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Die Wolfacher Fasnet - Netz-Seite

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<strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten<br />

von<br />

Frank Schrader<br />

3. Auflage<br />

Wolfach 2011


Wir wollen eine lustge Faßnacht halten.<br />

Friedrich Schiller<br />

Ein Buch ist nie fertig, es wäre denkbar, ein Leben lang an einem<br />

Buch zu schreiben.<br />

Wolfgang Koeppen<br />

Ich kann nicht leugnen, mein Mißtrauen gegen den Geschmack<br />

unserer Zeit ist bei mir vielleicht zu einer tadelnswürdigen Höhe gestiegen.<br />

Täglich zu sehen, wie Leute zum Namen Genie kommen, wie<br />

die Keller-Esel zum Namen Tausendfuß, nicht weil sie so viele Füße<br />

haben, sondern weil die meisten nicht bis auf 14 zählen wollen, hat<br />

gemacht, daß ich keinem mehr ohne Prüfung glaube.<br />

Es ist zum Erstaunen, wie wenig dasjenige oft, was wir für nützlich<br />

halten, und was auch leicht zu tun wäre, doch von uns getan wird.<br />

<strong>Die</strong> Begierde, geschwind viel wissen zu wollen, hindert oft an gnauen<br />

Untersuchungen, allein es ist selbst dem Menschen, der dieses weiß,<br />

sehr schwer etwas gnau zu prüfen, da er doch weiß, er kommt auch<br />

nicht zu seinem Endzwecke viel zu lernen, wenn er nicht prüft.<br />

Georg Christoph Lichtenberg


Vorwort<br />

In diesem Buch versuche ich, die Geschichte und Entwicklung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> zu beschreiben. Ausgangspunkt<br />

für meine Forschungen waren ab 1986 die Gespräche mit Josef Krausbeck (1909-2000), einem guten<br />

Freund meiner Familie über vier Generationen hinweg. Er beauftragte mich damals, die Entstehungsgeschichte<br />

des <strong>Fasnet</strong>spiels <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill von Georg Anton Bredelin (1752-1814) zu erforschen. Im Laufe<br />

der Jahre konnte ich mehrere zuvor unbekannte Werke Bredelins und zahlreiche Quellen zu dessen Lebensgeschichte<br />

entdecken. Im Januar 2003 begann ich, alle erreichbaren Quellen zur <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, insbesondere<br />

die über 20 Veröffentlichungen Josef Krausbecks, für einen Aufsatz über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalten im<br />

historischen Jahrbuch <strong>Die</strong> Ortenau auszuwerten und durch eigene Forschungen in Bibliotheken und Archiven zu<br />

ergänzen. Bald schon überschritt der Aufsatz das für die Ortenau vorgegebene enge <strong>Seite</strong>nlimit, zumal sich auch<br />

die inhaltlichen Kriterien zur Aufnahme von Beiträgen in dieses Jahrbuch von Jahr zu Jahr aus nicht ganz nachvollziehbaren<br />

Gründen zu verändern scheinen. So entschloss ich mich, nunmehr eine eigenständige Veröffentlichung<br />

anzustreben, zugleich meine Arbeit auf die ganze Vielfalt der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> auszuweiten und<br />

darüber hinaus ihren Platz innerhalb der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong> aufzuzeigen. Neben den Aufsätzen<br />

Krausbecks verdanke ich wesentliche Informationen der 1995 entstandenen Festschrift 180 Jahre Freie Narrenzunft<br />

Wolfach von Otto Schrempp, die ich durch eine Auswertung der in den <strong>Wolfacher</strong> Lokalzeitungen<br />

Schwarzwälder Bote und Offenburger Tageblatt alljährlich erscheinenden <strong>Fasnet</strong>berichte ergänzen und<br />

aktualisieren konnte. Eine wichtige Quelle für die <strong>Fasnet</strong> zwischen 1949 und 1970 war das Amtliche Nachrichtenblatt<br />

für das obere Kinzigtal. Viele Angaben beruhen auch auf meinen eigenen Beobachtungen der<br />

<strong>Fasnet</strong>, an der ich mich seit früher Kindheit beteilige. Bereits mein Urgroßvater Albert Sandfuchs (1873-1939)<br />

war als Narrenrat an der <strong>Fasnet</strong> aktiv und schrieb 1924 mit dem <strong>Wolfacher</strong> Durscht eines der bis heute beliebtesten<br />

<strong>Fasnet</strong>lieder. Seine <strong>Fasnet</strong>begeisterung übertrug sich in der Folge auch auf seine Kinder, Enkel und<br />

Urenkel. Ein besonderer Dank gilt Frau Dr. Anke Brügmann in St. Roman für ihre vielfältigen Anregungen und<br />

Hinweise zu diversen <strong>Fasnet</strong>- und Volksliedern sowie Herrn Prof. Paul Derks in Essen für seine Hinweise zur<br />

Textgestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 1 und seine in zahlreichen Briefen geäußerten Korrekturen und Anregungen,<br />

insbesondere zu philologischen, germanistischen und kulturgeschichtlichen Fragen.<br />

Wolfach, 28. August 2011<br />

1 Derks: Hinweise für Textgestaltung.<br />

Frank Schrader


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 6<br />

Inhalt<br />

1. ORGANISATION UND GESCHICHTE DER WOLFACHER FASNET .......................................... 10<br />

1.1. URSPRUNG UND BEDEUTUNG DER FASNET ............................................................................................ 10<br />

1.2. DIE FREIE NARRENZUNFT WOLFACH .................................................................................................... 12<br />

1.3. BEGRIFFE, FORMEN UND GESTALTEN DER FASNET ............................................................................... 15<br />

1.3.1. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche ........................................................................................................................ 15<br />

1.3.2. <strong>Die</strong> Narren und ihr Häs ................................................................................................................. 15<br />

1.3.3. <strong>Die</strong> Schellen der Hansel ................................................................................................................ 18<br />

1.3.4. <strong>Die</strong> freien Maskierungen ............................................................................................................... 20<br />

1.4. DIE ENTWICKLUNG DER FASNETBRÄUCHE IN WOLFACH ....................................................................... 20<br />

1.4.1. Das „Narroo Gassenlaufen“ mit Larven ...................................................................................... 20<br />

1.4.2. Elfemessen ..................................................................................................................................... 25<br />

1.4.3. <strong>Fasnet</strong>bälle .................................................................................................................................... 27<br />

1.4.4. Festspiel......................................................................................................................................... 28<br />

1.4.5. <strong>Fasnet</strong>begraben ............................................................................................................................. 37<br />

1.4.6. Der Schauertag .............................................................................................................................. 37<br />

1.5. DIE FASNET IN KRIEGS- UND NOTZEITEN .............................................................................................. 40<br />

1.6. DIE ENTWICKLUNG DER FASNET NACH DEM 2. WELTKRIEG .................................................................. 41<br />

1.7. NARRENTREFFEN UND -EMPFÄNGE ........................................................................................................ 43<br />

1.8. DER AUSFALL DER FASNET 1991 .......................................................................................................... 45<br />

1.9. MEDIENGESCHICHTE DER WOLFACHER FASNET .................................................................................... 47<br />

2. DIE WOLFACHER FASNETGESTALTEN ......................................................................................... 50<br />

2.1. HÄSTRÄGER MIT LARVEN ...................................................................................................................... 50<br />

2.1.1. Der weiße Ur-Hansel von 1927 ..................................................................................................... 50<br />

2.1.2. Der gelb-blaue Schellenhansel ...................................................................................................... 51<br />

2.1.3. Nussschalenhansel ......................................................................................................................... 51<br />

2.1.4. Mehlwurmhansel ........................................................................................................................... 52<br />

2.1.5. Röslehansel .................................................................................................................................... 53<br />

2.1.6. Streifenhansel ................................................................................................................................ 54<br />

2.1.7. Spättlehansel ................................................................................................................................. 54<br />

2.1.8. Alde Rungunkeln und Müller ......................................................................................................... 55<br />

2.1.9. Mi-Parti-Hansel ............................................................................................................................ 58<br />

2.1.10. Spitzgücklehansel ........................................................................................................................ 59<br />

2.1.11. Langenbacher Tier ...................................................................................................................... 59<br />

2.2. HÄSTRÄGER OHNE LARVE ..................................................................................................................... 61<br />

2.2.1. Wohlauf ......................................................................................................................................... 61<br />

2.2.2. Landsknechte des Grafen Konrad von Wolva................................................................................ 80<br />

2.2.3. Kaffeetanten ................................................................................................................................... 82<br />

2.2.4. Nasezügler ..................................................................................................................................... 84<br />

2.2.5. Geldbeutelwäscher ........................................................................................................................ 88<br />

2.2.6. Narrenpolizei ................................................................................................................................. 90<br />

2.2.7. Kanoniere ...................................................................................................................................... 90<br />

2.2.8. Narrenkapelle ................................................................................................................................ 91<br />

2.2.9. Kleiner Narrenrat .......................................................................................................................... 92<br />

2.3. EINZELFIGUREN ..................................................................................................................................... 92<br />

2.3.1. Der Narrogeist .............................................................................................................................. 92<br />

2.3.2. Tambourmajor ............................................................................................................................... 92<br />

2.3.3. Gullerreiter .................................................................................................................................... 93<br />

2.3.4. Riesendame .................................................................................................................................... 93<br />

2.3.5. Bretschelhans ................................................................................................................................ 94


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 7<br />

2.3.6. Der Straubsche Biedermeierherr ................................................................................................... 95<br />

2.3.7. Steinwerfer-Geißehaas .................................................................................................................. 95<br />

2.4. FREIE MASKIERUNGEN .......................................................................................................................... 95<br />

2.4.1. Schnurranten ................................................................................................................................. 95<br />

2.4.2. Freie Maskierungen bei Bällen, Umzügen und Festspiel ............................................................ 100<br />

2.4.3. Däfelebuebe ................................................................................................................................. 101<br />

2.4.4. Guggemusik Erlibach .................................................................................................................. 101<br />

2.4.5. <strong>Die</strong> Cavalairer Hexen .................................................................................................................. 102<br />

2.4.6. <strong>Die</strong> Hoorigen ............................................................................................................................... 102<br />

2.5. NARRENBRUNNEN ............................................................................................................................... 102<br />

2.6. ZWEI WOLFACHER STEINFIGUREN UND IHRE FASNETLICHE BEDEUTUNG ............................................ 105<br />

2.7. FASNETFIGUREN IN DEN WOLFACHER STADTTEILEN........................................................................... 107<br />

3. DAS DRUM UND DRAN DER WOLFACHER FASNET .................................................................. 108<br />

3.1. FASNETABTEILUNG IM MUSEUM SCHLOSS WOLFACH ......................................................................... 108<br />

3.2. NARRENKAMMER ................................................................................................................................ 108<br />

3.3. NARRENFAHNEN .................................................................................................................................. 109<br />

3.4. NARRENBAUM ..................................................................................................................................... 110<br />

3.5. NARRENORDEN, NARRENTELLER UND ZUNFTWAPPEN ........................................................................ 110<br />

3.6. FESTSPIELPLAKATE, FESTABZEICHEN, LÄRVLE UND HANSELPUPPEN ................................................. 112<br />

3.7. WOLFACHER NARRENBLÄTTLE ........................................................................................................... 112<br />

4. WOLFACHER FASNETLIEDER, -SPRÜCHE UND -GEDICHTE ................................................. 114<br />

4.1. FASNETLIEDER .................................................................................................................................... 114<br />

4.1.1. Der Michelesmarsch .................................................................................................................... 114<br />

4.1.2. Hans blieb do! ............................................................................................................................. 128<br />

4.1.3. Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht ............................................................................................................... 130<br />

4.1.4. Der Hans ..................................................................................................................................... 135<br />

4.1.5. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder von Josef Krausbeck ........................................................................................ 135<br />

4.1.6. Der Heiratsmarkt......................................................................................................................... 137<br />

4.1.7. Vergessene <strong>Fasnet</strong>lieder .............................................................................................................. 137<br />

4.1.8. <strong>Fasnet</strong>schlager ............................................................................................................................ 142<br />

4.2. LIEDTEXTE .......................................................................................................................................... 142<br />

4.2.1. Der Michelesmarsch .................................................................................................................... 142<br />

4.2.2. Der Hans! .................................................................................................................................... 144<br />

4.2.3. Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht ............................................................................................................... 144<br />

4.2.4. Narrenlied ................................................................................................................................... 145<br />

4.2.5. <strong>Wolfacher</strong> Gemüetlichkeit ........................................................................................................... 145<br />

4.2.6. <strong>Die</strong> Weibermühle ......................................................................................................................... 146<br />

4.2.7. ‘s Bettelmaale .............................................................................................................................. 147<br />

4.2.8. Das Kaffeetantenlied ................................................................................................................... 147<br />

4.2.9. Der Heiratsmarkt......................................................................................................................... 148<br />

4.3. WOLFACHER FASNETSPRÜCHE ............................................................................................................ 149<br />

4.4. DIE FASNETGEDICHTE VON KARL BLATTNER (1884-1960) ................................................................. 150<br />

4.4.1. Vorbemerkung ............................................................................................................................. 150<br />

4.4.2. S’goht degege .............................................................................................................................. 150<br />

4.4.3. Micheles Marsch! Hanseles Marsch ........................................................................................... 151<br />

4.4.4. Hanselemaa, du dummer Hund... ................................................................................................ 151<br />

4.4.5. D’Kaffeedande komme! ............................................................................................................... 152<br />

5. „DIE WEIBERMÜHLE VON TRIPSTRILL“ VON GEORG ANTON BREDELIN (1752-1814) . 153<br />

5.1. BREDELINS LEBENSLAUF..................................................................................................................... 153<br />

5.1.1. Bredelins Jugend- und Ausbildungszeit ....................................................................................... 153<br />

5.1.2. Ein hoch geschätzter Präzeptor und Schulvisitator ..................................................................... 155<br />

5.1.3. Als Magister und Musikdirektor in Biberach / Riß ...................................................................... 161<br />

5.2. BREDELINS „WEIBERMÜHLE“ .............................................................................................................. 176


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 8<br />

5.2.1. Entstehung und geschichtlicher Hintergrund .............................................................................. 176<br />

5.2.2. Text und Melodie der Weibermühle ............................................................................................. 177<br />

5.2.3. Aufführungsgeschichte der Weibermühle .................................................................................... 180<br />

5.2.4. Rezeptionsgeschichte der Weibermühle ...................................................................................... 181<br />

5.2.5. <strong>Die</strong> Weibermühle außerhalb Wolfachs ........................................................................................ 183<br />

5.3. QUELLEN ZU BREDELINS LEBENSLAUF ............................................................................................... 188<br />

5.3.1. Genealogische Übersicht zur Familie Bredelin ........................................................................... 188<br />

5.3.2. Allgemeine Verordnung über die biberachischen deutschen katholischen Schulen, 1790 .......... 189<br />

5.3.3. Bericht über die katholische deutsche Schule in Biberach / Riß, 1801 ....................................... 192<br />

5.3.4. Protokoll von Johann Maximilian Kick über die Aufführung von Josph Haydns Schöpfung, 1802<br />

.................................................................................................................................................................... 194<br />

5.3.5. <strong>Die</strong> Besetzung von Haydns Schöpfung in Biberach / Riß, 1802 .................................................. 198<br />

5.3.6. Bredelin in Hansjakobs Erzählung „Madonna“ ......................................................................... 202<br />

5.4. DIE WERKE GEORG ANTON BREDELINS .............................................................................................. 204<br />

5.4.1. Alphabetische Übersicht .............................................................................................................. 204<br />

5.4.2. <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill ................................................................................................... 204<br />

5.4.3. Das Ziel und End des Menschen .................................................................................................. 223<br />

5.4.4. Minervens letztes Fest ................................................................................................................. 233<br />

5.4.5. <strong>Die</strong>s Iræ mit lateinischem und deutschem Texte .......................................................................... 238<br />

6. ÜBERSICHTEN ...................................................................................................................................... 239<br />

6.1. NARRENVÄTER DER FREIEN NARRENZUNFT WOLFACH ...................................................................... 239<br />

6.2. WOHLAUFSÄNGER ............................................................................................................................... 239<br />

6.3. NASEZUGANFÜHRER ............................................................................................................................ 240<br />

6.4. TRÄGER DES BLECHERNEN WOHLAUFORDENS AM SILBERNEN KETTLEIN ........................................... 240<br />

6.5. DIRIGENTEN DER STADT- UND NARRENKAPELLE ................................................................................ 240<br />

6.6. WOLFACHER FASNETSPIELE ................................................................................................................ 241<br />

6.7. BESUCHE BEI NACHBARZÜNFTEN AM FASNETSUNNTIG ....................................................................... 243<br />

6.8. WOLFACHER GASTWIRTSCHAFTEN UND CAFÉS................................................................................... 244<br />

6.9. DIE IN DER HERRSCHAFT WOLFACH REGIERENDEN GRAFEN UND FÜRSTEN VON FÜRSTENBERG ........ 245<br />

6.9.1. Regierungszeiten.......................................................................................................................... 245<br />

6.9.2. Genealogische Daten ................................................................................................................... 247<br />

7. VERZEICHNISSE .................................................................................................................................. 250<br />

7.1. ABKÜRZUNGEN UND ZEICHEN ............................................................................................................. 250<br />

7.2. QUELLENVERZEICHNIS ........................................................................................................................ 251<br />

7.2.1. Quellen A ..................................................................................................................................... 251<br />

7.2.2. Quellen B ..................................................................................................................................... 252<br />

7.2.3. Quellen C ..................................................................................................................................... 255<br />

7.2.4. Quellen D .................................................................................................................................... 256<br />

7.2.5. Quellen E ..................................................................................................................................... 258<br />

7.2.6. Quellen F ..................................................................................................................................... 258<br />

7.2.7. Quellen G .................................................................................................................................... 260<br />

7.2.8. Quellen H .................................................................................................................................... 261<br />

7.2.9. Quellen I / J ................................................................................................................................. 263<br />

7.2.10. Quellen K ................................................................................................................................... 263<br />

7.2.11. Quellen L ................................................................................................................................... 266<br />

7.2.12. Quellen M .................................................................................................................................. 267<br />

7.2.13. Quellen N ................................................................................................................................... 269<br />

7.2.14. Quellen O .................................................................................................................................. 269<br />

7.2.15. Quellen P / Q ............................................................................................................................. 269<br />

7.2.16. Quellen R ................................................................................................................................... 270<br />

7.2.17. Quellen S ................................................................................................................................... 271<br />

7.2.18. Quellen T ................................................................................................................................... 275<br />

7.2.19. Quellen U / V ............................................................................................................................. 275


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 9<br />

7.2.20. Quellen W .................................................................................................................................. 276<br />

7.2.21. Quellen X / Y / Z ........................................................................................................................ 277<br />

7.3. VERZEICHNIS DER NOTENBEISPIELE .................................................................................................... 278<br />

7.4. TABELLENVERZEICHNIS ...................................................................................................................... 278<br />

7.5. ABBILDUNGSVERZEICHNIS .................................................................................................................. 279


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 10<br />

1. Organisation und Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong><br />

So gewiß das Maskenwesen den Begriff Fasnacht am<br />

augenfälligsten repräsentiert, ist es doch nicht schlechthin<br />

mit ihm gleichzusetzen, es ist bei aller Bedeutsamkeit ein<br />

Element unter (nur sehr viel weniger bekannten) andern.<br />

Hans Moser 2<br />

1.1. Ursprung und Bedeutung der <strong>Fasnet</strong><br />

Bis ins 18. Jahrhundert hinein diente der Begriff Fastnacht in offiziellen Schriftstücken und Urkunden meist als<br />

eine Terminbezeichnung für wirtschaftliche Vorgänge, die keinerlei Rückschlüsse auf die damals ausgeübten<br />

<strong>Fasnet</strong>bräuche erlaubt. Fastnacht, gebildet aus ahd. fasta ‚Fastenzeit’ und ahd. naht ‚Nacht, Vorabend’ 3 , bezeichnete<br />

zunächst den letzten Tag vor der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern. Für die Schreibung Fasnacht und<br />

deren Ableitung aus mhd. vaselen ‚fruchten, gedeihen’ oder faseln ‚wirr daherreden’ sind keine Belege überliefert<br />

4 , auch nicht für die Zurückführung von Brauchelementen der Fastnacht auf heidnische, germanische oder<br />

keltische Fruchtbarkeitskulte oder die römischen Saturnalien 5 . Der vor allem im Rheinland und Norddeutschland<br />

verbreitete Begriff Karneval ist eine seit Ende des 17. Jahrhunderts gebräuchliche Entlehnung aus dem ital.<br />

carnevale und dürfte aus dem mlat. carnelevare, carnelevarium ‚Vorfastenzeit’, gebildet aus lat. caro, carnis<br />

(Genitiv) ‚Fleisch’ und levare ‚wegnehmen’, entstanden sein 6 , also ursprünglich ebenfalls den letzten Tag vor<br />

der Fastenzeit bezeichnet haben.<br />

<strong>Die</strong> Fastenzeit entwickelte sich zwischen dem 4. und 7. Jahrhundert und begann damals am <strong>Die</strong>nstag nach<br />

dem Sonntag Invocabit 7 ; es gab jedoch in verschiedenen Gegenden Unterschiede in der Zählweise der Fasttage.<br />

Zu Beginn des 8. Jahrhunderts wurden die zu den 40 Fasttagen zählenden Sonntage als Gedächtnistage der Auferstehung<br />

aus der Fastenzeit ausgespart; sie beginnt deshalb seither bereits am Mittwoch vor Invocabit, der 1091<br />

nach dem Konzil von Benevent zum Aschermittwoch wurde. Mit dieser Neuregelung verschob sich auch die<br />

Fastnacht; der ursprüngliche Termin, der Montag nach Invocabit, hieß nun Alte Fastnacht 8 . In manchen<br />

Gegenden, die am alten Fastenzeitbeginn festhielten, wird deshalb bis heute die <strong>Fasnet</strong> erst am Montag nach<br />

Aschermittwoch gefeiert. 1353 findet sich eine zu Wolffach ausgestellte Urkunde mit der Datumsangabe<br />

dornstag nach der pfaffen vasnacht 9 . Der Begriff Pfaffen-Vasnacht bezeichnet den Sonntag Quinquagesima,<br />

denn für die Geistlichen begann im Gegensatz zu den Laien die Fastenzeit bereits am Montag vor Aschermittwoch.<br />

Aus der terminlichen Einbindung der Fastnacht in den christlichen Kirchenkalender geht hervor, dass sie ursprünglich<br />

ein Schwellenfest vor Beginn der Fastenzeit war, an dem letztmals kräftig gegessen und getrunken<br />

werden durfte 10 . <strong>Die</strong>s hatte auch wirtschaftliche Gründe, um die Vorräte jener Speisen aufzubrauchen, die in der<br />

Fastenzeit verboten waren und den Metzgern, die von der Fastenzeit besonders hart betroffen waren, eine letzte<br />

2 Moser, H.: <strong>Die</strong> Geschichte der Fasnacht, 18. – Abkürzungen sowie Quellen- und <strong>Netz</strong>seitenverzeichnis finden sich im Abschnitt 7, die<br />

Adressen der Gastwirtschaften im Abschnitt 6.8. <strong>Die</strong> im Text genannten Lebensdaten stammen von Grabsteinen auf dem <strong>Wolfacher</strong><br />

Friedhof, aus Zeitungsnachrufen, Familienanzeigen und Häufle: Ortsippenbuch Wolfach. <strong>Die</strong> Daten der Grafen und Fürsten von<br />

Fürstenberg stammen aus: Europäische Stammtafeln V, Tafeln 10-19. – Zur Lage der <strong>Wolfacher</strong> Straßen und Flurnamen und der umliegenden<br />

Täler und Gemeinden siehe: Wolfach. Oberwolfach. Ortsplan; Plan der Stadt Wolfach 1881; Disch: Fürstenbergische Herrschaft<br />

Kinzigtal; Disch: Chronik Wolfach, 473. – <strong>Die</strong> Gestaltung und Formatierung des Buches orientiert sich an Derks: Hinweise für<br />

Textgestaltung.<br />

3 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 327, s. v. Fastnacht.<br />

4 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 327, s. v. Fastnacht. – Ein Indiz gegen die Schreibung Fasnacht ist, dass in den literarischen<br />

Werken, die in der Digitalen Bibliothek Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky zusammengestellt sind, 731-mal das Wort Fastnacht<br />

oder Zusammensetzungen daraus, aber nur 60-mal das Wort Fasnacht benutzt wird. (Erst seit den 1930er-Jahren scheint sich unter<br />

dem Einfluss der nationalsozialistisch geprägten Volkskunde der Begriff Fasnacht weiter verbreitet zu haben.) Allerdings geben die<br />

Texte in der Digitalen Bibliothek nicht immer die von den Autoren ursprünglich benutzte Schreibung wieder, denn sie basieren zumeist<br />

auf Neuausgaben der Werke, in denen die Texte stillschweigend der seit 1901 durch die jeweils aktuelle Auflage des Duden fest gelegten<br />

Rechtschreibung angepasst wurden. <strong>Die</strong> Schreibweise Faßnacht erscheint 119-mal, und zwar überwiegend in älteren Texten aus<br />

dem 15. bis 17. Jahrhundert, die nicht an die aktuelle Rechtschreibung angepasst wurden.<br />

5 Meyerscout 2003, s. v. Fastnacht.<br />

6 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 625, s. v. Karneval. – Eine Ableitung aus der nicht schriftlich überlieferten Form mlat. °carne<br />

vale ‚Fleisch, lebe wohl’ gehört zur scherzhaften Volksetymologie. <strong>Die</strong> Deutung des Karnevals als lat. °carrus navalis ‚Schiffskarren’<br />

ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, denn diese Wendung existiert nicht im Lateinischen. Etymologisches Wörterbuch des<br />

Deutschen, 626, s. v. Karneval.<br />

7 Zur Entwicklung der Fastenzeit im christlichen Jahreskalender siehe Schrader: Aschermittwochsbrauchtum in Wolfach, 627.<br />

8 Belege vom 13. bis zum 15. Jahrhundert für den Begriff Alte Fastnacht sind verzeichnet in Schrader: Aschermittwochsbrauchtum in<br />

Wolfach, 628. – Das bedeutet, dass der heute noch sprichwörtlich verwendete Begriff nicht, wie manchmal behauptet wird, auf die<br />

gregorianische Kalenderreform von 1582 zurückgeht.<br />

9 Schrader: Aschermittwochsbrauchtum in Wolfach, 628. – Zur vielfältigen Verwendung des Begriffs Fastnacht als Datumsangabe siehe<br />

Grotefend: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters, s. v. Fastnacht. Dort gibt es auch eine <strong>Netz</strong>seite zur Berechnung von beweglichen<br />

Feiertagen.<br />

10 Exemplarisch dargestellt wird das Verhältnis der Fastnacht zur Fastenzeit in dem vermutlich von Hans Rosenplüt stammenden, um 1445<br />

entstandenen Nürnberger Fastnachtspiel Der Rechtsstreit zwischen Fastnacht und Fastenzeit. Fastnachtspiele des 15. und 16. Jahrhunderts,<br />

3-7, 326f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 11<br />

Verdienstmöglichkeit zu bieten. Auch andere leibliche Genüsse, die in der Fastenzeit nicht erlaubt waren,<br />

konnten in der <strong>Fasnet</strong>zeit nochmals ausgelebt werden.<br />

In der Fastenzeit war nicht nur der Verzehr von Fleisch, sondern auch der von Hühnereiern untersagt. Um die<br />

Zahl der in der Fastenzeit gelegten und nicht nutzbaren Eier zu reduzieren, wurden deshalb viele Hennen zur<br />

<strong>Fasnet</strong>zeit geschlachtet und dienten als Gefälle 11 der Untertanen an ihre jeweilige Herrschaft. <strong>Die</strong> Vögte und<br />

Schultheißen in der fürstenbergischen Herrschaft Wolfach waren zu Beginn des 16. Jahrhunderts dazu verpflichtet,<br />

alljährlich 329 vaßnachthennen dem keller ‚Keller-, Küchenmeister’ 12 in der herrschaftlichen kuchin zu<br />

Wolfach zu überliefern 13 ; nach der Fastenzeit hatten sie zudem 630 Osterayer aus dem großen Vorrat an nicht<br />

verbrauchten Eiern abzugeben 14 . Um diesen Verpflichtungen nachkommen zu können, erhoben die Städte und<br />

Gemeinden für jedes Grundstück Abgaben in einer genau festgelegten Höhe: So musste der <strong>Wolfacher</strong> Bürger<br />

Clausen Lemp 1442 für sein Hofgut im Übelbach jährlich 5 fl zu St. Martinstag, zwei Schultern 15 auf Weihnachten,<br />

eine Fastnachthenne und zwei Erntehühner 16 sowie Drittel 17 und Fälle 18 entrichten 19 .<br />

<strong>Die</strong> Geistlichkeit erhielt von den ihnen als Pfründe überlassenen Grundstücken, die entweder Schenkungen,<br />

Lehen oder erkaufte Güter waren, ebenfalls jährlich Fastnachthennen als Gefäll: 1466 brachte ein von der Grafschaft<br />

Fürstenberg zu Lehen herrührendes Gütlein im Langenbach, das der Kirchherr, Schultheiß, Rat und<br />

Kirchenpfleger gekauft hatte, jährlich neben anderen Abgaben eine Vasnachthenne und 30 Eier ein 20 .<br />

Der 11.11. gilt heute vielerorts als Beginn der <strong>Fasnet</strong>zeit, doch ist dies eine neuzeitliche Entwicklung, die auf<br />

die 1823 durch die Kölner Bürgerschaft begründete neue Tradition des rheinischen Karnevals zurückgeht 21 . Zu<br />

jener Zeit wurde dort der Termin für die vorbereitende erste Sitzung auf den 11.11. jeden Jahres gelegt. Den<br />

ersten Elferrat gab es 1829 in Aachen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Karneval<br />

mit seinen neuen Bräuchen und Begriffen auch im schwäbisch-alemannischen Raum und verdrängte die angestammten<br />

Traditionen. Um den 11.11. als Beginn der <strong>Fasnet</strong> zu rechtfertigen, vertrat der Hausacher Narrenrat<br />

José F. A. Oliver in mehreren Vorträgen 22 die von Jürgen Leibbrand stammende These, vom Martinstag aus<br />

werde traditionellerweise der Fastnachtstermin berechnet, vom <strong>Die</strong>nstag der auf den 11.11. folgenden Woche<br />

bis zur Fastnacht seien es 13 Wochen 23 . Nach dieser Regel müsste der Fastnachtdienstag immer in der Zeit<br />

zwischen dem 13. und 19. Februar liegen, doch das ist falsch, denn da der Aschermittwoch der Beginn der vorösterlichen<br />

Fastenzeit ist, hängt sein Datum allein von Ostern ab und steht mit dem 11.11. und damit auch mit<br />

der als unheilvoll geltenden Zahl 13 in keiner Verbindung. Ostern wird am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond<br />

gefeiert, der Termin schwankt zwischen dem 22. März und 25. April; der Termin des Fastnachtdienstags<br />

liegt 47 Tage zuvor, also zwischen dem 3. Februar und 9. März 24 . Zur Berechnung des Oster- und<br />

damit auch des <strong>Fasnet</strong>termins in einem beliebigen Jahr veröffentlichte der deutsche Mathematiker Carl Friedrich<br />

Gauß (1777-1855) im August 1800 in der Zeitschrift Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und<br />

Himmels-Kunde einen einfachen Algorithmus 25 :<br />

Im Julianischen Kalender gilt: M = 15 und = 6<br />

Es entstehe aus der Division mit der Rest<br />

der Jahreszahl 19 a<br />

der Jahreszahl 4 b<br />

der Jahreszahl 7 c<br />

der Zahl 19 a + M<br />

30 d<br />

der Zahl 2 b + 4c<br />

+ 6d<br />

+ N 7 e<br />

N . Im Gregorianischen Kalender gilt 26 :<br />

11 Gefälle ‚an Grund und Boden gebundene Abgabe’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 1455, s. v. Gefälle.<br />

12 Keller < mhd. këllære < lat. cellārius ‚Keller-, Küchenmeister’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 648, s. v. Kellner.<br />

13<br />

Disch: Chronik Wolfach, 15.<br />

14<br />

Der durch die Fastenzeit anfallende große Überschuss an Eiern ist auch der Grund dafür, warum sich viele Osterbräuche um Eier drehen.<br />

In Wolfach gab es früher zu Ostern einen Wettstreit lediger Burschen um das Auflesen und Werfen von Eiern. Disch: Chronik Wolfach,<br />

437f.<br />

15<br />

Mhd. schulter ‚(geräucherter) Vorderschinken vom Schwein’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 188, s. v. schulter.<br />

16<br />

Erntehühner waren vermutlich im Erntemond ‚August’ abzuliefern.<br />

17<br />

Drittel ‚Vermögensabgabe an den Lehensherrn bei Verkauf oder erblichem Übergang von Lehensgütern’. Disch: Chronik Wolfach, 11f.<br />

18<br />

Das Wort Fall geht zurück auf mhd. val ‚was dem Herrn eines Gutes entrichtet wird, wenn dasselbe durch Tod (val) oder sonst wie den<br />

Besitzer wechselt’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 263, s. v. val.<br />

19<br />

Disch: Chronik Wolfach, 476.<br />

20<br />

Disch: Chronik Wolfach, 259.<br />

21<br />

Meyerscout 2003, s. v. Fastnacht. – Zwar galt die Zahl 11 im Mittelalter als ein Symbol für Vergänglichkeit und Sünde, doch scheint es<br />

mehr als fraglich zu sein, ob dies den rheinischen Narren zu Beginn des 19. Jahrhunderts bewusst gewesen ist. Jedenfalls gibt der Volkskundler<br />

Prof. Werner Mezger für seine Theorie, der 11.11. als <strong>Fasnet</strong>starttermin lasse sich direkt bis ins Mittelalter zurückverfolgen,<br />

keinerlei Quellen an. Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 76f.<br />

22<br />

Berichte im Schwabo vom 21.9.2004 und 8.1.2005.<br />

23 Leibbrand: Vom Sinn der Fastnacht, 50.<br />

24 Zum Osterdatum siehe Grotefend: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, s. v. Ostersonntag.<br />

25 Gauß: Berechnung des Osterfestes; Gauß: Berichtigung zu dem Aufsatze: Berechnung des Osterfestes.<br />

26 Bei der Berechnung der Werte für M und N im Gregorianischen Kalender unterlief Gauß ein Fehler, den er 1816 in der Zeitschrift für<br />

Astronomie und verwandte Wissenschaften verbesserte.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 12<br />

Es entstehe aus der Division mit der Quotient<br />

der Jahreszahl 100 k<br />

der Zahl 13+ 8k<br />

25 p<br />

der Zahl k 4 q<br />

Es entstehe aus der Division mit der Rest<br />

der Zahl 15 + k − p − q 30 M<br />

der Zahl 4 + k − q<br />

7 N<br />

Ostern ist am 22 + d + e.<br />

März oder, falls 22 + d + e ≥ 32 , am d + e − 9.<br />

April. Ergibt sich bei der Berechnung<br />

der 26. April, dann fällt Ostern auf den 19. April. Ist d = 28 , e = 6 und ergibt die Division von 11 M + 11 durch<br />

30 einen Rest, der kleiner als 19 ist, so fällt Ostern nicht auf den 25., sondern den 18. April.<br />

Da die 11 in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong> vor dem 19. Jahrhundert keine Rolle spielte, ist es<br />

wissenschaftlich unhaltbar, die <strong>Fasnet</strong> allein wegen der heute üblichen Verwendung der närrischen Zahl 11, die<br />

in der katholischen Kirche des Mittelalters als Symbol der Sünde und der Normüberschreitung angesehen wurde,<br />

weil sie die Zahl der 10 Gebote um eins überschreitet und nicht die Zahl der 12 Apostel erreicht 27 , als ein Fest<br />

der Sünde zu interpretieren.<br />

Auch in Wolfach hatte der 11.11. früher keine besondere närrische Bedeutung. Erst seit 1932 traf sich der<br />

Große Narrenrat zur Martinisitzung zur Abrechnung der vergangenen und Planung der kommenden <strong>Fasnet</strong>; seit<br />

1954 sind alle Narren dazu eingeladen, doch wird diese Versammlung in keinem Narrenfahrplan angekündigt 28 .<br />

1998 kam es zwischen Bürgermeister Gottfried Moser und Narrenvater Heiner Oberle zu einem närrischen Disput<br />

über die Bedeutung des 11.11. Moser legte in jenem Jahr eine Gemeinderatssitzung auf diesen Termin mit<br />

der Begründung, dass der 11.11. eine rheinische Erfindung sei und mit der <strong>Fasnet</strong> nichts zu tun habe. Damit stieß<br />

er auf den erbitterten Widerstand Oberles, der auf die 66-jährige Tradition des 11.11. als Termin der Martinisitzung<br />

hinwies. In der Gemeinderatssitzung am 20. Januar 1999 nahm Oberle mit heiteren Versen schreckliche<br />

Rache für die Sitzung am 11.11. und zitierte dabei auch den Ministerpräsidenten Erwin Teufel, der zu diesem<br />

Thema gesagt hatte, nur ein politisches Rindvieh könne an einem solchen Tage eine Gemeinderats- oder Kreistagssitzung<br />

einberufen 29 . Oberle setzte Moser schließlich eine mit <strong>Wolfacher</strong> Motiven kunstvoll gestaltete<br />

rheinische Jeckenkappe auf mit der Verpflichtung, diese nun immer an <strong>Fasnet</strong> zu tragen.<br />

1.2. <strong>Die</strong> Freie Narrenzunft Wolfach<br />

<strong>Die</strong> Freie Narrenzunft Wolfach hat mit zwölf Umzügen innerhalb von acht Tagen das vielfältigste <strong>Fasnet</strong>brauchtum<br />

im schwäbisch-alemannischen Raum aufzuweisen 30 . Trotz ihres umfangreichen Programms ist sie kein<br />

eingetragener Verein. Jeder kann sich hier an der <strong>Fasnet</strong> im Rahmen des überlieferten Brauchtums nach Belieben<br />

beteiligen, ohne zuvor einem Verein beitreten oder einen Mitgliedsbeitrag zahlen zu müssen. Organisiert wird<br />

die <strong>Fasnet</strong> vom Kleinen Narrenrat, der aus dem Narrenvater 31 und den Narrenräten besteht, die für jeweils ein<br />

bestimmtes Teilgebiet zuständig sind: Narrenvaterstellvertreter, Sekretarius (Schriftführer), 1. und 2. Säckelmeister<br />

(Kassier), 1. und 2. Kämmerer (Betreuer der Narrenkammer 32 ), Technikus (technischer Berater für<br />

Bauten und Utensilien), Organisator (Beschaffung von Materialien und Utensilien), Wirtschaftsorganisator (Bewirtung),<br />

Festspielleiter und Brauchtumsbeauftragter. Einzelne Narrenräte übernehmen je nach Interesse<br />

manchmal auch Funktionen, die über ihre eigentliche Aufgabe hinausgehen. Der Narrenvater und Kleine Narrenrat<br />

wurden ursprünglich immer in der ersten Narrenversammlung nach Dreikönig gewählt, seit 1954 in der<br />

Martinisitzung am 11.11., seit 1974 in der Herbstsitzung des Großen Narrenrates im Oktober. 1991, 2002 und<br />

2004 fand die Wahl des neuen Narrenvaters jeweils in einer Sondersitzung des Großen Narrenrates im Juni statt;<br />

die alljährliche Wiederwahl erfolgt weiterhin in der Herbstsitzung. Der Große Narrenrat besteht aus den ehemaligen<br />

