Toten Moor (östlich von Neustadt).<br />

1930 1.Fußball Weltmeisterschaft in Uruguay.<br />

Heinrich Brüning wird Reichskanzler (-<strong>1932</strong>).<br />

„Flachsernte“ im Röttsee und „Torfstechen“ im Hohen Moor<br />

Gründung der Handballsparte im TSV <strong>Mardorf</strong>. Heinrich Hüper (*14.4.1905 Nr.142) wird<br />

1.Vorsitzender bis <strong>1932</strong>.<br />

120


(Ludwig Brümann „Blaue Grotte“ Weißer Berg Nr.111 <strong>–</strong> 1930)<br />

14.-16.6.1930 Schützenfest mit König Wilhelm Wiebking (*1911 Nr.55), 2 weiteren Königen mit Ehrendamen,<br />

einer Blaskapelle, der Scheibenabordnung und Reitern (Foto unten).<br />

1930/1931 Erster („Winter-)Schützenkönig“ wird August Meyer (*1904 Nr.103). <strong>Die</strong> <strong>Mardorf</strong>er wollen auch<br />

vom Schützenverein ein Fest im Winter haben. Daneben gibt es schon „Winterbälle“ der anderen<br />

Vereine.<br />

121


1931 Wird die Abbauerstelle Nr.112 des Hausschlachters Ernst Freese (bei Nr.4/ oo E.Borcherding,<br />

Steinhude/ „Freesen“ - später Nr.226) am Buchenberg begründet. Das Haus wird schon um 1920<br />

gebaut. 1959-1986 ist hier die Poststelle (Ida Freese*1926+1997).<br />

Wird die Abbauerstelle Nr.113 des Feldhüters und Nachtwächters W.Heidorn (Nr.20/ oo Nülle<br />

Nr.22/19/ „Sweens“) an der Rehburger Straße begründet. Das Haus wird schon 1925 gebaut.<br />

Später Hormann und Rodenbeck.<br />

Wird die Abbauerstelle Nr.126 des Landwirts H.Vogeler (Nr.76/ oo M.Wiebking Nr.104/ „Fosslocks“<br />

<strong>–</strong> wegen der abgelegenen Lage) hinter dem Lindenberg begründet. Das Haus mit Hof wird schon<br />

seit 1928 bewirtschaftet.<br />

Wird die Abbauerstelle Nr.127 des Nachtwächters (Schließer) und Gemeindedieners W.Meier<br />

(Bremerhaven/ oo Lene ?, Sachsenhagen/ „Slössers“) am Mummrian begründet. Das Haus wird<br />

schon 1928 als Putzbau von der Nds. Heimstätte gebaut. Tochter Erna (*1919+1994/ 2.oo<br />

P.Michalski - Gemeindebote) langjährig Briefträgerin.<br />

Wird die Abbauerstelle Nr.128 des Arbeiters und Landwirts Aug.Heidorn (Nr.64/ oo M.Büsselberg<br />

Nr.32/ „Snieders-August“) an der Rehburger Straße begründet. Das Haus wird schon 1929 als<br />

Putzbau von der Nds. Heimstätte gebaut. Heute Meyer-Bothling.<br />

Wird die Abbauerstelle Nr.130 des W.Hormann (Winzlar/ oo L.Heidorn Nr.113/ „Hormanns“) an der<br />

Rehburger Straße begründet. Das Haus wird schon ~1929 als Putzbau von der Nds. Heimstätte<br />

gebaut. Später Rodenbeck und Braunert.<br />

Neuer ev.-luth. Pastor in Schneeren ist Walter Erich Georg Deutsch (1933 in Groß-Flöte).<br />

Erster Gottesdienst der Neuapostolischen Kirche in <strong>Mardorf</strong> auf der <strong>Die</strong>le des Hauses von<br />

Familie Kahle Nr.17. Durch Friedrich Ohlhagen (*9.7.1850 <strong>Mardorf</strong> Nr.16/29 oo Karoline Syrup? /<br />

Händler in Loccum) kommen die ersten Gläubigen aus <strong>Mardorf</strong> zur Kirche in Loccum. Weitere<br />

frühe Mitglieder sind Familie Stadtländer Nr.5 und Adelheid Nortmeier Nr.14. 1.Gemeindevorsteher<br />

ist Priester Ohlhagen. <strong>Mardorf</strong> bildet später mit Loccum eine von 19 Gemeinden im Bezirk Minden<br />

der Gebietskirche Nordrhein-Westfalen.<br />

Oskar Brümann (Nr.144) erhält die Genehmigung für einen Verkaufsstand am heutigen<br />

Strandweg.<br />

Karl Tensfeld (1929 bei Nr.110) plant einen „Zeltausschank“ am Bannsee auf einem Grundstück<br />

der Realgemeinde (Nr.154). 1936 ist Heinrich Köhler (Nr.144, 1934 bei Nr.222) dort Pächter. Ab<br />

1940 wird daraus „Onkel Karls Bannseehütte“ („...und seine Bannseegeister sowie seine Raststätte an<br />

der Eingangspforte zum Nordufer des Steinhuder Meeres“ / Karl Tensfeld). Der Bannsee hat zu der <strong>Zeit</strong><br />

noch allein eine Seerosenfläche von 10.000 m². Ihm folgt Herbert Otto.<br />

Im heutigen Gosewinkel 2 (Am Nordufer) entsteht die Nr.131.<br />

<strong>Mardorf</strong> erhält die Post über „Wunstorf Land“.<br />

Sommer 1931 Schützenfest ? mit König ?.<br />

1931/<strong>1932</strong> („Winter-)Schützenkönig“ ist Friedrich Heidorn (*1917 Nr.64).<br />

122<br />

Mähbinder mit (4)Pferdegespann / Dreschmaschine am Hof


Bis <strong>1932</strong> findet in den Wintermonaten (schon seit 1892) in Neustadt die „Landwirtschaftliche<br />

Winterschule“ statt. Auch aus <strong>Mardorf</strong> nehmen viele junge Menschen aus<br />

der Landwirtschaft daran teil.<br />

<strong>1932</strong> Reichstagswahl <strong>–</strong> die NSDAP erreicht in dieser Gegend jetzt überall die<br />

Mehrheit.<br />

Der Landkreis Grafschaft Schaumburg (Rinteln) kommt zur Provinz<br />

Hannover.<br />

Selbstwählfernsprechdienst-Einführung in Deutschland.<br />

Heinrich Förthmann (*1906 Nr.45) wird 1.Vors. vom TSV <strong>Mardorf</strong> (bis 1934).<br />

<strong>Die</strong> Theatersparte wird weiter ausgebaut. Jedes Jahr gibt es eine Maskerade (Ball) und einen<br />

Jugendbasar. Das Vereinslokal ist bei Asche (Nr.78).<br />

1. Hauswasser-Versorgungsanlage wird im Dorf durch Albert Struckmann (*1902 Nr.109)<br />

installiert.<br />

<strong>Die</strong> Weiße Berg GmbH erwirbt das Grundstück Nr.132 am Weißen Berg. <strong>Die</strong> Nr. wird nach 1950<br />

neu vergeben (Zum Fuhrenkamp 5).<br />

Am Weißen Berg entsteht die Nr.134 von C.Fehle aus Minden und auf dem schon um <strong>1932</strong><br />

erworbenen Grundstück wird 1934 die Nr.135 von Fritz Thiemann aus Minden erbaut. Es folgt die<br />

Nr.136, die um 1947 vom Terrazzoleger B.Andrean (Lampe) bewohnt wird. Von der Realgemeinde<br />

erwirbt Robert Holz aus Hannover ein Grundstück für die Nr.137 (vor 1970 Lohmeier). Nach 1945<br />

neu vergeben ins Dorf.<br />

William Lampe aus Hannover baut das erste kleine Haus auf dem Gelände der Nr.138. <strong>Die</strong> Firma<br />

Tufote errichtet etwas später das Restaurant/Cafe „Inselblick“ mit einem kleinen Campingplatz.<br />

Bis 1945 wird Dr.Hohmann erwähnt.<br />

Franz Richter erwirbt das Grundstück Nr.139 am Weißen Berg. Nach 1945 neu vergeben im Dorf.<br />

„Weißer Berg Gesellschaft“ (u. a. Bahlsen) beauftragt Gartenarchitekten Wilhelm Hübotter (Sohn<br />

Peter*1928) aus Hannover mit einem neuen Plan<br />

für die Bebauung des Weißen Berges (Abbildung<br />

oben) zwischen „Karpenpump (Erlenweg) und Alter<br />

Moorhütte (bzw. Weißer Berg)“.<br />

<strong>Die</strong> „Bahlsen-Söhne“ im Sommer am Weißen<br />

Berg in <strong>Mardorf</strong> (Foto 1930er Jahre).<br />

Sommer <strong>1932</strong> Schützenfest ?<br />

Am Weißen Berg ist ein Zeltlager des „NS-<br />

Reichsbanner“ mit mehreren Tausend<br />

Teilnehmern.<br />

Erste Kanuwettbewerbe vor dem Nordufer<br />

<strong>Mardorf</strong>.<br />

22.7.<strong>1932</strong> Erlass zur Verbesserung der<br />

wasserwirtschaftlichen Verhältnisse in der<br />

Meerbachniederung. Geplante Baumaßnahmen ab<br />

1939 unterbleiben aber wegen Kriegsbeginn.<br />

Spätherbst <strong>1932</strong> Verheerendes Hochwasser in Norddeutschland!<br />

Weihnachten <strong>1932</strong> Das Eis des Steinhuder Meeres ist ca.30 cm dick.<br />

123


<strong>1932</strong>/1933 („Winter-)Schützenkönig“ ist August Nortmeier (*1905 Nr.42).<br />

Um 1933 Zusätzlicher Lehrer in <strong>Mardorf</strong> ist Herr Gewecke (SA-Mann aus Hagen).<br />

124<br />

Anleger „<strong>Mardorf</strong>er Warte“ in den 30er Jahren<br />

Anleger „Weißer Berg“ in den 30er Jahren<br />

Anleger „Alte Moorhütte“ in den 30er Jahren


A9 <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> 1933 <strong>–</strong> 1945<br />

1933 Neuer evangelisch-lutherischer Pastor für <strong>Mardorf</strong> und Schneeren:<br />

Friedrich Karl Wilhelm August Lunde (*25.6.1903 in Horst als Sohn des Pastors H.F.Karl Lunde / oo<br />

Elisabeth / vorher Pastor in Bentheim und bis 1968<br />

hier / +8.11.1976 Bad Nenndorf). Ihm zu Ehren ist<br />

um 1995 der Fußweg von der <strong>Mardorf</strong>er Straße zum<br />

Friedhof Pastor-Lunde-Weg benannt worden.<br />

Besonders in Erinnerung bleiben werden aber auch<br />

seine für damalige Verhältnisse sehr großen Füße <strong>–</strong><br />

Größe 48, mit von hand verlängerten Spitzen. 2009<br />

erhält der Weg ein Erläuterungsschild:<br />

Friedrich Karl Wilhelm August Lunde<br />

(geb.25.6.1903 Horst+8.11.1976) Ev.Luth. Pastor<br />

für <strong>Mardorf</strong>/Schn. 1933-1968<br />

(Eheleute Lunde <strong>–</strong> Foto um 1955)<br />

Eine neue kleine Hofstelle entsteht in <strong>Mardorf</strong>: <strong>Die</strong> „Niedersächsische Heimstätte“ baut das erste<br />

Haus in <strong>Mardorf</strong> Nr.141 an der Rehburger Straße. Wilhelm Thürnau (Nr.70 *1908+1978) ist<br />

gelernter Zimmermann und Landwirt gründet eine Zimmerei mit „Gatter“ zum Schneiden. Durch die<br />

vielen Schuppenanbauten wird er „Schuppenwilli“ genannt. Tochter Ilse oo W.Hahn<br />

(„Timmermanns“).<br />

? in 1933 ist auch auf dem Lindenberg die Nr.142 entstanden. Der Schneidermeister Heinrich<br />

Hüper (*18.4.1905 Nr.87/103 +1985 / oo Dora Feldmann, Schneeren / 3 Töchter / später<br />

Rintelmann) übernimmt das Haus von H.Nülle (Nr.44). Er ist auch Kleinlandwirt,<br />

Verköppelungsteilnehmer, Gemeindebrandmeister, 1.Vors. TSV und Wiedergründer des<br />

Schützenvereins.<br />

Der Kriegerverein <strong>Mardorf</strong> wird „gleichgeschaltet“ und in Reichskriegerbund umbenannt.<br />

daraufhin treten viele Mitglieder aus.<br />

Albrecht Bretthauer (Steinhude Nr.142) erwirbt die Nr.145 am Weißen Berg. Um 1941 wird hier<br />

aber schon der Hannoversche Architekt Wilhelm Hübotter (Nordufer-Planer) erwähnt.<br />

