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am Steinhuder Meer Geschichte eines Dorfes und seiner ... - Mardorf

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<strong>am</strong> <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong><br />

<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>eines</strong> <strong>Dorfes</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>seiner</strong> Bewohner<br />

Friedrich Dankenbring (Dorfgemeinschaft)<br />

1


Die Entstehung der digitalen Chronik<br />

Alles begann schon im Kindesalter, als mir eine Art „Eingebung“ sagte: „Höör toe un srief up!“. So habe ich den<br />

Erzählungen <strong>und</strong> Erinnerungen vieler älterer <strong>Mardorf</strong>er gelauscht <strong>und</strong> erstmal über Jahre alles „nur“ notiert.<br />

Nach dem Erscheinen der ersten kleinen „<strong>Mardorf</strong>er Chronik“ vom ehemaligen Hauptlehrer Helmut Dannenberg<br />

(Nr. 22) zur 800-Jahr-Feier im Jahre 1973 <strong>und</strong> unserer Bilderchronik „<strong>Mardorf</strong> in alten Photographien“ im<br />

Rahmen der Dorferneuerung im Jahre 1984 (Original-Titelbild oben) sowie der von mir verfassten neuen<br />

umfassenden „<strong>Mardorf</strong>er Chronik“ im Jahre 1997 (unterstützt von Brigitte Kohlmann) regte sich im Laufe der<br />

folgenden Jahre der Wunsch das neue Medium Internet für eine aktualisierte, erweiterte <strong>und</strong> digitale Fassung zu<br />

nutzen. Dadurch dass nun erstmals eine große Dokumentation vorlag, ergaben sich viele Ergänzungen,<br />

Änderungen <strong>und</strong> Berichtigungen. Was lag da näher als sich der Möglichkeiten des digitalen Zeitalters zu<br />

bedienen. Jetzt kann jederzeit geändert <strong>und</strong> ergänzt werden <strong>und</strong> dazu noch aktuell allen Interessierten (sogar<br />

weltweit) zugänglich gemacht werden. Das Kapitel A ist zeitlich <strong>und</strong> historisch gegliedert <strong>und</strong> in einen<br />

geschichtlich wichtigen Hintergr<strong>und</strong> eingebettet worden. So erkennt man plötzlich örtliche in weltweiten<br />

Zus<strong>am</strong>menhängen.<br />

Das bisherige Konzept <strong>und</strong> die Gliederung der bestehenden Chronik in Buchform habe ich weitestgehend<br />

beibehalten, aber noch mehr bisher unveröffentlichte Bilder <strong>und</strong> Karten sowie Skizzen eingefügt. Darüber hinaus<br />

gibt es verschiedene Suchsysteme <strong>und</strong> ein umfangreiches Erklärungs- <strong>und</strong><br />

Datenwerk im wesentlich erweiterten Kapitel B.<br />

Das bisherige Kapitel C (Höfe <strong>und</strong> F<strong>am</strong>ilien) habe ich nicht mehr separat<br />

aufgeführt, da es hierzu inzwischen einerseits umfangreiche F<strong>am</strong>ilienchroniken<br />

gibt, die laufend ergänzt werden <strong>und</strong> andererseits die Höfe in der Zeitchronik<br />

entsprechend erwähnt sind.<br />

Das bisherige Kapitel E <strong>Mardorf</strong>er Platt habe ich im Jahre 2003 in einem<br />

eigenen gedruckten Wörterbuch ausführlich behandelt <strong>und</strong> ist jetzt Kapitel C.<br />

Insges<strong>am</strong>t umfasst das Werk jetzt über 600 Seiten (ca. 36 MB als .pdf)!<br />

Viel Spaß in der neuen digitalen <strong>Mardorf</strong>er Chronik.<br />

Das <strong>Mardorf</strong>er Wappen<br />

Mardrup, 16. april 2013YÜ|xwÜ|v{ WtÇ~xÇuÜ|Çz<br />

Das <strong>Mardorf</strong>er Wappen ist <strong>eines</strong> des ältesten in der Umgebung. Seit dem 20.04.1972 führt die d<strong>am</strong>als noch<br />

selbständige Gemeinde <strong>und</strong> jetzige Dorfschaft <strong>Mardorf</strong> förmlich ein Wappen. Erste Vorschläge wurden schon <strong>am</strong><br />

17.01.1969 vorgestellt. Bis zur Genehmigung durch das Niedersächsische Staatsarchiv musste noch hart um die<br />

„Anzahl <strong>und</strong> Länge der Schilfblattspitzen“ gerungen werden. Das abgebildete Wappen ist die rechtlich<br />

abgesicherte Endfassung von 1972. Zur 880-Jahrfeier 1973 wurde es der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Das Wappen zeigt:<br />

„von Silber <strong>und</strong> rot schräg geteilt, oben aus blauen Wellen wachsend drei schwarze L<strong>am</strong>penputzer –<br />

Schilfstengel mit grünem Blattwerk, unten ein linksgerichtetes silbernes Jagdhorn“.<br />

Die Wellen stellen die Lage <strong>Mardorf</strong>s <strong>am</strong> <strong>Meer</strong> dar <strong>und</strong> das Schilf<br />

seine besondere Bedeutung für den Naturschutz. Das Jagdhorn<br />

nimmt Bezug auf die bis 1943 besonders wichtige Funktion des<br />

Nachtwächters mit seinem Signalhorn <strong>und</strong> die Leidenschaft der<br />

<strong>Mardorf</strong>er für die Jagd.<br />

Die Farben der Gemeinde sind (nur zufällig identisch mit Schaumburg):<br />

„Silber, rot <strong>und</strong> blau“ – sowie „schwarz <strong>und</strong> grün“.<br />

2


Inhaltsübersicht<br />

mit insges<strong>am</strong>t über 600 Seiten<br />

Vorwort des Verfassers (das <strong>Mardorf</strong>er Wappen <strong>und</strong> die Flagge) 2<br />

Inhaltsübersicht (der drei neuen digitalen Bände A1-14 / B1-10 / C1-4) 3<br />

Quellenverzeichnis 4<br />

A Chronik von <strong>Mardorf</strong> (mit Bildern, Zeichnungen <strong>und</strong> Karten)<br />

1 Urzeit bis 1170 n. Chr. (Dünen, <strong>Meer</strong> <strong>und</strong> Besiedlung) 5<br />

2 Die Zeit 1171 – 1720 (Urk<strong>und</strong>l. Erwähnung <strong>und</strong> Neugründung) 30<br />

3 Die Zeit 1721 – 1839 (Kapelle <strong>und</strong> großer Brand) 60<br />

4 Die Zeit 1840 – 1874 (Amerika <strong>und</strong> Mühle) 85<br />

5 Die Zeit 1875 – 1890 (Ehevertrag <strong>und</strong> Theilung) 110<br />

6 Die Zeit 1891 – 1917 (Verköppelung <strong>und</strong> vor dem Krieg) 130<br />

7 Die Zeit 1918 – 1932 (Zwischen den großen Kriegen) 155<br />

8 Die Zeit 1933 – 1949 (Der II. Weltkrieg) 190<br />

9 Die Zeit 1950 – 1960 (Aufbau <strong>und</strong> Entwicklung) 235<br />

10 Die Zeit 1961 – 1973 (Landwirtschaft <strong>und</strong> Wochenendgebiet) 270<br />

11 Die Zeit 1974 – 1987 (Erholungsort <strong>und</strong> Dorferneuerung) 305<br />

12 Die Zeit 1988 – 2007 (Vor <strong>und</strong> nach dem Jahr 2000) 340<br />

13 Die Zeit 2008 – 2011 (<strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> Tourismus ) 390<br />

14 Die Zeit 2012 – heute (Die Gegenwart) 420<br />

B Ortsdaten, N<strong>am</strong>en, Listen, Erklärungen (mit Bildern, Zeichnungen <strong>und</strong> Karten)<br />

1 <strong>Mardorf</strong> <strong>und</strong> das <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> (Daten, Zahlen, Statistik, Karten) 1<br />

2 Flurn<strong>am</strong>en (A – Z / Karte mit Suchsystem) 9<br />

3 Straßen im Dorf <strong>und</strong> <strong>am</strong> Nordufer (A – Z / Karte mit Suchsystem) 11<br />

4 Alte Hausnummern (Nr.1-662 / Hofn<strong>am</strong>en u. neue Adressen) 14<br />

5 Neue Adressen (A – Z / alte Hausnummern <strong>und</strong> Nutzer) 28<br />

6 N<strong>am</strong>ensliste (A. – Z / nur für <strong>Mardorf</strong>) 51<br />

7 Ämter <strong>und</strong> Wahlen (chronologisch 1580 bis heute) 67<br />

8 Kalender, Währungen, Maße <strong>und</strong> Gewichte (historisch) 73<br />

9 Betriebe, Tourismus <strong>und</strong> Stege N (A – Z / nur für <strong>Mardorf</strong>) 80<br />

10 Begriffe <strong>und</strong> Erklärungen (A – Z / schell herausgef<strong>und</strong>en) 90<br />

C Das <strong>Mardorf</strong>er Platt (auf Gr<strong>und</strong>lage des Wörterbuchs von 03.2003 wesentlich ergänzt)<br />

1 a Inhalt 2<br />

1 b Aussprache (Vokale <strong>und</strong> Konsonanten) 3<br />

1 c Die Niederdeutsche Sprache (Geschichtliche Entwicklung) 5<br />

1 d Kurzgr<strong>am</strong>matik 8<br />

1 e Verben 11<br />

1 f Sprachliche Vergleiche (mit verwandten Sprachen) 13<br />

2 Wörterbuch Plat – Deutsch (A – Z) 20<br />

3 Wörterbuch Deutsch – Plat (A – Z) 81<br />

4 <strong>Mardorf</strong>er <strong>Geschichte</strong>n <strong>und</strong> Sagen (döönken un saagen) 145<br />

3


Quellenverzeichnis<br />

Adressbücher<br />

Archive<br />

Beckedorf, Hermann<br />

Gemeinde <strong>Mardorf</strong> <strong>und</strong> Stadt Neustadt <strong>am</strong> Rübenberge<br />

Bahlsen Hannover<br />

Evangelisch – lutherisches Pfarr<strong>am</strong>t in Schneeren<br />

Historiae Westfalicae<br />

F<strong>am</strong>ilie Hübotter Hannover<br />

Imperial War Museum London<br />

Landwirtschaftliche Brandkasse Hannover<br />

Stadt Neustadt <strong>am</strong> Rübenberge<br />

Steinhude<br />

Burchard, Max Bevölkerung Fstm. Calenberg – Göttingen (1686/1689)<br />

Carl – <strong>Mardorf</strong>, Wilhelm<br />

Auszüge aus vielen <strong>seiner</strong> Heimatbücher<br />

Chroniken in <strong>Mardorf</strong> Schützenverein <strong>Mardorf</strong> (1977, 1987, 2002) / TSV <strong>Mardorf</strong> (1986)<br />

Dankenbring, Friedrich <strong>Mardorf</strong>er Chronik (1997), F<strong>am</strong>ilienchroniken (nach 1960), Wörterbuch –<br />

<strong>Mardorf</strong>er Platt (2003), persönliche Unterlagen <strong>und</strong> Digitalchronik (ab 2000).<br />

Dannenberg, Helmut <strong>Mardorf</strong> Chronik (1973)<br />

Dorfgemeinschaft <strong>Mardorf</strong><br />

F<strong>am</strong>ilie<br />

Heimatverein<br />

Hodenberg, W., Frhr. von<br />

Verschiedene Veröffentlichungen <strong>und</strong> Unterstützung<br />

Unterstützung durch persönliche Hilfe <strong>und</strong> Geduld<br />

Rehburg<br />

Calenberger Urk<strong>und</strong>enbuch<br />

Hübner, Werner, Dr. Rehburg – <strong>Geschichte</strong> einer kleinen Stadt (1966)<br />

Hueg, Adolf Dorf- <strong>und</strong> Bauerntum (1939)<br />

Keull, Susanne<br />

Entwicklung Agrarraum <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong><br />

Kohlmann, Brigitte <strong>Mardorf</strong> – Schriftliche Umsetzung der Chronik (1997)<br />

L<strong>und</strong>e, Friedrich<br />

<strong>Mardorf</strong>er Mitbürger<br />

Pastor – Kirchengemeinde Schneeren – <strong>Mardorf</strong><br />

Unterstützung durch ihren Erinnerungen <strong>und</strong> F<strong>am</strong>ilienaufzeichnungen<br />

Meyer, L. Philipp Pastoren der Landeskirche seit der Reformation (1942)<br />

Munk, Heinrich<br />

Nortmeier, Wilhelm<br />

Niedersächsisches<br />

Niedersächsisches<br />

Niedersächsische<br />

Niedersächsisches<br />

Stadthagen (persönliche Aufzeichnungen)<br />

<strong>Mardorf</strong> Nr.90 (persönliche Aufzeichnungen)<br />

Freilichtmuseum Cloppenburg<br />

Hauptstaatsarchiv Hannover<br />

Landesbibliothek Hannover<br />

Ochwadt, Curd <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> (1967)<br />

Ortschroniken<br />

Ortsrat <strong>Mardorf</strong><br />

Landesverwaltungs<strong>am</strong>t / Landes<strong>am</strong>t für Bezüge <strong>und</strong> Versorgung Hannover<br />

Schneeren, Stöckse / Wenden, Hagen, Rehburg<br />

Unterstützung<br />

Peters / Schlupp Dorferneuerung <strong>Mardorf</strong> (1984)<br />

Realgemeinde <strong>Mardorf</strong><br />

Reumann, Karsten<br />

Stadtbibliotheken<br />

<strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> Tourismus<br />

Westfälisches<br />

Zeitungs-Notizen<br />

<strong>Mardorf</strong> in alten Photographien (1984)<br />

Unterstützung<br />

<strong>Mardorf</strong><br />

Hannover <strong>und</strong> Neustadt a.Rbge.<br />

Die SMT GmbH als Begleiter von www.mardorf.de<br />

Freilichtmuseum Detmold<br />

Leinezeitung Neustadt a.Rbge. <strong>und</strong> Neustädter Zeitung<br />

Stadtanzeiger Wunstorf<br />

4


A1<br />

Urzeit bis 1170 nach Christi Geburt<br />

Vor 13,7 Mrd. Jahren Urknall mit Ausdehnung <strong>und</strong> Bildung unseres Sonnensystems u. a. mit der Urerde.<br />