Narrenräten, verdienten, mit dem Wohlauforden ausgezeichneten Narren sowie den Obleuten der verschiedenen<br />

Gruppierungen innerhalb der Narrenzunft; er trifft sich jedes Jahr im Mai und Oktober, um die Arbeit<br />

27<br />

Leibbrand: Vom Sinn der Fastnacht, 50. – Zu literarischen Ehren kam die Bedeutung der Zahl 11 in Friedrich Schillers Drama <strong>Die</strong><br />

Piccolomini, II. Aufzug, 1. Auftritt: Eilf! Eine böse Zahl. [...] Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet / <strong>Die</strong> zehn Gebote. Schiller: <strong>Die</strong> Piccolomini,<br />

477.470.<br />

28<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 40.<br />

29<br />

Bericht im Schwabo vom 22.1.1999.<br />

30<br />

In der volkskundlichen Literatur fand die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> aufgrund ihrer Vielfältigkeit einige Beachtung, beispielsweise in Bärtsch:<br />

Holzmasken, 247-49; Busse: Alemannische Volksfastnacht [1937], 75-82; Künzig: Das Frühjahrsbrauchtum der Ortenau, 449-451;<br />

Künzig: <strong>Die</strong> alemannisch-schwäbische <strong>Fasnet</strong> (1950), 84-90; Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 90-93; Schwäbischalemannische<br />

<strong>Fasnet</strong> in alten Bildern [2003], 122; Wintermantel: Hoorig, hoorig isch die Katz, 58-71. – <strong>Die</strong> Narrengilde Bordeaux veranstaltete<br />

im Februar 1971 im Verkehrsamt Bordeaux eine Ausstellung unter dem Titel Carneval d’Europe und bat die Freie Narrenzunft<br />

Wolfach um Umstützung. <strong>Die</strong>se sandte Plakate, Fotokopien von Texten und eine Auswahl von Farbfotos aus dem Leben der Zunft.<br />

ANK 22 (1971-01-23), Nr. 4, 6.<br />

31<br />

Ein Verzeichnis der <strong>Wolfacher</strong> Narrenväter findet sich im Abschnitt 6.1.<br />

32<br />

Zur Narrenkammer siehe Abschnitt 3.2 Narrenkammer.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 13<br />

des Kleinen Narrenrates zu bestätigen und zu kontrollieren 33 . <strong>Die</strong> Beschlüsse werden in der Vorfasnetzeit in den<br />

Narrenversammlungen der Öffentlichkeit präsentiert.<br />

Erstmals erwähnt wird die Narrenzunft im Jahre 1816. Damals musste der Polizeidiener auf Befehl des<br />

Bürgermeisters ausschellen und verkündigen, dass die Narrenzunft niemand solle etwas leids tun 34 . Um die Mitte<br />

des 19. Jahrhunderts organisierten alljährlich mehrere Narrenväter, die das Närrische Comité bildeten, die<br />

<strong>Fasnet</strong> 35 . Der Begriff Narrenvater wird erst seit etwa 1890 im heutigen Sinne für den Leiter der Narrenzunft<br />

verwendet.<br />

Durch Inserate im Kinzigtäler, der von 1865 bis 1939 erschienenen <strong>Wolfacher</strong> Heimatzeitung 36 , sowie per<br />

Umlaufliste wurden ab 1869 die <strong>Wolfacher</strong> zu bis zu fünf Narrenversammlungen geladen, um die Beschlüsse<br />

des Comités abzusegnen. 1886 treten die Freunde der Fastnacht als Organisatoren auf; fünf Jahre später beschlossen<br />

in der Gastwirtschaft „Zum Hirsch“ elf Narren, einen Verein zu gründen, der zunächst unter<br />

wechselnden Bezeichnungen wie Narrenverein, Karnevalsgesellschaft und Narrhalla Wolfach auftrat, bis sich<br />

1905 der Name Freie Narrenvereinigung Wolfach durchsetzte.<br />

In einem kalligrafisch sehr aufwendig gestalteten Narrenprotokollbuch hielt der jeweilige Narreschrieber<br />

zwischen 1928 und 1951 die Beschlüsse des Narrengremiums fest. Es beginnt mit einem Gedicht von Glasmaler<br />

Georg Straub (1882-1959) 37 :<br />

Narren-Weisheit !<br />

Was man närrisch heißt auf Erden<br />

Hat oft einen klugen Kern,<br />

Sintemal die Weisen gern<br />

Als verrückt gehalten werden<br />

Von den Tölpeln, Sauertöpfen<br />

Und von andern dummen Tröpfen.<br />

<strong>Die</strong>sen rät hiermit der Dichter<br />

Geht nach Nürnberg, laßt den Trichter<br />

Zwischen eure Hörner setzen<br />

Laßt euch dort mit Weisheit ätzen!<br />

– Aber – hohles Puplikum –<br />

Merkt euch eines – Dumm bleibt Dumm.<br />

Der Narrenschreiber<br />

Hansjörg Straub<br />

Im Hinblick auf den geplanten Beitritt zur Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte 38 (VSAN) gab<br />

es am 11.11.1932 bei der erstmals abgehaltenen Martinisitzung eine grundlegende Reform der Organisationsstruktur.<br />

<strong>Die</strong> Narren kehrten zur ursprünglichen Bezeichnung Freie Narrenzunft zurück, das Närrische Comité<br />

wurde zum Kleinen Narrenrat 39 mit Narrenvadder, Narreschriewer und Säckelmeischder, das Erweiterte<br />

Comité, das zu vorbereitenden Sitzungen geladen wurde, zum Großen Narrenrat. Mitglieder des Großen Narrenrates<br />

waren zunächst alle Ordensträger der Zunft, ab 1954 nur noch die Träger des Wohlaufordens 40 .<br />

Nach dem 2. Weltkrieg war die Narrenzunft wie alle übrigen Vereinigungen zunächst verboten. In der Bahnhofwirtschaft,<br />

in der früher immer die erste Narrenversammlung nach Dreikönig stattfand, kamen am 27. Januar<br />

1948 die Narren in großer Zahl zur fünf Tage zuvor vom Gouvernement Militaire du Pays de Bade, Délégation<br />

du Cercle Wolfach, das seinen Sitz in der heutigen Parkinson-Klinik am Straßburger Hof hatte, genehmigten<br />

Gründungsversammlung der Freien Narrenzunft zusammen 41 . Wegen seiner Vergangenheit als SS-Sturmführer 42<br />

33<br />

<strong>Die</strong> Narrenratssitzung im Mai gibt es seit 1982.<br />

34<br />

Disch: Chronik Wolfach, 445.<br />

35<br />

Zur Entwicklungsgeschichte der Narrenzunft siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 38-43.<br />

36<br />

Zum Kinzigtäler siehe Sandfuchs, W.: <strong>Die</strong> Geschichte des „Kinzigtäler“.<br />

37<br />

Straubs amtlicher Rufname lautete Georg; unter seinen Freunden war er als Straubeschorsch bekannt. Auf seinem Grabstein steht Hansjörg<br />

Straub, denn so hieß er im Familienkreis; unter diesem Namen veröffentlichte er auch zwei Büchlein mit Mundart-Gedichten und<br />

Zeichnungen, siehe Straub: Mi’ Handschrift; Straub: Mi’ Heimet. – Das Malerhäusle, Straubs Wohnhaus mit seinem Atelier, ehemals<br />

Vorstadtstraße 56, fiel 1990 der Vorstadtsanierung zum Opfer. Der steinerne Türbalken mit Straubs Wappen, den Initialen G.S. und der<br />

Inschrift Malerhäusle findet sich heute in der Grünanlage beim Vorstadtbrunnenplatz auf dem früheren Grundstück der Buchhandlung<br />

Moser, ehemals Vorstadtstraße 74.<br />

38<br />

<strong>Die</strong> 1924 gegründete VSAN verbindet 69 Mitgliedszünfte in Baden-Württemberg, Bayern und der Nordostschweiz. Sie hat sich zum Ziel<br />

gesetzt, die im schwäbisch-alemannischen Sprachraum vorhandenen traditionellen <strong>Fasnet</strong>bräuche zu erhalten, zu pflegen und fortzuentwickeln<br />

sowie deren Erforschung zu fördern.<br />

39<br />

Der Begriff Kleiner Narrenrat wird bereits 1897 erwähnt, konnte sich aber zunächst nicht durchsetzen. Schrempp, O.: Eine Reise in die<br />

närrische Vergangenheit, 39f.<br />

40<br />

Zu den Narrenorden siehe Abschnitt 3.5 Narrenorden, Narrenteller und Zunftwappen.<br />

41<br />

Zur Neugründung der Narrenzunft 1948 siehe Schmider, W.: Narrogeist wurde vor 50 Jahren wiedergeboren; Schmider, W.: Auf der<br />

„Kranzbühne“ flossen Tränen der Rührung; Schmider, W.: Neugeburt der <strong>Fasnet</strong>.<br />

42<br />

Einwohnerbuch für den Landkreis Wolfach 1939, 7.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 14<br />

im 3. Reich durfte der 1929 zum Narrenvater gewählte Unternehmer Erwin Haas (1896-1974) sein Amt zunächst<br />

nicht wieder ausüben 43 . <strong>Die</strong> Versammlung wählte darum Georg Straub zum Narrenvater, Josef Krausbeck (1909-<br />

2000) 44 zum Narreschrieber sowie Textilkaufmann Hermann Armbruster (1893-1977) zum Säckelmeister, allesamt<br />

verdiente Narren, die sich in der Nazizeit nichts hatten zuschulden kommen lassen. <strong>Die</strong> drei Narrenräte<br />

beantragten in dreifacher Ausfertigung in deutscher und französischer Sprache über Bürgermeister- und Landratsamt<br />

beim Gouvernement die Neugründung der Zunft. Am 24. Februar teilte das Landratsamt den Antragstellern<br />

mit 45 :<br />

Der Herr Kreiskommandant hat mit Schreiben vom 20. Februar unter der Nummer 43 die endgültige Genehmigung<br />

für die Freie Narrenzunft Wolfach erteilt.<br />

Bei der Antragstellung war es nicht ganz einfach gewesen, den Franzosen klar zu machen, dass die Freie Narrenzunft<br />

keine Mitglieder hat, denn die <strong>Fasnet</strong> war und ist im Verständnis der <strong>Wolfacher</strong> zu keiner Zeit eine Angelegenheit<br />

eines Vereines gewesen, sondern stets von allen Kreisen der Einwohnerschaft getragen worden.<br />

Nachdem die <strong>Fasnet</strong> in den ersten drei Nachkriegsjahren als Folge der politischen und wirtschaftlichen Situation<br />

nur in bescheidenem Rahmen gefeiert werden konnte, fand sie 1949 erstmals wieder im gewohnten Umfang<br />

statt 46 .<br />

Ursprünglich bestand der Kleine Narrenrat nur aus Narrenvater, Säckelmeister und Narrenschreiber; um die<br />

Organisation der sich in Zeiten des Wirtschaftswunders ständig vergrößernden <strong>Fasnet</strong> zu erleichtern, wurde er<br />

nach und nach erweitert. Den Sekretarius gibt es seit 1950 (zunächst nur für die Korrespondenz zuständig, übernahm<br />

er 1959 die Aufgaben des Narrenschreibers), den Narrenvaterstellvertreter seit 1958, den 2. Säckelmeister<br />

seit 1974, den Kämmerer seit 1959, den 2. Kämmerer seit 1984, den Organisator seit 1962, den Technikus von<br />

1971 bis 1980 sowie seit 2004, den Wirtschaftsorganisator und Festspielleiter 47 seit 1983, den<br />

Brauchtumsbeauftragten seit 2004 48 . Dem Rat gehörte außerdem von 1969 bis 1979 der Ratgeber, von 1974 bis<br />

1979 der Verbindungsmann zum Jungnarrenrat, von 1974 bis 1982 der Verbindungsmann zum Großen Narrenrat<br />

und von 1958 bis 1968 der Narrenkapellmeister an.<br />

Da der Große Narrenrat faktisch zunächst keine offiziellen Aufgaben hatte, wurde bei seiner Herbstsitzung<br />

1973 beschlossen, ihn in ein aktives Gremium umzugestalten und von allen Gruppierungen innerhalb der<br />

Narrenzunft ein bis zwei Vertreter aufzunehmen.<br />

Damit Spenden an die Narrenzunft nach gesetzlichen Änderungen im Steuerrecht steuerlich absetzbar<br />

bleiben, erarbeitete der Kleine Narrenrat zusammen mit Finanzamt und Amtsgericht 1987 erstmals eine schriftliche<br />

Satzung für die Zunft, um von den Behörden als gemeinnützig und damit steuerfrei anerkannt zu werden;<br />

sie ist aber weiterhin als einzige Narrenzunft in der VSAN kein eingetragener Verein. In einer Narrenversammlung<br />

im Januar 1988 genehmigte das närrische Volk nach einigen Diskussionen um das Selbstverständnis<br />

der Zunft, die kein Verein ist und sein will, und zahlreichen Änderungen des Textes bei vier Gegenstimmen und<br />

vier Enthaltungen die Satzung 49 . Um die Finanzierung der <strong>Fasnet</strong> auf eine solidere Grundlage zu stellen, die<br />

durch eine im Voraus nicht genau bestimmbare Spendensumme auf Dauer nicht zu gewährleisten ist, und die<br />

Organisation und Beschaffung von Materialien und Stoffen zu vereinfachen, gründete sich 1988 der Verein zur<br />

Förderung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> durch Unterstützung der Freien Narrenzunft Wolfach e.V., dessen Name seit<br />

der Jahresversammlung im Oktober 2004 Verein zur Förderung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> e.V. lautet.<br />

Aus zivil- und steuerrechtlichen Gründen gab der Kleine Narrenrat im Oktober 2003 die offizielle Trägerschaft<br />

der <strong>Fasnet</strong> an den neu gegründeten Verein <strong>Wolfacher</strong> Narren e.V. ab, der nun gegenüber den Behörden als<br />

Organisator auftritt und dadurch auch die Haftung bei Schadensfällen übernimmt, die bislang bei den einzelnen<br />

Narrenräten persönlich lag 50 . An der praktischen Organisationsstruktur der Narrenzunft, die weiterhin frei vom<br />

Mitgliederzwang ist, änderte sich dadurch nichts.<br />

Im Oktober 2004 vereinbarte die Narrenzunft mit den Hästrägerobleuten eine Regelung für auswärtige Auftritte<br />

(Ausritte) einzelner Hästrägergruppen der Zunft, die nur zwischen Dreikönig und Aschermittwoch unter<br />

Einhaltung genau festgelegter Bedingungen für das Erscheinungsbild und Verhalten erlaubt sind.<br />

43 Haas war Teilhaber der Schwarzwälder Edelbranntweinbrennerei Haas & Bulacher in der Bergstraße, die von 1785 bis 1984 bestand. Zu<br />

ihm und der Geschichte der Brennerei siehe: 175 Jahre Haas & Bulacher; Erwin Haas in die Ewigkeit abberufen.<br />

44 Zu Josef Krausbeck siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 61-63; Krafczyk: [Zum 80. Geburtstag von Josef<br />

Krausbeck]; Wolfach trauert um ein Original der Stadt; Katzmaier: Josef Krausbeck wird im Bild der Stadt fehlen. – Neben den <strong>Fasnet</strong>figuren<br />

in Wolfach entwarf Krausbeck 1994 auch den neuen Haslacher Hansel. Krafczyk: Der Haslacher Hansel. – Über die Stiftung der<br />

bronzenen Ehrentafel für Krausbeck an seinem Wohnhaus siehe Abschnitt 3.5 Narrenorden, Narrenteller und Zunftwappen.<br />

45 Zitiert nach Schmider, W.: Narrogeist wurde vor 50 Jahren wiedergeboren.<br />

46 Zur Entwicklung der <strong>Fasnet</strong>bräuche nach dem 2. Weltkrieg siehe Abschnitt 1.6 <strong>Die</strong> Entwicklung der <strong>Fasnet</strong> nach dem 2. Weltkrieg.<br />

47 Der Festspielleiter war von 1949 bis 1982 und 1994 bis 2000 kein offizieller Narrenrat.<br />

48 Das Amt des Brauchtumsbeauftragten wurde 2004 geschaffen, um den 2002 aus gesundheitlichen Gründen als Narrenvater zurückgetretenen<br />

Heiner Oberle wieder in den Narrenrat einzubinden. Bericht im Schwabo vom 15.10.2004.<br />

49 Bericht im Schwabo vom 20.1.1988.<br />

50 Bericht im Schwabo vom 16.10.2003.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 15<br />

1.3. Begriffe, Formen und Gestalten der <strong>Fasnet</strong><br />

1.3.1. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche<br />

Zur Organisation der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> finden in der Vorfasnetzeit seit 1869 in verschiedenen Gastwirtschaften<br />

Narrenversammlungen statt, bei denen auch immer die Einstimmung auf die närrischen Tage eine wichtige Rolle<br />

spielt. <strong>Die</strong> Narrenkapelle heizt die Stimmung mit ihrer Brotwurschtmusik an und die Narren haben einige lustige<br />

Spiele zu absolvieren. <strong>Die</strong> erste Narrenversammlung fand seit 1920 immer am 7. Januar in der Bahnhofwirtschaft<br />

statt, wurde später dann aber aus Platzgründen auch in andere Wirtschaften verlegt. Als im Laufe der Zeit<br />

die Besucherzahlen zurückgingen, verschob die Narrenzunft den Termin auf den ersten Samstag nach Dreikönig.<br />

Je nach Länge der <strong>Fasnet</strong> folgten bis zu vier weitere Versammlungen. Wegen des nachlassenden Interesses der<br />

Narren wird seit 2001 meist nur noch eine einzige Narrenversammlung vor der <strong>Fasnet</strong> in der zweiten oder dritten<br />

Januarwoche veranstaltet. Bei der Narrenversammlung 2006 im Hotel Krone führte erstmals nach langer Pause<br />

wieder zum Abschluss eine Polonaise hinaus auf die Straße, um den Stadtbrunnen herum und wieder zurück, wie<br />

dies früher üblich war. Eine besondere Stellung nimmt die 1932 eingeführte Martinisitzung am 11.11. ein, die<br />

nicht offiziell im Narrenfahrplan genannt wird, jedoch inzwischen ebenfalls zur festen Tradition gehört; heutzutage<br />

dient sie insbesondere zum Rückblick auf die vergangene und Ausblick auf die kommende <strong>Fasnet</strong>.<br />

Höhepunkt ist um 11:11 Uhr abends die Beschwörung des Narrogeistes 51 .<br />

Der Beginn der Straßenfasnet ist das <strong>Fasnet</strong>usrufe 52 am zeitweise so genannten mageren Mittwoch vor der<br />

<strong>Fasnet</strong> um 19 Uhr, bei dem das schier siebentägige Fest den Narren verkündet wird und erstmals die<br />

traditionellen <strong>Fasnet</strong>figuren – gelbblauer Schellenhansel, Nussschalenhansel, Mehlwurmhansel, roter und<br />

schwarzer Röslehansel, Streifenhansel, Spättlehansel und Rungunkeln – auf der Straße zu sehen sind. Vor dem<br />

Usrufe besucht die Narrenzunft seit 1986 das Johannes-Brenz-Altersheim 53 . <strong>Die</strong> drei Haupttage der <strong>Fasnet</strong><br />

heißen Schmutziger Dunnschtig 54 , Schellementig 55 und <strong>Fasnet</strong>zieschtig 56 , an denen jeweils um 10:30 Uhr eine<br />

Elfemess stattfindet; das ist ein Umzug, an dem neben den Larventrägern auch freie Gruppen teilnehmen, die<br />

lustige oder bemerkenswerte lokale, gelegentlich auch überregionale Ereignisse des vergangenen Jahres<br />

glossieren. Anschließend geht es zum närrischen Frühschoppen in die Elfemesswirtschaft.<br />

Seit 1993 treffen sich am Schmutzige Dunnschtig die Narrenkapelle, Narrenräte sowie die Hansel und<br />

Rungunkeln bereits um 9 Uhr beim Narrenbrunnen am Gassensteg, um zur Schülerbefreiung in die Grund- und<br />

Hauptschule am Herrlinsbach zu ziehen; anschließend geht es in einem kleinen Umzug über Gassensteg,<br />

Grabenstraße und den Maximilian-Franz-Weg 57 gemeinsam zurück in die Stadt zur ersten Elfemess.<br />

<strong>Die</strong> Kaffeetanten ziehen nachmittags am Donnerstag, Samstag und <strong>Die</strong>nstag um die Stadt als Einleitung zu<br />

einer gemütlichen Kaffeerunde in einem Café. Am Samstagabend veranstaltet die Narrenzunft den Zunftball in<br />

den Lokalen der Stadt. Der Schellementig beginnt morgens um 5:30 Uhr mit dem Wohlauf, bei dem der<br />

Wohlaufmaa ‚Wohlaufmann’ mit seinem Gesang die Narren weckt. Nachmittags stellen sich beim Festzug die<br />

Mitwirkenden des Festspiels vor, das auf einer Bühne auf dem Marktplatz vor dem Rathaus aufgeführt wird 58 .<br />

Am <strong>Fasnet</strong>zieschtig ist nachmittags der große Kinderumzug mit anschließender Ausgabe von Würsten und<br />

Brezeln an die Kinder auf der Festspielbühne vor dem Rathaus, danach der Kinderball in der Festhalle und<br />

abends der Nasezug. Als Abschluss findet am Aschermittwoch die Geldbeutelwäsche statt. Im Rahmen dieser<br />

Bräuche entwickelte sich im Laufe der Zeit eine große Zahl an <strong>Fasnet</strong>figuren, die das unverwechselbare Gesicht<br />

der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> prägen.<br />

1.3.2. <strong>Die</strong> Narren und ihr Häs<br />

Der Begriff Narro bezeichnet in Wolfach einen zur <strong>Fasnet</strong>zeit aktiven Menschen, unabhängig davon, in welcher<br />

Form er sich an der <strong>Fasnet</strong> beteiligt 59 . Wer sich besonders um das Brauchtum verdient gemacht hat, wird von der<br />

51 Zum Narrogeist siehe Abschnitt 2.3.1 Der Narrogeist.<br />

52 <strong>Fasnet</strong>usrufe ‚Ausrufen der <strong>Fasnet</strong>’; Einzelheiten dazu siehe Abschnitt 2.2.2 Landsknechte des Grafen Konrad von Wolva.<br />

53 Das Altersheim befand sich ursprünglich am Straßburger Hof in der Ostlandstraße 34 und zog 1994 in einen Neubau in der Luisenstraße<br />

auf dem Gelände des für diesen Zweck abgerissenen Gefängnisses. Schrader: Bauliche Entwicklungen in Wolfach, 666-668.<br />

54 Schmutziger Dunnschtig ‚Donnerstag vor der <strong>Fasnet</strong>’. Das alem. Wort schmutzig bedeutet ‚fettig’ und bezieht sich hier auf die an diesem<br />

Tage im Schmutz ‚Fett’ gebackenen <strong>Fasnet</strong>küchle, einer typischen Mehlspeise zur <strong>Fasnet</strong>zeit. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 185, s.<br />

v. Schmutz, schmutzig; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1226, s. v. Schmutz.<br />

55 Schellementig ‚Schellenmontag’. <strong>Die</strong>ser Begriff lässt sich in Wolfach erstmals 1862 auf dem Plakat zum Festspiel Wampum, die große<br />

Schlange nachweisen. Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/30. – <strong>Die</strong> Schelle ist ein wesentliches Ausstattungselement der<br />

<strong>Wolfacher</strong> Hansel, siehe Abschnitt 1.3.3 <strong>Die</strong> Schellen der Hansel.<br />

56 <strong>Fasnet</strong>zieschtig ‚<strong>Fasnet</strong>dienstag’: Alem. Zieschdig < mhd. zîstac ‚Tag des Gottes Ziu’. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. zîs-tac. – Das<br />

Alemannische ist eine der beiden Haupt-Literatursprachen des Mittelhochdeutschen, der deutschen Sprache des 12. bis 14. Jahrhunderts,<br />

deshalb finden sich bis heute noch viele Begriffe aus dem Mittelhochdeutschen im Alemannischen, aber nicht im Hochdeutschen.<br />

57 Der Maximilian-Franz-Weg führt von den Kinziganlagen über den ehemaligen Stadtwall vor dem Schloss zur Bahnhofstraße und wurde<br />

1995 benannt nach Graf Maximilian Franz von Fürstenberg (1634-1681), der von 1670 bis 1681 das <strong>Wolfacher</strong> Schloss in seiner<br />

heutigen Gestalt erbauen ließ. Bericht über die Umbenennung des Weges im Schwabo vom 11.8.1995.<br />

58 Verzeichnis der <strong>Fasnet</strong>spiele im Abschnitt 6.6.<br />

59 Narro ist die ahd. Form von Narr. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. narro. – <strong>Die</strong> Herkunft des Wortes ist unklar. <strong>Die</strong> von W. Mezger in<br />

Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 71, vermutete Verwandtschaft von Narro zu Narbe ist nicht belegbar.<br />

Eventuell besteht eine Verbindung zu spätlat. nario ‚Nasenrümpfer, Spötter’ oder fnhd. narren, nerren ‚knurren’, schnarren, schnurren


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 16<br />

Narrenzunft zum Ehren-Narro ernannt. Zugleich ist Narro der übliche Gruß unter den Narren, der stets mit<br />

einem Narro erwidert wird. Oft ertönt ein dreifach-kräftiges <strong>Wolfacher</strong> Narro bei den närrischen Veranstaltungen.<br />

Außer in Wolfach gibt es diese spezielle Form des närrischen Grußes auch in Donaueschingen und<br />

Stockach 60 . Zu literarischen Ehren kam der Narrengruß Narro in der 1859 erschienenen Erzählung Juniperus<br />

von Joseph Viktor von Scheffel (1826-1886), der als fürstlich-fürstenbergischer Hofbibliothekar in Donaueschingen<br />

die dortige <strong>Fasnet</strong> gut kannte 61 .<br />

Das Gewand der <strong>Fasnet</strong>figuren heißt in den meisten Orten im schwäbisch-alemannischen Sprachraum Häs.<br />

Ursprünglich bezog sich dieses Wort auf die Kleidung an sich und ging viele Zusammensetzungen ein, beispielsweise<br />

als Bett-, Schaff- oder Sunntigshäs 62 . Der Volkskundler Prof. Werner Mezger leitet Häs aus dem idg.<br />

Wortstamm *Jes ‚kleiden’ ab 63 , dies ist aber sprachgeschichtlich unmöglich. Der idg. Anlaut J vor Vokal, gesprochen<br />

wahrscheinlich wie ein englisches w, hat sich im Germanischen und damit auch im Englischen und<br />

Deutschen als w- erhalten: idg. *Jes > germ. *wazjan ‚kleiden, bekleiden, anziehen’, *wastjō ‚Kleid’ > ae.<br />

wėrian ‚kleiden, anziehen’, wæs-t-ling ‚Laken’, ahd. werien*, werren* ‚kleiden, anziehen’, westarwār<br />

‚Windeln’ > mhd. wester, westerwāt ,Taufkleid’ 64 , westerlege ‚Anlegen des Taufkleides, Taufe’ 65 . Im<br />

Lateinischen wird J vor Vokal zu v: idg. *Jestis ‚Kleidung’ 66 > lat. vestis ‚Kleid’ > ital. veste ‚Kleid, Gewand’ ><br />

frz. veste ‚Jacke, Jackett, Joppe’, aus dem sich als Lehnwort im 17. Jahrhundert die deutsche Weste entwickelte<br />

67 . Nur im Griechischen fällt das J ersatzlos weg und wird gelegentlich durch ein h- ersetzt: idg. *Jes ><br />

gr. œsq◊w ‚bekleiden’, œsqˇ$ ‚Kleid, Kleidung’ 68 , mit h-Anlaut Ÿnnumi (gesprochen: hénnymi) ‚sich bekleiden’<br />

(< idg. *Jes-n-) 69 ; diese Ersetzung des J durch ein h gibt es nicht im Deutschen, wie es Mezger behauptet, denn<br />

sonst müsste es auch Holfach statt Wolfach heißen 70 . Sollte Häs aus dem Griechischen stammen, dann könnte es<br />

nur ein Lehnwort aus dieser Sprache sein, doch das ist ebenfalls nicht möglich, denn ein verkürztes *häs gibt es<br />

bei den griechischen Wörtern der Sippe *Jes nicht. Das Wort Häs geht vielmehr zurück auf mhd. hâa, hæae,<br />

hæa ‚Rock, Kleid, Kleidung’ 71 . Das a wird im Mittelhochdeutschen zwar nach Vokal im Auslaut wie ein s gesprochen<br />

(waaaer, ëaaen, haa), war aber im Germanischen vor der hochdeutschen Lautverschiebung im 7. Jahrhundert<br />

ursprünglich ein t, das sich im Englischen mit seinen archaischeren Lautverhältnissen erhalten hat<br />

(water, eat, hate) 72 . Dem mhd. hæa entspricht deshalb ae. hÖteru ‚Kleider’ < germ. *h)ta-, *h)taz, *hÖta-,<br />

*hÖtaz ‚Kleid’ 73 . <strong>Die</strong>se Wörter stammen gemeinsam mit den altindischen chadi-, chádis- ‚Dach, Decke’,<br />

chādáyati ‚bedeckt’, cháttra-m ‚Schirm’ und dem avestischen sādayantī- ‚ein Kleidungsstück’ von der idg.<br />

Wurzel *s©ed- ‚bedecken’ ab 74 .<br />

<strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>figuren lassen sich in Larventräger, Hästräger ohne Larven, Einzelfiguren und freie Maskierungen<br />

unterteilen. Das Bild der Narrenzunft prägen in erster Linie die Larventräger, die mit einer aus Holz oder Blech<br />

gefertigten Larve ausgestattet sind. Ihr Häs ist nach genau festgelegten, an historischen Vorbildern orientierten<br />

< idg. *(s)ner-, *(s)nur- ‚murren, knurren’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 911, s. v. Narr. – Vgl. Kluge: Etymologisches<br />

Wörterbuch, s. v. Narr.<br />

60 In fast allen anderen <strong>Fasnet</strong>orten Südwestdeutschlands lautet der Gruß Narri – Narro. Ein Verzeichnis der Narrenzünfte der VSAN mit<br />

ihren Narrenrufen findet sich in: Großes Narrentreffen 2004.<br />

61 Scheffel: Juniperus, 30. – Vgl. zu Scheffels Juniperus auch Abschnitt 4.1.2 Hans blieb do! – Juniperus ist die lat. Bezeichnung für die<br />

Pflanzengattung Wacholder. Meyerscout 2003, s. v. Juniperus.<br />

62 Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 108, s. v. Häß.<br />

63 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 64.<br />

64 Pokorny: Idg. Etymologisches Wörterbuch I, 1172f., s. v. *Jes (5); Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *Jes (5).<br />

65 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 315, s. v. westerlege. – In der 1607 erneuerten f. f. Landesordnung handelt der neunte Punkt von<br />

kindstaufen, westerleginen und taufsuppen. Disch: Chronik Wolfach, 20. – Der Begriff scheint bis ins 18. Jahrhundert hinein gebräuchlich<br />

gewesen zu sein: In einer Aktennotiz von 1738 aus Wolfach steht, dass ein gewisser Graf von Fürstenberg vor langen Jahren<br />

während einer Jagd ganz durstig und hungrig auf dem Löchlehof angekommen sei, als allda gerade westerlege gehalten worden; durch<br />

eine f. f. Verordnung wurden 1778 alle Zehrungen bei Kindstaufen und bei denen Westerleginnen unter Strafe gestellt. Disch: Chronik<br />

Wolfach, 13, 23. – Vgl. Grimm: Deutsches Wörterbuch XXIX, 633f., s. v. Wester; 640, s. v. Westerlege. Zu Westerlege als Bezeichnung<br />

des Ostersonntags siehe Grotefend: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, s. v. westerlege, Sonntag Westerlegin. –<br />

Bei Jean Paul (1763-1825) findet sich in den Romanen Siebenkäs (1796/97) und Titan (1800-1803) der Begriff Westerhemd(chen).<br />

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 295.574, 296.419. Vgl. Grimm: Deutsches Wörterbuch XXIX, 637-640, s. v. Westerhemd.<br />

66 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *Jestis.<br />

67 Grimm: Deutsches Wörterbuch XXIX, 622, s. v. Weste; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1560, s. v. Weste.<br />

68 Pape, W.: Griechisch-Deutsch, 35.229, s. v. œsq◊w; 35.231, s. v. œsqˇ$.<br />

69 Pape, W.: Griechisch-Deutsch, 35.227, s. v. Ÿnnumi.<br />

70 Briefl. Auskunft des Germanisten Prof. Paul Derks, Essen, vom 5.3./7.4.2004, der mich auf Prof. Mezgers fehlerhafte Herleitung aufmerk-<br />

sam machte.<br />

71 Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. hâa. – Nach Pokorny: Idg. Etymologisches Wörterbuch I, 919, s. v. s©ed-, gibt es im Ahd. das Wort<br />

hāz, doch ist dies nicht verzeichnet in: Ahd. Wörterbuch IV und Köbler: Ahd. Wörterbuch.<br />

72 dtv-Lexikon X, 293, s. v. Lautverschiebung.<br />

73 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *s©ed-.<br />

74 Köbler: Mhd. Wörterbuch, s. v. h—z; Holthausen: Altenglisches Etymologisches Wörterbuch, 146, s. v. hÖteru; Pokorny: Idg. Etymologisches<br />

Wörterbuch I, 919, s. v. s©ed-. – Prof. Dr. Werner Mezger behauptet in einem Brief vom 18.1.2005, dass diese Ableitung ein<br />

Paradebeispiel für Halbwissen sei und beharrt auf seiner wissenschaftlich nicht haltbaren These, dass alem. Häs von idg. *Jes abstamme,<br />

ohne einen etymologischen Beweis dafür zu liefern oder die von Julius Pokorny, einem allgemein anerkannten Sprachwissenschaftler,<br />

in seinem Standardwerk zur idg. Etymologie explizit angegebenen Herleitung des mhd. hâa aus dem idg. s©ed- zu widerlegen.<br />

Ausdrücklich bestätigt wird Pokornys Herleitung von Dr. Rudolf Post, Mitarbeiter des Arbeitsbereichs Badisches Wörterbuch der<br />

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Post: Das Häß; briefliche Mitteilung vom 27.1.2005.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 17<br />

Regeln einheitlich gestaltet. Das Wort Larve geht zurück auf das lat. lārva ‚Gespenst, Schreckgestalt’ < altlat.<br />

lārua, gebildet zu lat. Larēs ‚Schutzgeister im Hause, an Kreuzwegen’ und bezeichnet eine Gesichtsverhüllung,<br />

ursprünglich von schreckender, dann auch von jeder anderen Form 75 . Das Wort Maske < ahd. masca dürfte vom<br />

langobardischen maska ‚Hexe’ < *mask- ‚schwarz’ abstammen 76 . Ursprünglich scheint es sich nur um eine das<br />

Gesicht halb verdeckende Verhüllung gehandelt haben, das Wort steht aber in neuerer Zeit auch für die gesamte<br />

Verkleidung einer Person. <strong>Die</strong> beiden Lehnwörter Larve und Maske haben das einheimische mhd. butze ‚Poltergeist,<br />

Schreckgespenst’ 77 weitgehend verdrängt 78 .<br />

<strong>Die</strong> Kopfbedeckungen der Hansel sind Variationen der Gugel 79 , einer im Hochmittelalter beliebten Kragenkapuze.<br />

<strong>Die</strong> Gugel war entweder mit dem Mantel vernäht oder endete in einem Schulterumhang. Im Unterschied<br />

zu den Kapuzen der ehrenhaften Leute besitzen die Narrengugel eine exzentrische Schnittform, die sich durch<br />

einen oder mehrere lange spitze Kapuzenzipfel auszeichnet 80 . Einige mittelalterliche Narrendarstellungen zeigen<br />

einen bogenförmigen Zipfel 81 , wie ihn der gelbblaue Schellenhansel trägt und der als abstrakte Darstellung eines<br />

Hahnenkammes interpretiert werden könnte 82 . <strong>Die</strong> Kappen der Rösle-, Streifen- und Spättlehansel besitzen eine<br />

hohe, lang gezogene Spitze. Aus dem zur Gugel gehörenden Umhang entstand bei den Schellen- und<br />

Streifenhansel ein von der Gugel abgetrennter gezackter Kragen, bei den Röslehansel eine kurze Pelerine. Der<br />

Nussschalenhansel trägt eine klassische, mit einer Raubvogelfeder geschmückte Gugel ohne Zipfel mit einem<br />

schmalen Schulterumhang. Der Mehlwurmhansel besitzt eine Schalksnarrengugel mit stilisierten Eselsohren,<br />

verbunden mit einem gezackten Kragen. Der Esel wird seit dem Mittelalter allgemein als sehr negativ beurteilt,<br />

insbesondere als Sinnbild der Trägheit, einer der sieben Todsünden, der Einfalt und der Lächerlichkeit; die<br />

Eselsohrigkeit galt schon in der Antike als ein Torheitsmerkmal 83 .<br />

Der Spättlehansel hat als einziger Hansel keinen Kragen aufzuweisen. Mit Ausnahme von Mehlwurm- und<br />

Nussschalenhansel tragen alle Hansel um den Hals eine weiße Rüsche 84 .<br />

Im Gegensatz zu manch anderen Narrenorten dürfen in Wolfach alle mit einer Larve ausgestatteten <strong>Fasnet</strong>figuren<br />

mit Ausnahme der Rungunkeln auch von Frauen getragen werden. Dabei gab es bis in die 1930er-Jahre<br />

hinein sogar eine weibliche Version der Hansel, die statt der Hose einen gezackten Rock aufwies, da früher das<br />

Tragen von Hosen für Frauen noch nicht allgemein üblich war; Oberteil und Kappe entsprachen ihrem männlichen<br />

Pendant 85 . Alle <strong>Fasnet</strong>figuren gibt es auch in entsprechend verkleinerter Form für Kinder; das Tragen von<br />

Larven ist jedoch erst ab 14 Jahren erlaubt.<br />

In den 1980er-Jahren entstand für die meisten Larven- und Hästräger ein in Farben, Form, Aufdruck und<br />

Bemalung speziell der jeweiligen Figur angepasstes Schorlehäs, eine Art Sweatshirt. Es wird in erster Linie bei<br />

<strong>Fasnet</strong>veranstaltungen im Saal getragen, bei denen das originale Häs nicht zum Einsatz kommt, die jeweilige<br />

Häsgruppe aber dennoch als eine Einheit erkennbar sein möchte. Auch wenn eine Häsgruppe die Bewirtung<br />

einer Veranstaltung übernommen hat, kleiden sie sich meist damit; so ist gleich erkennbar, wer hier für die Bedienung<br />

zuständig ist. Der Name Schorlehäs spielt darauf an, dass dieses Kleidungsstück in gemütlicher Runde<br />

bei einigen Gläsern Schorle ‚Getränk aus Wein und Mineralwasser gemischt’ 86 getragen wird. Als Kopf-<br />

75<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 767, s. v. Larve. – <strong>Die</strong> Larve steht in literarischen Werken gelegentlich auch für eine erschreckende<br />

Erscheinung. Grimm: Deutsches Wörterbuch XII, 207-209, s. v. Larve. – In einigen Orten Süddeutschlands, vor allem auf<br />

der Baar, werden die Larven auch als Scheme < mhd. schëme ‚Schatten, ein Augenübel, Larve’ bezeichnet. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch,<br />