An der heutigen Meerstraße 63 entsteht die Nr.146 am Weißen Berg durch Heinrich Stieber aus<br />

Hannover. Um 1940 wird der Zahnarzt Dr. O.Mayring und Günther Berlin aus Hannover erwähnt.<br />

Anfang 1933 Gau Süd-Hannover-Braunschweig mit Hauptstadt Hannover.<br />

Oberpräsident Provinz Hannover ist Viktor Lutze bis 1941.<br />

SA und Arbeitsdienst (RAD) werden zum Alltag. <strong>Die</strong> NSDAP übernimmt endgültig die Macht in<br />

Deutschland und damit in Mitteleuropa.<br />

Reichsgesetz zur Zentralisierung des Fremdenverkehrs. Es wird der Landesverkehrsverband<br />

(LVV) mit freiwilligen Mitgliedsvereinen gegründet.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat 633 Einwohner bei ca. 145 Hausnummern. Es gibt ca. 70 kleinere landwirtschaftliche<br />

Betriebe im Vollerwerb und die „27 Bauern“.<br />

30.1.1933 Adolf „Hitler“ wird Reichskanzler und am 1.8.1934 „Führer“ (später des Großdeutschen Reiches<br />

bis zu seinem Selbstmord am 30.4.1945).<br />

5.3.1933 Reichstags-Wahlen in Neustadt a. Rbge. erbringen erste große Mehrheiten für die „extremen“<br />

Parteien: NSDAP 13.851 Stimmen, KPD 1.157, SPD 4.359, DNVP 1.677, DVP 162 und DHP (Deutsche<br />

Hannoversche Partei) 383.<br />

12.3.1933 Gemeinde- und Kreistagstagswahlen im Gau Südhannover. Bürgermeister in <strong>Mardorf</strong>,<br />

Gemeindevorsteher und Standesbeamter bleibt vorerst F.Meyer (Nr.23 *1887) und<br />

1.Beigeordneter H.Niemeyer (Nr.37 *1885). Landrat in Neustadt a. Rbge. wird Johannes Specht<br />

bis 1945. SA-Kreisführer Neustadt ist Rahlfs.<br />

125


4.4.1933 Großdemonstration der SS und SA in <strong>Mardorf</strong>: (Leine <strong>–</strong> <strong>Zeit</strong>ung 5.4.33)<br />

„So etwas hat <strong>Mardorf</strong> noch nicht gesehen!“ hieß es, als in den Spätnachmittagsstunden des Sonntags die<br />

schmucken Braunhemden der SA-Formationen unseres Kreises unter Vorantritt der SS-Kapelle und des<br />

Trommler- und Pfeiferkorps durch die Straßen unserer Ortschaft marschierten. Ganz <strong>Mardorf</strong> war in diesem<br />

Augenblick auf den Beinen, um Zeuge zu sein von diesem herrlichen und musterhaften Bilde, welches unsere<br />

braunen Jungen uns boten. Auf dem Schulhofe endete der wunderbare Zug. Nach einer kernigen Ansprache<br />

des Führers Rahlfs-Neustadt und einem Konzert der SS-Kapelle fand die Nachmittagsveranstaltung ihr Ende.<br />

Um 8 Uhr begann der deutsche Abend im Saale des Gastwirts August Asche, der von der hiesigen SA-<br />

Mannschaft gut vorbereitet war. Für Bekränzung und Blumenschmuck hatte die hiesige Frauenabteilung<br />

Sorge getragen. SA-Mann Schlüsselburg eröffnete die abendliche Veranstaltung. Nach ihm sprach Lehrer<br />

Gewecke-Hagen in ganz begeisterten Worten zu den versammelten <strong>Mardorf</strong>ern und forderte alle auf,<br />

mitzuwirken in dieser großen deutschen Volksgemeinschaft, in der Gemeinnutz vor Eigennutz zu gelten<br />

habe. Alsdann würde auch das große Opfer der Millionen, derer das deutsche Volk am Volkstrauertage<br />

gedacht habe, nicht vergebens gebracht sein. Treffend wies er auf unsern großen Führer Adolf Hitler hin und<br />

wünschte, unter ihm wieder zu werden ein einig Volk von Brüdern. Seine Worte zündeten in allen Herzen<br />

und so sang dann die Versammlung die erste Strophe des Deutschlandliedes und das Horst-Wessel-Lied. Im<br />

Anschluß daran trugen die Schulkinder unter Leitung ihrer Lehrer Gedichte und Lieder vor. <strong>Die</strong> Pausen<br />

wurden ausgefüllt von Darbietungen der SS-Kapelle. Zum Schluß gelangte eine<br />

humoristische Szene: Wir halten fest und treu zusammen! zur Aufführung. <strong>Die</strong><br />

Spieler, welche nur drei Tage <strong>Zeit</strong> zum Ueben hatten, zeigten, daß mit<br />

Aufwendung aller Energie auch in kürzester <strong>Zeit</strong> ein guter Erfolg möglich ist!<br />

<strong>Die</strong> Zuhörer spendeten für alle Darbietungen reichsten Beifall. Sodann blieb<br />

man noch gemütlich beieinander. Uns <strong>Mardorf</strong>ern wird dieser Tag unvergesslich<br />

sein!“<br />

12.-14.6.1933 Schützenfest (wieder ohne Winterkönig) mit König Wilhelm Heidorn<br />

(*1903 Nr.113/170).<br />

Juni 1933 Im Monat fällt über 160 mm Niederschlag (normal 60).<br />

„Sommersonnenwendfeier“ der NS-Frauenschaft Schneeren/ <strong>Mardorf</strong><br />

in alten Trachten.<br />

13.9.1933 Reichsnährstandsgesetz (RNST <strong>–</strong> siehe Schild oben) macht neben einem Kreis- auch einen<br />

Ortsbauernführer nötig. In <strong>Mardorf</strong> sind es u. a. Heinrich Förthmann (Nr.12 *~1873 und Otto<br />

Struckmann (Nr.21 *1900). Das rechte Emaille-Schild ist am jeweiligen Haus angebracht.<br />

1933/34 <strong>Die</strong> neue Reichs-Autobahn 2 zwischen Ruhrgebiet und Berlin soll in<br />

einem ersten Entwurf nördlich von <strong>Mardorf</strong> (etwa Vehrenheide <strong>–</strong><br />

Golfplatz <strong>–</strong> Kohlenberg <strong>–</strong> Totes Moor) verlaufen (siehe Karte 1890).<br />

1934 „Trockenjahr“ <strong>–</strong> niedrigster jemals bis dahin gemessener<br />

Wasserstand im Steinhuder Meer mit 37,41 m üNN.<br />

„Zwangsmitgliedschaft“ aller Touristik-Orte (auch <strong>Mardorf</strong> und<br />

Steinhude) im Landesverkehrsverband Hannover.<br />

1.Vors. im TSV <strong>Mardorf</strong> wird Otto Gerberding (*6.11.1910 Nr.84). Er<br />

bleibt es bis zur Einstellung der Aktivitäten Ende 1939.<br />

Am heutigen Wasserkampweg 6 entsteht das Haus Nr.143 von Ernst Schlüsselburg aus<br />

Hannover. Er ist auch SA-Ortsführer in <strong>Mardorf</strong>.<br />

A.Frommold (Frommhold) aus Hannover erwirbt an der heutigen Meerstraße 61 (Weißer Berg)<br />

einen Teil der Nr.147. Ab 1940 wird Dr.jur. Bernhard Sprengel (*1899+1985) Fabrikant für<br />

Schokolade und Pralinen in Hannover erwähnt (später Nr.263).<br />

Unter der gleichen Hausnummer 147 (aber Meerstraße 51) erwirbt Dr. Wilhelm Blase (*6.1.1902<br />

Lübbecke/Westf. oo Hertha / Ruth <strong>–</strong> Tochter *1970 / später Nr.158) ein Grundstück. Er wird für<br />

viele Jahre Jagdpächter in <strong>Mardorf</strong> und wegen seiner Verdienste im Schützenwesen zum<br />

Ehrenoberst des Schützenvereins ernannt.<br />

An der heutigen Ladenstraße 3 (Weißer Berg) erwirbt 1934 der Mindener Fabrikant August<br />

Hohmeyer die Nr.148. Ab 1941 wird Heinrich Schrader aus Hannover-Herrenhausen genannt.<br />

Familie Emil Jannssen (*1881+1955 oo Helene Fesing 1885+1976 <strong>–</strong> Sohn Adalbert*1913) aus<br />

Hannover betreibt die Gaststätte und Pension „Meeresblick“ (Nr.149) noch bis nach 1960.<br />

126


1934 Georg Erdmann sen. (Herren-Bekleidungshaus in Hannover) erbaut direkt am Ufer an der<br />

heutigen Roten-Kreuz-Str.36 das östl. von Nr.129 gelegene Haus Nr.150.<br />

Am heutigen Wasserkampweg 9 entsteht durch Dipl.Ing. Hermann Dörrner und Helmut Koch aus<br />

Hannover das Haus Nr.151. 1936 übernimmt es der Hannoversche Postbeamte Willy Wiedenroth<br />

(*1896 oo Holdine*1894).<br />

Richard Könecke aus Hannover-Misburg erbaut das Haus Nr.152 am Weißen Berg (Erlenweg?).<br />

1936 wird Brunhild Borgmann (*1924 Minden) dort erwähnt.<br />

An der Meerstr.(49) baut der Hannoversche (Schuh-)Kaufmann Friedrich Görtz die Nr.158.<br />

15.1.1934 Das Preußische Feuerlöschgesetz tritt in Kraft: Auch in <strong>Mardorf</strong> ist bis dahin der Brandschutz<br />

Privatsache und liegt bei den Einwohnern, die sich gegenseitig helfen müssen und selbst für ihre<br />

Sicherheit verantwortlich sind. <strong>Die</strong> Gemeinde <strong>Mardorf</strong> hat natürlich auch schon vorher ihren Teil<br />

mit einer kleinen „Pflichtwehr“, Wehrführer (F.Ohlhagen Nr.89 *1904), Gerät und Material<br />

beigetragen. Mit dem Gesetz wird aber die Stellung der Feuerwehr in der Gesellschaft neu<br />

geregelt. So wird die Wehr aus dem reinen Vereinswesen herausgehoben und unter den Schutz<br />

des Staates gestellt. Gleichzeitig werden die Brandschützer in die Amts-Hierarchie des Ortes<br />

eingegliedert. Bei den Aufgaben erweitert das Gesetz auch das Spektrum der Aufgaben. Neben<br />

der reinen Löschaufgabe kommt nun auch die allgemeine Not- und Katastrophenhilfe hinzu.<br />

26.8.1934 Um die Hilfe im <strong>Mardorf</strong> weiterhin sicher zu stellen, gründet sich „zwangsweise“ in der<br />

Gastwirtschaft Kahle Nr.7 die Freiwillige Feuerwehr <strong>Mardorf</strong>. Von den 39 Gründungs-Männern<br />

sind u. a. H.Förthmann (12), H.Kahle (17), Otto Heidorn (20), F.Meyer (23), August Struckmann<br />

(30), H.Meier (48), W.Syrup (69), W.Kahle (82), F.Ohlhagen (89), W.Nortmeier (91), Albert<br />

Struckmann (109) und H.Hüper (142) noch lange nach dem Krieg aktiv.<br />

17.9.1934 Es gehören der neuen Feuerwehr schon 45 Männer an. Friedrich Ohlhagen (Nr.89 *1904) wird<br />

Gemeindebrandmeister (bis 1945) und F.Wiebking (Nr.83 *~1896) sein Stellvertreter (bis 1945).<br />

26.-28.5.1934 Schützenfest mit König Friedrich Meier (*1912 Nr.35).<br />

23.7.1934 Großes Unwetter über <strong>Mardorf</strong>. Das Regenwasser steht 1 m hoch auf der Dorfstraße. Am<br />

Mühlenberg (Haubarg) können die herunterschießenden Wassermassen nur durch einschlagen<br />

einer Hauswand wieder herausgelassen werden.<br />

1934/35 Rekordbestand von Kaulbarsch im Steinhuder Meer.<br />

127<br />

Führerschein 1935 ausgestellt (F.Meyer Nr.23)


1935 Schrittweise Einführung der Deutschen Volksschrift (-1941) als Schulausgangsschrift <strong>–</strong> eine<br />

Weiterentwicklung des Sütterlin.<br />

Stilllegung der Steinhuder Meerbahnstrecke Stadt Rehburg-Uchte wegen mangelnder<br />