Vor 4,5 Mrd. Jahren entsteht bei Kollision der Protoerde „Gaia“ mit dem Protoplaneten „Theia“ der Urmond.<br />

Vor 4 Mrd. Jahren im Hadaikum entsteht der Urozean, eine erste feste Erdkruste (Gneis) <strong>und</strong> erstes Leben.<br />

Vor 3,6 Mrd. Jahren (Archaikum) entstehen Einzeller u. a. Blaualgen (Cyanobakterien). Photosynthese bildet<br />

ersten Sauerstoff. Erste Festlandskerne (Kratone) bewegen sich aufeinander zu.<br />

Vor 3,5 Mrd. Jahren formt sich der erste (?) Kontinent „Ur“ (<strong>am</strong> Äquator) <strong>und</strong> vor 2,7 Mrd. Jahren der (?) erste<br />

Superkontinent „Kenorland“ (mit Ur-Europa) auf der Südhälfte der Erde, nahe dem heutigen<br />

Südpol – Beginn der Plattentektonik.<br />

Vor 2,4 Mrd. Jahren (im Proterozoikum - Erdfrühzeit) entstehen Vielzeller <strong>und</strong> Pilze! Die Erde kühlt sich ab <strong>und</strong><br />

die erste weltweite Vereisung (Huronische Kaltzeit – 2,1 Mrd.). Am Ende entsteht der neue (?)<br />

Superkontinent „Columbia“ (= „Nuna“ mit Teilen aller heutigen Kontinente, aber Zerfall bis 1,3 Mrd.)<br />

auf der Südhalbkugel.<br />

Vor 1,8 Mrd. Jahren wird „Nena“ aus „Arctica“ <strong>und</strong> „Baltica“ gebildet (– 1,26 Mrd.). Vor 1,4 Mrd. Jahren sind<br />

Rotalgen <strong>und</strong> Einzeller mit Zellkern vorherrschend.<br />

Vor 1,1 Mrd. Jahren bildet sich der neue Superkontinent „Rodinia“ (– 800 Mio.) mit „Laurasia“ (u. a. Nena)<br />

nördlich des Äquators <strong>und</strong> „Gondwana“ (– 150 Mio.) auf der Südhalbkugel. Alles umgeben vom<br />

Ozean „Mirovia“. Nördlicher Teil von „Gondwana“ ist (700-480 Mio.) „Avalonia“ (u. a. mit<br />

Norddeutschland).<br />

Vor 735 Mio. Jahren beginnt eine erneute weltweite Vereisung in 2-3 großen Schüben (Sturtische-,<br />

Marinoische-<strong>und</strong> Gaskiers-Kaltzeit / – 580 Mio.). Vor 600 Mio. Jahren (Warmzeit) entsteht der<br />

Superkontinent „Pannotia“ (aus „Laurasia, Gondwana“) <strong>am</strong> südl. Polarkreis. Bis 540 Mio. Zerfall u.<br />

a. in Gondwana <strong>und</strong> Laurasia.. Vielzeller (später Trilobiten) beherrschen die Welt.<br />

Vor 542 Mio. Jahren (K<strong>am</strong>brium / Globus rechts) beginnt das Erdaltertum<br />

(Paläozoikum) mit allmählichem Temperaturanstieg (über<br />

dem Boden schon 21°C). Der Sauerstoffgehalt pendelt bei<br />

12 %, der Kohlendioxidwert liegt aber noch 16x höher als<br />

heute bei 4.500 ppm. Kein Leben auf dem Land („Laurasia,<br />

Gondwana“) aber schon Fische im „Thetys“-<strong>Meer</strong>.<br />

Vor 480 Mio. Jahren bricht „Avalonia“ von „Gondwana“ ab, kollidiert nördl. des Äquators mit „Baltica“. Das Klima<br />

ist vor 470 Mio. Jahren tropisch feucht <strong>und</strong> sehr heiß. 20 Mio. Jahre später gibt es eine neue<br />

Vereisungsphase („Anden-Sahara“). Vor 443 Mio. Jahren (Silur) Vereinigung zum Großkontinent<br />

„Laurentia“. Die Südhalbkugel ist total vereist <strong>und</strong> es folgt ein globales Massenaussterben.<br />

Vor 400 Mio. Jahren setzt sich wieder schwül-warmes Klima durch <strong>und</strong> Amphibien erobern das Land<br />

(Devon/Karbon). Die Norddeutsche Tiefebene ist Vorland-Senkungsgebiet („Saumtiefe“ vor den<br />

Mittelgebirgen) unter einem tropischen Flachwasser-Korallenmeer. Vor 360 Mio. Jahren ist die<br />

Karoo-Kaltzeit (-260 Mio.) auf der südl. Erdhälfte.<br />

Vor 350 Mio. Jahren entsteht der Harz. Im davor gelegenen Norddeutschen Flachmeer gibt es maritime<br />

Ablagerungen (Kalk, Sandstein, Tonschiefer). Statt Kohle bildet sich hier vorwiegend Erdgas <strong>und</strong><br />

Erdöl. Der Sauerstoffgehalt der Luft erreicht den Rekordwert von 32,5 %. Vor 300 Mio. Jahren<br />

entsteht der letzte Superkontinent „Pangea“ mit Eurasien (u. a. Niedersachsen) auf der<br />

Nordhalbkugel (vor 150 Mio. beginnt der Zerfall in heutige Kontinente).<br />

Vor 280 Mio. Jahren (Perm) ist Norddeutschland ein salzhaltiges tropisches Flachmeer. Im folgenden<br />

„Wüstenklima“ Verdunstung <strong>und</strong> Entstehung von über 1.000 m mächtigen Kalisalz- <strong>und</strong><br />

Zechsteinschichten. Heute 150 – 1500 m tief unter dem Gebiet von Bokeloh <strong>und</strong> <strong>Mardorf</strong> bis<br />

Husum. Unter dem <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> liegt diese Schicht aber bis zu 3000 m tiefer.<br />

Vor 251 Mio. Jahren (Trias / Globus rechts) im Erdmittelalter (Mesozoikum)<br />

gibt es in Westsibirien einen verheerenden<br />

Vulkanausbruch, der zum größten Massenaussterben (90<br />

%) aller Zeiten führt. Bis vor 230 Mio. bilden sich im<br />

norddeutschen Flachmeer B<strong>und</strong>sandstein- <strong>und</strong><br />

Muschelkalkschichten. Es werden auch Ton <strong>und</strong> Mergel<br />

abgelagert (in <strong>Mardorf</strong> besonders im nordöstlichen<br />

Dorfgebiet – Mergelgr<strong>und</strong>, Lehmkuhle, Alte Lehmkuhle).<br />

5


Bis vor 210 Mio. Jahren fällt das Flachmeer immer öfter trocken <strong>und</strong> es bleibt „sandwüstenartiges“ Flachland<br />

zurück (heute u. a. Lüneburger Heide <strong>und</strong> Teile <strong>Mardorf</strong>s). Die Senkung Norddeutschlands hält an.<br />

Vor 199,6 Mio. Jahren (Jura) steht das subtropische Europa wieder unter Wasser. Es entsteht die heutige<br />

Ölschiefer-Schicht <strong>und</strong> erste Säugetiere, Dino- <strong>und</strong> Flugsaurier (Tawa Hallae) sowie Vögel<br />

haben sich entwickelt. Vor 161 Mio. im Malm (heller Kalk/Mergel) reicht die norddeutsche Küste<br />

noch bis zum Nordharz. Vor 160 Mio. kollidiert ein Asteroid mit dem „Baptistina“-Asteroiden.<br />

Bruchstücke treffen später die Erde.<br />

Vor 145,5 Mio. Jahren (Kreide) trennt der neu entstehende Atlantik allmählich Nord<strong>am</strong>erika von Europa <strong>und</strong> es<br />

entsteht Steinkohle (u. a. Beckedorf bis Deister) <strong>und</strong> witterungsbeständiger „Wealden“-Sandstein.<br />

Darin hinterlassen Riesensaurier Spuren bei Münchehagen (Steinbruch <strong>und</strong> Dinopark). Das durch<br />

Aufwölbung von Malm-Salzen nach oben gedrückte Festgestein der Rehburger Berge (eigentlich<br />

ein „Sattel“) hält der späteren Verwitterung stand <strong>und</strong> umgibt heute die „kesselartige“ Sinke bei<br />

Wiedenbrügge-Schmalenbruch – „Reliefumkehr“. Norddeutschland hebt sich <strong>und</strong> Festland dehnt<br />

sich aus. Zurück bleibt ein großer zentraler Brackwassersee – das „Niedersächsische Becken“.<br />

An dessen Südrand ist das Gebiet des späteren <strong>Mardorf</strong>.<br />

Vor 120 – 80 Mio. Jahren ist extremer Vulkanismus im Pazifik. Weltklimaänderung mit erneutem Anstieg des<br />

<strong>Meer</strong>esspiegels +300 m (Überflutung Norddeutschlands <strong>und</strong> Bildung von Kalkstein <strong>und</strong><br />

Feuersteinknollen). Bildung der „Externsteine“ bei Detmold.<br />

Vor 65,5 Mio. Jahren (Beginn der Erdneuzeit – Känozoikum / früher auch Beginn Tertiär) schlägt ein Trümmerteil<br />

(vom Asteroiden „Baptistina“ - 10 km groß) in Yucatan (Mexico) ein. Die Katastrophe (200 km<br />

Krater, Erdbeben, Tsun<strong>am</strong>is, Schwefelsäurewolken, Kälte) führt zum massenhaften Aussterben<br />

von 2/3 der Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten (u. a. alle Großsaurier). Die kleinen (haarigen) Säugetiere<br />

bekommen ihre Chance, vor allem in Walgebieten. Ab 55,8 Mio. besiedeln Säuger die Bäume.<br />

Weltweit wird es wärmer <strong>und</strong> feucht (Bernstein-Bildung). Island entsteht.<br />

Um 58,7 Mio. Jahren kommt es zu einem dr<strong>am</strong>atischen Temperaturanstieg in nur<br />

1.000 Jahren. Vor 50 Mio. Jahren gilt die ges<strong>am</strong>te Erdoberfläche als<br />

eisfrei – der <strong>Meer</strong>esspiegel ist 70 m höher! Purgatorius (Zeichnung rechts)<br />

gelten als früheste (?) Primaten. Vor 47 Mio. Jahren gibt es erste<br />

Primaten (Trockennasenaffen als Vorläufer der Affen <strong>und</strong> Hominiden).<br />

Der Leinegraben (Tal der oberen Leine als Teil einer Norddt. Bruchlinie der Erdkruste – „Westeur.<br />

Riftsystem“) entsteht an der Grenze zwischen den Ost- <strong>und</strong> Westschollen Europas.<br />

Vor 40,4 Mio. Jahren ist der Himalaya entstanden. Um 37,2 Mio. beherrscht der Riesenlaufvogel Diatryma<br />

große Gebiete der Erde <strong>und</strong> Urpferde entwickeln sich.<br />

Vor 33,9 Mio. Jahren reicht die Nordsee noch bis zum Harz <strong>und</strong> die jungen Alpen bilden sich. Vor 33,5 Mio.<br />

Jahren beginnt die aktuelle „Känozoische Kaltzeit“ (beide Pole vereisen völlig).<br />

Vor 33 Mio. Jahren erscheinen unter den Altweltaffen erste menschenartige Menschenaffen (noch als<br />

gemeins<strong>am</strong>e Vorfahren)! Vor 27,8 Mio. Jahren ist der größte Vulkanausbruch aller Zeiten:<br />

„LaGarita-Caldera“ (Colorado, USA).<br />

Vor 23,03 Mio. Jahren gibt es in Europa große trockene Steppen- <strong>und</strong> Savannengebiete mit vielen Großsäugern<br />

<strong>und</strong> um 20 Mio. erste Wölfe <strong>und</strong> kleine Pferde. Um 14,4 Mio. trifft ein Meteorit das Nördlinger<br />

Ries.<br />

Vor 10 Mio. Jahren entwickelt sich der Vormensch (Trennung vom Gorilla). Weltweit ist es warm <strong>und</strong> einige<br />

Menschenaffen lernen den aufrechten Gang (in Afrika vor 7-6 Mio. Sahelanthropus – Foto rechts /<br />

6,2-5,65 Mio. Orrorin). Vor 6 Mio. Jahren trocknet das Mittelmeer für 10.000 Jahre aus!<br />

Vor 5,3 Mio. Jahren breiten sich in den Steppen erste Gräser aus. Endgültige Trennung von Mensch <strong>und</strong> Affe<br />

(Schimpanse)! Vor 4,4 Mio. gibt es in Ostafrika (Äthiopien) erste aufrecht gehende Hominiden<br />

(Ardipithecus / Größe über 1 m <strong>und</strong> Gewicht um 50 kg). Vor 4,2-2,4 Mio. bildet sich die<br />

<strong>am</strong>erikanische Landbrücke <strong>und</strong> der Golfstrom entsteht. Vor 4-2,9<br />

Mio. gibt es den Australopithecus Afarensis in Ostafrika.<br />

Vor 3,6 Mio. Jahren gibt es eine weltweite Abkühlung (seit 2,7 Mio. aber stetiger<br />

Rückgang des Arktis-Eises). Vor 2,4 Mio. ist im nördlichen Europa<br />

die Brüggen-Kaltzeit <strong>und</strong> vor 2,3 Mio. Prätegelen-Kaltzeit durch die<br />

Festlandgletscher.<br />

(Zeichnung AKG – aufrechter Gang)<br />

Vor 2,588 Mio. Jahren <strong>am</strong> Beginn des Eiszeitalters (Pleistozän / Quartär) <strong>und</strong> der Ältesten Altsteinzeit<br />