181, s. v. schëme. Im Mittelniederdeutschen findet sich ebenfalls der Begriff scheme ‚Schatten, Schatten-Wesen, Spuk-Gestalt,<br />

Gespenst’, siehe Derks: Gobelin Persons Buhl-Geist Goldemer, Anmerkungen 56, 57.<br />

76<br />

Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. masca; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 844f., s. v. Maske. – Nach Grimm: Deutsches Wörterbuch<br />

XII, 1702-1705, s. v. Maske, ist das Wort in Deutschland als Entlehnung des französischen masque erst seit dem 17. Jahrhundert<br />

gebräuchlich und könnte auch vom arabischen maschara ‚Verspottung, verkleidete Person’ abstammen, das vielleicht über die<br />

sizilianischen Araber ins Italienische und Französische gelangte. <strong>Die</strong>s ist allerdings umstritten. – Zur Bedeutung von Larve und Maske<br />

vgl. Derks: Gobelin Persons Buhl-Geist Goldemer, Anmerkungen 59-62.<br />

77<br />

Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 29, s. v. butze.<br />

78<br />

Im Lateinischen hatte das Wort persôna ursprünglich die Bedeutung ‚Maske’. Erst im kirchlichen Mittellatein (etwa zwischen 500 und<br />

1500) wandelte sich die Bedeutung zu ‚physische Gestalt, Rang, Stand, Person’. Derks: Gobelin Persons Buhl-Geist Goldemer, Anmerkungen<br />

54, 55.<br />

79<br />

Das Wort Gugel geht zurück auf mhd. gugele ‚Kapuze über den Kopf zu ziehen am Rock oder Mantel’ < ahd. kugula ‚Kapuze, Kutte,<br />

Kopfhülle’ < germ. *kugul-? ‚Kapuze’, ae. cug(e)le, aus lat. cuculla ‚Kappe, Kapuze’, kelt.-lat. cucullus ‚Kapuze’. Lexer: Mhd.<br />

Taschenwörterbuch, 78, s. v. gugele; Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. kugala. – Vgl. idg. *skeu- ‚bedecken, umhüllen’. Köbler: Idg.<br />

Wörterbuch, s. v. *skeu- (2).<br />

80<br />

Zur Gugel siehe Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 237-257.<br />

81<br />

Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 79 Abb. 24, 260 Abb. 138, 262 Abb. 140.<br />

82<br />

Ein Hahn als Kopfschmuck eines Narren auf einer Zeichnung aus dem Jahr 1597 ist abgebildet in Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch,<br />

270 Abb. 147.<br />

83<br />

Als Beispiel sei die griechische Sage um den König Midas genannt, dem Apoll zur Strafe dafür, dass er bei einem musikalischen Wettbewerb<br />

Pan den Vorzug gab, Eselsohren wachsen ließ. Johann Sebastian Bach diente diese Sage als Grundlage für seine Kantate Der<br />

Streit zwischen Phoebus und Pan BWV 201. Dürr: <strong>Die</strong> Kantaten von Johann Sebastian Bach II, 984-992.<br />

84<br />

Das Wort Rüsche geht zurück auf mhd. rûsch ‚Teil des Helmschmuckes, Kopfputzes’ und ist benannt nach dem rauschenden Ton beim<br />

Bewegen des Kopfes. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. rûsch. – Nach: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1151, s. v. Rüsche,<br />

stammt das Wort ab vom frz. ruche ‚Halskrause, ursprünglich Bienenkorb’ < lat. rusca ‚Rinde’ (Bienenkörbe wurden ursprünglich aus<br />

Rinde hergestellt).<br />

85<br />

Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 137.<br />

86<br />

Das Wort Schorle ist eine Verkürzung des synonymen Schorlemorle < Schurlemurle ‚Getränk im 18. Jh. in Franken’ < ? Scormorrium<br />

‚Münstersches Bier (1513)’, vielleicht gebildet analog zu Schurimuri ‚aufgeregter, lebhafter, fahriger Mensch’, Scorlemorle


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 18<br />

bedeckung setzen die Larventräger nach dem Ablegen von Larve und Kappe ein in den jeweiligen Häsfarben<br />

gestricktes Wollkäpple auf.<br />

In Wolfach laufen viele Larventräger unmaskiert zum Treffpunkt vor dem Schlosstor, tragen dabei Larve und<br />

Kopfbedeckung in den Händen und ziehen diese erst beim ersten von drei Böllerschüssen an, die den Beginn des<br />

Zuges ankündigen. Ist der Umzug beendet, ziehen die meisten Hästräger ihre Larven und Kopfbedeckungen am<br />

Straßenrand wieder ab, bevor sie zum Narrenhock in die Beizen 87 gehen, wo manche auch das Oberteil ihres<br />

Häses ablegen. Darunter haben sie meist ihr Schorlehäs an. Das Ausziehen des Oberteiles ist aufgrund des<br />

Schnittes nicht bei allen Hanseltypen ohne größere Probleme möglich; manche Narren gehen deshalb nach den<br />

Umzügen nach Hause, legen Oberteil, Larve und Kappe ab, ziehen ihr Schorlehäs an, behalten ihre Hanselhose<br />

aber an und gehen dann so wieder auf die Straße. <strong>Die</strong> Anonymität der Narren, auf die in manchen <strong>Fasnet</strong>hochburgen<br />

wie Elzach, Rottweil oder Villingen großer Wert gelegt wird, spielt in Wolfach also keine wesentliche<br />

Rolle. <strong>Die</strong>s dürfte damit zusammenhängen, dass einerseits im 19. Jahrhundert der Schwerpunkt der <strong>Fasnet</strong> vor<br />

allem auf dem Gebiet des <strong>Fasnet</strong>spieles lag, für das das Tragen von Larven und damit die Wahrung der<br />

Anonymität nicht wichtig war, andererseits durch den 1. Weltkrieg und die Wirtschaftskrise in den 1920er-<br />

Jahren das Hanselbrauchtum völlig verschwand und erst wieder mit dem <strong>Wolfacher</strong> Urhansel 1927 und den<br />

zwölf neuen Schellenhansel 1934 neu belebt wurde, dabei das Wissen um die traditionelle Bedeutung der<br />

Anonymität für einen Narren aber verloren ging. Trotzdem gibt es auch heute noch manche Larventräger, die in<br />

Anlehnung an die alte Tradition niemals auf der Straße ihr unverhülltes Gesicht zeigen.<br />

Ein dem heute noch in Villingen gepflegten Strählen der Narros unter der Larve vergleichbarer Brauch, bei<br />

dem im Schutze der Anonymität den Zuschauern am Straßenrand ungeniert die Meinung aufgesagt werden kann,<br />

ist in Wolfach nicht mehr allgemein üblich. <strong>Die</strong>se spezielle Form des Glossierens von Ereignissen des vergangenen<br />

Jahres wurde hier abgelöst durch das Schnurren ohne Larve am Sonntag vor der <strong>Fasnet</strong> und die Darstellung<br />

der Schnurrthemen bei den Elfemessen 88 .<br />

Eine wesentlich geringere Beachtung in der Öffentlichkeit und der volkskundlichen Literatur finden im Vergleich<br />

zu den Larventrägern die Hästräger ohne Larve. Ihr Häs ist ebenfalls einheitlich in Anlehnung an<br />

historische Vorbilder gestaltet; für einzelne Typen dieser Gruppe, beispielsweise die Kaffeetanten oder Nasezügler,<br />

existieren nur allgemeine Vorgaben, die ein Narro relativ frei umsetzen kann.<br />

Eine Sonderform der Narrengestalten stellen die Einzelfiguren dar, von denen es im Gegensatz zu den<br />

übrigen Hästrägern nur je ein Exemplar gibt.<br />

1.3.3. <strong>Die</strong> Schellen der Hansel<br />

Das wichtigste Attribut der <strong>Wolfacher</strong> Hansel ist die Schelle ‚eine kleine, meist geschlitzte hohle Blechkugel, die<br />

ein Steinchen oder Metallkügelchen zur Klangerzeugung enthält’ 89 . Sie galt im Hochmittelalter als Herrschaftszeichen,<br />

wurde aber im 11. und 12. Jahrhundert immer mehr zu einem allgemeinen Modeobjekt der höheren<br />

Gesellschaft. <strong>Die</strong> Schellenflut führte im 15. Jahrhundert zu einem Verbot des Tragens von Glocken und Schellen<br />

in der Kirche. Zu jener Zeit wandelte sich dieser Schmuck im Ansehen der Bevölkerung von einem Symbol<br />

vornehmer Prachtentfaltung zu einer vulgären Modeerscheinung, sodass die Schellen gegen Ende des 15. Jahrhunderts<br />

nur noch von Narren getragen wurden.<br />

<strong>Die</strong> Volkskundler <strong>Die</strong>tz-Rüdiger Moser und Werner Mezger vertreten die These, dass die Schellen den<br />

Narren, der im 15. Jahrhundert zur Zentralfigur der von der katholischen Kirche als Schwellenfest vor der<br />

Fastenzeit organisierten <strong>Fasnet</strong> avancierte 90 , im christlichen Sinne als ein unheilvolles Wesen ohne die Fähigkeit<br />

zur Nächstenliebe kennzeichnen 91 . Moser und Mezger verweisen dabei auf die nach der katholischen Leseordnung<br />

im Gottesdienst am Fastnachtsonntag, dem Sonntag Quinquagesima 92 , verlesene Epistel 1. Korinther<br />

13,1, die sie allerdings nach der 1521 entstandenen und 1545 revidierten deutschen Bibelübersetzung Martin<br />

Luthers zitieren 93 :<br />

Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz<br />

oder eine klingende Schelle 94 .<br />

‚lüneburgischer Familienname im 13. Jh.’ oder Schurrmurr ‚altes Gerümpel, ausrangierter Hausrat, wertloses Zeug’, zu schurren ‚sich<br />

geräuschvoll bewegen, schlurfen’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1238, s. v. Schorlemorle; 1250, s. v. schurren.<br />

87<br />

Das alem. Wort Beiz ‚Wirtschaft, Kneipe’ stammt aus dem Jiddischen und geht zurück auf hebräisch bajis ‚Haus’. Wahrig: Deutsches<br />

Wörterbuch, 629, s. v. Beiz.<br />

88<br />

Zu den Details der genannten Bräuche siehe die entsprechenden Abschnitte.<br />

89<br />

Brockhaus Riemann Musiklexikon IV, 103, s. v. Schellen; Vivell: Verwendung der Glocken und Schellen im Mittelalter (Aufsatz konnte<br />

nicht eingesehen werden). – Zur Bedeutung der Schelle siehe Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2492-2496, s. v. Schelle; Mezger:<br />

Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 214-216; Moser, D.-R.: Fastnacht, Fasching, Karneval, 39-41, 99-102. – Das Wort Schelle geht<br />

zurück auf ahd. skella* < germ. *skellō, skellōn < idg. *skel- ‚schallen, klingen’. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. skella*.<br />

90<br />

Meyerscout 2003, s. v. Fastnacht.<br />

91<br />

Moser, D.-R.: Fastnacht und Fastnachtspiel, 136f.; Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 220.<br />

92<br />

<strong>Die</strong> von D.-R. Moser verwendete Bezeichnung Estomihi für diesen Sonntag wird nur in der evangelischen Kirche benutzt, während in der<br />

katholischen Kirche die Bezeichnung Quinquagesima üblich ist. Römisches Sonntagsmeßbuch, 99; Gryphius: Gedichte, 35. – Zur Leseordnung<br />

innerhalb der katholischen Liturgie siehe: Deutsches Liturgisches Institut.<br />

93<br />

Barth, H.-D.: Der Teufel ist los; Moser, D.-R.: Fastnacht und Fastnachtspiel, 136f.<br />

94<br />

<strong>Die</strong> Bibel. Luther (1984), 1. Kor 13, 1. – <strong>Die</strong> Ausgabe von 1984 weicht etwas ab von der revidierten Druckausgabe von 1545, siehe: <strong>Die</strong><br />

Bibel. Luther (1545), 1. Kor 13, 1. Im Originaldruck lautet die Stelle: wenn ich mit menschen und mit engelzungen redet, und hette der


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 19<br />

In der Vulgata, der seit dem 8. Jahrhundert in der katholischen Kirche maßgeblichen lateinischen Bibelübersetzung<br />

95 , lautet die Stelle 96 :<br />

Si linguis hominum loquar et angelorum caritatem autem non habeam factus sum velut aes sonans aut<br />

cymbalum tinniens.<br />

Moser und Mezger gehen ohne Angabe von Belegen davon aus, dass mit lat. cymbalum eine von Narren getragene<br />

Schelle, also eine kleine metallene Kugel mit einem Steinchen zur Klangerzeugung in ihrem Innern,<br />

gemeint sei. Jedoch gilt das lat. cymbalum seit der Vulgata als Latinisierung des gr. kÚmbalon ‚Kymbala, teller-<br />

oder gefäßförmige Metallbecken’ 97 und wird in der mittelalterlichen Literatur sowohl in der den Instrumenten<br />

des Alten Testamentes gemäßen Bedeutung als Becken oder Gabelbecken verstanden, als auch als Glockenspiel<br />

oder eine Reihe von Glöckchen, die, meist ohne Klöppel, abgestimmt nebeneinander aufgehängt sind und mit<br />

einem kleinen Holzstab angeschlagen werden 98 . Luther hatte als ehemaliger Mönch womöglich bei seiner Übersetzung<br />

den Begriff Cymbala im Sinn, der seit dem 9. Jahrhundert die Schelle in Form einer unten offenen, mit<br />

einem Klöppel versehenen kleinen Metallglocke, mit der man die Mönche zu Tisch rief, bezeichnet 99 . Der<br />

lateinische Ausdruck für eine Schelle in der Form, in der sie als Kleiderzier diente, lautet colaphus, nola,<br />

tintinnabulum oder campanula 100 . Selbst einem theologisch gebildeten Katholiken wäre es also damals unmöglich<br />

gewesen, beim Anblick eines mit Schellen gezierten Narren eine Verbindung zum lat. cymbalum im Vers 1.<br />

Kor 13,1, den er gewiss nicht in Luthers erst 1521 entstandener deutscher Übersetzung kannte, herzustellen und<br />

ihn, den Narren, aufgrund seiner Schellen als einen lieblosen Menschen wahrzunehmen. Auch das ihm in seiner<br />

Muttersprache geläufige mhd. zimbal, zimbel ‚Zimbel, kleinere, mit einem Hammer geschlagene Glocke’ 101 hätte<br />

ihm nicht weitergeholfen. (Das ahd. zimba, zymba, zimbala* kann auch ‚Handpauke’ bedeuten 102 .)<br />

Es gab zwar bereits seit dem 14. Jahrhundert mehrere Übertragungen der Bibel ins Deutsche, vor allem jener<br />

Texte, die für die gottesdienstliche Praxis eine große Rolle spielten, also insbesondere die wöchentlich verlesenen<br />

Perikopen 103 . <strong>Die</strong> deutschen Bearbeitungen blieben bis ins 16. Jahrhundert hinein aber im Vergleich zu<br />

den auf Latein erschienenen Bibeln deutlich in der Minderheit, was nicht zuletzt auch am damals üblichen Übersetzungsprinzip<br />

verbum e verbo ‚Wort für Wort’ lag, das sich eng am Wortlaut des Lateinischen orientierte 104 .<br />

Das Wissen um die Schelle als Zeichen der Lieblosigkeit wäre also demnach weit gehend unverstanden geblieben,<br />

zumal weder Mezger noch Moser nachweisen, dass in diesen frühen Übersetzungen bereits das von<br />

Luther benutzte Wort Schelle Verwendung fand.<br />

In der englischen King James Bible (benannt nach dem englischen König Jakob I. (1566-1625)) wird lat.<br />

cymbalum tinniens mit a tinkling cymbal ‚klingender Beckenteller’ übersetzt 105 . Im Gegensatz zum Alt- und<br />

Mittelhochdeutschen beschränkt sich die Bedeutung des ae. ci-mb-al, ci-mb-al-a auf ‚Zimbel’ 106 . Im englischen<br />

Sprachraum bliebe also die Interpretation des Schellen tragenden Narr von Moser und Mezger völlig unverstanden,<br />

da hier keinerlei Verbindung zwischen der Narrenschelle und dem Vers 1. Kor 13,1 hergestellt werden<br />

kann.<br />

(Mit gr. calkÕ$ ºcîn < lat. aes sonans ‚tönendes Erz’ ist wohl ein aus Erz, Kupfer oder Bronze hergestelltes<br />

hohles Becken oder ein großer Gong gemeint, vielleicht aber auch ein bronzener Lautverstärker im<br />

Amphitheater 107 .)<br />

liebe nicht, so were ich ein donend ertz oder eine klingende schelle. Zitiert nach Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2492f., s. v.<br />

Schelle. – Der Grund, warum D.-R. Moser die Bibel in dieser Übersetzung zitiert, dürfte in seiner evangelischen Sozialisation liegen.<br />

Zur Geschichte der deutschen Bibelübersetzungen vor Luther siehe Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter,<br />

201-209.<br />

95 Meyerscout 2003, s. v. Vulgata.<br />

96 <strong>Die</strong> Bibel. Vulgata, 1. Cor 13, 1.<br />

97 Brockhaus Riemann Musiklexikon I, 287, s. v. Cymbala; II, 343, s. v. Kymbala. – Das lat. cymbalum < gr. kÚmbalon geht über gr. kÚmbh<br />

‚Trinkgefäß, Becken, Schale’ zurück auf idg. *kumb-, *kumb h - ‚Biegung, Gefäß’. Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *kumb-. – Ausführlich<br />

beschrieben ist die Bedeutung von kÚmbalon in Schrage: Der erste Brief an die Korinther, 285-287.<br />

98 Brockhaus Riemann Musiklexikon I, 288, s. v. Cymbala.<br />

99 dtv-Lexikon IV, 13, s. v. Cymbala.<br />

100 Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2492, s. v. Schelle.<br />

101 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 336, s. v. zimbal. – Nhd. Zimbel, Zymbal ‚Schlaginstrument aus zwei metallenen oder hölzernen hohlen<br />

Tellern, die gegeneinander geschlagen wurden, Vorläufer des Beckens und der Kastagnetten; Glockenspiel’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch,<br />

4321, s. v. Zymbal; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1613, s. v. Zimbel.<br />

102 Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. zimba, zimbala*. – In der neuen deutschen Einheitsübersetzung der Bibel von 1982 lautet 1. Kor 13, 1:<br />

Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende<br />

Pauke. <strong>Die</strong> Bibel (1982), 1. Kor 13, 1. – In einer griechisch-deutschen Interlinearübersetzung von 1990 wird gr. kÚmbalon ¢la£zoun<br />

mit ‚eine gellende Zimbel’ übersetzt. Das Neue Testament, 1. Kor 13, 1.<br />

103 Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 202-205.<br />

104 Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 203; Literaturlexikon XIII, 92-96, s. v. Bibelübersetzung.<br />

105 King James Bible, 1. Kor 13, 1. – Auch in anderen europäischen Sprachen werden mit den aus gr. kÚmbalon, lat. cymbalum hervorgegangenen<br />

Wörtern keine Schellen bezeichnet. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1613, s. v. Zimbel.<br />

106 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *kumb-.<br />

107 Schrage: Der erste Brief an die Korinther, 285 Anmerkung 44.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 20<br />

1.3.4. <strong>Die</strong> freien Maskierungen<br />

<strong>Die</strong> freien Maskierungen, in der volkskundlichen Forschung auch Wilde Masken genannt 108 , unterliegen keinen<br />

strengen Vorschriften. <strong>Die</strong> Feststellung von Prof. Werner Mezger, dass in der <strong>Fasnet</strong> neben den offiziell<br />

autorisierten Zunftmasken seit Längerem – und neuerdings sogar vermehrt – spontane, improvisierte und freie<br />

Maskierungen auftauchen, die sich weder um ortsübliche Maskentraditionen noch um künstlerische Vorschriften,<br />

Satzungen und Reglements kümmern und dass dies für die etablierten Zünfte eine irritierende Entwicklung<br />

sein müsse 109 , trifft auf die Freie Narrenzunft Wolfach nicht zu, denn hier spielten innerhalb des überlieferten<br />

Brauchtums die freien Maskierungen schon immer eine bedeutende Rolle und es gibt auch keinen<br />

Konflikt zwischen Spontan- und Zunftmasken, wie ihn der Volkskundler Gottfried Korff heraufbeschwört 110 .<br />

<strong>Die</strong> Wilden Masken gehören in Wolfach nicht zur ‚niederen Kulturflora’ in den Randzonen der formierten<br />

Brauchtumspflege 111 , sondern sind ein grundlegender und neben den traditionellen Hästrägern gleichberechtigter<br />

Bestandteil der <strong>Fasnet</strong>bräuche, auch wenn sie keinem örtlichen Brauchtumskodex 112 folgen. <strong>Die</strong> Historisierung<br />

und Ästhetisierung der Larven und Kostüme seit den 1920er-Jahren führte zu keiner Verdrängung der Wilden<br />

Masken. Sie entstehen oft nur für ein bestimmtes Festspiel, den Zunftball oder eine Elfemess und können frei<br />

gestaltet werden, solange sie nicht gegen den närrischen Leitspruch Allen zur Freud’ und niemand zu Leid verstoßen.<br />

In der Narrenkammer finden sich viele Verkleidungen, die von der Narrenzunft ursprünglich zu einem<br />

bestimmten Zweck angeschafft wurden und die dann später von jedem Narro ausgeliehen werden können. Aus<br />

einer freien Maskierung entsteht gelegentlich auch eine Gruppe von Hästrägern, die genaue Regeln für eine<br />

einheitliche Verkleidung festlegt und sich eigene, neu entworfene Larven anfertigen lässt. Ein Beispiel dafür<br />

sind die Langenbacher Tiere, die 1989 aus einer nur ab und an auftretenden Einzelfigur heraus entstanden sind;<br />

trotz ihrer Holzlarven zählen sie aber nicht zu den von der VSAN offiziell anerkannten Hästrägern und dürfen<br />

deshalb nicht an den Narrentreffen der VSAN teilnehmen, obwohl sie voll in das örtliche Brauchtum integriert<br />

sind. <strong>Die</strong> Entwicklung der 1958/59 gegründeten Rungunkeln aber zeigt, dass aus einer ursprünglich freien, nur<br />

sporadisch auftauchenden Figur manchmal auch eine offiziell anerkannte historische <strong>Fasnet</strong>figur entstehen<br />

kann 113 . Demnach scheint es keine eindeutigen Kriterien zu geben, nach denen die VSAN bestimmt, ob eine<br />

neue Narrenfigur historisch ist oder nicht.<br />

<strong>Die</strong> Gründe dafür, warum die Wilden Masken nicht über die Stadtgrenzen Wolfachs hinaus bekannt geworden<br />

sind und die entsprechende Würdigung erfahren, liegen in ihrer spontanen Entstehung, der oft kurzen<br />

Lebensdauer, ihrer Verbindung zu bestimmten Bräuchen, die nur in Wolfach selbst und nicht außerhalb bei<br />

Narrentreffen zu sehen sind, und der Missachtung durch die Wissenschaft, die sich erst seit einigen Jahren mit<br />

dieser Thematik beschäftigt. Da die Narrenzunft Wolfach frei ist von jedem Mitgliedszwang und jeder sich in<br />

der von ihm gewünschten Art und Weise an der <strong>Fasnet</strong> beteiligen kann, ohne dass ihm, von allgemeinen Regeln<br />

des guten Geschmacks abgesehen, vorgeschrieben wird, wie er sich zu verkleiden hat, spielt hier die in manch<br />

anderen altehrwürdigen Narrenstädten wie Elzach, Oberndorf a. N., Rottweil, Überlingen oder Villingen zu<br />

beobachtende Erstarrung des Brauchtums keine Rolle.<br />

1.4. <strong>Die</strong> Entwicklung der <strong>Fasnet</strong>bräuche in Wolfach<br />

1.4.1. Das „Narroo Gassenlaufen“ mit Larven<br />

Der erste indirekte Hinweis auf das <strong>Fasnet</strong>brauchtum in Wolfach findet sich in der Landesordnung für die<br />

fürstenbergische Herrschaft Kinzigtal des Grafen Wilhelm von Fürstenberg (1491-1549) vom 1. Januar 1543 114 :<br />

Von Faßnacht. <strong>Die</strong> Faßnacht als ein heidnische 115 onsinnigkeit ist hievor und soll ouch yetz von newem<br />

gar verpoten sin und abgestelt, das nyemands den andern fur sich selbs uberloufen 116 soll keins wegs bi<br />

pen 117 1 fl.<br />

108<br />

Eine Ausstellung im Tübinger Haspelturm widmete sich 1989 erstmals den Wilden Masken, zu der der Begleitband Wilde Masken erschien,<br />

die erste wissenschaftliche Veröffentlichung zu diesem Thema.<br />

109<br />

Mezger: Fastnacht – vitaler Brauch oder Pflegefall?, 31.<br />

110<br />

Korff: Wilde Masken, 14.<br />

111<br />

Korff: Wilde Masken, 14.<br />

112<br />

Korff: Wilde Masken, 16.<br />

113<br />

Zu den Rungunkeln siehe Abschnitt 2.1.8 Alde Rungunkeln und Müller.<br />

114<br />

MFA I, 335f. – Das <strong>Fasnet</strong>verbot diente den Narren in Haslach / Kinzigtal als Vorlage für einen Brief des fiktiven gräflichfürstenbergischen<br />

Landvogtes Eustachius Fink von Katzenstein in Wolfe, der vor der Gastwirtschaft „Kanone“ vor der Narrotaufe durch<br />

den Schulheißen Jörg Gebele von Waldstein verlesen wird. <strong>Die</strong> Figur des in Landsknechtsuniform auftretenden Schultheißen geht<br />

zurück auf den von 1659 bis 1709 in Wolfach tätigen f. f. Oberamtmann Simon Gebele von Waldstein (1633-1709), dessen Vater Jakob<br />

Gebele (1601-1675) aus Wolfach stammte. Hildenbrand / Krafczyk: Fasnachtsbrauchtum in Haslach im Kinzigtal, 38f. (mit dem Text<br />

des Briefes); Krafczyk: Einst streng verboten, heute fröhlich gefeiert; briefl. Mitteilung von Alois Krafczyk vom 19.5.2005. – Zur<br />

Geschichte der Familie Gebele von Waldstein siehe Bader / von Platen: Das große Palatinat, 102-107; Fautz: Burg und Herrschaft Waldstein,<br />

432-434.<br />

115<br />

Es ist zu vermuten, dass Graf Wilhelm von Fürstenberg dieses Verbot erließ, weil er ein Anhänger der Reformation war. Für die<br />

Protestanten galten damals alle Bräuche der katholischen Kirche, die nicht mit ihrem Glauben vereinbar waren, als heidnisch. <strong>Die</strong>ses<br />

Wort bezieht sich hier also nicht auf die Heiden ‚Anhänger einer nichtchristlichen Religion’ und kann somit nicht als ein Beleg für die<br />

vorchristliche Herkunft der <strong>Fasnet</strong>bräuche gedeutet werden. – Zur Reformation in Wolfach siehe Disch: Chronik Wolfach, 585-619.<br />

Eine Abbildung des wilden Grafen Wilhelm findet sich in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 33.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 21<br />

<strong>Die</strong> Landesordnung des Grafen Christoph von Fürstenberg (1580-1614) vom 22. April 1607, die im Wesentlichen<br />

auf der Landesordnung des Grafen Albrecht von Fürstenberg (1557-1599) vom 30. Juni 1564 beruht 118 ,<br />

präzisiert dieses Verbot 119 :<br />

Von der Faßnacht. <strong>Die</strong> Faßnacht alls ain haidnische unsinnigkait, ist hievohr undt auch Jetzt von Newem<br />

wiederumb verbothen undt abgestelt, das niemands den andern für sich Selbs überlaufen soll bey Pön 2 fl.<br />

dem haushalter, so es guetwillig geduldet und nit angezaigt, auch Jeder derselben überlaufender personen<br />

zue erlegen.<br />

Im Jahre 1600 wird Michel Knoller, weilen er in der Faßnacht in Mumerey Scheltung gegen jung Jacob<br />

Duppelin getrieben, vom Ehrsamen Rat bestraft 120 . Das Wort Mummerei ‚Vermummung, Verkleidung’ dürfte<br />

sich aus dem Verb mummen ‚dumpf und undeutlich reden; (sich) einhüllen, maskieren’ entwickelt haben 121 ; im<br />

übertragenen Sinne kann es auch Scherz oder Jux bedeuten 122 . 1751 werden vier Bürgersöhne wegen dem<br />

verbottenem Narroo Gassenlaufen über letztverstrichene 3 Faßnachts Täg im Schloß in ein Zimmer in Arrest<br />

gesetzt 123 . Einige Jahre später suchen mehrere Bürgerssöhne der Stadt beim Oberamt um die Erlaubnis nach, an<br />

Faßnacht mit Masken laufen zu dürfen 124 . 1785 bitten die ledigen Burgerssöhne Aloys Nef, Joseph Armbruster,<br />

Burgermeister Krausbeck und Wendelin Vivell um die Bewilligung, daß sowohl ihnen als anderen<br />

Burgerssöhnen und Burgern gestattet werden möchte, sich diesen Fasching mit Masceraden belustigen zu<br />

dürfen 125 . Sie erhalten die Erlaubnis dazu auf die letzteren 2 Faschingstäge mit der Erinnerung, dass sie sich<br />

hierbey ordentlich und ehrbar aufführen und niemand Unbilden zufügen sollen 126 . Auch in den folgenden Jahren<br />

wird den ledigen Burschen Armbruster, Moser, Vollmar, Vivell und Schnetzer jeweils verwilliget, über die<br />

Fastnachtstage masciert im Orte herumlaufen zu dürfen, jedoch mit der Bedingnus, daß sie sich der Spritzen<br />

nicht bedienen, niemand Leid zufügen und sich während des Gottesdienstes des Maskenlaufens enthalten,<br />

benebst nur am Montag und <strong>Die</strong>nstag sich mit diesem Laufen abgeben sollen 127 .<br />

Alle Excesse waren streng untersagt: Einer Maske, die mit einer Rute und einem Butellenwischer, vermutlich<br />

einem Gerät zur Reinigung einer Butelle ‚kleine Flasche’ 128 , dreinschlägt, wird das Fisir, also die Larve abgerissen<br />

129 . Auch der Gebrauch von Peitschen, Scheereisen und Blattern wird verboten 130 . Ein Schereisen ist ein<br />

Hufeisen aus zwei beweglichen Teilen, sodass es mittelst einer Schraube an große und kleine Hufe gelegt<br />

werden kann 131 ; vielleicht ist damit aber auch eine hölzerne Streckschere gemeint, wie sie heute von den<br />

Nussschalenhanseln benutzt wird und von der sich zwei alte Exemplare im Museum Schloss Wolfach befinden<br />

132 .<br />

<strong>Die</strong> Blatter dürfte eine Saubloder ‚Schweinsblase’ gewesen sein 133 , das vielleicht beliebteste Neckinstrument<br />

in der <strong>Fasnet</strong>. In der älteren volkskundlichen Literatur wird diese mit Fruchtbarkeitsriten in Verbindung gebracht<br />

134 . Viel eher ist zu vermuten, dass die Schweinsblase als ein kostengünstiges Schlagutensil Verwendung<br />

fand, weil an der <strong>Fasnet</strong> letztmals vor der 40-tägigen Fastenzeit geschlachtet werden durfte und sie deshalb in<br />

großer Zahl vorhanden war 135 . Für die von dem Volkskundler <strong>Die</strong>tz-Rüdiger Moser und seinen Schülern geäußerte<br />

Vermutung, mit der Saubloder werde die Fresssucht oder Unkeuschheit des Narren allegorisch dargestellt<br />

136 , gibt es keine schriftlichen Belege. Prof. Dr. Werner Mezger behauptet gelegentlich bei seinen Fernsehkommentaren<br />

zu den Narrentreffen, dass sich die Narren mit einer Saubloder selbst darstellten, denn das engl.<br />

fool, frz. folle ‚Narr’ gehe auf das lat. follis ‚leerer Sack’ zurück, ein Narr sei also nur eine leere Hülle ohne<br />

Inhalt 137 . Das lat. follis bedeutet jedoch auch ‚lederner Schlauch, Geldbeutel, Ballon, Blasebalg, Spielball’ 138 und<br />

116 jemanden überlaufen ‚belästigen’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3779, s. v. überlaufen.<br />

117 Mhd. pêne, pên < lat. poena ‚Strafe’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 158, s. v. pêne.<br />

118 MFA II, 78.<br />

119 Faksimile des Textes von 1607 abgedruckt in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 34. – Normalisierte Wiedergabe<br />

des Textes in MFA II, 833.<br />

120 Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

121 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 897, s. v. mummen. – Vgl. auch das Wort Mummenschanz ‚Maskerade, Maskenfest’.<br />

122 Grimm: Deutsches Wörterbuch XII, 2666-2668, s. v. Mummerei. – Hier wird als Ursprung das nl. mommerije angegeben.<br />

123 Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

124 Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

125 Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

126 Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

127 Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

128 Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 43, s. v. Butelle.<br />

129 Disch: Chronik Wolfach, 444. – Visier ‚Maske, Larve’ < frz. visière, afrz. visiere ‚Helmgitter’. Grimm: Deutsches Wörterbuch XXVI,<br />

375, s. v. Visier (3); Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1518, s. v. Visier.<br />

130 Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

131 Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2569, s. v. Schereisen.<br />

132 Siehe Anmerkung 441.<br />

133 Blatter geht zurück auf ahd. blātara ‚Blase’ < idg. *b h el- ‚aufblasen, schwellen’. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. blātara.<br />

134 Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 56.<br />

135 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 71.<br />

136 Leibbrand: Vom Sinn der Fastnacht, 60.<br />

137 Mezgers Spekulation wurde ungeprüft übernommen in Haller: Narrenutensilien und Narrenattribute.<br />

138 Zedler: Grosses Vollständiges Univeral Lexicon IX, 1436, s. v. Follis.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 22<br />

ging außerdem metonymisch auf die in einem Geldbeutel befindlichen römischen Münzen über 139 . Das Wort<br />

entstammt dem idg. *b h el-, *b h lē- ‚aufblasen, aufschwellen, schwellen, sprudeln, strotzen, prall sein’, aus dem<br />

sich auch Blatter und Blase ableiten lassen 140 . Es geht hier also nicht, wie Mezger behauptet, um die Inhaltslosigkeit<br />

des bezeichneten Gegenstandes, sondern vielmehr um seine Aufgeblasenheit; er zeichnet sich also<br />

gerade dadurch aus, dass er nicht leer ist. <strong>Die</strong>s zeigt sich auch deutlich an dem aus der gleichen idg. Wurzel<br />

stammenden gr. Wort fallÒ$ ‚Phallus, (erigiertes) männliches Glied’ 141 , das nun zweifellos alles andere als ein<br />

‚leerer Sack’ ist. Ideengeschichtlich passt diese Wortverwandtschaft auch viel besser zur <strong>Fasnet</strong> als kirchlichem<br />

Schwellenfest, an dem sich die Narren vor der Fastenzeit nochmals in körperlicher Hinsicht ausleben konnten.<br />

Das <strong>Fasnet</strong>verbot der fürstenbergischen Landesordnung wurde 1788 offiziell aufgehoben, doch musste jeder,<br />

der sich an der <strong>Fasnet</strong> beteiligen wollte, für die drei <strong>Fasnet</strong>tage zusammen 18 kr, nämlich pro Tag 6 kr<br />

(≈ 6,30 € 142 ), bezahlen und sich ein auf dem Maskenkleid leicht sichtbar festzumachendes Zeichen lösen; diejenigen,<br />

welche ohne Einlösung eines Zeichens auf den Gassen maßkierter erfunden wurden, waren zu 1 fl Straf<br />

anzuziehen 143 . Wolfach übertraf schon damals bei der fasnetlichen Aktivität deutlich das benachbarte Hausach.<br />

Während dort 1789 über die <strong>Fasnet</strong> 15 Köpfe masquiert herumlaufen, sind es in Wolfach 154 Narren, die einen<br />

Betrag von 15 fl 14 kr (959,70 €) an die Armenkasse entrichten müssen 144 . 1808 betrugen die Taxen in Wolfach<br />

16 fl 24 kr, in Hausach nur 3 fl 12 kr 145 .<br />

Gemäß der 1790 von Fürst Joseph Maria Benedikt von Fürstenberg (1758-1796) erlassenen hochfürstlich<br />

fürstenberg. Verordnung über die Stadt- und Landschulen 146 war den Schulkindern, deren Schuljahr vom 3.<br />

November bis zum 8. September dauerte, wöchentlich ein Tag, als der Donnerstag, in der Fastnacht aber und in<br />

der Charwoche die letzten drei Tage zur Erholung gegönnet 147 – sozusagen eine frühe Form der heute am<br />

Schmutzige Dunnschtig vor der Elfemess gefeierten Schülerbefreiung.<br />

Aus den genannten Quellen des 18. Jahrhunderts geht hervor, dass das <strong>Fasnet</strong>brauchtum zu jener Zeit an drei<br />

Tagen gefeiert wurde. Für die von José F. A. Oliver verbreitete Behauptung, an der <strong>Fasnet</strong> werde an sechs<br />

Tagen, an denen ursprünglich Gott die Erde als sein Werk schuf, dem Spiel der Hölle Tür und Tor geöffnet 148 ,<br />

gibt es keinen Beleg. Bereits Papst Benedikt XIV. (1675-1758) verbot in einer 1748 veröffentlichen Enzyklika<br />

explizit das Tragen von Larven am <strong>Fasnet</strong>freitag und -sonntag 149 , obwohl er gegenüber dem übrigen <strong>Fasnet</strong>brauchtum<br />

durchaus positiv eingestellt war. <strong>Die</strong> Ausweitung des <strong>Fasnet</strong>brauchtums auf den Freitag, Samstag und<br />

Sonntag der <strong>Fasnet</strong>woche ist eine neuzeitliche Entwicklung, gefördert durch die im 19. Jahrhundert einsetzende<br />

Industrialisierung mit ihren weitreichenden Folgen für das früher in erster Linie von der Kirche geprägte Sozialverhalten<br />

der Menschen.<br />

Von den im 18. Jahrhundert erwähnten Larven, die damals im Gegensatz zu heute noch nicht mit einem bestimmten<br />

Hästyp eine feste Einheit bildeten 150 , sind einige erhalten geblieben, die teilweise als Vorbild dienten<br />

bei der Erneuerung der <strong>Fasnet</strong>figuren im 20. Jahrhundert (Tabelle 1) 151 . Wer seinerzeit die Larven schnitzte, ist<br />

nicht bekannt; ein Hinweis darauf, woher die Larven stammen, könnte allerdings sein, dass die Holzfigur des Hl.<br />

Josef in der Stadtkirche Wolfach aus der Werkstatt der Villinger Holzschnitzerfamilie Schupp stammt 152 , die<br />

nachweislich auch Larven für die Villinger <strong>Fasnet</strong> schnitzte 153 .<br />

139 Zedler: Grosses Vollständiges Univeral Lexicon IX, 1436f., s. v. Follis.<br />

140 Köbler: Indogermanisches Wörterbuch, s. v. *b h el- (3); Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 145, s. v. blasen, 146, s. v. Blatter.<br />

141 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1001, s. v. Phallus; Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen Päderastie, 113 Anmerkung 14. –<br />

Johann Wolfgang Goethe klagt in einem 1790 in Venedig entstandenen, aber erst 1914 veröffentlichten Epigramm:<br />

