Das luftdichte Gebäude - bei der Schweizerischen ...
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Harald Huth<br />
Chrämerweg 6<br />
4856, Glashütten<br />
hhuth@ggs.ch<br />
<strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong><br />
Folgen und Lösungsansätze<br />
Wohnraumgifte und Vermeidungsstrategien<br />
von<br />
Harald Huth
Vorwort<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 2<br />
Seit mehreren Jahren bin ich als Mängelberater für den Mieterverband und für den<br />
Hausverein sowie für Bauherrschaften tätig. Es stellte sich schnell heraus, dass sehr viele<br />
dieser Mängel mit Schimmel und Lüftung zu tun hatten. Immer wie<strong>der</strong> werde ich <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Analyse mit den Folgen einer nachträglich verän<strong>der</strong>ten bauphysikalischen Grundlage<br />
konfrontiert. Ebenfalls ist es erschreckend, dass Messungen, Begutachtungen und Expertisen<br />
von Personen und Firmen erstellt werden, <strong>bei</strong> denen die Bauphysik nach eigenen Regeln<br />
zurechtgebogen wird und SIA Normen neue Zahlenwerte bekommen. Messungen werden<br />
we<strong>der</strong> mit den richtigen Messgeräten noch mit dem Fachwissen, welches hierfür notwendig<br />
ist, durchgeführt. Auch <strong>bei</strong> den Bauabnahmen und an<strong>der</strong>en Bauherrenberatungen ist das<br />
Bewusstsein, was denn ein <strong>luftdichte</strong>s <strong>Gebäude</strong> zur Folge hat, nicht zu erkennen. Bei vielen<br />
Planenden ist Bauphysik nur für den Energienachweis notwendig. Dies überlässt man dann<br />
dem HLK Planer, <strong>der</strong> die Werte nach grober Abschätzung aus dem Bauteilkatalog und<br />
Wärmebrückenkatalog abschreibt. Was ein Lüftungskonzept ist und dass dies zu den<br />
Pflichten des Planenden gehört, ist unbekannt.<br />
Sich häufende Foggingfälle und Anfragen zu gesundheitlichen Beschwerden haben mich<br />
bewogen, dieses Thema zu wählen. Zwar gibt es in diesem Bereich schon einige Literatur,<br />
aber entwe<strong>der</strong> ist sie sehr allgemein und oberflächlich, so dass sie dem Planer kaum dienlich<br />
ist, gute Innenraumluft zu planen, o<strong>der</strong> sie ist sehr tiefgründig, wodurch <strong>der</strong> Planer schnell<br />
den Überblick verlieren kann. Bei <strong>der</strong> heutigen Vielzahl von Baustoffen und <strong>der</strong>en<br />
Zusammensetzung ist es mir selbst schwer gefallen, die Struktur <strong>bei</strong>zubehalten und den<br />
Spagat zwischen grundlegenden Informationen mit ausreichendem Hintergrund und<br />
Verständlichkeit zu finden.<br />
Diese Ar<strong>bei</strong>t soll in aller erster Linie einem Planer helfen, mit <strong>der</strong> ihm bekannten Struktur zu<br />
einer guten Innenraumluftqualität zu gelangen. Die Planungshinweise sind deshalb nach den<br />
SIA Projektstufen und nach dem Baukostenplan aufgebaut. Mit <strong>der</strong> detaillierten Abhandlung<br />
<strong>der</strong> gültigen Normen und <strong>der</strong> aktuellen Rechtssituation kann <strong>der</strong> Planer seine Projekte<br />
optimal für eine gute Innenraumluftqualität umsetzen.<br />
Beson<strong>der</strong>en Dank möchte ich an dieser Stelle dem Bundesamt für Gesundheit, Abteilung<br />
Wohngifte, Herrn Roger Waeber für seine fachliche Unterstützung aussprechen.
Inhaltsverzeichnis<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 3<br />
1 Wie ist die For<strong>der</strong>ung nach dem <strong>luftdichte</strong>n <strong>Gebäude</strong> in <strong>der</strong> Schweiz entstanden? ............... 4<br />
2 Welche Anfor<strong>der</strong>ungen an die Raumluftqualität werden durch die aktuell gültigen Normen<br />
gefor<strong>der</strong>t? ................................................................................................................................... 9<br />
3 Raumluftqualität und Gesundheit ......................................................................................... 13<br />
4 Überblick über Luftverunreinigungen und an<strong>der</strong>e Parameter in Wohnräumen, welche<br />
Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen ........................................................................... 17<br />
4.1 abiotische Luftverunreinigungen.................................................................................... 20<br />
4.1.1 Formaldehyd................................................................................................................ 21<br />
4.1.2 Organische Verbindungen (VOC volatile organic compound) ................................... 24<br />
4.1.3 PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwassersoffe) ............................................... 27<br />
4.1.4 PCB (polychlorierte Biphenyle) .................................................................................. 30<br />
4.1.5 Radon .......................................................................................................................... 32<br />
4.1.6 „Fogging“ „magic dust“ o<strong>der</strong> „Schwarzstaub“ ........................................................... 34<br />
4.2 Biogene Luftverunreinigungen ...................................................................................... 37<br />
4.2.1 Schimmel ..................................................................................................................... 38<br />
4.2.2 Kohlenstoffdioxid CO2 ................................................................................................ 42<br />
4.3 Physikalische Faktoren ................................................................................................... 44<br />
5 Vermeidungsstrategien während Planung und Erstellung eines <strong>Gebäude</strong>s .......................... 46<br />
5.1 Planungsvorgehen im Bezug auf Raumluftqualität ........................................................ 51<br />
5.2 Auswahl <strong>der</strong> Baumaterialien .......................................................................................... 53<br />
5.3 Ist es sinnvoll luftdicht zu bauen ? ................................................................................. 56<br />
5.4 Sind diffusionsoffene Wände o<strong>der</strong> atmende Wände die Lösung ? ............................... 57<br />
5.5 Bauphysikalische Grundlagen in Bezug auf Luftschadstoffe ........................................ 59<br />
5.6 Lüftungskonzept anhand eines konkreten Beispiels aus <strong>der</strong> Paxis ................................ 62<br />
5.7 Rechtliche Situation in <strong>der</strong> Schweiz zu Bewertung von Schadstoffen in Innenräumen 68<br />
5.8 Mögliche Belastungen im <strong>Gebäude</strong>bestand ................................................................... 72<br />
6 Leitfaden für Wohnraumnutzer............................................................................................. 76<br />
Schlusswort .............................................................................................................................. 78
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 4<br />
1 WIE IST DIE FORDERUNG NACH DEM LUFTDICHTEN<br />
GEBÄUDE IN DER SCHWEIZ ENTSTANDEN?<br />
Mit <strong>der</strong> ersten Ölkrise in den 1970er Jahren ist das Bewusstsein in Europa und auch in <strong>der</strong><br />
Schweiz entstanden, dass die Minimierung <strong>der</strong> benötigten Heizenergie für die Zukunft eine<br />
grosse Herausfor<strong>der</strong>ung darstellt.<br />
Sehr schnell wurde jedoch allen Entscheidungsträgern von Politik und Wirtschaft klar, dass<br />
nicht <strong>der</strong> Individualverkehr alleine das Problem lösen kann. Die grössten<br />
Energieeinsparungen liegen in <strong>der</strong> Reduzierung von Heizwärmeenergie im <strong>Gebäude</strong>bereich.<br />
Von Anfang an rückte die <strong>Gebäude</strong>hülle in den Fokus <strong>der</strong> Lösungsansätze, da hier die<br />
meisten Energieverluste entstehen.<br />
In <strong>der</strong> Schweiz wurde und wird sowohl durch verbindliche behördliche Vorschriften (Gesetze<br />
und Verordnungen) als auch durch privatrechtlich definierte Empfehlungen und Normen<br />
(z.B. SIA Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein) die energetische Qualität <strong>der</strong><br />
<strong>Gebäude</strong>hülle beeinflusst. Diese Gesetze, Verordnungen und Normen umfassen in <strong>der</strong> Regel<br />
das gesamte <strong>Gebäude</strong>.<br />
In diesem Text wird jedoch zur besseren Verständlichkeit nur auf die <strong>Gebäude</strong>hülle und die<br />
Luftdichtheit eingegangen.<br />
Als erstes Dokument (gem. o.g. Definition) ist in <strong>der</strong> Schweiz die SIA 180 „Wärmeschutz im<br />
Hochbau“ als Empfehlung im Jahr 1970 veröffentlich worden. Diese Empfehlung ist 1988 in<br />
eine Norm umgewandelt worden und wurde 1999 in überar<strong>bei</strong>teter Version als SIA 180<br />
„Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau“ veröffentlicht. Zu späteren Zeitpunkten sind
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 5<br />
entsprechende Empfehlungen und Normen für Details, Bauelemente und<br />
Berechnungsverfahren veröffentlich worden, welche für die Gesamtbetrachtung in dieser<br />
Ar<strong>bei</strong>t nicht analysiert werden.<br />
Einzelne Kantone führten zu Beginn <strong>der</strong> 1980er Jahre Wärmedämmvorschriften ein, welche<br />
später bis zu <strong>der</strong> heute gültigen MuKEn 2008 ( Mustervorschriften <strong>der</strong> Kantone im<br />
Energiebereich) für die gesamte Schweiz Gültigkeit bekommen haben und einheitlich sind.<br />
Diese MuKEn sützt sich auf den Stand <strong>der</strong> Technik welcher in Art. 1.5 wie folgt festgehalten<br />
ist.<br />
Stand <strong>der</strong> Technik<br />
„Die gemäss dieser Verordnung notwendigen energetischen und raumlufthygienischen<br />
Massnahmen sind nach dem Stand <strong>der</strong> Technik zu planen und auszuführen. Soweit Gesetz<br />
und Verordnung nichts an<strong>der</strong>es bestimmen, gelten als Stand <strong>der</strong> Technik die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Fachorganisatoren und <strong>der</strong> ENDK/ENFK (Konferenz Kantonaler<br />
Energiedirektoren/Energiefachstellen). Diese werden regelmässig von <strong>der</strong> zuständigen<br />
Behörde bezeichnet und öffentlich publiziert.“<br />
Beson<strong>der</strong>s wird in <strong>der</strong> MuKEn 2008 auf Art. 9 Abs. 2 EnG hingewiesen.<br />
Zu Raumlufthygiene:<br />
In <strong>der</strong> Norm 180 wird für jeden Bau ein Lüftungskonzept verlangt.<br />
Zitat aus dem Vorwort:<br />
Insbeson<strong>der</strong>e wird <strong>der</strong> Luftwechsel nicht mehr einfach <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>undichtheit überlassen,<br />
son<strong>der</strong>n muss kontrolliert über eigens dafür vorgesehene Öffnungen o<strong>der</strong> über natürliche o<strong>der</strong><br />
mechanische Lüftungseinrichtungen erfolgen. Die vorliegende Norm verlangt daher eine<br />
grundsätzlich <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle, in <strong>der</strong> man wenn nötig Lüftungsöffnungen vorsieht.<br />
Es wurde verzichtet, eine separate Energie-Vorschrift betreffend Raumlufthygiene in die<br />
MuKEn aufzunehmen. Dieses Problem muss im Rahmen des privatrechtlichen<br />
Auftragsverhältnisses geklärt werden.<br />
In <strong>der</strong> Verordnung zu den Energiesparvorschriften des Energiegesetzes ist im Kanton Aargau<br />
Folgendes festgehalten.<br />
§ 4 Raumlufthygiene<br />
Die Bauten müssen gemäss <strong>der</strong> Norm SIA 180 „Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau“ mit<br />
Aussenluft genügend belüftet werden, so dass eine Anreicherung von Schad- und<br />
Geruchsstoffen und Bauschäden durch zu hohe Raumluftfeuchte vermieden wird.<br />
Auch in an<strong>der</strong>en Kantonen gibt es ähnliche Formulierungen zu diesem Thema. Es ist aber<br />
kantonal unterschiedlich geregelt.<br />
Von diesen aktuellen Normen, Verordnungen und Gesetzen zurück zu <strong>der</strong>en Entwicklung:<br />
Die Norm SIA 180 „ Wärmeschutz im Hochbau“, welche 1970 als Empfehlung erschien und<br />
1988 zur Norm erklärt wurde, <strong>bei</strong>nhaltete folgende Definition zur Luftdichtheit <strong>der</strong><br />
<strong>Gebäude</strong>hülle:<br />
„Die <strong>Gebäude</strong>hülle muss möglichst dicht sein. Es muss aber gleichzeitig gewährleistet sein,<br />
dass <strong>bei</strong> fehlen<strong>der</strong> Benutzerlüftung ein Grundluftwechsel erreicht wird, um eine<br />
Anreicherung von Schad- und Geruchsstoffen sowie eine hohe relative Luftfeuchtigkeit zu<br />
vermeiden.“
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 6<br />
Die Luftqualität ist von verschiedenen Einflüssen abhängig, z.B. von <strong>der</strong> Temperatur und <strong>der</strong><br />
Feuchtigkeit, von <strong>der</strong> Anzahl und <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> Personen im Raum, vor allem aber von<br />
den Lüftungsbedingungen. Durch ausreichenden Luftaustausch sollen Kohlendioxid (CO2),<br />
Gerüche, Feuchtigkeit, Abgase (von Feuerstellen, Kerzen, Zigaretten usw.) und an<strong>der</strong>e<br />
Schadstoffe abgeführt werden. Die relative Luftfeuchtigkeit und insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> CO2-<br />
Gehalt <strong>der</strong> Luft sind die Hauptfaktoren, auf die die minimale Luftwechselrate abgestimmt<br />
werden muss. Dagegen sollte nicht versucht werden, hohe Schadstoffkonzentrationen durch<br />
vermehrten Luftaustausch zu verringern. Vielmehr muss die eigentliche Quelle <strong>der</strong><br />
Schadstoffemission aufgespürt und beseitigt werden.<br />
Bei <strong>der</strong> Quantifizierung <strong>der</strong> optimalen Luftdichtigkeit bzw. Luftdurchlässigkeit muss<br />
unterschieden werden zwischen <strong>Gebäude</strong>n mit mechanischen Lüftungssystem sowie<br />
<strong>Gebäude</strong>n mit Fensterlüftung. Mechanisch belüftete <strong>Gebäude</strong> sollten sehr luftdicht sein, weil<br />
<strong>bei</strong> ihnen die erfor<strong>der</strong>liche Luftwechselrate sichergestellt ist und nicht durch unkontrollierten<br />
Luftaustausch überlagert werden darf. Bei Fensterlüftung muss, gemäss <strong>der</strong> Norm 180<br />
(1988), die <strong>Gebäude</strong>hülle nicht allzu dicht sein. Damit kann auch <strong>bei</strong> geschlossenen Fenstern,<br />
welche auch in diesen Jahren luftdicht geschlossen haben, noch ein ausreichen<strong>der</strong><br />
Luftaustausch –auch <strong>bei</strong> Windstille- gewährleistet werden. Ist die <strong>Gebäude</strong>hülle von<br />
Neubauten ohne mechanische Lüftungsanlagen luftdicht, so ist eine ausreichende Luftqualität<br />
durch periodisches Fensterlüften o<strong>der</strong> durch manuell zu bedienende Lüftungselemente in<br />
Wand o<strong>der</strong> Fenster zu gewährleisten. Es ist zu betonen, dass <strong>bei</strong> Fensterlüftung Luftqualität<br />
und Lüftungswärmeverluste in hohem Masse vom Benutzerverhalten abhängen.<br />
Folgende Grenzwerte wurden in dieser Norm festgelegt:<br />
Gesamt-Luftdurchlässigkeit <strong>bei</strong> „geschlossener“ Fassade <strong>bei</strong> 50 Pa Differenzdruck nL50 nach<br />
dieser Norm.<br />
nL50[h-1]<br />
Unterer Grenzwert Oberer Grenzwert<br />
EFH-Neubauten (mit Fensterlüftung) 2 4,5<br />
MFH-Neubauten (mit Fensterlüftung) 2,5 3,5<br />
Wohn-Neubauten mit Abluftanlagen 2 3<br />
<strong>Gebäude</strong> mit Zu/Abluft- o<strong>der</strong> Klimaanlagen - 1<br />
In <strong>der</strong> überar<strong>bei</strong>teten und auch heute gültigen Fassung wurde in Bezug auf die Luftdichtigkeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle dem Energieverbrauch ein deutlich höherer Stellenwert zugeschrieben und<br />
<strong>der</strong> Luftwechsel nicht mehr <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>undichtheit überlassen.<br />
Die Norm verlangt daher eine grundsätzlich <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle, in <strong>der</strong> man wenn nötig<br />
Lüftungsöffnungen vorsieht.<br />
Folgende Grenzwerte sind in dieser Norm in Abs. 3.1.4.7 festgelegt:<br />
„Für die Beurteilung <strong>der</strong> Luftdurchlässigkeit (Dichtheit) <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle im geschlossenen<br />
Zustand gelten die Grenz- und Zielwerte gemäss Tabelle.“
Va,4,max<br />
M3/(h x m2)<br />
Kategorie Grenzwert Zielwert<br />
Neubauten 0.75 0.5<br />
Umbauten, Erneuerungen 1.5 1<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 7<br />
Die Umrechnung vom früheren Wert <strong>der</strong> Luftdurchlässigkeit nL50 zum neuen va,4 hängt<br />
vom <strong>Gebäude</strong> ab. Formel hierfür ist in <strong>der</strong> SIA 180 zu finden.<br />
Als weiterführende Grundlage für diese Ar<strong>bei</strong>t zitiere ich wichtige Abschnitte <strong>der</strong> aktuell<br />
gültigen SIA 180 „Wärme- und Feuchteschutz“ Ausgabe 1999:<br />
3.1 Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
3.1.1 Allgemeines<br />
3.1.1.1 Grundsätzlich muss die <strong>Gebäude</strong>hülle luftdicht sein.<br />
3.1.1.2 Luftzufuhr von aussen ist erfor<strong>der</strong>lich, um die Raumluft zu erneuern und um dadurch<br />
die Anreicherung von Schad- und Geruchsstoffen sowie zu hohe Raumluftfeuchte zu<br />
vermeiden. Die Lüftung kann auch gezielt eingesetzt werden, um Wärmelasten abzuführen<br />
o<strong>der</strong> einen Raum abzukühlen.<br />
3.1.1.3 Die Lüftung kann erfolgen durch<br />
- freie Lüftung, d.h. eine Lüftung durch Fenster und an<strong>der</strong>e Öffnungen in <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle<br />
(unter Umständen verstärkte Wirkung durch Schächte) unter Mitwirkung des Benützers;<br />
- automatisch geregelte Öffnungen ( z.B. Lüftungsflügel);<br />
- mechanische Lüftung ( lufttechnische Anlage mit Zuluft und Abluft o<strong>der</strong> Abluftanlage mit<br />
definierten Eintrittsöffnungen)<br />
3.3.1.2 Der Architekt ist verpflichtet – allenfalls zusammen mit dem Lüftungsplaner- in einer<br />
frühen Planungsphase ein Lüftungskonzept zu erstellen. Als wesentliche Varianten sind zu<br />
beurteilen:<br />
- natürliche Lüftung mit Benutzerunterstützung<br />
- Abluftanlage mit geführter Zuluft<br />
- mechanische Zu-/Abluftanlage<br />
3.3.1.3 Für eine einwandfreie Systemfunktion <strong>bei</strong> Abluftanlagen sind gezielte Zuluftöffnungen<br />
zu konzipieren, die <strong>bei</strong>m Abstellen des Ventilators selbsttätig schliessen.<br />
3.3.1.4 Zu-/Abluftanlagen und Abluftanlagen sind wenn immer möglich mit<br />
Wärmerückgewinnung zu versehen.<br />
3.3.1.5 Bestehen im Entscheidungsprozess Zweifel, dass die benutzerunterstütze natürliche<br />
Lüftung während <strong>der</strong> gesamten Lebensdauer des <strong>Gebäude</strong>s zu den gewünschten<br />
Luftaustauschraten führt, so ist eines <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den mechanischen Systeme zu wählen.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 8<br />
3.3.3.1 In <strong>Gebäude</strong>n mit ausschliesslich natürlicher Lüftung, insbeson<strong>der</strong>e <strong>bei</strong><br />
Mehrfamilienhäusern, wird empfohlen, selbsttätige Lüftungsöffnungen (z.B. mit<br />
automatischer Feuchteregelung) vorzusehen.<br />
3.3.3.2 Alle Raumzonen, die mit Abluftanlagen ausgestattet sind, sind mit Zuluftöffnungen zu<br />
versehen. Die Zuluftöffnungen müssen sich automatisch schliessen, wenn die Abluftanlage<br />
abstellt.<br />
3.3.3.3 Platzierung, Anzahl und Aufteilung von Zuluftöffnungen sind so zu wählen, dass keine<br />
unangenehmen Luftströme entstehen, also z.B. in Rolladenkästen, über Fenstern o<strong>der</strong> direkt<br />
über Radiatoren. Die Zuluftöffnungen müssen jedoch für Unterhalts- und Reinigungsar<strong>bei</strong>ten<br />
zugänglich sein.<br />
Wie dieses durchaus umfangreiche Zitat <strong>der</strong> einzelnen Bereiche <strong>der</strong> aktuellen SIA 180<br />
aufzeigt, sind für die Planung klar definierte Vorgaben gemacht worden, um die<br />
Raumluftqualität in einem <strong>Gebäude</strong> mit <strong>luftdichte</strong>r <strong>Gebäude</strong>hülle zu gewährleisten.<br />
Nicht definiert ist jedoch, wie hoch die Luftwechselrate in einem Wohnraum mindestens sein<br />
muss, um <strong>der</strong> Raumlufthygiene genüge zu tragen und welche Obergrenzen <strong>bei</strong> Schadstoffen<br />
nicht überschritten werden dürfen. Ebenfalls gibt es keine Obergrenze <strong>bei</strong> <strong>der</strong> natürlichen<br />
Lüftung mit Benutzerunterstützung. Sind hier 2, 3 o<strong>der</strong> gar 10 Stosslüftungen pro Tag für den<br />
Benutzer als zumutbar zu werten.