(Altpaläolithikum in Afrika bis 250.000 / Beginn in Mitteleuropa später) erscheint in Afrika der Homo<br />

Rudolfensis (-2,3 Mio. / aber noch mit einfachen Schlaggeräten <strong>und</strong> Steinwerkzeugen).<br />

6


Vor 2,1 Mio. Jahren ist die Tegelen-Warmzeit im nördlichen Europa (-1,6 Mio.). Um 2 Mio. gibt es im Yellowstone<br />

(WY, USA) einen 1. Supervulkan-Ausbruch mit weltweiten Klimaverschlechterungen.<br />

Vor 2 Mio. Jahren gibt es in Afrika den ersten Frühmenschen (-1,8 Mio. Australopithecus Sediba / Größe um<br />

1,30 m). Vor 1,9-1,4 Mio. tritt dort der Homo Ergaster auf <strong>und</strong> vor 1,8-1,44 Mio. der Homo Habilis.<br />

Vor 1,8 Mio. bis vor 40.000 baut der Homo Erectus zunächst noch in Afrika, später dann auch in<br />

Asien <strong>und</strong> südlichen Europa z. T. schon einfache Hütten, nutzt das Feuer <strong>und</strong> gebraucht<br />

Werkzeuge.<br />

Vor 1,6 Mio. Jahren kommt die Eburon-Kaltzeit über Nordeuropa (bis um 1,3 Mio.). Zu der Zeit gibt es im<br />

Yellowstone (WY, USA) einen 2. Supervulkan-Ausbruch mit weltweiten Klimaveränderungen <strong>und</strong><br />

den Beginn der Waal-Warmzeit (bis 900.000).<br />

Seit 1,2 Mio. Jahren siedelt der Homo Erectus auch in<br />

Mitteleuropa (bis 800.000 z. B. schon zwischen<br />

Main <strong>und</strong> Thüringen). Vor 1 Mio. Jahren beginnt<br />

der Bavel-Warmzeit-Komplex (-700.000) <strong>und</strong> vor<br />

900.000 Jahren (-800.000) die Menap-Kaltzeit im<br />

nördlichen Europa.<br />

(Zeichnung J.Sibbicki – Mitteleuropa vor 900.000 Jahren)<br />

Vor 850.000 Jahren Beginn des Cromer-Warmzeit-Komplex<br />

mit 3 Kalt- <strong>und</strong> 4 Warmzeiten in Mitteleuropa. Ab<br />

790.000 Hüttenbau <strong>und</strong> Sprachentwicklung des<br />

Homo Erectus. Um 630.000 ist im Yellowstone (NP, Wyoming, USA) der 3.Supervulkan-Ausbruch<br />

mit weltweiten Klimaveränderungen.<br />

Vor 600.000 Jahren trotzt in Mitteleuropa der Homo Heidelbergensis (– 200.000 / später der Homo<br />

Neandertalensis – 25.000) den schwierigen Witterungsverhältnissen.<br />

Erst vor 500.000 Jahren beginnt in Mitteleuropa die Altsteinzeit (in Südeuropa schon seit 1,2 Mio.) mit der<br />

Achaleen-Kultur (bis 100.000 „Faustkeile“). Das Gebiet zwischen den großen norddeutschen<br />

Urstromtälern (mit Fließrichtung von SO nach NW) nördlich des späteren <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es<br />

zwar nicht direkt in Gletschernähe, aber trotzdem unwirtlich <strong>und</strong> karg. Es gibt hier keine Vegetation<br />

<strong>und</strong> kaum schützende Höhlen, dafür aber schon Jäger mit ersten „Wurfspeeren“ (Schöningen).<br />

Vor über 400.000 J. reicht die Elster-Kaltzeit (-320.000) mit 2 Vorstößen (-340.000) bis ans Weserbergland<br />

(Karte weiter unten: grüne Linie 1.). Große <strong>und</strong> viele kleine (-1 Mio. Jahre alte) Granit-Findlinge aus<br />

Skandinavien (viele Mittel-Schweden, auch Norwegen) verbleiben um <strong>Mardorf</strong> (Fotos unten:<br />

Davidstein <strong>und</strong> Goliathstein). Die Gletscherränder haben eine Höhe von 500-2.000 m.<br />

Der Davidstein an der Weißen Düne (1986) Der Goliathstein <strong>am</strong> Nethelnberg (2010)<br />

Vor 370.000 Jahren beginnt die Holstein-Warmzeit (-250.000). Vor 350.000 hat sich der Homo Sapiens in Afrika<br />

entwickelt. Er jagt, lebt in Hütten <strong>und</strong> gebraucht ab 300.000 zielgerichtet das Feuer (Pyrit,<br />

Feuerstein, Holzstäbe). Er kommt vor 150.000 Jahren über Kleinasien bis nach Südost-Europa.<br />

Vor 300.000 Jahren Beginn des Saale-Kaltzeit-Komplexes (-130.000 / Karte weiter unten: rote Linie 2.) mit 4<br />

Kalt- <strong>und</strong> 3 Warmzeiten. Vor 230.000 Jahren beginnt die größte Ausdehnung des Gletschereises.<br />

Vor 210.000 Jahren erreicht die Saale-Kaltzeit mit der „H<strong>am</strong>elner <strong>und</strong> Rehburger Phase“ von Nordosten unser<br />

Gebiet (Granit-Findlinge). Das „Leine-Urstromtal“ mündet deshalb vorübergehend südlich vor<br />

Nienburg in die Weser, die d<strong>am</strong>als noch 50 km weiter westlich entfernt über die Hunte <strong>und</strong> erst<br />

hinter Bremen ihre Mündung (östlich der Ems) in einen riesigen Gletscherstausee erreicht.<br />

7


Vor 200.000 Jahren zum Ende der Saale-Kaltzeit (in deren letzten Warmzeit) sind Rentierjäger auch in der<br />

Gegend <strong>am</strong> <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> (Altsteinzeit-Lager-F<strong>und</strong>: Hohes Holz bei Großenheidorn) unterwegs.<br />

Menschlicher „Werkplatz“ <strong>am</strong> „Giebichenstein“ (ca. 330 to. – benannt nach dem „Zwergenkönig<br />

Geweke/Giebich“) bei Stöckse. Es entsteht das Becken des späteren <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es in einer<br />

Ebene des „pleistozänen“ Flachlandes zwischen den großen Urstromtälern von Leine/Aller <strong>und</strong><br />

Weser/Hunte. Es hat über den Ur-<strong>Meer</strong>bach bei Nienburg Anschluss an diese Urströme. Alle<br />

norddt. Flüsse werden noch durch die Gletscherbarriere nach Westen abgelenkt.<br />

Später soll nach einer (nicht nachweisbaren) Theorie an der Stelle des heutigen scharfen Knicks<br />

nach Westen im Süden Nienburgs (kurz vor der Wesermündung) der <strong>Meer</strong>bach weiter nach<br />

Nordosten geflossen <strong>und</strong> bei Rethem in die Aller gemündet sein. Seinem ? früheren Verlauf folgt<br />

heute der „Schipsegraben“.<br />

Vor 128.000 Jahren in der folgenden Eem-Warmzeit (-115.000) kommt es zur Sedimentbildung (Mudde) in den<br />

Vorgängerseen des heutigen <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es (noch heute Reste im Boden).<br />

Vor 127.000 Jahren Mittlere Altsteinzeit<br />

(Mittelpaläolithikum bis<br />

37.000) mit einfacher Stein-<br />

„Abschlagkultur“. Micoquien<br />

<strong>und</strong> Mousterien-Kulturen (-<br />

40.000). F<strong>am</strong>ilien verbinden<br />

sich zu (weiterhin)<br />

nomadisierenden Horden.<br />

Vor 115.000 Jahren bringt der Weichsel-<br />

Kaltzeit-Komplex (-10.700<br />

/ Karte rechts: gelbe Linie 3.)<br />

vorübergehend Stillstand in<br />

die hiesige menschliche<br />

Entwicklung. Die Nordsee<br />

ist bis 125 m Tiefe<br />

ausgetrocknet.<br />

Vor 74.000 Jahren explodiert der<br />

Supervulkan „Toba“ auf<br />

Sumatra. Die „Caldera“ ist<br />

100x30 km groß. Infolge<br />

des globalen „Vulkanischen Winters“ kommt es zur Abkühlung um bis zu 10° über 5-10 Jahre.<br />

Die weltweiten Klimaverschlechterungen (u. a. verstärkt sich die mittlere Weichsel-Kaltzeit 66.500-<br />

24.000). Der Homo Sapiens stirbt fast aus. Es ist aber auch der Beginn der Kleidungsherstellung!<br />

Kulturell sind die Blattspitzen-Gruppen (50.000-35.000) in Europa bestimmend.<br />

Vor 45.000 Jahren trifft der Homo Sapiens (bis 35.000 / später „Cro Magnon“) auf seinem Weg nach<br />

Mitteleuropa in Vorderasien auf dort lebende „Neandertaler“ (bis 2,4 % Vermischung) <strong>und</strong> gelangt<br />

schließlich bis an die Eisgrenze. Er ist leichtfüßig, Nomade <strong>und</strong> zählt zum „Handspitzen-<br />

Schaberkreis“. Hier begegnet er dem ansässigen (aber isolierten) Homo Neandertalensis. Dieser<br />

ist robust <strong>und</strong> ca. 1,70 m groß <strong>und</strong> ernährt sich als Jäger fast nur von Fleisch; ist überwiegend<br />

sesshaft (Höhlen <strong>und</strong> an Felswänden), glaubt an einen Gott <strong>und</strong> beerdigt seine Verstorbenen in<br />

aufwendigen Grabstätten. Dennoch stirbt seine Art bis vor 35.000 endgültig aus. Vor ca. 40.000<br />

Jahren beginnt die Domestizierung des Wolfes.<br />

Vor 37.000 Jahren Beginn der Jüngere Altsteinzeit (Jungpaläolithikum -10.000) <strong>und</strong> die Aurignacien-Kultur<br />

(35.000-28.000 / Höhlenmalereien) kommt aus dem südwestlichen Europa. Vor 28.000 Jahren<br />

blüht die Gravettien-Kultur (-21.000) bis ins mittlere Europa. Vor 21.000 Jahren ist „Glaziales<br />

Maximum“ in der Weichsel-Kaltzeit.<br />

Vor 20.000 Jahren (in der oberen Weichsel-Kaltzeit) erstreckt sich eine eiszeitliche (nicht vergletscherte) insel<strong>und</strong><br />

t<strong>und</strong>renartige Moräne (mit Permafrost) von der (späteren) Düsselburg-Rehburg, über <strong>Mardorf</strong><br />

<strong>und</strong> Schneeren (auch Gr<strong>und</strong>moränen) nach Norden, endet <strong>am</strong> Aller-Urstromtal bei Steimbke<br />

<strong>und</strong> reicht als Höhenzug nach Westen bis ins Emsland. Die Endmoränen der "Rehburger Phase“<br />

(vor 210.000 Jahren) sind beim Abschmelzen des Gletschereises <strong>am</strong> südlichen Gletscherrand als<br />

vorher aufgeschobene End- oder Stauchmoränen zurückgeblieben. Später werden diese<br />

Hügelketten mit Sand überweht. Die d<strong>am</strong>als vorherrschende Windrichtung ist Ost-Südost.<br />

Vorübergehende Besiedlung wäre klimatisch möglich gewesen.<br />

Vor ca. 19.000 Jahren wird der „Speerwerfer“ (Hilfe) „Atlatl“ entwickelt – infolge dessen auch Bogen <strong>und</strong> Pfeil.<br />

8


Vor 16.000 Jahren erlebt Norddeutschland im „Hochglazial der Weichsel-Kaltzeit“ einen neuen Kälte-Tiefpunkt.<br />

Vor 15.000 Jahren wird die Kultur in dieser noch fast baumlosen Steppenlandschaft bestimmt von der aus<br />

Nordwesten kommenden „H<strong>am</strong>burger-Gruppe“(-14.000) <strong>und</strong> der Magdalenien-Kultur (-11.500), die<br />

aus Südwesten vorrückt.<br />

Es entstehen an der nördlich des (Ur-) <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es gelegenen Endmoräne die (Binnen-)<br />

Sanddünen (bei <strong>Mardorf</strong> u. a.: die Weißen Berge, der Poggendieksberg, der Weiße Berg,<br />

Diepholzberge <strong>und</strong> die Schwarzen Berge). Die Niederung ist<br />

d<strong>am</strong>als noch ein großes Wasser- u. Sumpfgebiet. Die Dünen sind<br />

vorwiegend Wanderdünen mit Nord-Richtung <strong>und</strong> z. T. noch bis<br />

unsere Zeit in Bewegung. Das Verteilungsgebiet besteht aus 3<br />

Hauptbereichen (siehe Übersichtskarte unten).<br />

Selbst die relativ kleine Düne des „Poggen“ hat noch nach der<br />

Bildung des Niedermoores „Torfbergswiesen“ (bis vor 7.000<br />

Jahren) <strong>am</strong> östlichen heutigen Dorfrand Sand darüber geweht<br />

(Foto rechts: 2012 wieder als helle Schicht sichtbar beim Aushub des<br />

Regenrückhalteraums „Kaarbuschweg – Blickrichtung zum „Poggen“).<br />

An der Uferlinie des sich bildenden <strong>Meer</strong>es werden erste kleine<br />

Sandstrände hinterlassen. Statt gutem Lößboden bleibt aber um<br />

<strong>Mardorf</strong> <strong>am</strong> Ende der Eiszeiten nur Sand, Kies <strong>und</strong> Geröll zurück.<br />

Dünen um <strong>Mardorf</strong>:<br />

Das <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>:<br />

Eine Legende besagt, dass es vor langer Zeit noch Riesen auf den Bergen im Grinder Wald gab. Unter Kiefernwurzeln lebten<br />

aber auch Zwerge. Sie spielten den Hünen oft einen Schabernack. Dabei geriet einer der Riesen einmal in große Wut <strong>und</strong> die<br />