Gib mir statt »Der Sch ....« ein ander Wort, o Priapus,<br />

Denn ich Deutscher, ich bin übel als Dichter geplagt.<br />

Griechisch nennt ich dich fallo$, das klänge doch prächtig den Ohren,<br />

Und lateinisch ist auch mentula leidlich ein Wort.<br />

Mentula käme von mens, der Sch .... ist etwas von hinten,<br />

Und nach hinten war mir niemals ein froher Genuß.<br />

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 167.812. – Zu diesem Epigramm vgl. Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen Päderastie, 111-<br />

139.<br />

142<br />

1 fl = 60 kr ≈ 63 €; 1 kr ≈ 1,05 €. Zu Geldwert und Kaufkraft im 18. Jahrhundert siehe Wolff: Johann Sebastian Bach, 578-580.<br />

143<br />

Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

144<br />

Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

145<br />

Disch: Chronik Wolfach, 445.<br />

146<br />

Disch, Chronik Wolfach, 314.<br />

147<br />

Disch, Chronik Wolfach, 323.<br />

148<br />

Leibbrand: Vom Sinn der Fastnacht, 55.<br />

149<br />

Moser, D.-R.: Ein Babylon der verkehrten Welt, 16.<br />

150<br />

Krausbeck: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Moser.<br />

151<br />

Vgl. hierzu Wagner: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. – Im Besitz des Freiburger Augustinermuseums befinden sich zwei <strong>Wolfacher</strong> Holzlarven, die<br />

dort als Chäslarven bezeichnet werden. Mitteilung von J. Krausbeck vom 14.3.1987. – Vom 18.12.2004 bis zum 28.3.2005 war in der<br />

vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe organisierten Ausstellung Entlarvt! Von Masken und Maskeraden neben den historischen<br />

Larven aus dem Museum Schloss Wolfach auch ein <strong>Wolfacher</strong> Schellenhansel zu sehen. Seim: Entlarvt! Von Masken und Maskeraden,<br />

50, 54, 70f., 74, 78, 84; Langer: Der Mensch und seine Maske, 20.<br />

152<br />

Der Hl. Josef wird Johann Schupp (1631-1713) zugeschrieben. Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 104f. – Eine dem<br />

<strong>Wolfacher</strong> Josef sehr ähnliche Holzfigur mit dem Jesuskind von Johann Schupp findet sich in der Benediktinerkirche in Villingen.<br />

153<br />

Jakel: Der Narrenschopf Bad Dürrheim.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 23<br />

Neben Larven aus Holz gibt es auch je eine aus Blech und Drahtgaze 154 (Tabelle 1, Nr. 6 und 16). <strong>Die</strong><br />

Drahtgazelarve stammt vermutlich aus der Produktion der Firma Kochnitz in Sonneberg in Thüringen, das sich<br />

gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Zentrum der „Maskenindustrie“ entwickelte, deren Larven bis nach<br />

Südamerika exportiert wurden 155 .<br />

Der Hafner Bartholomäus Koch stellte gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Tonlarve in Anlehnung an<br />

Villinger Vorbilder her (Tabelle 1, Nr. 5). Es stimmt also nicht, wie Prof. Mezger behauptet 156 , dass die in der<br />

Antike gepflegte Tradition der Tonlarven keine Weiterführung gefunden habe und diese spätestens im 17. Jahrhundert<br />

vollständig durch Holzmasken ersetzt worden seien. Kochs Larve diente ab 1981 als Vorbild für die<br />

Holzlarven des Streifenhansels.<br />

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts scheint der Bedarf an Larven stark gestiegen zu sein. Um deren Produktion<br />

zu vereinfachen, formte der Hafner Josef Schweitzer († 1835) mehrere Larvenmodel aus Ton und Gips, auf<br />

denen der Porträtmaler Josef Moser (1783-1865) Papierlarven fertigte und anschließend bemalte (Tabelle 1, Nr.<br />

17-21) 157 . Auch im 20. Jahrhundert gab es Versuche, die Herstellung von Larven durch neue Techniken zu vereinfachen<br />

und günstiger zu gestalten: Um 1970 entstand eine Schellenhansellarve durch den Gipsabdruck einer<br />

Holzlarve, der mit einer Plastikmasse ausgegossen wurde; anschließend bemalte Josef Krausbeck die Kopie, die<br />

aber nur einmal an der <strong>Fasnet</strong> von Elisabeth Bächle getragen wurde (Tabelle 1, Nr. 23).<br />

Tabelle 1: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>larven aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert<br />

Larve<br />

Museum Schloss Wolfach<br />

Material<br />

Inventar-Nr.<br />

Hersteller/Herkunft Datum<br />

1. Vorbild für Schellenhansel 158 1989/43 Holz 18. Jh.<br />

2. Vorbild für Röslehansel, rot 159 1989/55 Holz 18. Jh.<br />

3. Vorbild für Röslehansel, schwarz 160 Privatbesitz 161 Holz 18. Jh.<br />

4. Vorbild für Nussschalenhansel 162 1989/54 Holz nach Rottweiler Vorbild? 18. Jh.<br />

5. Vorbild für Streifenhansel 163 Privatbesitz 164 Ton Bartholomäus Koch ca. 1880<br />

6. Vorbild für Spättlehansel 165 1989/50 Blech 18. Jh.<br />

7. Vorbild für erste Gullerreiterlarve 166 1989/49 Holz 18. Jh.<br />

8. Mädchengesicht 167 Privatbesitz 168 Holz 18. Jh.<br />

9. Mädchengesicht 169 1989/40 Holz 18. Jh.<br />

10. Kavalier mit Schnurrbart 170 Privatbesitz 171 Holz 18. Jh.<br />

11. Kavalier mit Schnurrbart 172 1989/41 Holz 18. Jh.<br />

12. Larve mit Schnurr- und Knebelbart Augustinermuseum Holz 18. Jh.<br />

13. Larve Augustinermuseum Holz 18. Jh.<br />

14. Glattlarve „Pierrot“ 173 1989/42 Holz 17. Jh.<br />

154 <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Drahtgazelarve wird nicht erwähnt in: Zur Geschichte der organisierten Fastnacht, 136.<br />

155 Seim: Entlarvt! Von Masken und Maskeraden, 72-77. – Zur Bedeutung der Thüringer Maskenproduktion für die Entwicklung der <strong>Fasnet</strong>-<br />

und Karnevalsbräuche in Deutschland siehe Stoll: <strong>Die</strong> Werkstatt des Prinzen Karneval; Stoll: Bigotphones.<br />

156 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 63.<br />

157 Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 140f; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 15f. – Heutzutage werden<br />

Larven aus Pappmaché von den Narren meist wenig geschätzt, siehe Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>,<br />

62. – Zu Josef Moser, der in der Vorstadtstraße 49 wohnte, siehe: In seinen Werken lebt Josef Moser weiter; Disch: Chronik Wolfach,<br />

89f.<br />

158 Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 138 unten rechts.<br />

159 Abbildung in Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 52.<br />

160 Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 138 oben links; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt,<br />

56.<br />

161<br />

Zwei Fotografien im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/37, 1989/38. – <strong>Die</strong> Larve befindet sich im Besitz der Familie<br />

Moser/Carosi (Buchbinderei), Vorstadtstraße 35, Wolfach.<br />

162<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 138 unten links.<br />

163<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 139 oben rechts; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt,<br />

18. – <strong>Die</strong> nach diesem Vorbild neu geschnitzten Larven des Streifenhansels sind aus Holz.<br />

164<br />

<strong>Die</strong> vom <strong>Wolfacher</strong> Hafner Bartholomäus Koch vermutlich nach Villinger Vorbildern um 1880 gefertigte Tonlarve befand sich als Leihgabe<br />

im Museum Schloss Wolfach (Inventar-Nr. 1989/52), musste aber am 13.12.1990 an die Erben der Familie Wilhelm Moser<br />

zurückgegeben werden. Heute ist im Museum nur noch eine von Gebhard Bächle gefertigte Kopie aus Pappmaché ausgestellt (Inventar-<br />

Nr. 1989/52a).<br />

165<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 139 oben links; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt,<br />

22.<br />

166<br />

Das baumwollene Tuch dieser Larve ist mit roten Blumen und Palmen sowie einem auf einem Pferd reitenden Neger bedruckt, der mittels<br />

eines Lassos eine Kuh einzufangen versucht. <strong>Die</strong> Larve diente auch als Vorbild für die Larve des Krausbeckschen Ur-Hansels von 1927.<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 138 oben rechts; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt,<br />

36.<br />

167<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 138 oben mitte.<br />

168<br />

Fotografie im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/35. – <strong>Die</strong> Larve befindet sich im Besitz der Familie Moser/Carosi (Buch-<br />

binderei), Vorstadtstraße 35, Wolfach.<br />

169 Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 138 unten mitte; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt,<br />

38.<br />

170 Abbildung in Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 30.<br />

171 Fotografie im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/36. – <strong>Die</strong> Larve befand sich im Besitz von Otto Schmidt (Blechnerei),<br />

Schlossstraße 26, Wolfach, und gilt seit 1989 als verschollen.<br />

172 Abbildung in Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 40.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 24<br />

15. Glattlarve „Heuchelei“ 174 1989/53 Holz 17. Jh.<br />

16. Drahtlarve 175 1989/46 Draht Fa. Kochnitz in Sonneberg (Thüringen) 176 ca. 1879<br />

17. Larvenmodel (Schellenhansel) 177 1989/47 Gips F. Schweitzer 178 vor 1835<br />

18. Papierlarve (Abdruck von 17) 179 1989/48 Papier Georg Straub ca. 1930<br />

19. Larvenmodel für Papierlarven 180 1989/44 Ton F. Schweitzer 181 vor 1835<br />

20. Larvenmodel für Papierlarven 182 1989/45 Ton F. Schweitzer 183 vor 1835<br />

21. Larvenmodel für Papierlarven 184 1989/51 Ton F. Schweitzer 185 vor 1835<br />

22. Entwurf der ersten Rungunkellarve Privatbesitz Holz Franz Storz 1958<br />

23. Schellenhansellarve, Abguss 1989/61 Plastik Josef Krausbeck ca. 1970<br />

24. Larve Schwarzer Röslehansel 186 1989/58 Holz Josef Glück (Biberach / Baden) 1971/72<br />

Auf dem Gemälde Allegorie der Heuchelei des italienischen Malers Lorenzo Lippi (1605-1665) 187 ist eine Frau<br />

zu sehen, die in der einen Hand eine Larve hält, in der anderen eine Frucht. <strong>Die</strong> Larve ähnelt sehr stark einer<br />

<strong>Wolfacher</strong> Holzlarve, die demnach stilistisch betrachtet bereits aus dem 17. Jahrhundert stammen könnte<br />

(Tabelle 1, Nr. 15) 188 ; damit bestätigt sich die Vermutung eines großen italienischen Einflusses auf die Gestaltung<br />

der <strong>Wolfacher</strong> Hansel, der sich auch in den beiden an venezianische Vorbilder erinnernden Larven des<br />

roten und schwarzen Röslehansels zeigt. Bei der Frucht, die die Frau in der anderen Hand hält, dürfte es sich<br />

nicht, wie Prof. Mezger schreibt 189 , um einen Granatapfel handeln, denn dieser ist mit einer durchweg positiven<br />

Bewertung belegt und wird als ein Symbol der Fruchtbarkeit und Attribut des Göttlichen im mythologischen und<br />

religiösen Bereich der Antike angesehen 190 , sondern um einen Sodomsapfel, der zur Barockzeit als Sinnbild der<br />

Heuchelei galt, wie ein Arientext belegt, den Johann Sebastian Bach in seiner Kantate BWV 179 vertonte 191 :<br />

Falscher Heuchler Ebenbild<br />

Können Sodomsäpfel heißen,<br />

<strong>Die</strong> mit Unflat angefüllt<br />

Und von außen herrlich gleißen.<br />

Heuchler, die von außen schön,<br />

Können nicht vor Gott bestehn.<br />

<strong>Die</strong> Sodomsäpfel, die Früchte des Oschers 192 , spielen auf eine von dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus<br />

Flavius (um 37 bis 100 n. Chr.) berichtete Überlieferung an, nach der diese von außen eßbaren Früchten<br />

gleichen, sich jedoch, wenn man sie pflücke, in Rauch und Asche auflösen 193 .<br />

<strong>Die</strong> heute in fast allen Narrenorten für die als historisch angesehenen Hästräger bis ins kleinste Detail genau<br />

festgelegten Kleiderordnungen, auf deren exakte Einhaltung meist peinlich genau geachtet wird, sind eine neuzeitliche<br />

Entwicklung des 20. Jahrhunderts 194 . <strong>Die</strong>se Historisierung des närrischen Brauchtums begann um 1900<br />

zunächst als Gegenbewegung zu der ab 1823 vom Rheinland ausgehenden Karnevalisierung der <strong>Fasnet</strong> und<br />

verstärkte sich nach dem 1. Weltkrieg, als die <strong>Fasnet</strong> zunächst generell verboten gewesen war und dann nur in<br />

den Orten mit einem traditionellen <strong>Fasnet</strong>brauchtum nach und nach wieder gefeiert werden durfte. Um künftig<br />

173<br />

Abbildung in Wagner: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

174<br />

Abbildung in Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 62. – Eine ähnliche Larve ist auf dem Gemälde Allegorie<br />

der Heuchelei des italienischen Malers Lorenzo Lippi (1605-1665) abgebildet, siehe weiter unten.<br />

175<br />

Abbildung in Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 20; Seim: Entlarvt! Von Masken und Maskeraden, 74.<br />

176<br />

Seim: Entlarvt! Von Masken und Maskeraden, 74.<br />

177<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 139 unten links; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt,<br />

17 links.<br />

178<br />

Entwurf von Josef Moser?<br />

179<br />

Papierlarve hergestellt und bemalt von Georg Straub. Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 139<br />

unten rechts; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 17 rechts.<br />

180<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 140.<br />

181<br />

Entwurf von Josef Moser?<br />

182<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 140.<br />

183 Entwurf von Josef Moser?<br />

184 Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 140.<br />

185 Entwurf von Josef Moser?<br />

186 Das ist die erste neu geschnitzte Larve für die 1975 wieder belebten schwarzen Röslehansel. Sie gilt derzeit (2009) als vermisst.<br />

187 Das Bild befindet sich im Musée des Beaux Arts in Angers (Frankreich). – Zu Lippi siehe: Kindlers Malereilexikon, 5873-5875, s. v.<br />

Lippi, Lorenzo.<br />

188 Abbildung der Larve und von Lippis Gemälde in Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 62.<br />

189 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 62.<br />

190 Grimm: Deutsches Wörterbuch VIII, 1836, s. v. Granatapfel.<br />

191 Zitiert nach Dürr: <strong>Die</strong> Kantaten von J. S. Bach II, 550. – Auch in den Kantaten BWV 54 und 95 werden die Sodomsäpfel erwähnt. Dürr:<br />

<strong>Die</strong> Kantaten von J. S. Bach I, 292; II, 608. – Der Name geht zurück auf die biblische Stadt Sodom, siehe: <strong>Die</strong> Bibel, 1. Moses 19 und<br />

Anmerkung 262.<br />

192 <strong>Die</strong> Steppenpflanze Oscher, lat. Calotropis procera, ist eine afrikanisch-südasiatische Art der Schwalbenwurzgewächse mit apfelähnlicher<br />

Frucht und langhaarigen Samen. dtv-Lexikon XIII, 241, s. v. Oscher.<br />

193 Dürr: <strong>Die</strong> Kantaten von J. S. Bach I, 293. – In der Literatur lässt sich der Begriff bei Bettina von Arnim, Herder, Hofmannsthal, Jean Paul,<br />

Johann Klaj und Heinrich Zschokke nachweisen. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 31.934, 253.075, 274.028, 295.631,<br />

313.575, 602.237. Nach Grimm: Deutsches Wörterbuch XVI, 1400, s. v. Sodomsapfel, bedeuten Sodomsäpfel bildlich rote Mädchenbacken;<br />

weitere Bedeutungen sind hier nicht angegeben.<br />

194 Zur Historisierung der <strong>Fasnet</strong> siehe Schwedt: Zur Pflege fasnachtlichen Brauchtums in Südwestdeutschland.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 25<br />

gegen ähnliche Verbote besser protestieren zu können, gründeten einige Narrenzünfte 1924 die VSAN, die erste<br />

Vereinigung ihrer Art, die den vom Gesetzgeber verlangten historischen Anspruch an die <strong>Fasnet</strong>bräuche für ihre<br />

Mitgliedszünfte übernahm 195 . Sie bewirkte damit eine nachhaltige Umgestaltung der <strong>Fasnet</strong>, denn nun galt es, ihr<br />

den Anschein eines möglichst hohen Alters zu verleihen als Schutz gegen weitere Verbote; selbst in den heute<br />

allgemein als altehrwürdig angesehenen Narrenhochburgen wie beispielsweise Elzach oder Rottweil gab es zu<br />

jener Zeit wesentliche Veränderungen des Brauchtums und der Narrenfiguren 196 .<br />

In Wolfach lässt sich nach dem Beitritt der Narrenzunft zur VSAN im Jahre 1933 eine ähnliche Entwicklung<br />

beobachten 197 . Als die VSAN bei ihrer Hauptversammlung 1937 eine Erhebung über die geschichtlichen Grundlagen<br />

der Mitgliedszünfte erstellte, gehörte Wolfach aber noch nicht zu jenen Zünften, denen eine alte und gesicherte<br />

Tradition bescheinigt wurde 198 . Aus dem Bemühen um die offizielle Anerkennung als historische Zunft<br />

entstand damals das <strong>Fasnet</strong>spiel Der Narrogeist im Faß von Josef Krausbeck 199 , der im Auftrag der Narrenzunft<br />

deren Geschichte bei der Hauptversammlung vorgestellt hatte.<br />

Das an den romantischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts orientierte volkskundliche Schrifttum jener<br />

Zeit, vor allem die Veröffentlichungen von Hermann Eris Busse (1891-1947) 200 , förderten die Historisierung und<br />

Mythologisierung der <strong>Fasnet</strong> sehr stark, die im 3. Reich auch politisch eine große Unterstützung fanden. Dazu<br />

kam, dass die durch die VSAN organisierten Narrentreffen, die es zuvor nicht gab, den einzelnen Zünften nun<br />

erstmals auch eine Plattform boten, ihre <strong>Fasnet</strong> außerhalb der eigenen Stadtmauern bekannt zu machen und so<br />

entwickelte sich eine Art Konkurrenz unter den Zünften um die schönste <strong>Fasnet</strong> und das schönste Häs 201 . Eine<br />

ähnliche Wirkung hatten die 1992 eingeführten Fernsehübertragungen der Narrentreffen, bei denen die Zünfte<br />

nun auch auf dem Bildschirm um die Zuschauergunst konkurrieren und das Brauchtum manchmal den Gegebenheiten<br />

des fernsehtechnischen Ablaufes angepasst wird, entweder auf Wunsch des übertragenden Fernsehsenders<br />

oder zur besseren Eigendarstellung der Zunft 202 . Dass den Zünften von den jeweiligen Veranstaltern tatsächlich<br />

offizielle Verhaltensvorschriften bei den Fernsehnarrentreffen gemacht werden, obwohl dies vom Moderator der<br />

Fernsehübertragungen Prof. Werner Mezger abgestritten wird, beweisen die Benimm-Regeln, die die Narrenzunft<br />

Bad Cannstatt vor ihrem großen Narrentreffen 1992 allen teilnehmenden Narrenzünften schriftlich mitgeteilt hat,<br />

weil das Fernsehen (SWF 3) live überträgt 203 .<br />

1.4.2. Elfemessen<br />

Nach einer Anordnung des fürstenbergischen Oberamts von 1804 solle das Maskenlaufen an den drei <strong>Fasnet</strong>tagen<br />

Donnerstag, Montag und <strong>Die</strong>nstag vor dem vormittägigen Gottesdienst unterbleiben 204 . Es ist anzunehmen,<br />

dass sich aus dieser Vorgabe die drei Elfemessen entwickelten, denn der Ausdruck Elf-Uhr-Messe bezeichnete<br />

ursprünglich den das ganze Jahr über um 11 Uhr im Anschluss an den morgendlichen Gottesdienst in einer<br />

Gastwirtschaft abgehaltenen Frühschoppen der Flößer 205 .<br />

Seit 1867 lässt sich dieser Brauch schriftlich nachweisen. Damals erschien im Kinzigthäler ein Inserat, dass<br />

am fidele Sunntig im luschdige Bruoder eine närrische Elfemeß stattfinde 206 . Auf dem Festspielplakat aus jenem<br />

Jahr kündigt die närrische Gesellschaft für den Narren-Möntig, den 4. März 1867, vormittags um 10 Uhr den<br />

Allarm zur Elfe-Meß im Schützen am scharfen Eck an 207 .<br />

<strong>Die</strong> Zuteilung der drei Elfemessen an je eine Wirtschaft wurde ab Ende des 19. Jahrhunderts alljährlich durch<br />

das Närrische Comité neu geregelt und den Wirten schriftlich mitgeteilt, die die durch einen bezahlten Narrenboten<br />

überbrachte Benachrichtigung durch ihre Unterschrift zu bestätigen hatten. 1891 bat die damalige Narrenvereinigung<br />

die Elfemess-Wirte, den alten Gebrauch, bei 11-Uhr-Messen unentgeltlich Speisen zu verabreichen,<br />

aufzugeben und sich voll bezahlen zu lassen 208 . Das Comité der Freien Narrengesellschaft wies 1908 die Wirte<br />

nochmals ausdrücklich darauf hin, dass der früher übliche Brauch, Speisen und Getränke unentgeltlich abzu-<br />

195<br />

Mezger: Vom organischen zum organisierten Brauch, 18-20.<br />

196<br />

Schicht: <strong>Die</strong> Rottweiler <strong>Fasnet</strong> als „heimatliches“ Symbol.<br />

197<br />

Einzelheiten zur Neugestaltung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>figuren siehe Abschnitt 2.<br />

198<br />

Dold / Heim: Zur Geschichte der VSAN, 71.<br />

199<br />

Krausbeck: 160 Jahre <strong>Wolfacher</strong> Narrenzunft.<br />

200<br />

Busse: Alemannische Volksfastnacht (1935); Busse: Alemannische Volksfastnacht (1937).<br />

201<br />

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts lässt sich bei einigen Narrenzünften eine Rückbesinnung auf ihre ursprünglichen Hästypen feststellen,<br />

wie sie vor der Historisierungswelle der 1930er-Jahre ausgesehen haben. Als Beispiel seien die Endinger Altjokili genannt. Vetter:<br />

Endinger präsentieren den Altjokili.<br />

202<br />

Zur Entwicklung der Fernsehübertragungen und zu den Wechselbeziehungen zwischen <strong>Fasnet</strong> und Fernsehen siehe von Örtzen: Fastnacht<br />

und die Medien.<br />

203<br />

<strong>Die</strong>se Regeln werden in einem Bericht im OT vom 27.1.1992 zitiert.<br />

204<br />

Disch: Chronik Wolfach, 444. – Auf die Einhaltung der Gottesdienstzeiten und das sittliche Verhalten der Einwohner wurde in Wolfach<br />

seit der Reformationszeit besonders stark geachtet, da es an das württembergisch-protestantische Gebiet grenzte. Stüble / Schmider: <strong>Die</strong><br />

katholische Pfarrgemeinde, 22.<br />

205<br />

Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 13.<br />

206<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 47. – Zur Geschichte der Elfemessen siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die<br />

närrische Vergangenheit, 47-49.<br />

207<br />

Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/29.<br />

208<br />

Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 47.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 26<br />

geben, aufgehoben sei. <strong>Die</strong>ser Brauch der kostenlosen Bewirtung dürfte auf die als Schauertag bezeichnete und<br />

ursprünglich von der Stadt seinen Bürgern bezahlte Ratszehrung am Aschermittwoch zurückgehen 209 .<br />

Im Anschluss an die Elfemessen werden seit jeher kostenlos Brezeln an die Kinder verteilt. Eine erste ausführliche<br />

Schilderung dieses Brauches aus dem Jahre 1895 findet sich in der handschriftlichen Chronik der Stadt<br />

Wolfach von August Armbruster (1860-1933) 210 :<br />

Wem gellen sie nicht noch tagelang nach Faßnacht in den Ohren, die schönen, schon uralten<br />

Fasßnachtsreime, welche die hiesige Schuljugend hungrig wie die Kirchenmäuse und beutegierig wie die<br />

Wölfe vor den Elfemeßwirtschaften herunterjohlen und herunterleiern? Und wenn sich dann einer der<br />

Elfimeßler der ausgehungerten Schreier erbarmt und eine Partie Bretschle hinauswirft, wie fallen sie dann<br />

übereinander her, raufen und balgen sich darum, wie wenn man Hühnern Futter vorwirft. Doch wenn sich<br />

keiner der Schreier erbarmen will, dann setzen sie einem der bekannten [Männer] im Lokal das Messer an<br />

den Hals, indem sie herausjohlen ‚Der Wilhelm soll rusgucke!’ Sind die abfallenden Bretscheln etwas dünn<br />

gesät, so wird derselbe mit dem Ruf ‚Hennefuater’ abgedankt. Kommt aber gar nichts für die Schreihälse<br />

heraus, so wird mit dem Zornrufe ‚Hungerliider’ 211 den kneipenden 212 Elfimeßlern die Entrüstung von<br />

Jungwolfach Ausdruck gegeben.<br />

Ergänzend dazu schreibt 1920 Franz Disch (1870-1948) in seiner Stadtchronik 213 , wie sich die junge Schar gierig<br />

auf die Beute wirft und darum balgt und rauft: Während der eine triumphierend eine halbe oder gar ganze<br />

Bretzel erobert, muß der andere froh sein, sich mit ziemlich heilen Händen aus dem Menschenknäuel herauslösen<br />

zu können. Wirft der ‚Karle’ oder wie der Betreffende gerade heißt, viele Brezeln aus, dann schreit alles:<br />

Der Karle soll lebe. <strong>Die</strong> ursprüngliche Spontaneität des Brezelauswerfens ging mit der Zeit verloren. Heutzutage<br />

steht am Eingang zur Elfemesswirtschaft jeweils ein Narrenpolizist, der die Kinder zum Rufen der <strong>Fasnet</strong>sprüche<br />

animiert.<br />

<strong>Die</strong> Brezel galt ursprünglich als eine typische von Mönchen kreierte Fastenspeise am Aschermittwoch, deren<br />

Form zum Beten verschränkte Arme symbolisieren soll, worauf schon ihr Name hindeutet, der auf das lat.<br />

brachitum ‚Gebäck in Gestalt verschlungener Arme’ bzw. mlat. bracellus ‚eine Art Kuchen, Malzkuchen’, abgeleitet<br />

von lat. bracchium ‚Arm’, zurückgeht 214 . Durch eine Anordnung aus dem Jahre 1667 waren die Bäcker<br />

in Wolfach unter Strafandrohung dazu verpflichtet, zuer Zeit der Fasten neubachen Bretzen [zu] haben und daß<br />

bei Straf des Pfunds 215 . 1771 wollen die Becken wegen Teure der Früchten keine Pretschgen auf den Aschermittwoch<br />

und in den Fasten backen 216 . Kriegsbedingt werden 1795 die Beckhen enthoben, Prezeln über die<br />

Fastenzeit zu backen 217 . Im Lauf des 19. Jahrhunderts verschob sich dann der Brauch des Brezelessens von<br />

Aschermittwoch auf die <strong>Fasnet</strong>zeit. Womöglich geht dies auf den von 1856 bis 1860 in Wolfach tätigen Pfarrverweser<br />

Ernst Ginshofer zurück, auf dessen Betreiben hin bereits das Schauertagsessen von Aschermittwoch<br />

auf den <strong>Fasnet</strong>zieschtigabend verlegt wurde und der damit tatkräftig die katholische Kirche in ihrem damaligen<br />

Bestreben unterstützte, den Aschermittwoch als ersten Fastentag von außerkirchlichen Bräuchen frei zu halten 218 .<br />

Als bei der Martinisitzung 2001 der Narrenrat Christian Keller als Festabzeichen eine Miniaturbrezel vorschlug,<br />

entgegnete Narrenvater Heiner Oberle, dass die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> weniger was mit Brezeln zu tun<br />

habe 219 . Als Reaktion auf diese Diskussion verteilte Oberle, als Obdiger-Meister Keller verkleidet, bei der<br />

Elfemess am <strong>Fasnet</strong>zieschtig Miniaturbrezeln an die Zuschauer. Im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 32 (2002) erschien<br />

dazu ein verulkender Beitrag. Beim Helferfest der Narrenzunft im Juni 2002 verhandelte ein Narrengericht den<br />

Fall und degradierte dabei Oberle wegen Missachtung des historischen Brauchtums zum Däfelebue 220 .<br />

Bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig beteiligen sich seit den 1990er-Jahren in großer Zahl die zuvor<br />

von der Narrenzunft befreiten Schüler, die sich meist klassenweise zu einem bestimmten Thema fantasievoll<br />

kostümieren. Bereits bei den Jungnarrenversammlungen, die in den Wochen vor der <strong>Fasnet</strong> stattfinden, lässt der<br />

närrische Nachwuchs seiner Kreativität in der Gestaltung von Verkleidungen freien Lauf, auch wenn er sich<br />

dabei oft im Rahmen klassischer Standardtypen wie Cowboy, Clown, Hexe oder Gespenst bewegt oder sich an<br />

den von Fernsehen und Medien vorgegebenen Gestalten, beispielsweise Batman oder Harry Potter, orientiert.<br />

209<br />

Zur Geschichte des Schauertags siehe Abschnitt 1.4.6 Der Schauertag.<br />

210<br />

Armbruster: Das alte <strong>Wolfacher</strong> Rath- und Schulhaus. Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 48. - Zu<br />

Armbruster siehe Abschnitt 1.9 Mediengeschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

211<br />

Hungerliider ‚Hungerleider’.<br />

212<br />

kneipen ‚zechen’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 679, s. v. Kneipe.<br />

213<br />

Disch: Chronik Wolfach, 442. – Studienrat Franz Disch leitete von 1909 bis 1929 als Vorstand die Bürgerschule und wurde 1929 wegen<br />

seiner heimatgeschichtlichen Forschungen zum ersten Ehrenbürger der Stadt Wolfach ernannt.<br />

214<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 170, s. v. Brezel.<br />

215<br />

Disch: Chronik Wolfach, 65.<br />

216<br />

Disch: Chronik Wolfach, 65.<br />

217<br />

Disch: Chronik Wolfach, 568.<br />

218<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 630. – <strong>Die</strong> Brezel war in Südwestdeutschland auch am Karfreitag eine allgemein beliebte Fastenspeise.<br />

Nüchtern gegessen sollte sie vor Fieber schützen. Meier: Deutsche Sagen, 387 Nr. 40, 388 Nr. 48.<br />

219<br />

Bericht im Schwabo vom 14.11.2001.<br />

220 Bericht im Schwabo vom 18.6.2002.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 27<br />

<strong>Die</strong> freien Gruppen an der Elfemess, die lustige oder bemerkenswerte Ereignisse des vergangenen Jahres<br />

glossieren und die auch als Elfemessler bezeichnet werden, versuchen, mit ihrer Verkleidung und ihrem Verhalten<br />

den dargestellten Personen möglichst ähnlich zu sehen.<br />

1.4.3. <strong>Fasnet</strong>bälle<br />

Bereits im 18. Jahrhundert gab es in Wolfach närrische Tanzveranstaltungen in den Lokalen. Als ein <strong>Wolfacher</strong><br />

Bürger am <strong>Fasnet</strong>zieschtig 1789 bei der Löschung eines Brandes in Gengenbach fehlte, gab er als Entschuldigung<br />

an, er habe in der Stubenwirtschaft im Rathaus aufgespielet, also Musik gemacht 221 . Als 1793<br />

während des 1. Koalitionskrieges (1792-1797) im Schloss Lazarette eingerichtet werden, wird die<br />

Oberamtscanzlei in die große Ratsstube verlegt, weshalb sich Stubenwirt Johannes Schihle beschwert, dass er<br />

damit jede Gelegenheit verloren habe, öffentliche Lustbarkeiten über Kirchweihe, Fastnachtzeiten und besonders<br />

bei dem starken Militär-commando Tanzen und Zechen abzuhalten 222 . Gewöhnlich musste für Tanzbelustigungen<br />

während des Jahres beim Oberamt von auswärtigen Musikern eine Tanzlizenz erworben werden,<br />

die dafür entrichteten Rekognitionsgelder ‚Beglaubigungsgelder’ – 1777 betrug die Gebühr pro Tag 1 fl 30 kr –<br />

flossen in den fürstenbergischen Schulfond; nur zu <strong>Fasnet</strong>- und Kirchweihzeiten entfielen diese Zahlungen 223 .<br />

Aus den Jahren 1835 und 1836 haben sich Eintrittskarten für Bürgerbälle im Rathaussaal erhalten 224 .<br />

Seit den 1930er-Jahren veranstaltet die Narrenzunft am <strong>Fasnet</strong>samschtig den Zunftball, der sich aus bescheidenen<br />

Anfängen zum beliebtesten <strong>Fasnet</strong>ball in Wolfach entwickelte und einen Höhepunkt freier närrischer<br />

Verkleidungskunst darstellt. Zunächst fand er in der Gastwirtschaft „Zum Salmen“ statt, die damals noch über<br />

mehrere Räumlichkeiten verfügte: Links im Erdgeschoss gab es den großen Friedrichssaal, im Obergeschoss<br />

einen weiteren Saal, dazu einige kleinere Räume, in denen ebenfalls bewirtet wurde. Wegen des großen Erfolges<br />

erweiterte die Narrenzunft nach und nach ihren Ball um die Schlosshalle, die wegen ihrer länglichen Form auch<br />

Mehrzweckschlauch hieß und einen geradezu legendären Ruf erlangte, und weitere Lokale; in manchen Jahren<br />

fand er gleichzeitig in fünf verschiedenen Lokalitäten mit je einer Tanzkapelle statt, für die dieselbe Eintrittskarte<br />

galt, was den einzigartigen Reiz dieses Balles ausmachte. Eine große Attraktion in der Gastwirtschaft<br />

„Zum Kranz“ war eine Rutsche vom großen Saal in die Kellerbar. 1950 verkehrte zwischen den Lokalen Kranz,<br />

Krone und Kreuz eine Straßenbahn mit einem Fassungsvermögen von etwa 20 Personen. Am <strong>Fasnet</strong>sunntig fuhr<br />

damit eine Abordnung nach Haslach zum Festspiel. Gelegentlich stand der Ball unter einem bestimmten Motto<br />

(1957 beispielsweise Eine Nacht in Alt-Wien). Bis in die 1980er-Jahre hinein verhüllten sich viele Zunftballgäste<br />

bis Mitternacht ihr Gesicht mit Halbmasken, überwiegend aus Stoff, um sich unerkannt und ungeniert dem<br />

närrischen Treiben hingeben zu können.<br />

Über viele Jahre hinweg spielte sich das Ballgeschehen schließlich in den Gasthäusern Krone, Kreuz und<br />

Herrengarten ab sowie in der Schlosshalle, die 1977 von der neu erbauten Festhalle bei der Realschule am<br />

Herlinsbach auf der Insel als Zunftballlokal abgelöst wurde. Durch die weite Distanz zum Geschehen in der<br />

Stadt kamen jedoch immer weniger Gäste dorthin; so entschloss sich die Narrenzunft, ab 1985 auf die Festhalle<br />

zu verzichten und die Schlosshalle zu reaktivieren. Bei den Dammfesten 1996, 2000 und 2005 trat an die Stelle<br />

der Schlosshalle jeweils das Festzelt auf dem Damm 225 . Im Jahr 2010 gab es statt des Dammfestes ein kleines<br />

Narrendorf mit Festzelt im Schlosshof. Zugleich fand im Museum Schloss Wolfach, das zu der Zeit gerade baulich<br />

saniert wurde, eine „Geisterparty“ statt.<br />

Mit der Zeit verteilten sich beim Zunftball die Narren auf immer mehr Wirtschaften, in denen zwar keine<br />

Tanzkapelle spielte, der Eintritt aber frei war. Schließlich passte die Narrenzunft ihr Zunftballkonzept den veränderten<br />

Gewohnheiten an und verzichtete ab 2001 auf den Eintritt und die von ihr organisierten Tanzkapellen<br />

226 , so dass seither der Ball zugleich in fast allen Lokalitäten der Stadt bei freiem Eintritt gefeiert wird.<br />

Zwischen den Zunftballlokalen herrscht in der Nacht ein lebhaftes Hin und Her. Zahlreiche Musikgruppen<br />

sorgen draußen und drinnen bei ihrem Zug durch die Stadt für die nötige Stimmung. Seit 1975 sind die Musloch-<br />

Singers auf Tour, die 1995 mit einem Festbankett in sämtlichen Beizen 227 unserer Stadt ihr 20-jähriges Bestehen<br />

feierten. 1985 kamen die Biermösels dazu, im Jahr darauf die Chaos Combo. Seit 1972 beteiligt sich die<br />

Guggemusik Erlibach aus Erlenbach in der Schweiz am Zunftball und an den Umzügen.<br />

Viele Narren schließen sich zu kleineren und größeren Gruppen zusammen, die sich passend zu einem selbst<br />

gewählten Thema verkleiden und oft auch närrische Aktionen oder Tänze einstudieren, mit denen sie dann in den<br />

Lokalen auftreten. Hier bietet sich die Gelegenheit, sich, ohne auf überkommene Traditionen Rücksicht nehmen<br />

zu müssen, in nahezu vollkommener Freiheit auf eine Art und Weise zu verkleiden, wie es bei den Umzügen,<br />

dem Festspiel oder Narrentreiben am Schellementig kaum denkbar wäre.<br />

221<br />

Disch, Chronik Wolfach, 528. – Zur Stube im Rathaus siehe Disch: Chronik Wolfach, 108-116.<br />

222<br />

Disch, Chronik Wolfach, 669.<br />

223<br />

Disch, Chronik Wolfach, 129.<br />

224<br />

Abbildungen in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 131f. – <strong>Die</strong> Karten wurden 2004/05 bei einer Ausstellung in<br />

Karlsruhe gezeigt, siehe Seim: Entlarvt! Von Masken und Maskeraden, 50.<br />

225<br />

In manchen Jahren gab es aus verschiedenen Gründen nur zwei oder drei Zunftballlokale, so 1983, 1984, 1988-1990 und 1997.<br />

226<br />

Auslöser für den Verzicht auf das Eintrittsgeld war die vorübergehende Schließung der Gastwirtschaft „Zum Kreuz“.<br />

227 Zum Wort Beiz siehe Anmerkung 87.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 28<br />

Erstmals 1894 lässt sich ein Kinderball schriftlich nachweisen 228 . Der Besitzer des Funkenbades lud damals<br />

per Zeitungsannonce zu einem maskierten Bürgerkinder-Fastnachtsdienstags-Nachmittags-Kaffeekränzchen in<br />

den großen Badsaal 229 . Zwei Jahre später auf den <strong>Fasnet</strong>sunntig verlegt, bildete der Kinderball im Badsaal bis<br />

1939 alljährlich einen der fasnetlichen Höhepunkte für die kleinen Narren. Nach dem 2. Weltkrieg übernahmen<br />

zunächst die Narrenzunft und die jungen Kaffeetanten, ab 1962 der neu entstandene Jungnarrenrat die<br />

Organisation des überwiegend am <strong>Fasnet</strong>zieschtig gefeierten Balles, der von 1956 bis 1959 im Saal der Gastwirtschaft<br />

„Zum Kranz“ und 1960/61 nochmals im Badsaal stattfand, danach in der Schlosshalle und seit 1977 in<br />

der Festhalle auf der Insel. Aus Anlass des Dammfestes wurde der Kinderball 2005 ins 1989 erbaute katholische<br />