2 WELCHE ANFORDERUNGEN AN DIE<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 9<br />
RAUMLUFTQUALITÄT WERDEN DURCH DIE AKTUELL<br />
GÜLTIGEN NORMEN GEFORDERT?<br />
Bevor ich über Raumluftqualität spreche, möchte ich definieren, was unter Raumluft in<br />
diesem Kontext zu verstehen ist. Raumluft ist die im Innenraum eines <strong>Gebäude</strong>s vorhandene<br />
Luft, in dem sich Menschen längerfristig aufhalten.<br />
Hierzu gehören:<br />
- Private Wohn- und Aufenthaltsräume wie Küche, Wohn-, Schlaf und Badezimmer,<br />
Bastel-, Sport- und Kellerräume<br />
- Räume in <strong>Gebäude</strong>n, die nicht im Hinblick auf Luftschadstoffe<br />
ar<strong>bei</strong>tnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen unterliegen<br />
- öffentliche <strong>Gebäude</strong> (Schulen, Kin<strong>der</strong>gärten, Krankenhäuser, Sporthallen u.a.)<br />
Nachfolgend zeige ich auf, dass es für einen Teil dieses Themas durchaus praktisch nutzbare<br />
Normen gibt, aber auch noch umfangreiche Lücken in <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Parameter für eine<br />
gute o<strong>der</strong> schadstoffarme Raumluft existieren.<br />
In <strong>der</strong> Norm SIA 180 „ Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau“ werden ausschliesslich die<br />
Themenbereiche <strong>der</strong> physikalischen Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchte und<br />
Luftgeschwindigkeit behandelt. Auf die einzelnen Anfor<strong>der</strong>ungen möchte ich im Kapitel 5<br />
näher eingehen, da es im Schwerpunkt die Planung und Ausführung eines <strong>Gebäude</strong>s betrifft.<br />
In <strong>der</strong> Norm SIA 382/1 „Lüftungs- und Klimaanlagen – Allgemeine Grundlagen und<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen“ werden ebenfalls im Schwerpunkt physikalische Faktoren behandelt. Bei <strong>der</strong><br />
Definition von Luftarten, werden einige wenige Schadstoffe und <strong>der</strong>en Grenzwerte für die<br />
Aussenluft benannt. Die Angaben begrenzen sich auf Stickstoffdioxid NO2, Ozon O3 und<br />
Schwebestaub PM 10. Die Luftqualität <strong>der</strong> Raumluft wird analog <strong>der</strong> Norm EN 13779 in<br />
folgende Klassen geordnet.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 10<br />
Kategorie nach EN 13779<br />
(1992 sowie 2005 SIA 382)<br />
Beschreibung Beispiele<br />
RAL 1 Raumluft mit spezieller Luftqualität<br />
Luft in Räumen mit Labor- und<br />
beson<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen Produktionsräume für<br />
an den Gehalt von Fremd- empfindliche Ar<strong>bei</strong>ten bzw.<br />
und Geruchsstoffen in <strong>der</strong><br />
Raumluft<br />
Güter<br />
RAL 2 Raumluft mit hoher Luftqualität<br />
Luft in Räumen, die dem Räume mit speziellen<br />
Aufenthalt von Personen Ansprüchen an Gerüche,<br />
dienen und <strong>bei</strong> denen erhöhte insbeson<strong>der</strong>e für neu<br />
Ansprüche gestellt werden;<br />
CO2-Pegel < 950 ppm,<br />
Luftrate > 36 m3/h x Person<br />
eintretende Personen<br />
RAL 3 Raumluft mit mittlerer Luftqualität<br />
Luft in Räumen, die dem Typische Wohn- und<br />
Aufenthalt von Personen<br />
dienen;<br />
CO2-Pegel 950 bis 1350<br />
ppm;<br />
Luftrate 22 bis 36 m3/h x<br />
Person<br />
Büroräume<br />
RAL 4 Raumluft mit niedriger Luftqualität<br />
Luft in Räumen, in denen Lagerräume, Korridore;<br />
sich nur selten o<strong>der</strong> keine Räume, in denen geraucht<br />
Personen aufhalten, sowie<br />
Luft in Räumen, in denen<br />
geraucht wird<br />
wird<br />
Seit 2007 ist die neue Fassung <strong>der</strong> EN 13799 erschienen und in sehr vielen Län<strong>der</strong>n gültig, in<br />
welcher die Tabelle zur Klassifizierung <strong>der</strong> Raumluftqualität wie folgt aussieht.<br />
Raumluft –<br />
Kategorie<br />
(Indoor Air)<br />
Beschreibung Erhöhung <strong>der</strong><br />
CO2 –<br />
Konzentration<br />
gegenüber<br />
Aussenluft<br />
(ppm)<br />
IDA 1 Hohe<br />
Raumluftqualität<br />
IDA 2 Mittlere<br />
Raumluftqualität<br />
IDA 3 Mässige<br />
Raumluftqualität<br />
IDA 4 Niedrige<br />
Raumluftqualität<br />
Absolute CO2<br />
–<br />
Konzentration<br />
in <strong>der</strong><br />
Innenraumluft<br />
(ppm)<br />
< 400 < 800 > 15 [> 54]<br />
Lüftungsrate /<br />
Aussenluftvolumenstrom<br />
(l/s Person)<br />
([m3/h Person])<br />
> 400 - 600 > 800 - 1000 10-15 [ > 36-54]<br />
> 600 - 1000 > 1000 - 1400 6-10 [ > 22-36]<br />
> 1000 > 1400 < 6 [< 22]
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 11<br />
Eindeutig ist zu erkennen, dass mit <strong>der</strong> neuen EN 13799 die Werte noch genauer beschrieben<br />
wurden.<br />
Ersichtlich ist, dass hier nur eine Ordnung anhand des CO2 Gehaltes in <strong>der</strong> Raumluft und die<br />
Zufuhrmenge an Aussenluft pro m3/h x Person stattfindet.<br />
Persönlich sehe ich die RAL 2 bzw. IDA 2 als Mindeststandard für Allergie – Personen. Dies<br />
bedeutet aber auch, dass <strong>bei</strong> <strong>Gebäude</strong>n mit kontrollierter Wohnraumlüftung die<br />
Volumenströme gegenüber den Minergie – Standard erhöht werden müssen.<br />
Im Merkblatt SIA 2023 „Lüftung in Wohnbauten“ sind folgende Aussagen zur<br />
Raumluftqualität festgehalten.<br />
5.3 Raumluftqualität<br />
Luftzufuhr von aussen in ein <strong>Gebäude</strong> ist erfor<strong>der</strong>lich, um<br />
- Die Raumluft zu erneuern<br />
- Die Anreicherung von Raumluftbelastungen in Form von Gerüchen,<br />
Verunreinigungen, Schadstoffen und zu hoher Feuchte zu vermeiden,<br />
- Zeitweise gezielt Wärme abzutransportieren o<strong>der</strong> einen Raum abzukühlen.<br />
Ziel <strong>der</strong> Belüftung ist somit die Gewährleistung einer guten Raumluftqualität ( keine<br />
gesundheitlichen Störungen, keine Beeinträchtigung des Wohlbefindens), des<br />
Feuchteschutzes <strong>der</strong> Bausubstanz un eines angenehmen Raumklimas.<br />
Gleichzeitig muss <strong>der</strong> Energiebedarf für die Luftför<strong>der</strong>ung angemessen bleiben.<br />
Bei <strong>der</strong> Planung wird nicht unterschieden zwischen Wohn- und Schlafzimmern.<br />
5.3.1 Emissionen, Belastungen<br />
Die Raumluft kann auch durch eine Vielzahl von potenziell gesundheitsgefährdenden Stoffen<br />
belastet werden. Diese können, müssen aber nicht, auch Geruchsauswirkungen haben und so<br />
zu einer Verschlechterung <strong>der</strong> empfundenen Raumluftqualität führen. Belastungen sind:<br />
Schadstoffe aus <strong>der</strong> Aussenluft wie Feinstaub, Stickoxide, Kohlenmonoxid; Radon aus dem<br />
Bauuntergrund; Schadstoffe aus Baumaterialien und Einrichtungsgegenständen wie<br />
Formaldehyd, Lösemittel und an<strong>der</strong>e flüchtige organische Verbindungen ( VOC); biologische<br />
Verunreinigungen wie Allergene von Pollen, Milben und Haustieren sowie Schimmelpilze<br />
und Bakterien; Emissionen aus Aktivitäten <strong>der</strong> Benutzer wie Tabakrauch o<strong>der</strong> flüchtige Stoffe<br />
aus Haushaltsprodukten. Am schwerwiegendsten ist das Rauchen, da auch mit stark erhöhten<br />
Luftraten die Schadstoffkonzentration nicht auf ein akzeptables Mass reduziert werden kann.<br />
Mit Ausnahme von Radon (Strahlenschutzverordnung) existieren keine verbindlichen<br />
Konzentrationsgrenzwerte für Raumluftschadstoffe in Wohnungen. Für Formaldehyd und<br />
PCB in <strong>der</strong> Innenraumluft hat das Bundesamt für Gesundheit Richtwerte festgelegt.<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
Vermeidbare Emissionen sind durch Massnahmen an <strong>der</strong> Quelle so weit zu reduzieren, dass<br />
die ohnehin benötigten Aussenluftraten zur Verdünnung genügen (Quellenbekämpfung). Dies<br />
gilt insbeson<strong>der</strong>e für Emissionen aus Inneneinrichtungen, Baumaterialien, Anstrichen und<br />
Reinigungsar<strong>bei</strong>ten sowie das Eindringen von Radon in bewohnte Räume (vgl. technische<br />
Dokumentation Radon). Für den Bau und die Inneneinrichtungen sollen deshalb<br />
emissionsarme Materialien verwendet werden (siehe Deklarationsraster SIA 493).<br />
Die Aussenluftqualität hat einen grossen Einfluss auf die Innenraumqualität. Bei mechanisch<br />
geführter Zuluft muss die Aussenluft gefiltert werden. Damit werden Staub und<br />
Aussenluftkeime sowie Schimmelsporen und Bakterien effizient abgeschieden. Mangelnde
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 12<br />
Wartung und Sauberkeit in <strong>der</strong> Lüftungsanlage können aber dazu führen, dass Teile <strong>der</strong><br />
Lüftungsanlage selber zu Belastungsquellen werden. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für verschmutzte<br />
Filter und Kanäle. Zur Sicherstellung <strong>der</strong> Hygiene sind Massnahmen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung,<br />
Fertigung und Ausführung sowie <strong>bei</strong>m Betrieb und Unterhalt notwendig. Massgebend ist die<br />
Richtlinie SWKI VA 104-01.<br />
In Wohnquartieren muss mit einem gelegentlichen Auftreten von Gerüchen (z.B.<br />
Cheminéerauch, Grillieren) gerechnet werden. Es ist nicht Aufgabe <strong>der</strong> Lüftung, diese<br />
Gerüche zu eliminieren. Die Standardanfor<strong>der</strong>ung an eine Lüftungsanlage ist, dass die<br />
Zuluftqualität gleich ist wie die Aussenluftqualität. Spezielle Anfor<strong>der</strong>ungen und<br />
Massnahmen (z.B. Aktivkohlefilter) sind zu vereinbaren.<br />
Rauchen: Ohne beson<strong>der</strong>e Vereinbarung kann davon ausgegangen werden, dass in<br />
Wohnräumen nicht geraucht wird.<br />
In SIA 180 Anhang A3.1 (Beispiel typischer minimaler Luftmengen)<br />
Verunreinigung Geruch CO2 Feuchte<br />
Verunreinigungsproduktion G 1 olf 17 l/h 40 g/h<br />
Maximal zulässige<br />
Verunreinigungskonzentration<br />
C max<br />
0.2 pol 1500 ppm 10 g/m3<br />
Verunreinigungskonzentration<br />
Aussenluft Ce<br />
0 pol 360 ppm 6 g/m3<br />
Minimaler Aussenluft-<br />
Volumenstrom V min<br />
18 m3/h 15 m3/h 10 m3/h<br />
Es sind auch hier keine Grenz-, Ziel- o<strong>der</strong> Orientierungswerte zu abiotischen o<strong>der</strong> biogenen<br />
Luftverunreinigungen zu finden.<br />
In Kapitel 5.7 dieser Ar<strong>bei</strong>t wird auf die rechtliche Grundlage durch Herrn Roger Weber,<br />
BAG detailliert eingegangen.<br />
Somit kann festgehalten werden, dass in <strong>der</strong> Schweiz zurzeit keinerlei Grundlage existiert,<br />
welche abiotische o<strong>der</strong> biogene Luftverunreinigungen reglementiert (Radon, Formaldehyd,<br />
PCB).<br />
Nur für die physikalischen Faktoren sind klare Grenzwerte vorgegeben. Hierdurch kann<br />
zumindest eine häufig vorkommende Quelle für biogene Luftverunreinigungen (Schimmel)<br />
sachlich anhand von Vorgaben behandelt werden.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 13<br />
3 RAUMLUFTQUALITÄT UND GESUNDHEIT<br />
Ich möchte hier zuerst einmal auf den Begriff „Gesundheit“ näher eingehen, da es hierzu<br />
durch den Alltag sehr unterschiedliche Definitionen gibt.<br />
Die WHO (World Health Organization) definiert Gesundheit wie folgt:<br />
Sieht man Gesundheit nach dieser Definition im Zusammenhang mit Luftdichtheit und<br />
Raumluft, so werden wir nie eine „gesunde“ Raumluft erreichen. Denn ein <strong>Gebäude</strong> mit guter<br />
Raumluft alleine kann den Bewohnern nicht grundsätzlich auch noch geistiges, seelisches<br />
und soziales Wohlbefinden anbieten. Erst wenn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung und Erstellung, aber auch<br />
dem Betrieb eines <strong>Gebäude</strong>s die künftigen o<strong>der</strong> aktuellen Bewohner mit ihren<br />
Befindlichkeiten berücksichtigt werden, kann man in die Nähe dieser Definition kommen.<br />
Der baubiologische Ansatz versucht genau diesen Weg zu gehen. Bewusst muss man aber<br />
auch sagen, dass in <strong>der</strong> heutigen Gesellschaft diese Definition von Gesundheit alleine durch<br />
ein <strong>Gebäude</strong> kaum erreicht werden kann. Aus diesem Kontext heraus ist es auch als sehr<br />
kritisch anzusehen, von „gesunden“ Baustoffen o<strong>der</strong> Raumklima zu sprechen. Vielmehr geht<br />
es um die Vermeidung von Schadstoffen während <strong>der</strong> Bau- und Nutzungsphase eines<br />
<strong>Gebäude</strong>s. Wenn gelingt, dass Schadstoffe aus <strong>der</strong> Raumluft ferngehalten werden, so ist<br />
zumindest <strong>der</strong> Grundstein gelegt, dass die Bewohner gesund in diesem <strong>Gebäude</strong> leben<br />
können. Die Verantwortung während <strong>der</strong> Nutzungsphase liegt also <strong>bei</strong> jedem einzelnen<br />
Bewohner, sofern er aus bautechnischer Sicht die Chance dazu hat.<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t soll in Bezug auf Raumluftqualität in einem <strong>Gebäude</strong> die planerische<br />
Aufgabe betrachtet werden. Damit <strong>der</strong> spätere Nutzer die Chance auf eine schadstofffreie<br />
o<strong>der</strong> –arme Raumluft hat. Es soll aber auch <strong>der</strong> Nutzer mit einbezogen werden, damit er nicht<br />
durch sein Verhalten während <strong>der</strong> Nutzung des <strong>Gebäude</strong>s alle planerischen und baulichen<br />
Aufwendungen zunichte macht.
Typische Gesundheitsbeschwerden sind:<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 14<br />
Schleimhauteffekte Reizungen, Jucken o<strong>der</strong> Brennen <strong>der</strong> Augen, verstopfte<br />
und /o<strong>der</strong> laufende Nase, trockener Hals, Hustenreiz<br />
Heiserkeit<br />
Hauteffekte Trockene Haut, Juckreiz, Rötungen, Urticaria<br />
Zentralnervöse und<br />
vegetative Symptome,<br />
systemische Reaktionen<br />
Allergieähnliche / allergische<br />
Symptome<br />
(Nesselsucht)<br />
Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen,<br />
Benommenheit, Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit,<br />
Schlafstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber,<br />
Geruchs- und Geschmacksirretationen, unspezifische<br />
Überempfindlichkeit<br />
Allergische und asthmoide Reaktionen bzw.<br />
Verschlechterung <strong>der</strong> Symptomatik <strong>bei</strong> AllergierInnen<br />
und AsthmatikerInnen<br />
An dieser Stelle möchte ich aber auch auf das Thema <strong>der</strong> Empfindung und des jeweiligen<br />
Leidensdruckes eingehen. Am besten wird dies in <strong>der</strong> Publikation „Wohnen und Gesundheit“<br />
<strong>der</strong> Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz abgehandelt.<br />
Dazu folgende Abbildung:<br />
Hier wird aber auch klar, dass ab hier <strong>der</strong> Mediziner gefragt ist und <strong>der</strong> Baubiologe an seine<br />
Grenzen stösst.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 15<br />
Immer wie<strong>der</strong> kommt es vor, dass sich Nutzer eines <strong>luftdichte</strong>n <strong>Gebäude</strong>s in diesem nicht<br />
wohl fühlen und ständig meinen, dass die Luft verbraucht o<strong>der</strong> schlecht wäre. Meiner<br />
Meinung nach handelt es sich <strong>bei</strong> <strong>Gebäude</strong>n, wo diese Situation eintritt, um eindeutige<br />
Fehlplanungen beson<strong>der</strong>s in Bezug auf das Lüftungskonzept. In meiner Tätigkeit als<br />
Bauberater hatte ich einen hierfür exemplarischen Fall zu betreuen. Es stellte sich heraus,<br />
dass kein Lüftungskonzept erstellt war und in dem <strong>Gebäude</strong> durch eine Abluftanlage in<br />
einem gefangenen Raum dauerhaft eine Unterdrucksituation bestand. Diese Abluftanlage war<br />
in ihrer Wirkung durch den Unterdruck so eingeschränkt, dass Feuchte und Gerüche kaum<br />
mehr abtransportiert wurden. Nach dem Einbau einer Zuluft war das Empfinden <strong>der</strong> Nutzer<br />
sofort verbessert. Wichtig ist deshalb, das Empfinden <strong>der</strong> Nutzer genauer zu analysieren.<br />
Denn in <strong>der</strong> menschlichen Psychologie spielt es eine enorm grosse Bedeutung, ob eine<br />
mögliche Belastung durch Fremdeinwirkung entsteht o<strong>der</strong> ob er selbst <strong>der</strong> Verursacher ist<br />
(siehe dialektisches Modell <strong>der</strong> Umwelt – Psychosomatik). Dies kann ich <strong>bei</strong> den vielen<br />
Schimmelberatungen immer wie<strong>der</strong> gut feststellen. Sobald man akzeptiert, dass man selbst<br />
<strong>der</strong> Auslöser für eine Schadstoffbelastung ist, wird das Potential für Erkrankungen<br />
schlagartig geringer. Oft kommen dann Aussagen wie: ja wenn das so ist, dann liegt es doch<br />
am Rauchen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbelastung usw.<br />
Anhand dieser Situation ist ersichtlich wie komplex es ist, zu einer wirklich gesunden<br />
Innenraumluft in <strong>der</strong> Planung zu kommen. Zumal sich bereits nach kurzer Zeit das Verhalten<br />
des Nutzers viel stärker auswirkt als die Baustoffe, welche verbaut worden sind. Deshalb sei<br />
an dieser Stelle auch festgehalten, dass das Thema <strong>der</strong> Innenraumluft wichtig ist, jedoch nicht<br />
dazu dienen sollte, Panik zu schüren. Wichtiger ist die Aufklärung aller am Bau Beteiligten<br />
und <strong>der</strong> Nutzer. Bei dem Themenfeld Gesundheit und Bauen in Bezug auf<br />
Innenraumluftqualität kann meiner Meinung nach die Baubiologie wichtige Akzente setzen.<br />
Die Baubiologie stellt in ihrem Leitbild den Mensch in den Mittelpunkt. Sie verfügt über<br />
einen sehr grossen Erfahrungsschatz über den Umgang mit natürlichen und naturbelassenen<br />
Baustoffen. Somit könnte die Baubiologie hier wichtige Beträge für die Aufklärung<br />
erbringen. Dies beson<strong>der</strong>s in Bezug auf Lüftungskonzepte auf alternativer Basis ergänzend zu<br />
<strong>der</strong> rein technischen Lösung, wie Sie heute häufig angewendet wird.<br />
Auch die WHO selbst hat in mehreren Dokumenten das Thema Innenraumluftqualität<br />
abgehandelt und wertet laufend alle Studien zu diesem Thema aus. Nach Angabe <strong>der</strong> WHO<br />
sind dies in den letzten Jahren weit über tausend wissenschaftliche Studien aus den<br />
verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen gewesen. Gemäss WHO gehört die<br />
Innenraumluftqualität zu den 10 wichtigsten Einflussfaktoren für die menschliche<br />
Gesundheit. Diese Stellung ergibt sich jedoch nur, weil in ärmeren Län<strong>der</strong>n häufig noch mit<br />
offenen Feuerstellen in den <strong>Gebäude</strong>n gekocht wird. In den reicheren Industrielän<strong>der</strong>n spielt<br />
die Innenraumluftqualität für die Gesundheit hingegen eine untergeordnete Rolle. Aber durch<br />
die vielen abiotischen und biotischen sowie physikalischen Faktoren nimmt die Zahl von<br />
Nutzern mit unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit o<strong>der</strong> allergischen<br />
Reaktionen zu.<br />
Im Jahre 2011 wurde deshalb eine Leitlinie für ausgewählte Schadstoffe veröffentlicht.<br />
Ebenfalls im Jahre 2007 eine Leitlinie für Feuchtigkeit und Schimmel.<br />
Da wir uns zu rund 90% in Innenräumen aufhalten, spielt die Innenraumluftqualität eine<br />
wichtige Rolle, weil bereits geringe Mengen von einzelnen Schadstoffen o<strong>der</strong><br />
Schadstoffmixen zu unspezifischen Symptomen führen können, welche jedoch durch die
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 16<br />
Medizin nicht in einen eindeutigen Kausalzusammen mit einer Noxe gebracht werden<br />
können.<br />
Dies hat oft hohe Kosten für Abklärung und Heilung zur Folge.<br />
Deshalb sind Aufklärung und Vermeidung hier umso wichtiger, damit unsere<br />
Gesundheitskosten nicht noch weiter belastet werden.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 17<br />
4 ÜBERBLICK ÜBER LUFTVERUNREINIGUNGEN UND<br />
ANDERE PARAMETER IN WOHNRÄUMEN, WELCHE<br />
GESUNDHEIT UND WOHLBEFINDEN BEEINFLUSSEN<br />
Zum besseren Verständnis möchte ich an dieser Stelle die Quellen und <strong>der</strong>en Ursache für<br />
einige typische Emissionen und Aktivitätsprodukte aufzeigen.<br />
Quelle /<br />
Ursache<br />
Lebewesen<br />
Mensch,<br />
Haustiere,<br />
Schädlinge<br />
Zimmerpflanzen <br />
Schimmelpilze<br />
Vorgang / Aktivität Verwendete Produkte,<br />
Quellen im engeren<br />
Sinne<br />
Atmung<br />
Anwesenheit von<br />
Nutzer<br />
Transpiration Anwesenheit von<br />
Nutzer<br />
Verdauung,<br />
Ausscheidungsvorgänge<br />
Haarausfall,<br />
Hautabschilferung<br />
Anwesenheit von<br />
Nutzer<br />
Anwesenheit von<br />
Nutzer<br />
Ausdünstungen Anzahl, Grösse und<br />
Art <strong>der</strong> Zimmerpflanze<br />
Vermehrung,<br />
Stoffwechsel<br />
Feuchte, Erde in<br />
Pflanztöpfen<br />
Typische Emissionen /<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Kohlendioxid,<br />
Wasserdampf,<br />
körpereigene<br />
Geruchsstoffe,<br />
Geruchsstoffe aus<br />
Lebensmitteln; Bakterien<br />
und Viren<br />
Wasserdampf,<br />
Geruchsstoffe<br />
Darmgase, Geruchsstoffe<br />
und Zersetzungsprodukte<br />
aus Exkrementen bzw.<br />
krankhaften<br />
Abson<strong>der</strong>ungen, Bakterien<br />
und Viren; allergener Staub<br />
Allergener Staub<br />
Terpene und an<strong>der</strong>e<br />
Geruchsstoffe, z.T. Latex,<br />
Wasserdampf<br />
Pilzsporen, Mykotoxine,<br />
Geruchsstoffe<br />
MVOC
Quelle /<br />
Ursache<br />
Vorgang / Aktivität Verwendete Produkte,<br />
Quellen im engeren<br />
Sinne<br />
Bausubstanz /<strong>Gebäude</strong>ausrüstung<br />
Baukörper und<br />
Baumaterial<br />
Raumlufttechnische<br />
Anlage<br />
Raumausstattung,Einrichtungsgegenstände<br />
Produkverar<strong>bei</strong>tung,<br />
Ausgasung,<br />
Alterung, Abrieb,<br />
Zersetzung<br />
Luftströmungen in<br />
<strong>Gebäude</strong>n<br />
Betrieb und<br />
Wartung<br />
Produkte -<br />
verar<strong>bei</strong>tung,<br />
Renovierung,<br />
Ausgasung<br />
Raumnutzung<br />
Energieeinsatz Verbrennungsproze<br />
sse, Öfen, Ethanol-<br />
Öfen, Kochen<br />
Hygiene Körperpflege,<br />
kosmetische<br />
Behandlung,<br />
Reinigung- und<br />
Pflegemassnahmen,<br />
Schädlings -<br />
bekämpfung<br />
Baustoffe, Bauten- und<br />
Korrosionsschutz -<br />
mittel,<br />
Isolierstoffe,<br />
Dichtungsmaterialien<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 18<br />
Typische Emissionen /<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Verschiedenartige gas- und<br />
partikelförmige Stoffe, wie<br />
z. B. Lösungsmittel,<br />
Weichmacher, Monomere,<br />
Pthalate, Holzschutz- und<br />
Flammschutzmittel, Fasern<br />
(Asbest, Mineralwolle),<br />
Radon aus Baumaterialien<br />
Benachtbarte Räume Diverse Substanzen aus<br />
an<strong>der</strong>en Teilen des<br />
<strong>Gebäude</strong>s wie Tabakrauch,<br />
Lösungsmittel,<br />
Wäscher, Filter,<br />
Isolier- und<br />
Dichtungsmaterialien,<br />
Ablagerungen<br />
Möbel,<br />
Fussbodenbeläge,<br />
Heimtextilien,<br />
Anstrichmittel, Tapeten<br />
Holz, Gas, Ethanol,<br />
Heizöl<br />
Kosmetische Mittel<br />
und<br />
Bedarfsgegenstände,<br />
Parfüm, Duschgel,<br />
Wasch- und Putzmittel,<br />
Polituren,<br />
Desinfektionsmittel,<br />
Schädlings -<br />
bekämpfungsmittel<br />
Geruchsstoffe<br />
Mikroorganismen und<br />
<strong>der</strong>en<br />
Stoffwechselprodukte,<br />
Biozide, Fasern, Staub,<br />
Geruchsstoffe<br />
Lösungsmittel, Monomere<br />
und Oligomere aus<br />
Kunststoffen, Harzen,<br />
Oberflächenbeschichtunge<br />
n und Klebern (z.B.<br />
Formaldehyd), Fasern,<br />
Weichmacher,<br />
Flammschutzmittel<br />
Heizöldampf,<br />
Kohlenstoffdioxid,<br />
Kohlenmonoxid,<br />
Stickstoffoxide, Staub,<br />
Kohlenwasserstoffe,<br />
Wasserdampf, und viele<br />
an<strong>der</strong>e organische Stoffe<br />
Lösungsmittel, Treibgase,<br />
Duftstoffe, anorganischen<br />
und organische Aerosole,<br />
Haloforme, Radon und<br />
Legionellen aus<br />
Warmwassersystemen,<br />
Ammoniak, Chlor- und<br />
Chlorverbindungen,<br />
Tetrachlorethen,
Quelle /<br />
Ursache<br />
Überdecken<br />
von Gerüchen<br />
Vorgang / Aktivität Verwendete Produkte,<br />
Quellen im engeren<br />
Sinne<br />
Verwendung durch<br />
Raumnutzer<br />
Duftsprays – kerzen,<br />
Duftlampen,<br />
Räucherstäbchen<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 19<br />
Typische Emissionen /<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Insektiziede, Bakterizide<br />
Flüchtige organische<br />
Verbindungen,<br />
Geruchsstoffe<br />
(Katalysatoreffekt)<br />
Tabakwaren Rauchen Tabak Kohlenstoffmonoxid,<br />
Stickstoffoxide, Nikotion,<br />
Aldehyde, Nitrosamine und<br />
zahlreiche an<strong>der</strong>e<br />
organische Stoffe (z. B.<br />
polyzyklische aromatische<br />
Nutzung als<br />
Büro<br />
Nutzung im<br />
Rahmen von<br />
Hobby- und<br />
Heimar<strong>bei</strong>ten<br />
Nutzung als<br />
Garage<br />
Bürobetrieb Büroartikel, EDV-<br />
Geräte, Kopierer<br />
Heimwerken,<br />
Renovieren, Malen<br />
und <strong>der</strong>gleichen<br />
Farben, Lacke, Kleber,<br />
Sprays, Bastelartikel<br />
Lagerraum Treibstoffe, Farben,<br />
Lacke,<br />
Reinigungsmittel usw.<br />
Kohlenwasserstoffe)<br />
Organische Lösemittel,<br />
Weichmacher,<br />
Flammschutzmittel,<br />
Tonerbestandteile, Ozon<br />
Anorganische und<br />
organische gas- und<br />
aerosolförmige Stoffe, vor<br />
allem Treib- und<br />
Lösungsmittel, Stäube,<br />
Monomere, Biozide<br />
Kraftstoffdämpfe, Abgase,<br />
Lösungsmittel<br />
Luftverunreinigungen und Parameter in Wohnräumen sind:<br />
1. Abiotische Luftverunreinigungen wie organisch, chemische Verbindungen, Asbest,<br />
Radon usw.<br />
2. Biogene Luftverunreinigungen wie Pollen, Schimmelpilze, anthropogene Emissionen<br />
3. Physikalische Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchte o<strong>der</strong> Luftgeschwindigkeit.<br />
Zusätzlich gibt es weitere Noxen(lateinisch Noxa „<strong>der</strong> Schaden“ , im weiteren Sinn versteht<br />
man unter einer Noxe jede Art von gefährden<strong>der</strong> und potentiell schädlicher Substanz und<br />
schädigendem Einfluss) wie Luftionen, elektromagnetische Fel<strong>der</strong> o<strong>der</strong> radiästhetische<br />
Phänomene, welche zwischen <strong>der</strong> Baubiologie und <strong>der</strong> Wissenschaft kontrovers diskutiert<br />
werden. Darauf wird in dieser Ar<strong>bei</strong>t nicht eingegangen. Der Umfang wäre zu gross, um<br />
diesem Themenfeld gerecht zu werden.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 20<br />
Grundsätzlich gilt, <strong>bei</strong> den gesundheitlichen Auswirkungen folgende Unterscheidungen<br />
vorzunehmen.<br />
- Störungen des Wohlbefindens<br />
- Akute Wirkungen<br />
- Allergien<br />
- Subakute und chronische Wirkungen<br />
Die Wirkung <strong>der</strong> jeweiligen Noxe wird beeinflusst durch:<br />
- Dosis: Konzentration und zeitliche Verteilung<br />
- Genetische Prädisposition<br />
- Persönliche und umfeldbezogene Aspekte (Verhalten, zusätzliche Belastungen)<br />
- Psycho-soziale Situation<br />
4.1 abiotische Luftverunreinigungen<br />
Abiotische Luftverunreinigungen werden durch Stoffe verursacht, die nicht durch Lebewesen<br />
gebildet werden.Abiotische Luftverunreinigungen können in folgende Gruppen unterschieden<br />
werden.<br />
- Organisch<br />
- Anorganisch<br />
- Staub- und Faserförmig<br />
Die im weiteren Verlauf angeführten Substanzen bzw. Substanzgruppen sind zum Teil mit<br />
ihren chemischen Bezeichnungen (z.B. Formaldehyd), zum Teil mit ihren chemischen<br />
Eigenschaften (z.B. Very Volatile Organic Compounds) und zum Teil mit ihrer Funktion im<br />
Baugeschehen (z.B. Weichmacher) angeführt. In manchen Fällen können zum Teil völlig<br />
unterschiedliche chemische Substanzklassen unter einer Bezeichnung subsummiert sein,<br />
weiters bestehen auch Überschneidungen zwischen den angeführten Bezeichnungen.<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t werden folgende Stoffe näher betrachtet.<br />
4.1.1 Formaldehyd<br />
4.1.2 Organische Verbindungen (VOC volatile organic compound)<br />
4.1.3 PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwassersoffe)<br />
4.1.4 PCB (polychlorierte Biphenyle)<br />
4.1.5 Radon<br />
4.1.6 „Fogging“ „magic dust“ o<strong>der</strong> „Schwarzstaub“
Summenformel: CH2O<br />
Aggregatszustand: gasförmig<br />
Siedepunkt: -19°C<br />
4.1.1 Formaldehyd<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 21<br />
Der Formaldehyd wurde von Alexan<strong>der</strong> Michailowitsch Butlerow 1855 entdeckt.<br />
Es ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das in Wasser gut löslich ist. Durch seinen<br />
stechenden Geruch wurde Formaldehyd schon sehr früh als Wohnraumgift entdeckt. Die<br />
Geruchsschwelle liegt 0,05 – 1 ppm. Die wässrige Lösung wird „Formalin“ genannt. Seine<br />
chemische Reaktionsfreudigkeit macht es zu einem beliebten Grundstoff in <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie. So lag die Weltjahresproduktion von Formaldehyd im Jahr 2007 <strong>bei</strong> etwa 21 Mio.<br />
Tonnen; davon wurden allein in <strong>der</strong> EU rund 4 Mio. Tonnen hergestellt. Technisch wird<br />
Formaldehyd durch katalytische Oxidation von Methanol hergestellt. Ein Grossteil des<br />
synthetisierten Formaldehyds wird zur Produktion von Leimen und Tränkharzen für<br />
Holzwerkstoffe verbraucht.<br />
Leimharze werden zur Herstellung von Spanplatten, Sperrholz-, Tischlerplatten, MDF-,<br />
OSB- und Schalungsplatten, aber auch für statisch tragende Holzbauteile wie<br />
Brettschichtholz und Brettsperrholz verwendet. Mit Tränkharzen werden Papiere imprägniert,<br />
die als Dekor auf Holzwerkstoffe aufgebracht werden. Bei Anstrichstoffen auf wässriger<br />
Basis (z.B. Dispersionsfarben) werden zur Gebindekonservierung (Topfkonservierung) gegen<br />
mikrobiellen Befall u.a. Stoffe zugegeben, die Formaldehyd freisetzen, sogenannten<br />
Formaldehyd–Depotstoffe. Bei <strong>der</strong> Trocknung des Farbauftrages entweicht <strong>der</strong> freie<br />
Formaldehyd mit <strong>der</strong> verdunsteten flüssigen Phase in die Raumluft. Auch in Farben mit dem<br />
Blauen Engel dürfen grundsätzlich Formaldehyd – Abspalter zugesetzt werden. Nur Farben<br />
mit dem NaturePlus Label dürfen auch diese Stoffe nicht aufweisen. Der Einsatz<br />
säurehärten<strong>der</strong> Lacke (SH-Lacke) auf Basis von Harnstoff- bzw. Melamin –<br />
Formaldehydharzen hat früher zu erheblichen Formaldehyd – Belastungen in Innenräumen<br />
geführt (häufigste Anwendung dieser Lacke sind Parkettversiegelungen). SH – Lacke<br />
(Aminoharz–basierte Lacke) mit vermin<strong>der</strong>ter Formaldehyd–Freisetzung werden wegen ihres<br />
günstigen Preises insbeson<strong>der</strong>e für die Beschichtung von Möbelbauteilen nach wie vor gerne<br />
eingesetzt. Mineralwolle – Dämmstoffe werden üblicherweise unter Verwendung eines<br />
formaldeyhdhaltigen Bindemittels (Phenol-Formaldehyd-Harz) hergestellt. Der Bindemittel –<br />
Anteil beträgt bis ca. 7 %, <strong>der</strong> Anteil von Formaldehyd im Bindemittel liegt <strong>bei</strong> knapp 30%.<br />
Bei Aussenanwendungen und zum Innenraum verschlossenen Anwendungen stellt dies kein<br />
Problem für die Innenraumluftqualität dar. Da heute aber versucht wird, die Konstruktion<br />
möglichst offen zu konstruieren, kann es zu Einträgen von Formaldehyd in die Innenraumluft<br />
kommen. Durch die bereits lange währende Diskussion über Formaldehyd und auch<br />
Grenzwerte in einzelnen Län<strong>der</strong>n werden heute auch Mineralwolle – Dämmstoffe angeboten,<br />
welche frei von Formaldehyd hergestellt werden. Auch verschiedene Schäume und Schaum –<br />
Dämmplatten können erhebliche Formaldehydemissionen verursachen. In Reaktantharzen zur<br />
Knitterfrei- und Pflegeleichtausrüstung für Textilien kann Formaldehyd als Restmonomer<br />
enthalten sein. In Kosmetika-Bereich kann Formaldehyd als Konservierungsstoff eingesetzt<br />
werden. In Nagelhärtern stellt Formaldehyd einen essentiellen Bestandteil dar, da es durch<br />
die Vernetzung mit Proteinen zur Nagelhärtung führt. Bei unvollständigen<br />
Verbrennungsprozessen entsteht ebenfalls Formaldehyd, wie z. B. <strong>bei</strong>m Rauchen o<strong>der</strong> <strong>bei</strong>m<br />
Abbrennen von Räucherstäbchen. Die nachfolgende Grafik fasst die Expositionsquellen<br />
zusammen.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 22<br />
Ersichtlich aus dieser Übersicht <strong>der</strong> Emissionsquellen für Formaldehyd ist, dass Baustoffe<br />
sicher einen erheblichen Anteil als Emissionsquelle darstellen, aber auch in <strong>der</strong><br />
Nutzungsphase des <strong>Gebäude</strong>s durch Möbel, Textilien, Kosmetika und Reinigungsmittel<br />
erhebliche Formaldehydbelastungen in die Innenraumluft emittiert werden können.<br />
Wird Formaldehyd aus <strong>der</strong> Raumluft eingeatmet, so nehmen die Zellen <strong>der</strong> Nasen- und<br />
Rachenschleimhaut den Stoff auf und bauen ihn innert Minuten wie<strong>der</strong> ab. Demzufolge<br />
gelangt Formaldehyd nicht in die inneren Organe und seine Wirkung beschränkt sich auf die<br />
direkt <strong>der</strong> Luft ausgesetzten Gewebe. Formaldehyd in <strong>der</strong> Innenraumluft reizt die<br />
Schleimhaut <strong>der</strong> Augen und <strong>der</strong> oberen Atemwege. In Folge kommt es zu Beschwerden wie<br />
Augenbrennen, Stechen in <strong>der</strong> Nase und im Hals, wässrigem Schnupfen o<strong>der</strong> Verstopfen <strong>der</strong><br />
Nase. Bei anhalten<strong>der</strong> Reizung kommen unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen,<br />
Müdigkeit und Unwohlsein dazu. Sobald die Formaldehyd – Konzentration wie<strong>der</strong> absinkt,<br />
verschwinden die Reizungen und Beschwerden rasch wie<strong>der</strong> und es bleiben keine<br />
Gewebeschäden zurück. Bei zunehmen<strong>der</strong> Konzentration aber werden Beschwerden stärker<br />
und die Schleimhaut im Nasen – Rachenraum kann geschädigt werden. Eine während<br />
Monaten o<strong>der</strong> Jahren erhöhte Formaldehyd – Belastung beeinträchtigt zudem die<br />
Lungenfunktion und erhöht das Risiko für chronische Atemwegserkrankungen. Bei<br />
anhalten<strong>der</strong> Schleimhautschädigung begünstigt Formaldehyd die Entwicklung von Tumoren<br />
im Nasen – Rachenraum.<br />
Kommen Formaldehydhaltige Lösungen in Kontakt mit <strong>der</strong> Haut, kann eine Kontaktallergie<br />
entstehen. Bei hohen Formaldehyd – Konzentrationen in <strong>der</strong> Luft kann in seltenen Fällen<br />
auch eine Atemwegsallergie entwickeln, wie aus <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmedizin bekannt ist. Ob auch<br />
tiefe Raumluftkonzentrationen wie sie in Wohn- und Aufenthaltsräumen üblich sind, ein<br />
Risiko für Allergien und Asthma darstellen könnte, ist unklar. Hingegen ist bekannt, dass
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 23<br />
Formaldehyd die klinischen Symptome einer bestehenden Hausstaubmilbenallergie<br />
verstärken kann.<br />
BAG – Richtwert<br />
Um Gesundheitsschäden zu vermeiden, empfiehlt das BAG, dass die<br />
Formaldehydkonzentration in bewohnten Wohn- und Aufenthaltsräumen eine Konzentration<br />
von 0,1 ppm (entspricht 125 Mikrogramm pro Kubikmeter Raumluft (qg/m3)) nicht<br />
übersteigen soll.<br />
Dieser Richtwert ist als Schwelle zu einer Gesundheitsgefährdung zu verstehen. Ist dieser<br />
überschritten, sollen umgehend Massnahmen zur Senkung <strong>der</strong> Belastung getroffen werden.<br />
Die Einhaltung des Richtwertes ist nicht gleichzusetzen mit einer guten Raumluftqualität.<br />
Vorsorglich sollten die Belastungen <strong>der</strong> Wohnraumluft mit Formaldehyd so gering wie<br />
möglich gehalten werden.<br />
Zum Abschluss des Kapitels werde ich auf die immer wie<strong>der</strong> vorkommende Aussage, dass<br />
auch naturbelassenes Holz Formaldehyd emittiert, eingehen. Hierzu ist festzustellen, dass<br />
naturbelassenes Holz keinen freien Formaldehyd enthält (Abiotisch). Es enthält aber<br />
verschiedene Substanzen, <strong>bei</strong> denen durch thermohydrolytische Zersetzung ab etwa 100°C<br />
Formaldehyd freigesetzt werden kann. Dies ist also nur <strong>bei</strong> technisch getrockneten<br />
Holzprodukten möglich. Somit werden auch formaldehydfrei verklebte Spanplattenprodukte<br />
nachweisbare Emissionen aufweisen, wenn das Rohprodukt vorher technisch getrocknet<br />
wurde. Zu beachten ist, dass Holz aber auch aus seiner Umgebung erhebliche Mengen<br />
Formaldehyd binden kann. Somit ist auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Lagerung und dem Transport eine<br />
Aufnahme von Formaldehyd möglich, welches später durch die reversible Eigenschaft wie<strong>der</strong><br />
an die Innenraumluft abgegeben wird.