Zwerge mussten fliehen. Doch kaum hatten sie den Wald hinter sich gelassen, wurden sie auch schon entdeckt. Ärgerlich<br />

st<strong>am</strong>pfte der Riese sie mit seinem Stiefelabsatz tief in den Boden. Dadurch entstand ein großes Loch, das sich mit den Tränen<br />

der Zwerge füllte. Es wurde später das <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> genannt. Der Riese hatte auch Sand in den Stiefel bekommen. Er<br />

schüttete ihn vor sich aus <strong>und</strong> so entstand der Weiße Berg.<br />

9


(Foto: Der Weiße Berg ist noch nach 1975 als Wanderdüne erkennbar)<br />

Ein anderer Riese mit N<strong>am</strong>en „Goliath“ wollte der Stärkste <strong>und</strong> Mächtigste sein<br />

im ganzen Lande. Eines Tages stand er auf dem „Brunnenberg“ in den<br />

Rehburger Bergen <strong>und</strong> hatte einen großen Stein in der Hand. Als er ihn gerade<br />

fortwerfen wollte, stand plötzlich ein kleiner Junge vor ihm mit dem N<strong>am</strong>en<br />

„David“. Er fragte: „Darf ich mit werfen?“ Höhnisch lachte der Riese <strong>und</strong><br />

dachte: „Na, dich werde ich schon kriegen.“ David suchte schnell einen Stein<br />

<strong>und</strong> es konnte losgehen. Ein Schwung <strong>und</strong> die Steine flogen durch die Luft.<br />

Doch Goliaths Stein flog nur bis zum „Nethelnberg“ (Lütjen <strong>Mardorf</strong>), während<br />

der von David es bis zur Weißen Düne schaffte. Über diesen misslungenen Wurf<br />

war der Riese sehr ärgerlich. Er nahm sein Schwert <strong>und</strong> schlug den großen Stein mitten durch. So wurde der viel größere<br />

Goliathstein das erste Mal geteilt (nach 1900 wurde er durch Sprengungen noch kleiner).<br />

1952 aufgeschrieben von Magda Kliemek <strong>Mardorf</strong> Nr.194<br />

Eine andere Legende von Anwohnern um das <strong>Meer</strong> vermutet die Entstehung des <strong>Steinhuder</strong><br />

<strong>Meer</strong>es durch einen Erdfall, bei dem eine ganze Ortschaft mit Kirche <strong>und</strong> Glocken versank.<br />

Tatsächlich lebten vor über 140 Mio. Jahren Riesenechsen („Dinosaurier“) im<br />

Gebiet der heutigen Rehburger Berge. Viele Fußspuren sind bei Münchehagen (Foto<br />

„Dinopark“) im Sandstein erhalten geblieben.<br />

Die Forschung über die Entstehung des <strong>Meer</strong>es lässt mehrere Möglichkeiten zu:<br />

Das Becken des „(Ur-) <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es“ wird in der späten Weichsel-Kaltzeit (Dryas-T<strong>und</strong>renzeit – bis vor<br />

13.800 Jahren) mit Flusskies <strong>und</strong> -sanden vollkommen verfüllt (u. a. durch die eiszeitliche „Leine“ aus Thüringen<br />

kommend). Darunter im Dauerfrostboden verbleiben (z. T. durch kapillaren Aufstieg) Reste von Eismassen <strong>und</strong><br />

bilden Eislinsen (sogen. „Toteisblöcke“), die dann langs<strong>am</strong> im Laufe der Klimaerwärmung abschmelzen. Die<br />

Oberflächensande sacken in die bestehende Mulde nach. Ein oder mehrere kleine Flachseen sind entstanden.<br />

Frühere tektonische oberflächennahe Bewegungsvorgänge mit unterirdischen Einstürzen führten zum<br />

Entstehen dieser Mulde, die sich im Untergr<strong>und</strong> bis ca. 1.000 m Tiefe fortsetzt. Die Erdschichten <strong>und</strong><br />

Gesteinsverwerfungen darunter reichen z. T. in komprimierter Form noch bis ca. 3.000 m Tiefe. Kalisalz ist<br />

deshalb nur südlich <strong>und</strong> nördlich des <strong>Meer</strong>es abbaubar (z. Z. bis 1.500 m Tiefe).<br />

Das <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> (hell- bis dunkelblau zeigt die Ostverschiebung, überwiegend an der 40 m Höhenlinie/Geestkante).<br />

10


Seit fast 14.000 Jahren geht die allmähliche Verlandung <strong>und</strong> Verlagerung des <strong>Meer</strong>es von Westen (Rehburg)<br />

nach Osten: Dabei Verlandung im Westenmeer, d<strong>am</strong>it Verschl<strong>am</strong>mung besonders vor dem <strong>Meer</strong>bachtrichter <strong>und</strong><br />

geringfügige Ausdehnung im Ostenmeer, die aber durch die Sandbarrieren vor dem Toten Moor begrenzt wird.<br />

Das <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> ist ein Binnensee. In den ältesten Urk<strong>und</strong>en lateinisch „mare“ (<strong>Meer</strong>) genannt, wird im<br />

17.Jhd. in Norddeutschland das mittelalterliche niederdeutsche Wort „meri“ (für Teich oder See) durch das<br />

Hochdeutsche „mari“ (für <strong>Meer</strong> oder See) abgelöst. Beides steht im Sprachraum von Flandern bis Niedersachsen<br />

bis heute für ein Binnengewässer. In den Niederlanden wurde z. B. die „Zuiderzee“ als Teil der offenen Nordsee<br />

(das Hochdeutsch eigentlich „Nordmeer“ heißen müsste) durch den Abschlussdeich zum „Ysselmeer“.<br />

Bodenschichten der<br />

Sanderflächen im<br />

Geestgebiet (Auch große<br />

Teile nördlich des<br />

<strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es sind<br />

Geest. Eine Boden-<br />

Verbesserung ist nur<br />

durch aufbrechen <strong>und</strong><br />

düngen möglich)<br />

Vor 14.400 (bis 9.000) Jahren gedeihen in dieser Gegend schon erste Weiden, Birken <strong>und</strong> Kiefern.<br />

Vor 13.800 Jahren endet die älteste T<strong>und</strong>renzeit (Dryas) mit der Alleröd-Warmzeit, die vor 13.590 Jahren in die<br />

ältere T<strong>und</strong>renzeit (-13.400) übergeht. In der jüngeren T<strong>und</strong>renzeit (Dryas / 12.730-11.700) erfolgt<br />

ein erneuter globaler „Kälterückfall“. Hervorgerufen evtl. durch die „Clovis-Kometen-Explosion“<br />

über Nord<strong>am</strong>erika (12.900 / Flächenbrände, Staubstürme, weltweite Erwärmung <strong>und</strong> dann wieder<br />

Abkühlung). Viele eiszeitliche „Mega-Säugetierarten“ sterben aus <strong>und</strong> menschliche Kulturen in den<br />

eisnahen „verwüsteten“ Gebieten verschwinden. Vor 12.000 Jahren üben hier die Federmesser-<br />

Gruppen (-10.700) kulturellen Einfluss aus. Die zurückweichenden Gletscher lassen die Ostsee<br />

entstehen.<br />

Vor 11.700 Jahren beginnt die Nacheiszeit („heutige Warmzeit“ in der noch andauernden Kaltzeit, das<br />

Holozän). Aus Nordosten hat die Bromme-Kultur (11.700-11.000) <strong>und</strong> die Spätpaläolith-Kultur<br />

(11.500-10.000) Einfluss. Menschen im Flachland bauen schon einfache Hütten, oft in Ufernähe<br />

<strong>eines</strong> Flusses oder Sees. Im nördlichen Bereich des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es kommt es jedoch vorerst<br />

immer nur zu einer zeitlich begrenzten Besiedlung.<br />

Vor 11.000 Jahren (-7.000) entstehen unabhängig vom<br />

<strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> erste kleine Niedermoore<br />

vorwiegend im Westen <strong>und</strong> Nordwesten von<br />

<strong>Mardorf</strong>, aber auch <strong>am</strong> östlichen heutigen<br />

Dorfrand (Torfbergswiesen, Bultgärten). Die<br />

Hochmoore bilden sich erst vor 3.700 Jahren. (2 Zeichnungen aus NWReisemagazin): 1. Faulschl<strong>am</strong>m<br />

setzt sich in Schmelzwasserseen ab. 2. Versumpfungsgebiete verlanden. 3. Abgestorbene Pflanzen vertorfen –<br />

Niedermoor entsteht. 4. Es bilden sich Erlen- <strong>und</strong><br />

Birkenbruchwälder. 5. Bruchwaldtorf entsteht (ca.<br />

7.000 v. Chr.). 6. Torfpolster ersticken die<br />

Bruchwälder, <strong>und</strong> abgestorbene Torfmoose<br />

vertorfen (ab 5.500 v. Chr.). Untere Schichten mit<br />

stark zersetztem Schwarztorf – obere Schichten mit<br />

schwach zersetztem Weißtorf.<br />

Sagen zum Moor finden sich im Kapitel C4 („Kiepenfrau – Hohokerl“, „Huckupp“, „Moorgeister“).<br />

Vor 10.700 Jahren (um 8700 bis 8000 vor Christi Geburt) kommt die Ahrensburger-Gruppe von Nordwesten auch<br />

bis in diese Gegend.<br />

Um 8.500<br />

Bis 8.200<br />

v. Chr. (vor 10.500 Jahren) entsteht die erste feste Besiedlung westlich des heutigen <strong>Mardorf</strong> in<br />

den Weißen Bergen in der Nähe der d<strong>am</strong>aligen Uferlinie des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es. Das hat zu der<br />

Zeit eine nördliche Bucht bis etwa zur Moorhütte <strong>und</strong> einen südlichen <strong>Meer</strong>esarm bis Steinhude.<br />

Die westliche Ur-Ausdehnung des <strong>Meer</strong>es hinter Rehburg ist schon größtenteils verlandet. Ebenso<br />

ist der südliche Bereich beim Hagenburger Moor nicht mehr als r<strong>eines</strong> Gewässer zu betrachten.<br />

Gleichzeitig geht aber die östliche Erweiterung weiter.<br />

v. Chr. (vor 10.200 Jahren) ist die Weichsel-Kaltzeit vorbei.<br />

11


Um 8.000<br />

Um 7.500<br />

Um 7.000<br />

Um 6.000<br />

v. Chr. beginnt die Mittelsteinzeit (Mesolithikum bis 5000 v. Chr.). Die Hasel (Busch) breitet sich<br />

aus. Die Mikrolithen-Kultur mit „Feingeräten“ hat ihre Blütezeit. Die Maglemose- (8000-6000) <strong>und</strong><br />

Beuronien-Kulturen (7700-5800) wirken aus Nordosten bis hierher. Nach dem katastrophalen<br />

Bruch des kanadischen Eisschildes (bis vor 2.000 v. Chr.) folgt eine weltweite Überflutung <strong>und</strong><br />

der Golfstrom kommt vorübergehend zum erliegen. Die biblische „Sintflut“ ist wohl diesem<br />

Ereignis zuzuordnen. Eine erneute Kaltzeit <strong>und</strong> die folgende mittlere Warmzeit (Atlantikum bis vor<br />

4000 v. Chr.) führen zum endgültigen Aussterben eiszeitlicher Tierarten (z. B. Wollhaarm<strong>am</strong>mut)<br />

<strong>und</strong> Menschen werden wieder kleiner (Größe ca. 1,55 m).<br />

v. Chr. werden die Sommer wieder wärmer <strong>und</strong> feuchter. Die Steppe wird zur T<strong>und</strong>ra. Eichen-<br />

Mischwälder mit Ulmen <strong>und</strong> Linden verdrängen (bis 6200 v. Chr.) Birken <strong>und</strong> Kiefern auf die<br />

Sand- <strong>und</strong> Moorflächen. Jäger <strong>und</strong> S<strong>am</strong>mler müssen sich<br />

umstellen, es beginnt erste Landwirtschaft mit Getreideanbau<br />

(veredelte Grass<strong>am</strong>en) <strong>und</strong> der Zucht von Ziegen <strong>und</strong><br />

Schafen.<br />

v. Chr. ist England noch mit dem europäischen Festland<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

v. Chr. reicht die Fläche des späteren <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es noch<br />

von Rehburg bis vor den Weißen Berg <strong>und</strong> <strong>am</strong> sumpfigen Ufer<br />

stehen möglicherweise Pfahlbauten im Wasser (Modell rechts)?<br />

Zeichnungen der in <strong>Mardorf</strong> gef<strong>und</strong>enen Gegenstände (aus der Zeit des ausgehenden<br />

Paläolithikums / Steinzeit): Diese Gegenstände waren im Original viele Jahre in der neuen Schule an der<br />

Eichendorffstraße in Vitrinen ausgestellt – sind aber leider nach <strong>und</strong> nach abhanden gekommen. Fotos sind<br />

bisher keine bekannt. Renate Schmidt <strong>Mardorf</strong> Nr.33 hat <strong>am</strong> 1.10.1967 eine umfassende Arbeit über <strong>Mardorf</strong><br />

erstellt <strong>und</strong> dazu diese Zeichnungen gefertigt.<br />

Flintwerkzeuge (Feuerstein), Steinbeile (Zeichnungen oben) nachweisbar an drei Stellen in<br />

<strong>Mardorf</strong>: a) Westlich: Wester-<strong>Mardorf</strong> / In den Weißen Bergen / Unterm Lindenberg. b) Nördlich:<br />

Um den Bannsee. c) Östlich: Bei Lütjen Mardrup / Am Weißen Berg / In den Schwarzen Bergen.<br />

Mit dem Einbaum kann man d<strong>am</strong>als vom Bannsee, über den Kolkdobben zum <strong>Meer</strong> <strong>und</strong> weiter bis<br />

nach Rehburg fischen <strong>und</strong> transportieren. Uferrandbesiedelung <strong>am</strong> nordöstlichen <strong>Meer</strong> mit 1-2<br />