Gemeindehaus am Kirchplatz verlegt. Zur <strong>Fasnet</strong> 1999 malte Josef Krausbeck eine Kinderball-Narrenfahne für<br />

die Praxis von Dr. Joachim Dölker in der Vorstadtstraße 44 230 .<br />

1.4.4. Festspiel<br />

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts entstanden in Deutschland, ausgehend von Lübeck (1430) und Nürnberg (1440),<br />

die ersten Fastnachtspiele 231 , womöglich angeregt durch die vor allem in den Niederlanden gepflegten Moralitäten,<br />

eine Form des spätmittelalterlichen Schauspiels mit einer Vorliebe für mythologische Stoffe und<br />

allegorisches Personal 232 . <strong>Die</strong> Textüberlieferung ist stark auf Nürnberg konzentriert, doch gibt es im ganzen<br />

deutschen Sprachgebiet Hinweise auf die einstmals weite Verbreitung dieser literarischen Gattung 233 . <strong>Die</strong> Fastnachtspiele<br />

waren ursprünglich keine weltlichen, sondern in erster Linie geistliche Schauspiele. <strong>Die</strong>s zeigt sich<br />

an ihrer Einbindung in den kirchlichen Festkalender; ihnen fiel die Aufgabe zu, solche Arten von Fehlverhalten<br />

gegen die christliche Lehre aufzuzeigen, die mit Bildern oder Allegorien in Form von Fastnachtfiguren sonst nur<br />

unzureichend darstellbar gewesen wären 234 . <strong>Die</strong>se spezielle Form des Dramas starb nicht im 16. Jahrhundert mit<br />

dem Ende der Spieltradition in Nürnberg aus, wo sie mit den Werken von Hans Sachs (1494-1576) einen bedeutenden<br />

Höhepunkt erlebte 235 , sondern lässt sich über die Jahrhunderte hinweg bis heute kontinuierlich nachweisen<br />

236 . Auch Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) befasste sich mit diesem Genre, wie beispielsweise seine<br />

zwischen 1773 und 1775 entstandenen Farcen und Hanswurstiaden Ein Fastnachtsspiel, Neueröffnetes<br />

moralisch-politisches Puppenspiel und Hanswursts Hochzeit zeigen 237 .<br />

In Klöstern gab es ebenfalls eine Fastnachtspieltradition 238 . Der aus Achern stammende Konstanzer<br />

Regierungsdirektor Josef Ignaz Peter (1789-1872) 239 , der zwischen 1801 und 1803 die Schule des<br />

Prämonstratenserklosters Allerheiligen besuchte, schreibt in seinen Jugenderinnerungen eines badischen Achtundvierzigers<br />

aus den Jahren 1789-1818:<br />

Gegen die Faschingszeit hin wurden passende Schauspielstücke einstudiert. Es gebrach uns weder an einer<br />

Schaubühne, noch an bescheidenen Dekorationen und Kostümen. Der Geist des Scherzhaften und des<br />

Komischen, der zu solcher Zeit in die Leute fährt, war den Klöstern überhaupt nicht fern; nur durften weder<br />

die Geistlichen noch auch die Laienbrüder Rollen übernehmen. Um so geeigneter und um so aufgelegter dazu<br />

waren die Studenten; und wenn es nötig schien, ließen sich in der Nachbarschaft von Allerheiligen leicht<br />

ein paar Spaßvögel finden, die man zu Hilfe rufen konnte 240 .<br />

Einige Fastnachtspiel-Elemente, insbesondere die Typisierung der Personengestaltung und die Figur des<br />

Hanswursts, lebten in den überwiegend in deutscher Sprache geschriebenen, meist humoresken Zwischen- oder<br />

Nachspielen 241 des geistlichen lateinischen Schuldramas fort 242 .<br />

Wolfach ist einer der wenigen Orte im südwestdeutschen Raum, wo seit über 200 Jahren kontinuierlich bis<br />

heute <strong>Fasnet</strong>spiele zu sehen sind, die hier offiziell als Festspiel bezeichnet werden 243 . Zuvor stellen sich die<br />

228 Zur Geschichte des Kinderballs siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 57.<br />

229 Zur Geschichte des Funkenbades, das später zum Kurgartenhotel wurde, siehe Schrempp, O.: Wolfach – Fremdenverkehrsort mit<br />

Tradition.<br />

230 Hermann: Kinderball-Fahne für das Quartier I.<br />

231 Zur Geschichte der Fastnachtspiele siehe Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel.<br />

232 Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 450. Zu den Moralitäten siehe Meid: Reclams elektronisches Lexikon,<br />

s. v. Moralität; Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 222.<br />

233 Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 451f.<br />

234 Moser, D.-R.: Fastnacht und Fastnachtspiel, 144.<br />

235 Zu Leben und Werk von Hans Sachs siehe Hahn: Einleitung; Fastnachtspiele des 15. und 16. Jahrhunderts, 343f.<br />

236 Belege für das 17. und 18. Jahrhundert finden sich in Köhler, A.: Das neuzeitliche Fastnachtspiel.<br />

237 Goethe: Ein Fastnachtsspiel; Goethe: Hanswursts Hochzeit; Goethe: Neueröffnetes moralisch-politisches Puppenspiel. – Vgl. hierzu<br />

Borchmeyer: DuMont Schnellkurs Goethe, Kapitel 3.<br />

238 Über die Fastnachtspiele im Kloster St. Peter zwischen 1750 und 1806 siehe Kaiser: Apollo im Schwarzwaldkloster.<br />

239 Zu Peters Lebensgeschichte siehe Schneider: Josef Ignaz Peter; Vollmer: Joseph Ignaz Peter.<br />

240 Zitiert nach Schneider: <strong>Die</strong> Klosterschule von Allerheiligen, 355. – <strong>Die</strong> Aufzeichnungen von Peter befinden sich heute im Staatsarchiv<br />

Freiburg / Brsg.<br />

241 Nachspiel ‚heiteres oder possenhaftes Spiel, aber auch Pantomime oder Ballett im Anschluss an die Hauptaufführung’. Meid: Reclams<br />

elektronisches Lexikon, s. v. Nachspiel.<br />

242 Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 446, 462; Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Jesuitendrama. –<br />

Zum Hanswurst siehe Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft, Heft 1, 50 Nr. 6, 8, Heft 2, 44<br />

Nr. 10; Eichendorff: Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands, 113.718-113.720.<br />

243 Ein Verzeichnis der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>spiele findet sich im Abschnitt 6.6.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 29<br />

Teilnehmer in einem großen, von den Larventrägern und der Narrenkapelle angeführten Festzug durch die Stadt<br />

dem Publikum vor. Bereits auf dem Festspielplakat von 1867 verkündigt die närrische Gesellschaft, dass am<br />

Narren-Möntig um 12 Uhr mittags ein großer Masken-Zug vom Narren-Garten (Herrengarten) aus durch die<br />

Stadt und Vorstadt ziehen und sodann nachmittags 2 Uhr der große Grünwinkler Jahr-Markt aufgeführt wird 244 .<br />

<strong>Die</strong> in Nürnberg im 15. und 16. Jahrhundert belegte Form der Fastnachtspielaufführungen von durch die<br />

Gastwirtschaften und Häuser der Stadt ziehenden Schauspielern 245 findet sich in abgewandelter Form beim<br />

<strong>Wolfacher</strong> Schnurren 246 .<br />

Bereits im 16. Jahrhundert pflegten die <strong>Wolfacher</strong> die Tradition des geistlichen Dramas 247 , das ursprünglich<br />

aus der Erweiterung der Liturgie entstand, die zu einer szenischen Darstellung des in lateinischer Sprache Gesungenen<br />

führte 248 . In der großen Stube im alten Rathaus spielten die Bürgersöhne am Ostermontag 1595 das<br />

biblische Gleichnis vom verlorenen Sohn 249 , im Jahr darauf am gleichen Termin das Spihl Holopherni 250 , wobei<br />

den beywesenden Personen, deren inn die 60 gewesen, ein Abendtrunk oder nachtimbiß uff dem Rathaus geben<br />

worden, darzue ein Vrtl. Wein kaufft, das Brodt aus der Mühlin gebachen und sonsten für essendt Speiß in allem<br />

uffgangen 10 Pfund, 18 Schilling und 5 Pfennig 251 . 1600 führte ain gemaine Burgerschaft ain Comedi 252 und<br />

Tragedi vom Undergang Sodoma und Ghomorra 253 , item vom Ritter Galmi auf. Den anwesenden 40 Personen<br />

wurden uf dem Rhathauß 4 Ohmen Weins 254 wie auch zimbliche Narung zum Abendt Trunckh geraicht zum Preis<br />

von insgesamt 8 Pfund, 9 Schilling und 1 Pfennig.<br />

<strong>Die</strong> Verfasser der Stücke sind unbekannt. Sowohl der verlorene Sohn als auch die Geschichte um Judith und<br />

Holofernes gehörten zu jenen in der Bibel dargestellten Einzelschicksalen, die im 16. Jahrhundert oft als Vorlage<br />

für Dramatisierungen dienten 255 .<br />

Der aus Colmar stammende Jörg Wickram (um 1505-1555/60) schrieb, vermutlich nach französischen Vorbildern,<br />

1539 einen Roman über die schöne vnd liebliche History vom Ritter Galmyen 256 , der noch dem alten<br />

höfischen Epos nahe steht:<br />

INhalt diser History ist / von eim edlen und theüren Ritter Galmy / uß Schottenland geboren / wie der in so<br />

einer inbrünstigen züchtigen lieb / gegen einer Hertzogin von Britania entzündt / deßhalb er von der<br />

hertzogin uß Britania verschickt / zû bewarung irs gûten leümbdens. Wie auch die Hertzogin / in abweßen irs<br />

herren des Hertzogen / seim Marschalck vertrawt und befolhen / der sye / darumb das sye im nit seins<br />

mûtwillens bewilligen wolt / durch ein erdichte falsche anklag / als ein Eebrecherin gegen dem Landtfürsten<br />

verklagt / und zûm feür verurteylet. Und wie Galmy in eins münchs gestalt / nach dem der Hertzog selbs<br />

wider vom gelobten land kummen / ein kampff mit dem verräterischen Marschalck bestûnd / der hertzogin<br />

unschuld an tag bracht / und den Marschalck ins feür / das er der falsch beklagten Hertzogin bereytet / warff<br />

und verbrant / und nach absterben des Hertzogen / sein geliebte Hertzogin zû der Ee nam / seiner keüschen<br />

waren liebe erfrewet / und ein gewaltiger Hertzog in Britanien ward. Sampt anderem anhang / seer lustig<br />

und on allen anstoß menigklich zû leßen. Mit bezierung irer figuren nach einer yegklicher handlung / so sich<br />

neben und weitleüffiger zûtragen 257 .<br />

Hans Sachs verfasste 1552 über diese Geschichte ein Schauspiel 258 . Von beiden Autoren sind auch Bearbeitungen<br />

des verlorenen Sohnes überliefert 259 . Über Judith gibt es von Sachs neben einer Comedi eine<br />

Spruchdichtung, die sich in dramatischer Form zur Aufführung bringen ließ 260 . <strong>Die</strong> Sachs’sche Spruchdichtung<br />

244 Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/29.<br />

245 Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 441.<br />

246 Zum Schnurren siehe Abschnitt 2.4.1 Schnurranten.<br />

247 Zur <strong>Wolfacher</strong> Theatergeschichte siehe Disch: Chronik Wolfach, 115f., 252; Schrader: Fürst beendet Festspieltradition.<br />

248 Zur Entwicklung des geistlichen Dramas in Deutschland siehe Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 221-232.<br />

249 <strong>Die</strong> Bibel, Lukas 15, 11-32.<br />

250 <strong>Die</strong> Bibel, Buch Judith.<br />

251 <strong>Die</strong> Rechnung nach Pfund, Schilling und Pfennig war in Wolfach bis ins 17. Jahrhundert hinein üblich: 1 Pfund = 20 Schilling, 1 Schilling<br />

= 12 Pfennig. 1651 wurde die Stadtrechnung auf Gulden und Kreuzer umgestellt: 1 fl = 60 kr; 2 fl = 1 Pfund; 1 kr = 2 Pfennig. Disch:<br />

Chronik Wolfach, 487.<br />

252 Der Begriff Komödie bedeutete ursprünglich ‚Lustspiel’ (< lat. cōmoedia), bezeichnete jedoch im 17. und 18. Jahrhundert unter dem<br />

Einfluss des frz. comédie ‚Theater’ vielfach jedes Theaterstück sowie das Theater überhaupt. Etymologisches Wörterbuch des<br />

Deutschen, 698, s. v. Komödie.<br />

253 <strong>Die</strong> Bibel, 1. Moses 19.<br />

254 4 Ohm Wein entsprechen 183 Liter, d.h. pro Person wurden 4,6 Liter Wein ausgeschenkt. Zur Umrechnung der Maßeinheiten siehe Disch:<br />

Chronik Wolfach, 494.<br />

255 Vom verlorenen Sohn gibt es mindestens zehn, von Judith vier literarische Bearbeitungen aus dem 16. Jahrhundert. Sachs: Werke in zwei<br />

Bänden I, 406f., 409; Schneider, M.: Deutsches Titelbuch, 325 Nr. 37-41, 583 Nr. 15-24, 630 Nr. 20; Frenzel: Stoffe der Weltliteratur,<br />

371-373, s. v. Judith, 689-692, s. v. Sohn, Der verlorene. – In Esslingen / Neckar wurde 1556 die histori der Judith und Holofernis uff<br />

dem Bruckenwasen ungefährlich mit 200 gerüstet man gehalten. Dewald: <strong>Die</strong> Zahl der Narren ist unendlich, 73-76.<br />

256 Wickram: Ein schöne und liebliche History. – Vgl. Schneider, M.: Deutsches Titelbuch, 203 Nr. 51; Lorenz: Einleitung, 13. – Wickrams<br />

Roman diente 1806 dem als Erfinder des deutschen Ritterromans geltenden Friedrich de la Motte Fouqué (1777-1843) als Vorlage für<br />

seinen dramatischen Roman Historie vom edlen Ritter Galmy. Lorenz: Einleitung, 11-18.<br />

257 Wickram: Ein schöne und liebliche History, 2.<br />

258 Schneider, M.: Deutsches Titelbuch, 204 Nr. 1.<br />

259 Schneider, M.: Deutsches Titelbuch, 583 Nr. 19, 583 Nr. 21f.<br />

260 Schneider, M.: Deutsches Titelbuch, 325 Nr. 37, 40. – Zu den Werken von Hans Sachs vgl. Sachs: Werke. Registerband.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 30<br />

über den Undtergang Sodoma unnd Gomorrah 261 scheint die einzige literarische Auseinandersetzung mit diesem<br />

Thema zu jener Zeit gewesen zu sein 262 . <strong>Die</strong>s könnte ein Indiz dafür sein, dass auch die anderen drei in Wolfach<br />

aufgeführten Stücke von Sachs stammen, der allerdings ein Anhänger der Reformation war.<br />

Ab 1683 ließ Pfarrer Dominic Staub, der von 1673 bis 1695 in Wolfach wirkte 263 , alljährlich am Karfreitag<br />

die Passion in etwas agieren und durch underschiedliche Personen spielen. Der Ehrsame Rat der Stadt stellte die<br />

Dillen und Schrägen 264 zur Verfügung und beauftragte die Zimmerleute, das Theater herzustellen. In den Jahren<br />

nach 1751 gab es jeweils eine theatralische Procession, bei der die gesamte Leidensgeschichte dargestellt<br />

wurde. <strong>Die</strong> Spieler zogen u.a. einen Palmesel auf einem Wägelchen mit. Den Schluss bildete die Kreuzigung bei<br />

der St.-Jakobs-Kapelle. Bei der Aufführung 1770 zog sich der Jesus-Darsteller, der 26-jährige Roman Armbruster,<br />

der das Kreuz auf seinen Schultern nach St. Jakob getragen hatte, eine Erkältung zu, die wenig später zu<br />

seinem Tod führte. Da es bei diesen Tragedien nicht immer mit dem nötigen Ernst zuging, wurde das Gesuch der<br />

Stadt um Abhaltung einer theatralischen Procession über die Leiden Jesu-Christi 1780 vom gn. Herrn, dem<br />

Fürsten Joseph Wenzel von Fürstenberg (1728-1783), ein für alle mal abgewiesen.<br />

1788 führte eine Commedianten-Compagnie, die womöglich von dem von 1784 bis 1797 in Hausach tätigen<br />

Lehrer Georg Anton Bredelin (1752-1814) gegründet wurde 265 , im Rathaus eine Fuxen-Commedie auf 266 , die<br />

vielleicht von Bredelin basierend auf dem bekannten Versepos Reinecke Fuchs in der Prosabearbeitung Johann<br />

Christoph Gottscheds von 1752 geschrieben wurde 267 . Zu jener Zeit dürfte auch Bredelins musikalisches Nachspiel<br />

<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill entstanden sein, das mit seiner Typisierung der Personengestaltung und<br />

dem Auftreten des Hanswursts ganz in der Tradition des Fastnachtspiels steht 268 und wahrscheinlich das einzige<br />

Spiel seiner Art aus dem 18. Jahrhundert ist, das heute noch regelmäßig zur <strong>Fasnet</strong>zeit aufgeführt wird, ein<br />

letztes Relikt des mit der Säkularisation der Klöster zu Beginn des 19. Jahrhunderts schlagartig untergegangenen<br />

klösterlichen Musiklebens 269 ; von den Zwischen- und Nachspielen der Schuldramen wurde meist nur der Inhalt<br />

in den Textheften abgedruckt 270 , weshalb sich diese nur sehr selten erhalten haben.<br />

Es ist anzunehmen, dass aus der Commedianten-Compagnie um 1800 die Freie Narrenzunft Wolfach hervorging,<br />

die deren Spieltradition übernahm. <strong>Die</strong> Aufführung von Bredelins Weibermühle 1803 ist das erste schriftlich<br />

nachweisbare Festspiel. Auch in den Jahren 1836, 1858, 1892 und 1973 stand die Weibermühle auf dem<br />

närrischen Spielplan; seit 1977 wird sie regelmäßig alle fünf Jahre wiederholt 271 .<br />

1844 kam es zu einer närrischen Darbietung von Friedrich Schillers Jungfrau von Orléans, die Hauptrolle<br />

spielte dabei die Herrengartenwirtin Afra Fuchsschwanz 272 . Schillers Wallenstein-Trilogie diente 1897 als Vorlage<br />

für ein Festspiel 273 ; das Lager Wallensteins befand sich auf dem Marktplatz, während die Mansfelder vor<br />

dem Schlosstor und die Schweden im Hof der Gastwirtschaft „Zum Engel“ kampierten. Bei der großen Schlacht<br />

führte eine Feindverfolgung durch das eiskalte Kinzigwasser. Zum Abschluss gab es Chinesische Tänze, dargeboten<br />

von den Mitgliedern des Haslacher Gesang- und Musikvereins Harmonie, wobei Gastwirt Rudolf Aiple<br />

als besonders echt aussehender Chinese auftrat und deshalb dessen Gastwirtschaft bis heute noch den Spitznamen<br />

„Zum Liung Tschang“ trägt 274 . (Im 19. Jahrhundert war es nicht ungewöhnlich, dass ein klassisches<br />

Drama als Vorlage für ein <strong>Fasnet</strong>spiel diente. So kam beispielsweise Wallensteins Lager 1840 auch in Stockach<br />

zur Aufführung 275 . Gottfried Keller (1819-1890) gibt in seinem autobiographischen Roman Der grüne Heinrich<br />

261<br />

Sachs: Werke. Registerband, 181.<br />

262<br />

Kein Eintrag über Sodom und Ghomorra findet sich in Schneider, M.: Deutsches Titelbuch. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass<br />

diese Städte als Symbol für unmoralisches Verhalten gelten, seit der römische Kaiser Justinian (527-565) aus politischen Gründen<br />

Gesetze gegen die Unzucht erließ und dies mit dem Geschehen in Sodom und Ghomorra begründete, obwohl in der Bibel nur von einer<br />

Verletzung des Gastrechtes die Rede ist. Bleibtreu-Ehrenberg: Antihomosexuelle Strafgesetze, 72-75. – In Wolfach wurde am 17.<br />

August 1639 Lorentz Baumer, der gewesene Roßhürth und Sodomith, mit dem Schwerdt gericht und der Körper samt den Rossen zu<br />

Aschen verbrannt (Disch: Chronik Wolfach, 375). Hier scheint es sich um einen Fall von Zoophilie ‚Geschlechtsverkehr mit Tieren’ gehandelt<br />

zu haben. Das Wort Sodomie, das heute im deutschen Sprachgebrauch nur noch in diesem Sinne benutzt wird, diente bis ins 19.<br />

Jahrhundert hinein allgemein als Bezeichnung für alle sexuellen Praktiken, die nicht direkt der Fortpflanzung dienen, insbesondere jene<br />

zwischen zwei Männern. Zur Rechts- und Sprachgeschichte der Sodomiterey siehe Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen Päderastie, 21-26,<br />

86-106, 140-173.<br />

263<br />

Disch: Chronik Wolfach, 300.<br />

264<br />

Mhd. dille ‚Brett, Bretterwand’; mhd. schräge ‚Schrage, schräge oder kreuzweise eingefügte Pfähl, besonders kreuzweise stehende Holzfüße<br />

als Untergestell eines Tisches und dergleichen’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 31, s. v. dil, dille; 186, s. v. schrage.<br />

265<br />

Zu Bredelin siehe Abschnitt 5 „<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill“ von Georg Anton Bredelin (1752-1814).<br />

266<br />

Disch: Chronik Wolfach, 116.<br />

267<br />

Zu Geschichte und Inhalt der ursprünglich niederdeutschen Fabel Reynke de Vos siehe Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im<br />

späten Mittelalter, 118-121. – <strong>Die</strong> bekannte Nachdichtung des Epos von Johann Wolfgang Goethe entstand erst 1793/94. Literaturlexikon<br />

IV, 239.<br />

268<br />

Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 446.<br />

269<br />

In Oberschwaben, der Heimat Bredelins, lassen sich 1422 Schuldramen nachweisen, von denen sich nur 35 mit Text und Musik erhalten<br />

haben, die jedoch heutzutage nicht mehr aufgeführt werden. Büchele: Herzrührende Schaubühne, 199, 199f. Anmerkung 4.<br />

270<br />

Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 207.<br />

271<br />

Zur Geschichte der <strong>Fasnet</strong>spiele siehe: <strong>Wolfacher</strong> Fastnachtsspiele einst und heute; Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong><br />

(1956); Krausbeck: Masken unserer Stadt. Wolfach, 37-41.<br />

272<br />

<strong>Wolfacher</strong> Fastnachtsspiele einst und heute.<br />

273<br />

Abbildung in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 30.<br />

274<br />

Hildenbrand / Krafczyk: Fasnachtsbrauchtum in Haslach im Kinzigtal, 10.<br />

275 Bettinger: <strong>Die</strong> Stockacher Fastnacht, 41.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 31<br />

im Kapitel Das Fastnachtsspiel eine anschauliche Beschreibung, wie zu jener Zeit ein Schillersches Schauspiel,<br />

in diesem Falle Wilhelm Tell, von einer Dorfgemeinschaft zur <strong>Fasnet</strong>zeit dargestellt wurde 276 .)<br />

Am <strong>Fasnet</strong>zieschtig 1849 spielten die <strong>Wolfacher</strong> das Stück Don Quijote und Sancho Pansa, frei nach dem<br />

Roman des spanischen Nationaldichters Miguel de Cervantes (1547-1616). Der originale Hut des von Schüttewirt<br />

Josef Anton Krausbeck (1814-1868) dargestellten Sancho Pansa befindet sich heute im Bestand des<br />

Museums Schloss Wolfach 277 , eine Kopie trägt der jeweilige Nasezuganführer. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong> nahm damals ein<br />

tragisches Ende: Nach dem Spiel war im Rathaussaal ein großer Ball, den gegen Mitternacht ein Feueralarm jäh<br />

unterbrach. Noch in ihren Kostümen gekleidet, eilten die Narren zum Löschen des großen Stadtbrands, der in der<br />

oberen Vorstadt alle Gebäude zwischen dem Bürkle-Beck (die spätere Bäckerei Schillinger, die sich in der Vorstadtstraße<br />

19 befand) und dem oberen Vorstadttörle auf Höhe der Gastwirtschaft „Zum Engel“ vernichtete 278 .<br />

Das 1865 und 1913 aufgeführte Spiel Der Munderkinger Landsturm geht zurück auf das Gedicht Der Ausfall<br />

der Munderkinger im Jahre 1798 des im 19. Jahrhundert sehr beliebten, aber auch umstrittenen schwäbischen<br />

Dialektdichters Carl Borromäus Weitzmann (1767-1828) 279 . Der für die Aufführung benutzte Text, der wesentlich<br />

von der im Druck überlieferten Version abweicht, befindet sich in der vor 1865 entstandenen handschriftlichen<br />

Liedersammlung von Josef Anton Krausbeck 280 :<br />

Munderkinger Landsturm<br />

1. Auf auf, ihr Brüder stoid ins G’wehr<br />

D’ Franzoßa ruket ai<br />

Sie ruket scho wia Muaßis Heer 281 ,<br />

Zum Kugelthörle rei,<br />

Drum Brüder fasset Muth & List<br />

Sonst goht es hinterfür,<br />

Verklebet Thür mit Dreck & Mist,<br />

Und doith der Rigel für.<br />

//: Nur langsam voran, dass der Munterkinger Landsturm noi komma ka ://<br />

2. Der Burgermoister goht voran<br />

Potz Sterna mordio<br />

Er hot a geale Kittel an<br />

Und Fransa am Chapeau<br />

Und hinter dem Hochweißen rath<br />

Der Dianer von der Stadt<br />

Weil er der g’weihte Säbel hot<br />

Vom graußa Golliath.<br />

//: Nur langsamm voran, x x ://<br />

3. Was Weiber sind dia sitzet jezt<br />

Uf d’ Rothhaus Miste na,<br />

Und statt dem Lärm & Lumpe G’schwätz<br />

Bett jede für d’ Mah.<br />

Und fallt a Buma Kugel gau<br />

Uf unser Städtli rah,<br />

So schreiet nau recht furiau,<br />

Und soichet drüber na.<br />

//: Nur langsamm voran, x x ://<br />

4. Der Schopfbeck & der Dauderlau.<br />

Und d’ Thörlebecke Franz<br />

Sind mit der alte Furie<br />

Schau draußa auf der Schanz.<br />

Sie wehret sie mit Händ & Füaß,<br />

276<br />

Keller, G.: Der grüne Heinrich, 307.477-307.551.<br />

277<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/283. – Josef Anton Krausbeck ist der Urgroßvater von Heimatforscher Josef Krausbeck.<br />

278<br />

Disch: Chronik Wolfach, 551.<br />

279<br />

Zu Leben und Werk Weitzmanns siehe Feinäugle: Einführung. – In Berlin gibt es in der Lüneburger Straße 390 ein Restaurant, das nach<br />

Weitzmann benannt ist. Internetseite: http://www.weitzmannberlin.de/ (13.1.2011).<br />

280<br />

Krausbeck, J. A.: Liedersammlung. – Vgl. hierzu die offizielle Druckversion in Weitzmann: Gesammelte Werke. Ergänzungen, 107-110.<br />

– Eine Beschreibung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>spielaufführung findet sich in Hansjakob: Theodor der Seifensieder, 192f.<br />

281<br />

In Hansjakob: Theodor der Seifensieder, 193, lautet die Stelle: wia’s Teufels Heer. – Das Muathes Heer, in manchen Gegenden auch<br />

Wuotes Heer genannt, ist ein im Schwarzwald und in Schwaben allgemein üblicher Begriff für ein durch die Luft mit Lärm, Getöse und<br />

Musik herumziehendes Heer von bösen Geistern, meist unter Führung des Teufels, und bringt wohl die Furcht des Menschen vor starken<br />

nächtlichen Winden zum Ausdruck. <strong>Die</strong> Bezeichnung soll auf den germanischen Gott Wuotan zurückgehen, doch dürfte diese Interpretation<br />

eher dem Wunschdenken der auf die Germanenzeit fixierten Volkskunde des 19. Jahrhunderts entspringen. Meier: Deutsche<br />

Sagen, XVIII, 127-141; Bausinger: Nachwort, 539-541.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 32<br />

Und au der Stricker letz,<br />

Der hot von 100 Schuha’ Spieß<br />

Unds Nudelbrett am Herz.<br />

//: Nur langsamm voran, x x ://<br />

5. Der Stotterer von Eselbach,<br />

Hot gar zwei Deka an<br />

Und s Hauesle aus em Daraloch,<br />

Der Geiget im voran,<br />

Deß ith a Mah so geitz nit viel<br />

Der isch Bigott so kek<br />

Und reißt am Teifel wem wer will<br />

Der Schwanz vom Fidle weck.<br />

//: Nur langsamm voran, x x ://<br />

6. Und’s Hoikerdais Anna mei<br />

Und’s Holderkarlis Greth<br />

Dia kochet scho der schwarze Brei,<br />

Für Generalität<br />

Und’s Herrle schleicht sich au dazu<br />

Und reitet sei Räpple fein<br />

Und auf der alta Spittelkua<br />

Sei Köchin hinta drei.<br />

//: Nur langsamm voran, x x ://<br />

7. Ma pfeifft u. trommelt au dazu,<br />

Dort schwengt der Moselbeck,<br />

Sei Fahne & des Bandlis Bua<br />

Macht Kugla ausem Dreck,<br />

Jetz allso lustig d’ Spritza raus<br />

Und siadig Wasser nei<br />

So spritzet nau recht Huzla naus,<br />

Noh traut si koiner rei.<br />

//: Nur langsamm voran, x x //:<br />

8. Ei Jörgle warth ich komm komm glei<br />

Trink nau mei Schöppli aus!<br />

Un s Metzger Peters Durredei<br />

Treit scho mei Büchs voraus,<br />

Dia hot a Büchs, so geits kai Büchs<br />

Dia schnellt all Henna Schaiß<br />

Mit meiner Büchs do fehl ich nit<br />

So wahr ich Nüssle hoiß<br />

/: Nur x x :/<br />

9. Komm Urschel komm jezt gand wir hoi<br />

Dia Schißerei isch nüx<br />

Ich hol zwei neue Flintenstoin<br />

Und dann dei Doppel Büchs x x<br />

Am 27 Februar 1865 in Wolfach aufgefürt.<br />

Weitzmanns Gedicht wird heutzutage in Munderkingen in einer dreistrophigen Version als <strong>Fasnet</strong>lied gesungen<br />

und diente dort 1892 ebenfalls als Vorlage für ein <strong>Fasnet</strong>spiel. Seit der <strong>Fasnet</strong> 1952 stellt die damals neu gegründete<br />

Belagerungsgruppe der Munderkinger Trommgesellenzunft alljährlich das Gedicht dar 282 . Auf <strong>Seite</strong>n<br />

der städtischen Bürgerwehr sind dabei der Schultheiß, der Pfarrer und eine Hausere, ein Marketenderwagen mit<br />

den Frauen der Verteidiger, der Stadthauptmann und andere von Weitzmann genannte Gesellen zu sehen, wobei<br />

zu den Verteidigungsrequisiten eine große und auf <strong>Seite</strong>n der Franzosen eine kleinere, alte Kanone gehören. <strong>Die</strong><br />

Bauern und die Franzosen stellen ein Scheingefecht dar, bei dem die mit Dreschflegeln bewaffneten Verteidiger<br />

der Stadt gegen die mit Säbeln kämpfenden Franzosen gewinnen.<br />

282 Falch: „Wunderbarliche Gebräuche“, 40; http://www.trommgesellenzunft.de (13.1.2011).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 33<br />

In Villingen ist das Gedicht bis heute unter dem Titel „Burgerlied“ sehr beliebt, wobei die 18 Strophen den<br />

örtlichen Begebenheiten angepasst wurden 283 . In Schiltach wird, ebenfalls unter dem Titel „Burgerlied“, eine 16strophige<br />

Variante gesungen 284 :<br />

1. Auf, auf, Ihr Burger, schtoant ins G wehr!<br />

D‘ Franzose rugget a.<br />

Sie kummet schau wie's Muodisheer<br />

‘s ober Dearle ra.<br />

2. Ihr Burger fasset Muet un Lischt,<br />

sunscht got es hintrezfier!<br />

Vergloabets Dor mit Dreck und Mischt<br />

un dien d‘r Riegl fir.<br />

3. Un dien au glei die Schpritze raus<br />

un siedig Wasser nei,<br />

un schpritzet nau reacht siedig naus,<br />

no sin d‘ Franzose hei.<br />

4. <strong>Die</strong> Weiber hogget älli jetzt<br />

uff d‘Rothausmischdi na,<br />

Schtatt ihrem Gschroa un Lumbegschwätz<br />

Bädd jedi fir ihr Ma.<br />

5. Un kunnt a graußi Bummerkugel<br />

‘s ober Dearle ra,<br />

no schreiet nau reacht firiau<br />

un soachet drieber na.<br />

6. D‘r Burgermoaschter got vora,<br />

potz Schternemordio!<br />

Er hot en geale Kittl a<br />

un Franze am Schappo.<br />

7. Un hinderem wohl weise Root<br />

d‘r <strong>Die</strong>ner von d‘r Schdadt,<br />

weil der d‘r grauße Sebel hot<br />

vom Riese Goliath.<br />

8. D‘r Haierle mischt si au derzue,<br />

er reit sei Räpli fei,<br />

un uff re alte Spittelkueh<br />

sei Haus‘ri hinne drei.<br />

9. 'S Hirschwirts Greet un d'Annemei<br />

un 's Stoaglimartisgreet,<br />

die kochet schau d'r schwarze Brei<br />

fir d'Generalität.<br />

10. 'S Metzgerhanse Abergascht<br />

un 's Dearlisbegge Greet,<br />

die hogget uff em Schieredach<br />

un henn d'r Arsch verfrert.<br />

11. Wenni 's Schulze Dochter nemme dät,<br />

no wär d'r Schulz mei Schwär,<br />

aber 's Schulze Dochter gär i nit,<br />

's isch gar en wieschde Bär.<br />

12. Mit ihre grauße Auge,<br />

un ihrem grumme Maul,<br />

e Tröpfle an d'r Nase,<br />

an älli Glieder faul.<br />

283 E-Mail-Auskunft von Karl Hoch, Villingen, vom 2.11.2006. – Liedtext siehe: Es Villinger Burgerlied.<br />

284 Schiltach. Schwarzwaldstadt im Kinzigtal, .


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 34<br />

13. Des isch en Bichs, so gits kua Bichs,<br />

schier d' Äschelad god nei.<br />

Do fehlt halt nau no 's Flindeschloß<br />

no sin d' Franzose hei.<br />

14. Wenn uener en stuenige Agger hot<br />

un au en schtumpfe Pflueg,<br />

e baises Weib un e Judekueh,<br />

no hot 'r z' kratze gnueg.<br />

15. Wenn uener oachine Hose hot,<br />

un hagebiechine Schtrimpf,<br />

no man 'r danze wien 'r will,<br />

no git es kueni Rimpf.<br />

16. Ihr Leut, ihr Leut, denn 's Brot eweg,<br />

d'r Stollejockel kunnt,<br />

er frißt e ganze Loab eweg<br />

in ure vierdel Schdund.<br />

1866 spielten die <strong>Wolfacher</strong> Narren Weitzmanns Spiel Scenen während des Belagerungs-Manövers in der Stadt<br />

Munderkingen im September 1826. Ein heroisch-kriegerisches Ideal 285 . Auch hier beschreibt und karikiert<br />

Weitzmann konkrete Personen und lokale Gegebenheiten seiner Heimatstadt, zwar eingebunden in ein völlig<br />

groteskes Geschehen, aber dennoch für die damaligen Munderkinger sicherlich erkenn- und nachvollziehbar 286 .<br />

1888 nahmen sich die Narren Wilhelm Hauffs 1826 erschienenen Roman Lichtenstein 287 als Vorlage für ihr<br />

Spiel. <strong>Die</strong> Sage um den Grafen Walter von Hohengeroldseck, der vom Raubritter von Lützelhardt gefangen<br />

genommen wurde, war 1889, 1898, und 1905 auf der Festspielbühne zu sehen 288 . Bei der Aufführung 1905 stand<br />

die Burg Hohengeroldseck auf dem Marktplatz, bei der sich die getreuen Mannen des Grafen in Landsknechtsuniformen<br />

sammelten 289 ; sie zogen nun mit Kanonen, die Knackwürste schleudern konnten, aus, um die auf dem<br />

Steingrün bei der evangelischen Kirche stehende Raubburg des Ritters Lützelhardt zu stürmen, in der der Graf<br />

von Geroldseck im Kerker vegetierte. In der Zwischenzeit ließ sich das edle Ritterfräulein in schönen<br />

Renaissancegewändern auf der Burg Hohengeroldseck von einem Minnesänger im Rokokokostüm trösten.<br />

Neben diesen literarischen Vorlagen boten auch Jahrmärkte, Volks-, Musik- und Schützenfeste sowie die<br />

Themen Zirkus und Varieté immer wieder abwechslungsreiche Möglichkeiten für allerlei originelle Vorführungen<br />

und Verkleidungen 290 .<br />

Josef Krausbeck schrieb 1927 sein erstes <strong>Fasnet</strong>spiel <strong>Die</strong> Völkertagung am Hofe Graf Konrad des Durstigen,<br />

angeregt durch das 1924 entstandene <strong>Fasnet</strong>lied Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht 291 . Im Jahr darauf übernahm er beim<br />

Spiel <strong>Die</strong> Eroberung der Burg Wolva durch Raubritter Stephan von Bulach und Hasensprung die Rolle des<br />

Turmpupers, der von der im Stadttor noch vorhandenen Nachtwächterwohnung aus den Feind vor dem Tore zu<br />

beobachten und dessen Nahen den in der Stadt verschanzten Truppen des Grafen Konrad zu signalisieren<br />

hatte 292 .<br />

Sein 1933 entstandenes Spiel <strong>Die</strong> Befreiung der Freude oder <strong>Die</strong> geraubte Braut erlebte 1953, 1966, 1976<br />

sowie 1983 jeweils eine Neuinszenierung. Ausschnitte aus der Aufführung von 1983 sind in dem damals entstandenen<br />

Dokumentarfilm über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> des Instituts für den wissenschaftlichen Film (IWF) zu<br />

sehen 293 . Aus dem Kampf um die Anerkennung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> als historisch durch die VSAN ging 1937<br />

sein Stück Der Narrogeist im Faß hervor, das 1959 und 1963 wiederholt wurde. Krausbeck hat insgesamt mehr<br />

als 20 Stücke geschrieben und bei vielen weiteren als Regisseur und Mitspieler mitgewirkt. Außerdem ist ihm<br />

die Wiederbelebung des ältesten Spiels, der Weibermühle, zu verdanken, deren Aufführung zwischen 1892 und<br />

1973 wegen eines Aberglaubens von der Narrenzunft verhindert wurde und die er deshalb in einige seiner<br />

eigenen Spiele einbaute, um die Erinnerung an sie wach zu halten. Für seine besonderen Verdienste um die Fest-<br />

285<br />

Text abgedruckt in Weitzmann: Gesammelte Werke. 3. Band, 106-120.<br />

286<br />

Feinäugle: Einführung, 42.<br />

287<br />

Hauff: Lichtenstein.<br />

288<br />

<strong>Die</strong> Burg Hohengeroldseck liegt an der Passstraße zwischen Schutter- und Kinzigtal auf der Gemarkung der Gemeinde Schönberg, die<br />

jetzt zu Seelbach (bei Lahr) gehört. <strong>Die</strong> Burg Lützelhardt liegt östlich von Seelbach und wurde bereits vor 1257 zerstört, der Sage nach<br />

durch einen Rachezug der Geroldsecker. Land um Rhein und Schwarzwald, 463; Disch: Fürstenbergische Herrschaft Kinzigtal. – <strong>Die</strong><br />