4.1.2 Organische Verbindungen (VOC volatile organic compound)<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 24<br />
(volatile organic compound = flüchtige organische Verbindungen)<br />
Zuerst möchte ich versuchen, die durchaus sehr unterschiedliche Auslegung und<br />
Bezeichnung dieser Stoffe näher einzugrenzen. Es handelt sich hier grundsätzlich um eine<br />
Sammelbezeichnung für organische, also kohlenstoffhaltige Stoffe, die leicht verdampfen<br />
(flüchtig sind) bzw. schon <strong>bei</strong> niedrigen Temperaturen (z.B. Raumtemperatur) als Gas<br />
vorliegen. Um die nachfolgende Klassifizierung organischer Substanzen ( nach WHO 1989)<br />
zu verstehen muss man wissen, dass diese Klassifizierung von <strong>der</strong> gaschromatografischen<br />
Analyse abgeleitet ist. So werden <strong>bei</strong> dieser alle chemischen Substanzen in einem<br />
Elutionsbereich zwischen n-Hexan bis n-Hexadecan <strong>bei</strong> einer unpolaren<br />
Chromatografietrennsäule entsprechend einem Siedepunkt von ca. 60° C – 280° C eluieren.<br />
<strong>Das</strong> heisst, dass ein analytisches Fenster festlegt, ob eine Verbindung zu den VOC zu rechnen<br />
ist, also innerhalb des genannten Bereichs liegt, o<strong>der</strong> ob es den VVOC (very volatile organic<br />
compounds, sehr leicht flüchtigen organischen Verbindungen) o<strong>der</strong> den höher siedenden<br />
SVOC ( semi volatile organic compounds, mittelflüchtigen organischen Verbindungen)<br />
zuzuordnen ist.<br />
Klassifizierung organischer Substanzen (nach WHO 1989)<br />
Kategorie Abkürzung Siedebereich in °C Probenahmetechnik<br />
Very volatile<br />
(gaseous) organic<br />
compounds<br />
Volatile organic<br />
compounds<br />
Semivolatile organic<br />
compounds<br />
Organic compounds<br />
associated with<br />
particulate matter or<br />
particulate organic<br />
matter<br />
VVOC < 0 bis Bereich 50-<br />
100<br />
VOC Bereich 50-100 bis<br />
Bereich 240-260<br />
Gasmaus o<strong>der</strong><br />
Kanister, Adsorption<br />
an PDMS<br />
Adsorption an<br />
Tenax, graphitiertem<br />
Kohlenstoff o<strong>der</strong><br />
Aktivkohle, PDMS<br />
Adsorption an PU-<br />
SVOC Bereich 240-260 bis<br />
Bereich 380-400<br />
POM > 380 Probenahme mit<br />
Filtern<br />
Schaum o<strong>der</strong> XAD-2<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t beschränke ich mich auf diese Klassifizierung <strong>der</strong> WHO, da es in <strong>der</strong><br />
Fachwelt sowie in den Normen (EN ISO 16000-5 und 16000-6) unterschiedliche<br />
Abgrenzungen gibt, welche Stoffe nun zu den VOC`s gehören o<strong>der</strong> nicht. Auch möchte ich<br />
nicht auf den äusserst komplexen Bereich <strong>der</strong> Summenbildung eingehen. Hier gibt es bisher<br />
keine eindeutige und einheitliche Methode. Bereits an dieser Stelle ist ersichtlich, wie<br />
schwierig es ist in einem <strong>Gebäude</strong>bestand klare Messungen und Ergebnisse zu erhalten,<br />
welche dann allen externen Prüfungen gerecht werden. Somit muss hier die Vermeidung als<br />
oberstes Gebot stehen. Ebenfalls auch klare bauliche Abgrenzungen, wie zum Beispiel die<br />
entsprechende Abschottung <strong>der</strong> im Wohngebäude liegende Garage für den PKW.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 25<br />
Die nachfolgende Tabelle zeigt einige Quellen flüchtiger organischer Verbindungen in<br />
Innenräumen auf.<br />
Quelle Beispiele typischer Verbindungen<br />
Aussenluft/<br />
Umgebung<br />
Benzol, Toluol, Xylole, Ethylbenzol, leichtflüchtige n- und i-<br />
Alkane, LHKW aus Altlasten o<strong>der</strong> chemischen Reinigungsbetrieben<br />
(PER), Kraftstoff- und Heizölkomponenten aus Tankablüftungen,<br />
Tankstellen<br />
Bodenbeläge Textile Bodenbeläge: verzweigte Aromaten, Styrol, 4-Phenyl-1cyclohexen,<br />
4-Vinyl-1-cyclohexen, trimeres Isobuten, Dodecene, n-<br />
und i-Alkane, phenolische Verbindungen, 2-Ethylhexanol,<br />
Phthalsäureester, Siloxane, Amine,Acetamid usw.<br />
Kork: Phenol, 1,2-Propandiol,Furfural, Benzophenon, LHKW, n-<br />
Alkane, Aldehyde usw.<br />
Linoleum: gesättigte und ungesättigte Aldehyde C4 C11,<br />
Benzaldehyd, aliphatische Säuren, Alkohole, Glykolether usw.<br />
Parkettböden: Terpene, Carbonsäuren, Aldehyde, Glykol<strong>der</strong>ivate, N-<br />
Methylpyrrolidon, Siloxane<br />
Kautschuk: Styrol, alpha-Methylstyrol, verzweigte Aromaten,<br />
Amine, trimeres Isobuten<br />
PVC: Alkane, Aromaten, Glykolester, 2-Ethylhexanol, Phenol,<br />
Phthalate, TXIB<br />
Fugenmaterialien Ester, Essigsäure, Ketone, Alkane, Glykole, Phthalate, Siloxane,<br />
Oxime, Benzaldehyd<br />
Farben/Lacke Alkane, Aromaten, Ester, Ketone, Aldehyde, Alkohole, Ethylen-<br />
und Propylenglykol<strong>der</strong>ivate, Texanol, Terpene, DMP, Oxime<br />
Heizöl n- und i-Aliphaten bis ca. C18, Alicyclen, stärker alkylierte<br />
Aromaten, Naphthalin, <strong>bei</strong> Kraftstoffverunreinigungen auch Benzol<br />
und Toluol<br />
Holzwerkstoffe Aldehyde, Ketone, Terpene und Sesquiterpene, Alkohole,<br />
Carbonsäuren, Pentylfuran, 1-Pentanol<br />
Klebstoffe Alkane bis ca. C 14, Aromaten, Ester, Ketone, LHKW, Alkohole,<br />
Glykole/Glykol<strong>der</strong>ivate, Terpene, Sesquiterpene, Tetrahydrofuran<br />
Laserdrucker Höhersiedende Alkane, Benzol, Styrol, Phenol, Acetophenon,<br />
Diisopropylnaphthaline<br />
Mensch Alkohole, Buttersäure und weitere organische Säuren, Acetaldehyd,<br />
Mikrobieller<br />
Befall/Feuchteschäden<br />
längerkettige Aldehyde und verzeigte Ketone, Aceton<br />
1-Octen-3-ol, 2-Octen-1-ol, 2-Methyl-iso-borneol, 3-Octanol,<br />
Geosmin(1,10-Dimethyl-trans-9-decanol), 2-Methylpropionbutylester,<br />
Alkohole aus <strong>der</strong> Hydrolyse von Weichmachern<br />
wie 2-Ethylhexanol o<strong>der</strong> n-Butanol, Glykolether, 2- und 3-<br />
Alkanone, Methylfurane<br />
Tabakrauch Aldehyde, Benzol, Styrol, Nikotin, 2- und 3-Picolin, 3-Vinylpyridin,<br />
Methylfurane<br />
Tapeten Aldehyde, Terpene, trimeres Isobuten, Phthalate<br />
Wachse/Öle Aldehyde, Terpene und Sesquiterpene, Aliphaten, Aromaten
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 26<br />
Hier wird wie<strong>der</strong>um deutlich, dass VOC Belastungen aus einer Vielzahl von Quellen<br />
stammen können. Dies bedeutet, dass zum einen selbst <strong>bei</strong> einem genauen Messergebnis<br />
schwierig sein wird, eine einzelne Quelle zu bestimmen und zum an<strong>der</strong>en alle Quellen von<br />
Anfang an zu vermeiden sind.
4.1.3 PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwassersoffe)<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 27<br />
Wie <strong>der</strong> Name bereits sagt, sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus<br />
mindestens zwei verbundenen Benzolringen zusammengesetzt. Es handelt sich also nicht um<br />
einen einzelnen Stoff, son<strong>der</strong>n um eine Stoffgruppe. Es sind mehrere hun<strong>der</strong>t Verbindungen<br />
bekannt.<br />
Strukturformel für Benzol<br />
Strukturformel für das einfachste PAK, Naphthalin<br />
Strukturformel für Benzo(a)pyren, ein krebserregen<strong>der</strong> PAK<br />
Aufgrund <strong>der</strong> vielen Verbindungsvarianten können meist nur einige analytisch erfasst<br />
werden. Bereits in den 1980 er Jahren hat die amerikanische Bundesumweltbehörde USEPA<br />
(US Environmental Protection Agency) 16 PAK-Einzelverbindungen, welche am häufigsten<br />
in umweltrelevanten Beprobungen nachgewiesen werden, in eine Liste (Priorita Pollutants)<br />
aufgenommen. Nachfolgende Tabelle ist vom BAG um die Stoffe mit krebserregen<strong>der</strong><br />
Relevant ergänz worden.<br />
Bezeichnung USEPA Priority<br />
Pollutants<br />
Krebserregend <strong>bei</strong>m<br />
Menschen nach<br />
IARC, 2008<br />
Benzo(a)pyren X 1 X<br />
Cyclopenta(c,d)pyren 2a<br />
Dibenzo(a,h)anthracen X 2a X<br />
Dibenzu(a,l)pyren 2a<br />
Benz(j)aceanthrylen 2b<br />
Benz(a)anthracen X 2b X<br />
Benzo(b)fluoranthen X 2b X<br />
Benzo(j)fluoranthen 2b<br />
Benzo(k)fluoranthen X 2b X<br />
Benzo( c)phenantren 2b<br />
Chrysen X 2b X<br />
Dibenzo(a,h)pyren 2b<br />
Dibenzo(a,i)pyren 2b<br />
Krebserregend in <strong>der</strong><br />
Nahrung nach ESFA,<br />
2008
Bezeichnung USEPA Priority<br />
Pollutants<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 28<br />
Krebserregend <strong>bei</strong>m<br />
Menschen nach<br />
IARC, 2008<br />
Indeno(1,2,3,c,d)pyren X 2b X<br />
5-Methylchrysen 2b<br />
Benzo(g,h,i)perylen X X<br />
Anthracen X<br />
Acenaphten X<br />
Fluoranthen X<br />
Fluoren X<br />
Naphthalin X<br />
Phenantren X<br />
Pyren X<br />
1= Erwiesenermassen krebserregend <strong>bei</strong>m Menschen<br />
2a= Wahrscheinlich krebserregend <strong>bei</strong>m Menschen<br />
2b= Möglicherweise krebserregend <strong>bei</strong>m Menschen<br />
(Quelle: Factsheet PAK, Bundesamt für Gesundheit BAG, Bern)<br />
Krebserregend in <strong>der</strong><br />
Nahrung nach ESFA,<br />
2008<br />
PAK sind natürliche Bestandteile von Kohle und Erdöl, welche sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Destillation im<br />
Bitumen anreichern. Sie entstehen aber auch <strong>bei</strong> allen unvollständigen<br />
Verbrennungsprozessen von organischem Material (z.B. Holzkohle, Heizöl, Holz, Treibstoff,<br />
Tabak, Bioethanol). Die grösste Luftbelastung von PAK kommt hierdurch auch durch alle<br />
Verbrennungsprozesse. Im Innenraum kann es dann zu einer Anreicherung kommen, wenn<br />
bitumenhaltige Baustoffe verbaut wurden. In <strong>der</strong> nachfolgenden Tabelle sind mögliche<br />
Produkte beschrieben.<br />
Bauprodukt Verwendungszeitraum<br />
Anstriche Bis ca. 1979<br />
Asphaltestriche Nicht bekannt<br />
Asphaltfussbodenplatten Nicht bekannt<br />
Binde- und Imprägniermittel (feuerfeste Bis heute<br />
Baustoffe)<br />
Dachbahnen Bis ca. 1979<br />
Fugenvergussmassen Bis ca. 1984<br />
Holzschutzmittel „Karbolineum“ Bis ca. 1991<br />
Klebstoff für Holzpflaster z.T. bis ca. 1995<br />
Klebstoff für Mosaikparkett Bis ca. 1965<br />
Klebstoff für Stabparkett Bis ca. 1979<br />
Korkdämmplatten, teergebunden Bis ca. 1965<br />
Korrosionsschutzanstriche z.T. bis 2000<br />
Papierkaschierungen, teergetränkt Nicht bekannt<br />
Trennlagen, teergetränkt (unter Estrich,<br />
Pohlmann-Decken)<br />
(Quelle: Zwiener und Mötzl,2006)<br />
Nicht bekannt<br />
PAK ist, wie bereits die erste Tabelle aufzeigt, äusserst schädlich für Mensch und Tier.<br />
Jedoch macht auch hier die Menge das Gift aus. So nehmen Menschen deutlich mehr PAK
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 29<br />
durch Lebensmittel, Rauchen und Passivrauchen auf als durch die Luft. Weil aber in den<br />
letzten Jahren offene Verbrennungsstätten in unseren Wohnräumen wie<strong>der</strong> häufiger<br />
verwendet werden, ist hier eine vorbeugende Sorgfalt durchaus angebracht. Da in den neu<br />
erstellten Wohnbauten das Risiko von PAK belasteten Baustoffen gegen Null geht, kann<br />
je<strong>der</strong> Nutzer selbst entscheiden, ob er raucht o<strong>der</strong> geräucherte und gegrillte Lebensmittel zu<br />
sich nimmt. Bei Bestandgebäuden sind die möglichen Quellen recht übersichtlich und sie<br />
lassen sich oft schon <strong>bei</strong> einer genauen Begehung feststellen. Sind potentielle PAK belastete<br />
Baustoff im Baukörper verbaut, so ist eine fachgerechte Sanierung empfehlenswert.<br />
Grundsätzlich gibt es auch hier verschiedene Möglichkeiten, welche sich aus den PAK<br />
Konzentrationen <strong>der</strong> Baustoffe ergeben.
4.1.4 PCB (polychlorierte Biphenyle)<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 30<br />
Bei <strong>der</strong> Stoffgruppe PCB zitiere ich zur besseren Verständigung, dass Factsheet vom<br />
Bundesamt für Gesundheit.<br />
BAG – Factsheet<br />
PCB und seine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit<br />
PCB (Polychlorierte Biphenyle) ist ein Substanzgemisch aus verschiedenen, chlorierten<br />
Kohlenwasserstoffen. Längere Zeit wurde es als vielseitige und billige Bauchemikalie breit<br />
eingesetzt. 1972 wurde die Verwendung von PCB auf Grund <strong>der</strong> schädlichen Eigenschaften<br />
für Mensch und Umwelt in offenen Systemen (Bsp. Anstriche, Dichtungsmassen, Stoffe und<br />
Papiere) verboten. Seit 1986 ist PCB in <strong>der</strong> Schweiz generell verboten.<br />
PCB wird über den Magen-Darm-Trakt, aber auch über die Haut und die Lungen gut<br />
resorbiert, verteilt sich rasch im Körper und reichert sich im Fettgewebe an. Die Aufnahme<br />
von grösseren Mengen führt zu akuten Beschwerden <strong>der</strong> Haut (bsp. Chlorakne,<br />
Hautpigmentierungen), verursacht Leber-, Milz- und Nierenschäden und schwächt das<br />
Immunsystem. Eine krebsför<strong>der</strong>nde Wirkung von PCB wurde <strong>bei</strong> Tieren nachgewiesen,<br />
konnte aber bisher <strong>bei</strong>m Menschen nicht bestätigt werden. Im Hinblick auf die Gefährdung<br />
von Säuglingen und Embryos besteht Forschungsbedarf. Bei einem Unglücksfall in Japan<br />
1968 gelangten grosse Mengen von PCB in Reisöl, das von <strong>der</strong> Bevölkerung über Monate<br />
eingenommen wurde. In <strong>der</strong> Folge kam es zusätzlich zu den oben aufgeführten Schädigungen<br />
zu neuronalen Störungen und einer Häufung von Fehlgeburten.<br />
Die gesundheitlichen Auswirkungen von chronischen PCB-Belastungen in geringen Dosen ist<br />
schwer abzuschätzen. Eine Vielzahl an<strong>der</strong>er Organochlorverbindungen, die in <strong>der</strong> Umwelt<br />
gefunden werden, können Effekte hervorrufen. Da<strong>bei</strong> ist nach dem heutigen Stand <strong>der</strong><br />
Wissenschaft nicht klar, welches Gewicht PCB <strong>bei</strong>zumessen ist. Einflüsse auf die<br />
Schilddrüsenhormone und mögliche Folgeeffekte auf die Entwicklung des Gehirns werden<br />
zurzeit diskutiert.<br />
PCB wird auf Grund seiner Beständigkeit immer noch in fetthaltigen Lebensmitteln<br />
tierischen Ursprungs wie Fleisch und Fleischwaren, Fischen, Milch- und Milchprodukten<br />
und Eiern gefunden. Die Nahrung ist auch heute noch die Hauptquelle von PCB. Menschen,<br />
die sich vorwiegend von fetthaltigen Lebensmitteln ernähren, weisen erhöhte PCB-Werte im<br />
Blut auf. Alle Menschen in westlichen Industrielän<strong>der</strong>n sind durch die Nahrungsaufnahme<br />
unweigerlich einer ständigen umweltbedingten PCB – Belastung ausgesetzt. Allerdings muss<br />
darauf hingewiesen werden, dass die weltweit ergriffenen Massnahmen gegen PCB zu einer<br />
deutlichen Abnahme <strong>der</strong> Belastung von Mensch und Umwelt geführt haben. Die<br />
durchschnittlich gemessenen PCB – Blutwerte in <strong>der</strong> Bevölkerung sinken seit den achtziger<br />
Jahren kontinuierlich. Die durchschnittliche PCB – Aufnahme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Schweizer<br />
Bevölkerung liegt <strong>der</strong>zeit <strong>bei</strong> 3-4 ..g pro Tag und Person. Für die<br />
Weltgesundheitsorganisation WHO gelten 24-60 µg PCB als duldbare Tagesdosis für den
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 31<br />
Menschen, d.h. <strong>bei</strong> dieser Dosis ist auch <strong>bei</strong> lebenslanger Aufnahme keine Schädigung zu<br />
erwarten. (Zahlen bezogen auf Personengewicht 60kg)<br />
PCB in Innenräumen<br />
Wie Untersuchungen zeigten, können PCB-haltige Materialien und Gegenstände, die vor dem<br />
Verbot (1972) in Innenräumen verwendet wurden, noch heute zu Belastungen <strong>der</strong><br />
Innenraumluft führen. Die zusätzliche Aufnahme von PCB über die Raumluft ist verglichen<br />
mit <strong>der</strong> durch Nahrung aufgenommene Menge von PCB gering. Mehrere Untersuchungen<br />
zeigten, dass im Blut von Personen, die sich in belasteten Innenräumen aufgehalten haben,<br />
keine erhöhten PCB – Konzentrationen festzustellen waren.<br />
Wegen <strong>der</strong> zahlreichen offenen Fragen zur langfristigen Wirkung niedriger Mengen sind<br />
weitere Anstrengungen zur nachhaltigen Verringerung <strong>der</strong> chronischen Belastung durch<br />
sogenannte persistente Umweltschadstoffe nötig. Hohe Belastungen <strong>der</strong> Innenraumluft<br />
müssen im Sinne <strong>der</strong> Vorsorge reduziert werden. Dazu muss bekannt sein, in welchen<br />
Schweizer <strong>Gebäude</strong>n noch mit starken PCB – Quellen zu rechnen ist. Auf dieser Grundlage<br />
müssen dann vorrangig in <strong>Gebäude</strong>n mit sensiblen Nutzungen und langen Aufenthaltszeiten<br />
(Wohngebäude, Krankenheime, Kin<strong>der</strong>tagesstätten, Schulen) Luftmessungen durchgeführt<br />
werden. Aufwendige Sanierungen nur an einzelnen betroffenen Objekten wie z. B. Turnhallen<br />
tragen wenig zur Reduktion <strong>der</strong> Belastung <strong>bei</strong>.<br />
Von übereilten, unsachgemässen Sanierungen ist dringend abzuraten. Die Gefahr <strong>der</strong><br />
unkontrollierten Freisetzung ist gross. Untersuchungen zeigen, dass die Innenraumbelastung<br />
nach nicht fachgerecht durchgeführten Ar<strong>bei</strong>ten wesentlich höher liegen können als vor <strong>der</strong><br />
Sanierung.<br />
Quelle: Bundesamt für Gesundheit BAG, Bern<br />
Wie in dem Factsheet festgehalten, ist in <strong>der</strong> Schweiz <strong>der</strong> Einsatz von PCB für die offene<br />
Anwendung (grösste Relevanz für Innenraumbelastung) bereits 1972 verboten und 1996<br />
generell verboten. Seit 22. Mai 2001 ist die Produktion <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Stockholmer Konvention<br />
weltweit verboten worden.<br />
PCB – haltige Baustoffe sind in wesentlichen Fugendichtmassen, welche im Betonbau für<br />
<strong>Gebäude</strong>trennfugen, Anschlussfugen, Bauteilfugen und Schwindfugen eingesetzt.<br />
Hauptzeitraum des Einsatzes dieser Baustoffe ist 1955 bis 1975. Speziell <strong>Gebäude</strong>, die in<br />
Skelett- und Elementbauweise erstellt wurden, sind potenzielle Objekte, welche eine<br />
Untersuchung auf PCB in <strong>der</strong> Innenraumluft rechtfertigen.<br />
Somit kann <strong>bei</strong> einer ersten Beurteilung des <strong>Gebäude</strong>s bereits eine Risikoeinschätzung<br />
vorgenommen werden. Bei Bauwerken neueren Datums bzw. <strong>bei</strong> Neubauten kann das Thema<br />
PCB- haltige Baustoffe vernachlässigt werden.<br />
<strong>Das</strong> Bundesamt für Umwelt (BAFU) kann Auskunft über Laboratorien und Fachfirmen<br />
geben.