Höfen <strong>und</strong> unter 30 Einwohnern – für die Zeit aber eine relativ dichte Besiedlung.<br />

12


5.500 v. Chr. Mitteleuropäische Jungsteinzeit (Spätsteinzeit-Neolithikum bis 1600 v. Chr.). Von Süden<br />

kommt die Linearbandker<strong>am</strong>ik (-4900) bis an die Lössgrenze der Leine. Der Durchschnittsmann ist<br />

1,65 m groß <strong>und</strong> Jäger <strong>und</strong> S<strong>am</strong>mler. Es gibt erste feste aber kleine Siedlungen im Bereich<br />

<strong>Mardorf</strong>. Vereinzelt entstehen Einbäume (F<strong>und</strong>e: 1928 <strong>am</strong> Ufer vor der DJH, im <strong>Mardorf</strong>er Hoch-<br />

Moor ?, 1936 im Bannsee <strong>und</strong> 1935 im <strong>Meer</strong> vor Lütjen <strong>Mardorf</strong>). Lt.C14 Analyse v.1982 ca. 5.900<br />

Jahre alt <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it ältestes Boot Norddeutschlands in der Bauart der Frühkulturen.<br />

Um 5.000<br />

v. Chr. kommt es im Klimaoptimum (Europa ist völlig eisfrei. Höhepunkt der heutigen Warmzeit<br />

vor ~6.000 Jahren) zur Erfindung des Rades. Aus Südosten kommt die Stichbandker<strong>am</strong>ik-Kultur<br />

(4900-4500), aus Osten die Rössener-Kultur (4600-4300) <strong>und</strong> Gaterslebener Gruppe (4400-4200).<br />

4.300 v. Chr. Die Trichterbecher-Kultur (Foto rechts) (-3000 / in<br />

Verbindung mit der nordeuropäischen Megalith-Kultur „großer<br />

Stein“ / 3500-2000 v. Chr. Niederlande, Norddeutschland, Polen<br />

bis Schweden) leitet in Niedersachsen die Jungsteinzeit (-2300),<br />

teilweise auch die frühe Kupfersteinzeit ein. Es herrscht ein tiefer<br />

„Jenseitsglaube“ bei den Menschen der Zeit. Laubgehölze<br />

(Ahorn, Esche, Erle).<br />

Karte über die frühe Besiedlung um <strong>Mardorf</strong> Die beige Fläche deutet auf den vermuteten nacheiszeitlichen See hin. Das<br />

frühe <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> <strong>und</strong> die noch zahlreichen kleinen Seen sind hellblau dargestellt. (nach Hübotter-H<strong>am</strong>ster von 1937)<br />

4.000 v. Chr. Die Besiedlung findet verstärkt entlang der ges<strong>am</strong>ten <strong>Mardorf</strong>er Geestkante (nördlich des<br />

d<strong>am</strong>aligen <strong>Meer</strong>es – etwa an der 40 m Höhenlinie) statt. Von Westen kurz vor Rehburg bis nach<br />

Osten zum Toten Moor. Im <strong>Mardorf</strong>er Buchholz (nördl. des Wilden Moores) werden 1903 bei Land-<br />

Vermessungen 2-3 Hügelgräber (Bronzezeit) <strong>und</strong> 1939 südlich der Häfern (<strong>Mardorf</strong>er Riethe) 16<br />

Hügelgräber (meist aus der Jungsteinzeit) entdeckt. Diese Gräber haben nur einen zentralen<br />

Holzhohlraum; sind einfach <strong>und</strong> ohne Eichensärge oder Steineinfassungen. Die vorbereiteten<br />

Körper werden in einem Tuch oder Eingeäscherte mit einer Urne bestattet. Das Kreuzholz(-moor)<br />

ist einer der häufigsten späteren F<strong>und</strong>orte für solche Gräber (Foto weiter unten).<br />

13


(4.000 v. Chr.) In anderen Gegenden wird<br />

vorwiegend mittels großer<br />

Findlinge eine zentrale<br />

begehbare Grabk<strong>am</strong>mer<br />

mit angrenzenden<br />

Nebengräbern auf <strong>und</strong> in<br />

den trockenen sandigen<br />

Moränenboden gebaut.<br />

Darin befinden sich<br />

hölzerne oder steinerne<br />

Behältnisse zur Bestattung<br />

der vorher „entfleischten“<br />

Knochen („Exkarnation“)<br />

mit allerlei Beigaben. Die Hügel werden durch mehrfache „Überbauung“ zwischen 1 <strong>und</strong> 13 m<br />

hoch.<br />

Ab 3.500<br />

Mehrere Generationen nutzen dieselbe Grabstelle,<br />

bevor sie verschlossen <strong>und</strong> mit Erde bedeckt wird.<br />

Gleichzeitige oder spätere Kulturen leeren die<br />

vorgef<strong>und</strong>en Grabstellen wieder <strong>und</strong> nehmen sie für<br />

ihre Bestattungen.<br />

(Schematische Darstellung des Aufbaus <strong>eines</strong> Hügelgrabs)<br />

Die Tierwelt in den Moor-, Sumpf- <strong>und</strong> Wassergebieten ist sehr Artenreich. Es gibt Biber, Otter,<br />

Wolf, Luchs, Wisent, Auerochs (Urrind), Wildschweine <strong>und</strong> vereinzelt auch mal Bären.<br />

v. Chr. Die Menschen der d<strong>am</strong>aligen Zeit sind Jäger (Wild als Frisch- <strong>und</strong><br />

Dörrfleisch – u. a. Rehwild <strong>und</strong> Wildschweine) <strong>und</strong> S<strong>am</strong>mler (Honig,<br />

Beeren <strong>und</strong> Früchte – frisch <strong>und</strong> getrocknet). Fischer (in den Bächen,<br />

Teichen, vielen kleinen Seen <strong>und</strong> <strong>am</strong> Uferrand des <strong>Meer</strong>es – u. a. Aal,<br />

Hecht, Karpfen <strong>und</strong> alle Arten von Weißfischen) <strong>und</strong> Vogelfänger<br />

(Wildvögel) sorgen für ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Ihre kleinen<br />

Hütten haben Reetdach, Weidengeflecht-Wände mit Lehmputz<br />

(Abdichtung mit Birkenrindenteer).<br />

v. Chr. entwickelt sich erst allmählich eine bäuerliche Lebensweise in<br />

den Geestgebieten (schlechte Bodenergiebigkeit). Im Bereich <strong>Mardorf</strong> gibt<br />

es noch heute Äcker mit den geringsten Bodenpunkten. Die Viehzucht<br />

beginnt mit dem Haus-Schaf, Ziegen, (schon seit längerem)<br />

domestizierten Wildschweinen <strong>und</strong> ersten Hausrindern. Vereinzelt wird<br />

auch schon Geflügel gehalten. Pferde spielen zu dieser Zeit hier noch keine Rolle. Daneben gibt<br />

es erste Versuche im<br />

Getreideanbau (Einkorn, Dinkel,<br />

Emmer, Zwerg- <strong>und</strong> Saatweizen,<br />

Gerste, Hirse) <strong>und</strong> Anbau von<br />

Ackerbohne, Erbse, Linse,<br />

Schlafmohn sowie Leindotter<br />

(Flachs). Die Kenntnis darüber<br />

gelangt in einem langen Zeitraum<br />

aus dem nahen Osten über den<br />

Balkan schließlich auch ans<br />

<strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>. Wichtige frühe<br />

Handelswege an der Weser <strong>und</strong><br />

Leine führen von Süden nach<br />

Norden in der Nähe des <strong>Meer</strong>es<br />

entlang.<br />

<strong>Mardorf</strong>er Bauernhof in der<br />

Jungsteinzeit in Ufernähe (Zeichn.<br />

Volksschule 1958)<br />

Die Verbindung der einzelnen<br />

kleinen Siedlungen erfolgt noch<br />

über lange bekannte Pfade durch<br />

die dichten Wälder, großflächigen<br />

Moor- <strong>und</strong> Sumpfgebiete.<br />

14


(3.500 v.C.) Erst der Gebrauch von Kuh- oder Ochsen-Gespannen macht besonders befestigte breitere Wege<br />

notwendig, denn seit kurzem ist auch in Norddeutschland das Rad für Transport-Wagen im<br />

Einsatz (aber noch mit einteiligen Holz-Scheibenrädern <strong>und</strong> starren Achsen). So entstehen die<br />

ersten „Bohlenwege“ nach Rehburg (noch immer unter der Asphaltdecke der heutigen L360 kurz<br />

vor den ersten dortigen Häusern – bei Nebel ist die moorige Stelle gut zu erkennen) <strong>und</strong> im<br />

nördlichen d<strong>am</strong>aligen Seengebiet nach Husum <strong>und</strong> Brokeloh. Man verlegt Längshölzer aus Erle in<br />

den feuchten Boden. Darauf werden die Eichen-Querbohlen seitlich mit Holzzapfen befestigt.<br />

Darüber eine Lage Sand <strong>und</strong> ein gut zu befahrener Überweg ist fertig. Für 100 m Bohlenweg<br />

werden ca. 230 mittlere Eichen benötigt.<br />

3.100 v. Chr. Zeit der Kugel<strong>am</strong>phoren (-2700). Weitere<br />

Laubbäume besiedeln vereinzelt unser Geestrandgebiet:<br />

Erste Rotbuchen <strong>und</strong> besonders Hainbuchen wachsen in<br />

wenigen Wäldern. Die Hütten werden allmählich größer<br />

(manche Häuser sind schon bis zu 13 m lang <strong>und</strong> 5 m breit),<br />

bleiben aber vom Baustil her fast unverändert (Zeichnung<br />

rechts).<br />

Vor über 3.000 v. Chr. gibt es entwickelte Kulturen mit Ackerbau,<br />

Bewässerung <strong>und</strong> Schrift in Mesopot<strong>am</strong>ien (Babylon), im<br />

Nahen Osten (Palästina, Phönizien), in der Ägäis entsteht<br />

ab 3100 das Minoische Reich <strong>und</strong> zw.3032-2707 herrscht in<br />

Ägypten die 1.u.2.Dynastie des Alten Reiches. In China<br />

beginnt ab 2200 die Xia-Dynastie <strong>am</strong> Hwangho. Um 2000<br />

beginnt in Indien der Hinduismus.<br />

3.000 v. Chr. entsteht das Großsteingrab „Krähe“ bei Stöckse.<br />

Zw.2.800-2.400 v. Chr. kommt von Südwesten die Glockenbecher-Kultur <strong>und</strong> von Osten die Schnurker<strong>am</strong>ik-<br />

Kultur (mit Streitaxt <strong>und</strong> Pferden). Es kommt zur „Vermischung der Völker“. Sie bestatten<br />

(„Niederlegung“) schon die ganzen Körper ihrer verstorbenen Angehörigen. Es schließt sich die<br />

Dolchzeit (2300-1600) an.<br />

Zw.2.800-2.300 v. Chr. entstehen viele Einzelgräber (Hünengräber,<br />

Großsteingräber, Steinhäuser) unter Erdhügeln (Grabhügeln,<br />

auch „Grablege“ genannt).<br />

(Karte zur Ausdehnung der Megalith-Kulturen – <strong>Mardorf</strong> <strong>am</strong> südl. Rand)<br />

Steinhäuser mit Körperbestattung (wie d<strong>am</strong>als in ganz<br />

Norddeutschland üblich) werden auch im Nordosten von <strong>Mardorf</strong><br />

(2 davon Nähe Bannsee) gef<strong>und</strong>en. Die Findlinge werden aber<br />

bis 1826 für den Chausseebau nach Schneeren verwendet <strong>und</strong><br />

die Gräber bis 1910 gänzlich abgetragen. Sie sind ursprünglich<br />

55 Fuß (16 m) lang, 10 Fuß (2,9 m) breit <strong>und</strong> in 5 Abteilungen (Ost-<br />

West Richtung) gegliedert.<br />

Die Fotos unten links <strong>und</strong> Mitte zeigen ähnliche Anlagen in Norddeutschland. Die Zeichnung unten<br />

rechts (nach J.H.F.Bloemers, NL) zeigt den mühs<strong>am</strong>en Bau einer solchen Anlage: a) Mit<br />

Ochsengespannen <strong>und</strong> Rollen werden die großen reichlich vorhandenen eiszeitlichen Findlinge<br />

herangeschafft. b) Die Steine werden über R<strong>am</strong>pen an einem provisorischen Bodenhügel<br />

aufgerichtet. Die Zwischenräume der Steine werden mit<br />

Trockenmauerwerk verschlossen. c) Die Deckensteine werden<br />

über Sand-R<strong>am</strong>pen hochgezogen.<br />

d) Eine zusätzliche Findlings-Einfassung bildet den Rand des<br />

späteren Erdhügels aus Sand. Die eigentliche Grabk<strong>am</strong>mer<br />

wird wieder freigelegt.<br />

15


2.204 v. Chr. Komet „Hale-Bopp“ fast ein Jahr <strong>am</strong> Tage sichtbar.<br />

2.200 v. Chr. beginnt im nördl.Europa die Frühe Bronzezeit (-1600).<br />

Bei <strong>Mardorf</strong> wird 1893 eine Bronzenadel mit einfachem Kopf aus einem Hügelgrab geborgen.<br />

2.100 v. Chr. sind Transport-Wagen lenkbar <strong>und</strong> haben mehrteilige Scheibenräder.<br />

Vor über 2.000<br />

v. Chr. soll Abrah<strong>am</strong> als St<strong>am</strong>mvater der Juden, Christen <strong>und</strong> Moslems gelebt haben.<br />

1.700 v. Chr. entstehen Hochmoore (östlich von <strong>Mardorf</strong> besonders um das Tote Moor) möglicherweise<br />

in den Resten <strong>eines</strong> großen nacheiszeitlichen Sees.<br />

Zw.1.630-1.625 v. Chr. Vulkanausbruch „Santorin“ (Ägäis) mit schweren Folgen besonders für Südeuropa.<br />