Rentabilität.<br />

Großes Brassensterben im Steinhuder Meer.<br />

Wilhelm Krecke aus Hannover baut am Weißen Berg ? die Nr.155 und Friedrich Ahrend aus<br />

Hannover die Nr.156.<br />

Am Erlenweg (11) entsteht durch Franz oo Else Roever (*1904 Hannover) die Nr.157. Auch ihre<br />

Kinder wohnen hier später.<br />

Der Polizeibeamte Willy <strong>Die</strong>tmann (*1904 oo Brunhilde / Sohn Gerd*1944) erbaut die Nr.159<br />

(Wasserkampweg 13).<br />

Polsterer und Sattler Leo Oesterwinter (*2.7.1911+1975 / Emilie*29.8.1911 Schadberg) baut am<br />

Wasserkamp(weg 16) die Nr.160.<br />

Fritz und Elise Hildebrand bauen am Weißen Berg „An den Eichen“ (am heutigen<br />

Wasserkampweg 3) die Nr.161.<br />

Bau der kleinen Kneipe „Goldige Freiheit“ (Büchner) am Weißen Berg (später Nr.176 /<br />

Sperberweg 13).<br />

Eröffnung der kleinen Kneipe „Dünenschänke“ am Weißen Berg (später entsteht dort am<br />

Kiefernweg das Strandhotel Nr.326).<br />

Baubeginn der Gaststätte „Waldschänke“ (später Nr.366 am Pferdeweg) durch Ludwig<br />

(Ludschen) Brühmann (*11.5.1899+1973) und Helene (Leni / *27.9.1904+1993). Ihre 2 Söhne:<br />

Ludwig jun. (oo Else in Nr.111 „Blaue Grotte“) und Oskar (oo Gertrud in Nr.144, 188<br />

„Moorhütten“).Der Betrieb der kleinen Kneipe läuft bis 1975.<br />

„Landjahr“ <strong>–</strong> Lehrgänge am Nordufer <strong>Mardorf</strong>. Gastwirt Ostermeyer im Seestern (Nr.115)<br />

verpachtet seine Gaststätte an den Kreis Neustadt als NS-Landjahr-Heim. Es gibt viele negative<br />

Vorkommnisse über Brutalitäten an den Jugendlichen.<br />

Hofgebäude und Gastwirtschaft mit Pension <strong>Mardorf</strong> Nr.18<br />

(Haus 1835 neu gebaut / Laterne / Rechnung von <strong>1932</strong>)<br />

15.-17.6.1935 Schützenfest mit König Gustav Vogeler (*1912 Nr.93).<br />

1936 Regierungspräsident in Hannover ist Rudolf <strong>Die</strong>ls bis 1942.<br />

Inbetriebnahme des nahe gelegenen Fliegerhorstes Wunstorf (Bau ab 1934 / 1935 Militär). Ein<br />

„Kampfgeschwader“ mit „Ju52“ und ab 1937 mit „He111“-Bombern wird hierher verlegt.<br />

Das Telefon-Ortsnetz „Schneeren“ mit <strong>Mardorf</strong> entsteht. <strong>Die</strong> Verbindungen kommen noch per<br />

Handstöpselung zu Stande.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat laut amtl. Statistik 536 Einwohner!<br />

„2 Einbäume“ werden im Bannsee und bei Lütjen <strong>Mardorf</strong> (Nr.164) gefunden <strong>–</strong> leider sind sie im<br />

II.Weltkrieg verbrannt.<br />

Großes Brassensterben im Steinhuder Meer.<br />

128


1936 Das Badehotel Weißer Berg (Nr.110) hat zu der <strong>Zeit</strong>: Gastzimmer, Klubzimmer, großen Garten,<br />

Saal, Verkaufspavillon direkt am Strand, 103 Tische, 426 Stühle, 9 Fremdenzimmer mit 18 Betten,<br />

Saisonkräfte: 1 Köchin, 1 Kellner, 1 Zimmermädchen, 1Aufwaschmädchen, 1 Hausmädchen<br />

(ständig beschäftigt).<br />

<strong>Die</strong> neue Gaststätte Kahle von 1936 an der Dorfstraße (das Gebäude steht noch)<br />

Reichsfremdenverkehrsverband (RFVV) mit LFVV (Niedersachsen - Weserbergland) und aller<br />

Fremdenverkehrsgemeinden als Pflichtmitglieder. <strong>Mardorf</strong> zahlt zu dieser <strong>Zeit</strong> für<br />

Gemeinschaftswerbung an Steinhude 200 RM.<br />

Seestern (Nr.115 / Landjahrheim) wird jetzt HJ-Heim für die Marine-HJ und den BDM. Eine erste<br />

Holzbaracke (Nr.133) des Kanuverbandes Kreis Weser-Ems (45 Vereine im DKV) entsteht auf<br />

dem heutigen Gelände am <strong>Mardorf</strong>er Nordufer. Schon ab 1931 werden einzelne Parzellen (1.877<br />

m² für 305 RM/Jahr) als Pachtfläche von der Realgemeinde erworben. Am 18.8.1935 kommen<br />

noch mal 1.200 m² hinzu. Jetzt beträgt die jährl. Pacht 485 RM.<br />

Walter Heidmann aus Bielefeld wohnt in der Nr.162 (von Dr.Fricke erbaut <strong>–</strong> Dr.Fricke-Weg 8).<br />

<strong>Die</strong> Nr.163 wird gebaut am Weißen Berg ? (von ?). Evtl. ist es die „Strandgaststätte“ bei Lütjen<br />

<strong>Mardorf</strong>, die im März 1936 errichtet wird und seit 1969 Nr.662 „Fischerstübchen“ ist.<br />

6.-8.6.1936 Zum Schützenfest werden 3 Brüder Könige: Fritz Dankenbring (*1923 Nr.63) Jugendkönig im<br />

Gewehrschießen, Bruder Willi (*1926) Kinderkönig und Helmut mit 7 Jahren König im<br />

„Lederballschmeißen“. Der Ball wird dabei 5x durch einen 30m entfernten Reifen geworfen.<br />

Schützenkönig ist Friedrich Heidorn (*1917 Nr.64).<br />

Sommer 1936 Heinrich Niemeyer (Nr.37 *1885 / bis 1936 noch 1.Beigeordneter) wird als Bürgermeister und<br />

Standesbeamter (bis 1946) in <strong>Mardorf</strong> eingesetzt. Gemeindevorsteher wird Fritz Wehrmann<br />

(Nr.119 „Warte“). Vorgänger F:Meyer (Nr.23 *1887) muss nach mehr als 22 Jahren zurücktreten.<br />

<strong>Die</strong> Verwaltung der Realgemeindeflächen geht zwangsweise an die politische Gemeinde. Deren<br />

Vorsitzender wird Heinrich Niemeyer (Nr.37 *1885), der Bürgermeister.<br />

1.12.1936 Gesetz über die Hitler-Jugend (HJ ab 15.Lebensjahr). Ab 10. bis 14. Lebensjahr werden nun die<br />

Jungen im Jungvolk (DJ / „Pimpfe“) und die Mädchen im Bund Deutscher Mädel (BDM /<br />

Jungmädel) zusammengefasst und uniformiert. Ab 25.3.1939 ist es eine Zwangsmitgliedschaft. Mit<br />

dem 18.Geburtstag gibt es für die Jungen den Wechsel in die SA (Sturmabteilung), die 17 bis 21<br />

jährigen Mädel sind im BDM-Werk „Glaube und Schönheit“ organisiert.<br />

Anfang 1937 Der Jahresanfang ist sehr kalt!<br />

1937 Eröffnung des Rehburger Heimatmuseums in der Form eines Dreiständerbürgerhauses (Architekt<br />

Ernst Meßwarb).<br />

<strong>Die</strong> Postagentur <strong>Mardorf</strong> erhält eine neue Adresse: ???<br />

Heinrich Harmening, Händler aus Hannover-Linden baut am Weißen Berg ? die Nr.165.<br />

129


1937 „Gebietsausschuß Steinhuder Meer“ im LFVV Niedersachsen-Weserbergland mit allen<br />

umliegenden Gemeinden als Mitglied.<br />

Fritz Wehrmann baut am Nordufer eingeschossige Wochenendhäuser mit Flachdach, aus Holz.<br />

Architekt Flügel baut für Gartenarchitekt W.Hübotter Strandhäuser. Erste „Siedler“ sind Familie<br />

Hübotter, Zahnarzt Dr. Mayring, Dr. Frombold(Frommold), Schokoladenfabrikant Bernhard<br />

Sprengel.<br />

Dr. (med.prakt.Arzt) Winfried Fricke aus Hannover<br />

baut das heute noch stehende Holzblockhaus (Nr.166<br />

<strong>–</strong> Foto rechts) am Nordufer auf einem schon 1931<br />

erworbenen Grundstück (Dr.Fricke-Weg 8).<br />

Landwirt Wilhelm Meyer (von Nr.26) oo Erna<br />

Langhorst (Nr.2 <strong>–</strong> Nr.227) bauen sich am Nordufer die<br />

Nr.167 (Dr.Fricke-Weg ?).<br />

22.-24.5.1937 Schützenfest mit König Ernst Freese (*1920 Nr.112).<br />

Sommer 1937 Das Gemeinde-Grundstück (heute: Auf dem<br />

Lindenberg 10) wird vom Händler Wilhelm Heidorn<br />

(*1903 Nr.113 / oo Herta Hofrage / Sohn) erworben<br />

und erhält als letzte vergebene Hausnummer vor dem Krieg die Nr.170! Das schöne (noch heute<br />

vorh.) Klinkerhaus wird erst um 1955 gebaut.<br />

Das Marine HJ-Heim im Seestern hat schon viele Boote u. a. einen Ausbildungskutter. Leiter ist<br />

der Hannoversche Tischler Friedrich Klaproth (seit 1931 auch Betreiber des Hotels).<br />

Herbst 1937 Der Schützenverein <strong>Mardorf</strong> beteiligt sich erstmals am Erntefest der Gemeinde mit einem<br />

Unkostenbeitrag von 19,85 RM.<br />

Um 1938 Fam. Dumont /später Nr.278) aus Lemgo baut am Weißen Berg ? ein Wochenendhaus (Nr.168).<br />

Am „Fillerberg“ (1954 Nr.186 - Auf dem Mummrian 29) entsteht ein kleines Haus (Gustav<br />

Peters*1913 in Kattenvenne/Iburg+gef.1944 oo Marie Stadtländer*1915 / 2 K.: Horst und Edith).<br />

Im Gastgeberverzeichnis des Landesfremdenverkehrsverbandes Niedersachsen-Weserbergland,<br />

Hannover stehen 2 <strong>Mardorf</strong> Gästebetten-Anbieter: Badehotel (Weißer Berg) mit 22 (2,50 Mark in<br />

der Saison ohne Bad) und Otto Meier (Lütjen <strong>Mardorf</strong>) mit 10 (1,50 M. pro Nacht, Frühstück je 1<br />

Mark). Bad Rehburg hat gleichzeitig 112 Betten.<br />

Im amtlichen Telefonbuch sind für das Ortsnetz Schneeren (üb. Neustadt a.Rbge.) unter den<br />

gesamten 23 Rufnummern (alle 2-stellig) für <strong>Mardorf</strong> vermerkt:<br />

Wählvermittlung und Fernamt Wunstorf / <strong>Zeit</strong>angabe 03<br />

Asche, August, Gastwirt, <strong>Mardorf</strong> [üb. Wunstorf] Nr.78 23<br />

Badehotel „Weißer Berg“ Hotel, Pension, Weißer Berg<br />

[P. <strong>Mardorf</strong> üb. Wunstorf] 16<br />

Bürgermeister <strong>Mardorf</strong> [üb Wunstorf] Nr.37 07<br />

Gend.-Einzelposten Schneeren 25<br />

Lunde, Pastor 26<br />

<strong>Mardorf</strong>er Warte, Hotel u. Strandrestaurant am<br />

Steinhuder Meer, Inh. Architekt Fritz Wehrmann,<br />

Luthe (Tel. Wunstorf 215), <strong>Mardorf</strong> [üb. Wunstorf] 24<br />

Meier, Müllerei u. Güternahverkehr, <strong>Mardorf</strong><br />

[üb. Wunstorf] Nr.94 21<br />

Meyer, Gebr., Kraftverkehr, <strong>Mardorf</strong> [üb. Wunstorf] 22<br />

Anfang 1938 Bürgermeister Ernst Meßwarb in Rehburg tritt mit 65. Jahren ab, dafür kommt NSDAP-Mann<br />