4.1.5 Radon<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 32<br />
Radon ist ein Edelgas, das aus dem Zerfall von Radium entsteht, welches wie<strong>der</strong>um ein<br />
Zerfallsprodukt von Uran ist. Da Uran in unterschiedlichen Konzentrationen fast<br />
allgegenwärtig ist in <strong>der</strong> Erdkruste, ist auch Radon praktisch überall im Boden zu finden.<br />
Radon ist auch in hohen Konzentrationen unsichtbar, geruchslos, ungiftig, inert, we<strong>der</strong><br />
brennbar noch explosiv, we<strong>der</strong> riech- noch schmeckbar. Es zerfällt mit einer Halbwertszeit<br />
von rund vier Tagen in weitere radioaktive Folgeprodukte. Erdreich besteht zu etwa einem<br />
Viertel aus Luft. Diese Bodenluft wird mit Radon angereichert, das nach dem Zerfall <strong>der</strong><br />
Radiumatome aus dem Gestein bzw. aus den einzelnen Bodenpartikeln austritt. Damit wird<br />
die Bodenluft radioaktiv.<br />
(Quelle Radonhandbuch Schweiz; Bundesamt für Gesundheit BAG, Abteilung<br />
Strahlenschutz, Bern)<br />
Fact – Sheet Radon des Bundesamt für Gesundheit BAG
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 33<br />
� Radon ist ein natürliches radioaktives Edelgas und kommt aus dem Boden.<br />
� Radon entsteht <strong>bei</strong>m radioaktiven Zerfall von Uran im erdreich.<br />
� Radon kann vom Boden her in Häuser eindringen.<br />
� Radon verursacht Lungenkrebs: Nach dem Rauchen ist Radongas, die häufigste<br />
Ursache für Lungenkrebs.<br />
� Jährlich sterben in <strong>der</strong> Schweiz genauso viele Menschen an Lungenkrebs, <strong>der</strong> durch<br />
Radon verursacht wurde, wie an Verkehrsunfällen.<br />
� Die Radonkonzentration in Wohnhäusern kann mit einer einfachen und<br />
kostengünstigen Methode gemessen werden: mit Dosimeter<br />
� Durchführung einer Standard – Messung in einem Wohnhaus: Radondosimeter<br />
werden für 1-3 Monate in einem Kellerraum und in einem Wohnraum im darüber<br />
liegenden Stockwerk gestellt<br />
� Die Radonkonzentration sollte in den Wintermonaten gemessen werden.<br />
� Von den unteren Stockwerken zu den oberen hin nimmt die Radonkonzentration in<br />
einem Haus ab.<br />
� Radonrisikogebäude sind ältere Häuser, Häuser ohne Keller, Häuser mit Naturkeller<br />
und Häuser in Hanglage, Häuser mit Kellerräumen, die als Wohn- und<br />
Aufenthaltsräume umgebaut wurden.<br />
� In Radonrisikogebäuden sollte die Radonkonzentration gemessen werden.<br />
� Kein Haus gleicht dem an<strong>der</strong>en – nur eine Messung gibt Aufschluss über<br />
Radonkonzentration in einem Haus.<br />
� Man kann sich vor Radon schützen: z.B. Bei Neubauten den Stand <strong>der</strong> Technik <strong>bei</strong>m<br />
Bau von Kellern einhalten – durchgehende Betonplatte und Leitungsdurchführungen<br />
gut Abdichten; Bei Lüftungssystemen z.B. Minergie die Luft nicht in Bodennähe<br />
ansaugen.<br />
� Werden in einem Haus hohe Radonkonzentration gemessen, kann man diese bereits<br />
mit einfachen und kostengünstigen Massnahmen senken: z.B. Abdichten von<br />
Öffnungen, Einbau von Luftaustauschern und speziellen Ventilatoren.<br />
(Quelle: Bundesamt für Gesundheit BAG, Bern)<br />
An<strong>der</strong>s als <strong>bei</strong> den bisher beschriebenen Wohnraumgiften, gibt es in Bezug auf Radon klare<br />
Grenzwerte, Sanierungspflichten und Wegleitungen, wie diese durchzuführen sind. Deshalb<br />
wird an dieser Stelle auch nur auf das Radonhandbuch und die aktuellen Wegleitungen<br />
verwiesen. Diese können <strong>bei</strong>m Bundesamt für Gesundheit Abteilung Strahlenschutz bestellt<br />
o<strong>der</strong> per Download als PDF-Datei bezogen werden.
4.1.6 „Fogging“ „magic dust“ o<strong>der</strong> „Schwarzstaub“<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 34<br />
Damit sich <strong>der</strong> Leser einen Eindruck bekommt wie „Fogging“ in <strong>der</strong> Realität aussieht,<br />
möchte ich ein paar Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Praxis zeigen.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 35
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 36<br />
Der Begriff „Fogging“ kommt ursprünglich aus dem Automobilbau. Hier konnte es durch die<br />
Ausgasung von Phthalate „Weichmachern“ aus Kunststoffen zu einem schwarzen<br />
Nie<strong>der</strong>schlag speziell an <strong>der</strong> Windschutzscheibe kommen. Dieser sorgte für<br />
Sichtbehin<strong>der</strong>ungen und Reklamationen. Als sich seit Mitte <strong>der</strong> 1990 Jahre diese Effekte<br />
auch in Wohnräumen häuften, wurde dieser Begriff „Fogging“ von <strong>der</strong> Baubranche<br />
übernommen. Jedoch gibt es speziell unter den deutschen Baubiologen die Diskussion, dass<br />
Fogging o<strong>der</strong> Schwarzstaub nicht mit magic dust gleichzusetzen wäre.<br />
Bei diesem Effekt, gibt es immer noch sehr wi<strong>der</strong>sprüchliche Aussagen zu <strong>der</strong> Entstehung.<br />
Mein aktueller Kenntnisstand ist, dass eine hohe VOC Belastung im Zusammenspiel mit<br />
einem Katalysator, welcher Feinstaub, Kerze, Räucherstäbchen o<strong>der</strong> auch das verwendete<br />
Parfüm <strong>der</strong> Auslöser sein kann. Bekannt ist, dass dieser Effekt vermehrt <strong>bei</strong> Neubauten in <strong>der</strong><br />
ersten Heizperiode o<strong>der</strong> nach Renovierungen auftritt. Die zu Beginn gezeigten Bil<strong>der</strong><br />
stammen aus einer Wohnung welche 14 Jahre nicht renoviert wurde und in <strong>der</strong> auch keine<br />
neuen Einrichtungsgegenstände eingebracht wurden. Als einziges sind die Fenster 1 Jahr vor<br />
dem Schadeneintritt gewechselt worden. Es bleibt also noch erheblicher Forschungsbedarf<br />
für diesen Effekt. In diesen Fällen ist eine Schuldzuweisung an den Planer o<strong>der</strong> Nutzer<br />
sicherlich nicht angebracht.<br />
Eine Erkenntnis habe ich jedoch für mich aus diesen Fällen gezogen. Ein möglichst grosser<br />
Luftwechsel ist immer anzustreben, damit sich potentielle Auslösefaktoren erst gar nicht<br />
anreichern können.
4.2 Biogene Luftverunreinigungen<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 37<br />
Alle Luftinhaltsstoffe mit biologischem Ursprung werden als biogene Luftverunreinigungen<br />
o<strong>der</strong> als Bioaerosole bezeichnet. Die physikalischen Gegebenheiten <strong>der</strong> Luft sorgen dafür,<br />
dass die biologischen Strukturen in kleinen Partikeldurchmessern vorliegen. Die in <strong>der</strong><br />
Bevölkerung bekanntesten sind die Pollen, welche durch ihr allergenes Potential seit einigen<br />
Jahren anhand geson<strong>der</strong>ter Biowetterkarten und –berichte verstärkte Aufmerksamkeit<br />
erhalten. An dieser Stelle wird auch bewusst, dass nicht alleine die abiotischen Noxen in <strong>der</strong><br />
Innenraumluft von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung für das Wohlbefinden und die Gesundheit <strong>der</strong><br />
Nutzer darstellen, son<strong>der</strong>n in einem wesentlichen Umfang die biogenen<br />
Luftverunreinigungen.<br />
Die häufigsten Bioaerosolbestandteile sind (Nevalainen 1993)<br />
- Mikroorganismen (Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen),<br />
- Pflanzliche Strukturen (Blütenpollen, Samen etc.)<br />
- Fragmente und Ausscheidungsprodukte von Tieren (Haare, Hautschuppen, Kotballen<br />
von Milben etc.)<br />
- Biogene Produkte (Endotoxine, Mykotoxine, MVOC)<br />
Alle diese biogenen Luftverunreinigungen weisen ein erhebliches Potential an Erkrankungen<br />
auf. Auch die anthropogenen Emissionen, welche zwar nicht direkt zu den biogenen<br />
Luftverunreinigungen gezählt werden, möchte in diesem Bereich mit behandeln, da sie zu<br />
einem überwiegenden Anteil aus biologischen Aktivitäten stammen. Insbeson<strong>der</strong>s das CO2,<br />
welches durch die Atmung von Mensch und Tier im Innenraum eine erhebliche Relevanz<br />
besitzt. Bei den Mikroorganismen sowie den pflanzlichen Strukturen kann <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung<br />
<strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong> nur bedingt eine Reduzierung erreicht werden. Bei diesen Luftverunreinigungen<br />
hat <strong>der</strong> Nutzer des <strong>Gebäude</strong>s den grössten Vermeidungseinfluss. Hierauf werde ich <strong>bei</strong> den<br />
Vermeidungsstrategien und –empfehlungen eingehen. Bei den Pilzen und Mykotoxinen<br />
(überwiegend Stoffwechselprodukte von Pilzen) kann <strong>der</strong> Planer durch die Einhaltung <strong>der</strong><br />
SIA Normen einen erheblichen Einfluss auf <strong>der</strong>en Vorkommen nehmen. Zumindest so weit,<br />
dass die Inneraumbelastungen <strong>der</strong> Luft nicht höher liegen als in <strong>der</strong> jeweiligen Aussenluft.<br />
Obwohl die SIA 180 seit 1999 als Norm gültig ist, wird in verschiedenen Publikationen<br />
behauptet, dass rund in jedem zehnten Wohnraum Schimmelbefall vorherrscht. Ich halte<br />
diese Zahl für durchaus realistisch. Da Schimmel oft als hygienisches Problem angesehen<br />
wird, melden Mieter den Schimmelbefall nicht sofort dem Vermieter. Oft wird lange gewartet<br />
und selbst mit verschiedenen Mitteln gewischt. Erst wenn Reizungen <strong>der</strong> Atemwege,<br />
Schleimhäute o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Symptome die Gesundheit beeinträchtigen, wird externe Hilfe<br />
angefor<strong>der</strong>t. Die Praxis <strong>bei</strong> diesen Fällen zeigt aber auch, dass Hysterie und Verharmlosung<br />
sehr nahe <strong>bei</strong>einan<strong>der</strong> liegen. Umso wichtiger ist es, in Bezug auf Schimmel <strong>bei</strong> den harten<br />
Fakten zu bleiben und eine vernünftige Lösung anzustreben.
4.2.1 Schimmel<br />
Auch <strong>bei</strong>m Thema Schimmel einige Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Praxis als Einstimmung.<br />
Bild 1 Wohnraum, Schlafzimmer Bj.2009 Bild 2 Tiefgarage darunter<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 38<br />
Bild 3 Rollladenkasten innen Bild 4 Rollladenkasten aussen<br />
Bild 5 Schimmel extrem, im Schlafraum
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 39<br />
Bild 6 So farbig kann Schimmel sein (Neue Fenster, Aussenwand unverän<strong>der</strong>t)
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 40<br />
Pilze sind kohlenstoffheterotrophe Lebewesen, dass heisst, sie sind, wie Tiere, auf organische<br />
Verbindungen als Energielieferanten angewiesen, die vorher von grünen Pflanzen<br />
synthetisiert worden sind. Schimmelpilze ist ein Sammelbegriff (keine wissenschaftlich<br />
systematische Einheit) für verschiedene Mikropilze (Zygomycota, Ascomycota,<br />
Basidiomycota und Fungi imperfecti). Die Vermehrung erfolgt meistens auf<br />
ungeschlechtlichem Wege über Sporen. Sie vermehren sich jedoch ausschliesslich dort, wo<br />
eine ausreichende Feuchte vorhanden ist. Schimmelpilze benötigen zum Wachstum neben <strong>der</strong><br />
Feuchte aber auch Nährstoffe. Weitere Faktoren können hemmend o<strong>der</strong> för<strong>der</strong>lich für das<br />
Wachstum sein. Diese Faktoren sind im Wesentlichen das Sauerstoffangebot, die Temperatur<br />
und <strong>der</strong> pH-Wert (basisches bzw. saures Milieu hemmt). Jedoch sind Schimmelpilze in <strong>der</strong><br />
Lage, <strong>bei</strong> ausreichen<strong>der</strong> dauerhaften Feuchte und entsprechendem Nährstoffangebot das<br />
Milieu zu verän<strong>der</strong>n. Jede Spore hat für die erste Wachstumsphase einen Nährstoffvorrat im<br />
Gepäck. Da <strong>der</strong> Pilz Substanzen aus <strong>der</strong> Wachstumsunterlage meist nicht direkt in seine<br />
Zellen aufnehmen kann, scheidet er Verdauungseiweisse aus, welche die<br />
Wachstumsunterlage soweit möglich in verwertbare Nährstoffe zerlegen. Als Nährstoff für<br />
den Schimmelpilz dienen Papier, Karton, Tapeten, Holz, Span- und Holzfaserplatten, Kot <strong>der</strong><br />
Hausstaubmilben, Farben, Leime, Zellulose, Le<strong>der</strong>, Hautschuppen, Nikotin und Teer. Somit<br />
wird eine Spore in jedem von Menschen erstellten und bewohnten Raum ein umfangreiches<br />
Nahrungsangebot finden. Selbst Kunststoffe, Steinplatten, Sanitärkeramik o<strong>der</strong> Glas können<br />
<strong>bei</strong> kaum sichtbarer Verschmutzung als Nährboden dienen. Nur eine Reduzierung <strong>der</strong> rel.<br />
Luftfeuchte unter 65% führt zu einem Wasserentzug und schliesslich zum Absterben <strong>der</strong><br />
Schimmelpilze. Vernichtet werden die Sporen dadurch nicht, sie bleiben weiter bestehen und<br />
wachsen sofort, wenn wie<strong>der</strong> ausreichende feuchte Bedingungen eintreten. Da <strong>der</strong><br />
Schimmelpilz biologisch zu betrachten ist, so ist die Wasseraktivität <strong>der</strong> aw-Wert relevant.<br />
(Activity of Water ist ein Mass für frei verfügbares Wasser in einem Material. Sie ist<br />
definiert als Quotient des Wasserdampfdrucks über einem Material (p) zu dem<br />
Wasserdampfdruck über reinem Wasser (p0) <strong>bei</strong> einer bestimmten Temperatur.)<br />
Da diese Bestimmung direkt an <strong>der</strong> Materialoberfläche in einem bewohnten Raum praktisch<br />
unmöglich ist, wird in <strong>der</strong> Praxis mit <strong>der</strong> rel. Luftfeuchte und Temperatur gear<strong>bei</strong>tet. Wichtig<br />
sind hier Messungsstandort und –methode. So müssen für eine Bewertung <strong>der</strong> rel. Feuchte an<br />
einer Bauteiloberfläche mindestens drei Werte vorliegen, um diese Berechnung<br />
durchzuführen. Wichtig ist, dass die Innenraumtemperatur und rel. Feuchte in <strong>der</strong> Mitte des<br />
Raumes in 1-1,2 Meter Höhe gemessen wird und keine Strahlungsquellen o<strong>der</strong><br />
Zuglufterscheinungen, dass Messergebnis verfälschen. Als dritter Wert wird die<br />
Oberflächentemperatur <strong>der</strong> zu beurteilenden Oberfläche benötigt. Mit diesen Werten kann<br />
dann eine Momentaufnahme berechnet werden. Hier<strong>bei</strong> sollte jedoch nicht vergessen gehen,<br />
dass sich Pilze anpassen. Schimmelbewuchs kann Feuchtigkeitsschwankungen im Laufe<br />
eines Tages gut vertragen.<br />
Wenn also das in <strong>der</strong> SIA 180 gefor<strong>der</strong>te Lüftungskonzept ergibt, dass zu 50% des Tages die<br />
rel. Luftfeuchte überschritten ist, so kann dies <strong>bei</strong> kalten Aussenwänden bereits zu einem<br />
Schimmelwachstum führen. Beson<strong>der</strong>s ist hier zu berücksichtigen, dass es <strong>bei</strong> Fensterlüftung<br />
zu Sorptionseffekten kommen kann, welche einen sehr schnellen Anstieg <strong>der</strong> rel. Luftfeuchte<br />
bewirken können. Dies beson<strong>der</strong>s, wenn <strong>der</strong> Wohnraumnutzer gar nicht anwesend ist. Auf<br />
dieses Thema wird vertieft in dem Kapitel „physikalische Faktoren eingegangen.<br />
Da auch zum Thema Schimmel eine umfangreiche Dokumentation vom Bundesamt für<br />
Gesundheit BAG erstellt worden ist, in <strong>der</strong> sehr ausführlich auf die Auswirkungen auf die<br />
Gesundheit eingegangen wird, werde ich mich an dieser Stelle auf die wesentlichen
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 41<br />
Kernaussagen begrenzen. Die Publikation ist unter www.bundespublikationen.admin.ch mit<br />
<strong>der</strong> BBL-Artikelnummer 311.310.d kostenlos zu beziehen.<br />
Die häufigsten gesundheitlichen Folgen von Feuchtigkeit und Schimmel in Wohnräumen sind<br />
Atemwegs-, Augen- und Hautreizungen bis hin zu chronischer Bronchitis und Asthma sowie<br />
allergische Erkrankungen. Weiter stehen sie im Verdacht, Wegbereiter für Erkältungen zu<br />
sein. All diese Symptome erfahre ich auch immer wie<strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Schimmelberatung. Bei<br />
sichtbaren und offenen Schimmelbefall ist die sofortige Eingrenzung oft einfach zu<br />
veranlassen. Jedoch zeigt sich in <strong>der</strong> täglichen Praxis auch, dass es immer öfter verdeckten<br />
Schimmelbefall gibt, welche durch unsachgemäss durchgeführte Wärmedämmungen o<strong>der</strong><br />
Schimmelsanierungen hervorgerufen werden. Wie auch an im Kapitel 5.7 beschrieben, kenne<br />
ich einen Fall von verdecktem Schimmel, welche eine gesunde Person ohne bekannte<br />
Vorbelastung an einer „Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) erkranken<br />
liess. Es handelt sich um die Erkrankung <strong>der</strong> Lunge, welche durch Pilzteile des<br />
Giesskannenschimmels Aspergillus verursacht wird. Ohne Behandlung können die<br />
Folgeschäden in <strong>der</strong> Lunge gravierend sein: <strong>Das</strong> Lungenvolumen kann massiv abnehmen<br />
o<strong>der</strong> es können sich vernarbte Lungenbezirke bilden, die für den Gasaustausch nicht mehr zur<br />
Verfügung stehen. Der häufigste Auslöser einer ABPA, <strong>der</strong> Schimmelpilz Aspergillus<br />
fumigatus, findet sich in Topfpflanzen, Grünabfällen und Tierkäfigen sowie gelegentlich in<br />
Verschimmelungen auf Fichtenholz, Gipskartonplatten, Spanplatten und Nahrungsmitteln. In<br />
diesem Fall war <strong>der</strong> Pilzbefall <strong>der</strong> Gipskartonplatte <strong>der</strong> Auslöser, da diese zur optischen<br />
Kaschierung eines bauphysikalischen Problems verwendet wurde. Hinter den Platten konnte<br />
sich <strong>der</strong> Pilz ungestört grossflächig ausbreiten. In dem begleiteten Fall konnten die Ärzte<br />
einen Befall des Herzens und eine langfristige Schädigung <strong>der</strong> Lungen durch eine<br />
mehrmonatige Cortisonbehandlung verhin<strong>der</strong>n.<br />
Neben solch gravierenden Fällen ist aber auch nicht zu unterschlagen, dass durch<br />
Schimmelpilze mikrobielle flüchtige Kohlenwasserstoffe (MVOC) entstehen. Es dominieren<br />
kurzkettige organische Verbindungen mit Alkohol-, Keton- und Esterfunktionen. Diese<br />
Stoffe sind den Lösemitteln zuzuordnen. Die Menge dieser Stoffe ist jedoch so gering, dass<br />
nach heutigem Kenntnisstand keine wesentliche Gesundheitsgefährdung von diesen Stoffen<br />
ausgeht.<br />
Dies zeigt auf, wie gefährlich unsachgemässe Schimmelsanierungen sein können. Da ich<br />
jedes Jahr etliche solcher Fälle sehe, plädiere ich weiterhin dafür, dass Schimmelbefall ab<br />
einer gewissen Stärke meldepflichtig wird und nur nach bauphysikalischer Abklärung durch<br />
zertifizierte Firmen saniert werden dürfen. Somit ist ausgeschlossen, dass sich Maler o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Handwerker als bauphysikalische Experten an die unsachgemässe Sanierung machen.<br />
Ein weiterer Vorteil <strong>der</strong> Meldepflicht wäre, dass Verwaltungen nicht mehr in <strong>der</strong> Lage wären,<br />
einen Handwerker zu solchen kosmetischen Sanierungen zu nötigen.
4.2.2 Kohlenstoffdioxid CO2<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 42<br />
Kohlenstoffdioxid wird umgangssprachlich auch oft als Kohlendioxid o<strong>der</strong> Kohlensäure<br />
bezeichnet. Die Strukturformel ist O=C=O. Der Dampfdruck beträgt 5,733 hPa<br />
(<strong>bei</strong> 293,15 K). International wird <strong>der</strong> Kohlenstoffdioxidanteil in <strong>der</strong> Luft in ppm angegeben<br />
(aus dem Englischen parts per million = Volumenteile pro Million Volumenteiel). Bei 293,15<br />
K und 1013,25 hPa entspricht 1 ppm = 0,0001 Volumen% .<br />
In <strong>der</strong> Aussenluft ist <strong>der</strong> CO2 Anteil stetig gestiegen. Je nach Standort sind ca. 350 bis 550<br />
ppm festzustellen. Als Mittelwert kann gemäss Literatur ein Wert von 400 ppm angesehen<br />
werden, welcher auch in alle Berechnungen einfliesst.<br />
Im Innenraum ist <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong> grösste CO2 Emittent. In <strong>der</strong> Literatur werden jedoch sehr<br />
unterschiedliche Angaben hierzu getroffen.<br />
Literatur Wert in l/h Anmerkung<br />
Rietschel (1994) 20,4 Leichte, vorwiegend sitzende<br />
Tätigkeit, entspanntes Stehen<br />
Witthauer, Horn, Bischof<br />
(1993)<br />
27,2 Stehende Tätigkeit<br />
12 Ruhiger Zustand<br />
18 Sitzende Tätigkeit<br />
180 Schwerar<strong>bei</strong>t<br />
20 Leichte, vorwiegend sitzende<br />
Recknagel, Sprenger,<br />
Schramek (1999)<br />
Tätigkeit<br />
VDI 4300 Bl. 9 (2003), analog 15-20 Sitzende Tätigkeit<br />
zu 4300 Bl. 7 (2001)<br />
20-40 Leichte Ar<strong>bei</strong>t<br />
40-70 Mittelschwere Ar<strong>bei</strong>t<br />
70-110 Schwere Ar<strong>bei</strong>t<br />
ASHRAE (1989) 18 Büroar<strong>bei</strong>t<br />
(Quelle: Bewertung <strong>der</strong> Innenraumluft; Dipl.-Ing. Dr. Rolf Boos;D ipl.-Ing. Bernhard<br />
Damberger; Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter; Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi; Dr. Hanns<br />
Moshammer; Dipl.-Ing. Peter Tappler; Dipl.-Ing. Felix Twrdik; Dr. Peter Wallner)<br />
Die aktuelle SIA Norm 180 legt bezüglich <strong>der</strong> CO2 Produktion durch den Nutzer keine Werte<br />
fest. Einzig in einer Beispielberechnung im Anhang <strong>der</strong> Norm wird ein Wert von<br />
17 l/h verwendet. Wenn man nun die mögliche Bandbreite in <strong>der</strong> oben aufgeführten Tabelle<br />
sieht, so erscheint es meiner Meinung nach realistischer, mit 30 l/h pro Erwachsene Person zu<br />
rechnen. Für Einzelbetrachtungen wie z. B. das Schlafzimmer in den Nachtstunden, kann<br />
dieser Wert auf 15 l/h gesenkt werden. Mit zu berücksichtigen sind jedoch <strong>bei</strong> Berechnungen<br />
Haustiere, zu denen aber keine genauen Werte zu finden sind. Ich gehe in diesen Fällen in<br />
einer Grundlagenberechnung über das Gewicht um die CO2 Emission zu berechnen (Mensch<br />
70Kg 30l/h, Katze 4 Kg = 9l/h). Neben diesen biotischen Quellen in Innenräumen spielen<br />
immer mehr wie<strong>der</strong> abiotische Faktoren eine Rolle in <strong>der</strong> Innenraumluft, da Schwedenöfen<br />
und an<strong>der</strong>e Feuerungsstätten eine Renaissance erfahren. Es ist jedoch sehr komplex zu<br />
quantifizieren, welche Mengen an CO2 in die Innenraumluft emittieren, da Luftzufuhr und<br />
Luftabzug unterschiedlich geregelt sind. Ebenfalls sind die seit einiger Zeit beliebten<br />
Methanol-Zimmerkamine eine grosse Quelle, <strong>bei</strong> denen aber auch an<strong>der</strong>e Schadstoffe wie<br />
(CO, NO2, Formaldehyd, PAK etc.) entstehen. Die CO2 – Abgabe von Pflanzen <strong>bei</strong><br />
Dunkelheit kann hingegen vernachlässigt werden, da die Mengen kaum 1% <strong>der</strong> Werte<br />
erreichen, die durch die menschliche Atmung entstehen.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 43<br />
Bei allen Schimmelfällen die ich bear<strong>bei</strong>te, werden von mir auch Messungen zum CO2 –<br />
Gehalt in <strong>der</strong> Innenraumluft und Aussenluft durchgeführt. Hierdurch lässt sich die<br />
Lüftungssituation <strong>der</strong> Wohnräume recht gut bewerten. Somit verfüge ich mittlerweile über<br />
eine grosse Datensammlung zu CO2 in <strong>der</strong> Innenraumluft. Hier<strong>bei</strong> zeigt sich, dass beson<strong>der</strong>s<br />
<strong>bei</strong> älteren <strong>Gebäude</strong>n mit neuen Fenstern die Konzentrationen sehr schnell ansteigen. Dies<br />
liegt in <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>geometrie begründet, da die Kubatur durch die Raumgrössen im<br />
Verhältnis zu Neubauten eher gering sind. Den Schlafzimmern ist jedoch in Bezug auf CO2<br />
ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung zu widmen. Hier konnte ich <strong>bei</strong> Messungen in<br />
<strong>Gebäude</strong>n ohne kontrollierte Wohnraumlüftung in den Morgenstunden Werte von über 4000<br />
ppm Messen. Diese Werte stellen sich dann auch in Bezug auf an<strong>der</strong>e Schadstoffe sowie<br />
Feuchte als problematisch dar.<br />
Erhöhte CO2 Konzentrationen in <strong>der</strong> Einatmungsluft erhöhen die Atemfrequenz und das<br />
Atemzugvolumen. Da<strong>bei</strong> wirkt CO2 erweiternd auf die Bronchien, wodurch sich das<br />
Totraumvolumen erhöht. Diese Tatsache zeigt auf, wie negativ sich hohe CO2<br />
Konzentrationen in einem Schlafzimmer auf die Atmung während des Schlafs auswirkt.<br />
Ebenfalls zeigen weltweit erstellte Studien, dass hohe CO2 Konzentrationen die<br />
Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit deutlich reduziert. Gerade in Schulen ist dies zu<br />
Thema geworden. Auch in <strong>der</strong> Schweiz sind umfangreiche Messungen in Klassenzimmern<br />
durchgeführt worden. Details waren hierzu jedoch noch nicht zu finden.