1.600 v. Chr. Mittlere Bronzezeit (-1300 / „Himmelsscheibe“<br />

Nebra / Hügelgräberkultur). Bäuerliche Besiedlung<br />

(Rechteckhäuser) erfasst jetzt den südwestlichen Teil des<br />

heutigen <strong>Mardorf</strong>s, entlang der Geestkante nach Westen<br />

(„Wester-<strong>Mardorf</strong>“) <strong>und</strong> auch <strong>am</strong> Nordufer („Lütjen<br />

<strong>Mardorf</strong>“). Im Buchholz (nördl. Wildes Moor) werden 1903<br />

2-3 Hügelgräber entdeckt. 1940 drei Hügelgräber <strong>am</strong><br />

Bannsee <strong>und</strong> F<strong>und</strong> einer Bronzeaxt ohne Schaft (5-7cm / Zeichn. Renate Schmidt, Nr.33) im Torf <strong>am</strong><br />

„Neuen D<strong>am</strong>me“ (Bieförth).<br />

1.500 v. Chr. Erste schriftliche Aufzeichnungen der alten chinesischen Kultur.<br />

Vor über 1.400<br />

v. Chr. soll Moses als einer der wichtigen Verfasser des „Alten Test<strong>am</strong>ents“ gelebt haben.<br />

1.300 v. Chr. Späte Bronzezeit (-800 / Urnenfelder-Kultur). Während der Eisenzeit findet überall im<br />

Gebiet <strong>Mardorf</strong> Besiedlung (Harpstedt-Nienburg-Gruppe) statt. Neben den anderen Bereichen<br />

auch „Auf der Höhe“ (Flachgrab „Hinter dem Kirchhofe“ 8 Urnen) <strong>und</strong> „Lütjen Mardrup“ (<strong>am</strong> Ufer).<br />

Es werden um 1833 bei Grabungen <strong>und</strong> später beim Abbau in Kies- <strong>und</strong> Sandgruben viele<br />

Urnengräber (Urnenscherben/Leichenbrand) entdeckt – stellenweise sind es richtige „Friedhöfe.<br />

Die Reste nach der Totenverbrennung werden zuerst auch ohne Urne bestattet. Die Urnen haben<br />

sehr unterschiedliche Formen. Die Norddeutsche Bronze-Kultur reicht bis zur Porta Westfalica.<br />

An der Leine (Empede als nächster Punkte zum nördlichen <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>) führt einer der<br />

wichtigen Handelswege von Süd nach Nord für Kupfer <strong>und</strong> Bernstein.<br />

1.240 v. Chr. entsteht ein Sequoia im gleichn<strong>am</strong>igen Park (USA) <strong>und</strong> wächst noch in 2012!<br />

Um 1.000<br />

v. Chr. verdrängen erste Buchen (besonders Hainbuchen) die noch vorherrschenden Eichen.<br />

Bildet sich die „Eiform“ des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es endgültig heraus. Das Ufer ist immer noch sehr<br />

uneinheitlich <strong>und</strong> hat nur wenige offene Abschnitte oder zugängliche Strände (z. B. vor der<br />

Wanderdüne <strong>am</strong> Weißen Berg).<br />

800 v. Chr. Frühe Eisenzeit (-450 / Hallstadt-Kultur). Germanische Stämme drängen nach Südwesten<br />

<strong>und</strong> Keltische Stämme dringen nach Nordosten vor – Schnittpunkt ist der Weser-Leineraum.<br />

753 v. Chr. Gründung Roms. 509 Beginn des Römischen Reichs (180 n. Chr. größte Ausdehnung).<br />

Um 700<br />

6.-2.Jhd.<br />

Um 563<br />

v. Chr. entwickelt sich aus dem Griechischem die lateinische Schrift mit den noch heute<br />

bestehenden Buchstaben. Die Körperbestattung verdrängt wieder die Feuer-/ Urnenbestattung.<br />

v. Chr. siedeln Kelten bis an die Weser <strong>und</strong> westlich des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es. Westlich von<br />

<strong>Mardorf</strong> wird ein eisenzeitliches Grab mit mehreren Urnen entdeckt (Heinrich Dannenberg Nr.22,<br />

Lehrer) - „Auf der Höhe“ eine Urne mit 30 cm Höhe.<br />

v. Chr. soll „Gaut<strong>am</strong>a“ (Buddha) der Begründer des Buddhismus geboren sein (+zw.483 u.368?).<br />

551 v. Chr. wird „Konfuzius“ (Kung Fuzi) als späterer großer asiatischer Philosoph geboren (+479).<br />

550-330 v. Chr. Perserreiche (bis Alexander).<br />

Im 5.Jhd.<br />

v. Chr. beginnt der Bau der „Chinesischen Mauer“ (mit über 2.400 km Mauer).<br />

450 v. Chr. Späte Eisenzeit ( bis um Christi Geburt / Latene-Kultur von Süden).<br />

Ab 336<br />

3.Jhd.<br />

v. Chr. Makedonischer König Alexander der Große III (+323 / um 300 größte Ausdehnung).<br />

v. Chr. Zeit der ersten kleineren Völkerwanderungen. Nördlich des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es (lateinisch<br />

Palus = sumpfiger See) siedeln nur wenige Angrivarier (Germanische Küstengruppe). <strong>Mardorf</strong> ist<br />

wegen der Randlage im Einflussgebiet der germanischen <strong>und</strong> auch keltischen Kultur <strong>und</strong> Sprache.<br />

16


Um 120<br />

Um 100<br />

v. Chr. beginnt der große Zug der<br />

Kimbern <strong>und</strong> Teutonen bis zur<br />

Donau <strong>und</strong> nach Frankreich.<br />

v. Chr. steigt der Holzbedarf für<br />

Feuerung, Hausbau <strong>und</strong> Holzkohle<br />

(Köhlerei) stetig an.<br />

24.8.79 v. Chr. Vulkanausbruch „Vesuv“<br />

(Süditalien) mit Klimaauswirkungen<br />

in ganz Europa.<br />

(Foto: <strong>Mardorf</strong>er Einbaum in der<br />

Ausstellung auf der Insel Wilhelmstein).<br />

59 v. Chr. wird G.Julius Caesar Konsul der Römischen Republik (46 Diktator, 44 ermordet).<br />

2 v. Chr. Bau <strong>eines</strong> Einbaums <strong>am</strong> <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> (lt. C14 Analyse). F<strong>und</strong>ort ist 1948 bei <strong>Mardorf</strong>.<br />

Die Form ähnelt dem späteren frühen <strong>Steinhuder</strong> Torfkahn (Foto weiter oben).<br />

Im Jahr 0<br />

Um 9<br />

Um Christi Geburt: Jesus Christus (tatsächlich aber um 4 v. Chr. in Nazareth geboren) ist<br />

Religionsstifter des Christentums <strong>und</strong> stirbt zwischen 31-33 n. Chr. in Jerusalem <strong>am</strong> Kreuz.<br />

Beginn der heutigen weltweiten (christlichen) Zeitrechnung!<br />

Beginn der Römischen Eisenzeit (bis 4.Jhd. n. Chr. / „Römische Kaiserzeit“).<br />

n. Chr. „Varus Schlacht“ (=Tiberius, seit 4 n. Chr. von Westen her unterwegs) <strong>am</strong> Teutoburger<br />

Wald mit dem germanischen Sieger Arminius (Herrmann d. Cherusker).<br />

Die alten Gaue <strong>und</strong> der Angrivarier Wall (um 9 n. Chr. / Karte aus Calenberger Urk<strong>und</strong>enb.III)<br />

17


(um 9. n. Chr.) Es entsteht der „Angrivarier Wall“ (Karte weiter oben) gegen die germanischen Cherusker<br />

(Germanische Westgruppe – südlich des <strong>Meer</strong>es im „Buki Gau“ – später Schaumburg). Er reicht<br />

von der Weser beim heutigen Leese, entlang des <strong>Meer</strong>bachs über das Hüttenmoor bis zur<br />

Düsselburg. Weiter an Rehburg vorbei <strong>am</strong> Südbach bis nach Hagenburg-Altenhagen).<br />

Frühjahr 15<br />

n. Chr. sind Römer mit Germanicus in der Gegend. An der Mittelweser (Weser = Visurgis) bei<br />

Bückeburg/Minden werden 2-3 Römerlager („Idistaviso“ <strong>und</strong> „Wallburg“) angelegt.<br />

16 n. Chr. Schlacht <strong>am</strong> Angrivarierwall (?) <strong>und</strong> Abzug der Römer aus diesem Gebiet.<br />

Im 1.Jhd.<br />

n. Chr. besteht die Vegetation nördlich des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es vorwiegend aus Wald <strong>und</strong> Heide.<br />

Auf Sandböden wachsen Birken, Stieleichen <strong>und</strong> Kiefern, auf Geschiebedecksanden <strong>und</strong><br />

Lehmböden Buchen <strong>und</strong> Eichen. Erste kleine Rodungen. <strong>und</strong> „Waldhude“ (Buchen <strong>und</strong> Eichen zur<br />

Schweinemast).<br />

Die geringe Bevölkerung (1-2 Höfe mit<br />

fast 45 Einwohnern) verteilt sich in einem<br />

weiten Gebiet <strong>am</strong> Nordufer.<br />

Durchschnittlich leben hier 2 Menschen<br />

pro km² - südlich des <strong>Meer</strong>es aber schon<br />

bis zu 30 pro km².<br />

64 n. Chr. lässt der römische Kaiser Nero<br />

(54-68 n. Chr.) Rom niederbrennen.<br />

79 n. Chr. bricht der Vulkan Vesuv in<br />

Süditalien aus <strong>und</strong> hat große klimatische<br />

Auswirkungen.<br />

Ab 3.Jhd.<br />

(Modell einer Cheruskischen Küche im 1.Jhd. n. Chr.)<br />

n. Chr. kommen Sachsen von nördlich der<br />

Elbe (durch Sturmfluten zerstörte Nordseeküste, Klimaverschlechterung) auch bis in unsere<br />

Gegend. Werden vorübergehend sesshaft <strong>und</strong> ziehen schließlich im 5.Jhd. in großen Teilen von<br />

hier weiter über die Niederlande bis nach England (449). Noch heute gibt es deshalb sprachlich<br />

viele Ähnlichkeiten des <strong>Mardorf</strong>er Platt mit der englischen aber auch niederländischen<br />

Sprache. Verbliebene Sachsen, Engern <strong>und</strong> Ostfalen siedeln in Gebieten nördlich des <strong>Steinhuder</strong><br />

<strong>Meer</strong>es.<br />

275-550 n. Chr. „Gupta“-Reiche in Indien.<br />

Ab 4.Jhd.<br />

n. Chr. Nachrömische Eisenzeit (-6.Jhd. / auch Völkerwanderungszeit genannt).<br />

300 n. Chr. wird das christliche Weihnachtsfest auf den 25.Dezember jeden Jahres festgelegt.<br />

21.7.365 n. Chr. hat ein schweres Erdbeben im Mittelmeerraum Auswirkungen bis nach Mitteleuropa.<br />

375 n. Chr. ist der eigentliche Beginn der Völkerwanderungen (-9.Jhd.). Ausgelöst durch<br />

Klimaverschlechterungen (Kaltzeit) <strong>und</strong> die aus dem fernen Osten heranrückenden Hunnen (bis<br />

zum Tod ihres Anführers Attila 451). Mit ihnen bestürmen die unterworfenen Thüringer<br />

(=Herm<strong>und</strong>uren / besonders im 5.Jhd.) sowie andere Völker auf der Suche nach neuem<br />

Lebensraum West- <strong>und</strong> Mitteleuropa.<br />

395 Teilung des Römischen Reiches als Folge der Völkerwanderungen. Die Franken kommen aus<br />

Südwesten nur bis an die Lippe <strong>und</strong> Fulda.<br />

Im 5.Jhd. Maya-Hochkultur in Mittel<strong>am</strong>erika.<br />

(499 ?) Der chinesische buddh. Missionar Hui Shen segelt bis nach Amerika (Kalifornien).<br />

Bis 450 n. Chr. wandern die etwas weiter östlich lebenden Langobarden nach Südeuropa weiter.<br />

Verstreut <strong>am</strong> nördlichen <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> leben zu dieser Zeit bis zu 50 Einwohner in <strong>Mardorf</strong>.<br />

486 Chlodwig (Merowinger) ist Herrscher des Frankenreiches.<br />

498 Chlodwig (<strong>und</strong> d<strong>am</strong>it alle Bewohner des Reichs) nimmt den christlichen Glauben an.<br />

18


Im 5.-8.Jhd. Entsteht das alte Dorf <strong>Mardorf</strong> (später „Lütjen Mardrup“) mit 2-3 landwirtschaftlichen „Freyen“<br />

Höfen <strong>und</strong> weiteren einzeln verstreut liegenden Hütten von Jägern, Fischern, Vogelfängern.<br />

Anfang 6.Jhd. kommt es zu Kontakten mit den nordeuropäischen Völkern auf ihrem Weg nach Süden (d<strong>am</strong>it<br />

erklärt sich wohl auch die sprachliche Verwandtschaft zur schwedischen Sprache). Weitere<br />

Rodungen im Bereich zwischen Rehburg, <strong>Mardorf</strong> <strong>und</strong> Schneeren, weil die Äcker ausgelaugt sind.<br />

531 Schlacht bei Ronnenberg (Franken <strong>und</strong> Sachsen bezwingen das Thüringerreich).<br />

535/36 Eine (Klima-) Katastrophe (Komet, Meteorit oder Vulkan?) lässt im Sommer Schnee fallen <strong>und</strong><br />

verdunkelt für 1 Jahr den Himmel. Es kommt zu Missernten <strong>und</strong> die Bevölkerung leidet große Not.<br />

Bis 568<br />

Um 570<br />

ist die Hauptwanderungsbewegung der Völker vorbei. Die verbliebenen Sachsen sind jetzt in<br />

unserem Gebiet dominierend (Einführung der „Gemeinteilung“).<br />

wird der Religionsstifter des Isl<strong>am</strong> „Muh<strong>am</strong>mad“ in Mekka<br />