Seppl Günther an die Stadtspitze. In <strong>Mardorf</strong> geht zunächst alles etwas langsamer und<br />

zurückhaltender. Der Bürgermeisterposten ist mit Heinrich Niemeyer Nr.37 zwar schon 1936 neu-<br />

bzw. „umbesetzt“ worden, aber die NS-Führungspositionen im Dorf kommen erst nach und nach<br />

zur Geltung. Wichtigster NS-Mann vor Ort ist der Lehrer Heinrich Dannenberg Nr.22. Er wird<br />

unterstützt vom Ortsgruppenleiter NSDAP (rechts sein Ärmelabzeichen), dem<br />

Kirchkötner Heinrich Heidorn Nr.24 und dem Ortsbauernführer. Weiter gibt es<br />

eine NS-Ortsgruppe der „Pimpfe, Hitlerjugend, Bund Deutscher Mädchen,<br />

Frauenschaft, Reichsarbeitsdienst“.<br />

130


1938 Beginn eines großen Eichensterbens in Mitteleuropa.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat 628 Einwohner.<br />

<strong>Die</strong> Übernachtszahl der Beherbergungsbetriebe übersteigt 865 pro Jahr!<br />

Das auffällige Haus auf der Düne (Nr.169 / heute Ecke Holunderweg 25/Uferweg <strong>–</strong> blauer<br />

Anstrich) wird gebaut. Es beherbergt auch eine Seglergemeinschaft. Nach 1945 wohnen hier Frau<br />

Meyer (Nr.175) und später Franziska Fuhrmann (*24.5.1905 / oo Landgrebe). Sie sind über<br />

Jahrzehnte im Gemeinderat und der Ortspolitik aktiv.<br />

131<br />

Werbung für das Steinhuder Meer 1938<br />

Anfang 1938 Erste Nordbachverlegung (Karte rechts unten) von westlich des Meerbachtrichters weiter nach<br />

Norden (s. a. 1957).<br />

Hans-Werner Bosse<br />

(Nr.129 / Zigarrenkisten-<br />

und Holzfabrikant) aus<br />

Stadthagen baut in<br />

<strong>Mardorf</strong> ein Betriebserholungsheim<br />

an der<br />

Rote-Kreuz-Str. 1944<br />

wird das Heim für staatl.<br />

Zwecke beschlagnahmt.<br />

Auf einem Grundstück<br />

von Nr.18 entsteht<br />

westlich der Kräheninsel<br />

direkt am Ufer das<br />

idyllisch gelegene Wochenendhaus (Nr.195 / „Stiller Winkel“) mit Reetdach von Sievers aus<br />

Hannover. Es wird von Valentin Klein (Unternehmer Hannover) übernommen.<br />

1.Vors. bei „Concordia“ <strong>Mardorf</strong> ist Wilhelm Dankenbring (*1871 Nr.80) bis 1941 (Einstellung).<br />

Sein Chorleiter ist von 1937-1939 H.Kleine (Nr.106).<br />

Der Schützenverein <strong>Mardorf</strong> wird Mitglied im Deutschen Schützen-Verband.<br />

8.1.1838 Briefträger auch für <strong>Mardorf</strong> ist <strong>Die</strong>trich Rode jun. Dessen Familie baut große Postagentur in<br />

Rehburg (Gebäude an der Hauptstraße noch heute).<br />

11.-13.6.1938 Schützenfest mit König Gustav Vogeler (*1912 Nr.93) als einer der aktivsten Schützen im Ort.<br />

Sommer 1938 Im HJ-Heim (Seestern Nr.115) sind jetzt laufend ca. 50 Schüler untergebracht mit einer eigenen<br />

Rettungsstation (DLRG).<br />

1.10.1938 Trennung der 2.Lehrerstelle in der <strong>Mardorf</strong>er Schule von der Kirche!<br />

10.11.1938 „Kristallnacht“! <strong>Die</strong> jüdischen Geschäfte, Einrichtungen und Synagogen werden auch in Rehburg<br />

Wunstorf und Neustadt verwüstet („Reichs-Progrom-Nacht“). <strong>Die</strong> jüdischen Mitmenschen werden<br />

in Konzentrationslager (u. a. Buchenwald) verschleppt und kaum einer überlebt die <strong>Zeit</strong> bis 1945.


1938/39 Gemeinsame Werbung für das ganze Steinhuder Meer mit 30.000 Prospekten.<br />

In Liebenau wird eine „Gestapo“-Zentrale mit angegliedertem „Arbeitserziehungslager“<br />

eingerichtet. <strong>Die</strong> „Konzentrationslager“ (KZ) in Norddeutschland entstehen:<br />

Neuengamme/Hamburg, Bergen-Belsen und Niederhagen/Paderborn. Daneben gibt es aber in der<br />

Nähe auch noch viele kleinere „Außenlager“, die z. T. zeitlich begrenzt oder nur für ein Projekt den<br />

großen KZ angegliedert sind. Im Landeskrankenhaus Wunstorf erleiden erste Patienten die<br />

„Eutanasie“.<br />

1939 Für die noch wenigen Katholiken dieser Gegend ist jetzt das Bistum Hildesheim zuständig.<br />

Im Bereich südliche Häfern werden 16 Hügelgräber gezählt und kartiert. Es sind einfache Gräber,<br />

ohne Eichensärge oder besondere Steineinfassungen; nur zentrale Holzhohlräume.<br />

Erst jetzt wird beim TSV <strong>Mardorf</strong> eine Fußballsparte gegründet.<br />

Dank des Schießwartlehrgangs von Heinrich Rusche (Nr.47) 1938 kann der Schützenverein jetzt<br />

am Kreismeisterschaftsschiessen teilnehmen.<br />

<strong>Die</strong> „Genossenschaftliche Treuhand Gesellschaft“ Hannover übernimmt die Windmühle Nr.75.<br />

1940 wird W.Meier (*1886 Nr.94) dort Müllermeister.<br />

1.4.1939 <strong>Die</strong> Poststelle I in Neustadt wird eingerichtet <strong>–</strong> <strong>Mardorf</strong> bleibt aber weiterhin Post Rehburg.<br />

17.5.1939 <strong>Mardorf</strong> hat 639 Einwohner (lt. einer amtl. Statistik in Hannover nur 514). <strong>Die</strong> Zahl in Schneeren<br />

geht dagegen zurück auf 781.<br />

Zuständiges Amtsgericht ist Neustadt a. Rbge. und Finanzamt Nienburg/Weser.<br />

3.-5.6.1939 Letztes Friedens-Schützenfest (eine Woche nach Pfingsten; Kinderfest am Montag) in <strong>Mardorf</strong><br />

mit dem 3maligen Schützenkönig August Nortmeier (*1905 Nr.42). Alle Festlichkeiten und der<br />

Schießsport im Ort kommen zum erliegen („der Verein ruht“), da keine rechte Feierstimmung<br />

mehr aufkommen will.<br />

1.Sept.1939 Der Zweite Weltkrieg (bis 8.5.1945) beginnt mit dem Angriff auf Polen.<br />

<strong>Die</strong> „Gestellungsbefehle“ erreichen zuerst die Jahrgänge 1894-1899.<br />

In der allgemeinen „Euphorie“ melden sich viele freiwillig. Andere<br />

kommen zunächst zum Reichsarbeitsdienst.<br />

3./4.9.1939 Erstes englisches Flugzeug (evtl. Hawker „Hurricane“ <strong>–</strong> Foto rechts) über <strong>Mardorf</strong> gesichtet.<br />

Danach gibt es immer öfter „Fliegeralarm“ und die Luftschutzüberwachung verlangt nachts strenge<br />

Verdunklung.<br />

Das Steinhuder Meer als größtes Gewässer Norddeutschlands vor den Toren Hannovers und<br />

Braunschweigs ist auch in der Nacht gut zu erkennen wird zum Sammelplatz für einfliegende<br />

alliierte Bomberverbände.<br />

Sept.1939 In <strong>Mardorf</strong> wird die Feuermeldestelle bei Bürgermeister Niemeyer Nr.37 eingerichtet. Bei Luftalarm<br />

wird eine Handsirene betätigt.<br />

Okt.1939 Winterbeginn mit geschlossener Schneedecke.<br />

Erste polnische Zwangsarbeiter kommen zur Arbeit in der<br />

Landwirtschaft nach <strong>Mardorf</strong>, darunter auch „Zivilarbeiter“<br />

(eigentlich Kriegsgefangene). kommen erste polnische<br />

Zwangsarbeiter zur Arbeit in der Landwirtschaft nach <strong>Mardorf</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Lager befinden sich in Rehburg-Stadt, Loccum und<br />

Neustadt. Unter anderem werden sie für die Verlegung des<br />

Nordbachs und den Bau des später sogen. „Polendammes“<br />

(Foto rechts um 2005) eingesetzt. 300 vorwiegend polnische<br />

Zwangsarbeiter und ab 1941 einige Kriegsgefangene sind mit<br />

Unterbrechung bis 1945 mit den Baumaßnahmen beschäftigt.<br />

Schwerpunktmäßig wird im sehr langen und kalten Winter<br />

1941/42 der Damm südl. des jetzigen Nordbaches zwischen<br />

Meerland und Heudamm, bis zur Meerbachbrücke und weiter<br />

entlang der „Beeke“ (Meerbach) errichtet. Er dient auch dem<br />

Hochwasserschutz für die umliegenden Wiesen. Als Füllsand<br />

wird eine ehemalige Sanddüne im Bereich Hegebusch / Hinter dem Lindenberge (der später<br />

sogen. „Polenkuhle“) abgetragen.<br />

132


Mit Schmalspur-Elektroloks und Loren wird auf dem Schienenweg der Sand für weitere Dämme bis<br />

kurz vor Rehburg transportiert. Einige Arbeitskräfte sind in <strong>Mardorf</strong> auf dem Saal von Nr.78 bzw.<br />

auf Höfen (z. B. Franz ? bei Nr.84) untergebracht. Ein Pole wird bei den Bauarbeiten von<br />

Aufsehern erschossen. Der Damm überdauert völlig in Takt die <strong>Zeit</strong> und ist für Wanderer lange<br />

beliebte Strecke. Aus Naturschutzgründen ist der Damm seit ca. 2000 gesperrt. Ein paralleler<br />

„neuzeitlicher“ millionenteurer Ersatzbau Anfang der 1980er Jahre ist inzwischen wieder im<br />

„Großen Dreckmoor“ versunken.<br />

Ende 1939 Mehrere Aushilfslehrer unterrichten in der Volksschule <strong>Mardorf</strong> u. a Marie Langer (*1921 bei Nr.7/<br />

oo Robert Dankenbring, später Winningen).<br />

Strenger Winter mit viel Schnee! Kälterekorde im Januar mit bis zu -32°C. Bis Febr.1940 bleibt es<br />

extrem kalt.<br />

Es gibt die ersten <strong>Mardorf</strong>er Kriegsopfer an der Westfront.<br />

Winter 1939/40 Für den kleinen winterlichen Binnenhandel (Lebensmittel gegen Leinen) mit Steinhude nutzen<br />

einige <strong>Mardorf</strong>er auch Schlittschuhe und zum Transport Rodelschlitten. Um schneller über das<br />

zugefrorene Eis zu kommen, werden große Leinentücher am Gürtel befestigt und mit beiden<br />

Händen zum steuern in den Wind gehalten (die ersten Winter-"Kiter"?).<br />

Jan./Febr.1940 Kälteeinbruch mit bis zu -30°C und vielen Schneeverwehungen.<br />

Winter 1939/40 am Ortsausgang <strong>Mardorf</strong> nach Schneeren (links Nr.96)<br />

Anfang 1940 Weitere Jahrgänge müssen in den Kriegseinsatz. Verwundete kommen zur Erholung in die<br />

„<strong>Mardorf</strong>er Warte“. <strong>Die</strong> <strong>Mardorf</strong>er Beherbergungsbetriebe haben in dieser <strong>Zeit</strong> aber trotzdem<br />

auch für andere Gäste geöffnet. So haben das „Hotel Weißer Berg“ (Nr.110) 22 und die „<strong>Mardorf</strong>er<br />

Warte“ (Nr.119) über 100 Betten anzubieten!<br />

Mit den ersten kleineren deutschen Luftangriffen und Bombardierungen beginnt die „Luftschlacht<br />

um England“ mit großen Zerstörungen und führt schließlich zur Gegenoffensive der Alliierten.<br />

11./12.5.1940 beginnt mit dem nächtlichen Angriff auf Mönchengladbach der „Bombenkrieg gegen<br />

Deutschland“: Zunächst aber nur mit britischen Flugzeugen der Royal Air Force „RAF“ (Bomber<br />

Command) von England aus und nur in Nachteinsätzen. Neben dem britischen Premierminister<br />

Winston Churchill wichtigster Mann ist dabei Air Chief Marshal Arthur Harris.<br />