4.3 Physikalische Faktoren<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 44<br />
Da <strong>bei</strong> den physikalischen Faktoren die Feuchte für die Schimmelpilze eine sehr bedeutende<br />
Rolle spielt, werde ich in diesem Kapitel ausführlich auf dieses Thema eingehen. Temperatur<br />
und Luftzug sind zwar entscheidende Faktoren für die Behaglichkeit in einem Wohnraum,<br />
spielen für die Wohnraumgifte jedoch eine kleinere Rolle als die Feuchte.<br />
Zu Beginn gilt es, den Begriff „Luftfeuchte“ zu bestimmen.<br />
Lufttemperatur und Luftfeuchte werden meistens in einem Atemzug genannt, da wir alle<br />
wissen, dass die Angabe <strong>der</strong> rel. Luftfeuchte einen Bezug auf die Temperatur benötigt. Die<br />
Luftfeuchte ist jedoch nicht nur eine physikalische Zustandsgrösse. Die volumen- o<strong>der</strong><br />
massebezogene Luftfeuchte sind wichtige Luftfeuchtegrössen und geben die absolute<br />
Gasmasse (Wasserdampf) in Bezug zu definierten Basisgrössen an. Wasserdampf stellt<br />
gasförmiges Wasser dar. Wichtig ist zu verstehen, dass dieser Begriff des Wasserdampfes<br />
nichts mit dem sichtbaren Dampf o<strong>der</strong> Nebel zu tun hat. Wenn Wasser in <strong>der</strong> Luft sichtbar<br />
wird, dann handelt es sich da<strong>bei</strong> um flüssiges Wasser und nicht um Wasserdampf. Somit<br />
wäre festzuhalten, dass <strong>bei</strong> dem Begriff <strong>der</strong> Luftfeuchte immer von trockener Luft (absolut<br />
wasserdampffrei) und dem volumen- o<strong>der</strong> massebezogenen Wasserdampf die Rede ist.<br />
Somit wird auch klar, dass flüssiges Wasser <strong>der</strong> Luftfeuchte nicht zugerechnet wird. Auch ein<br />
Hygrometer misst ausschliesslich den Einfluss des gasförmigen Wasserdampfes. Die weitere<br />
Beladung durch flüssiges Wasser o<strong>der</strong> Eis wird nicht gemessen o<strong>der</strong> angezeigt.<br />
Somit kann man <strong>bei</strong> einer Fensterlüftung die Luftfeuchte in einem Raum grob in drei<br />
Luftzustände einteilen.<br />
Zustand 1: Trockene und kalte Luft direkt nach dem Lüften<br />
Die Aussenluft wurde gerade in den Raum hereingelüftet (ein vollständiger Luftaustausch<br />
wird vorausgesetzt).<br />
Zustand 2: Trockene und warme Raumluft direkt nach <strong>der</strong> Aufheizung<br />
Die Aussenluft wurde im Raum aufgeheizt. Die Luft wurde da<strong>bei</strong> noch nicht befeuchtet durch<br />
Wohnnutzung o<strong>der</strong> Desorption von Baustoffen, (Theoretischer Berechnungsfall).<br />
Zustand 3: Feuchte und warme Raumluft kurz vor dem erneuten Lüften<br />
Die durch Wohnnutzung und Beheizung feuchte und warme Raumluft.<br />
Diese Zustände werden auch in einem Lüftungskonzept betrachtet, jedoch werden hier<br />
weitere Faktoren wie undichte <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle, Sorptionseffekte und Luftaustauschrate von<br />
Fenstern <strong>bei</strong> standortbezogen Klimadaten berücksichtigt. Ein Beispiel für ein einfaches<br />
Lüftungskonzept nach SIA 180 findet sich in Kapitel 5.6 dieser Ar<strong>bei</strong>t.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 45<br />
Die nachfolgende Tabelle zeigt die theoretischen Ergebnisse einer Beispielberechnung.<br />
Parameter Luftzustand 1<br />
Trockene und kalte<br />
Raumluft direkt nach<br />
dem Lüften,<br />
(Aussenluftzustand).<br />
Luftzustand 2<br />
Trockene und warme<br />
Raumluft direkt nach<br />
<strong>der</strong> Aufheizung,<br />
(maximales<br />
Lüftungsergebnis).<br />
Lufttemperatur (°C) 5,0 19,0 19,0<br />
Relative Luftfeuchte<br />
(% r. F.)<br />
88,2 35,0 60,0<br />
Wasserdampf –<br />
Sättigungsdruck (Pa)<br />
872 2197 2197<br />
Wasserdampf-<br />
Partialdruck (Pa)<br />
769 769 1318<br />
Luftdichte (Kg/m 3 ) 1,249 1,189 1,187<br />
Absolute Luftfeuchte<br />
x (g/kg tr. L)<br />
4,8 4,8 8,3<br />
Absolute Luftfeuchte<br />
v (g/m 3 )<br />
6,0 5,7 9,8<br />
Luftzustand 3<br />
Feuchte und warme<br />
Raumluft kurz vor<br />
dem erneuten Lüften,<br />
(feuchte Wohnung)<br />
Dieses Beispiel soll aufzeigen, dass <strong>bei</strong> Schimmelfällen weitergehende Berechnungen<br />
notwendig sind. Wenn man für die Wassergehaltsberechnung einfach den Zustand 1 (kalte<br />
Aussenluft) mit dem Zustand 3 (feuchte und warme Raumluft) vergleichen würde, dann<br />
berücksichtigt man nicht die geringere Dichte <strong>der</strong> aufgeheizten Aussenluft <strong>der</strong> Raumes. Dies<br />
hätte zur Folge, dass man mit <strong>der</strong> grösseren Dichte <strong>der</strong> kalten Aussenluft auch eine grössere<br />
Wassermasse im Raum für den Zustand 1 ermitteln würde. Es ist jedoch für eine genaue<br />
Betrachtung sinnvoll, wenn man weiss, wie viel Wasserdampf-Masse im vollständig<br />
gelüfteten und geheizten Raum vorhanden ist. Mit diesem genauen Wert kann <strong>der</strong> Abstand<br />
<strong>der</strong> einzelnen Lüftungsinterfalle in Bezug auf Feuchte genauer bestimmt werden.<br />
Die weiteren Faktoren wie Eindringtiefen <strong>bei</strong>m Lüften, Sorption und Desorption würde den<br />
Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t sprengen.<br />
Entscheidend ist für mich, dass dem Planer die Notwendigkeit eines Lüftungskonzeptes<br />
bewusst wird.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 46<br />
5 VERMEIDUNGSSTRATEGIEN WÄHREND PLANUNG UND<br />
ERSTELLUNG EINES GEBÄUDES<br />
Der Planer muss sich bewusst werden, dass im Neubau, beson<strong>der</strong>s aber <strong>bei</strong> energetischen<br />
Mo<strong>der</strong>nisierungen im Altbestand die Wahl <strong>der</strong> Baustoffe und die Erstellung eines<br />
Lüftungskonzeptes zu den Grundlagen für eine gute Raumluftqualität gehören. Auch die<br />
notwendigen Abklärungen zum Standort des <strong>Gebäude</strong>s haben einen entsprechenden<br />
Stellenwert und bedürfen zu einem frühen Planungszeitpunkt <strong>der</strong> Abklärung.<br />
Bei Bauten nach Minergie, welche zertifiziert werden, wird durch die vorgegebene<br />
kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung bereits ein Lüftungskonzept<br />
vorgegeben. Die von Minergie vorgegebenen Luftmengen und Luftwechselraten sollten für<br />
ein gutes Ergebnis bezüglich <strong>der</strong> Raumluftqualität sorgen, sofern die Wahl <strong>der</strong> Baustoffe<br />
bewusst nach <strong>der</strong>en potenziellen Schadstoffemissionen getroffen wurde. Hier sind aber<br />
weitere Faktoren kritisch zu betrachten wie z.B. zu trockene Luft im Winter o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Energiebedarf dieser Lüftungssysteme. Hierzu gibt es vom Verein Minergie mit dem Eco<br />
Ergänzungslabel ebenfalls gute Grundlagen für den Planenden. An<strong>der</strong>s ist dies jedoch <strong>bei</strong><br />
Bauten, welche keiner Zertifizierung unterliegen, ob dies nun Neubau o<strong>der</strong> eine<br />
Sanierung/Mo<strong>der</strong>nisierung eines <strong>Gebäude</strong>s ist. Festzuhalten ist hier beson<strong>der</strong>s, dass durch<br />
energiesparende Massnahmen im Altbestand in <strong>der</strong> Regel auch mit einer deutlichen<br />
Verringerung <strong>der</strong> Luftwechselrate einhergehen. Speziell die Auswechslung <strong>der</strong> Fenster,<br />
welche lei<strong>der</strong> oft ohne Beiziehen eines Planer durchgeführt werden. Somit ist hier die<br />
Verantwortung nicht <strong>bei</strong>m Planenden son<strong>der</strong>n <strong>bei</strong>m Eigentümer zu sehen (lei<strong>der</strong> ist mir<br />
hierzu kein einziger Fall in <strong>der</strong> Schweiz bekannt, <strong>bei</strong> dem <strong>der</strong> Eigentümer auch in diese<br />
Verantwortung genommen wurde, falls Personen zu Schaden kommen. Der Grund hierfür<br />
dürfte an <strong>der</strong> fehlenden rechtlichen Grundlage liegen. Denn mit dieser Verringerung <strong>der</strong><br />
Luftwechselrate erhöht sich die Konzentration <strong>der</strong> entsprechend vorhandenen<br />
Luftverunreinigungen mit etwa dem gleichen Faktor, mit dem die Luftwechselrate verringert<br />
wurde.<br />
In meiner Tätigkeit als Bauberater sehe ich immer wie<strong>der</strong>, dass gar kein Lüftungskonzept<br />
vorhanden ist. Auch die darauf angesprochenen Planer verstehen gar nicht, wieso ich so ein<br />
Lüftungskonzept for<strong>der</strong>e. Dieses Unverständnis wird gestärkt, da <strong>bei</strong> einer Bauabnahme nach<br />
SIA 118 das Innenraumklima nicht Bestandteil dieser ist. Wenn man jedoch zumindest die<br />
Grundlagen <strong>der</strong> SIA 180 während <strong>der</strong> Bauabnahme dokumentieren müsste, so würde<br />
zumindest ein Faktor für das gute Innenraumklima erfüllt. Denn selbst wenn eklatante<br />
Planungsfehler festzustellen sind, wie z. B. Abluftanlagen ohne eine geführte Zuluft,<br />
massiver Unterdruck im Wohnraum (Messergebnisse über 100 Pascal) o<strong>der</strong> gar<br />
Feuerungsstätten die Abgase teilweise in den Wohnraum entweichen lassen.<br />
Dies zeigt sehr deutlich auf, dass das Bewusstsein, was <strong>luftdichte</strong>s Bauen bedeutet, <strong>bei</strong> den<br />
meisten Beteiligten am Bau und auch <strong>bei</strong> den Nutzern noch nicht angekommen ist. Es handelt<br />
sich hier um eine <strong>der</strong> grössten Umstellungen im Bauwesen seit Beginn <strong>der</strong> menschlichen<br />
Bautätigkeit: Von „Villa Durchzug“ zu „Luftdicht soweit technisch möglich“.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 47<br />
In <strong>der</strong> Norm SIA 180 (1999) ist das Thema meiner Meinung nach klar und eindeutig<br />
formuliert worden:<br />
3.3.1.2 Der Architekt ist verpflichtet – allenfalls zusammen mit dem Lüftungsplaner- in einer<br />
frühen Planungsphase ein Lüftungskonzept zu erstellen. Als wesentliche Varianten sind zu<br />
beurteilen:<br />
- natürliche Lüftung mit Benutzerunterstützung<br />
- Abluftanlage mit geführter Zuluft<br />
- mechanische Zu-/Abluftanlage<br />
Aus diesem Grund sollte es heute für den bewusst Planenden eine Selbstverständlichkeit sein,<br />
für jede Bauplanung, die zu einer <strong>luftdichte</strong>n <strong>Gebäude</strong>hülle führt, ein Lüftungskonzept zu<br />
erstellen. Gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Fachplaner.<br />
Hieraus ergeben sich nach meiner Meinung folgende Aufgaben in den einzelnen Phasen eines<br />
Bauprojektes für den Planenden.<br />
Phasen Teilphasen Aufgabe<br />
1 strategische Planung 11 Bedürfnisformulierung,<br />
Lösungsstrategien<br />
2 Vorstudien 21 Definition des Vorhabens,<br />
Machbarkeitsstudie<br />
Zusammen mit <strong>der</strong> Bauherrschaft<br />
wird anhand <strong>der</strong><br />
Bedürfnisformulierung eine<br />
Strategie zu Luftschadstoffen und<br />
eventuell dem passenden Label<br />
Minergie Eco o<strong>der</strong> GI erstellt. Die<br />
Dokumentation wird im<br />
Leistungsbeschrieb und<br />
Vergütungsmodel festgehalten.<br />
Auf Seite <strong>der</strong> Bauherrschaft wird<br />
eine Person benannt, welche die<br />
Qualitätskriterien bezüglich<br />
Innenraumluft beschreibt und<br />
Entscheidungsbefugnis hat.<br />
Zusammen mit dem Planer wird<br />
eine Absichtserklärung zum<br />
Innenraumklima formuliert.<br />
Der Planer überprüft den Standort<br />
und erstellt eine<br />
Immisionsanalyse sowie<br />
Emissionsanalyse und lässt die<br />
Erkenntnisse in seine<br />
Machbarkeitsstudie einfliessen.<br />
22 Auswahlverfahren Sollte bis zu diesem Zeitpunkt<br />
noch kein Planer o<strong>der</strong><br />
Generalunternehmer für das<br />
Projekt gewählt sein, so ist es<br />
entscheidend, dass die<br />
Bauherrschaft bzw. <strong>der</strong><br />
Innenraumluftplaner die<br />
Zielvorgabe, Zielvereinbarung,
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 48<br />
Materialanfor<strong>der</strong>ungen und die<br />
Offerten prüft. Je nach Priorität<br />
innerhalb <strong>der</strong> Gesamtplanung<br />
sollte eine Punktevergabe als<br />
Entscheidungshilfe dienen.<br />
3 Projektierung 31 Vorprojekt Im Vorprojekt müssen anhand <strong>der</strong><br />
Konstruktion die möglichen<br />
Materialien in Bezug auf das<br />
Innenraumklima überprüft und<br />
festgelegt werden. <strong>Das</strong><br />
Lüftungskonzept wird spätestens<br />
zu diesem Zeitpunkt erstellt.<br />
Sofern dieses extern erstellt wird,<br />
muss die Anfor<strong>der</strong>ung an die<br />
Innenraumluftqualität im Vertrag<br />
vereinbar werden. Bei Umbauten<br />
und Mo<strong>der</strong>nisierungen müssen<br />
jetzt die Altlasten detailliert<br />
ermittelt werden. Auch<br />
Auslüftungszeiten müssen in den<br />
ersten Terminplan einfliessen.<br />
32 Bauprojekt <strong>Das</strong> Lüftungskonzept muss<br />
verfeinert werden und genau mit<br />
<strong>der</strong> Zielvereinbarung zur<br />
Innenraumluftqualität abgeglichen<br />
werden. <strong>Das</strong> Materialkonzept<br />
muss beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong> den<br />
Detailplänen geprüft und<br />
optimiert werden. Die<br />
Haustechnikkonzepte müssen auf<br />
die Wirkung in Bezug auf die<br />
Innenraumluftqualität geprüft und<br />
optimiert werden. Mit <strong>der</strong><br />
Bauherrschaft müssen alle festen<br />
Einbauteile und wählbaren<br />
Baustoffe (Anstriche, Putze,<br />
Bodenbeläge) in Bezug auf die<br />
Innenraumluftqualität besprochen<br />
und so weit als möglich fixiert<br />
werden. Am besten mit einem<br />
4 Ausschreibung 41 Ausschreibung, Offert<br />
vergleich, Vergabeantrag<br />
Raumbuch.<br />
Es muss jedem Handwerker<br />
bereits <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ausschreibung ein<br />
Verhaltensblatt und eine<br />
Übersicht <strong>der</strong> Baustoffe und<br />
Hilfsstoffe, welche auf keinen<br />
Fall zur Anwendung kommen<br />
dürfen, abgegeben werden.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 49<br />
Ebenfalls müssen verbindliche<br />
Materialvorgaben in <strong>der</strong><br />
Ausschreibung gemacht werden.<br />
Beim Vergleich <strong>der</strong> Offerten<br />
spielt die Erfahrung mit den<br />
Werkstoffen und die Verwendung<br />
von Emissionsarmen<br />
Bauprodukten eine entscheidende<br />
Rolle. Der Handwerksbetrieb<br />
sollte möglichst den eigenen<br />
Betrieb auf emissionsarme<br />
Materialien ausgerichtet haben.<br />
So werden<br />
Materialverwechslungen bereits<br />
im Vorfeld ausgeschlossen.<br />
5 Realisierung 51 Ausführungsplanung Der definitive Baubeschrieb<br />
enthält bereits alle Materialien mit<br />
allen Angaben zur<br />
Innenraumluftqualität. Bereits<br />
jetzt wird <strong>der</strong> Betrieb des<br />
<strong>Gebäude</strong>s geplant.<br />
52 Ausführung Die Bauleitung überprüft vor o<strong>der</strong><br />
<strong>bei</strong> Anlieferung alle Materialien<br />
auf die in den Werkverträgen<br />
getroffenen Vereinbarungen. Bei<br />
innenraumluftrelevanten<br />
Materialien werden die<br />
notwendigen Lieferdokumente<br />
und Herstellerdeklarationen<br />
eingefor<strong>der</strong>t. Der Terminplan<br />
wird immer unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Auslüftungszeiten nachgeführt.<br />
Die Bau-Endreinigung wird<br />
geplant, unter Festlegung <strong>der</strong><br />
Reinigungsverfahren und<br />
53 Inbetriebnahme,<br />
Abschluss<br />
Reinigungsmittel.<br />
Bei <strong>der</strong> Übergabe des <strong>Gebäude</strong>s<br />
wird dem zukünftigen Nutzer eine<br />
detaillierte Dokumentation zu<br />
allen Materialien mit<br />
Pflegeanweisungen übergeben.<br />
Ebenfalls wird speziell das<br />
Lüftungskonzept erklärt und die<br />
notwendigen<br />
Verhaltensgrundlagen. Diese<br />
gesamte Dokumentation sollte<br />
wie eine Gebrauchsanleitung, wie
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 50<br />
wir die aus an<strong>der</strong>en Bereichen<br />
kennen, aufgebaut sein. Bereits in<br />
dieser Dokumentation sollte eine<br />
Anleitung für spätere<br />
Renovationen zu finden sein<br />
(denn eine Kalkfarbe ist schnell<br />
mit Dispersion überstrichen).<br />
Speziell <strong>bei</strong> Mietshäusern sollte<br />
dem Eigentümer o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Verwaltung eine genaue<br />
Anleitung für die Mieter zur<br />
Verfügung gestellt werden.<br />
Diese Tabelle gibt eine erste Übersicht, welche Leistungen und Entscheidungen in den<br />
jeweiligen Bauphasen eines Projektes zu erfüllen sind. Wenn zusätzlich nach den Kriterien<br />
eines Labels wie z.B. GI Gutes Innenraumklima o<strong>der</strong> Minergie eco gebaut werden soll, so<br />
sind weitere Kriterien und Regeln möglich. Die jeweiligen Anfor<strong>der</strong>ungen sind vom Label<br />
abhängig. Vorteil dieser Label ist, dass diese bereits klare Grenzwerte,<br />
Materialeingrenzungen und Anleitungen zum Vorgehen haben, welche die Ar<strong>bei</strong>t und die<br />
Auswahl erleichtern.<br />
Es bleibt aber auch an dieser Stelle festzuhalten, dass die Bauphasenbeschreibung speziell auf<br />
die Planungsleistung in Bezug auf die Innenraumluftqualität beschrieben wird.<br />
Architektonische, soziale und ökonomische Anfor<strong>der</strong>ungen sind nicht Bestandteil.<br />
Bereits <strong>bei</strong> dieser ersten Übersicht wird eindrücklich aufgezeigt, dass die SIA im Jahr 1999<br />
(mit Inkraft, setzen <strong>der</strong> SIA 180) die Verantwortung <strong>der</strong> Raumluftqualität dem Planer,<br />
Bauherren und Nutzer übertragen haben, jedoch die Honorarsätze nicht um diese Leistung<br />
erweitert haben. Meiner Meinung nach ist dies auch einer <strong>der</strong> wesentlichen Gründe, warum<br />
das Thema „Lüftungskonzept“ <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung eines <strong>Gebäude</strong>s gänzlich unterlassen wird.<br />
Als weitere Grund wäre <strong>bei</strong> dem Thema „Lüftungskonzept“ und „Innenraumluftqualität“<br />
auszumachen, dass we<strong>der</strong> ein Architekt, ein dipl. Hochbautechniker noch ein Lüftungsplaner<br />
in seiner Ausbildung dieses Thema vermittelt bekommt.<br />
Als Hilfsmittel sind hier die Merkblätter ökologisches Bauen nach Baukostenplan BKP von<br />
eco-bau zu empfehlen. Auch die Fragebögen von Minergie eco können <strong>bei</strong> dieser<br />
Aufgabenstellung wichtige Dienste leisten. Es ist aber auch möglich, einen eigenen<br />
Fachplaner für das Thema Innenraumluftqualität zu beauftragen, <strong>der</strong> den gesamten Bauablauf<br />
begleitet.
5.1 Planungsvorgehen im Bezug auf Raumluftqualität<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 51<br />
Grundsätzlich ist hier zu unterscheiden, ob <strong>der</strong> Auftraggeber durch ein Pflichtenheft o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Dokumente eine spezielle Anfor<strong>der</strong>ung an die Raumluftqualität beschreibt, ob er ein<br />
Label für das <strong>Gebäude</strong> o<strong>der</strong> die Raumluftqualität for<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> ob er nur die heute gültigen<br />
Normen und Standards verlangt.<br />
Ich möchte hier an einem Beispiel die einzelnen Schritte rudimentär aufzeigen, welche ich<br />
persönlich als Mindestanfor<strong>der</strong>ung für eine gute Innenraumluftqualität ansehe:<br />
Standort<br />
Zu Beginn einer Standortanalyse stehen für mich die möglichen Immissionen durch die<br />
Umgebung in Vor<strong>der</strong>grund. Hier sind Industrie und Strassenverkehr beson<strong>der</strong>s zu nennen.<br />
Eine Begehung des Standortes zeigt dann oft noch Beson<strong>der</strong>heiten kleineren Ausmasses auf.<br />
Als weiteres ist die Radonbelastung durch Kartenstudium zu prüfen. Wichtig sind auch die<br />
Einzelangaben zu <strong>der</strong> Gemeinde, wo die Anzahl <strong>der</strong> Messungen und <strong>der</strong> Ergebnisse zu<br />
erfahren sind. Bei einem begründeten Verdacht ist eine Baugrundmessung als sinnvoll in<br />
Betracht zu ziehen. Auch ein Blick in das Altlastenkataster ist sinnvoll. Wenn Belastungen<br />
für die Innenraumluftqualität durch den Standort zu erwarten sind, so sollte dem Planer ein<br />
Massnahmenvorschlag zur Vermeidung o<strong>der</strong> Reduzierung <strong>der</strong> Innenraumluftbelastung zur<br />
Verfügung gestellt werden.<br />
<strong>Gebäude</strong>hülle<br />
Bei <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle ist von Beginn an auf eine kompakte und möglichst einfache<br />
Konstruktion zu achten. Dies erleichtert später die Auswahl <strong>der</strong> Materialien und erleichtert<br />
eine dichte Ausführung. Bei Holzkonstruktionen sind hier Zusatzkosten für Materialien,<br />
welche durch Label und/o<strong>der</strong> Zertifikat emissionsarm sind, zu berücksichtigen. Bei <strong>der</strong><br />
Konstruktion <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle ist darauf zu achten, dass auf konstruktiven Holzschutz<br />
verzichtet werden kann. In <strong>der</strong> Lignum-Schriftenreihe sind hierzu verschieden Fachbeträge<br />
erschienen. Es sollte darauf geachtet werden, dass möglichst wenig zusätzliche Öffnungen<br />
durch Kabel und Rohre geplant werden.<br />
Lüftungskonzept<br />
<strong>Das</strong> Lüftungskonzept ist in meinen Augen das Herzstück für die Innenraumluftqualität. Es<br />
sollten immer verschiedene Optionen berechnet werden. Denn einfach nur eine kontrollierte<br />
Wohnraumlüftung einzusetzen ist nicht die Lösung. Hier können durch zu trockene Luft im<br />
Winter viele Bemühungen negativ beeinflusst werden. Mit <strong>der</strong> Berechnung können<br />
unterschiedliche Mixsituationen simuliert werden o<strong>der</strong> auch die Möglichkeit von passiven<br />
Lüftungsanlagen. Ebenfalls ist in Bezug auf die Feuchte eine Einbringung von<br />
Sorptionsmassen denkbar. Alle diese Ansätze bestärken, dass baubiologisches Wissen und<br />
die wissenschaftliche Berechnung zusammen zu einem optimalen und qualitativen<br />
Innenraumklima führen. Wichtig ist die Betrachtung <strong>der</strong> Innenraumluftqualität, <strong>der</strong><br />
Behaglichkeit und <strong>der</strong> energetischen Effizienz. Dieser Teil <strong>der</strong> Planung sollte von einem<br />
Fachmann durchgeführt werden, <strong>der</strong> alle drei genannten Bereiche abdecken kann. Am besten<br />
ist es, wenn diese Fachperson auch alle notwendigen Energienachweise für das <strong>Gebäude</strong><br />
erstellt. So kann gewährleistet werden, dass <strong>der</strong> Planungsablauf durchgängig ist.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 52<br />
Baumaterialien<br />
Bei den Baumaterialien sollten möglichst homogene und stoffkonforme Aufbauten gewählt<br />
werden. Eine Hilfe <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Auswahl von Baumaterialien kann das Kapitel 5.2 dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />
geben.<br />
Informationen an den Nutzer<br />
Die Informationsdokumentation an den Nutzer ist <strong>der</strong> entscheidende Faktor, damit er in <strong>der</strong><br />
Lage ist, die Innenraumluftqualität auch langfristig auf hohem Niveau zu halten. Es ist zu<br />
empfehlen, möglichst früh in <strong>der</strong> Planungsphase eine Dokumentation aller Schritte und<br />
Entscheidungen anzulegen. Hier sollten am besten direkt mit dem Entscheid für einen<br />
Baustoff alle Datenblätter, Produktdeklarationen und Zertifikate hinterlegt werden. Beson<strong>der</strong>s<br />
zu beachten ist, dass alle Lieferanten von Einbaumöbel, Küchen und Haustechnikgeräten<br />
diese Dokumente lückenlos und <strong>bei</strong> Auftragserteilung zukommen lassen. So ist es am Ende<br />
<strong>der</strong> Baumassnahme nicht kompliziert, dem Nutzer eine genaue Gebrauchsanleitung für sein<br />
<strong>Gebäude</strong> zu übergeben. Der administrative Teil dieser Ar<strong>bei</strong>t wird lei<strong>der</strong> zu gerne in den<br />
Hintergrund geschoben, er stellt aber einen wichtigen Teil <strong>der</strong> Qualitätssicherung für eine<br />
positive Innenraumluftqualität dar.