Sage ist abgedruckt in Keller, W.: Im Schatten der Burg, 319-323.<br />

289<br />

Beschreibung des Festspiels in: Führer durch Wolfach und Umgebung, 6f. – <strong>Die</strong> Aufführung des Spieles war bereits für die <strong>Fasnet</strong> 1904<br />

geplant, musste aber wegen Sudelwetter und orkanartigem Wind auf 1905 verschoben werden. Klein: Das romantische Festspiel.<br />

290<br />

Abbildungen in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 61; Wolfach. So war es früher, 56.<br />

291<br />

Zum <strong>Wolfacher</strong> Durscht siehe die Abschnitte 2.2.2 und 4.1.3.<br />

292<br />

1928 befand sich im Torturm noch ein Kachelofen und das originale Bett des letzten Nachtwächters in dessen Wohnung, die später bei<br />

Umbauten zerstört wurden. Mitteilung von J. Krausbeck vom 20.2.1995.<br />

293<br />

Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 35<br />

spieltradition wurde er 1989 – in jenem Jahr feierte er seinen 80. Geburtstag 294 – beim Festzug auf einem eigens<br />

gebauten Thron um die Stadt gefahren und beim Spiel Klappe auf in Wollywood als erster <strong>Wolfacher</strong> mit einem<br />

Hansel-Oscar ausgezeichnet. Hoch oben am Vorstadtberg prangte damals auf einer großen beleuchteten Holzwand<br />

der Schriftzug „WOLLYWOOD“ über dem Tal.<br />

<strong>Die</strong> bereits im 15. und 16. Jahrhundert feststellbaren strukturellen Unterschiede in der Gestaltung von Fastnachtspielen,<br />

die sich in drei Typen – Reihen- oder Revuespiele, Handlungsspiele sowie Mischformen aus<br />

beiden – unterteilen lassen 295 , finden sich auch in Wolfach. Neben den Stücken mit genau festgelegter Handlung<br />

entwickelte sich insbesondere in den Jahren zwischen 1970 und 1995 die Form des Gruppenfestspiels, bei dem<br />

die Bühnenauftritte der rund ein Dutzend Festspielgruppen mit ihren jeweils etwa 20 bis 40 Teilnehmern, die<br />

sich alljährlich zum vorgegebenen Thema eine passende Verkleidung ausdenken, nur durch eine lose, oft improvisierte<br />

Rahmenhandlung verbunden sind 296 . <strong>Die</strong> Gruppen kommen auf die Bühne, führen ihren überwiegend<br />

pantomimisch dargestellten Beitrag vor und verlassen dann die Bühne auf der anderen <strong>Seite</strong> wieder. Besonders<br />

beliebt sind dabei typische oder exotische Volksgruppen, wie beispielsweise Zigeuner, Indianer, Cowboys,<br />

Schwarzafrikaner, Eskimos, Russen, Orientalen, Franzosen, Italiener oder Spanier. Eine südländische Note<br />

bringt die aus dem 1966 gegründeten Clube Português hervorgegangene Grupo Português de Carnaval in die<br />

<strong>Fasnet</strong> 297 , die seit 1968 am Schellementig einen Stand mit Stinkelefisch ‚gebratenen Sardinen’ betreibt und sich<br />

seit 1971 alljährlich fantasievoll am Festzug und –spiel beteiligt.<br />

Seit Ende der 1990er-Jahre wird wieder vermehrt auf eine durchgehende Rahmenhandlung geachtet und ein<br />

Spieltext festgelegt, an dem sich die einzelnen Gruppen bei der Gestaltung ihres Auftrittes zu orientieren haben.<br />

Ein Musterbeispiel für diese literarische Spielform, die an die Festspieltradition des 19. Jahrhunderts anknüpft,<br />

ist das für den Schellementig 2003 von Bernd Schillinger und Anita Hauer-Böhler geschriebene Festspiel<br />

Udilhilt Jungfrau von Wolva, in dem auf närrische Weise die Vorgeschichte der 725 Jahre zuvor stattgefundenen<br />

Hochzeit zwischen der Freifrau Udilhilt, der letzten Vertreterin des <strong>Wolfacher</strong> Adelsgeschlecht 298 , und dem<br />

Grafen Friedrich von Fürstenberg geschildert wird. Nach der erfolgreichen nachmittäglichen Uraufführung des<br />

Spiels kam es erstmals in der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> gegen Mitternacht auf der Festspielbühne zu<br />

einer zweiten Aufführung des Stückes in einer leicht abgewandelten, improvisierten Fassung 299 :<br />

<strong>Die</strong> fesselnde Magie der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> – sie erreichte um Mitternacht des Schellementigs am 3.3.3 einen<br />

außergewöhnlichen Höhepunkt. Auf der Bühne vor dem Rathaus improvisierten alle Mitwirkenden des<br />

nachmittäglichen Festspieles eine zweite Fassung des Stückes vor den Augen und Ohren einiger Dutzend<br />

Narren.<br />

Eine kleine und große Trommel untermalten die Aufführung mit dem unergründlichen Ravel’schen Bolero-<br />

Rhythmus, verbreiteten eine mystische Atmosphäre auf dem finsteren Marktplatz, während Graf Konrad von<br />

Wolva (Martin Brod) auf seiner Burg einen weiteren Kampf um die Hand seiner Nichte Udilhilt (Klara<br />

Schmider) zwischen Fürst Friedrich von Fürstenberg (Ben Endres) und dem Zigeunerbaron Walther von<br />

Zollern 300 (Bernd Schillinger) verkündete. Unter lauten Fanfarenstößen stürzten sich, von LaOla-Wellen im<br />

Publikum begleitet, die wackeren Recken gleich dreimal aufeinander.<br />

Als Graf Konrad trotz wütender Proteste des Volkes den Fürsten zum Sieger erklärte, erscholl aus dem<br />

Publikum der immer lauter werdende Ruf »Wir sind das Volk«. Nun meldete auch Robin von Longbeach<br />

Before 301 (Stefan Decker) seine Ansprüche auf die holde Weiblichkeit an, aber Friedrich brach überraschend<br />

seinen Angriff auf ihn ab, um Robin in die Arme zu schließen und mit ihm in trauter Zweisamkeit die Szenerie<br />

zu verlassen. Darob erfreut erhielt der sich schon besiegt wähnende Zigeunerbaron die Gräfin zur Braut und<br />

ließ sich mitsamt Gefolge zu den Klängen des von der Narrenkapelle intonierten Hochzeitsmarsches in die<br />

Schlosshalle begleiten zu ausgiebigen Festivitäten mit 50 Litern Freibier.<br />

<strong>Die</strong> Festspiele werden immer durch ein mit viel närrischem Witz und künstlerischem Aufwand gestaltetes Festspielplakat<br />

angekündigt. Das älteste erhaltene Plakat stammt von 1862 302 , auf dem für das Indianer-Spiel<br />

Wampum 303 , genannt die große Schlange, oder: Siegestanz des Indianerstammes der Papuaner 304 nach einem<br />

294<br />

An seinem 80. Geburtstag am 19. Juni 1989 wurde Krausbeck in einer offenen Pferdekutsche im <strong>Wolfacher</strong> Schlosshof abgeholt und zu<br />

seiner Geburtstagsfeier im kurz zuvor eröffneten katholischen Gemeindehaus gefahren. Als ein Kurgast Krausbeck in die Kutsche<br />

steigen sah, fragte dieser einen neben ihm stehenden <strong>Wolfacher</strong>: „Ist das der Graf, der hier Geburtstag hat?“<br />

295<br />

Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 443f.<br />

296<br />

Ein Grund für die Beliebtheit der Reihenspiele liegt wohl vor allem in der leichteren Einstudierbarkeit. Wuttke: Versuch einer<br />

Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 448.<br />

297<br />

In den 1970er-Jahren wohnten bis zu 500 Portugiesen in Wolfach, die in der heimischen Industrie einen Arbeitsplatz fanden. Der Clube<br />

Português wurde 1966 von José Amado gegründet, der auch maßgeblich die <strong>Fasnet</strong>aktivitäten des Vereines voran trieb. Zu Amado und<br />

dem Clube Português siehe die Berichte im Schwabo vom 11.2.1991, 8.4.2006 und OT vom 26.6.1993.<br />

298<br />

Zur Gräfin Udilhilt vgl. Anmerkung 677.<br />

299<br />

Schrader: <strong>Die</strong> tapferen Recken.<br />

300<br />

Der Name Walter von Zollern ist eine Anspielung auf den Zollamtmann und Altwohlaufsänger Walter Schmider, der bis 1989 mit seiner<br />

großen, bunten Festspielgruppe oft als Zigeuner verkleidet am Festspiel teilnahm.<br />

301<br />

Longbeach Before ‚Vor Langenbach’.<br />

302<br />

Abbildung des Plakats in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1956), 60.<br />

303<br />

Der Name Wampum geht zurück auf die Bezeichnung Wampum ‚Mosaikarbeit der Indianer des östlichen Nordamerika aus kleinen<br />

Muschelperlen, meist in Form eines Gürtels. <strong>Die</strong> Wampum dienten als Geld, ursprünglich als Urkunde bei Verträgen mit eingestickten


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 36<br />

Kampfe mit den Engländern geworben wird. Das Spiel selbst dürfte als Reflex auf die damalige Kolonialzeit<br />

entstanden sein 305 . Der in dem Spiel mitwirkende Robinson trug einen baumwollenen, abwechselnd mit einem<br />

von Palmen umgebenen Löwen und einem Adler mit Blumenkorb verzierten Schirm, der sich heute im Bestand<br />

des Museums Schloss Wolfach befindet 306 .<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> feiern seit der Einweihung des Narrenbrunnens 1970 alle fünf Jahre das Dammfest 307 ; bis<br />

1990 fiel deshalb jeweils in jenen Jahren das Festspiel auf dem Marktplatz aus. Seit 1996, als das Dammfest<br />

ausnahmsweise wegen des Narrentreffens 1995 außerhalb des üblichen Fünf-Jahres-Rhythmus’ stattfand, gibt es<br />

auf einer Bühne beim Gassensteg ein kleines Dammfestspiel. Im Jahr 2010 wurde das Dammfest erstmals in den<br />

Schlosshof verlegt, das Festspiel fand deshalb wie üblich vor dem Rathaus statt.<br />

Für einige Aufregung unter den Narren sorgte 1994 der Vorschlag von Bürgermeister Gottfried Moser, statt<br />

der über Jahrzehnte hinweg bewährten Festspielbühne aus Holz eine neue mobile Bühne auf Metallträgern anzuschaffen,<br />

um die Kosten für den Auf- und Abbau zu reduzieren 308 . Aus finanziellen Gründen kam es dann aber<br />

1996 nur zum Kauf einer Bühne, die für die <strong>Fasnet</strong>spiele viel zu klein und zu niedrig ist. <strong>Die</strong> Narrenzunft muss<br />

deshalb seit der <strong>Fasnet</strong> 1997 jeweils eine Zusatzbühne für ihre Aufführungen anmieten. Auch musste eine zusätzliche<br />

Rampe gebaut werden, damit nach dem Kinderumzug der Bretschelhansel auf die Bühne gefahren<br />

werden kann.<br />

Nicht immer gelang die Durchführung der <strong>Fasnet</strong>spiele wie geplant: 1848 verbot das Oberamt den Krähwinkler<br />

Landsturm wegen Revolutionsgefahr, zumal sich die Teilnehmer in der Gastwirtschaft „Straßburger<br />

Hof“ trafen, die auch unter den Revolutionären ein beliebter Treffpunkt gewesen war 309 . Der Titel des Spiels<br />

geht vermutlich auf den als Krähwinkler Landsturm bezeichneten Mainzer Rosenmontagszug von 1837 zurück,<br />

aus dem die dortige Ranzengarde entstand 310 . Der Ortsname Krähwinkel als Sinnbild einer spießbürgerlichen<br />

Kleinstadt taucht erstmals in August von Kotzebues Lustspiel <strong>Die</strong> deutschen Kleinstädter von 1803 auf 311 . In<br />

Heines Ideen. Das Buch Le Grand von 1826/27 wird Krähwinkel neben Schilda, Polkwitz, Beckum, Dülken,<br />

Göttingen und Schoppenstädt als eine von sieben bekannten Narrenstädten genannt 312 .<br />

Aus Mangel an Betheiligung und der Kürze der Zeit konnte 1886 das projektierte Fastnachtsspiel nicht stattfinden<br />

313 . Auf dem Festspielplakat von 1889 verkündeten die Narren hingegen 314 :<br />

Da die Brücken und Wege, welche vom Rippoldsauer Eisgang weggerissen wurden, wieder hergestellt sind,<br />

ist keine Gefahr mehr vorhanden und kann die Narrenstadt ohne jede Störung erreicht werden.<br />

Wegen der Correktion der Wasserleitung verschoben die Narren das für 1899 vorgesehene Ritterspiel um ein<br />

Jahr. 1913 führte ein schweres Explosionsunglück beim Wegebau im Siechenwald mit vier Toten und vielen<br />

Schwerverletzten zur Absage des Spiels 315 , die anderen Bräuche aber, auf die ein richtiger <strong>Wolfacher</strong> nie und<br />

nimmer verzichten wird, sollten in altgewohnter Weise abgehalten werden 316 . Das Internationale Musikfest 1929<br />

musste wegen der großen Kälte von –10 Grad verkürzt werden 317 . Das Spiel Der Weiberstreit geriet 1939 in die<br />

Wirren politischer Meinungsverschiedenheiten, deren Schlichtung bis zur Gauleitung der NSDAP nach Karlsruhe<br />

gehen musste, von wo aus dann das Spiel den Fanatikern vor Ort regelrecht befohlen wurde 318 . <strong>Die</strong> Narrenzunft<br />

verzichtete 1954 freiwillig auf das Festspiel mit der Absicht, das Engagement der Narren auf die anderen<br />

<strong>Fasnet</strong>bräuche zu konzentrieren; der Festzug stand unter dem Motto <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalten. Große Kälte<br />

führte 1956 zur Verlegung des Groß-Varietés Schnuppdiwupp vom Marktplatz in die Schlosshalle. Wegen<br />

starken Regens fiel 1958 das Spiel Der Narrogeist im Faß buchstäblich ins Wasser; einige der Festspielgruppen<br />

nahmen deshalb am <strong>Fasnet</strong>zieschtig am Kinderumzug teil, der ausnahmsweise von der Vorstadtstraße zum Stadttor<br />

führte. Das Spiel wurde im Jahr darauf nachgeholt. Der Forscher- und Erfinderkongress 1984 musste un-<br />

Figuren und Mustern’. Das Wort stammt aus dem algonkin-indianischen wanpanpiag, zu wab ‚weiß’ und umpe ‚Schnur’. Meyerscout<br />

2003, s. v. Wampum; Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 4069, s. v. Wampum. – August von Kotzebue schrieb das orientalische Scherzspiel<br />

mit Gesang Sultan Wampum oder <strong>Die</strong> unbesonnenen Wünsche, das mehrfach als Vorlage für Opern benutzt wurde, beispielsweise<br />

1794 von Maciej Kamienski (1734-1821), 1795 von Karl Ditters von Dittersdorf (1739-1799) sowie 1800 von Jósef Elsner (1769-1854).<br />

Das Stück scheint jedoch nicht als Vorlage für das <strong>Wolfacher</strong> Festspiel gedient zu haben. Schneider, M.: Deutsches Titelbuch, 681 Nr.<br />

19; MGG VII, 470; III, 593; XVI, 74.<br />

304<br />

Papua ‚Bezeichnung für die Ureinwohner Neuguineas, des Bismarckarchipels, der Salomon- und benachbarter Inseln’. Meyerscout 2003,<br />

s. v. Papua.<br />

305<br />

Meyers Konversationslexikon XII, 82-84, s. v. Neuguinea.<br />

306<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/65.<br />

307<br />

Zum Dammfest siehe Abschnitt 2.5 Narrenbrunnen.<br />

308<br />

Bericht im Schwabo vom 12.11.1994.<br />

309<br />

Schrader: 1848/49, 328.<br />

310<br />

<strong>Die</strong> Mainzer Fastnacht. – Johann Nestroys Posse Freiheit in Krähwinkel erlebte erst am 1.7.1848 ihre Uraufführung, kann also nicht als<br />

Vorlage für das <strong>Wolfacher</strong> Festspiel gedient haben. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 415.100.<br />

311<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch XI, 1975, s. v. Krähwinkel.<br />

312<br />

Derks: Dülken und Beckum, 167.<br />

313<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 30.<br />

314<br />

Ein Exemplar das Plakats hängt in der Narrenkammer.<br />

315<br />

Der damals gebaute Weg erhielt den Namen Unglücksweg.<br />

316<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 30f.<br />

317<br />

Krausbeck: Närrisches Gedenken.<br />

318<br />

Krausbeck: Fasnächtliche Jubiläums-Erinnerungen; Krausbeck: Närrisches Gedenken.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 37<br />

gefähr nach der Hälfte des Spiels abgebrochen werden, weil die Polizei darauf bestand, dass der offiziell genehmigte<br />

Zeitraum für die Sperrung der Hauptstraße genau eingehalten werde; dabei kam es zu einer gefährlichen<br />

Situation, da sich nun der gesamte Personen- und Schwerlastverkehr seinen Weg durch die große Zuschauermenge<br />

bahnen musste. Nach dem Kinderumzug am <strong>Fasnet</strong>zieschtig wurde dann der restliche Teil des<br />

Spiels gezeigt. Bei der Opern- und Operettenparade 1986 zog es wegen der großen Kälte viele Zuschauer bereits<br />

vor dem Ende des Spiels in die wärmenden Gastwirtschaften. Das für 1991 vorgesehene Spiel Närrische Berufe<br />

fiel dem Golfkrieg und der daraus resultierenden Medienkampagne gegen die <strong>Fasnet</strong> zum Opfer 319 .<br />

1.4.5. <strong>Fasnet</strong>begraben<br />

Einer der ältesten nachweisbaren <strong>Fasnet</strong>bräuche in Wolfach ist das Begräbnis der <strong>Fasnet</strong>, durch das das Tragen<br />

der Narrenkleider gelegentlich auf den Aschermittwoch ausgedehnt wurde: 1756 haben am Aschermittwoch<br />

nachfolgende die Faßnacht begraben, als Joseph Duppele, Anton Armbruster, Jacob Armbruster, Antoni<br />

Kuenz, Mathis Meyr und Tobias Armbruster, bei welchen annoch zwey Baurenbueben aus dem<br />

Kinzingerthal, und weilen dieses wider die gn. Herrschafts-Ordnung laufet und sie die mehreste Kleidung<br />

hierzu von Antoni Fischer dem Adlerwürth gehabt, er auch den Ausgang aus seinem Haus ihnen hierzu verstattet<br />

hat, als ist derselbe nebst denen übrigen jeder per 1 fl Straf angesehen worden 320 .<br />

<strong>Die</strong> Gastwirtschaft „Zum Adler“ ist somit als älteste <strong>Wolfacher</strong> Narrenwirtschaft belegt.<br />

1781 wird nicht die <strong>Fasnet</strong>, sondern der Bachus begraben 321 . Etwas ausführlicher beschreibt der aus Haslach<br />

im Kinzigtal stammende Pfarrer und Heimatschriftsteller Heinrich Hansjakob (1837-1916) in seiner Erzählung<br />

Theodor der Seifensieder den Brauch, den er vermutlich 1865 selbst miterlebte, denn zuvor erwähnt er ausführlich<br />

das in jenem Jahr aufgeführte <strong>Fasnet</strong>spiel Der Munderkinger Landsturm 322 :<br />

Am Aschermittwoch begruben die <strong>Wolfacher</strong> die Fastnacht. Ein Strohmann wurde von vier Mann durch die<br />

Straßen getragen, und die Narren gingen hintennach. Vor dem Tore ward er in einem Acker beerdigt.<br />

Hierauf begab sich der Zug zum Stadtbrunnen zurück, allwo die leeren ledernen Geldbeutel gewaschen<br />

wurden.<br />

Das Begraben der <strong>Fasnet</strong> in Verbindung mit der Geldbeutelwäsche findet sich auch in anderen Städten; in<br />

einigen Gemeinden in Baden und der Oberpfalz werden keine Strohpuppen, sondern die Geldbeutel selbst begraben<br />

323 .<br />

An die Stelle des <strong>Fasnet</strong>begrabens trat gegen Ende des 19. Jahrhunderts das <strong>Fasnet</strong>verbrennen: In früheren<br />

Jahren wurde am Aschermittwoch die Fastnacht unter Trauerklage begraben und dabei ein Strohmann verbrannt<br />

324 . <strong>Die</strong> Verdrängung des ursprünglich als Finalbrauch der <strong>Fasnet</strong> vorherrschenden Begrabens durch das<br />

Verbrennen ist vielerorts nachweisbar, wobei auch Mischformen der Bräuche auftreten können 325 .<br />

In den 1920er-Jahren wurde in Wolfach eine ausgestopfte, angezogene Puppe mit Namen <strong>Fasnet</strong> auf des<br />

Hechtewirts Bierfasskarren bei anbrechender Dunkelheit durch die Stadt gezogen. <strong>Die</strong> Kinder liefen hinterher<br />

und riefen: D’<strong>Fasnet</strong> wurd verbrennt, d’<strong>Fasnet</strong> wurd verbrennt. Im Schlosshof wurde die Puppe schließlich um<br />

Mitternacht verbrannt 326 . Letztmals verbrannten die <strong>Wolfacher</strong> 1937 und 1938, offiziell im Narrenfahrplan angekündigt,<br />

die <strong>Fasnet</strong> und zwar nach dem Ende des Nasezugs im Schlosshof 327 .<br />

Nach dem 2. Weltkrieg flammte nur noch zweimal am <strong>Fasnet</strong>zieschtigabend ein Feuer auf: 1965 wurde das<br />

1930 erneuerte Gestell des alten Bretschelhans’ im Schlosshof verbrannt 328 , da er wegen der wachsenden<br />

Kinderzahl zu klein geworden war. <strong>Die</strong> von den Alden Rungunkeln für die <strong>Fasnet</strong>umzüge gebaute fahrbare Altweibermühle<br />

fand 1979 auf der Martinswiese beim Gassensteg unter dem Wehklagen der über das Feuer<br />

springenden Rungunkeln in den Flammen ihr Ende 329 .<br />

1.4.6. Der Schauertag<br />

Der Begriff Schauertag findet sich schon in Quellen des 14. Jahrhunderts und ist im alemannischen Sprachraum<br />

allgemein als Bezeichnung von Ratszehrungen am Aschermittwoch nachweisbar 330 . <strong>Die</strong>se Zehrung war als Anerkennung<br />

und Gegenleistung (Fronzeichen) für die während des Jahres von den Bürgern erbrachten Fronen und<br />

319<br />

Zum <strong>Fasnet</strong>ausfall 1991 siehe Abschnitt 1.8 Der Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991.<br />

320<br />

Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

321<br />

Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

322<br />

Hansjakob: Theodor der Seifensieder, 193f. – Der Seifensieder Theodor Armbruster (1815-1898) ist einer der bekanntesten <strong>Wolfacher</strong><br />

Bürger des 19. Jahrhunderts. Seine 1888 aufgeschriebenen Lebenserinnerungen – abgedruckt in: Wolfach. So war es früher, 61-76 –<br />

dienten Hansjakob als Vorlage für seine Erzählung.<br />

323<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 634. – Zur Geldbeutelwäsche siehe Abschnitt 2.2.5 Geldbeutelwäscher.<br />

324<br />

Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

325<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 634.<br />

326<br />

Sandfuchs, A.: Vor fünfzig Jahren Wiedergründung der Geldbeutelwäsche, 4f. (hier für 1924 belegt); Steinhauser: 20 Jahre „Narrevadder<br />

zue Wolva“.<br />

327<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 51f.<br />

328<br />

Zum Bretschelhans siehe Abschnitt 2.3.5 Bretschelhans.<br />

329<br />

Zu den Rungunkeln siehe Abschnitt 2.1.8 Alde Rungunkeln und Müller.<br />

330<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 628.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 38<br />

Leistungen gedacht 331 . Das lässt vermuten, dass das Wort Schauer auf Schar ‚in geordneter Verteilung umgehende<br />

<strong>Die</strong>nst-, Fronarbeit’ (bis ins 16. Jh. üblich) 332 < ahd. skara* ‚Fron, Scharwerk’ < idg. *sker-<br />

‚schneiden’ 333 oder das damit verwandte mhd. schuor ‚Schur; bildlich für Schererei, Plage’ 334 zurückgeht.<br />

Denkbar als Ursprung wäre auch das mhd. schiure ,Becher, Pokal’ 335 , aus dem beim Schauertag gezecht wurde.<br />

<strong>Die</strong> in Bezug auf das kirchliche Aschenkreuz am Aschermittwoch vermutete Herleitung von schuren ‚anschwärzen,<br />

mit Ruß beschmieren’ 336 scheint wenig glaubhaft, denn der Schauertag findet nicht zwingend am<br />

Aschermittwoch statt, wie eine Quelle von 1455 zeigt: item uff montag nach dem sontag Invoc. hält mann h.<br />

distelzweigs jahrzeit, da musz ein jeder zwölffer und schultheisz zu dem altar geen und opffern, da pflegt mann<br />

ein schaurtag zu halten, darzu werdenn alle innwohner […] sambt dem probst und seinem convent uff denn<br />

imbisz geladen 337 . Im Kloster Schuttern wurde der Schauertag um 1700 am <strong>Fasnet</strong>montag mit einem großen<br />

Festessen begangen 338 . Ebenfalls am <strong>Fasnet</strong>montag schuren die Burschen in Auenheim und Kehl am Schurti,<br />

indem sie alles mit Wasser bespritzen 339 ; demnach wäre auch eine Verbindung zu mhd. schiuren, schûren<br />

‚scheuern, fegen, reinigen’ 340 denkbar.<br />

In Wolfach wurde früher der Schauertag alljährlich am Aschermittwoch abgehalten 341 , das Feiern desselben<br />

als schuren bezeichnet 342 . Er gehörte zu den 16 Mahlzeiten, welche von altershero bey der Stadt Wolfach gehalten<br />

oder sonsten in parem Geld bezahlt worden 343 . Der Oberamtmann, der Landschreiber, der Stabhalter<br />

(Schultheiß), die vier Bürgermeister und der Stadtschreiber mit ihren Frauen, meist auch die Geistlichkeit, die<br />

aber keinen Anspruch darauf hatte, trafen sich in der Stubenwirtschaft im Rathaus ein, um auf Kosten der Stadt<br />

gemeinsam Wein zu trinken sowie Anckhen ‚Butter’ 344 , Brot, Erbsen und Meuchlen zu verzehren. Das Verb<br />

meucheln bedeutet ‚heimlich naschen’, ein Meuchler ist ein ‚heimlicher Fresser’ 345 . Das lässt vermuten, dass es<br />

sich bei den Meüchlin um eine Speise handelt, die im Innern etwas Essbares verbirgt, das einem frommen<br />

Christen zur Fastenzeit verboten ist, beispielsweise Fleisch. Meuchlen könnten demnach eine Art von Maultaschen<br />

sein, bei denen das Fleisch in Nudelteig gewickelt ist, um es vor den gestrengen Blicken des Herrn zu<br />

verstecken. Inwieweit das 1548 erwähnte Essen von Aalen, bei dem nur Frauen beteiligt waren, mit dem<br />

Schauertag oder der <strong>Fasnet</strong> zusammenhängt, ist nicht bekannt.<br />

<strong>Die</strong> Abrechnung des Schauertags 1564 verzeichnet einen gigerlohn ‚Geigerlohn’, demnach wurde bei dieser<br />

Zehrung auch musiziert.<br />

<strong>Die</strong> Stadt bewirtete nicht nur die Berechtigten, sondern lud auch die Bürger ein und bezahlte ihnen Brot und<br />

Wein, 1630 auch erstmals Meüchlin. 1600 wird ausdrücklich auf die im kommenden Jahr zu leistenden Fronen<br />

für den Pfarrhof, den Turm und das Rathaus hingewiesen. In Wolfach bestand gemäß der Freiheitsbriefe seit<br />

1305 für die Bürger der Stadt keine Fronpflicht gegenüber der Herrschaft; sie brauchten nur freiwillige Fronen<br />

zu leisten 346 .<br />

1608 steht geschrieben, dass die Bürger nach altwohlhergebrachtem Brauch beruoffen werden, der<br />

Schauertag also damals schon eine alte Tradition war. In Kriegs- und Notzeiten entfiel die Zehrung, beispielsweise<br />

1632, 1636, 1639 sowie von 1643 bis 1647; die Berechtigten erhielten dafür eine finanzielle Entschädigung<br />

347 . Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wurden immer mehr Ratszehrungen, und so auch der<br />

Schauertag, nicht mehr in natura geben und gehalten, sondern grundsätzlich nur noch die Geldbeträge an die<br />

Berechtigten ausgezahlt 348 .<br />

331 Bader: Schurtag – Schuddig, 425, 429.<br />

332 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1181, s. v. 1 Schar. – <strong>Die</strong> Begriffe Schauermann, Schauerleute ‚Hafenarbeiter für das Stauen<br />

und Verladen von Schiffsfrachten’ geht zurück auf niederländisch sjouwen ‚hart arbeiten’, sjouw ‚Last’ < friesisch sjouwe ‚mit Anstrengung<br />

schleppen, Lasten tragen’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1186, s. v. Schauermann.<br />

333 Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. skara* (1).<br />

334 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 188, s. v. schuor; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1193, s. v. 1 scheren. – Oder sollte es mit<br />

Scheuer ‚Scheune’ < mhd. schiure < ahd. skiura < idg. *(s)keu- ‚bedecken, umhüllen’ zusammenhängen? Etymologisches Wörterbuch<br />

des Deutschen, 1195, s. v. Scheune.<br />

335 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 184, s. v. schiure.<br />

336 Bader: Schurtag – Schuddig, 426.<br />

337 Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2623, s. v. Scheuertag [!].<br />

338 Silberer: Fastnachtsbrauchtum im Umfeld des Klosters Schuttern, 183, 187 Anmerkung 8, 188 Anmerkung 25.<br />

339 Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 190, s. v. schure.<br />

340 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 184, s. v. schiuren.<br />

341 <strong>Die</strong> Quellen zum Schauertag in Wolfach sind im Anhang zu diesem Abschnitt zu finden. <strong>Die</strong> im Text genannten Jahreszahlen bei Zitaten<br />

verweisen auf die dort aufgeführten Quellen. Zum Schauertag siehe auch Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 5; Krausbeck: Aus der<br />

Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 132; Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 13f.<br />

342 Mone: Der Schauertag zu Wolfach, 76; Krausbeck: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Moser.<br />

343 Disch: Chronik Wolfach, 113.<br />

344 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, s. v. Anken.<br />

345 Grimm: Deutsches Wörterbuch XII, 2161, s. v. meucheln, meuchler. – Das Wort Meuchler geht zurück auf mhd. miuchler, mūcheler<br />

< ahd. mūhhilāri ‚heimlich Lauernder, Wegelagerer’, zu mhd. mūchen ‚verstecken, verbergen’, ahd. mūhhōn ‚wegelagern, räubern’<br />

< germ. *muk- ‚sich verbergen, auflauern’ < idg. *meug- ‚heimlich und tückisch lauern’. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. mūhhilāri,<br />

mūhhōn; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 868, s. v. meucheln.<br />

346 Disch: Chronik Wolfach, 8.<br />

347 Mone: Der Schauertag zu Wolfach, 77.<br />

348 Disch: Chronik Wolfach, 115.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 39<br />

In einer Ergänzung zur 1607 vom Grafen Christoph von Fürstenberg (1580-1614) erlassenen Kinzigtäler<br />

Landesordnung wird 1650 der Schauertag am heiligen Aschermittwoch als einem Stuckh von der leichsinnigen<br />

Fasnacht verboten und seine Feier bestraft; aber bereits 1653 wird der Schauertag nachweislich wieder gehalten.<br />

Das Verbot bezog sich demnach nicht auf die städtische Ratszehrung, sondern vermutlich auf in den Quellen<br />

nicht genannte Auswüchse oder private Schauertagsbräuche.<br />

Bis zu neun Tisch mit burgern nahmen an der kostenlosen städtischen Zehrung teil; das dürfte ungefähr ein<br />

Drittel der etwa 145 bis 170 Bürger gewesen sein, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Wolfach lebten<br />

(die Gesamteinwohnerzahl lag zwischen 700 und 800) 349 . Sie brachten dazu ihre eigenen schüsselin (1608) mit.<br />

Es ist anzunehmen, dass sich damals schon ein Teil der Bewohner am Aschermittwoch in geselliger Runde unabhängig<br />

vom offiziellen Brauch zum Verzehr von Meuchlen und Wein traf, wie dies aus der ersten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts durch Franz Joseph Mones Beschreibung von 1867 bezeugt wird 350 :<br />

Der Schauertag ist in Wolfach bis vor etwa 20 Jahren noch im Gebrauch gewesen, man nannte die Feier<br />

desselben schuren, und sie bestand darin, daß mehrere Familien zusammen giengen und Striblen 351 und<br />

Fische in einem gemeinschaftlichen Mahle verzehrten. Jetzt hat man diese Volkssitte mit den Gebräuchen am<br />

Fastnachtsdienstag vereinigt.<br />

Weil der Schauertag das üppige Schmausen und Zechen der Fastnachtszeit in die Fastenzeit hinein fortsetzte,<br />

wurde er auf Betreiben des von 1856 bis 1860 in Wolfach tätigen Pfarrverwesers Ernst Ginshofer 352 , der sonst<br />

ein Freund des Humors war, abgeschafft 353 . Nach mündlicher Überlieferung 354 trafen sich die Narren seit dieser<br />

Zeit bereits am <strong>Fasnet</strong>zieschtigabend zum Schuren in den Wirtshäusern, um insbesondere Strieble, die in großen<br />

Mengen kostenlos ausgegeben wurden, zu essen. Schon nach der Elfemess gab es in den Elfemesswirtschaften<br />

neben den Strieble auch Stockfisch und Heringssalat. Der Brauch der kostenlosen Ausgabe von Speisen und<br />

Getränken nach den Elfemessen wurde 1891 offiziell aufgehoben 355 .<br />

In den 1950er-Jahren wurde der Aschermittwoch im Narrenfahrplan in Erinnerung an die einstige<br />

Ratszehrung zeitweise als Schauertag oder Schauer-Mittwoch bezeichnet.<br />

In einem Buch über das Brauchtum im Jahreslauf schreibt <strong>Die</strong>ter Hund, dass der Schauertag in Wolfach als<br />

Abfeier der Fastnacht mit großen Essen gehalten wurde 356 . <strong>Die</strong>s entspricht nicht dem Quellenbefund, der den<br />

Schauertag eindeutig als eine Ratszehrung ausweist. Der Schauertag hat von seinem Ursprung her nichts mit<br />

dem <strong>Fasnet</strong>brauchtum zu tun. Hund zitiert ohne genaue Quellenangabe eine von Heinrich Hansjakob stammende<br />

Beschreibung der angeblichen Entstehung des Schauertags im 30-jährigen Krieg 357 . Hansjakob versteht dabei<br />

den Begriff Schauer im Hinblick auf den Schwedeneinmarsch 1646 im Sinne von ‚Grusel, Schrecken’. <strong>Die</strong>se<br />

Entstehungsgeschichte bezieht sich nicht, wie Hund vermutet, auf den bereits im 14. Jahrhundert erwähnten<br />

Schauertag selbst, sondern nur auf den Brauch, am Aschermittwoch in Erinnerung an einen Vogt, der die Stadt<br />

Zell / Harmersbach vor einer drohenden schwedischen Invasion warnte, einen Jungen und ein Mädchen zu<br />

Schwertmeistern zu wählen.<br />

Quellen zum Schauertag<br />

<strong>Die</strong> Quellen zum Schauertag finden sich überwiegend in den jeweiligen Stadtrechnungen 358 .<br />

1548: Uberthan wie man die meuchla uff der Stuben gessen 8 1/2 ß Straßb.<br />

1548: Uberthan, wie die Weiber die Öl [Aale] uff der stuben gessen. [Anlass für die Zehrung bei Mone<br />

nicht genannt.]<br />

1551: Uff den escherigen mitwoch uberthan mit den meuchlen 11 ß 1 Pfg.<br />

1564: Uff den aschermittwoch uberthan, als der amptmann sampt dem landschreiber und seiner frauwen<br />

gast gewesen und die meichlin geessen worden, sampt gigerlohn und etlichen maß wein, so<br />

uffgangen 14 ß 5 Pfg.<br />

349<br />

Disch: Chronik Wolfach, 479f.<br />

350<br />

Mone: Der Schauertag zu Wolfach, 76.<br />

351<br />

Strieble ‚in Fett gebackene, gewundene Mehlspeise’ < mhd. strûbe ‚eine Art Backwerk, Spritzkrapfen’, vermutlich in Anlehnung an<br />

strûbe ‚lockig, struppig, wie rau empor stehende Haare’, spätmhd. struppe ‚Gebüsch’ gebildet. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 215, s.<br />

v. strûbe; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1375, s. v. sträuben; 1384, s. v. struppig. – Mone vermutet in Mone: Der<br />

Schauertag zu Wolfach, 76, dass Striblen, Meuchlen und Fastnachtsküchlein wahrscheinlich dieselbe Mehlspeise unter verschiedenen<br />

Namen sind, doch ist dies aufgrund der oben dargelegten Wortbedeutung der Meuchlen auszuschließen. – Vgl. hierzu Wiesinger:<br />

Narrenschmaus und Fastenspeise (über den Schauertag: 41f.); Meuth / Neuner-Duttenhofer: Baden. Küche, Land und Leute, 238-243<br />

(mit Rezepten für <strong>Fasnet</strong>küchle und Stockfisch und Bildern der <strong>Wolfacher</strong> Geldbeutelwäsche).<br />

352<br />

Disch: Chronik Wolfach, 301.<br />

353<br />

Disch: Chronik Wolfach, 437.<br />

354<br />

Krausbeck: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Moser.<br />

355<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 47.<br />

356<br />

Hund, D.: Schwarzwälder Brauchtumskalender, 24.<br />

357<br />

Hund, D.: Schwarzwälder Brauchtumskalender, 24.<br />

358<br />

Zitiert nach Mone: Schauertag, 76f.; Disch: Chronik Wolfach, 114, 437 (hier sind die Zitate von 1551 und 1548 vertauscht). <strong>Die</strong> meisten<br />

Quellen sind auch abgedruckt in Bader: Schurtag – Schuddig, 420.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 40<br />

1600: Item am Schurtag für die Meüchlin für Anckhen Brott und Erbsen 7 ß 4 Pfg. Item weitter 5 Tisch mit<br />

burger dagewesen ist für sie zalt worden an wein unnd brott, unnd zum theil arme Leüth, auch weil<br />

uffs künftige Jar zimblich am Pfarrhof, Thurn und Rathauß ze frohnen vorhanden, ist selbigs von<br />

gemainer Statt für sie erlegt thut 2 1/2 Pfd. 3 Pfg. und zesamen 2 Pfd. 17 ß 7 Pfg.<br />

1604: Item am Schurtag die Meüchlin für Anckhen, Brot und Erbsen 8 ß 10 Pfg. Item weiteres 9 Tisch mit<br />

burgern, ihnen verehrt 2 Pfd. 1 ß 2 Pfg.<br />

1605: Am Schurtag die Moüchlin für Anken, Brot und Erbsen 7 ß 4 Pfg. Item 8 Tisch mit Leüt, ihnen verehrt<br />