18./19.5.1940 Um kurz nach Mitternacht trifft ein Bombenangriff in Norddeutschland auch Hannover.<br />

Im Turm der <strong>Mardorf</strong>er Windmühle Nr.75 wird eine „Funkleitstelle“ der Wehrmacht zur<br />

Flugabwehr von Hannover installiert. Auf dem Kohlenberg (Nr.1)ist eine „Scheinwerfer“-Anlage.<br />

133


(Kleiderkarte 1940)<br />

15./16.7.1940 Hannover wird erstmals bei einem Bombenangriff schwer getroffen.<br />

26./27.8.1940 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

Alliierte Luftstreitkräfte (u. a. britische Bomber vom Typ: Avro „Lancaster“ mit 7 Mann-<br />

Besatzung, DeHavilland „Mosquito“ mit 2 Mann und 2 Motoren <strong>–</strong> Foto unten links, HP „Halifax“ mit<br />

7 Mann <strong>–</strong> Foto unten Mitte, Short „Stirling“ mit 7-8 Mann <strong>–</strong> Foto unten rechts) / ab 17.8.1942 auch<br />

amerikanische B-17 mit bis zu 10 Besatzungsmitgliedern) verwechseln öfter das Steinhuder<br />

Meer mit dem Maschsee in Hannover, das damals ein häufiges Ziel ist.<br />

Sie entladen ihre tödliche Fracht also über dem Gebiet im und rund ums Meer. Auch die großen<br />

angrenzenden Moore erhalten ihren Teil fehlgeleiteter Bombenfracht. Um die gegnerischen<br />

Flugzeuge irre zu führen, werden auf dem Steinhuder Meer für Tarnzwecke 800<br />

Radarstörungsflöße installiert.<br />

Sommer 1940 Am Nachthimmel kann man sehen wie Hannover nach verheerenden Bombenangriffen brennt.<br />

<strong>Die</strong> sogenannten „Tannen- oder Christbäume“ (rot und grüne Zielmarkierungs- Leuchtbomben<br />

die langsam an kleinen Fallschirmen zu Boden gleiten) zeigen den Bomben-Flugzeugen den Weg.<br />

7.9.1940 Beginn des „Blitz“ (konzentrierte Bomberangriffe auf England) bis 16.5.1941.<br />

16.12.1940 <strong>Die</strong> RAF beginnt mit verheerenden „Area Bombing“ (Flächenbombardierungen) über<br />

Deutschland.<br />

1940/1941 Schwarzschlachten, Buttern und Handeln sichern das Überleben auf dem Lande. Dazu kommen<br />

Versuche selbst Tabak anzubauen und Schnaps zu brennen. Aber darüber hinaus wird alles<br />

immer knapper und dann auch zunehmend rationiert.<br />

Der Wirtschaftsplan <strong>Mardorf</strong> führt zum ersten Bebauungsplan am Weißer Berg (1941) und<br />

Freigabe des 3,5 km langen Uferabschnitts zwischen <strong>Mardorf</strong>er Warte und Hotel Weißer Berg.<br />

Es gelten nun auch in <strong>Mardorf</strong> die NS-Bauvorschriften u. a.: ..... der Eigenart des Landschaftsbildes<br />

und des Baumbestandes einzuordnen .... Außenwände in Fachwerk- oder Blockbauweise ...... Sprossenfenster<br />

...... Dach aus Rohr oder Stroh / in Waldgebieten braune bzw. bodenständige Ziegel ....... Parzellengröße<br />

1.500 m² .... Hecke- oder Holzzäune ...... keine Werbe- und Firmenschilder ..... kein Stacheldraht ......<br />

134


Anfang 1941 Langer und sehr kalter Winter!<br />

Polizeiverordnung zur Regelung der Bebauung des Geländes am Weißen Berg am Steinhuder<br />

Meer sowie Platzordnung für Zeltlagerplätze. Dazu kommt ein weiterer W.Hübotter-Plan zur<br />

Gestaltung und Bebauung des Nordufers zwischen <strong>Mardorf</strong>er Warte und Weißem Berg.<br />

Dauerwohnungen z. B. im Bereich Erlengrund (1943 Nr.182) und Wasserkamp entstehen.<br />

1941 Einführung der Deutschen Normalschrift. Sie bleibt bis 1952 schulische Ausgangsschrift.<br />

Oberpräsident der Provinz Hannover ist Hartmann Lauterbacher bis 1945.<br />

Beginn des Ernte-Kindergartens <strong>Mardorf</strong> mit Ida Meier (*1922 Nr.94) im alten Haus von Nülle<br />

Nr.1 (östl. von Nr.47). Schon aus dieser <strong>Zeit</strong> stammt der begriff „Tante Ida“. Einstellung der<br />

Betreuung mit 1945, da jetzt einfach zu viele Kinder im Ort sind.<br />

Junge Mädchen aus Polen und der Ukraine werden vereinzelt auch auf <strong>Mardorf</strong>er Bauernhöfe<br />

zwangsverpflichtet, um bei der täglichen Arbeit zu helfen. <strong>Die</strong> als 16-jähriges Mädchen aus der<br />

Ukraine auf den Hof Nr.37 deportierte Nadja Samnius muss aufgrund von internationalen<br />

Verträgen schon im April 1945 in ihre Heimat zurückkehren. Dennoch denkt sie in Dankbarkeit an<br />

diese <strong>Zeit</strong> und hält mit ihrer Familie weiterhin Kontakt zum Hof Niemeyer in <strong>Mardorf</strong>.<br />

Einige französische Kriegsgefangene werden (ab Mai 1940) in <strong>Mardorf</strong> anstelle der Kriegsdienst<br />

leistenden Männer zur landwirtschaftlichen und gemeindlichen Hilfe eingesetzt und auf dem Saal<br />

von Nr.18 einquartiert.<br />

<strong>Die</strong> russischen Kriegsgefangenen haben (ab Mitte 1941) bei der Unterbringung in auswärtigen<br />

Behelfsbaracken nicht soviel Glück.<br />

10./11.2.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

23./24.3.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

15./16.5.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

15./16.6.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

22.6.1941 Deutscher („Achsenmächte“) Angriff („Barbarossa“) auf die Sowjetunion!<br />

Sommer 1941 ist sehr verregnet und ein Großteil der Ernte auch in <strong>Mardorf</strong> geht verloren.<br />

19./20. u. 25./26.7.1941 Hannover ist Ziel von schweren Nachtbombardierungen der RAF.<br />

12./13.8.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

7.12.1941 Überfall (des deutschen Verbündeten) Japan auf den US-Stützpunkt „Pearl Harbor“ (Hawaii) führt<br />

am 8.12. zum Kriegseintritt der USA (11.12. Deutsche Kriegserklärung), die bis dahin die<br />

Alliierten in Europa „nur“ mit Kriegsmaterial unterstützt hatten.<br />

135


1941/42 Der strenge Winter ist von Dez. bis Febr. extrem kalt und schneereich <strong>–</strong> <strong>Mardorf</strong> ist längere <strong>Zeit</strong><br />

von der Außenwelt abgeschnitten.<br />

1942 Das Konzentrationslager Arbeitsdorf/Wolfsburg entsteht.<br />

Regierungspräsident in Hannover ist Dr.Binding.<br />

26./27.1.1942 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.<br />

Alliierte Jagdbomber (auffällig ist die Lockheed P38“Lightning“ <strong>–</strong><br />

Foto rechts) werden bei Kämpfen mit der deutschen Luftwaffe gesichtet.<br />

Febr./März 1942 Viel Schnee und Temperaturen bis -20°C.<br />

31.3.1942 Als letzte verbliebene jüdische Familie in Rehburg-Stadt werden Max oo Emmy Goldschmidt<br />

über das Sammellager Ahlem weiter nach Warschau deportiert. Sie überleben den Holocaust<br />

nicht.<br />

4.5.1942 Maria Sabat (*19.12.1909 in Sarny<br />

bei Lemberg/Lwow/Lwiw in Galizien<br />

<strong>–</strong> im strittigen Grenzgebiet zwischen<br />

Polen und der Ukraine) kommt nach<br />

der deutschen Besetzung mit einem<br />

4-tägigen Bahntransport nach<br />

Deutschland und wird ab 8.5. auf<br />

einem Spargelhof in Liebenau<br />

eingesetzt (siehe Arbeitskarte rechts).<br />

Ab 5.8.1942 wird sie der Hofstelle<br />

Nr.8 in <strong>Mardorf</strong> zugewiesen. Vom<br />

griechisch-katholischem Pfarramt<br />

wird ihr im gleichen Jahr ein<br />

Geburtschein als „Volksdeutsche“<br />

(Vater war in der österr.ungar.Armee,<br />

Mutter eine geborene<br />

Wolf) ausgestellt. Daraufhin erhält<br />

sie ein Arbeitsbuch (Abbildung rechts<br />

unten). Ihr muss es wohl trotz der<br />

schweren Arbeit relativ gut<br />

gegangen sein, denn sie will nach<br />

Ende des Krieges nicht in ihre<br />

inzwischen sowjetische Heimat<br />

zurückkehren. Sie bekommt 1961<br />

eine unbefristete Arbeitserlaubnis,<br />

erhält später Rente und wird am<br />

9.5.1977 schließlich eingebürgert.<br />

Sie verstirbt am 22.5.1987 in einem<br />

Seniorenheim in Rehburg.<br />

4.7.1942 Der Luftkrieg über Deutschland wird jetzt von der „8th US-Air<br />

Force“ unter GenMaj Carl A. Spaatz in Zusammenarbeit mit der<br />

RAF gesteuert (1944 folgt ihm LtGen James H. Doolittle).<br />

7.7.1942 beginnt die „Schlacht um Stalingrad“. Insgesamt 650.000<br />

Menschen verlieren in diesem „Kessel“ bis 2.2.1943 ihr Leben.<br />

Viele der 6.Deutschen Armee gehen in russische<br />

Gefangenschaft, aus der bis 1956 nur die wenigsten<br />

zurückkehren. Für die Ostfront ist es auch der Wendepunkt. Der<br />

Krieg bewegt sich jetzt vollends Richtung Deutschland.<br />

18.9.1942 <strong>Die</strong> Deutsche Luftschutzraum-Ordnung gewährt nur Deutschen<br />

den Zutritt zum rettenden Bunker!<br />

Dez.1942 Der Brief eines in Stalingrad eingeschlossenen deutschen<br />

Soldaten (Gottfried Mäder*1920) an seine verwitwete Mutter in<br />

<strong>Mardorf</strong> (Nr.63) vom 29.12.1942. Mit Bleistift geschrieben und<br />

erst nach seinem frühen Tod im Januar 1943 in die ferne Heimat<br />

gelangt. (Der Schreiber hatte eine gute Schulbildung, aber wegen der schlechten Ernährung und<br />

extremen Kälte an der Front ergeben sich viele Rechtschreibfehler und zum Schluss wirkt alles<br />

auch etwas „zerfahren“):<br />

136


(Brief) „Meine Lieben!<br />

Mein liebes sorgendes Mütterlein, heute abend komme wieder zu, u. sende dir die aller recht herzlichsten<br />

Grüße. Sitze wiedermal an dem kleinen Tischchen, das kleine Tischchen, das mir so manchesmal als<br />

Unterlage diente, wenn ich an meine liebe Mutter schrieb. U. so tut der kleine Tisch es auch heute wieder.<br />

Wärend ich jetzt an meine liebe Mutter schreibe, hoffe ich, das ich wärend der <strong>Zeit</strong> nicht gestört werde u.<br />

mögte doch auch hoffen dass Du meine liebe Mutter, wie auch Onkel u. Fml. Dankenbring noch alle gesund<br />

und munter seit. Das ich von mir mit Gottes-Hilfe gesundheitlich auch noch sagen darf. Wie habt Ihr den<br />

Weihnachten verlebt? War der kleine Fritz zu Weihnachten noch da? Hoffentlich!’’ Wie war den im<br />

Algemeinen die Stimmung zu Weihnachten in <strong>Mardorf</strong>?’’ Was für’n Weihnachten wir in Stalingrad gehabt<br />

haben, glaub ich, brauch ich wohl nicht zu erwähnen.<br />

Vielleicht habt Ihr auf’n Heiligabend Radio gehört, wenn ja, dan wisst Ihr es ja. Heiligabend stand ich auf<br />

Posten, schönes Gefühl, u. dan keine Post, rein gar nichts hatten wir zu Weihnachten, im Gegenteil. Wir<br />

haben nur ein Wunsch, mögten doch Päkchen’s ankommen, damit man sich doch mal wieder satt essen kann,<br />

aber wir wollen alles in Gottes Händen legen, möge Er geben das wir hier aus’n Kessel bald erlöst werden<br />

aber mache Dir liebe Mutter keine Sorgen. Wir lassen den Kopf nicht hängen, u. das bringt ja schließlich<br />

auch nichts ein. Wir müssen es alles in Gottes Handen, der wird uns uns schon führen denk ich. U. nun meine<br />

liebe Mutter schließe ich für heute wieder mein Schreiben, u. wünsche Dir meine liebe Mutter, wie auch<br />