5.2 Auswahl <strong>der</strong> Baumaterialien<br />
Einer <strong>der</strong> elementaren Grundsätze <strong>der</strong> Baubiologie lautet:<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 53<br />
„Möglichst natürliche und gering weiterverar<strong>bei</strong>tete Werkstoffe zu verwenden.“<br />
In Kapitel 4 habe ich <strong>bei</strong> den jeweiligen Schadstoffen auch <strong>der</strong>en mögliche Quelle aufgezeigt.<br />
Also kann <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung darauf geachtet werden, diese Quellen schon in <strong>der</strong><br />
Konstruktionsplanung zu vermeiden. Es wird jedoch kaum möglich sein, alle Quellen aus<br />
einem <strong>Gebäude</strong> zu verbannen. Bei <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Baumaterialien, welche Emissionsquellen<br />
für Raumluftschadstoffe darstellen, können verschiedene Labels ein Anhaltspunkt sein um<br />
die Belastung möglichst gering zu halten. Die verschiedenen Labels lassen jedoch auch noch<br />
geringe Schadstoffkonzentrationen zu, somit entbindet ein Label den Planer nicht davon, zu<br />
jeden Baustoff die entsprechende Produktdeklaration zu lesen. Zu bedenken ist jedoch<br />
immer, dass die Summe aller Schadstoffe erst die wirkliche Belastung ergibt.<br />
Nachfolgend werden die für die Innenraumluft relevanten Baustoffe und die jeweiligen<br />
Labels aufgezeigt.<br />
Anstrichstoffe<br />
Ich beginne mit dieser Produktgruppe, da diese unter den Baustoffen meisst die grösste<br />
Kontaktfläche zur Innenraumluft darstellen und hierdurch den grössten Einfluss auf die<br />
Innenraumluft haben können. Grundsätzlich können unvergütete Kalkfarben und Leimfarben<br />
als beste Variante angesehen werden. Bei diesen Farben sind keine Emissionen zu erwarten<br />
und sie sind diffusionsoffen. Bei allen an<strong>der</strong>en Farben sind folgende Labels hilfreich <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Auswahl.<br />
Die <strong>bei</strong>den Baubiologischen Labels aus Deutschland und Österreich verweisen <strong>bei</strong> dieser<br />
Produktgruppe auf „natureplus“, um <strong>der</strong> Label-Flut Einhalt zu gebieten.
Bodenbeläge<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 54<br />
Dies ist flächenmässig die zweitgrösste Produktgruppe in Bezug auf Innenraumluftkontakt.<br />
Speziell <strong>bei</strong> Parkettböden kommt es auf die Oberflächenbehandlung und die Klebestoffe an.<br />
Generell kann hier keine Empfehlung getroffen werden, da auch naturbelassen Öle und<br />
Wachse während <strong>der</strong> Aushärtung Aldehyde und an<strong>der</strong>e Schadstoffe abgeben. Diese Tatsache<br />
ist mit eventuell verlängerten Auslüftungszeiten jedoch gut zu managen.<br />
Holzwerkstoffe<br />
Auch die Holzwerkstoffe können sehr grosse Flächenbezüge zu <strong>der</strong> Innenraumluft aufweisen<br />
und sind gerade durch den häufig starken Weiterverar<strong>bei</strong>tungsgrad beson<strong>der</strong>s genau zu<br />
betrachten. Als Empfehlung kann hier unbehandeltes und natürlich getrocknetes Holz<br />
gegeben werden. Bei den verleimten Holzprodukten sei erwähnt das einzig nur „naturplus“<br />
Formaldehyd mit einer Nulltoleranz betrachtet.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 55<br />
Möbel und Einbauküchen<br />
Der hohe Grad <strong>der</strong> Weiterverar<strong>bei</strong>tung erfor<strong>der</strong>t hier, dass man sich auf den Lieferpartner<br />
dieser Bauteile verlassen muss. Deshalb ist die Auswahl dieses Lieferpartners sehr wichtig<br />
und sollte mit <strong>der</strong> Bauherrschaft intensiv besprochen werden. Neben den Labels für<br />
Holzwerkstoffe, welche auch für diese Bauteile gelten gibt es zwei weitere Label die zu<br />
empfehlen sind.<br />
Ersichtlich wird hier das sich die Labels nun beginnen zu wie<strong>der</strong>holen, da alle Labels<br />
verschiedene Produktgruppen prüfen und zertifizieren. Es ist zu empfehlen, sich auf den<br />
Internetseiten <strong>der</strong> Labels die einzelnen Produktmöglichkeiten und Kriterien anzusehen.<br />
www.blauer-engel.de<br />
www.coop.ch<br />
www.dgm-moebel.de<br />
www.emicode.com<br />
www.fshbz.ch<br />
www.holzwerkstoffe.ch<br />
www.ibo.at<br />
www.baubiologie-ibr.de<br />
www.ral.de<br />
Als weitere Seite zum suchen von Labels wäre www.umweltschutz.ch zu nennen.
5.3 Ist es sinnvoll luftdicht zu bauen ?<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 56<br />
Hier zeigt sich das Spannungsfeld zwischen energetischen und hygienischen<br />
Notwendigkeiten auf. Aus energetischer Sicht sollte ein <strong>Gebäude</strong> so dicht wie technisch<br />
möglich geplant und ausgeführt werden, damit nicht durch unkontrollierten Luftwechsel<br />
wertvolle Energie zur Erwärmung <strong>der</strong> Wohnräume verbraucht werden. Aus hygienischer<br />
Sicht benötigen wir einen kontinuierlichen Luftwechsel, damit es nicht zu einer Anreicherung<br />
von abiotischen, biogenen und physikalischen Faktoren in <strong>der</strong> Raumluft kommt. Somit ist nur<br />
noch zu klären, wie diese <strong>bei</strong>den konträr zueinan<strong>der</strong>stehenden Anfor<strong>der</strong>ungen in den<br />
jeweiligen Planungsprozess zu integrieren sind. Aus meiner Sicht ist hierzu in erster Linie<br />
ein Gespräch mit <strong>der</strong> Bauherrschaft und/o<strong>der</strong> den Nutzern notwendig, um <strong>der</strong>en Bedürfnisse<br />
zu erfassen. Ebenfalls ist <strong>der</strong> Bauherrschaft und/o<strong>der</strong> den Nutzern die Vor- und Nachteile <strong>der</strong><br />
verschiedenen Varianten <strong>der</strong> Luftzufuhr aufzuzeigen. Hier ist von Planer eine unabhängige<br />
Beratertätigkeit gefor<strong>der</strong>t. Danach kann <strong>der</strong> Planende ein Lüftungskonzept, welches optimal<br />
auf das <strong>Gebäude</strong> und Nutzer zugeschnitten ist, erstellen. Durch dieses Konzept wird auch <strong>der</strong><br />
Sinn unterstrichen, wieso <strong>luftdichte</strong>s Bauen sinnvoll ist. Wenn <strong>der</strong> Planer dann zusammen mit<br />
<strong>der</strong> Bauherrschaft und/o<strong>der</strong> den Nutzern die zur Verwendung kommenden Baumaterialien<br />
sowie <strong>der</strong>en Pflege während <strong>der</strong> Gebrauchsdauer sorgfältig nach den Kriterien <strong>der</strong><br />
Innenraumluft auswählt, dann sind zumindest die Voraussetzungen für ein gesundes<br />
Innenraumklima gegeben. Wichtig ist, dass <strong>der</strong> Nutzer <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bauabnahme eine<br />
umfangreiche Dokumentation und Anleitung für das <strong>Gebäude</strong> erhält. Diese sollte nicht wie<br />
üblich nur die technischen Geräte, son<strong>der</strong>n auch Informationen zu den einzelnen Baustoffen<br />
und <strong>der</strong>en Pflege enthalten. Beson<strong>der</strong>s ist hier auch auf die verwendeten Anstriche und <strong>der</strong>en<br />
eventuellen späteren Erneuerung einzugehen. Auch das Lüftungskonzept mit den<br />
notwendigen Verhaltensregeln sollte Bestandteil dieser Dokumentation sein. Bei reiner<br />
Fensterlüftung ist hier spezifisch auf das <strong>Gebäude</strong> einzugehen. Ein Standardtext wie er von<br />
Fensterhersteller veröffentlicht wird, kann diese Anfor<strong>der</strong>ung nicht erfüllen.<br />
Wenn alle diese Grundlagen erfüllt sind, dann ist es für mich durchaus sinnvoll, das <strong>luftdichte</strong><br />
<strong>Gebäude</strong> zu for<strong>der</strong>n und auch zu bauen. Denn Energie einzusparen kommt <strong>der</strong> Umwelt und<br />
unserem Geldbeutel zu Gute.
5.4 Sind diffusionsoffene Wände o<strong>der</strong> atmende Wände die Lösung ?<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 57<br />
Der Begriff <strong>der</strong> atmenden Wände wurde 1858 von Dr. Max von Pettenkofer in seiner<br />
Veröffentlichung „Besprechung allgemeiner auf die Ventilation bezüglicher Fragen“ ins<br />
Leben gerufen. Seine Versuche an Backsteinmauerwerksproben werden in diesem Dokument<br />
detailliert beschrieben. Herr Dr. Max von Pettenkofer, welche in genau diesem Dokument<br />
eine sehr wichtige und bis heute gültige Kennzahl zum CO2 – Gehalt in <strong>der</strong> Innenraumluft<br />
festschrieb, lag aber <strong>bei</strong> seinen Versuchsaufbauten zur Luftdurchlässigkeit von Wänden<br />
falsch. Es ist anzunehmen, dass seine Abdichtungen an Fenster und Türen nicht wirklich<br />
luftdicht verschlossen und die Wandaufbauten an den Anschlüssen auch nicht luftdicht<br />
versiegelt waren. Da er mit diesen Versuchen zu dem damaligen Zeitpunkt gänzlich Neuland<br />
betrat und die Dichtstoffe noch nicht weit entwickelt waren, kam es zu dieser weittragenden<br />
Fehlinterpretation <strong>der</strong> Ergebnisse. Bereits in einer Dissertation <strong>der</strong> Universität Berlin aus dem<br />
Jahre 1897 wurde die These <strong>der</strong> atmenden Wand in Frage gestellt. Im Jahre 1915 wurden in<br />
einem Bericht über die Luftdurchlässigkeit von Baumaterialien des Laboratoriums für<br />
technische Physik <strong>der</strong> Technischen Hochschule München, die These von Herrn Dr. Max von<br />
Pettenkofer wi<strong>der</strong>legt. Im Heft Nr. 30 des „Gesundheits – Ingenieur“ vom 28. Juli 1928<br />
wurde die „atmende Wand“ endgültig wi<strong>der</strong>legt. Schon in dieser Ar<strong>bei</strong>t ist jedoch die<br />
undichte <strong>Gebäude</strong>hülle im Bereich von Fenster und Türen als relevante Einflussgrösse für die<br />
Heizlastberechnung erkannt worden. In den heutigen Normen und bauphysikalischen<br />
Grundsätzen spielt dieses Thema keine Rolle mehr.<br />
Eine weitere Eigenschaft <strong>der</strong> Aussenwand ist die Diffusion von Wasserdampf (siehe auch<br />
Kapitel 4.3). Dieser physikalische Effekt ist umfassend erforscht und dokumentiert, sowie in<br />
den unterschiedlichsten Normen fixiert. Als bekanntestes Berechnungsverfahren ist das<br />
Glaser – Verfahren zu nennen, welches auch in <strong>der</strong> SIA 180 für die Begrenzung <strong>der</strong> Feuchte<br />
in <strong>der</strong> Konstruktion Verwendung findet.<br />
Oft wird die These aufgestellt, dass zur Begrenzung <strong>der</strong> Feuchte eine diffusionsoffene Wand<br />
ausreichen würde. In <strong>der</strong> Abhängigkeit <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> Aussenwand, werden hier <strong>bei</strong><br />
hohen Dampfdruckunterschieden unter optimalen Bedingungen 300mg/m 2 pro Stunde<br />
abgeführt. Bei einer innen mit Fliesen versehenen Wand ist <strong>der</strong> Wert bestenfalls noch<br />
20 mg/m 2 pro Stunde. Wenn man nun die Feuchteproduktion in einem normalen Wohnraum<br />
betrachtet und mit <strong>der</strong> Hüllfläche vergleicht, so wird man sehr schnell erkennen, dass diese<br />
Diffusion nicht ausreichen kann. Beson<strong>der</strong>s unter dem Aspekt <strong>der</strong> instationären Berechnung,<br />
welche zu <strong>der</strong> überwiegenden Zeit nicht diese hohen Dampfdruckunterschiede ergibt. Als<br />
wesentlich grösserer Faktor ist <strong>bei</strong> den Baustoffen die Kapillarität und Sorptionsfähigkeit zu<br />
nennen. Bei einer offenporigen Wand, welche mit mineralischen Werkstoffen wie z. B. Kalk<br />
und/ o<strong>der</strong> Lehm, Holzfaserplatten, Zellulose, Hanfplatten usw. aufgebaut ist, kann kurzfristig<br />
über Sorption und Kapillarität eine beträchtliche Menge an Feuchte aufgenommen werden.<br />
Da dieser Vorgang reversibel ist, wird diese gespeicherte Feuchte längerfristig wie<strong>der</strong> an die<br />
Raumluft abgegeben. Es bedarf aber Erfahrung und auch <strong>der</strong> genauen Berechnung, damit <strong>der</strong><br />
gewählte Baustoff nicht durch übermässige Feuchte zum Schaden führt. Auch in einem<br />
Lüftungskonzept müssen solche Wandaufbauten berücksichtigt werden, da direkt nach dem<br />
Lüften ein sprunghafter Anstieg <strong>der</strong> Raumluftfeuchte die Folge ist. Solche Konzepte bedürfen<br />
sehr umfangreicher Berechnungen, damit sie über die gesamte Lebensdauer eines <strong>Gebäude</strong>s<br />
schadensfrei bleiben. Mit diesen Möglichkeiten kann wie geschil<strong>der</strong>t die Feuchte in einem<br />
gewissen Umfang geregelt werden, jedoch ersetzt diese Bauweise nicht die Lüftungskriterien.<br />
CO2 Belastungen unter 1500 ppm pro Kubikmeter sind nur durch Lüften zu erreichen.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 58<br />
Baustoffe wie z. B. Kalk sind zwar CO2 härtend, wenn die Aushärtung abgeschlossen ist,<br />
dann sind diese Effekte nicht mehr vorhanden. Die Aushärtung von Kalk ist von <strong>der</strong><br />
Schichtdicke abhängig, <strong>der</strong> Zeitraum geht von wenigen Tagen bis zu wenigen Monaten.<br />
Diese Ausführungen sollen nicht dazu <strong>bei</strong>tragen, dass die Diffusion von Wänden und auch<br />
Sorptionsflächen keine Rolle spielen. Sie sind in einem baubiologischen Haus meiner<br />
Meinung nach sogar unerlässlich, jedoch sollten die Effekte auch nicht überbewertet werden.<br />
Die feinstoffliche Komponente darf beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong> dem Anspruch an ein gesundes Bauen<br />
nicht vernachlässigt werden. Baustoffe wie EPS o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Kunststoffe verringern die<br />
Diffusionsfähigkeit von Wänden, was dem Raumklima als nicht för<strong>der</strong>lich angesehen werden<br />
kann. Grundsätzlich sind auch diese Wände diffusionsoffen. Nur Bauteile mit Abdichtungen<br />
wie Flachdächer sind als annähernd diffusionsdicht zu bezeichnen. Diese Tatsache stellt im<br />
Holzbau immer eine oft unterschätzte bauphysikalische Herausfor<strong>der</strong>ung dar .<br />
An dieser Stelle sei aber auch auf eine Gefahr <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Verwendung von sorptionsfähigen<br />
Baustoffen hingewiesen. So wie diese Baustoffe Feuchte aufnehmen und wie<strong>der</strong> abgeben<br />
können, tun sie es auch mit Schadstoffen aus <strong>der</strong> Innenraumluft. Also wäre ein Lehmputz in<br />
einem Raucherraum über Jahre hinweg mit Schadstoffen belastet und würde diese langsam<br />
wie<strong>der</strong> an die Innenraumluft abgeben.<br />
Für Fragen wenden sie sich an den Bauphysiker Ihres Vertrauens. O<strong>der</strong> lesen sie die<br />
Baubeschreibung �
5.5 Bauphysikalische Grundlagen in Bezug auf Luftschadstoffe<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 59<br />
In <strong>der</strong> bauphysikalischen Betrachtung des Innenraumklimas stellen die Luftschadstoffe sowie<br />
die Kohlenstoffdioxydbelastung <strong>der</strong> Luft keine Rechengrösse dar. Jedoch können sie als<br />
Indikator <strong>bei</strong> Messungen wertvolle Dienste leisten. In diesem Kapitel wird <strong>der</strong><br />
Zusammenhang <strong>der</strong> thermisch-hygrischen Effekte des Innenraumklimas in den Kontext zu<br />
den in Kapitel 4 betrachteten Schadstoffen vertieft. Dies soll dem Planenden die Möglichkeit<br />
geben, den komplexen Zusammenhang zwischen physikalischen, biologischen und<br />
chemischen Prozessen zu erkennen.<br />
Ich möchte hier nur oberflächig auf die thermischen Raumklimabedingungen eingehen, da<br />
diese in aller erster Linie mit <strong>der</strong> Behaglichkeit und dem Empfinden des einzelnen<br />
Bewohners zusammenhängen. Dies sind in Bezug auf die SIA 180 und <strong>der</strong> Betrachtung eines<br />
Lüftungskonzeptes ebenfalls elementare Faktoren, welche aber auf das Thema <strong>der</strong><br />
Raumluftschadstoffe nur eine untergeordnete Rolle spielen. Viel entscheiden<strong>der</strong> ist hier die<br />
Betrachtung <strong>der</strong> Raumluftfeuchte. Denn die Raumluftfeuchte stellt in Bezug auf biogene<br />
Raumluftbelastungen den entscheidenden Faktor dar. Die folgende schematische Darstellung<br />
zeigt die einfache Betrachtung <strong>der</strong> Feuchtebilanz in einem Raum.<br />
Die schematisch dargestellte Betrachtung <strong>der</strong> Feuchtebilanz wäre in einem stationären Fall,<br />
also immer gleich bleibende Feuchteproduktionsrate und immer gleich bleibende<br />
Luftwechselrate, richtig. Nur wissen wir auch, dass es keinen stationären Fall in <strong>der</strong><br />
<strong>Gebäude</strong>nutzung gibt. Dies gilt beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Betrachtung einer benutzerunterstützen<br />
Lüftung (Fensterlüftung). Hier gilt es zwingend, die in <strong>der</strong> nächsten schematischen<br />
Darstellung aufgeführten Faktoren zu berücksichtigen.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 60<br />
<strong>Das</strong> Feuchteabsorptionsvermögen <strong>der</strong> Raumumschliessungsflächen ist vereinfacht<br />
beschrieben abhängig von Material und Oberflächentemperatur. Es würde an dieser Stelle zu<br />
weit führen, auf die Feuchteleitungsgleichung im Detail einzugehen. Unverzichtbar ist diese<br />
Berechnung für den Bauphysiker aber <strong>bei</strong> einer energetischen Sanierung, wo eine<br />
Innendämmung <strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle vorgesehen wird. Hier gilt es, über die Betrachtung des<br />
Elementes hinauszusehen, um die Raumluftqualität nicht negativ zu belasten. Eine stationäre<br />
Elementberechnung für diese Anwendungen sollte gänzlich unterlassen werden. Ebenfalls ist<br />
für die Betrachtung „Raumluftfeuchte“ zu berücksichtigen, dass ein eingerichtetes Zimmer<br />
umfangreiche Elemente wie z.B. Polstergarnituren, Stoffe und Möbel aufweist, welche ein<br />
erhebliches Feuchteabsorptionsvermögen aufweisen. Dies zeigt sehr deutlich auf, dass eine<br />
realistische Berechnung <strong>der</strong> sich einstellenden Raumluftfeuchte, beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong> einer<br />
benutzerunterstützen Lüftung, in <strong>der</strong> Planungsphase kaum möglich ist. Aus diesem Grund<br />
sollte eine Auswertung eines Lüftungskonzeptes immer sicherstellen, dass <strong>bei</strong> einem<br />
normalen Lüftungsverhalten <strong>der</strong> Bewohner die Raumluftfeuchte nicht die 50% rel. Feuchte<br />
übersteigt. Speziell die Betrachtung <strong>der</strong> Nachtstunden ist eine beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit zu<br />
widmen. Aber auch an<strong>der</strong>e Faktoren sind von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung, auf welche ich im<br />
Kapitel 5.5 Lüftungskonzept näher eingehen werde.<br />
Auswirkungen von Wärmebrücken:<br />
Eine Wärmebrücke (oft fälschlicherweise als Kältebrücke bezeichnet) ist ein Bereich in<br />
Bauteilen eines <strong>Gebäude</strong>s, durch den die Wärme schneller nach aussen transportiert wird als<br />
durch die an<strong>der</strong>en Bauteile. Man unterscheidet zwischen konstruktiven, geometrischen und<br />
stofflichen (materialbedingten) Wärmebrücken.<br />
An diesen Wärmebrücken kann die Feuchteabsorption des Baustoffes eine sehr entscheidende<br />
Rolle spielen. Die meisten Rechenprogramme berechnen den Wärmedurchgangswert <strong>der</strong>
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 61<br />
Baustoffe in <strong>der</strong>en trockenen Zustand. Kommt es jedoch zu einer Feuchteabsorption durch<br />
hohe Raumluftfeuchten, so wird <strong>der</strong> Wärmedurchgang im Baustoff wesentlich beschleunigt.<br />
Durch diesen Effekt kann es <strong>bei</strong> einer ungünstigen Konstruktion zu einer Kondensatbildung<br />
in <strong>der</strong> Konstruktion kommen, welche den soeben beschriebenen Effekt nochmals verstärkt.<br />
Es gibt aber auch Konstruktionsmöglichkeiten, die solche Effekte minimieren o<strong>der</strong> gänzlich<br />
vermeiden. Aus diesem Grund ist es sehr empfehlenswert, die Grenzwerte <strong>der</strong> Normen nicht<br />
zu sehr auszureizen, da man das Nutzerverhalten nicht während <strong>der</strong> Planung festlegen kann.<br />
Bei energetischen Sanierungen, wo die Nutzer eines Raumes ihre langjährigen<br />
Verhaltensmuster verän<strong>der</strong>n müssen, weil die <strong>Gebäude</strong>hülle nun dichter als zuvor ist, spielt<br />
dies eine beson<strong>der</strong>s grosse Rolle.
5.6 Lüftungskonzept anhand eines konkreten Beispiels aus <strong>der</strong> Paxis<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 62<br />
Nachfolgend sehen Sie ein Lüftungskonzept, welches für die Mo<strong>der</strong>nisierung eines<br />
bestehenden <strong>Gebäude</strong>s erstellt wurde. Im Konzept ist vorgesehen, dass die Fenster<br />
gewechselt werden sollen. Auch die Wohnungstüren sollen ausgetauscht werden. Somit<br />
erreichen wir voraussichtlich den in <strong>der</strong> SIA 180 angegeben Zielwert bezüglich Luftdichtheit<br />
<strong>der</strong> <strong>Gebäude</strong>hülle. <strong>Das</strong> Lüftungskonzept ist ein von mir entwickeltes Excel Modul. Neben<br />
den grundlegenden Ausschlussparametern sind die Hüllflächen und Fensterwerte einzugeben.<br />
Als Ergebnis erhält man eine klare Aussage, wie oft <strong>der</strong> Wohnraum bezüglich Feuchtelast<br />
und CO2 – Gehalt gelüftet werden muss. Dieses Lüftungskonzept ist stationär aufgebaut, es<br />
wird also wird mit einer gleichbleibenden Feuchteproduktion und CO2 – Anreicherung<br />
gerechnet. Für detaillierte Konzepte besteht die Möglichkeit, auch nutzerbezogene und<br />
instationäre Berechnungen zu erstellen.<br />
In dem Beispiel zeigt sich, dass durch die geringe Kubatur <strong>bei</strong> Vollbelegung <strong>der</strong> Wohnung<br />
ein übermässig häufiges Lüftungsverhalten vom Nutzer gefor<strong>der</strong>t werden müsste. Konkret<br />
heisst dies, dass zur Begrenzung <strong>der</strong> Feuchte rund jede Stunde gelüftet werden müsste. Selbst<br />
wenn man berücksichtigt, dass die Feuchteproduktion in <strong>der</strong> Nacht abnehmen dürfte, so spielt<br />
<strong>der</strong> zweite Faktor (CO2 – Wert) weiterhin eine Rolle. Dieser verlangt einen Lüftungsinterwall<br />
nach rund 2 Stunden. Zur Folge hätte diese Situation, dass <strong>der</strong> Nutzer entwe<strong>der</strong> alle 2<br />
Stunden aufsteht und lüftet o<strong>der</strong> eine sehr stark erhöhte CO2 Belastung in den Morgenstunden<br />
vorliegen würde. Rechnerisch kommt dieser Wert auf ca. 4200 ppm.<br />
Als Schlussfolgerung ergibt sich aus diesem Lüftungskonzept ein entsprechen<strong>der</strong><br />
Planungsauftrag. Im konkreten Fall wurde dem Eigentümer empfohlen, eine kontrollierte<br />
Wohnraumlüftung einzubauen. Diese wurde planungstechnisch als Einzellüftungsgerät<br />
vorgesehen, welches im Badezimmer installiert wird. Die Frischluft wird mittels eines<br />
Wanddurchbruches in den Schlafraum eingebracht und die Abluft aus dem Badezimmer<br />
gezogen. Mit dieser minimalen Grundlüftungsvariante werden Feuchte und CO2 in den<br />
empfohlenen Bereich gesenkt und durch die Wärmerückgewinnung erhält das energetische<br />
Konzept <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung seine Wirksamkeit.<br />
An diesem Beispiel ist ersichtlich, wie wichtig gerade <strong>bei</strong> Mo<strong>der</strong>nisierungen solche<br />
Lüftungskonzepte sind, da sie eben auch sicherstellen, dass die energetischen Massnahmen<br />
den gewünschten Effekt erbringen. Denn alle Energieberechnungen nach SIA 380 gehen nur<br />
von einem fixen thermisch wirksamen Aussenluftvolumenstrom aus. Dieser kann aber für<br />
Bestandsbauten deutlich zu gering sein, wenn man Feuchte und CO2 als notwendige<br />
Lüftungsfaktoren einsetzt. Der erhöhte Aussenluftvolumenstrom macht dann einen Teil <strong>der</strong><br />
berechneten Energieeinspareffekte gegenstandlos, was dann die Amortisationszeit einer<br />
energetischen Mo<strong>der</strong>nisierung negativ beeinflusst.