1 Pfd. 12 ß 10 Pfg.<br />

1608: Item am Schurtag, als den 20. Febr. altwolhergebrachtem brauch nach aine Gemain mit iren<br />

schüsselin uff der Herren Stuben die Müchlein zu versuchen beruoffen, aber nit mehr als ain Tisch<br />

mit Personen usser dem Rath und der Gemain erschienen, die an Wein und Brot ußgehalten,<br />

uffgangen 1 Pfd. 11 ß 3 Pfg.<br />

1630: Am Aschermittwoch, genannt der Schaurtag, alda altem gebrauch nach die Burgerschaft zu den<br />

Meüchlin geladen, diß Jahr den 13. Febr. die Priester, Oberamptleut, Schultheiß, vier<br />

Burgermeister, Stattschreiber, sampt deren Weiber Gast gehalten, auch auf gemeiner Burger Tisch<br />

die Meuchlin sambt ainem Trunckh verehret worden, ist in allem uffgangen 9 Pfd. 7 ß 6 Pfg.<br />

1632: Item am Äschermittwoch genannt der Schawertag, allda abermahlen altem Gebrauch nach die<br />

Burgerschaft zu den Meuchlin geladen, auch die Priesterschaft, Herrn Oberamtleut, Schultheiß, 4<br />

Burgermeister, Stadtschreiber sambt deren Weiber gastfrey gehalten werden sollen, aber aus erheblich<br />

Ursachen vermitten blieben, ist ein jeder Person, deren in allem 19 waren 6 ß an paarem Geldt<br />

geordnet und bezahlt = 5 Pfd. 14 ß.<br />

1650: <strong>Die</strong> Schawertäg an dem hl. Aschermittwoch als einem Stuckh von der leichsinnigen [!] Fasnacht<br />

seind und bleiben gantz und gar abgethan, bei gelth, Thurn oder anderer Leibstraf 359 .<br />

1653: Folgen der Mahlzeiten Specification, welche von altershero bey der Stadt Wolfach gehalten oder<br />

sonsten in parem Geld bezahlt worden. [...] 4. Schauertag 1 fl 48 kr [1653], 2 fl 30 kr [1681]. Zu<br />

allen diesen Mählern gehörten die Herren Oberambtleut, der Staabhalter, Stadtschreiber, die 4<br />

Burgermeister und der Stadtknecht. <strong>Die</strong> übrigen Ratsverwandten und der Schuelmeister gehörten<br />

nur [zu 6 der insgesamt 16 städtischen Zehrungen. Zum Schauertag waren sie nicht geladen] 360 .<br />

1.5. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong> in Kriegs- und Notzeiten<br />

Seit der Aufhebung der <strong>Fasnet</strong>verbote im Fürstentum Fürstenberg 1788 führten immer wieder Kriege und Notzeiten<br />

zum Ausfall der <strong>Fasnet</strong>. Wegen betrübtem Zeitlauf und vielen Kranken in Folge endloser Einquartierungen<br />

und Durchmärsche sowie unaufhörlicher Kriegssteuern im 1. Koalitionskrieg (1793-97) verbot der<br />

Rat der Stadt 1794 trotz vorliegender Erlaubnis durch das Oberamt das närrische Treiben 361 . 1871 fiel die <strong>Fasnet</strong><br />

wegen des noch nicht beendeten Deutsch-Französischen Krieges aus, obwohl das Kaiserreich bereits ausgerufen<br />

war 362 . Vier Jahre später verhinderte eine schwere Krankheitsepidemie, die Menschen und Tiere bedrohte, die<br />

<strong>Fasnet</strong>. Das Närrische Comité gestattete 1883 wegen einer Hochwasserkatastrophe in Baden mit vielen Toten<br />

keine öffentliche Narretei; im Großen Rathaussaal gab es stattdessen eine Komische Musikaufführung, die<br />

Wolkenschieberoperette, deren Erlös von 930 Mark dem Bezirkshilfskomitee zu Gute kam.<br />

Im Februar 1887 führten politische Gründe zu einer Absage der <strong>Fasnet</strong> 363 . Der deutsche Reichstag hatte<br />

damals eine Vorlage der Regierung Bismarck, die den Rüstungshaushalt für sieben Jahre im Voraus gesetzlich<br />

festschreiben wollte, abgelehnt; daraufhin kam es zur Auflösung des Parlaments und zu Neuwahlen, die just am<br />

Schellementig stattfanden. Um keine Störung der Wahl zu riskieren, wurde im ganzen Reich das Maskentreiben<br />

am 25. Februar verboten. Oberamtmann Benckiser vom Bezirksamt Wolfach erließ am 16. Februar eine entsprechende<br />

Verordnung, in der alle Schaustellungen auf öffentlichen Straßen und Plätzen und jegliches Betreten<br />

der Wahllokale mit Masken, Abzeichen und dergleichen untersagt wurden. So mussten die <strong>Wolfacher</strong> schweren<br />

Herzens auf ihre <strong>Fasnet</strong> verzichten, nur am <strong>Fasnet</strong>sunntig gab es zwei <strong>Fasnet</strong>bälle in den Gastwirtschaften<br />

„Herrengarten“ und „Kreuz“.<br />

Von 1915 bis 1918 verhinderte der 1. Weltkrieg jedes <strong>Fasnet</strong>brauchtum. Das Großherzogliche Bezirksamt<br />

Wolfach ordnete 1915 an 364 :<br />

Dem Ernst der Zeit würde es nicht entsprechen, wenn in diesem Jahre Faschingsvergnügungen irgendwelcher<br />

Art zugelassen würden. Es ist daher dafür zu sorgen, daß Faschingsveranstaltungen unterbleiben.<br />

Das Tragen von Masken und Verkleidungen in den Fastnachtstagen haben wir verboten (vergl. Bekannt-<br />

359<br />

Ergänzungen zur Fürstenbergischen Landesordnung von 1650, zitiert nach Disch: Chronik Wolfach, 22.<br />

360<br />

Zitiert nach Disch: Chronik Wolfach, 113.<br />

361<br />

Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

362<br />

Zum Ausfall der <strong>Fasnet</strong> siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 31f.<br />

363<br />

Schrempp, O.: Straßenfasnet verboten. – Zum Verlauf der Wahl siehe Schrempp, O.: Reichstagswahl. – Im Vergleich zur mageren <strong>Fasnet</strong><br />

1887 war jene im Jahr zuvor mit der üblichen Vielfalt gefeiert worden, siehe Schrempp, O.: Straßenfasnet verboten.<br />

364<br />

Scriptum Narreteium, 79.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 41<br />

machung im Amtsblatt Nr. 3 vom 22. Januar 1915). Zuwiderhandlungen [!] sind festzunehmen; die Polizeidiener<br />

sind hiernach mit Weisung zu versehen.<br />

Damals sandte das Närrische Comité Zigarren an die Soldaten im Feld. Trotz des vom badischen Innenministeriums<br />

erlassenen strengen <strong>Fasnet</strong>verbotes beschloss das Comité 1919, für die Kinder eine Elfemess und<br />

einen Kaffee abzuhalten 365 . Im Jahr darauf fand der erste Nachkriegs-Wohlauf statt; 1921 wurden die Kaffees im<br />

Raum abgehalten 366 . Als am 4. Februar 1923 französische Truppen Offenburg und Appenweier besetzten und das<br />

Kinzigtal vom direkten Rheintalzugang abschnitten, gab der <strong>Wolfacher</strong> Narrenrat bekannt 367 :<br />

Der Feind steht im Land; viele unserer Mitbürger befinden sich in harter Bedrängnis und die Zeit eignet sich<br />

nicht zum Fastnacht feiern. Wir haben deshalb beschlossen, in diesem Jahr von jeder Veranstaltung (auch<br />

vom Wohlauf) abzusehen und werden gegen Zuwiderhandlungen scharf einschreiten.<br />

Als Folge der Weltwirtschaftskrise waren die Jahre von 1931 bis 1933 in Wolfach durch eine schwere<br />

wirtschaftliche Notlage gekennzeichnet. Im Herbst 1932 wurde deshalb lange ernsthaft daran gedacht, die<br />

kommende <strong>Fasnet</strong> ausfallen zu lassen, doch kam es dann doch nicht zu einer Absage 368 . <strong>Die</strong> Orchestervereinigung<br />

jedoch verzichtete auf ihre <strong>Fasnet</strong>veranstaltung und führte stattdessen ein Wohltätigkeitfest durch und<br />

spendete den Erlös von 500 RM für Wohlfahrtszwecke zur Linderung der Not.<br />

1.6. <strong>Die</strong> Entwicklung der <strong>Fasnet</strong> nach dem 2. Weltkrieg<br />

Nachdem die <strong>Fasnet</strong> im 2. Weltkrieg von 1940 bis 1945 ausgefallen war, organisierte Erich Steinhauser sen.<br />

gemeinsam mit Konditormeister Otto Schmidt (1898-1977) und dem ehemaligen Schauspieler Hans Hermann<br />

(1897-1954) 369 , genannt de dick Hermann, 1946 in der Gastwirtschaft „Zum Kranz“ große bunte Abende, die bis<br />

zu fünfmal wiederholt wurden 370 . 1947 gab es einen ersten kleinen Kinderumzug. <strong>Die</strong> Narrenzunft beschloss in<br />

ihrer Nachkriegs-Gründungsversammlung im Januar 1948 angesichts der Zeitumstände, dass außer den Bällen<br />

nur ein großer Kinderumzug durchgeführt werden sollte, den das französische Gouvernement für alle Jugendliche<br />

unter 18 Jahren genehmigte. Am <strong>Fasnet</strong>sunntig gab es den traditionellen Ball des Männergesangvereins<br />

Liederkranz in der Gastwirtschaft „Zum Kranz“, auf deren Bühne die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche, darunter auch<br />

der Wohlauf, zur Aufführung kamen.<br />

Der Kinderumzug stand unter der Leitung von Otto Schmidt und Buchhändler Erich Sandfuchs (1904-1993),<br />

langjähriger Schnurrant, Festspielgruppenführer und Geldbeutelwäscher. Viele altbewährte Närrinnen und<br />

Narren halfen dabei mit. <strong>Die</strong> katholische Jugend um Walter Schmider, der später regelmäßig große Festspielgruppen<br />

leitete sowie als Schnurrant, Wohlaufsänger und Nasezuganführer aktiv war, beteiligte sich mit den<br />

beiden Umzugsgruppen Schwäbische Eisenbahn (Hamsterexpress) und Zehn kleine Negerlein. Einige Schulkinder<br />

stellten <strong>Wolfacher</strong> Geschäftsleute mit ihren ganz speziellen Eigenarten dar. Außerdem gab es Tanzgruppen.<br />

Der Umzug begann nicht wie üblich vor dem Stadttor, sondern auf dem Marktplatz vor dem Rathaus<br />

und führte über die Notbrücke, die die beim Kriegsende gesprengte Stadtbrücke ersetzte, in die Vorstadt- und<br />

Kirchstraße zurück in die Hauptstraße zum Stadtbrunnen, wo ein Podium stand, von dem aus die verschiedenen<br />

Teilnehmer des Zuges vorgestellt wurden. Jungnarro Rolf Lorenz trug die zumeist von Erich Sandfuchs gereimten<br />

Texte vor, die er aus dem Stegreif mit einigen närrischen Spitzen würzte. Trotz der Lebensmittelknappheit<br />

gelang es, die nach dem Kinderumzug übliche Brezelverteilung zu organisieren.<br />

Im Jahre 1949 fand die <strong>Fasnet</strong> erstmals nach dem Krieg wieder mit allen Bräuchen und Umzügen statt. Dem<br />

französischen Gouverneur De Rendinger 371 gefiel die <strong>Fasnet</strong> so sehr, dass er bei der Elfemess am Schellementig<br />

in der Ratsstube beim Brezelauswerfen neben den damaligen Bürgermeister und Kronenwirt Hans Allgeier<br />

(1891-1951) 372 unters Fenster trat, sein Militärkäppi abnahm und es dem Bürgermeister aufsetzte, ihm zugleich<br />

sein Bambus-Kommandeur-Stöckle in die Hand gab und sich selbst Allgeiers blaues Narrenkäpple aufsetzte und<br />

sagte: Nun Sie Kommandeur und ich Bürgermeister 373 . Er ließ sich wie die anderen von den Kindern leben und<br />

warf ihnen Brezeln aus.<br />

Das von Josef Krausbeck ausgedachte Festspiel am Schellementig trug den bezeichnenden Titel <strong>Die</strong> Neugeburt<br />

des Narrogeistes, an dem über 250 Zemmespüler und Mitwürger teilnahmen 374 . Darin sucht ein Alter<br />

<strong>Wolfacher</strong> (Narrenvater Georg Straub) mit seiner Laterne nach vielen Notjahren die Freude. Der <strong>Wolfacher</strong><br />

Hansel (J. Krausbeck) meint, bei ihm sei er an der richtigen Stelle. Sie bringen einen Abbarat mit, die Alt-<br />

365<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 49.<br />

366<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 45, 49.<br />

367<br />

Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 31.<br />

368<br />

Schrempp: 1931 bis 1933 Jahre der Not.<br />

369<br />

Hermann stammte aus Memmingen und war zuletzt Geschäftsführer der Handwerkerinnung in Wolfach. Deutsches Familienarchiv 13<br />

(1960), 201.<br />

370<br />

Steinhauser: 20 Jahre „Narrevadder zue Wolva“.<br />

371<br />

Baron de Rendinger war nach dem Krieg zunächst Gouverneur in Lahr, wurde aber 1948 wegen einer Liebesaffäre in einem von ihm<br />

beschlagnahmten Wochenendhaus im Wald, die nicht ohne Folgen geblieben war, nach Wolfach versetzt. Finkbeiner: Le complot<br />

d’amour de Geisberg.<br />

372<br />

Schrempp, O.: Leben stand im <strong>Die</strong>nste Wolfachs.<br />

373<br />

Krausbeck: Närrisches Gedenken.<br />

374<br />

Beschreibung des Festspiels nach Schmider, W.: Neugeburt der <strong>Fasnet</strong>.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 42<br />

weibermühle, die als einziges größeres Requisit der Narrenkammer den Schlossbrand 1947 überstanden hatte 375 .<br />

Aber da kommt der Große Herr (Emil Blattner) mit seinen Bürokraten und Bütteln. Er behauptet, die Freude<br />

könne nur von Amtswegen verordnet werden. Der Große Herr dreht die Mühle, aber verkehrt herum, und es<br />

kommt neben Staub, Dreck und vielen Paragrafen (eine Anspielung auf die Entnazifizierung und Währungsreform)<br />

nur der Büttel (Rolf Lorenz) heraus.<br />

Nun kümmert sich der Hansel um die Mühle, in der er den Amtsschimmel findet. <strong>Die</strong>ser wird herausgezerrt<br />

und im Farrenstall angekettet. Dann erweckt der Hansel durch richtiges Drehen den Wohlaufmaa (Rudolf<br />

Blattner) aus seinem 10-jährigen Tiefschlaf. Als der Wohlaufmaa in sein Horn bläst, kommen die alten<br />

Rungunkeln mit ihrer alten Sare (Erich Sandfuchs) und werden in der Mühle in junge Maidle verjüngt. Voller<br />

Mut stürzt sich nun auch der Alte <strong>Wolfacher</strong> in die Mühle und kommt als Narrogeist (Hans Allgeier) heraus.<br />

Nachdem der Wohlaufmaa abermals in sein Horn bläst, strömen die Wohlaufgeister daher und das Wohlauflied<br />

wird gesungen. Dann kommt Graf Konrad von Wolva (Anton Burger, Frisör), der Schirmherr der <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong>, mit Hofstaat und Gefolge (Leitung Albert Sandfuchs, Druckereibesitzer), die Zigiener (Zigienervater<br />

Hans Hermann), die Landsknechte (Leitung Kreuzwirt Friedbert Schrempp) und das Weiberregiment (Leitung<br />

Luise Pape, genannt d’Papere). Alle huldigen dem Narrogeist.<br />

Nun erkennt auch der Große Herr, dass die <strong>Fasnet</strong>freude die richtige Lösung sei. Aber der Amtsschimmel<br />

hindert ihn noch am Umschwenken, denn: Wir leiden noch an blödem Fimmel, solang noch lebt des Amtes<br />

Schimmel! Da gibt es plötzlich eine große Aufregung: Der Amtsschimmel ist aus dem Farrenstall ausgebrochen.<br />

Er wird aber wieder eingefangen, vom Henker (Josef Jehle, Metzger) stranguliert und aufgehängt.<br />

Endlich springt der Große Herr mit all seinen Bürokraten und Bütteln in die Mühle. Heraus hüpfen die gelbblauen<br />

Schellenhansel (Leitung Sophie Schamm). Am Ende des Spiels sagt dann der Hansel zum Narrogeist:<br />

I denk,<br />

des isch für dich doch ‘s schönste Gschenk,<br />

daß au de letschd e Narro wurd,<br />

zu ‘s Narrogeischtes Neugeburt!<br />

Nach dem Festspiel wurde Monsieur le Gouverneur auf die Bühne geholt und ihm als Dank der Große<br />

Hanselorden der Freien Narrenzunft verliehen, den er sich stolz um den Hals hängte. Danach lud er den Kleinen<br />

Narrenrat zu einem Sektumtrunk in seine Residenz, das heutige Schwarzwaldhotel (Kreuzbergstraße 26).<br />

Nach dem 2. Weltkrieg gab es zunächst nur die zwölf 1934 neu geschaffenen Schellenhansel sowie einige<br />

Kinderhansel, deren Zahl sich in den 1950er-Jahren mit dem beginnenden Wirtschaftswunder stark vermehrte.<br />

Ab 1960 konnten dann nach und nach die bis zum 1. Weltkrieg vorhandenen Hanseltypen wiederbelebt werden.<br />

Auch wurden die <strong>Fasnet</strong>bräuche teilweise den Zeitumständen angepasst und viele neue Ideen verwirklicht, die<br />

schließlich zur heutigen Vielgestaltigkeit der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> führten.<br />

375 Zum Schlossbrand siehe Schrader: Bauliche Entwicklungen in Wolfach, 647-649.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 43<br />

1.7. Narrentreffen und -empfänge<br />

Seit ihrem Beitritt zur VSAN 1933 beteiligt sich die Freie Narrenzunft ein- bis zweimal jährlich an überregionalen<br />

Narrentreffen. Dabei wurde es zur Tradition, dass die Zunft nach der Heimkehr in Wolfach unter den<br />

Klängen des Michelesmarsches in die Stadt einmarschiert. Beim Narrentreffen 1936 in Oberndorf a. N. stellten<br />

die <strong>Wolfacher</strong> Narren beim Umzug den Wohlauf dar 376 .<br />

In Wolfach selbst gab es erstmals 1962 ein Narrentreffen. Vom 2. bis 5. Februar 1973 kam es zum<br />

legendären Jahrhundertnarrentreffen der Landschaft Schwarzwald der VSAN. Eröffnet wurde es am Freitagabend<br />

ab 19 Uhr mit einem Fackelzug der Stadt- und Bürgerwehrkapelle, begleitet von den <strong>Wolfacher</strong> Hanseln<br />

und den Landsknechten des Grafen Konrad, in dessen Namen sein Herold das närrische Großereignis feierlich<br />

ankündigte. Anschließend fand im Festzelt ein Zunftabend unter dem Motto Närrisches Wolfach, rund um die<br />

Uhr statt. Am Samstagnachmittag setzten um 16 Uhr die <strong>Wolfacher</strong> Zimmerleute und Waldarbeiter den Narrenbaum,<br />

am Abend zogen zunächst die Offenburger Hexenzunft und anschließend die Laufenburger Narren mit<br />

ihrer Tschäddermusik durch die Stadt. Ab 20 Uhr stieg im Festzelt und in der Schlosshalle der große Zunftball.<br />

Der Sonntag begann um 5:30 Uhr mit dem Wohlauf; es folgte um 9:30 Uhr der Narrengottesdienst in der<br />

katholischen Stadtkirche. Ab 10 Uhr zeigten auf dem Marktplatz, am Narrenbrunnen und auf dem Platz an der<br />

Ecke Graben- und Kirchstraße die Gastzünfte einige Brauchtumsvorführungen. Der große Umzug startete um<br />

14:30 Uhr und führte vom Stadttor aus durch die Haupt-, Vorstadt-, Friedrich-, Funkenbad- und Kirchstraße. 29<br />

Zünfte beteiligten sich daran:<br />

1. Freie Narrenzunft Hausach<br />

2. Narrenzunft Krakeelia Waldkirch<br />

3. Narrenzunft Bad Dürrheim<br />

4. Narrenzunft Bad Waldsee<br />

5. Narrenzunft „Spritzenmuck“ Ehingen<br />

6. Narrenzunft Bad Säckingen<br />

7. Narrenzunft Lauterbach<br />

8. Narrenzunft Rottenburg<br />

9. Narrenzunft Engen<br />

10. Narrenzunft Grünwinkel 1858 Geisingen<br />

11. Narrenzunft Gengenbach<br />

12. Narrenzunft Villingen<br />

13. Narrenzunft Haigerloch<br />

14. Narrenzunft Haslach<br />

15. Narro-Alt-Fischerzunft 1389 Laufenburg<br />

16. Narrenzunft Hornberg<br />

17. Poppele-Zunft Singen 1860<br />

18. Narrenzunft Zell a. H.<br />

19. Hexenzunft Offenburg<br />

20. Althistorische Narrenzunft Offenburg<br />

21. Narrenzunft Ratoldi 1841 Radolfzell<br />

22. Verein der Laternenbrüder 1889 Löffingen<br />

23. Narrenzunft Schramberg<br />

24. Plätzlerzunft Altdorf-Weingarten 1348<br />

25. Narrenzunft Steinach<br />

26. Narrenzunft Schiltach<br />

27. Narrenvereinigung Oberwolfach<br />

28. Narrenzunft Halbmeil<br />

29. Freie Narrenzunft Wolfach<br />

Zu den Ehrengästen zählten u.a. der Staatssekretär und spätere baden-württembergische Ministerpräsident Erwin<br />

Teufel, der auch am Wohlauf teilnahm, SE Franz Prinz von Hohenzollern, der Freiburger Regierungspräsident<br />

Dr. Person sowie die Landräte Werner Ackenheil (Wolfach) und Dr. Gamber (Offenburg). Abends trafen sich<br />

die Narren nochmals im Festzelt. Am Montagnachmittag kamen auch die kleinen Narren zu ihrem Recht bei der<br />

großen Jungnarrenversammlung. Das Fest klang aus mit einem närrischen Abend im Festzelt und in der Schlosshalle<br />

377 .<br />

Aus Anlass ihres 180-jährigen Bestehens lud die Freien Narrenzunft vom 3. bis 6. Februar 1995 die Zünfte<br />

der Landschaft Schwarzwald der VSAN zu einem weiteren Narrentreffen nach Wolfach ein. Um auf das Großereignis<br />

aufmerksam zu machen, schufen die Narren oberhalb der Stadt am Vorstadtberg eine bei Nacht beleuchtete<br />

24 Meter breite und sechs Meter hohe Bretterwand mit dem Schriftzug Narro ‘95 und dem Narrentreffenlogo.<br />

Am 22. Januar 1995 riss ein Sturm die Wand weg, die schließlich komplett demontiert werden<br />

musste 378 .<br />

Zur Einstimmung auf ihr Jubiläum stellte die Narrenzunft mit Fotos, historischen Exponaten und närrischen<br />

Utensilien in über 40 Schaufenstern der <strong>Wolfacher</strong> Geschäfte jeweils einen bestimmten Aspekt aus ihrer<br />

Geschichte dar.<br />

Das Narrentreffen startete am Freitagabend mit einer Crazy Rock Night für die Jugend mit DJ Jojo und dem<br />

Putnik-Team im Schlosshof-Zelt. Am Samstagmorgen stellten um 11 Uhr die Zimmermänner um Oswald Zeibig<br />

vor dem Rathaus den Narrenbaum auf. Um 19 Uhr zogen in einem von Fackeln beleuchteten Sternmarsch die<br />

<strong>Wolfacher</strong> und zahlreiche auswärtige Narren in die Innenstadt. Begleitet von den Fackeln tragenden Landsknechten<br />

rief der Herold des Grafen Konrad von der mitgezogenen Burg Wolva aus das bevorstehende Fest aus.<br />

Anschließend projizierte Christoph Göbel seine <strong>Fasnet</strong>diashow auf eine Großleinwand am Rathaus. In der Festhalle<br />

zeigte die Narrenzunft beim großen Brauchtumsabend den Einheimischen und Gästen einen Querschnitt<br />

376 Vom Narrentreffen in Oberndorf a. N. machte das IWF Göttingen eine Filmaufnahme, in der auch der Wohlauf zu sehen ist. Bebermeyer:<br />

Schwäbisch-alemannisches Narrentreffen. – Vgl. hierzu den Abschnitt 1.9 Mediengeschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

377 Im Narrenblättle 1974 erschien ein „Närrischer Bilderbogen über das Schwäbisch-Allemannische Narrentreffen 1973 Wolfach“.<br />

378 Bericht im Schwabo vom 24.1.1995.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 44<br />

der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche. In den 15 für das Narrentreffen aufgebauten und jeweils von einem Verein der<br />

Stadt betriebenen Zelten und Buden 379 sowie den Gastwirtschaften der Stadt folgte eine Freinacht 380 bis in die<br />

frühen Morgenstunden. Der Sonntag begann um 9:30 Uhr mit einem ökumenischen Narrengottesdienst in der<br />

katholischen Stadtkirche. Nach dem Zunftmeisterempfang im Rathaus startete kurz nach 14 Uhr der große Festumzug<br />

mit 5000 Hästrägern 381 , die an über 30 000 Zuschauern vorbeidefilierten. Der Zug führte von der<br />

Vermessungsamtbrücke an der Gemarkungsgrenze zu Oberwolfach aus erstmals andersrum durch die Stadt über<br />

Vorstadtstraße, Kranzparkplatz, Adlergasse sowie Friedrich- und Vorstadtstraße zurück in die Innenstadt, wo die<br />

Gäste auf der Ehrentribüne, darunter die aus Wolfach stammende Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle,<br />

entsprechend lange warten mussten, bis sie die 33 beteiligten Narrenzünfte und Gruppierungen zu Gesicht bekamen:<br />

1. Freie Narrenzunft Wolfach<br />

2. Endinger Narrenzunft 1782<br />

3. Narrenzunft „Spättle-Buebe“ Furtwangen<br />

4. Narrenzunft Gengenbach<br />

5. Narrenzunft Haslach<br />

6. Freie Narrenzunft Hausach<br />

7. Narrenzunft Hornberg<br />

8. Althistorische Narrenzunft Offenburg<br />

9. Hexenzunft Offenburg<br />

10. Narrenzunft Schramberg<br />

11. Narrenzunft Krakeelia Waldkirch<br />

12. Narrenzunft Zell a. H.<br />

13. Narrenzunft Bad Dürrheim<br />

14. Narrenzunft Bad Säckingen<br />

15. Narrenzunft Ratoldi 1841 Radolfzell<br />

16. Poppele-Zunft Singen 1860<br />

17. Narrenzunft Eintracht Bräunlingen<br />

18. Narro-Alt-Fischerzunft 1389 Laufenburg<br />

19. Narrenzunft „Spritzenmuck“ Ehingen<br />

20. Narrenzunft Vetter Guser Sigmaringen<br />

21. Plätzlerzunft Altdorf-Weingarten 1348<br />

22. Narrenzunft Frohsinn 1853 Donaueschingen<br />

23. Katzenzunft Meßkirch<br />

24. Narrenzunft Gole Riedlingen<br />

25. Narrenzunft Kuhschelle Wangen<br />

26. Narrenzunft Halbmeil<br />

27. Langenbacher Tiere<br />

28. Gugge Erlibach<br />

29. Rappensteiner Hexen Kirnbach<br />

30. Narrenvereinigung Oberwolfach<br />

31. Gelbacher Serregeister<br />

32. Narrenzunft Schiltach<br />

33. Narrenzunft Steinach<br />

<strong>Die</strong> Radolfzeller Narrenzunft sollte planmäßig an 20. Stelle laufen, doch reihte sie sich bereits an 15. Stelle ein.<br />

Nach dem Festzug war bis in den Abend hinein Narrentreiben angesagt. Am Montagnachmittag stieg im Festzelt<br />

eine Jungnarrenversammlung. Mit einem Unterhaltungsabend im Schlosshof klang das dreitägige Fest aus. Über<br />

das Narrentreffen gab die Narrenzunft einen 90-minütigen Videofilm heraus, der erstmals bei der Martinisitzung<br />

1995 in einer Kurzfassung zu sehen war 382 .<br />

Gelegentlich erhält die Narrenzunft auch Einladungen zu besonderen närrischen Ereignissen. 1981 besuchte<br />

sie beispielsweise mit großem Erfolg die Bürgerfasnet im Kurhaus in Freudenstadt 383 . 1996 nahm die Narrenzunft<br />

auf Einladung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel mit einer kleinen Abordnung<br />

am Närrischen Staatsempfang für schwäbische und alemannische Narrenzünfte am 14. Februar in der<br />

Villa Reitzenstein in Stuttgart teil.<br />

Zum 75-jährigen Bestehen der VSAN fand am 16. Januar 1999 in Stockach ein kleines Narrentreffen statt,<br />

bei dem jede <strong>Fasnet</strong>gestalt der 68 Mitgliedszünfte nur mit einigen Hästrägern vertreten war. Als einzige Musikkapelle<br />

der Landschaft Schwarzwald durfte dabei die <strong>Wolfacher</strong> Narrenkapelle aufspielen.<br />

Vom 14. bis 16. Februar 2001 beteiligten sich vier Rösle- und ein Nussschalenhansel an dem erstmals in der<br />

baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin veranstalteten Narrenempfang 384 . Insgesamt nahmen daran<br />

rund 150 Hästräger von 20 Narrenzünften teil. Zunächst zogen die Narren über die Straße Unter den Linden zum<br />

Brandenburger Tor, wobei sie einiges Aufsehen insbesondere bei der Polizei erregten, die diese unangemeldete<br />

Demonstration als Verstoß gegen das Vermummungsverbot einstufte und Roland Wehrle, dem Präsidenten der<br />

Vereinigung, eine Bußgeldstrafe über 80 DM (40,90 €) auferlegte; nach einigen Schriftwechseln stellte das<br />

Amtsgericht das Verfahren wieder ein 385 . Bundestags-Vizepräsident Rudolf <strong>Seite</strong>rs empfing anschließend die<br />

närrische Delegation im Reichstag unter der Glaskuppel. Um 19:11 Uhr begann mit dem Einmarsch der Narren<br />

der von Jürgen Hohl und der SWR-Moderatorin Sonja Schrecklein moderierte Brauchtumsabend in der Landes-<br />

379<br />

Schlosshalle, Schlosshof und untere Grabenstraße (Narrenzunft), Grabenstraße (Schwarzwaldverein), obere Grabenstraße (MGV Liederkranz),<br />

Kinziganlagen (Turnverein), untere Hauptstraße (Portugiesen), OT-Hof (Fußballclub), Schlossstraße/Sahm (Kleintierzüchter),<br />

Kirchstraße/Garage Schuhmacher (Musloch-Singers), Schlossstraße/Garage Vetter (Tennisclub), Schlossstraße/Garage Baur (Gewerbeverein),<br />

Rathauszelt (Langenbacher Tiere), Kirchstraße/Garage Gorzolla (Stadtkapelle), Hauptstraße (Reitverein).<br />

380<br />

Der Begriff Freinacht scheint bei den Narren aus eher ländlichen Regionen auch in der heutigen Zeit noch ganz besondere Emotionen und<br />

Erwartungen zu wecken, obwohl es sich dabei nur um eine Aufhebung der Sperrstunde handelt.<br />

381<br />

Da ursprünglich nur 3000 Teilnehmer erwartet wurden, verzögerte sich der Beginn des Umzuges.<br />

382<br />

Bericht im Schwabo vom 28.11.1995. – Zu den Narrentreffen in Halbmeil und Kirnbach siehe Abschnitt 2.7.<br />

383<br />

Bericht in der Freudenstädter Kreiszeitung vom 23.2.1981. – <strong>Die</strong> Kontakte nach Freudenstadt reichen bis ins Jahr 1970 zurück, als bei der<br />

Einweihung des Narrenbrunnens der Spielmannszug der dortigen Fastnachtsgesellschaft auftrat.<br />

384<br />

Berichte im Schwabo vom 17.1./17.2.2001. Vgl. hierzu auch Schrecklein: Hallo Berlin, die Narren kommen.<br />

385<br />

Schrecklein: Hallo Berlin, die Narren kommen, 8.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 45<br />

vertretung vor über 800 Gästen aus Politik, Diplomatie und Wirtschaft, darunter auch Baden-Württembergs<br />

Ministerpräsident Erwin Teufel.<br />

1.8. Der Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991<br />

In fast ganz Deutschland fiel 1991 die <strong>Fasnet</strong> wegen des ersten Golfkrieges gegen den Irak aus 386 . Auslöser<br />

dieser Absage war eine Pressekonferenz des Mainzer Carneval Clubs, an deren Ende der Präsident des MCC,<br />

Bernd Mühl, auf die Frage eines Journalisten, wie er auf einen möglichen Krieg gegen Saddam Hussein<br />

reagieren würde, beiläufig antwortete, dass er es sich kaum vorstellen könne, im Falle eines Krieges die Fastnacht<br />

wie gewohnt zu feiern. Auch der Mainzer Carnevalsverein unter seinem Präsidenten Rudi Henkel schloss<br />

noch am gleichen Abend aus, dass es während eines Irak-Krieges einen Rosenmontagsumzug geben könne. Aus<br />

diesen beiden Ankündigungen entwickelte sich ab dem 8. Januar eine Medienkampagne von kritischen<br />

Journalisten gegen die Durchführung von <strong>Fasnet</strong>veranstaltungen, die eine kollektive Angstpsychose schürte;<br />

dazu kamen massive Bedenken der Sicherheitsbehörden, die die öffentliche Sicherheit an den <strong>Fasnet</strong>tagen bei<br />

möglichen Gegendemonstrationen nicht garantieren wollten. Als das Ultimatum gegen den irakischen Diktator<br />

Hussein am 17. Januar ablief und der Krieg begann, kippte das ZDF die am Abend geplante Sendung <strong>Die</strong> Narren<br />

sind los aus dem Programm und setzte damit ein Zeichen, an dem sich die anderen öffentlich-rechtlichen Sender<br />

orientierten, die nun alle närrischen Sendungen, darunter auch brauch- und kulturgeschichtliche <strong>Fasnet</strong>beiträge,<br />

absetzten. Jetzt sprachen sich auch viele Politiker dafür aus, angesichts der Zeitumstände auf das ausgelassene<br />

Feiern zu verzichten. Zahlreiche Zeitungen forderten die Absage der närrischen Tage und setzten die<br />

organisierten Narren weiter unter Druck, die wegen eines fehlenden Krisenmanagements nicht in der Lage<br />

waren, der veröffentlichten Meinung überzeugend entgegen zu treten und schließlich die <strong>Fasnet</strong> absagen<br />

mussten, was auch zu großen finanziellen Verlusten führte. Je näher jedoch die tollen Tage rückten und die<br />

Menschen sich an den Krieg, über den täglich stundenlang berichtet wurde, gewöhnten, desto größer war auch<br />

die Bereitschaft, trotz der offiziellen Absagen die <strong>Fasnet</strong> dennoch zu feiern, wenn auch mitunter in ungewohnter<br />

Freiheit von den sonst üblichen Zwängen des traditionellen Brauchtums.<br />

In Wolfach war bereits die erste Narrenversammlung am 9. Januar 1991 von den Ereignissen in der Golfregion<br />

überschattet 387 . Der damalige Narrenvater Albert Wöhrle schloss schon zu diesem Zeitpunkt nicht aus,<br />

dass die weltpolitischen Ereignisse kurzfristig den Narrenfahrplan beeinflussen könnten und eventuell die eine<br />

oder andere Veranstaltung abgesagt würde, doch hoffte er, dass sich das Schlimmste noch abwenden lassen<br />

könne und die <strong>Fasnet</strong> nicht beeinträchtigt würde. <strong>Die</strong> Narrenzunft habe sich noch nicht entschieden, wie sie im<br />

Falle eines Kriegsausbruches reagierte. Das Programm der <strong>Fasnet</strong> stehe jedenfalls fest und werde weiter vorbereitet.<br />

Das Narrenblättleteam zog am 12. Januar durch die Straßen und verkaufte das neue Narrenblättle; zwei<br />

weitere Verkaufstouren am 19. und 26. Januar waren geplant. Am 15. Januar gab es eine Besprechung des geplanten<br />

Festspiels Närrische Berufe in der Kegelbahn der Gastwirtschaft „Zum Herrengarten“ 388 . Am 16. / 17.<br />

Januar kündigten die Zeitungen den Musikerball an, der am 26. Januar unter dem Motto Im Reich der Dämonen<br />

den Reigen der <strong>Fasnet</strong>bälle eröffnen sollte 389 . Doch nach dem Beginn der Bombardierungen Iraks am 17. Januar<br />

verging den Narren die Lust auf die <strong>Fasnet</strong>. Der Kleine Narrenrat traf sich noch am gleichen Abend im Brezelbunker,<br />

dem Partykeller im Haus von Narrenvater Wöhrle, mit den Vereinsvorsitzenden des TV Wolfach und<br />

MGV Liederkranz, zuständig für den Turner- und Liederkranzball; sie einigten sich auf die Empfehlung, die<br />

<strong>Fasnet</strong> abzusagen 390 . Bereits bei der Zunftabendprobe am Tag zuvor hatte solch eine depressive Stimmung geherrscht,<br />

dass es den beteiligten Narren unvorstellbar erschien, eine fröhliche <strong>Fasnet</strong> zu feiern. <strong>Die</strong> närrische<br />

Dekorierung der Festhalle wurde abgeblasen. Der Narrenvater schloss während des Krieges <strong>Fasnet</strong>veranstaltungen<br />

aus, doch hielt sich bei der Narrenzunft ein Rest Hoffnung, dass der Krieg noch vor der Hauptfasnet<br />

zu Ende sein könnte 391 .<br />

Das Offenburger Tageblatt kündigte am 18. Januar an, die sonst gewohnte <strong>Fasnet</strong>berichterstattung nicht zu<br />

bieten, unabhängig davon, ob die Narrenzünfte ihre Veranstaltungen durchführten oder nicht 392 , doch hatten da<br />

bereits die meisten Zünfte ihre <strong>Fasnet</strong> abgesagt.<br />

Am 19. Januar war zu lesen, dass die an jenem Tage vorgesehene Narrenversammlung abgesagt sei und der<br />

Kleine Narrenrat der Freien Narrenzunft Wolfach zu einer öffentlichen Versammlung in die Gastwirtschaft<br />

„Zum Kreuz“ einlade; da es um den weiteren Verlauf der <strong>Fasnet</strong> ginge, seien besonders die Mitglieder des<br />

Großen Narrenrates zur Teilnahme aufgefordert 393 . <strong>Die</strong> versammelten Narren beschlossen bei der Sitzung<br />

386<br />

Über die Entwicklungen, die zu der Absage geführt haben, siehe: Wenn die Narren Trauer tragen; Schenk: „Das wird uns nicht mehr<br />

passieren“; Mezger: „Der Ausfall von Fastnacht ist nichts Neues...“. – Nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 gab es<br />

ebenfalls Forderungen nach einer Absage der <strong>Fasnet</strong>, doch konnte dies damals noch abgewendet werden. Baden-Württemberg. Das Land<br />

der Fastnacht, 14, 17. – Vgl. Schrader: Unerschrockene feiern trotzdem; Schrader: Ein bisschen feiern sie dann doch.<br />