Onkel u. Fml. Dankenbring ins neue Jahr alles Gute, möge Gott Euch Liebe ins neue Jahr Zufriedenheit u.<br />

Frieden schenken. <strong>Die</strong>se zwei Wünsche, wünsch ich Euch Lieben, von ganzen herzen:<br />

Euer Gottfried Gute Nacht.“<br />

Anfang 1943 Bereits am 6.2.1943 beeilt sich der Leutnant und Resteinheitsführer des Pz.Grd.Regt.26 über die<br />

Feldpost an die Mutter zu schreiben: „...dass der O’gefr. August (Taufname) Mäder am Heldenkampf in<br />

der Festung Stalingrad teilgenommen und den heroischen Endkampf gegen eine erdrückende Übermacht<br />

mitgekämpft hat“. Das wirkliche Schicksal klärt sich für die Mutter aber erst Jahre später.<br />

1943 Regierungspräsident in Hannover ist Paul Kanstein.<br />

Der inzwischen Reichskriegerbund genannte<br />

ehemalige Kriegerverein <strong>Mardorf</strong> wird mangels<br />

Mitgliedern aufgelöst.<br />

Der letzte <strong>Mardorf</strong>er Nachtwächter „Slösser Willi“ stirbt.<br />

Wilhelm Meier (*um 1880 in Bremerhaven / Abbauer in<br />

<strong>Mardorf</strong> Nr.127). (Foto mit dem „Kuhhorn“ =<br />

Signalhorn)<br />

Seit ca. 1910 Amts- und Gemeindediener, Schließer<br />

(„Slösser“) in <strong>Mardorf</strong> bis 1943. (oo Lene ? aus<br />

Sachsenhagen / 2 Töchter). An früheren<br />

Silvesterabenden ist er gewöhnlich mit seiner Frau, die<br />

vorsorglich eine Torfkarre mitführt, von Haus zu Haus<br />

gegangen und beide singen nach einem kräftigen „tuuten<br />

mit’n hörn“ (Signalhorn = im <strong>Mardorf</strong>er Wappen verewigt)<br />

den traditionellen Neujahrsglückwunsch: „Oh wie laufen<br />

doch die Jahre, wie verschwindet doch die <strong>Zeit</strong> ...!“. Bei<br />

Jungverheirateten: „Ik wünsk jük’n nyt joor un’n lütjen jung mit kruusen (swarten) hoor!“ Für seine<br />

treuen <strong>Die</strong>nste im vergangenen Jahr erhält er jedes Mal zum Dank „’n kloorn un’ne knapwost“. Um<br />

Mitternacht muss seine Frau ihn dann oft beherzt auf die Karre packen, um die Runde<br />

fortzusetzen.<br />

3.2.1943 Der Hof <strong>Mardorf</strong> Nr.67 (H.Nülle, damals noch zw. Nr.78 und 82) brennt nach einem Luftangriff mit<br />

Brand<strong>–</strong> u. Phosphorbomben, der wohl Hannover treffen sollte, ab. Bei diesem irrtümlichen<br />

Brandbomben-abwurf mit insgesamt 150 Stück werden auch noch weitere Wirtschaftsgebäude<br />

getroffen (Nr.11 Garagen und Nr.102 Scheune). Menschen kommen nicht zu Schaden.<br />

Ab Juni 1943 fliegt die US Air Force jetzt auch am Tage großangelegte Bombenangriffe auf Deutschland. <strong>Die</strong><br />

RAF kommt weiterhin nachts. Auch kleinere Jagdbomberverbände (Foto rechts: z. B. Republic<br />

P47“Thunderbolt“) werden über <strong>Mardorf</strong> gesichtet.<br />

24./25.7.1943 Hamburg erlebt nach einem schweren Nachtangriff, einem am Tage und<br />

einer weiteren Nachtbombardierung am 27. mit dem Unternehmen<br />

„Gomorrha“ einen vernichtenden „Feuersturm“.<br />

26.7.1943 Hannover ist ebenfalls Ziel eines ersten schweren amerikanischen Bombardements am Tage.<br />

21.8.1943 Hitzerekord mit +38°C!<br />

137


22./23. u. 27./28.9.1943 Hannover ist Ziel von schweren Nachtbombardierungen der RAF.<br />

(Foto: Nach einer<br />

Brandbombe 1943 <strong>–</strong><br />

Französische<br />

Kriegsgefangene beim<br />

Aufräumen vor den<br />

Garagen von Nr.11)<br />

8./9.10.1943 Hannover wird<br />

durch nächtliche<br />

Bombenangriffe<br />

stark zerstört. Selbst<br />

in <strong>Mardorf</strong> sind<br />

Detonationen, Feuer<br />

und Rauch zu<br />

spüren. Nachdem<br />

schon Kinder aus<br />

Hamburg nach<br />

<strong>Mardorf</strong> verschickt<br />

worden sind, kommen nun auch Flüchtlinge aus Hannover dazu.<br />

18./19.10.1943 Ein alliierter Bomber (vom Typ „Liberator“ <strong>–</strong> englische Version der amerikanischen<br />

Consolidated B-24 mit 12 Mann Besatzung <strong>–</strong> Foto rechts) stürzt<br />

nach Beschuss beim Anflug auf Hannover nördl. von <strong>Mardorf</strong><br />

über dem Buchholz ab. Ein Besatzungsmitglied (von vier?<br />

Gefundenen) überlebt und wird nach Wunstorf (Fliegerhorst)<br />

zur Internierung gebracht.<br />

(B17-Bomber im Anflug - Fotos: Ray Dankenbring St.Louis, MO, USA)<br />

(typische Kondensstreifen)<br />

138


Ab 1943 Unterbringung von ausgebombten Städtern in Wochenendhäusern und Herbergen in <strong>Mardorf</strong>.<br />

Erste Flüchtlinge aus Westdeutschland (Raum Aachen) sind dabei.<br />

1943/1944 Jugendliche (auch unter 15 Jahren) und „Greise“ (über 65) aus <strong>Mardorf</strong> werden vor allem zum<br />

Ende des Krieges als Flakhelfer in Hannover eingesetzt.<br />

Über <strong>Mardorf</strong> wird ein amerikanischer Bomber-Begleitjäger abgeschossen (NorthAmerican-P-<br />

51„Mustang“ <strong>–</strong> Foto links / auch die „Spitfire“ <strong>–</strong> Foto Mitte links <strong>–</strong> ist öfter über <strong>Mardorf</strong> zu sehen).<br />

Insgesamt 5 deutsche Jäger (4 Messerschmidt „Bf109“ vom nahen Fliegerhorst Wunstorf <strong>–</strong> Foto<br />

Mitte rechts und evtl. auch eine Junkers Ju87„Stuka“ mit 2 Mann Besatzung <strong>–</strong> Foto rechts) werden<br />

bei Luftkämpfen über <strong>Mardorf</strong> bis Kriegsende zum Absturz gebracht.<br />

1944 <strong>Die</strong> immer größer werdenden menschlichen zivilen und militärischen Verluste an allen Fronten<br />

fordern auch viele <strong>Mardorf</strong>er Opfer.<br />

Postleitzahl für Raum <strong>Mardorf</strong> (Hannover) „20“.<br />

Anfang 1944 Durch Zusammenlegung der Ämter ist jetzt der Bürgermeister (H.Niemeyer, Nr.37), Vorsteher der<br />

Gemeinde und gleichzeitig Vorsitzender der Realgemeinde <strong>Mardorf</strong>.<br />

11.1.1944 Aus einem alliierten Verband auf dem Weg nach Halberstadt wird<br />

ein Bomber (wahrscheinlich eine englische Avro „Lancaster“ <strong>–</strong> Foto<br />

rechts) von der Flak abgeschossen und stürzt nördl. von <strong>Mardorf</strong> in die<br />

Buchholz-Forst. Von der achtköpfigen Besatzung kann sich einer mit<br />

dem Fallschirm retten, versteckt sich bei Nr.86, wird angezeigt und<br />

als Gefangener nach Wunstorf zum Fliegerhorst gebracht.<br />

30.1.1944 Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.<br />

März 1944 (Vermutlich am 9.3.) Ein amerikanischer Großbomber (Boeing B-17 „Flying Fortress“ <strong>–</strong> Foto<br />

rechts unten) muss beim Anflug auf Nienburg, Hannover, Braunschweig im Winzlarer Streitbruch<br />

notlanden. <strong>Die</strong> Besatzung versucht sich in den schwimmenden<br />

Wiesen zu verstecken, muss sich aber schließlich ergeben und<br />

kommt nach Wunstorf (Fliegerhorst).<br />

28./29.5.1944 (Pfingsten) Mitten im Krieg kommen Tausende Erholung suchende<br />

Menschen ans Steinhuder Meer, insbesondere zur „<strong>Mardorf</strong>er Warte“<br />

und an den Weißen Berg.<br />

6.6.1944 Landung der Alliierten an der Küste der Normandie („Overlord“)!<br />

12.6.1944 Fliegende Bomben („Wunderwaffen“) werden jetzt als „Vergeltungswaffen“ gegen England<br />

eingesetzt. <strong>Die</strong> V1 fliegt bis 29.3.1945 und die V2 von Sept.1944-27.3.1945.<br />

18.6.1944 Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.<br />

Mitte 1944 Musterung für die Jahrgänge 1927/28: <strong>Die</strong> 17jährigen Jugendlichen hätten eigentlich zunächst den<br />

6monatigen Reichsarbeitsdienst (RAD) leisten müssen. Wegen der hohen Kriegsverluste geht es<br />

nun aber gleich als Rekrut in die verkürzte Wehrausbildung und dann gleich an die Front. Sie<br />

glauben noch an den „Endsieg“ und sehnen den Einsatz herbei. Viele ideologisch verführte<br />

Jugendliche melden sich darüber hinaus freiwillig und oft auch zur Waffen-SS. Ihre Ausbildung<br />

findet in den Dörfern und in der Nähe von Nienburg statt.<br />

Sept.1944 „Propaganda-Offensive“ des III.Reichs: <strong>Die</strong> Untergrundbewegung „Werwolf“ findet allerdings<br />

keinen Anklang in der deutschen Zivilbevölkerung.<br />

18.10.1944 Der Volkssturm aus älteren Männern über 60 Jahre und Jugendlichen der Jahrgänge 1926/27 soll<br />

jetzt den unaufhaltsamen Vormarsch der Amerikaner, Briten und Kanadier aufhalten. Auf dem<br />

Brink in <strong>Mardorf</strong> werden „Wehrübungen“ durch aktive (oft versehrte) Offiziere abgehalten.<br />

22.10.1944 Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.<br />

4.11.1944 Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.<br />

12./13.12.1944 Hannover ist Ziel eines nächtlichen schweren Bombenangriffs.<br />

139


Anfang Jan.1945 Musterung für die Jahrgänge 1928/29: <strong>Die</strong> ehemaligen Jungvolkkinder im Alter von 15-17<br />

Jahren müssen für 6 Wochen in das Ausbildungslager Eystrup-Hämelheide. Dort sind in 4<br />

Kompanien ca. 400 Jungen untergebracht. Wegen der nahenden Front von Westen wird die<br />

Ausbildung auf 3 Wochen verkürzt. Am Mittwoch (4.4.) gerade wieder zu Hause wartet aber schon<br />

der „Gestellungsbefehl“ (ein harmloses einfaches Blatt Papier) für Montag (9.4.) in Hannover-<br />

Bothfeld. Zum Glück kommen die Ereignisse dazwischen!<br />

5./6.1.1945 Hannover ist Ziel eines nächtlichen schweren Bombenangriffs.<br />

3.2.1945 Berlin erlebt den 300. Bombenangriff aus der Luft. Dresden bekommt noch eine ganze<br />

Angriffswelle mit vielen Toten ab (13.-15.3.1945).<br />

3./14. u. 17.3.1945 Hannover ist Ziel mehrerer schwerer Bombenangriffe durch alliierte Flugzeuge. Das<br />

nördliche Stadtgebiet wird hart getroffen. <strong>Die</strong> Luftangriffe enden, aber Hannover ist zu 80 % (vor<br />

allem im Zentrum) zerstört.<br />

Der Bombenkrieg aus der Luft hat in Deutschland schätzungsweise einer halben Million<br />

Zivilisten das Leben gekostet.<br />

April 1945 Aus dem Nahrungsmittellager Bokeloh erhält <strong>Mardorf</strong> keine Lieferung mehr.<br />