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Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 68<br />
5.7 Rechtliche Situation in <strong>der</strong> Schweiz zu Bewertung von Schadstoffen in Innenräumen<br />
Für die Problematik Schadstoffe in Innenräumen gibt es keine rechtliche Grundlage, die<br />
diesen Regelungsbereich umfassend normiert. Durch die heute geltenden Gesetze,<br />
Verordnungen und Normen werden lediglich Teilaspekte geregelt wie etwa <strong>der</strong> Umgang mit<br />
umweltgefährdenden Stoffen, die Einstufung und Kennzeichnung von Produkten, welche<br />
giftige Stoffe enthalten, die maximale Schadstoffbelastung an Ar<strong>bei</strong>tsplätzen im Hinblick auf<br />
die Verhin<strong>der</strong>ung von Berufskrankheiten o<strong>der</strong> die minimale Lüftung von <strong>Gebäude</strong>n.<br />
Hingegen fehlen rechtliche Bestimmungen, <strong>der</strong>en sachlicher Geltungsbereich die<br />
Innenraumluft auch im nichtberuflichen Bereich erfasst. Daher gibt es zurzeit keine<br />
allgemeingültigen Grenzwerte für Schadstoffe in Innenräumen und auch keine<br />
Emissionsgrenzwerte für Materialien, Produkte und Gegenstände, die für den Innenraum<br />
bestimmt sind.<br />
Eine Ausnahme bildet die Strahlenbelastung durch das natürliche radioaktive Edelgas Radon,<br />
das aus dem Bauuntergrund in <strong>Gebäude</strong> dringt und das Lungenkrebsrisiko <strong>der</strong> Bewohner<br />
erhöht. Erhöhte Radonkonzentrationen sind in <strong>der</strong> Strahlenschutzverordnung geregelt (StSV,<br />
SR 814.501; Art 110 bis 118a). Die Verordnung legt Grenzwerte für Wohn- und<br />
Aufenthaltsräume ( 1000 Bq/m3) sowie für den Ar<strong>bei</strong>tsbreich (3000 Bq/m3) fest, <strong>bei</strong> <strong>der</strong>en<br />
Überschreitung Sanierungen erfolgen müssen. Für Neu- und Umbauten sowie <strong>bei</strong><br />
Sanierungen gilt ein Richtwert von 400 Bq/m3.<br />
Info<br />
Der Bundesrat hatte in <strong>der</strong> Botschaft zum neuen Chemikaliengesetz eine rechtliche<br />
Grundlage für Schadstoffe in <strong>der</strong> Innenraumluft vorgeschlagen (Srt. 20 ChemG, BBI 2000,<br />
687). Diese hätte es ermöglicht, Raumluftgrenzwerte und Regelungen bezüglich <strong>der</strong><br />
Schadstoffquellen zu erlassen. <strong>Das</strong> Parlament hat in <strong>der</strong> Beratung des ChemG im<br />
Sommer/Herbst 2000 diesen sogenannten „Wohngiftartikel“ klar abgelehnt. Hingegen hat es<br />
dem Bund den Auftrag erteilt, die Bevölkerung über Schadstoffe in Innenräumen/in <strong>der</strong><br />
Innenraumluft zu informieren und Empfehlungen zur Vermeidung problematischer<br />
Belastungen und zur Verbesserung <strong>der</strong> Raumluftqualität abzugeben (Art. 29 ChemG vom<br />
15.12.2000, BBI 2000,6156)<br />
Für Ar<strong>bei</strong>tsplätze existieren einige Bestimmungen, die einen direkten Bezug auf die<br />
Innenraumluft aufweisen. <strong>Das</strong> Ar<strong>bei</strong>tsgesetz (SR 822.11) verpflichtet den Ar<strong>bei</strong>tgeber,<br />
Massnahmen zum Schutz <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer zu treffen. Gemäss <strong>der</strong> Verordnung über die<br />
Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (SR 832.30) darf die Zusammensetzung <strong>der</strong><br />
Luft am Ar<strong>bei</strong>tsplatz den Ar<strong>bei</strong>tnehmer nicht gefährden. Gestützt auf diese Verordnung<br />
wurden maximale Ar<strong>bei</strong>tsplatzkonzentrationen (MAK – Werte) festgelegt. Die MAK – Werte<br />
sind ausgerichtet auf gesunde Erwachsene und eine Belastungszeit von 8 Stunden pro Tag an<br />
5 Tagen pro Woche. Sie beziehen sich vor allem auf Ar<strong>bei</strong>tsplätze, wo mit<br />
gesundheitsgefährdenden Stoffen umgegangen wird.<br />
Der Ar<strong>bei</strong>tnehmerschutz geht aber über die Einhaltung <strong>der</strong> MAK – Werte hinaus: Die<br />
Verordnung 3 zum Ar<strong>bei</strong>tsgesetz (Gesundheitsvorsorge, SR 822.113) hält fest, dass <strong>der</strong><br />
Ar<strong>bei</strong>tgeber alle Massnahmen treffen muss, die nötig sind, um den Gesundheitsschutz zu<br />
wahren und zu verbessern und die physische und psychische Gesundheit <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer zu<br />
gewährleisten. Er muss insbeson<strong>der</strong>e dafür sorgen, dass die Gesundheit nicht durch<br />
schädliche und belästigende physikalische, chemische und biologische Einflüsse<br />
beeinträchtigt wird. Zudem wird verlangt, dass Baumaterialien zu verwenden sind, die nicht
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 69<br />
zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, und dass Ar<strong>bei</strong>tnehmer nicht durch Passivrauch<br />
belästigt werden (Nichtraucherschutz, Art. 19).<br />
Für die Beurteilung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatzbedingungen nach ArGV 3 ist <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> Technik<br />
massgebend – dies ist insbeson<strong>der</strong>e für die Beurteilung von nicht-industriellen Ar<strong>bei</strong>tsplätzen<br />
im Büro- und Dienstleistungsbereich, in Kin<strong>der</strong>gärten, Schulen etc. von Bedeutung. Da<strong>bei</strong><br />
können – sofern vorhanden – auch Richtwerte für Innenraumluft, die im Hinblick auf den<br />
Gesundheitsschutz <strong>der</strong> Allgemeinbevölkerung abgeleitet worden sind, herangezogen werden.<br />
Bei Asbest-Expotisionen <strong>bei</strong>spielsweise hat die SUVA zusätzlich zum MAK – Wert auch ein<br />
Minimierungsgebot für alle Ar<strong>bei</strong>tsplätze festgeschrieben. Es gilt als erreicht, wenn 10% des<br />
MAK – Wertes, d. h. 1000 LAF/m3, nicht überschritten sind. Für Formaldehyd und PCB<br />
werden in <strong>der</strong> Regel die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit herangezogen. Bei<br />
Klagen über gebäudebezogene unspezifische Beschwerden sollte aber immer eine<br />
Gesamtschau <strong>der</strong> Belastungsfaktoren erfolgen (also z. B. thermische Behaglichkeit,<br />
Ergonomie, Ar<strong>bei</strong>tsbelastung und –zufriedenheit etc.). Für eine Abklärung <strong>der</strong><br />
Ar<strong>bei</strong>tsplatzbedingungen nach ArGV (fachtechnisches Gutachten, Art. 4) werden in <strong>der</strong><br />
Regel Spezialisten <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tshygiene und Ar<strong>bei</strong>tsmedizin <strong>bei</strong>gezogen. Abschliessend ist<br />
anzumerken, dass die genannten Bestimmungen nur für Betriebe gelten, die dem<br />
Ar<strong>bei</strong>tsgesetz unterstellt sind.<br />
Bestimmungen zum Ar<strong>bei</strong>tnehmerschutz können auch im Hinblick auf allfällige<br />
Raumluftbelastungen von <strong>Gebäude</strong>nutzern relevant sein. Dies gilt ganz beson<strong>der</strong>s für<br />
Schadstoffe in bestehenden <strong>Gebäude</strong>n, die <strong>bei</strong> unsachgemässer Bear<strong>bei</strong>tung freigesetzt<br />
werden können. So verpflichtet die Verordnung über die Sicherheit und den<br />
Gesundheitsschutz <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerinnen und Ar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>bei</strong> Bauar<strong>bei</strong>ten<br />
(Bauar<strong>bei</strong>tenverordnung, BauAV, SR 832.311.141) seit 1. Januar 2009 die Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />
explizit, <strong>bei</strong> Verdacht auf beson<strong>der</strong>s gefährliche Stoffe wie Asbest und PCB die Gefahren<br />
eingehend zu ermitteln, die Risiken abzuschätzen und Massnahmen zu planen. Durch die<br />
erfor<strong>der</strong>lichen Schutzmassnahmen wird nicht nur <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer geschützt, son<strong>der</strong>n auch<br />
eine Kontamination <strong>der</strong> Räumlichkeiten und entsprechende Risiken für <strong>Gebäude</strong>nutzer<br />
verhin<strong>der</strong>t.<br />
In den kantonalen Baugesetzen bzw. Baureglementen <strong>der</strong> Gemeinden ist in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong><br />
Grundsatz festgehalten, dass ein <strong>Gebäude</strong> das Leben und die Gesundheit von <strong>Gebäude</strong>nutzern<br />
nicht gefährden darf. Zudem müssen <strong>Gebäude</strong> nach den Regeln <strong>der</strong> Baukunst (Stand <strong>der</strong><br />
Technik) erstellt werden; diese sind mit technischen Normen und Richtlinien konkretisiert<br />
(SIA, SWKI etc.)<br />
Der eigentliche Vollzug <strong>der</strong> baugesetzlichen Regelungen findet mit <strong>der</strong> Erteilung <strong>der</strong><br />
Baubewilligung statt. Bei Raumluftproblemen in bestehenden <strong>Gebäude</strong>n stellt sich die Frage,<br />
ob und wann eine Pflicht für Sanierungsmassnahmen abgeleitet werden kann. Nach den<br />
bestehenden Regelungen müssen Massnahmen erfolgen, wenn eine Gesundheitsgefährdung<br />
für die Bewohner bzw. Raumnutzer besteht. Zwar können auch hier anerkannte,<br />
gesundheitsbasierte Richtwerte o<strong>der</strong> wie im Fall Asbest an<strong>der</strong>e Kriterien für eine Beurteilung<br />
<strong>der</strong> Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Sanierung herangezogen werden. Dabie ist<br />
allerdings darauf hinzuweisen, dass die baurechtlichen Bestimmungen vor allem im Hinblick<br />
auf akute Gefährdungen wie z. B. Einsturzgefahr erlassen wurden, Innenraumluftrichtwerte<br />
hingegen einen umfassenden Schutz vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie z. B.<br />
Belästigungen mit einschliessen. Daher ist die Ableitung einer Sanierungspflicht im<br />
konkreten Fall oft umstritten – vor allem <strong>bei</strong> privaten Liegenschaften. Wie weit darf ein<br />
Richtwert überschritten sein, bis ein behördliches Eingreifen gerechtfertigt ist? Bis wann
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 70<br />
müssen Sanierungen erfolgt sein <strong>bei</strong> langfristigen Risiken? Um Klarheit zu schaffen, müssten<br />
Richtwerte für Innenraumluft baurechtlich verbindlich erklärt werden.<br />
Teilweise wird, wie in <strong>der</strong> ArGV 3 (s.o.), in Baugesetzen/Bauordnungen auch verlangt, dass<br />
gesundheitsverträgliche Baumaterialien zu verwenden sind. Konkrete Anfor<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong><br />
Kriterien fehlen aber weitgehend (Ausnahme: Formaldehyd). Gemäss dem neuen<br />
Bauproduktegesetz (SR 933.0) müssen Bauprodukte die Voraussetzungen nach an<strong>der</strong>en<br />
Bundeserlassen erfüllen und brauchbar sein. Analog <strong>der</strong> EU – Bauprodukterichtlinie<br />
(89/106/EWG) sind Bauprodukte brauchbar, wenn sie die wesentlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
erfüllen, unter an<strong>der</strong>em auch bezüglich Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz. Die<br />
technischen Anfor<strong>der</strong>ungen werden in Normen konkretisiert, die vom Bundesamt für Bauten<br />
und Logistik bezeichnet werden. Soweit möglich sollen international bzw. europäisch<br />
harmonisierte Normen bezeichnet werden. Zur Zeit liegen aber noch keine Normen vor,<br />
welche die grundlegenden Anfor<strong>der</strong>ungen betreffend Gesundheit näher konkretisieren<br />
würden. <strong>Das</strong> Bauproduktegesetz entfalltet nur <strong>bei</strong> Neubauten und <strong>bei</strong> bereits bestehenden<br />
Bauten im Zusammenhang mit Renovationen Wirkungen. Der Geltungsbereich beschränkt<br />
sich auf Produkte, die hergestellt werden, um dauerhaft in <strong>Gebäude</strong> eingebaut zu werden.<br />
Hilfstoffe und Mobiliar sind nicht erfasst. Anerkannte Prüfungen <strong>der</strong><br />
Gesundheitsverträglichkeit dürften aber voraussichtlich auch in diesem Bereich Anwendung<br />
finden.<br />
Info<br />
Die bislang veröffentlichen harmonisierten europäischen Bauproduktnormen und –<br />
zulassungen, die auch für die Schweiz massgebend sind, berücksichtigen kaum Umwelt- und<br />
Gesundheitsaspekte. Die Entwicklung von produktspezifischen Regelungsansätzen steht erst<br />
am Anfang. Emmisionen wurden bisher nicht systematisch erfasst, für viele Altstoffe stehen<br />
gesundheitliche Bewertungen noch aus, und erste Bewertungsschemata für Bauprodukte sind<br />
erst vor Kurzem erstellt worden. Die Europäische Kommission hat beschlossen, die<br />
Konkretisierung von Umwelt- und Gesundheitsanfor<strong>der</strong>ungen auf die zweite<br />
Normengeneration zu verschieben. Sie richtet zwischenzeitlich eine Expertengruppe für<br />
gefährliche Stoffe in Bauprodukten ein und verabschiedete ein Mandat (M/366 EN) an das<br />
Europäische Komitee für Normung CEN zur Entwicklung harmonisierter Prüfmethoden für<br />
die wesentliche Anfor<strong>der</strong>ung Nr. 3 (Hygiene, Gesundheit, Umweltschutz). Die Umsetzung<br />
des Mandates wird noch einige Jahre dauern.<br />
Im konkreten Problemfall ist zudem zu klären, ob allenfalls weitere bestehende<br />
öffentlichrechtliche Regelungen von Teilaspekten zur Anwendung kommen, zum Beispiel<br />
Regelungen <strong>der</strong> Luftreinhalteverordnung und <strong>der</strong> Lärmschutzverordnung <strong>bei</strong> Immissionen<br />
aus Gewerbe und Industrie o<strong>der</strong> die Stoffverordnung, wenn Materialien neu eingesetzt<br />
werden, welche die (im Hinblick auf die Umweltbelastung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Entsorgung) festgelegten<br />
Materialgrenzwerte für verbotene umweltgefährdende Stoffe nicht einhalten.<br />
Abschliessend sei auf die privatrechtlichen Regelungen hingewiesen, wie z. B. das Vertrags-<br />
und das Werkvertragsrecht ( z. B. mangelhafte Erfüllung des Vertrages) o<strong>der</strong> das<br />
Produktehaftpflichtgesetz (durch fehlerhaftes Produkt verursachter Schaden bzw.<br />
Personenschaden). Im typischen „Wohngift“ –Fall bieten diese aber auf Grund <strong>der</strong><br />
Voraussetzungen die erfüllt sein müssen, und <strong>der</strong> Beweislast, die <strong>bei</strong>m Kläger liegt, kaum je<br />
eine Handhabe. Wohnungsmieter können sich allenfalls über das Mietrecht wehren. Der<br />
Mieter ist gemäss Obligationenrecht verpflichtet, die Mietsache sorgfälltig zu gebrauchen<br />
(Art. 257f OR); er muss z. B. ausreichend lüften und den Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Wohnung
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 71<br />
Rechnung tragen. Im Gegenzug ist <strong>der</strong> Vermieter verpflichtet, die Sache zum vereinbarten<br />
Zeitpunkt in einem tauglichen Zustand zu übergeben und zu erhalten (Art. 256 OR). Bei<br />
Mängeln, für die <strong>der</strong> Mieter nicht haftet, besitzt er das Recht auf Beseitigung des Mangels,<br />
auf Herabsetzung o<strong>der</strong> Hinterlegung des Mietzinses, allenfalls auch auf Schadenersatz o<strong>der</strong><br />
Kündigung (<strong>bei</strong> schwerwiegendem Mangel, Art. 259a OR). Als Mangel an <strong>der</strong> Mietsache<br />
gelten u. a. erhöhte Radongaskonzentrationen, asbesthaltige Materialien, sofern sie die<br />
Raumluft belasten, Feuchtigkeitsprobleme o<strong>der</strong> Schimmelbefall, die bauseitige Ursachen<br />
haben, und allenfalls auch Beeinträchtigungen wie z. B. <strong>der</strong> Abgas-Geruch aus <strong>der</strong><br />
Tiefgarage. Kurzfristige Beeinträchtigungen z. B. im zusammenhang mit Bauar<strong>bei</strong>ten muss<br />
<strong>der</strong> Mieter hinnehmen, wenn diese notwendig sind (Art. 257a OR). Vorliegen und Schwere<br />
von Mängeln aus mietrechtlicher Sicht sind stets im konkreten Fall von den zuständigen<br />
Stellen zu beurteilen.<br />
(Mit freundlicher Genehmigung von Roger Waeber, dipl. Natw. ETH/SIA Bundesamt für<br />
Gesundheit (BAG), Direktionsbereich Verbraucherschutz, Fachstelle Wohngifte, CH 3003<br />
Bern).<br />
Aus dieser sehr aktuellen und umfangreichen Abhandlung ist ersichtlich, dass ein Nutzer,<br />
welcher unter unspezifischen Symptomen durch Luftschadstoffe im Wohnraum leidet, in<br />
einem fast rechtfreien Raum ist. Er wird neben seiner physischen Belastung somit auch<br />
psysisch belastet. Dies ruft oft eine Art von Ohnmacht <strong>bei</strong> den betroffenen Personen hervor<br />
und Sie sind nicht mehr in <strong>der</strong> Lage, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. So werden lei<strong>der</strong> in<br />
vielen Fällen einfache Wege gesucht, was dann oft zur Folge hat, dass mit dem nächsten<br />
Nutzer des <strong>Gebäude</strong>s das gesamte Spiel von vorne beginnt. Gewinner sind in solchen Fällen<br />
immer diejenigen, welche dieses <strong>Gebäude</strong> nicht bewohnen müssen und eine Sanierung<br />
zugunsten eines kurzfristigen Profites nicht durchführen. Erst wenn allgemeingültige Richt-<br />
o<strong>der</strong> Grenzwerte festgelegt werden, wird sich an dieser Situation etwas än<strong>der</strong>n. Solange ein<br />
Eigentümer ein <strong>Gebäude</strong> ohne Rücksicht auf die Gesundheit <strong>der</strong> Nutzer nach seinem Gusto<br />
zu Tode sanieren kann, werden wir immer wie<strong>der</strong> Fälle erleben, wo die Gesundheit <strong>der</strong><br />
Nutzer bis zur Lebensgefahr angegriffen wird.<br />
Lei<strong>der</strong> hatte ich selbst schon dieses zweifelhafte Vergnügen, einen solchen Fall zu<br />
begutachten. An dieser Stelle sei nur gesagt, dass Schimmelbefall oberflächig mit Gipsplatten<br />
abgedeckt wurde und die Nutzerin mit einer schimmelbefallenen Lunge auf <strong>der</strong><br />
Intensivstation landete. Jetzt verfolge ich, wie dieser Fall weiter geht und ob es zu einer<br />
Schadenersatzzahlung kommt.
5.8 Mögliche Belastungen im <strong>Gebäude</strong>bestand<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 72<br />
In diesem Kapitel zeige ich anhand von Bauteilen eines <strong>Gebäude</strong>s auf, welche potentiellen<br />
Schadstoffe vorhanden sein können. Betrachtet werden jedoch nur Stoffe, welche für die<br />
Innenraumluftqualität eine Wirkungsbeziehung aufweisen können. Altlasten wie z. B. fest<br />
gebundener Asbest o<strong>der</strong> aussenliegende Baustoffe werden ausgeklammert.<br />
Bauteil Stoffe Quellen<br />
Gründung, erdberührte<br />
Bauteile, Kellerräume<br />
Radon Offene Naturböden, Rohrdurchführungen<br />
ohne spezielle Abdichtung, offene<br />
Asbest schwach<br />
gebunden<br />
Holzschutzmittel<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide<br />
Aussenwände Holzschutzmittel<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide<br />
Bauteilfugen, Unterdruck im <strong>Gebäude</strong><br />
Spritzasbest (weiss und blau) an<br />
Tankisolationen und Heizungssystemen<br />
o<strong>der</strong> Brandschotten<br />
Asbestpappen in verlorenen Schalungen<br />
Imprägnierungen von Holzstän<strong>der</strong>werken,<br />
insbeson<strong>der</strong>e von erdberührten Pfosten und<br />
Gründungsbalken, <strong>bei</strong> Riegelbauten, aber<br />
auch Balkendeckenlagen zwischen UG und<br />
EG (sehr verbreitete Bauweise in den<br />
1940er Jahren)<br />
PCB PCB-haltige<br />
Korrosionsschutzbeschichtungen von<br />
Stahlrohren und Eisenbauteilen.<br />
Wasserdichte Beschichtungen von<br />
Betonbauteilen, z.B. Wasch- und<br />
Trockenräume Bodenbelag<br />
PAK Innen liegende Teerpappen, zur<br />
Vermeidung von aufsteigen<strong>der</strong> Feuchte in<br />
<strong>Gebäude</strong>n vor 1980.<br />
Teerhaltige Korkplatten, bzw.<br />
Korkrohrisolationen und Korkschüttungen.<br />
Oft als Einlage in die Betonkonstruktion<br />
zur Abschwächung von Wärmebrücken in<br />
den 1960er eingesetzt.<br />
VOC Lösemittel in Beschichtungen gegen<br />
Bodenfeuchte o<strong>der</strong> als Nutzboden.<br />
Imprägnierungen und Beschichtungen von<br />
Holzstän<strong>der</strong>konstruktionen mit Kontakt zur<br />
Innenraumluft.<br />
PCB Durchgängige Bauteilfugen mit Kontakt zur<br />
Innenraumluft beson<strong>der</strong>s in Fertigteilbauten<br />
vorzufinden.<br />
Formaldehyd Bei Holzelementen mit Kontakt zur<br />
Innenraumluft.<br />
Verschiedene Dämmwollen mit<br />
Verbundklebestoffe, welche als<br />
Innenraumdämmung eingesetzt wurden.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 73<br />
Fenster Asbest schwach<br />
Reaktionsbestandteile von<br />
Ortschaumisolierungen.<br />
Asbestschnüre zur Abdichtung <strong>der</strong><br />
gebunden<br />
Anschlussfugen von Fenstern<br />
Holzschutzmittel Imprägnierungen von Holzfenstern, meist<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide klare Anwendung, also Sichtbarkeit <strong>der</strong><br />
Holzstruktur.<br />
PCB Kittmassen (Leinölkitt) in Glasfalzen, ggf.<br />
mit Asbestfaseranteilen, beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong> alten<br />
Einfachverglasungen und Metallfenstern.<br />
Weichmacher in Verdunklungsrollos, wenn<br />
innen montiert.<br />
PAK Klebstoffe für Teerpappen und teerhaltige<br />
Korkplatten für Feuchteschutz im<br />
Fensterbereich.<br />
VOC Holzlackfarben und Metallbaulatte zum<br />
Wetterschutz von Holz- und Metallfenstern.<br />
Lösemittel in Fugenmassen.<br />
Weichmacher in Kunststofffenstern und<br />
innen liegenden Verdunklungsrollos.<br />
Türen Asbest schwach Asbestfüllungen <strong>bei</strong> Brandschutztüren, nur<br />
gebunden<br />
relevant wenn Schäden sichtbar sind.<br />
Holzschutzmittel Imprägnierungen von Holztüren. (siehe<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide auch Fenster)<br />
PCB PCB – haltige Lackbeschichtungen von<br />
Stahltüren und <strong>der</strong>en Zargen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
von Brandschutztüren.<br />
PAK Teerpappen für die Bauteilentkopplung,<br />
z. B. zwischen Rahmen und Leibung, eher<br />
selten angewendet<br />
Formaldehyd Verbundklebestoffe für die Herstellung von<br />
Türblättern und Rahmen. Beson<strong>der</strong>s <strong>bei</strong><br />
leichten Baumarkttüren älteren Jahrganges.<br />
VOC Lösemittel in Lackfarben, Klebstoffe für<br />
Verbundwerkstofftüren und Rahmen.<br />
Innenwände Asbest schwach In <strong>der</strong> Schweiz selten in Innenwänden, da<br />
gebunden<br />
überwiegend <strong>bei</strong> Leichtbauwänden zum<br />
Einsatz gekommen. Eventuell <strong>bei</strong><br />
Brandabschottungen auch <strong>bei</strong><br />
Massivbauwänden vorzufinden, sofern <strong>der</strong><br />
Jahrgang des Hauses in die Asbestphase<br />
passt.<br />
Holzschutzmittel Holzimprägnierungen von Täfer und<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide an<strong>der</strong>en Holzverkleidungen.<br />
PCB Ölbin<strong>der</strong>farne in Wandbeschichtungen,<br />
Betonfarben, Primer für sandende<br />
Wandputze, Kunstharze für Kieselputze.
Decken Asbest schwach<br />
gebunden<br />
Böden und<br />
Bodenbeläge<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 74<br />
PAK Teerpappen in Horizontalsperren und<br />
Holzteeranstriche in Nassräumen.<br />
Formaldehyd Relevant <strong>bei</strong> Leichtbauwänden in Holz-<br />
und Verbundwerkstoffbauweise.<br />
VOC Anstrichfarben, kunstharzvergütete<br />
Fertigputze, Wandbeschichtungen und<br />
Holzschutzmittel<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide<br />
Wandlacken.<br />
Fasergips in Gipsstuckteilen, Spritzasbest<br />
<strong>bei</strong> Industrie und öffentlichen Bauten mit<br />
erhöhten Brandschutzanfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Deckenplatten von abgehängten Decken in<br />
Bürogebäuden.<br />
Imprägnierungen von<br />
Holzdeckenkonstruktionen, hier speziell <strong>bei</strong><br />
Balkenlagen.<br />
PCB Akustikplatten, vorwiegend in grösseren<br />
Formaten.<br />
PAK Teerbehandelte Korkschüttungen von<br />
Balkenlagen.<br />
Formaldehyd Bei Deckenaufbauten aus<br />
Holzwerkstoffplatten.<br />
VOC Imprägnierungen und Anstriche.<br />
Asbest schwach<br />
gebunden<br />
Asbestpappen unter Weich – PVC<br />
Bodenbelägen. Spritzasbest, <strong>bei</strong><br />
Rohrdurchführungen zum Brandschutz.<br />
Holzschutzmittel Imprägnierungen von Holzböden und<br />
und an<strong>der</strong>e Biozide Wollteppichen.<br />
PCB Estrichepoxidharzbeschichtungen ,<br />
typischer grauer o<strong>der</strong> grüner<br />
Kellerbodenanstrich (grün in <strong>der</strong> Schweiz<br />
lange Zeit beliebt).<br />
Bodenbeläge aus Kunststoffen und die<br />
entsprechenden Klebestoffe.<br />
PAK Teerhaltige Korkplatten, als Trittschall<br />
und/o<strong>der</strong> Wärmedämmung.<br />
Bei Balkenlagen im Erdgeschoss ist das<br />
Ausgiessen vor <strong>der</strong> Füllung möglich<br />
gewesen. Sehr grosse Schadstoffquelle,<br />
aber sehr gut <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Begehung ersichtlich.<br />
Teerartige Rückstände an <strong>der</strong> Unterseite.<br />
Ältere Gussasphaltböden speziell in<br />
Garagen mit Luftverbindung zum<br />
Wohnraum, o<strong>der</strong> Industriegebäuden.<br />
PAK haltige Parkettklebstoffe, gut<br />
erkennbar durch schwarze Färbung des<br />
Klebers.<br />
Formaldehyd Verbundwerkstoffe insbeson<strong>der</strong>e<br />
Holzwerkstoffplatten.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 75<br />
Belagsklebestoffe für Kunststoffprodukte.<br />
Topfkonservierung für Farben und Lacke<br />
zur Bodenbeschichtung.<br />
VOC Imprägnierungen von Parkettböden,<br />
Lackbeschichtungen von Estrichböden<br />
(Unterlagsboden), Weichmacher in<br />
Kunststoffbelägen und Teppichrücken.<br />
Diese Tabelle zeigt nur die wichtigsten Belastungsquellen nach Bauteil auf. Es gibt in einem<br />
Bestandsgebäude noch sehr viel mehr Quellen, welche hier aufzuzeigen den Rahmen dieser<br />
Ar<strong>bei</strong>t sprengen würde.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 76<br />
6 LEITFADEN FÜR WOHNRAUMNUTZER<br />
Diese Ar<strong>bei</strong>t kann an dieser Stelle keinen fertigen Leitfaden für den Wohnraumnutzer<br />
<strong>bei</strong>nhalten, da <strong>der</strong> Umfang zu gross wäre. Ich werde aber die nach meiner Meinung<br />
wichtigsten Punkte, die so ein Leitfaden <strong>bei</strong>nhalten sollte, aufzeigen. Dieser Leitfaden sollte<br />
zu einem späteren Zeitpunkt von Trägerschaften, wie z.B. SIB, Hausverein, Mieterverband,<br />
Aefu und dem BAG zur Aufklärung und Gesundheitsprävention als eigenes Dokument<br />
publiziert werden.<br />
Bei meiner täglichen Ar<strong>bei</strong>t sowie <strong>bei</strong> dem intensiven Literaturstudium zu dieser Ar<strong>bei</strong>t ist<br />
mir aufgefallen, dass es sehr schnell technische, medizinische, physikalische und chemische<br />
Begriffe gibt. Dies liegt an den sehr komplexen Zusammenhängen <strong>der</strong> Innenraumluftqualität.<br />
Den Nutzer interessieren jedoch konkrete Anleitungen, damit ihre Innenraumluftqualität gut<br />
ist und bleibt.<br />
Punkt 1: Aufklärung <strong>der</strong> Notwendigkeit einer <strong>luftdichte</strong>n <strong>Gebäude</strong>hülle<br />
Punkt 2: Warum Lüften so wichtig ist und wie gelüftet werden sollte.<br />
(hierzu gibt es bereits unterschiedliche Infoblätter, welche gerne massregeln.<br />
Vielmehr sollte hinterfragt werden, wie denn das eigene Lüftungsverhalten ist.<br />
z.Bsp. könnte man hier einen Ankreuztext einbinden.)<br />
Punkt 3: <strong>Das</strong> tägliche Leben „Wie kann ich Schadstoffe vermeiden?“<br />
(hier denke ich an Hinweise im Umgang mit Duftstoffen, Rauchen, Putzen,<br />
Staubsaugen, Methanolöfen, Kerzen, Kosmetika, Desinfektionsmitteln, Javelwasser,<br />
Luftbefeuchter, Waschen und Wäsche trocknen usw.) Zu den Produkten sollte dann<br />
in <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t mit „Pusch“ (siehe www.umweltschutz.ch) das passende<br />
Label empfohlen werden.<br />
Punkt 4: Auf was und welche Labels sollte ich <strong>bei</strong>m Kauf von Einrichtungsgegenständen<br />
achten?<br />
Punkt 5: Auf was muss ich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anschaffung von Geräten achten?<br />
Punkt 6: Was sollte ich <strong>bei</strong> Renovationsar<strong>bei</strong>ten beachten?<br />
Labels für Anstrichstoffe. allgemeine Wegleitung. Hier können Baubiologen sehr<br />
wichtige Beiträge <strong>bei</strong>steuern.<br />
Punkt 7: Was tun, wenn ich den Verdacht auf Schadstoffe habe?<br />
Hier sind Beratungs- und Informationsstellen aus verschiedenen Bereichen mit<br />
genauem Tätigkeitsbeschrieb notwendig.<br />
Diese verschiedenen Fragen werden mir immer wie<strong>der</strong> <strong>bei</strong> Beratungen gestellt. Auch in den<br />
angrenzenden Län<strong>der</strong>n gibt es bis heute kein einfaches und verständliches Dokument. Alle<br />
gefundenen Dokumente gehen auf die baustoffbezogenen Quellen ein. Hierdurch wird aber<br />
immer wie<strong>der</strong> <strong>bei</strong>m Leser suggeriert, ich kann ja nichts dafür, ich wohne in einem<br />
schadstoffbelasteten Haus und bin deshalb krank. Denn wie bereits im Kapitel „Gesundheit“<br />
geschrieben, ist ein möglicher Schadstoff, den ich durch das <strong>Gebäude</strong> aufgezwungen
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 77<br />
bekomme, doppelt so schädlich wie meine Zigarette. Bereits <strong>bei</strong>m Lesen wird sofort<br />
abgeglichen, ob denn die eigenen Symptome zu dem Schadstoff passen könnten. Danach<br />
wird das Haus nach einem Baustoff abgesucht, <strong>der</strong> diesen Schadstoff eventuell in die<br />
Innenraumluft bringen könnte. Lei<strong>der</strong> werde ich auch immer wie<strong>der</strong> zu solchen Fällen<br />
gerufen. Oft reicht es dann, die Situation zu betrachten und die Nutzer wie<strong>der</strong> auf den Boden<br />
<strong>der</strong> Tatsachen zurückzuholen. Dann versuche ich, im persönlichen Gespräch aufzuklären und<br />
Verhaltenstipps zu geben. Genau in diesen Momenten wünsche ich mir so einen Leitfaden,<br />
<strong>der</strong> das Verhalten des Nutzers in den Fokus stellt. Eventuell wäre es auch sinnvoll, ein<br />
einfaches und kostengünstiges CO2 Messgerät anzubieten. Vielleicht wäre ein Hersteller zu<br />
gewinnen, so etwas in Form einer kleinen Verkehrsampel zu bauen, welche mit drei farbigen<br />
LED`s den CO2 Gehalt in <strong>der</strong> Luft anzeigt.<br />
Diese Ar<strong>bei</strong>t könnte <strong>der</strong> Startschuss für dieses Projekt sein.