(Haschemitischer Händler auf der arabischen Halbinsel)<br />

geboren. Er stirbt <strong>am</strong> 8.6.632 in Medina. Ab 622 (im isl<strong>am</strong>ischen<br />

Jahr 0) Ausbreitung des Isl<strong>am</strong> bis nach Spanien (732 größte<br />

Ausdehnung).<br />

(Abb. rechts: Rekonstruktion des vermuteten Palisadenzauns <strong>am</strong> Hespenberg).<br />

Bis Ende 6.Jhd. wird (vermutlich) eine kleine Burg-Wallanlage beim<br />

„Hespenberg“ (abgelegener Hügel -51m- nordwestlich. von<br />

<strong>Mardorf</strong>) errichtet. Das heißt, dass ein leichter ringförmiger<br />

Erdwall entsteht, worauf senkrechte Holzstämme die eigentliche<br />

„Burg“ darstellen. Hinter dem massiven Tor (Hespe bedeutet<br />

schmiedeeiserner Türbeschlag) finden die d<strong>am</strong>aligen Bewohner<br />

ein wenig Schutz.<br />

Im 7.Jhd.<br />

Um 600<br />

St<strong>am</strong>mesherzogtum Sachsen (-1180) mit Grafschaft Wölpe („Welipe“ im Raum Nienburg / rechts:<br />

Wappen Wölpe)<br />

rücken erste Slawen aus dem Osten bis an die Elbe-Saale heran.<br />

690 „Ütrechter Mission“ (bis 750): Iren <strong>und</strong> Angelsachsen (Wilibrord 700 / Ewald <strong>und</strong><br />

Lepuin bis vor Nienburg / Bonifatius ab 716) versuchen vergeblich die Gegend um<br />

das <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong> zu missionieren. Zwischen 800 <strong>und</strong> 820 erfolgt ein erneuter Versuch<br />

(Wilehad kommt bis Bremen).<br />

Im 8.Jhd.<br />

dringen Slawen (Volk der Wenden ist evtl. schon im 7.Jhd. hier) bis zur Leine vor.<br />

762/763 Erster aufgezeichneter „härtester Winter aller Zeiten“ mit einem halben Jahr bei unter -25° C!<br />

772 Sachsenkriege („32jähriger Krieg“ -804).<br />

Ab 772<br />

fallen die Franken unter Karl „dem Großen“ (Frankenreich der „Karolinger“) in Sachsen ein – bis<br />

zum Loingau mit der Grafschaft Wölpe – werden aber wieder hinter die Weser nach Südwesten<br />

abgedrängt. Sie hinterlassen uns die Minuskel-Schrift, die bis ins 12.Jhd. Bestand hat.<br />

775 Karl der Große bezwingt die Engern (im Mittelweserraum) <strong>und</strong> Ostfalen (Heide bis südliche Oker).<br />

776 wird deren Gebiet zur Mark Sachsen.<br />

777 „Widukind“ (Wittekind) – erster Herzog der Sachsen.<br />

779 kommt es zum 1.Aufstand gegen Karl.<br />

782 Schlacht <strong>am</strong> Süntel <strong>und</strong> Franken-Rachefeldzug westlich der Weser.<br />

Widukind leistet Widerstand gegen die Franken <strong>und</strong> den christlichen Glauben bis er 785 getauft<br />

wird. Seine Nachfolger werden Sohn Wikbert, Enkel Waltbert <strong>und</strong> Urenkel Wikbert.<br />

798 entsteht das Bistum Minden (Minda) im Erzbistum Köln.<br />

Ab 789<br />

beginnt die katholische Christianisierung durch die Karolinger (von Kloster Corbie in Frankreich<br />

zum Bistum Fulda entlang der Weser nach Norden bis zum <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>!<br />

19


Ab 794<br />

weitere Sachsenfeldzüge (-797 östlich der Weser). Karl kommt auf dem Feldzug nach Holstein bei<br />

Rehburg vorbei <strong>und</strong> macht die Engern endgültig untertan.<br />

799/800 Erste urk<strong>und</strong>lich erwähnte Sturmflut an der noch weitestgehend ungeschützten natürlichen<br />

Nordseeküste.<br />

8.-10.Jhd.<br />

8.-14.Jhd.<br />

Holzgericht im Goh Linsburg.<br />

Parochie (Kirchspiel) „Monnekehusen“.<br />

Münchhausen ist ein schon 1350<br />

untergegangener (wüster) Ort mit Kirche<br />

<strong>am</strong> Haarberg bei Winzlar / später auch<br />

“Olenkerken“ genannt.<br />

Errichtung der Luccaburg<br />

(Adelsgeschlecht bei Loccum).<br />

(rechts: Rekonstruktionszeichnung der<br />

Düsselburg nach der Ausgrabung von 1904)<br />

Die Düsselburg wird als frühmittelalterlicher Ringwall (Fliehburg „Dusleborg“) westlich Rehburg<br />

angelegt. In dieser Zeit entstehen auch die Burganlagen bei Husum <strong>und</strong> Neustadt (Loghingaburg).<br />

„Mittelalterliche Warmzeit“ (1170-1310 besonders warm).<br />

Die mittlere Temperatur steigt auf +4° über heute, erhöhter Niederschlag, die Landwirtschaft<br />

wächst <strong>und</strong> die Bevölkerung steigt stark an.<br />

Auch deshalb sind auch Wikinger im Nordatlantik auf dem Weg nach Westen. Unter Erik dem<br />

Roten besiedeln sie ab 870 (Island) die unwirtlichen Küsten. 985 bis um 1500 leben sie auf<br />

Grönland (Weinbau). Um 1000 erreichen sie unter Leif Eriksson auch Nord-Amerika<br />

(Neuf<strong>und</strong>land- Vinland).<br />

Im Pazifik sind die Meister der d<strong>am</strong>aligen Seefahrt die Polynesier auf der Suche nach neuem<br />

Land. Sie erreichen Amerika (erst den südlichen Kontinent <strong>und</strong> bis 1400 auch Kalifornien).<br />

Die höheren Temperaturen begünstigen aber auch katastrophale Sturmfluten an der<br />

Nordseeküste.<br />

804 Friedensschluss Karls des Großen mit den Sachsen. Alte Gaueinteilungen (als untere<br />

Verwaltungseinheit mit einem Gaugrafen) werden beibehalten.<br />

Das Archidiakonat St.Osdag in Mandelsloh entsteht als Verwaltungseinheit im Bistum Minden<br />

(mit dem Gebiet nordwestlich des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es).<br />

814 Neuer König im Frankenreich wird Ludwig „der Fromme“. Östlich der Weser verläuft eine wichtige<br />

Handelsroute von Süd nach Nord.<br />

822/823 Sehr strenger Winter!<br />

838 Schwere Sturmflut an der Küste! Dänische Wikinger bedrängen ab 840 Norddeutschland.<br />

843 Frankenreich wird endgültig geteilt (Verdun). Ostfränkisches Reich schon ab 840 unter König<br />

Ludwig I. “dem Deutschen“. 844 Liudolf Herzog von Sachsen.<br />

860/861 Sehr strenger Winter – die Nordseeküste ist zu großen Teilen zugefroren.<br />

866 Nachfolger als Herzog von Sachsen wird Brun.<br />

Ab 870<br />

2.Teilung des Frankenreichs (Mersen).<br />

871 Stiftung des Nonnenklosters Wunstorf (erste urk. Erwähnung).<br />

872 Dürresommer!<br />

876 Ostfränkischer König Karl III. „der Dicke“; 887 gefolgt von Arnulf von Kärnten.<br />

880 3.Teilung des Frankenreiches (Ribemont). Otto I. der Erlauchte wird Herzog von Sachsen (-912).<br />

20.8.889 (urk. Erwähnung) Bordenau.<br />

9.11.892 Schwere Sturmflut an der Nordseeküste (Novemberflut)!<br />

20


899 – 955 Madyaren aus Ungarn kommen (bis 955) als Reitervolk mehrfach auch bis nach Norddeutschland.<br />

906-915 bis nach Ostwestfalen (Obernkirchen, Herford). 919 dringen<br />

sie auf einer nördlichen Route bis an den Niederrhein vor <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it<br />

auch in die Nähe des <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>es.<br />

Im 10.Jhd.<br />

Vermutlich entsteht nach dieser Zeit in den Nachbarorten <strong>Mardorf</strong>s die<br />

„Zigeunerlegende“. Da oft auch heute noch in einer <strong>Mardorf</strong>er<br />

F<strong>am</strong>ilie gleichzeitig "dunkle <strong>und</strong> helle" Hauttypen sowie Augen- <strong>und</strong><br />

Haarfarben vorkommen, obwohl beide Elternteile nur einer Richtung<br />

zuzuordnen wären. Man vermutet also Nachfahren aus dieser Zeit.<br />

„Zigeuner“ ist eine seit dem frühen 15. Jahrh<strong>und</strong>ert im deutschen<br />

Sprachraum belegte Fremdbezeichnung für Bevölkerungsgruppen,<br />

denen von der Mehrheitsbevölkerung abweichende Eigenschaften<br />

zugeordnet werden.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat jetzt 2-3 „Freye Höfe“, einige weitere Hütten <strong>und</strong> bis zu 50 Einwohnern.<br />

900 Ludwig IV. „das Kind“ wird Ostfränkischer König (+911 = Ende der Karolinger).<br />

911 Konrad I. König der Ostfranken.<br />

919 Heinrich I. „der Vogeler“ wird Ostfränkischer König, er ist schon ab 912 auch Herzog von Sachsen<br />

(ein „Ottone“).<br />

927/928 Äußerst strenger Winter!<br />

936 Riesige Lavaspalte auf Island führt zu weltweiter Klimaverschlechterung.<br />

Otto II. Herzog von Sachsen wird als Otto I. „der Große“ (+973) Ostfränkischer König <strong>und</strong> 962<br />

erster Kaiser des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“.<br />

965 Langer Dürresommer!<br />

973 Bernhard I. (ein „Billunger“) wird Herzog von Sachsen (mit Westfalen, Engern, Ostfalen – Karte<br />

weiter unten). Otto II. wird Römischer König <strong>und</strong> Kaiser. Ihm folgt 996 Otto III. als Kaiser.<br />

975 Langer strenger Winter bis Mai!<br />

984/985 Sehr kalter Winter bis in den Mai!<br />

Anfang 987<br />

Anfang 989<br />

Anfang 992<br />

Starkes Weserhochwasser! 988 folgt ein Dürresommer!<br />

gibt es eine „Große Sturmflut“ an der Nordseeküste. Allmählich wird die alte Küstenlinie<br />

aufgebrochen <strong>und</strong> mit vielen neuen Buchten nach Süden verlagert.<br />

Langer Winter bis Pfingsten!<br />

993/994 Kalter, sehr rauer <strong>und</strong><br />

trockener Winter, der bis in<br />

den April reicht. Als Folge<br />

tritt die Pest auf!<br />

994 kommt noch ein<br />

Dürresommer hinzu. Im<br />

Okt.994 beginnt der Winter<br />

früh <strong>und</strong> wird hart <strong>und</strong> kalt<br />

<strong>und</strong> reicht bis weit ins<br />

nächste Jahr.<br />

Ab Juli 995<br />

führt der anhaltende Frost zu<br />

Hunger <strong>und</strong> Pest.<br />

999 Ein Dürresommer mit<br />

„unerhörter Hitze <strong>und</strong><br />

Trockenheit“! Flüsse fallen<br />

trocknen.<br />

21


Im 11.Jhd.<br />

Erste „Torfkähne“ auf dem <strong>Steinhuder</strong> <strong>Meer</strong>. Es werden nie mehr als 30 Stück sein <strong>und</strong> sie<br />

werden fast nur von den <strong>Steinhuder</strong> Fischern betrieben. Sie dienen zuerst dem Brenntorf-<br />

Transport der an anderen Orten r<strong>und</strong> um das <strong>Meer</strong> gelegenen <strong>Steinhuder</strong> Torfstiche.<br />

Die Dünen <strong>am</strong><br />

Nordufer<br />

verfestigen sich <strong>und</strong><br />

kommen zur Ruhe<br />

(Schaubild rechts).<br />

1000 (-1300 ist<br />

„Hochmittelalter“)<br />

Erneuter<br />

Hitzesommer! Alle<br />

Flüsse<br />

in<br />

Mitteleuropa<br />

trocknen aus.<br />

1006 Beginn der<br />

Kreuzzüge (bis<br />

1291). Im Gefolge der Ritter sind auch Männer aus dieser Gegend, aber kaum einer kehrt zurück.<br />

Erste Judenverfolgungen in Europa!<br />

1010/1011 „Unvorstellbar“ kalter Winter!<br />

1011 wird Bernhard II. Herzog von Sachsen.<br />

1012 Sturmflut an der Nordseeküste!<br />

1014 Heinrich II. „der Heilige“ („Ottone“) Römischer Kaiser.<br />

1019/1020 Strenger Winter mit Kälte <strong>und</strong> Schnee!<br />

1020 Kloster Esbeke (Asbeke / –1519 / Zeichnung rechts) entsteht <strong>am</strong> Nordhang des Loccumer Berges<br />

(F<strong>und</strong><strong>am</strong>entreste noch<br />

heute im Südwesten von<br />

Rehburg <strong>am</strong> Heerweg).<br />

Juli 1020<br />

Schweres<br />

Weserhochwasser!<br />

1027 Der „Salier“ Konrad II. wird<br />

Römischer Kaiser.<br />

11.1.1041 Starke Sturmflut an der<br />

Nordseeküste!<br />

1046 Heinrich III. wird<br />

Römischer Kaiser.<br />

1059 Ordulf Herzog von<br />

Sachsen.<br />

Anfang 1066 „Ungeheure“ Sturmflut an<br />

der Nordseeküste!<br />

14.10.1066 Wilhelm der Eroberer (Französischer Normanne) besiegt die Angelsachsen bei Hastings.<br />

1072 Magnus Herzog von Sachsen (letzter „Billunger“).<br />

1073 Aufstand der Sachsen unter Otto von Northeim gegen Heinrich IV.<br />

Okt.1076 Äußerst strenger „Canossa-Winter“ mit Dauerfrost bis April 1077!<br />

1084 Heinrich IV. wird Römischer Kaiser.<br />

1085 Komet „Ikeya-Seki“ ist auch <strong>am</strong> Tage zu sehen.<br />

22


Im 12.Jhd.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat immer noch um 50 Einwohner.<br />