4.4.1945 (Mittwoch) Minden ist schon zum größten Teil von britischen Truppen besetzt. Über den Weser-<br />

Elbe-Kanal (Mittellandkanal) führt hier noch eine wichtige intakte Brücke.<br />

5.4.1945 (Donnerstag) Englische und Kanadische Streitkräfte (8th UK-Army Corps / 6th UK-Airborne Div.<br />

/ 1st Canadian-Airborne Bat.<br />

(Canadian 1st Army) / 11th UK<br />

Tank Div.) nähern sich zuerst<br />

nördlich von Minden der Weser.<br />

Sie setzen mit Faltsturmbooten über<br />

und legen eine Pontonbrücke über<br />

die Weser bei Petershagen (sie<br />

trägt 40 Tonnen <strong>–</strong> <strong>Zeit</strong>ungsfoto rechts<br />

mit „Cromwell-Panzer“). <strong>Die</strong> Brücke<br />

bei Heisterholz (9 Tonnen tragend)<br />

wird nicht zerstört. Dort und bei<br />

Wietersheim können kleine<br />

Brückenköpfe gebildet werden und<br />

so können sie mit ihren Truppen<br />

jetzt schnell weiter Richtung<br />

Hannover vorrücken.<br />

Weiter nördlich Richtung Nienburg<br />

sprengen deutsche<br />

Sprengkommandos die Weserbrücke zwischen Leese und Stolzenau, in der Stadt Nienburg (um<br />

11 Uhr).<br />

5.4.1945 In Steyerberg werden am gleichen Tag auf dem Bahnhof noch sechs V1 und V2 Raketen<br />

gesprengt.<br />

Z. T. Jugendliche des SS-Pz.Gren.Ausb.u.Ers.Btl.12 (mit Kommandeur HSturmFhr. Peinemann)<br />

leisten dann auf der rechten Weserseite hartnäckigen Widerstand. Der anglo-kanadische<br />

Angriffsschwerpunkt liegt bei Stolzenau. Dort verteidigt lediglich die 1.Batt. des RAD-Flak-<br />

Reg.531. Trotzdem kann das 8.Bat. der Rifle Brigade mit Schlauchbooten übersetzen und einen<br />

ersten kleinen Brückenkopf (Gut Vorwerk) bilden. Das „Corps of Royal Engineers“ baut danach<br />

eine Kriegsbrücke.<br />

6.4.1945 (Freitag) Im Morgengrauen führen junge SS-Soldaten einen Gegenschlag, der ab Mittag auf<br />

britische Elite Einheiten trifft. Sie halten sie auf und zwingen die Alliierten am 7.4. 17 km weiter<br />

südlich bei Petershagen über die abgebildete Kriegsbrücke (<strong>Zeit</strong>ungsfoto oben) überzusetzen.<br />

Ebenfalls am 6.4. rückt zwischen „Weser-Elbe-Kanal“ (Mittellandkanal) und Deister entlang der<br />

R65 (B65) die 84th US-Infantry-Div. (US 9th Army) weiter Richtung Hannover vor. Sie treffen bei<br />

Kolenfeld und Dedensen (schwere Flak-Stellung) auf die deutsche „Kampfgruppe Wiking“ der<br />

5.SS-Pz.Div. (Waffen SS mit gepanzerten SPW, Sd.Kfz.251 und Panther-Panzer), Einheiten des<br />

Volkssturms und bei Wunstorf auf die lokale Fliegerhorstverteidigung. <strong>Die</strong> Leinebrücken bei<br />

Schloß Ricklingen, Bordenau (bleibt intakt), Luthe sind besonders vom 7.-9.4. schwer umkämpft.<br />

<strong>Die</strong> vorrückenden Alliierten erleiden durch Gegenangriffe herbe Verluste. Der Vormarsch kann<br />

aber allenfalls nur verzögert werden. Weiter nördlich erreicht abends das 12th Devonshire Reg.<br />

Raderhorst und Wiedensahl und die 159.Brig. mit 2 Inf.Bat. und einem Pz. und Pz.Aufkl.Bat. rückt<br />

gegen Loccum vor.<br />

140


7.4.1945 Von zwei Seiten treffen somit die Alliierten vor Loccum auf die 5.SS-Kompanie, die bis in die<br />

Nacht Widerstand leistet und sich dann nach Rehburg absetzt.<br />

(Samstag) Am Morgen rücken über Steinhude / Großenheidorn britisch-kanadische Stoßtrupps<br />

weiter nach Norden vor und besetzen ohne Gegenwehr den Fliegerhorst Wunstorf, wo sich noch<br />

am gleichen Tag die RAF in den fast unbeschädigten Anlagen einrichtet. In Neustadt werden 24<br />

junge britische Fallschirmjäger (7th Bat., Light Infantry of the Airborne Forces) beim vorschnellen<br />

Passieren der Löwenbrücke über die Leine durch Hand-Zündung einer Fliegerbombe zerfetzt und<br />

viele weitere verwundet.<br />

Das englischen Jagdflugzeug „Typhoon / Tempest“ (Foto rechts) kommt<br />

bei den letzten Kämpfen an der Weser zum Einsatz. Dagegen hält<br />

sporadisch nochmal ein deutscher „Stuka“. <strong>Die</strong> Kampfhandlungen dauern<br />

im Raum Nienburg/W. auch wegen der gesprengten Weserbrücken von der Nacht 7./8.4. bis zum<br />

9.4. an, wobei die Stadt Nienburg als „offene Stadt“ kampflos übergeben wird.<br />

Leese wird aber wegen des erbitterten SS-Widerstandes besonders stark zerstört. <strong>Die</strong> deutsche<br />

Resttruppe zieht sich nach Nordosten zurück.<br />

141


8.4.1945 (Sonntag) <strong>Die</strong> Rehburger Einwohner erreichen am Morgen, dass die 5.SS-Kompanie ihre neuen<br />

Panzerabwehrstellungen (Panzerfäuste mit 30 m Reichweite) weiter nördlich des Friedhofs<br />

einrichten.<br />

Britische und kanadische Truppen (3rd Royal Tank Rgt. and 23rd<br />

Hussars of the 29th Armd.Bde. mit Major-General George Roberts,<br />

11th Armd.Div., 8 Corps, 21st Army Group) und später auch mit Field Marshal Bernhard<br />

Montgomery rücken von Loccum kommend in Rehburg ein. Sie haben englische „Churchill“ (Foto<br />

oben links) und „Cromwell / Comet“ (Foto oben Mitte / Original-Foto vom 8.4.1945) Panzer.<br />

Der Spitzenpanzer (ein „Comet“) des 2.Bat. der „Fife and Forfar“ rattert durch die Hauptstraße<br />

Rehburgs und am Ortsausgang nach Husum wird der Kompaniechef Major E.Loram von einer<br />

vorschnellen Karabinerkugel tödlich getroffen. Es gibt ein kurzes Feuergefecht und<br />

Flammenwerfer (auch mit „Churchill-Crocodile“ Panzern) verbrennen die Landschaft.<br />

Danach ziehen sich die Truppen in den Ort zurück. Ein nachfolgendes Infanterie Bat. des<br />

„Herefordshire“ Rgt. nimmt 15 abgekämpfte z. T. 17jährige SS-Soldaten gefangen (großes Foto<br />

unten <strong>–</strong> mit noch brennenden Bäumen und Jeep). Am Morgen des 9.4. werden diese von Mitgliedern<br />

des „Cheshire“ Inf.Bat. im Wilden Moor (500 m nordöstl. des Krähenberges, Rehburg) erschossen.<br />

(Original-Foto vom 8.4.1945 <strong>–</strong> Imperial War Museum of London)<br />

8.4.1945 <strong>Die</strong> britische 29.Panzer-Brigade bricht später aber doch noch durch und gerät in Husum in ein<br />

schweres Gefecht.<br />

142


<strong>Die</strong> 5.SS-Kompanie und das Marine Bat. aus Nienburg (2.Mar.Inf.Div.) verteidigt das Dorf bis zum<br />

Abend. Am 9.4. bewegen sich die alliierten Truppen Richtung Linsburg. Auch hier sind viele Tote,<br />

brennende Häuser und Ruinen (Flammenwerfer) das Resultat des sinnlosen Endkampfes.<br />

8.4.1945 Der alliierte Kampfverband mit dem 1.Bat. des „Cheshire Reg.“ an der Spitze der 159.Brigade<br />

wendet noch am Morgen seine Stoßrichtung in Richtung <strong>Mardorf</strong> und erreicht kurz darauf über<br />

die „Rehburger Chaussee“ den Ortskern. <strong>Die</strong> Bewohner der zuerst passierten Häuser wissen nicht,<br />

wie sie sich am besten verhalten sollen, denn in <strong>Mardorf</strong> halten sich noch versprengte deutsche<br />

Soldaten auf. <strong>Die</strong> nationalsozialistischen „Ortsgrößen“ sind auch noch im Amt und die<br />

heranrückenden Truppen sind durch die Rehburger Vorfälle in höchster Anspannung und haben<br />

zudem die Aktion „Werwolf“ im Kopf, wodurch sie noch immer Hinterhalte der Zivilbevölkerung<br />

erwarten. Aber Großmütter mit Lebenserfahrung nehmen kurzerhand ein weißes Tischtuch und<br />

schütteln es unverdächtig vor der Haustür aus.<br />

So sind alle auf der sicheren Seite und die anglo-kanadischen Verbände können zügig weiter<br />

vorrücken. Da unter den durchfahrenden Panzern auch „Sherman“ (amerikanischer Bauart <strong>–</strong> Foto<br />

rechts) sind und z. T. noch den weißem Stern tragen, meinen<br />

wohl einige <strong>Mardorf</strong>er, dass es sich um amerikanische<br />

Streitkräfte handeln müsse. Montgomery persönlich durchquert<br />

im Laufe des Tages <strong>Mardorf</strong>. Er bewegt sich mit den alliierten<br />

Hauptkampftruppen hinter der sich schnell verändernden<br />

Frontlinie her.<br />

In <strong>Mardorf</strong> geht der 2.Weltkrieg zu Ende. <strong>Die</strong> meisten Einwohner haben sich mit Habseligkeiten<br />

auf Leiterwagengespannen in Richtung Ohlhagen Moor in Sicherheit gebracht. Es kommt zum<br />

Glück nur zu vereinzelter deutscher Gegenwehr versprengter Soldaten. Mindestens ein deutscher<br />

Deserteur wird bei diesen letzten sinnlosen Kämpfen nordwestlich von <strong>Mardorf</strong> von eigenen<br />

Truppenteilen erschossen. In der Lehmkuhle hat sich ein deutscher Offizier hinter einer Karre<br />

verschanzt und will mit einer Panzerfaust (Einschlag in einem Strommasten bei Nr.5) allein die<br />

heranrückenden Engländer aufhalten. Mit einem Kopfschuss ist er zumindest in <strong>Mardorf</strong> das letzte<br />

Opfer. Der Vormarsch aber geht schnell weiter.<br />

Der Tag, an dem der Krieg zu Ende war (erzählt von Otto Gerberding, <strong>Mardorf</strong> Nr.84 mit Zeichnung von damals)<br />

Ein paar Wochen zuvor im Jahre 1945 hatte es auch unser kleines Dorf erwischt. Ein<br />

angeschossener amerikanischer Bomber entlud seine Bombenfracht direkt über uns. Vier Gebäude<br />

wurden getroffen, drei davon brannten bis auf die Grundmauern nieder. Gott sei Dank gab es keine<br />

Toten. Wir lebten mit der Angst. Jeden Tag und jede Nacht war der Himmel rot von der brennenden<br />

Stadt Hannover. Bei Südostwind ging bei uns dann oft ein Aschenregen nieder. Wir Kinder waren auf<br />

„Deckung suchen“ gedrillt. Wenn wir Flugzeuge hörten, lagen wir flach auf dem Boden. Mit<br />

Hoheitsabzeichen an den Maschinen kannten wir uns aus. Einige Monate vorher wurde einem<br />

Freund von mir beim Schlittschuhlaufen auf dem Steinhuder Meer von einem Tiefflieger ein Bein<br />

weggeschossen. Einzelne Maschinen griffen auch die Zivilbevölkerung an, es war eine schlimme <strong>Zeit</strong>.<br />

Ich erinnere mich noch genau an die letzten Kriegstage. Vater war wegen seiner Verwundung<br />

schon zu Hause und musste den „Volkssturm“ führen. "Wat schall ik den bloos mit düssen opas un<br />

krüppeln anfangen, mit 3 jagdflinten“ sagte Vater. Man hörte schon den Kanonendonner, so nahe war<br />

die Front an unserem Dorf. Vater musste mit dem Volkssturm außerhalb unseres Dorfes<br />