SCHLUSSWORT<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 78<br />
Wie diese Ar<strong>bei</strong>t aufzeigt, besteht im Umgang mit <strong>luftdichte</strong>r Bauweise von <strong>Gebäude</strong>n und<br />
den damit verbundenen Auswirkungen auf die Raumluftqualität ein doch erhebliches<br />
Wissensdefizit. Dies gilt für Planer, Behörden und auch Nutzer. Da ich in meiner Tätigkeit<br />
für den Mieterverband feststellen muss, dass sich die Beschwerden über Raumluftqualitäten<br />
häufen, stellt sich die Frage, wie man diesen Trend stoppen kann. Für mich ist diese Ar<strong>bei</strong>t<br />
eine Möglichkeit, dieses Thema einem breiterem Publikum zugänglich zu machen. Ich sehe<br />
aber auch die Notwendigkeit, dass im Rahmen <strong>der</strong> Baubewilligung nicht mehr nur die<br />
Baugesetzeskonformität und <strong>der</strong> Energienachweis nach SIA 380/1, son<strong>der</strong>n in Zukunft auch<br />
ein Lüftungskonzept mit geprüft würde. Nach meiner Meinung wäre dies bereits heute die<br />
Pflicht <strong>der</strong> Baubehörde, denn die Innenraumluftqualität gehört zum Hygieneschutz, <strong>der</strong> in<br />
vielen Bauverordnungen gefor<strong>der</strong>t wird. So wäre zumindest sichergestellt, dass eine<br />
ausreichende Luftwechselrate unter zumutbaren Aspekten vom Nutzer erreicht werden kann.<br />
Ebenfalls wäre dies die Kontrolle, dass die energetische Luftwechselrate im Energienachweis<br />
nach SIA 380/1 dem <strong>Gebäude</strong> entspricht. Da alle externen Kosten dem Antragsteller<br />
weiterverrechnet werden können, wäre auch die externe Fachprüfung für die Gemeinde<br />
kostenneutral. Somit wäre dies nur <strong>der</strong> Aufwand die entsprechenden Dokumente an die<br />
geeigneten Fachleute weiterzuleiten. Beim Energienachweis nach SIA 380 ist dies tägliche<br />
Praxis.<br />
Ebenfalls wäre es wünschenswert, dass die Politik sich diesem Thema annimmt und ähnlich<br />
unseren Nachbarlän<strong>der</strong>n Ar<strong>bei</strong>tskreise von Fachleuten damit beauftragt, Grenz- und/o<strong>der</strong><br />
Richtwerte für Schadstoffe in <strong>der</strong> Innenraumluft festzulegen. Beson<strong>der</strong>s wichtig empfinde<br />
ich, dass speziell für Schulen, Kin<strong>der</strong>horte und an<strong>der</strong>e öffentlichen Bauten verbindliche<br />
Mindestanfor<strong>der</strong>ungen bezüglich CO2 Anteil in <strong>der</strong> Innenraumluft festgeschrieben werden.<br />
Kin<strong>der</strong> sind unsere Zukunft und sie sollten zumindest in Schulen und Kin<strong>der</strong>horten eine<br />
optimale Innenraumluftqualität vorfinden, die ein gesundes Aufwachsen und Lernen<br />
ermöglicht. Ebenfalls ist es notwendig, dass die Abteilung Wohnraumgifte des Bundesamtes<br />
für Gesundheit genügend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, damit entsprechende<br />
Aufklärungsbroschüren zu diesem Thema publiziert werden können.<br />
Da ich in <strong>der</strong> täglichen Praxis sehe, dass aufgrund von schlechter Raumluftqualität Personen<br />
über Allergien o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Krankheitssymptome klagen und mir von unzähligen<br />
Arztbesuchen berichten, stellt sich mir die Frage, wer dies denn bezahlt. Es werden heute<br />
schon grosse Summen für die Prävention im Gesundheitsbereich ausgegeben, aber an einer<br />
sehr entscheidenden Stelle ist davon nichts zu sehen. Was hilft die Prävention gegen das<br />
Rauchen, wenn Nichtraucher in Ihrem Wohnraum durch eine nicht fachgerechte Planung <strong>der</strong><br />
Abluftanlage einer erhöhten Radonbelastung ausgeliefert sind? Hier wäre eine einfache und<br />
kostengünstige Kontrolle <strong>der</strong> Planung und Ausführung sehr viel effizienter.
Literaturnachweis:<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 79<br />
Schadstoffe in Innenräumen und an <strong>Gebäude</strong>n, Gesamtverband Schadstoffsanierung GbR,<br />
Rudolf Müller Verlag, Köln<br />
<strong>Gebäude</strong>-Schadstoffe und Gesunde Innenraumluft, Zwiener/Lange, Erich Schmidt Verlag,<br />
Berlin<br />
<strong>Das</strong> Haus – Ursache allergischer Erkrankungen, Anton Schnei<strong>der</strong>, Institut für<br />
Baubiologie+Oekologie IBN, Neubeuern<br />
Wohnen und Gesundheit, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Schweiz<br />
Energetische Sanierung, Institut für internationale Architektur – Dokumentation, München<br />
Innenraumklima Wege zu gesunden Bauten, Reto Coutalides, Wird Verlag, Zürich<br />
Merkblätter eco-bau, www.eco-bau.ch<br />
Bundesamt für Gesundheit: Radonhandbuch, Fact – Sheets, Vorsicht Schimmel und Text von<br />
Roger Waeber<br />
Fogging, www.kirschmann.de<br />
Ursachenermittlung und analytische Vorgangsweisen <strong>bei</strong> Auftreten von<br />
Schwarzstaubbelastungen (Fogging) in <strong>Gebäude</strong>n Dipl. Ing. Peter Tappler, BMLFUW<br />
Thesen zum Magic Dust, Uwe Münzenberg, Fürth<br />
WHO-Leitlinien zu diesem Thema, WHO Europa<br />
Ventilation, Dr. Max Pettenkofer, München 1857.<br />
Kriterien für Minergie eco und Fragekataloge<br />
Holzschutz ohne Gift, Peter Weissenfeld, Holger König, ökobuch, Staufen <strong>bei</strong> Freiburg<br />
Forschungsvorhaben F 1469, verschiedene Autoren, Bundesministeium für Wirtschaft und<br />
Ar<strong>bei</strong>t, Österreich<br />
SIBAT Vorsorgende Sicherstellung <strong>der</strong> Innenraumluftqualität von <strong>Gebäude</strong>n –<br />
Anwendungen von Toxizitätskriterien in <strong>der</strong> Materialbewertung, I.Oehme, M. Klade,<br />
Berichte aus Energie- und Umweltforschung 28/2005<br />
SIA Normen, www.sia.ch<br />
Literatur aus dem Kurs für diese Abschlussar<strong>bei</strong>t.
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 80<br />
Anhang<br />
Dokumentation des Vortrages an <strong>der</strong> Bauen und Wohnen Messe in Wettingen<br />
Radon<br />
Formaldehyd<br />
VOC<br />
Wohnraumgifte und<br />
Vermeidungsstrategien<br />
Biozide Feuchte<br />
Asbest<br />
Themenübersicht<br />
Milben<br />
PCB<br />
CO2<br />
Schimmel<br />
1. Was sind Wohnraumgifte ?<br />
2. Warum erst in den letzten Jahren ein Thema ?<br />
3. Gesundheitliche Auswirkungen<br />
4. Quellen, Ursachen und typische Emissionen und<br />
Aktivitätsprodukte<br />
5. Vermeidung <strong>bei</strong>m Bauen und Mo<strong>der</strong>nisieren<br />
6. Vermeidung im täglichen Leben<br />
7. Was tun <strong>bei</strong> Verdacht auf Belastungen im<br />
Wohnraum ?<br />
PAK
Was sind Wohnraumgifte ?<br />
Als Wohnraumgifte können alle Stoffe genannt werden, welche nicht zu den<br />
natürlich vorhandenen Gasen in <strong>der</strong> Atmosphäre gezählt werden.<br />
Hauptbestandteile <strong>der</strong> trockenen Luft <strong>bei</strong> Normalnull (Volumenanteile)<br />
Stickstoff 78,084%<br />
Sauerstoff 20,942%<br />
Argon 0,934%<br />
Kohlenstoffdioxid 0,038%<br />
Spuren von<br />
Neon, Helium, Methan, Krypton, Wasserstoff, usw.<br />
Es sind also alle Stoffe zu betrachten, welche in <strong>der</strong> Aussenluft vorkommen,<br />
da diese durch den Luftwechsel auch in den Innenraum gelangen.<br />
Doch werden auch in den Innenräumen starke Verunreinigungen verursacht,<br />
auf welche ich nachfolgend eingehen werde.<br />
Quelle: //de.wikipedia.org/wiki/Luft<br />
Warum erst in den letzten Jahren ein Thema ?<br />
Die verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen an den Wärmeschutz spielt seit <strong>der</strong> ersten<br />
Ölkrise in den 1970er Jahren eine immer grössere Rolle.<br />
Mo<strong>der</strong>nisiert:<br />
<strong>Gebäude</strong>hülle<br />
dicht:<br />
= geringer<br />
Luftwechsel<br />
= geringe<br />
Energieverluste<br />
Historie:<br />
Empfehlung SIA 180 « Wärmeschutz im Hochbau» 1970<br />
Umwandlung in Norm 1988<br />
Neuerscheinung 1999 « Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau»<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 81<br />
Bestand:<br />
<strong>Gebäude</strong>hülle<br />
undicht:<br />
= undefinierte<br />
Lüftung durch<br />
Fugen, Ritze und<br />
Spalten.<br />
= Luftwechsel<br />
gut, aber mit sehr<br />
hohen<br />
Energieverlusten.
Warum erst in den letzten Jahren ein Thema ?<br />
Definition bis 1999:<br />
« Die <strong>Gebäude</strong>hülle muss möglichst dicht sein. Es muss aber gleichzeitig<br />
gewährleistet sein, dass <strong>bei</strong> fehlen<strong>der</strong> Benutzerlüftung ein Grundluftwechsel<br />
erreicht wird, um eine Anreicherung von Schad- und Geruchsstoffen sowie<br />
eine hohe relative Luftfeuchtigkeit zu vermeiden»<br />
Definition seit 1999<br />
«3.1.1.1 Grundsätzlich muss die <strong>Gebäude</strong>hülle luftdicht sein»<br />
«3.3.1.2 Der Architekt ist verpflichtet – allenfalls zusammen mit dem<br />
Lüftungsplaner – in einer frühen Planungsphase ein Lüftungskonzept zu<br />
erstellen. ....»<br />
Fazit: Die Verantwortung für eine gute Raumluftqualität ist in die<br />
Verantwortung des Bauherren, Eigentümer, Planer und Nutzer übertragen<br />
worden.<br />
Quelle: SIA 180 von 1988 bzw. 1999<br />
Gesundheitliche Auswirkungen<br />
Was ist Gesundheit?<br />
Gesundheit ist vollständiges körperliches,<br />
geistiges, seelisches und soziales Wohlbefinden<br />
und nicht bloss die Abwesenheit von Krankheit<br />
und Gebrechen.<br />
(WHO World Health Organization)<br />
Kann es somit «gesunde» <strong>Gebäude</strong>, Baustoffe, Farben, Möbel o<strong>der</strong><br />
Lebensmittel geben?<br />
Dies ist ein Beispiel von vielen, wie Medien und Werbung klare Begriffe zu Ihren<br />
Zwecken benutzen und uns ein falsches Bild suggeriert wird !<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 82
Gesundheitliche Auswirkungen<br />
Der mo<strong>der</strong>ne Mensch hält sich nach verschiedenen Studien zu<br />
ca. 90% in Innenräumen auf.<br />
Somit ist <strong>der</strong> Mensch allen Stoffen <strong>der</strong> Innenraumluft<br />
sehr langen Zeiten ausgesetzt. Allergien, Müdigkeit,<br />
Reizungen <strong>der</strong> Atemwege, Übelkeit sowie<br />
Schlafstörungen können Symptome darstellen.<br />
Die Mengen an Schadstoffen in <strong>der</strong> Innenraumluft sind jedoch in <strong>der</strong> Regel so<br />
gering, dass die hieraus resultierenden Symptome nur sehr selten in den<br />
Kausalzusammenhang zu einer Erkrankung o<strong>der</strong> Allergie gebracht werden<br />
können. Hier ist die beste Therapie, möglichst alle Schadstoffe aus den<br />
Innenraum auszuweisen.<br />
Quellen, Ursachen und typische Emissionen und<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Lebewesen<br />
Quelle/ Ursache Vorgang/Aktivität Produkte u.<br />
Quellen<br />
Mensch, Haustiere,<br />
Schädlinge<br />
Typische<br />
Emissionen/Aktivitätsprodukte<br />
Atmung Kohlenstoffdioxid, Wasserdampf,<br />
körpereigene Geruchsstoffe,<br />
Geruchsstoffe aus Lebensmitteln,<br />
Bakterien und Viren<br />
Transpiration Wasserdampf, Geruchsstoffe<br />
Verdauung,<br />
Ausscheidungsvorgänge<br />
Haarausfall,<br />
Hautabschilferung<br />
Darmgase, Geruchsstoffe und<br />
Zersetzungsprodukte aus Exkrementen<br />
bzw. krankhaften Abson<strong>der</strong>ungen,<br />
Bakterien und Viren: allergener Staub<br />
allergener Staub<br />
Zimmerpflanzen Ausdünstung Terpene und an<strong>der</strong>e Geruchsstoffe, z. T.<br />
Latex, Wasserdampf<br />
Schimmelpilze Vermehrung, Stoffwechsel Pilzporen, Toxine, Geruchsstoffe<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 83
Quellen, Ursachen und typische Emissionen und<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Bausubstanz / <strong>Gebäude</strong>ausrüstung<br />
Quelle/ Ursache Vorgang/Aktivität Produkte u.<br />
Quellen<br />
Baukörper und<br />
Baumaterial<br />
Raumlufttechnische<br />
Anlage<br />
Raumausstattung,<br />
Einrichtungsgegenstände<br />
Produktverar<strong>bei</strong>tung,<br />
Ausgasung, Alterung,<br />
Abrieb, Zersetzung<br />
Luftströmungen in<br />
<strong>Gebäude</strong>n<br />
Baustoffe, Bautenund<br />
Korrosiosschutzmittel,<br />
Isolierstoffe,<br />
Dichtungsmaterialien<br />
Betrieb und Wartung Wäscher, Filter, Isolierund<br />
Dichtungsmaterialien,<br />
Ablagerungen<br />
Produktverar<strong>bei</strong>tung,<br />
Renovierung, Ausgasung<br />
Typische<br />
Emissionen/Aktivitätsprodukte<br />
Verschiedenartige gas- und<br />
partikelförmige Stoffe, wie z. B.<br />
Lösungsmittel, Weichmacher, Monomere,<br />
Oligomere, Holzschutz- und<br />
Flammschutzmittel, Fasern (Asbest,<br />
Mineralwolle), Radon aus Baumaterialien<br />
Benachbarte Räume Diverse Substanzen aus an<strong>der</strong>en Teilen<br />
des <strong>Gebäude</strong>s wie Tabakrauch,<br />
Lösungsmittel, Geruchsstoffe<br />
Möbel,<br />
Fussbodenbeläge,<br />
Heimtextilien,<br />
Anstrichmittel,<br />
Tapeten<br />
Mikroorganismen und <strong>der</strong>en<br />
Stoffwechselprodukte, Biozide, Fasern,<br />
Staub, Geruchsstoffe<br />
Lösungsmittel, Monomere und Oligomere<br />
aus Kunststoffen, Harzen,<br />
Oberflächenbeschichtung und Klebern<br />
(z.B. Formaldehyd), Fasern, Weichmacher,<br />
Flammschutzmittel<br />
Quellen, Ursachen und typische Emissionen und<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Raumnutzung 1<br />
Quelle/ Ursache Vorgang/Aktivität Produkte u.<br />
Quellen<br />
Energieeinsatz Verbrennungsprozesse,<br />
Öfen, Ethanol – Öfen,<br />
Kochen<br />
Hygiene Körperpflege,<br />
kosmetische<br />
Behandlung, Reinigungsund<br />
Pflegemassnahmen,<br />
Schädlingsbekämpfung<br />
Überdecken von<br />
Gerüchen<br />
Verwendung durch<br />
Raumnutzer<br />
Holz, Gas, Ethanol,<br />
Heizöl<br />
Kosmetische Mittel<br />
und<br />
Bedarfsgegenstände,<br />
Parfüm, Duschgel,<br />
Wasch- und<br />
Putzmittel, Polituren,<br />
Desinfektionsmittel,<br />
Schädlingsbekämpfun<br />
gsmittel<br />
Duftsprays -kerzen,<br />
Duftlampen,<br />
Räucherstäbchen<br />
Typische<br />
Emissionen/Aktivitätsprodukte<br />
Heizöldampf, Kohlenstoffdioxid,<br />
Kohlenmonoxid, Stickstoffoxide,<br />
Wasserdampf, Staub, Kohlenwasserstoffe<br />
und viele an<strong>der</strong>e organische Stoffe<br />
Lösungsmittel, Treibgase, Duftstoffe,<br />
anorganische und organische Aerosole,<br />
Haloforme, Radon und Legionellen aus<br />
Warmwassersystem, Ammoniak, Chlorund<br />
Chlorverbindungen, Tetrachlorethen,<br />
Insektizide, Bakterizide<br />
Flüchtige organische Verbindungen,<br />
Geruchsstoffe (Katalysatoreffekt)<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 84
Quellen, Ursachen und typische Emissionen und<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Raumnutzung 2<br />
Quelle/ Ursache Vorgang/Aktivität Produkte u.<br />
Quellen<br />
Typische<br />
Emissionen/Aktivitätsprodukte<br />
Tabakwaren Rauchen Tabakwaren Kohlenstoffmonoxid, Stickstoffoxide,<br />
Nikotin, Aldehyde, Nitrosamine und<br />
zahlreiche an<strong>der</strong>e organische Stoffe (z.B.<br />
polyzyklische aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe)<br />
Nutzung als Büro Bürobetrieb Büroartikel, EDV-<br />
Geräte, Kopierer<br />
Nutzung im Rahmen von<br />
Hobby- und Heimar<strong>bei</strong>ten<br />
Nutzung als Garage<br />
(Abstellraum)<br />
Heimwerken,<br />
Renovieren, Malen und<br />
<strong>der</strong>gleichen<br />
Farben, Lacke, Kleber,<br />
Sprays, Bastelartikel,<br />
Lötwerkzeug<br />
Lagerraum Treibstoffe, Farben,<br />
Lacke,<br />
Reinigungsmittel usw.<br />
Organische Lösemittel, Weichmacher,<br />
Flammschutzmittel, Tonerbestandteile,<br />
Ozon<br />
Anorganische und organische gas- und<br />
aerosolförmige Stoffe, vor allem Treibund<br />
Lösungsmittel, Stäube, Metalldämpfe,<br />
Monomere, Biozide<br />
Kraftstoffdämpfe, Abgase, Lösungsmittel<br />
Quellen, Ursachen und typische Emissionen und<br />
Aktivitätsprodukte<br />
Schimmel ist keine Bagatelle !<br />
Jedoch kann je<strong>der</strong> dazu <strong>bei</strong>tragen,<br />
dass er sich nicht bildet.<br />
Schimmel braucht Feuchte, um zu<br />
wachsen. Trockene, frische Raumluft<br />
reduziert das Risiko. Also hilft<br />
Stosslüften in regelmässigen<br />
Abständen. Leichten Schimmelbefall<br />
entfernen Sie am besten mit Alkohol.<br />
Grundsätzlich sollte ein Bauphysiker<br />
und Experte die Ursache genau<br />
untersuchen. So kann ein<br />
neuerlicher Befall durch eine<br />
sinnvolle Sanierung vermieden<br />
werden. Pinselsanierungen sind<br />
keine Lösung!<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 85
Vermeidung <strong>bei</strong>m Bauen und Mo<strong>der</strong>nisieren<br />
Beim Neubau:<br />
1. Vereinbaren Sie mit Ihrem Planer schriftlich, dass Sie beson<strong>der</strong>en Wert auf<br />
eine gute Raumluftqualität und schadstoffarme Materialien Wert legen.<br />
2. Verlangen Sie bereits in einer frühen Planungsphase ein Lüftungskonzept<br />
nach SIA 180 und lassen sich dieses detailliert erklären.<br />
3. Klären Sie ab, ob es unterschiedliche Luft- und Temperaturzonen benötigt.<br />
4. Lassen Sie sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Baustoffe intensiv beraten, nehmen Sie<br />
sich Zeit (möglichst <strong>bei</strong> neutraler Stelle).<br />
5. Wählen Sie naturbelassene Werkstoffe und natürliche Beschichtungen.<br />
6. Wählen Sie Handwerker, die Erfahrung mit natürlichen Werkstoffen haben.<br />
7. Schrecken Sie nicht vor Kosten zurück. Der Putz an <strong>der</strong> Wand bleibt lange<br />
Jahre, ein Bad o<strong>der</strong> Küche ist eher kurzlebig.<br />
8. Lassen Sie das <strong>Gebäude</strong> mindestens 2 Wochen vor dem Bezug auslüften.<br />
9. Denken Sie schon <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung an die Pflege und die hierzu notwendigen<br />
Mittel.<br />
10.Auch ein Label in Betracht ziehen wie z. B.<br />
Vermeidung <strong>bei</strong>m Bauen und Mo<strong>der</strong>nisieren<br />
Auch kleine Mo<strong>der</strong>nisierungen können<br />
Auswirkungen haben.<br />
Wählen Sie Materialien mit diesen<br />
Labeln.<br />
Grössere Mo<strong>der</strong>nisierungen brauchen<br />
immer ein Mo<strong>der</strong>nisierungskonzept.<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 86
Vermeidung im täglichen Leben<br />
1. Bei <strong>der</strong> Pflege und Reinhaltung des Wohnraums mit<br />
Augenmass vorgehen.<br />
2. Reinigungsmittel nur wenn notwendig verwenden.<br />
3. Desinfektionsmittel nur, wenn ein akuter Befall und<br />
Krankheiten vorhanden sind.<br />
4. Pflegemittel mit Duftstoffen vermeiden.<br />
5. Staub und Schmutz vermeiden<br />
Bei <strong>der</strong> Inneneinrichtung besteht die Gefahr, sehr<br />
grosse Mengen an Schadstoffen anzuschaffen<br />
(Spanplatten, Textilien, Farben, Beschichtungen usw.).<br />
Hier gilt nachfragen und auf Label zu achten.<br />
Was tun <strong>bei</strong> Verdacht auf Belastungen im<br />
Wohnraum ?<br />
1. Den jeweiligen Vertragspartner von <strong>der</strong> Situation in Kenntnis setzen.<br />
2. Hinzuziehen einer Fachperson (Architekt, Bauphysiker, Baubiologe)<br />
3. Begehung des Objektes mit <strong>der</strong> Fachperson<br />
4. Einleiten von Sofortmassnahmen, sofern möglich<br />
5. Erstellen eines schrittweise aufgebauten Analyseprogramms<br />
6. Auswertung und mögliche Sanierung erstellen<br />
7. Durchführen <strong>der</strong> Sanierung<br />
8. Ausreichend Zeit zwischen den einzelnen Schritten einplanen, um<br />
Verän<strong>der</strong>ungen wirken zu lassen.<br />
Bei <strong>der</strong> Suche nach <strong>der</strong> Fachperson können Ihnen folgende Verbände helfen:<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 87
Zusammenfassung<br />
Empfehlungen 1-6<br />
1. Lüften verringert immer eine Schadstoffanreicherung im<br />
Innenraum !<br />
2. Duftstoffe, Raumsprays, Duftöle und –kerzen braucht es<br />
nicht.<br />
3. Ethanolöfen verbrauchen Ihre Atemluft<br />
4. Trockene Luft ist weniger schädlich als<br />
Hausstaubmilben, Schimmel und Bakterien.<br />
5. Reinigen Sie mit Vernunft und natürlichen Mitteln.<br />
Desinfektion ausserhalb von Krankenhäusern ist selten<br />
notwendig.<br />
6. <strong>Gebäude</strong> auf Radon prüfen.<br />
Raumluft ist ein Lebensmittel –<br />
bitte behandeln Sie sie auch so !<br />
Huth / <strong>Das</strong> <strong>luftdichte</strong> <strong>Gebäude</strong> / 88