(urkl. Kloster Loccum) Reheburgk wird erstmals erwähnt <strong>und</strong> kommt 1153 zur Grafschaft Wölpe<br />

(ab 1120 / 1151 urk. Burg „Welipe“). Erst danach kommt Meredorpe <strong>und</strong> später auch Wiedensahl<br />

zum späteren Amt Rehburg. Das nach 1277 von welfischen Herzog Otto dem Strengen auf einer<br />

sandigen Anhöhe („Horst“) in einem riesigen Sumpfgelände (im verlandeten z. T. moorigen<br />

ehemaligen Westenmeer) als Schutzburg (Grenzbefestigung) gegen die Herrscher von<br />

Schaumburg <strong>und</strong> Hoya ausgebaut wird. Verteidigungsstellung <strong>am</strong> schmalsten Übergang über die<br />

<strong>Meer</strong>bachniederung mit vorgelagerten Sandinseln (Rehhorst, Heerhorst, Katthagen). Die<br />

Zuwegung erfolgt über Knüppeldämme. Auch dein Teil des Verbindungsweges nach <strong>Mardorf</strong> (kurz<br />

hinter dem Ortsausgang Rehburg „<strong>Mardorf</strong>er Straße“) bestand lange nur aus einen solchen<br />

Knüppel- oder Bohlend<strong>am</strong>m.<br />

Es gibt schon "größere" Bauernhöfe, die aber meistens abhängig sind von<br />

Lehnsherren. Die nächsten Ritterhöfe sind in Tiesenhausen (bei Wölpe-Nienburg /<br />

F<strong>am</strong>ilie später nach Livland ausgewandert) <strong>und</strong> Münchhausen (F<strong>am</strong>ilienn<strong>am</strong>e<br />

1183 urkl. erwähnt <strong>und</strong> Ort bei Winzlar, 1335 letztmalig erwähnt; 1350<br />

aufgegeben). Zisterzienser Pater „Gyselheri de Monechusen“ gilt als Begründer<br />

des Adels aus „Monckhusen“ (rechts das Wappen der F<strong>am</strong>ilie Münchhausen).<br />

Die Romanik (R<strong>und</strong>bogen) endet <strong>und</strong> die Gotik (Spitzbogen) wird bis 1500 (Renaissance)<br />

bestimmend für den Bau- <strong>und</strong> Kunststil in Europa.<br />

Erste F<strong>am</strong>ilienn<strong>am</strong>en entstehen auch in Norddeutschland!<br />

Die Karolingische-Minuskel-Schrift wird<br />

von der Rot<strong>und</strong>a-Schrift (Abbildung<br />

rechts) abgelöst. Aber schon im 13.Jhd.<br />

setzt sich die Textur-Schrift allgemein<br />

durch. Im 15. <strong>und</strong> 16.Jhd. können sich<br />

Einflüsse aus der Schwabacher-Schrift<br />

nicht durchsetzen. Erst die Fraktur-Schrift<br />

ab dem 16.Jhd. wird zur allgemeinen<br />

Umgangsschrift.<br />

Ab 1100<br />

Zeit der großen Rodungen, vor allem für<br />

die seit Jahrzehnten zunehmende<br />

„Dreifelderwirtschaft“ (um den Boden zu<br />

regenerieren, wieder fruchtbarer zu<br />

machen, Unterteilung in Brachland,<br />

Herbst- <strong>und</strong> Frühlingssaatflächen,<br />

Allmenden) <strong>und</strong> Entwässerungen für<br />

neue Wiesen <strong>und</strong> Weiden. Der<br />

Waldbestand geht immer weiter zurück.<br />

Da schon viele Waldflächen (vor allem<br />

auf den sandigen unfruchtbaren<br />

Geestböden) überweidet sind, bildet sich<br />

dort Heide (im Bereich Diepholzberge<br />

<strong>und</strong> Bannsee) <strong>und</strong> in der Folge wachsen<br />

Wachholder. Mehr Bauern werden<br />

sesshaft. Haufendörfer wie Schneeren entstehen. Pferde statt Ochsen ziehen verbesserte Pflüge,<br />

Sensen <strong>und</strong> Dreschflegel sind in Gebrauch. Die Gemeinschaft der freien Bauern trifft sich zum<br />

„Ding“ (Gemeindevers<strong>am</strong>mlung) unter einer (heiligen) Linde, um die Nutzung der „Allmende“<br />

(Gemeinschaftseigentum der freien Bauern in <strong>Mardorf</strong> an Wald, Acker, Wiesen) zu bereden <strong>und</strong><br />

ihren „Vorsteher“ zu wählen.<br />

1106 Lothar III. von Supplingenburg Herzog von Sachsen <strong>und</strong> 1130 Römischer Kaiser.<br />

1110 Der „Edle Mann Adolf von der Schaumburg“ wird vom Kaiser mit den Grafschaften Holstein <strong>und</strong><br />

Stormarn belehnt – die „Schaumburger Landschaft“ entsteht.<br />

1111 Heinrich V. wird Römischer Kaiser.<br />

1123/1124 Harter Winter!<br />

Bis 1124<br />

Die Grafen von Schwalenberg (Widekind I.) sind Lehensherren über den benachbarten<br />

Marstemgau (Raum südwestlich von Hannover / Kloster Marienmünster mit Gutshof in Kolenfeld).<br />

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1125 Sehr harter Winter hält bis nach Pfingsten in den Juni!<br />

1130 Burchard I. von Loccum-Hallerm<strong>und</strong> (Fre<strong>und</strong> von Lothar III.) stirbt.<br />

1135 Hitzesommer!<br />

1137 Heinrich II.„der Stolze“ („Welfe“) wird Herzog von Sachsen.<br />

1138 ist Albrecht „der Bär“ („Askanier“) Herzog von Sachsen.<br />

1142 Heinrich III.„der Löwe“ („Welfe“ = Fränkischer Adel) Herzog von Sachsen (-<br />

1180).<br />

(Wappen von Braunschweig-Lüneburg 1168)<br />

Mitte 12.Jhd. Aufstieg der „Hanse“ zur größten Kaufleutevereinigung der d<strong>am</strong>aligen Zeit. Bis Mitte des 17.Jhd.<br />

bestimmen Niederdeutsche Kaufleute den Wirtschaftsraum Nord- <strong>und</strong> Ostsee. Verkehrssprache ist<br />

d<strong>am</strong>als Niederdeutsch (Platt), das von Nordfrankreich/England bis St. Petersburg/Nowgorod in<br />

Russland gesprochen oder zumindest verstanden wird.<br />

1155 Friedrich I. „Barbarossa“ („Staufer“) wird Römischer Kaiser (-1190). Er zerschlägt das Herzogtum<br />

Sachsen. Das westliche Gebiet mit Westfalen kommt unter die Herrschaft des Erzbischofs von<br />

Köln. Das östliche (vorwiegend „welfische“) Territorium zerfällt in mehrere Fürstentümer. Wobei<br />

jeder dieser Fürsten zusätzlich<br />

bis 1692 den Titel „Herzog zu<br />

Braunschweig-Lüneburg“ trägt.<br />

1157 Hitzesommer!<br />

1163 12 Mönche (<strong>und</strong> 1 Abt) des<br />

Zisterzienserordens vom Mutter-<br />

Kloster Volkenroda (Thüringen)<br />

machen sich auf den Weg nach<br />

Norden. Sie gründen das Kloster<br />

Loccum („Beten <strong>und</strong> Arbeiten“)<br />

<strong>und</strong> errichten erste Gebäude um<br />

die alte Burg „Lucca“. Der 300 km<br />

lange Pilgerweg entlang der<br />

Leine <strong>und</strong> Weser wird noch heute<br />

bewandert.<br />

(rechts: Kloster Loccum in einer<br />

späteren Ansicht von 1840 / unten<br />

links: der Kreuzgang)<br />

Die benachbarte Luccaburg wird noch im 12.Jhd. wieder aufgegeben (unten rechts: die Mauerreste).<br />

17.2.1164 „Julianensturmflut“ als schlimmste Flut im 12.Jhd. mit 20.000 Toten. „Jadebusen“ entsteht.<br />

1167 stirbt der Stifter der Luccaburg <strong>und</strong> des Klostergr<strong>und</strong>stücks Graf Wulbrand I. von Lucca (Loccum)<br />

als letzter Graf von Hallerm<strong>und</strong>.<br />

1169 Vulkanausbruch Ätna (Italien).<br />

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Im 12.Jhd. Alltagsleben im Hochmittelalter Basierend auf einem Aufsatz von Stefan Jacob 1998<br />

Das Leben der einfachen Menschen auf dem Lande (95 % der Ges<strong>am</strong>tbevölkerung <strong>und</strong> fast alle<br />

Bauern) war kurz <strong>und</strong> beschwerlich. Die Kindersterblichkeitsrate lag extrem hoch. So blieb nur<br />

etwa jedes zweite Kind nach der Geburt <strong>am</strong> Leben, die Chance in einem bäuerlichen Haushalt das<br />

Erwachsenenalter zu erreichen, war äußerst niedrig. Nur zwei bis drei von acht Säuglingen starben<br />

nicht als Kleinkind. Die Lebenserwartung lag durchschnittlich kaum über 30 Jahren, <strong>und</strong> gearbeitet<br />

wurde von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Es wurde früh geheiratet, oft schon im<br />

Kindesalter <strong>und</strong> selten aus Liebe, wobei die arbeitsfreie Kindheit schon mit fünf Jahren endete.<br />

Analphabetentum auf dem Lande war der Regelfall. Die Ehe brauchte noch nicht von einem<br />

Priester geschlossen zu werden, <strong>und</strong> entsprechend dem inoffiziellen Charakter gab es viele<br />

Trennungen <strong>und</strong> außereheliche Verbindungen, die moralisch nicht weiter beanstandet wurden. Der<br />

Mann hatte das selbstverständliche, auch von der Kirche abgesegnete Recht, seine Frau zu<br />

schlagen, allerdings „nur mit Maß <strong>und</strong> Ziel“. Man wohnte in einfachen Häusern aus Holz, Stroh<br />

(Reet) <strong>und</strong> Lehm. In den Fenstern war noch kein Glas; die Kälte wurde mit hölzernen Fensterläden<br />

oder Vorhängen aus Tuch oder Tierhaut abgehalten. Weil künstliche Beleuchtung teuer war, ging<br />

man „mit den Hühnern“ schlafen, <strong>und</strong> ohnehin konnte noch fast niemand außer gebildeten<br />

Geistlichen ein Buch lesen — sich erst recht k<strong>eines</strong> kaufen, denn Bücher waren der teuerste<br />

Luxus. Es war üblich, in den zum Liegen zu kurzen Bettkästen halb sitzend auf Kissen aus Stroh<br />

zu schlafen, <strong>und</strong> man saß auf Schemeln oder Holzbänken. Man aß mit den Fingern, manchmal<br />

auch mit dem Löffel aus tönernen Näpfen; Teller waren noch nicht weit verbreitet, <strong>und</strong> Gabeln<br />

wurden bis ins 15. Jahrh<strong>und</strong>ert als „Hexenwerkzeuge“ abgelehnt. Ein Messer, das die Männer<br />

sowieso als Waffe stets bei sich trugen, war zum Schneiden <strong>und</strong> Aufspießen des Essens immer<br />

dabei. Auf dem Speiseplan standen dieselben Haustiere wie heute, aber auch Krähen, Störche,<br />

Igel <strong>und</strong> Eichhörnchen. Zu jeder Mahlzeit wurde Brot gereicht,<br />

doch Gemüse gab es außer Rüben <strong>und</strong> Kohl kaum.<br />

Wer es sich leisten konnte, trank Bier zum Essen <strong>und</strong> auf<br />

Festen. Den Ärmeren blieben nur Wasser <strong>und</strong> Milch. Da<br />

Vorratshaltung ohne Kühlung <strong>und</strong> Konservierung noch kaum<br />

möglich war, lebte man „von der Hand in den M<strong>und</strong>“. Daß es<br />

trotz <strong>eines</strong> Bevölkerungswachstums, relativ selten zu großen<br />

Hungersnöten k<strong>am</strong>, ist bei den immer noch primitiven<br />

Anbaumethoden auf den zunehmenden Einsatz von Ochsen<br />

<strong>und</strong> Pferden als Zugtiere <strong>und</strong> vor allem auf die verstärkte<br />

Waldrodung zurückzuführen, durch die sich die<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen immer mehr vergrößerten. Es<br />

gab noch keine öffentliche Verwaltung, keine Polizei <strong>und</strong> kein<br />

stehendes Heer. Es teilte sich die Gesellschaft in unfreie<br />

Menschen, die man auch „Hörige“ oder „Leibeigene“ nannte,<br />

<strong>und</strong> Freie, zu denen die Ritter, die Geistlichen <strong>und</strong> der Adel<br />

gehörten. Die Unfreien unterstanden einem Gr<strong>und</strong>herrn, für<br />

den sie an 3 bis 5 Tagen in der Woche arbeiten mussten<br />

(Frondienst; ahd./mhd. „frô“ = Herr), dem sie außerdem aus<br />

ihrer privaten Produktion Naturalien abzugeben hatten. Sie durften das Land, auf dem sie lebten,<br />

nicht ohne Erlaubnis ihres Herrn verlassen <strong>und</strong> unterlagen im rechtlichen Streitfall <strong>seiner</strong><br />

Gerichtsbarkeit. Sie konnten von ihrem Herrn totgeschlagen, verschenkt oder verkauft, aber auch<br />

freigelassen werden.<br />

Auszug aus dem Sachsenspiegel „Tierhaltung im Hochmittelalter“<br />

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