Panzersperren bauen. <strong>Die</strong> Strasse wurde aufgerissen und Palisaden eingegraben. Vater sagte:<br />

"Soen blöödsin, 'n bund stroo up`r straate helpet genauso feel. Dor ballert dy yn rin und föert den dür." Es<br />

half nichts - er musste los mit seinen Opas. Als er ging, sagte er: "Jie blievet hier, ik bin balle wir in'n<br />

huuse." Wir beluden inzwischen den Heuwagen mit allem Lebensnotwendigen. Betten, Planen.<br />

Verpflegung, Hausrat, Werkzeug und die wichtigsten Dokumente wurden verstaut. Franz, unser<br />

polnischer Kriegsgefangener, half mit. Er hielt zu uns. Er hatte es soweit auch immer gut gehabt, war<br />

ein Teil der Familie geworden. Meine Eltern hatten schon öfter deswegen Scherereien gehabt. Er saß<br />

mit uns am gleichen Tisch. Das war verboten. Franz kümmerte sich immer besonders um mich, er<br />

war mein bester Freund.<br />

Gegen Morgen kam Vater zurück. Der Geschützlärm war inzwischen bedenklich laut geworden. Einige<br />

deutsche Soldaten kamen angelaufen und baten um Zivilkleidung. Mutter suchte alles zusammen, was<br />

greifbar war. Sogar die alten Klamotten für die Feldarbeit gingen mit drauf. Wir erfuhren, daß die<br />

Panzer noch etwa 20 Kilometer entfernt seien. "Dy Kreisleiter woll mie noch doodschyten" sagte Vater "as<br />

ik dy opas naa huuse schicket hef. Hy was aaver dy ierste, dy sik ferkrüümelt het, ik heve siene uniform förhen<br />

in'n büsken 'fun." Nun wurde es aber höchste <strong>Zeit</strong>. Wir spannten zwei Kühe vor den Wagen, die dritte<br />

wurde hinten dran gebunden. Oma und ich kamen oben drauf, zwischen die Betten. Vater trieb die<br />

Kühe an, es dauerte trotzdem eine Stunde, bis wir außerhalb des Dorfes zwischen einigen hohen<br />

Sandhügeln anhielten. Eine Kuh war krank, sie hatte einen ganz dicken Bauch und konnte nur langsam<br />

gehen. „Hier künt üsk dy granaaten nig dräpen“ sagte Vater, „dy barge sind dor för“. Zitternd vor Angst saß<br />

ich auf dem Wagen. Mutter machte Essen, Brote und Tee, aber niemand wollte etwas.<br />

143


(Kriegsende) <strong>Die</strong> Ballerei wurde immer lauter, Geschosse pfiffen über uns hinweg. „O god, o god, dy schytet dat<br />

ganse dörp in`n klump“ sagte Mutter mit zitternder Stimme. Wie lange wir dort waren, als es<br />

allmählich ruhiger wurde, weiß ich nicht mehr. Es war wohl gegen Abend, als wir aufbrachen. Wir<br />

kamen über den Hügel und konnten das Dorf sehen und waren überrascht. Es waren keine<br />

zerstörten oder brennenden Häuser zu sehen. Alles schien unversehrt. Überall standen Panzer<br />

und Lastwagen herum. Soldaten liefen umher. „Jets wültse üsk wol filtsen“, meinte Vater, als wir<br />

näher kamen, aber es geschah nichts. Man ließ uns ziehen. Ja, man sah uns eher amüsiert zu, als<br />

wir mit unserem Zigeunerwagen durch das Dorf zogen. Aber wir waren nicht die einzigen, die<br />

zurückkamen. Unser Haus stand noch. Auf dem Hof parkten Lastwagen und an der Ecke stand ein<br />

Panzer. Auf dem<br />

Pflaster wurde in einer<br />

Grube Feuer gemacht<br />

und Essen gekocht <strong>–</strong><br />

wohl einige unserer<br />

Hühner. „Dat sind<br />

Kanadier“, sagte Vater.<br />

Jetzt wurden wir doch<br />

noch durchsucht. Ein<br />

Soldat verlangte<br />

Papiere und bekam<br />

von Vater wohl alles,<br />

was er wollte. Wir<br />

konnten dann unser<br />

Haus wieder betreten.<br />

<strong>Die</strong> Zimmer waren<br />

zwar durchsucht worden, aber nicht demoliert. Wir hatten alle Türen offen gelassen. Vater<br />

verbrannte noch heimlich Kriegsfotos, die den „Besatzern“ nicht in die fallen sollten. Er wurde in<br />

seinen sonstigen Aktivitäten überwacht. Ein junger Soldat wich ihm nicht von der Seite. Nach<br />

einigen Tagen beruhigte sich die Situation. Ich lief zwischen den Soldaten herum. Es war ganz<br />

interessant, was die so alles machten. Einer deutete mir an, dass er Eier haben wolle. Ich ging in<br />

den Hühnerstall und holte ihm eines. Dafür bekam ich Bonbons <strong>–</strong> etwas, was wir Kinder damals<br />

wohl mit Gold aufgewogen hätten. Richtige süße Bonbons, einzeln in Papier verpackt! Ich holte<br />

weitere Eier und bekam mehr Bonbons. Es entwickelte sich spontan ein reger Tauschhandel. <strong>Die</strong><br />

Sache flog dann auf, als Mutter hinter der Brotkiste mein Bonbonlager entdeckte. Von dem<br />

<strong>Zeit</strong>punkt an musste ich meinem Geschäftspartner öfter einen Korb geben. <strong>Die</strong> Soldaten blieben,<br />

aber es kam, soweit ich mich erinnern kann zu keinen größeren Komplikationen. Einige Wochen<br />

später war plötzlich große Aufregung draußen. Vater kam auf den gelaufen, griff mich, rannte auf<br />

Mutter zu und drückte uns in seine Arme. „Et is förbie, de krieg is förbie“, sagte er. Ich habe das wohl<br />

alles nicht richtig begriffen. Ich fragte Vater: „Wer het den dän krieg e`wun?“ Ich bekam keine<br />

Antwort. Vater wandte sich ab. Ich sah ihn zum ersten Mal weinen, ich wusste damals noch nicht<br />

warum.<br />

8.4.1945 In Schneeren trifft der alliierte Kampfverband auf die 1.SS-Kompanie. Ein einziges MG verursacht<br />

erneute Verluste. Nachdem dieser Widerstand gebrochen ist, führt der weitere Vorstoß ohne<br />

größere Zwischenfälle über Eilvese,<br />

Himmelreich, Empede, Mariesee bis nach<br />

Mandelsloh (Nachmittag). Alle Brücken über<br />

die Leine bei Mariensee-Basse, Mandelsloh-<br />

Helstorf (Original-Foto rechts: Imperial War<br />

Museum of London), Niedernstöcken-<br />

Esperke, Schwarmstedt und Bothmer sind<br />

vorher gesprengt worden.<br />

8./9.4.1945 Einer der letzten großangelegten<br />

Bomberangriffe trifft den Hamburger Hafen.<br />

15.4.1945 Der Vormarsch der Alliierten (British<br />

Canadian 21st Army Group) geht über<br />

Rethem/Aller weiter bis unter anderem das Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit werden<br />

kann.<br />

26.4.1945 Bei Torgau treffen amerikanische und sowjetische Truppen an der Elbe zusammen!<br />

30.4.1945 Hitler begeht im Berliner Führerbunker Selbstmord. Großadmiral Karl Dönitz wird testamentarisch<br />

ernanntes deutsches Staatsoberhaupt.<br />

8.Mai 1945 Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichnet im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-<br />

Karlshorst die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte und damit des<br />

Großdeutschen Reiches!<br />

144


Ab Mai 1945 wird in Bad Rehburg das britische „Rot-Kreuz-<br />

Hospital Montgomery“ in den Kuranlagen<br />

eingerichtet (noch bis 1949 in Betrieb).<br />

Jack Smith (rechts im Bild, später Nr.106) und<br />

Ben ? bei ihrer Ankunft in <strong>Mardorf</strong>. Ihre Einheit<br />

soll ein „Camp“ (Lager, Unterkünfte, Lazarett<br />

etc.) am Nordufer zu errichten.<br />

<strong>Die</strong> britischen Streitkräfte nehmen Quartier in<br />

vielen der größeren Gebäude in <strong>Mardorf</strong>:<br />

In „Lütjen <strong>Mardorf</strong>“ (Nr.164) und der „<strong>Mardorf</strong>er<br />

Warte (Nr.119) ist jeweils ein Offizierscasino<br />

untergebracht. Unterkünfte sind auch vorübergehend in den beiden Schulen (Nr.50 und 97). Dafür<br />

muss der Schulunterricht für ein halbes Jahr auf den Saal von Thürnau Nr.18 verlegt werden.<br />

In <strong>Mardorf</strong> wird von der brit. Militärverwaltung der bisherige Bürgermeister Heinrich Niemeyer<br />

(Nr.37 *1885) wieder eingesetzt und zudem Standesbeamter. Er ist auch der erste<br />

Gemeindedirektor nach englischem Vorbild. Es<br />

wird auch ein Verwaltungsausschuss bestimmt,<br />

der die kommenden Wahlen vorbereiten soll <strong>–</strong> die<br />

neue Gemeindeverfassung hält sich ebenfalls eng<br />

an angelsächsisches Recht.<br />

Im Badehotel (Nr.110 <strong>–</strong> Betreiber ist zu der <strong>Zeit</strong><br />

Richard Fischer) wird das „Mary Knoll“ Catholic<br />

Retreat Centre untergebracht. Bis zu 30 Soldaten<br />

pro Woche werden hier behandelt und können sich<br />

erholen. Besonders beliebt ist fischen, baden, Boot<br />

fahren und die „excellente“ Küche. Es gibt eine<br />

eigene kleine Kapelle mit „Father Foley of<br />

Plymouth“ (Sen.Cath.Chaplain), 30 „Corps“ und<br />

welfare officer to the centre Miss J.T.Mullen of<br />

Cambridge (Member of the Cath.Women’s<br />

League).<br />

(Original-Fotos: Imperial War Museum of London: <strong>Mardorf</strong> Nr.110<br />

„Badehotel“ <strong>–</strong> Bild unten von der Meerstraße her <strong>–</strong> Bild oben der östlich gelegene Stall)<br />

145


<strong>Die</strong> <strong>Mardorf</strong>er Kriegstoten von 1939 bis nach 1945<br />

(Mit Hausnummern / auch gefallene Angehörige von Ostflüchtlingen, die in <strong>Mardorf</strong> nach 1945 lebten)<br />

Alfons, Paul ?<br />

Asche, August 78<br />

Asche, Erwin 88<br />

Bittner, Franz 195<br />

Brase, Heinrich 3<br />

Brase, Karl 3<br />

Dankenbring, Wilhelm 63<br />

Dinter, Herbert 12<br />

Eiselt, Kurt 17<br />

Fischer, Otto 31<br />

Förthmann, Heinrich 45<br />

Förthmann, Wilhelm 32<br />

Franke, Alfred 195<br />

Gallmeyer, August 114<br />

Grages, Hermann 164<br />

Heidorn, Friedrich 64<br />

Heidorn, Friedrich 68<br />

Heidorn, Heinrich 24<br />

Heidorn, Wilhelm 128<br />

Herrmann, Paul 127<br />

Hilbig, Alfred 196<br />

Hoffmann, Wilhelm 137<br />

Kahle, Heinrich 77<br />

Kahle, Wilhelm 74<br />

Koberg, Wilhelm 65<br />

Krause, Alfred 185<br />

146<br />

Kroner, Josef 219<br />

Kühn, Max ?<br />

Meier, Friedrich 35<br />

Meier, Heinrich 94<br />

Meier, Karl 94<br />

Meier, Wilhelm 57<br />

Nortmeier, Friedrich 19<br />

Nortmeier, Wilhelm 14<br />

Nülle, Heinrich 44<br />

Ohlhagen, Heinrich 16<br />

Peters, Gustav 186<br />

Polarski, Georg 165<br />

Röhrmund, Ernst 107<br />

Rusche, Wilhelm 47<br />

Schlombs, Josef 50<br />

Schmidt, Heinrich 34<br />

Schmidt, Wilhelm 127<br />

Schulz, Kurt Mdf.?<br />

Seeger, Heinrich 26<br />

Stadtländer, Heinrich 69<br />

Stadtländer, Wilhelm 69<br />

Struckmann, Heinrich 21<br />

Struckmann, Otto 21<br />

Thiele, Heinrich 31<br />

Thiele Wilhelm 46<br />

Vogeler, Wilhelm 93<br />

Wolter, Leonhard 29

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