387<br />

Schwabo vom 11.1.1991; OT vom 11.1.1991.<br />

388<br />

Schwabo vom 15.1.1991.<br />

389<br />

Schwabo vom 16.1.1991; OT vom 17.1.1991.<br />

390<br />

OT vom 18.1.1991.<br />

391<br />

Schwabo vom 19.1.1991.<br />

392<br />

OT vom 18.1.1991.<br />

393<br />

Schwabo vom 19.1.1991.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 46<br />

definitiv, keine <strong>Fasnet</strong>veranstaltungen durchzuführen 394 . <strong>Die</strong> meisten Redner waren jedoch der Meinung, dem<br />

Beispiel der Offenburger Narren zu folgen und sich ohne Häs zu einem Bier in der Schlosshalle zu treffen. Auch<br />

die Kinder könnten zu einer ähnlichen Veranstaltung eingeladen werden, um ihnen dabei auch Brezeln und<br />

Würste zukommen zu lassen, die sonst nach dem Kinderumzug auf der Festspielbühne vor dem Rathaus ausgeteilt<br />

werden. <strong>Die</strong>se geplanten Veranstaltungen sollten auch dazu dienen, die bereits angefallenen Kosten für<br />

Festabzeichen, Umbau der Schlosshalle usw. zu decken.<br />

Am 28. Januar sagte die Katholische Frauengemeinschaft ihre traditionelle <strong>Fasnet</strong>veranstaltung wegen der<br />

angespannten weltpolitischen Lage ab 395 .<br />

<strong>Die</strong> Narrenzunft kündigte am 8. Februar an, dass sich der Deutsche Kinderschutzbund gegen einen Ausfall<br />

von Kinderfasnetveranstaltungen ausgesprochen habe 396 und darum der traditionelle Kinderball der Narrenzunft<br />

am <strong>Fasnet</strong>zieschtig wie gewohnt in der Festhalle von 14:30 Uhr bis etwa 17 Uhr stattfinden werde, wo dann auch<br />

Brezeln und Würste ausgegeben würden. Für Unterhaltung sorge wie immer der Jungnarrenrat.<br />

Für die großen Narren gab es am <strong>Fasnet</strong>samschtig und Schellementig in der Schlosshalle jeweils ab 19 Uhr<br />

anstelle närrischer Veranstaltungen ein gemütliches Zusammensein mit ofenfrischem Spanferkel und Gallerein.<br />

Trotz der offiziellen Absage durch die Narrenzunft machten am Schellementig um 5:30 Uhr einige Narren<br />

einen kleinen Wohlauf um die Stadt, der Wohlaufsänger Hubert Kiefer lag dabei in einem Leiterwagen. Am<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig gegen 14 Uhr trafen sich beim Narrenbrunnen am Gassensteg die Narrenkapelle, der Jungnarrenrat<br />

und viele kleine und größere kostümierte Narren, insgesamt etwa 100 Personen, zu einem kleinen Kinderumzug<br />

über Wolfsbrücke und Herlinsbachweg zum Kinderball in der Festhalle, bei dem auch der Bretschelhans,<br />

allerdings ohne Brezeln behängt, mitgezogen wurde. Um 17 Uhr versammelten sich etwa 40 Männer vor dem<br />

Schloss bei der Gastwirtschaft „Zum Herrengarten“ zu einem etwa einstündigen Nasezug, der zwar nicht wie<br />

üblich durch die Wirtshäuser führte, aber wie immer im Schlosshof mit dem Ausrufen der <strong>Fasnet</strong>sprüche endete.<br />

(Normalerweise ziehen etwa 250 bis 350 Teilnehmer zwei Stunden lang durch die Stadt.) Am Aschermittwoch<br />

trafen sich die Geldbeutelwäscher zu einem normalen Essen im Hotel „Zur Krone“ und verzichteten auf die<br />

sonst üblichen Zeremonien 397 .<br />

Obwohl das Offenburger Tageblatt am 18. Januar angekündigt hatte, keine Berichte über die <strong>Fasnet</strong> zu veröffentlichen,<br />

erschien dort am 14. Februar ein Bericht über die nicht ganz ausgefallene <strong>Fasnet</strong> im Kinzigtal.<br />

Bei der Sitzung des Großen Narrenrates im Juni 1991 sagte Narrenvater Wöhrle im Rückblick, er behaupte,<br />

wenn es kein Fernsehen gegeben hätte, dann hätte die <strong>Fasnet</strong> in gewohnter Weise stattgefunden.<br />

Im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 22 (1992) erschien ein Gedicht über die doch nicht so ereignislose <strong>Fasnet</strong> 1991:<br />

Kei <strong>Fasnet</strong> – und doch e Fescht<br />

In Wolfe gabs im Narre-Nescht<br />

zur letschte <strong>Fasnet</strong> gar kei Fescht<br />

au s’Blättle konnt ei Dag nur laufe,<br />

weil am Golf die Heer sich raufe.<br />

Doch einige ganz unerschrocken<br />

mache sich doch auf die Socken,<br />

es gab e Narrehock im Schloß<br />

mit dem ganze Narretroß.<br />

<strong>Die</strong> Musiker, ei war des schön,<br />

konnt mer ohne Päper sehn.<br />

De Narrerat war au ganz nackt<br />

doch ufs mol do hotses packt.<br />

Mer holt die Päpern dann gings los<br />

beim Narrehock un uff de Stroß<br />

laufen als vereinzelt G’stalten<br />

die die <strong>Fasnet</strong> konnt nit halten.<br />

Au die schöne alde Rungunkle<br />

konnte nit so richtig schunkle<br />

und so liefen sie im Tritt<br />

in der nicht stattgefundenen Elfemeß mit.<br />

Au am Wohlauf, dies muß man noch sage<br />

fuhr ein kleiner Leiterwage,<br />

394 Schwabo vom 21.1.1991.<br />

395 Schwabo vom 28.1.1991.<br />

396 Schwabo vom 8.2.1991.<br />

397 OT vom 14.2.1991.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 47<br />

mit einem Sänger wer kann’s wissen,<br />

er lag ganz vermummt dirt unter Kissen.<br />

Gesungen hat er auch, wie vernommen,<br />

doch der Ton kam ganz verschwommen.<br />

Am <strong>Fasnet</strong>-<strong>Die</strong>nschtig war dann Kinderball<br />

der fand statt wie allemal.<br />

Au Wurscht un Bretzel hot es gebe,<br />

des war für die Kinder doch a Seege.<br />

Am Aschermittwoch hört nur her<br />

wäschten keine Wäscher mehr.<br />

doch ein paar nicht bekannte G’stalte<br />

gemischt von junge un au alde<br />

wäschten voller Trauer dann<br />

ihren eignen Beutel un ohne Schwamm.<br />

Doch dies ist nun schon bald vergessen<br />

drum ihr Narren aufgesessen,<br />

zur <strong>Fasnet</strong> macht euch nun auf, seid froh<br />

mit unserem Wolfach Narroo !!<br />

1.9. Mediengeschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong><br />

<strong>Die</strong> erste ausführlichere Schilderung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> findet sich in der vom Metzgermeister August Armbruster<br />

(1860-1933) verfassten handschriftlichen Metzger-August’schen Chronik von 1895 398 , in der neben einer<br />

Beschreibung des damals aktuellen Brauchtums auch allerlei Anekdoten zu finden sind. In einem Stadtführer<br />

von 1906 wird die <strong>Fasnet</strong> bereits als eine besondere touristische Attraktion angepriesen und das zwei Jahre zuvor<br />

aufgeführte <strong>Fasnet</strong>spiel detailliert beschrieben 399 . Franz Disch nutzte für das Kapitel über die <strong>Fasnet</strong> in seiner<br />

umfassenden Chronik der Stadt Wolfach von 1920 die Metzger-August’sche Chronik als Quelle, die er durch<br />

zahlreiche historische Belegstellen aus den Archivalien der Stadt ergänzte 400 . In der Ortenau, dem Jahrbuch des<br />

Historischen Vereins für Mittelbaden, veröffentlichte Disch 1939 nochmals seine Forschungsergebnisse in dem<br />

Aufsatz Einstige Verordnungen gegen die <strong>Wolfacher</strong> Fastnacht 401 .<br />

In der volkskundlichen Literatur des 3. Reiches mit ihrer nationalsozialistischen Interpretation des Brauchtums<br />

erlangte die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> vor allem durch den aus damaliger Sicht als urtümlich-germanisch erscheinenden<br />

Wohlauf überregionale Beachtung. An erster Stelle zu nennen ist hier Hermann Eris Busses Schrift<br />

Alemannische Volksfastnacht, die 1935 in dem Jahrbuch Mein Heimatland und zwei Jahre später als eigenständige<br />

Publikation erschien 402 und trotz ihres von der Nazi-Ideologie geprägten Charakters einen gewaltigen<br />

Einfluss auf das lokalhistorische <strong>Fasnet</strong>schrifttum der Nachkriegszeit in Südwestdeutschland hatte.<br />

Nach dem 2. Weltkrieg stieg Wolfach durch die sukzessive Wiederbelebung der <strong>Fasnet</strong>figuren und<br />

engagierte Pflege der überlieferten Bräuche zu einem allgemein anerkannten Hauptort der schwäbischalemannischen<br />

<strong>Fasnet</strong> auf und wird deshalb in zahlreichen <strong>Fasnet</strong>büchern ausführlich erwähnt 403 . Bedeutende<br />

Volkskundler setzten sich mit dem <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>brauchtum auseinander, beispielsweise Leopold Schmidt,<br />

Johannes Künzig, Wilhelm Kutter, Hermann Bausinger, Hans Moser und Werner Mezger sowie der ob seiner<br />

mitunter abenteuerlichen <strong>Fasnet</strong>theorien wissenschaftlich umstrittene <strong>Die</strong>tz-Rüdiger Moser 404 . Vor allem die<br />

heftige Auseinandersetzung um den Text des Wohlaufliedes sorgte unter den Forschern für einiges Aufsehen.<br />

In über 20 Zeitungsberichten, Aufsätzen und Büchern widmete sich Josef Krausbeck ab 1955 der Geschichte<br />

der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> 405 . Vor allem sein grünes Büchle, das die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in Geschichte und Dichtung<br />

darstellt und auch den Spieltext von Bredelins Weibermühle enthält, wurde zu einem fast schon legendären<br />

fasnetlichen Klassiker, der in keinem <strong>Wolfacher</strong> Narrenhaushalt fehlen darf 406 . (Im Rahmen des Zunftmeisterempfangs<br />

beim Narrentreffen in Offenburg 1988 überreichte Erich Steinhauser sen., Ehrenpräsidialmitglied der<br />

398 Armbruster: Das alte <strong>Wolfacher</strong> Rath- und Schulhaus.<br />

399 Führer durch Wolfach und Umgebung, 6f.<br />

400 Disch: Chronik Wolfach, 440-445.<br />

401 Disch: Einstige Verordnungen gegen die <strong>Wolfacher</strong> Fastnacht.<br />

402 Busse: Alemannische Volksfastnacht [1937], 75-82.<br />

403 Beispielsweise seien genannt Bärtsch: Holzmasken, 247-49; Künzig: <strong>Die</strong> alemannisch-schwäbische <strong>Fasnet</strong> (1950), 84-90; Kutter /<br />

Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 90-93; Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern [2003], 122; Wintermantel:<br />

Hoorig, hoorig isch die Katz, 58-71; Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, passim.<br />

404 Zu ihren Schriften siehe Abschnitt 7.2 Quellenverzeichnis.<br />

405 Zu Krausbecks Schriften siehe Abschnitt 7.2 Quellenverzeichnis.<br />

406 Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in Geschichte und Dichtung. – <strong>Die</strong> darin enthaltenen <strong>Fasnet</strong>lieder wurden im Januar 1987 im Vorfeld der<br />

Verfilmung des Singspiels <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill von Georg Anton Bredelin durch das Videostudio Beurovision auf Initiative<br />

des Narrenrates Ditmar Beu aufgenommen und zusammen mit dem Ton der Weibermühle auf Tonkassette veröffentlicht.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 48<br />

VSAN, dem russischen Botschafter Julij Kwizinsky ein Exemplar des grünen Büchles 407 .) 1974 veröffentlichte<br />

Krausbeck das 62-seitige Buch Masken unserer Stadt. Wolfach.<br />

1995 erschien zum großen Narrentreffen die Festschrift 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, in der Otto<br />

Schrempp sich detailliert der Entwicklung der <strong>Fasnet</strong>bräuche im 19. und 20. Jahrhundert widmet und bei all ihrer<br />

Tradition die großen Veränderungen aufzeigt, die diese im Laufe der Zeit in ihrer Ausgestaltung erfuhren 408 .<br />

Bereits 1903 zeichnete der <strong>Wolfacher</strong> Ölmüller Friedrich Armbruster (1860-1938), der in der Ölmühle<br />

(Inselweg 9) arbeitete, mit einem Edison-Phonographen der Firma EWC Excelsior Werke Cologne, einem in<br />

Lizenz nachgebauten Graphophon Typ G der Columbia Graphophon Co., auf einer Bienenwachswalze den<br />

Wohlaufgesang von Anton Gißler auf 409 . Drei Jahre später nahm Armbruster bei einer Elfemess den<br />

Michelesmarsch und einige <strong>Fasnet</strong>sprüche auf.<br />

<strong>Die</strong> IWF Wissen und Medien gGmbH (früher Institut für den wissenschaftlichen Film, IWF) in Göttingen<br />

besitzt einen neunminütigen 16-mm-Film über das schwäbisch-alemannische Narrentreffen in Oberndorf a. N.<br />

im Februar 1936. Dazu erschien eine achtseitige Begleitpublikation von Erika Kohler. Unter den teilnehmenden<br />

Zünften war auch die Freie Narrenzunft, die im Umzug den Wohlauf darstellte 410 . <strong>Die</strong>s dürfte die älteste erhaltene<br />

Filmaufnahme der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> sein. <strong>Die</strong> Paramount-Tonfilmgesellschaft filmte 1937 den Wohlauf<br />

(der bereits im Jahr zuvor im Rundfunk zu hören gewesen war), das Festspiel sowie die Geldbeutelwäsche für<br />

ihre Wochenschau, die damals über die Leinwände vieler deutscher und ausländischer Lichtspielhäuser<br />

flimmerte 411 . Ob diese Aufnahmen noch existieren, ist nicht bekannt.<br />

1963 strahlte die ARD bundesweit die Weibermühlenverfilmung von Horst Scharfenberg aus 412 . Seit den<br />

1960er-Jahren finden sich auch regelmäßig Berichte über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in Nachrichtensendungen und<br />

Brauchtumsdokumentationen von ARD 413 , ZDF, SWF/SWR 414 sowie privaten Rundfunksendern 415 . Bis 1991<br />

bestimmte allerdings beim SWF und SDR eine sehr kritische Haltung zum heimatlichen Brauchtum die Berichterstattung,<br />

die sich beispielsweise in der von Moderator Oskar Zerlacher mit gewohnt scharfzüngiger Ironie<br />

kommentierten halbstündigen Reportage über das große Narrentreffen in Offenburg 1988 zeigte, in der überwiegend<br />

die negativen <strong>Seite</strong>n des Treffens zu sehen waren und die Narren teilweise als alkoholsüchtige<br />

Raufbolde erschienen 416 . Im gleichen Jahr gab es eine Diskussionssendung über Sinn und Unsinn der <strong>Fasnet</strong>.<br />

Einen Wandel in der Einstellung der Medien zur <strong>Fasnet</strong> brachte erst der durch eine Medienkampagne ausgelöste<br />

Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991. Seit 1992 übertragen der SWF und SDR bzw. der 1998 aus ihnen entstandene SWR<br />

alljährlich einige Narrentreffen der VSAN, wobei Prof. Werner Mezger von seinem Postamentle aus mehr oder<br />

weniger wissenschaftlich fundierte Kommentare abgibt, während die Moderatorin Sonja Schrecklein auf der<br />

Straße den direkten Kontakt mit den Narren sucht 417 . Allerdings gelang es Mezger dabei nie, die <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong> fehlerfrei zu beschreiben.<br />

Das Deutsche Volksliedarchiv Freiburg nahm während der <strong>Fasnet</strong> 1968 einige der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche<br />

und -Lieder auf Tonband auf, darunter den Wohlauf in seiner originalen Fassung, gesungen von Emil Blattner.<br />

Nach der <strong>Fasnet</strong> 1973 wurde das <strong>Fasnet</strong>spiel <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill von Georg Anton Bredelin, das in<br />

jenem Jahr zum ersten Mal seit 1892 wieder aufgeführt worden war, aufgenommen. <strong>Die</strong>se beiden Tonaufnahmen<br />

sind inzwischen digitalisiert und über das Internet abrufbar 418 .<br />

Durch die Verfilmung der Weibermühle 1977 und der gesamten <strong>Fasnet</strong>bräuche 1983 durch den renommierten<br />

Volkskundler Prof. Rolf Wilhelm Brednich für das IWF 419 drang die Kunde von der Vielfalt der <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong> bis ans andere Ende der Welt, denn als Brednich im Jahre 2000 von der Göttinger Universität an das<br />

Stout Research Centre der Victoria University of Wellington in Neuseeland wechselte, nahm er die beiden Filme<br />

auf einer Videokassette mit und führte sie mit großem Erfolg seinen dortigen Studenten und den Mitarbeitern<br />

seines Institutes vor. Einige von ihnen äußerten danach sogar den Wunsch, selbst einmal Wolfach zur <strong>Fasnet</strong>zeit<br />

besuchen zu wollen 420 .<br />

407<br />

Bericht im Schwabo vom 26.1.1988.<br />

408<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit.<br />

409<br />

Müller, V.: Tondokumente über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 2-3.<br />

410<br />

Bebermeyer: Schwäbisch-alemannisches Narrentreffen.<br />

411<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 47.<br />

412<br />

Scharfenberg: <strong>Die</strong> Altweibermühle. – Zur Entstehung des Filmes siehe Abschnitt 5.2 Bredelins „Weibermühle“.<br />

413<br />

1967 war erstmals in der Tagesschau ein Bericht über den Wohlauf zu sehen. Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit,<br />

46.<br />

414<br />

Barth, H.-D.: Der Teufel ist los; Jakel: Der Narrenschopf Bad Dürrheim; Motzkus: Fastnacht ade…; Reichert: Fasnachtsbräuche im Land.<br />

415<br />

1988 gab es im Offenburger Privatsender Radio OHR eine einstündige Sendung, in der Narrenvater Albert Wöhrle und der in jenem Jahr<br />

mit dem Blechernen Wohlauforden ausgezeichnete Walter Schmider in einem Interview mit der Moderatorin Astrid Magg die<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche erläuterten. Bericht im Schwabo vom 17.2.1988.<br />

416<br />

Drewes: Großes Narrentreffen Offenburg.<br />

417<br />

Zur Entwicklung der Fernsehübertragungen und zu den Wechselbeziehungen zwischen <strong>Fasnet</strong> und Fernsehen siehe von Örtzen: Fastnacht<br />

und die Medien; Motzkus: 10 Jahre schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong>.<br />

418<br />

Deutsches Volksliedarchiv: Feldforschungsaufnahmen des Deutschen Volksliedarchivs, Mag191; Deutsches Volksliedarchiv: Feldforschungsaufnahmen<br />

des Deutschen Volksliedarchivs, Mag340.<br />

419<br />

Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Die</strong> Altweibermühle; Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

420<br />

Das Institut wurde zum Jahresende 2010 geschlossen. http://www.iwf.de (17.1.2011).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 49<br />

Eine wichtige Quelle zur Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> ist die von 1865 bis 1939 erschienene Heimatzeitung<br />

Der Kinzigtäler, seit 1870 herausgegeben von der Familie Sandfuchs, die sich sehr aktiv an der <strong>Fasnet</strong><br />

beteiligte und deshalb auch großen Wert auf eine ausführliche <strong>Fasnet</strong>berichterstattung legte. Nach dem 2. Weltkrieg<br />

erschien bis 1969 in der Druckerei Sandfuchs das wöchentliche Amtliche Nachrichtenblatt für das obere<br />

Kinzigtal, das der <strong>Fasnet</strong>berichterstattung ebenfalls breiten Raum gewährte, wobei hier der Schwerpunkt bei<br />

umfangreichen Vorankündigungen, zumeist von Albert Sandfuchs jun. (1903-1980) verfassten Berichten zur<br />

<strong>Fasnet</strong>geschichte sowie zusammenfassenden Rückblicken lag und somit das hiesige Narrentreiben jener Jahre<br />

kenntnisreich dokumentierte.<br />

Bei den beiden nach dem 2. Weltkrieg in Wolfach erscheinenden Lokalzeitungen Offenburger Tageblatt<br />

(OT) und Schwarzwälder Bote (Schwabo) hängt die Qualität und Quantität der <strong>Fasnet</strong>berichte zumeist von Lust<br />

und Laune der jeweils zuständigen, oft nicht aus Wolfach stammenden Redakteure ab, die mitunter nur wenig<br />

mit dem hiesigen Brauchtum anfangen konnten und als Außenstehende nicht immer den richtigen Ton trafen.<br />

Einen handfesten Skandal löste der von 1982 bis 1988 als verantwortlicher Redakteur beim Schwabo tätige Max<br />

Köhler 421 kurz nach Beginn seiner Tätigkeit im Vorfeld der <strong>Fasnet</strong> mit einen bissigen Kommentar aus 422 :<br />

Beweisen, daß man kein Narr ist<br />

<strong>Die</strong> närrischen Tage stehen dicht vor der Tür. Nun muß man wieder auch in Wolfach zeigen, daß man ein echter Narr ist. Wie man das<br />

demonstriert? Am besten durch ein Dauergrinsen an den närrischen Hochtagen, durch ständige Juchzer, dummes Dahergerede und<br />

Durchmachen bis zum Morgen. Man zeigt das Narrengesicht, indem man betrunken ins Büro kommt und den Kollegen die Arbeit<br />

überläßt. Tut man das nicht, kann man leicht in Verdacht geraten, kein Narr zu sein, und das ist etwa so schlimm, wie ein Umweltverschmutzer<br />

oder ein Energieverschwender zu sein.<br />

An den närrischen Hochtagen ist es also ratsam, ein fröhliches Gesicht zu machen, denn, ist man erst einmal als Anti-Narr enttarnt, hilft<br />

auch kein Hinweis auf närrisch zugebrachte Stunden das Jahr über. Hier und heute, genau festgenagelt durch den Kalender, hat man zu<br />

beweisen, daß man ein Narr ist. Ja, man beweist in diesen Tagen quasi erst, daß man das restliche Jahr über zur Vernunft fähig ist,<br />

wenn man sich an den drei Wochen und ganz besonders an den drei letzten Tagen der Fasent nicht mit einem ernsten Gesicht erwischen<br />

läßt.<br />

Ist man Redakteur, hat man noch zusätzliche Klippen zu umschiffen. Schreibt man in Wolfach und Hausach Fasent, hat man sich eines<br />

Vergehens schuldig gemacht, das an Nestbeschmutzung grenzt; schreibt man in Haslach <strong>Fasnet</strong>, ist man ganz klar ein Türke oder so<br />

was ähnliches, vielleicht sogar ein <strong>Wolfacher</strong>.<br />

Wie sagte doch ein kluger Ausländer: »<strong>Die</strong> Deutschen müssen alles übertreiben. Sie sind jetzt so hundertprozentige Demokraten, daß<br />

einem angst und bange werden kann«. Es lebe also die Narretei, aber bitte, liebe Kinzig-, Wolf- und Gutachtäler, hundertprozentig ist<br />

nicht einmal der Schnaps, den manche an diesen Tagen zuviel kriegen.<br />

Jetzt höre ich schon die Stimmen brummeln: Wir lassen uns von einem Ausländer nicht die <strong>Fasnet</strong> vermiesen, das wäre ja noch schöner.<br />

Aber das wollte ja keiner. Der Autor dieser Zeilen freut sich schon darauf, in der bewegungsarmen Winterszeit mal so richtig die Beine<br />

ausschütteln zu können. Er nennt das dann Tanzen. Seine Partnerinnen nennen es allerdings mehr einen Bären-Ringkampf.<br />

Jedoch wandelte sich der Verfasser dieser kritischen Zeilen dann rasch zu einem großen Fan der <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong>, nachdem er diese erstmals selbst miterlebte, wobei die Rungunkeln während einer Narrenversammlung<br />

eine Woche nach dem Erscheinen des Kommentars eine nicht unwesentliche Rolle bei Köhlers Bekehrung<br />

spielten. 1987/88 ließ die Qualität seiner Berichte aber wieder spürbar nach. Einen Tiefpunkt erreichte die<br />

<strong>Fasnet</strong>berichterstattung im Schwabo unter dem von 1988 bis 1996 für die Kinzigtal-Gesamtredaktion verantwortlichen<br />

Karl Münchbach und den jeweils zuständigen Wolfach-Redakteuren, denen aus Unkenntnis der<br />

örtlichen Traditionen oft grobe Fehler in der Bezeichnung von Bräuchen und Personen unterliefen; außerdem<br />

wurde die Zahl und der Umfang der Berichte auf ein Minimum reduziert, manche Narrenversammlungen und<br />

Umzüge überhaupt nicht mehr erwähnt usw. Erst unter Münchbachs Nachfolgern Elmar König (1996-2001),<br />

Christine Stiefenhofer (2001-2006) und Dirk Haier (2007-2008) erreichte die Berichterstattung wieder ein<br />

akzeptables Niveau. Allerdings verkürzte der Schwabo ab 2003 nach der Inbetriebnahme eines neuen Druckzentrums<br />

in Villingen-Schwenningen und der damit verbundenen Formatverkleinerung der Zeitung alle seine<br />

Berichte im Heimatteil um 25% mit der Begründung, dass die Leser heutzutage keine Zeit mehr dafür hätten,<br />

längere Berichte zu lesen.<br />

Im OT ist die Qualität der <strong>Fasnet</strong>berichte großen Schwankungen unterworfen und abhängig von stark<br />

subjektiv geprägten Kriterien der jeweiligen Verfasser. <strong>Die</strong> Bildauswahl ist manchmal nicht sehr überzeugend,<br />

auch kommt es ab und an zu Fehlern in der Bildbeschriftung; so wurden beispielsweise der <strong>Wolfacher</strong> Narrenrat<br />

nach Hausach verlegt, die Rungunkeln als Hexen und die Narrenkapelle als Fanfarenzug bezeichnet.<br />

Entscheidend geprägt hat den kritisch-subjektiven, polarisierenden, stark personalisierten und überwiegend auf<br />

prominente Mitbürger zugeschnittenen Stil des Heimatteils die langjährige Redakteurin Margarete <strong>Die</strong>terle, die<br />

keinem Konflikt, insbesondere in ihren Berichten und Kommentaren zum Zunftabend und Schnurren, aus dem<br />

Weg geht und damit schon für viel Gesprächsstoff unter den <strong>Wolfacher</strong> Narren und für manches Elfemessthema<br />

sorgte.<br />

421 Max Köhler, der nach seiner Tätigkeit beim Schwabo als Kunstmaler einige Beachtung fand, ist ein Bruder des Immunologen und<br />

Medizin-Nobelpreisträgers Georges Köhler (1946-1995). Hansen-Lorenzen: Große Zustimmung als Landschaftsmaler; Köhler, M.: Er<br />

las Karl May.<br />

422 Köhler, M.: Beweisen, daß man kein Narr ist.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 50<br />

2. <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalten<br />

2.1. Hästräger mit Larven<br />

2.1.1. Der weiße Ur-Hansel von 1927<br />

Im Kinzigtäler stand am 15. Februar 1926 unter der Rubrik Eingesandt folgender Aufruf 423 :<br />

Daß Wolfach wie nur wenige Städte im badischen Lande seine althergebrachten, historischen Fastnachtsgebräuche hochhält, ist überall<br />

bekannt und auch für einen <strong>Wolfacher</strong> alten Narren selbstverständlich. Ich betone ausdrücklich »für einen alten Narren«, denn der<br />

Jugend im allgemeinen ist durch die langen schrecklichen Kriegsjahre und deren Folgen das schöne, ehrwürdige Bild der alten <strong>Fasnet</strong><br />

aus den Tagen der Kindheit verwischt oder zum Teil entstellt worden. Manch Neues, das man früher nicht kannte, verquickt sich mit<br />

unserer alten Fastnacht, und es ist dies auch nicht ohne weiteres zu verwerfen, denn: Andre Zeiten – andre Sitten! Am meisten macht<br />

sich das Neue in all den hübschen Kostümen, die man jetzt auf Bällen, Umzügen etc. gesehen hat, bemerkbar. Schlimm genug wurde<br />

während des Krieges [Erster Weltkrieg] in den »<strong>Fasnet</strong>skischte« geräumt und alles zerschnitten, und so ist es begreiflich, daß ein<br />

mancher trotz der schlimmen Zeit wieder Geld ausgibt zur Herstellung von einem neuen »Narrehäs«. Und schöne und auch originelle<br />

Kostüme hat man hier bei den letzten Bällen schon gesehen, auch Clowns und Pierrots (eine von Frankreich und Italien damals besonders<br />

eingeführte neue Clown-Form, die sehr beliebt wurde), aber eines sah man nicht, auch bei der Elfemeß nicht: einen alten<br />

<strong>Wolfacher</strong> Hansel. Nicht als alter verschrobener Griesgram, der sich gegen alle neue Sitte wehrt, will ich gelten wenn ich sage: <strong>Die</strong><br />

Jugend soll nicht nur allein Neues aus ihren Modejournalen bringen, sondern sie soll auch die schönen Sitten früherer Zeit pflegen und<br />

fördern. Schön und urgelungen war solch ein Hansel, da konnte man hinter seiner Maske »strählen«, und ein Hansel hatte hierzu ein<br />

größeres Privileg wie jede andre Maske, denn wenn ein alter Hansel schnurren kam (es war dies das uralte Schnurren oder Strählen<br />

von Tisch zu Tisch unter der Larve, also unkenntlich), wußte man, daß man keine seichten Phrasen, sondern gesunde <strong>Wolfacher</strong> Fastnachtswitze<br />

zu hören bekam. Hoffentlich taucht dieses vergessene Symbol aus herrlichen Fastnachtstagen längst vergangener Zeiten<br />

bald wieder einmal aus der Versenkung. – Ein alter Narro.<br />

Bei dem alten Narro handelte es sich um den Ochsenwirt Rudolf Straub (1884-1966), der lange Jahre als<br />

Tambourmajor die <strong>Fasnet</strong>umzüge anführte. An der von Straub beklagten Verdrängung der Hansel durch<br />

Clownskostüme war der Kaufmann Alfred Krausbeck (1873-1937), der ein Geschäft für Herrenbekleidung,<br />

Stoffe, Kurzwaren, Mützen und Hüte betrieb, nicht ganz unschuldig, denn er brachte um 1902 diese geschäftsfördernde<br />

Modewelle nach Wolfach 424 . Nicht zuletzt auch deshalb diente Straubs Aufruf als Ansporn für den<br />

damals 17-jährigen Josef Krausbeck, den Sohn von Alfred, zur <strong>Fasnet</strong> 1927 einen ersten neuen Hansel für einen<br />

Erwachsenen von Fanny Schmidt (1892-?), der späteren Frau Ohnmacht, nähen zu lassen. Als Modell diente ein<br />

alter Hansel, den Krausbecks Großvater Josef (1843-1905) um 1865 aus gestreiftem, stabilen Barchent 425 , der oft<br />

für Bettbezüge und Strohsäcke Verwendung fand, herstellen ließ und vermutlich beim Festspiel von 1869 trug.<br />

Im 1. Weltkrieg und der schlechten Zeit danach mit Inflation und Wirtschaftskrise waren diese festen<br />

Hanselstoffe besonders begehrt, um sie zu Kleiderfutter und dringend benötigter Alltagskleidung zu verarbeiten.<br />

Umso schwieriger war es damals, für den neu entstehenden Hansel einen passenden Stoff zu finden. Schließlich<br />

fiel die Wahl auf einen starken Hamburger Blusenstoff in weiß, geschmückt mit gelben und schwarzen Einfassungen<br />

426 .<br />

<strong>Die</strong> Holzlarve schnitzte der <strong>Wolfacher</strong> Holzbildhauer Ludwig Maier (1887-?) 427 nach einer etwa 200 Jahre<br />

alten Larve aus dem Besitz von Schreinermeister August Geiger (1875-1945), die sich heute im Bestand des<br />

Museums Schloss Wolfach befindet (Tabelle 1, Nr. 7). Es ist derselbe Larventyp mit der großen Bogennase, der<br />

1976 zunächst auch als Vorbild für die Larve des Streifenhansels, der den Guller trägt, Verwendung fand 428 .<br />

Neben dem neuen Krausbeck’schen Hansel gab es damals nur noch einen alten in gelb-roter Farbgebung, den<br />

der Druckereibesitzer Albert Sandfuchs jun. (1903-1980) beim Festspiel 1927 als ein Hofnarrengewand trug 429 .<br />

Der Konditormeister Otto Schmidt (1898-1977) ließ zu der Zeit für seinen jüngsten Bruder einen Hansel<br />

machen, zu dem er sogar einen gestreiften Stoff auftreiben konnte.<br />

Bei der Elfemess am <strong>Fasnet</strong>zieschtig 1929 gab es wegen der eisigen Kälte von –21 Grad neben der Narrenkapelle<br />

nur drei Teilnehmer: Erich Sandfuchs (1904-1993) und seine spätere Frau Elsa Vivell (1905-1972), die<br />

sich zusammen in Federbetten gepackt hatten und ein Schild mit der Aufschrift Mir friere nit umhängten sowie<br />

Josef Krausbeck in seinem weißen Schellenhansel, an dessen Holzlarve drei Zentimeter lange Eiszapfen<br />

hingen 430 .<br />

423 Zitiert nach Krausbeck: Noch ein Jubiläum.<br />

424 Krausbeck: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen-Hansel.<br />

425 Barchent ‚dichtes, einseitig angerauhtes Baumwoll- oder Flanellgewebe’ < mlat. barracanus ‚Zeug aus Kamelshaaren’ < arabisch<br />

barrakān ‚Stoff aus Kamelhaar’; gelangte wohl über Spanien in die westeuropäischen Sprachen. Etymologisches Wörterbuch des<br />

Deutschen, 99, s. v. Barchent.<br />

426 Original heute im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/273.<br />

427 Maier hatte seine Werkstatt in der Vorstadtstraße 48; das Gebäude fiel 1988 der Vorstadtsanierung zum Opfer.<br />

428 Abbildung des Ur-Hansels in Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 201; Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in<br />

alten Bildern [2005], 126 (Aufnahme von 1934 bei der Landesfastnachtausstellung). – Zum Gullerreiter siehe Abschnitt 2.3.3<br />

Gullerreiter.<br />

429 Zum gelb-roten Mi-Parti-Hansel siehe Abschnitt 2.1.9 Mi-Parti-Hansel.<br />

430 Krausbeck: Wohlauf bei 20 Grad minus. – Zur Wetterentwicklung an der <strong>Fasnet</strong> 1929 siehe Schmalz: Wohlauf musste vor 70 Jahren bei<br />

minus 17 Grad singen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 51<br />

2.1.2. Der gelb-blaue Schellenhansel<br />

Ein Jahr nach dem Beitritt der Freien Narrenzunft Wolfach zur VSAN entstanden 1934 zwölf neue<br />

Schellenhansel, zwar in Anlehnung an historische Vorbilder, aber in den <strong>Wolfacher</strong> Stadtfarben Gelb und<br />

Blau 431 . In Erinnerung an den alten Spättlehansel erhielten sie an den Ärmeln und Beinen jeweils drei Zackenreihen.<br />

Nach einem Entwurf von Mehlhändler Adolf Gießler nähte die Damenschneiderin Anna Fehrenbach die<br />

Hansel aus gutem, teurem Stoff in vornehmer Ausstattung. <strong>Die</strong> Larve entstand nach einem Vorbild aus dem 18.<br />

Jahrhundert (Tabelle 1, Nr. 1). Der Schellenhansel teilt mit einer gelb-blau gestreiften Pritsche gut gemeinte<br />

Schläge aus; dieses aus Holzstreifen oder -brettchen bestehende Schlaggerät gehört seit dem 15. Jahrhundert zur<br />

Ausstattung eines Hanswursts oder Harlekins 432 . Den Rücken des Hansels ziert ein großes W, die Brust ein auf<br />

einer blauen Raute gemalter Wohlaufmaa 433 mit Stalllaterne als Reminiszenz an den bekanntesten <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong>brauch. <strong>Die</strong> Betonung des lokalen Bezugs zur Heimatstadt war zu jener Zeit bei der Neugestaltung von<br />

Narrenfiguren sehr beliebt.<br />

Neben den zwölf Hanseln für Erwachsene entstanden bis zum 2. Weltkrieg noch einige Kinderhansel 434 .<br />

Nach der Währungsreform 1948, als wieder Geld und Material zur Verfügung standen, avancierte der gelb-blaue<br />

Hansel zur Hauptfigur der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. 1979 gab es erstmals ein, allerdings nicht sehr erfolgreiches,<br />

Treffen der Schellenhansel, um sich untereinander besser kennen zu lernen 435 . Ausgehend von diesem ersten<br />

Versuch bildete sich dann in den 1980er-Jahren ähnlich wie bei den anderen Narrenfiguren eine große aktive<br />

Hanselgruppe, die sich als ein eigenständiger Teil innerhalb der Narrenzunft versteht und für diese<br />

organisatorische Aufgaben, insbesondere bei der Bewirtung der Schlosshalle, übernimmt. Das Schorlehäs des<br />

Schellenhansels besteht aus einem gelben Sweatshirt mit einem blauen Halb-Kragen und einigen Zacken am<br />

unteren Rand, jeweils mit Schellen verziert.<br />

Um die Zahl der Schellenhansel im Verhältnis zu den übrigen Hansel wieder zu vergrößern, führte die<br />

Narrenzunft 1993 eine Sonderaktion zur Beschaffung von 35 neuen Schellenhansel zu einem besonders<br />

günstigen Preis durch, denn wegen der besonderen Farbgebung in Gelb und Blau mussten 600 Meter Stoff extra<br />

eingefärbt werden, der bei der <strong>Wolfacher</strong> Firma Pfau, gewöhnlich spezialisiert auf Nachthemden und Unterwäsche,<br />

komplett zugeschnitten wurde 436 .<br />

2.1.3. Nussschalenhansel<br />

Nach mündlicher Überlieferung gab es in Wolfach um 1850 einen Hansel mit Holzlarve und einem Häs aus<br />

grünem Stoff, das überall mit Nussschalenhälften benäht war 437 . Getragen wurde er von einem Knecht der Gastwirtschaft<br />

„Zum Hirsch“ an der Stadtbrücke 438 .<br />

Auf Anregung von J. Krausbeck veröffentlichte die Narrenzunft im Dezember 1959 in den Zeitungen und im<br />

Amtlichen Nachrichtenblatt einen Aufruf an die Bevölkerung 439 :<br />

Helfen Sie uns mit, den Nußschalenhansel wieder auferstehen zu lassen. Zerschlagen Sie die Nüsse nicht,<br />

öffnen Sie die Schalen mit einem Messer, daß beide Hälften erhalten bleiben! Liefern Sie die Schalen bis<br />

20.12.1959 der Narrenzunft, dem Narrenschreiber Josef Krausbeck oder dem Narrenrechner Günter Endres<br />

»zum Grünen Baum« ab. Für die Menge von einem Pfund erhalten Sie eine Losnummer. Mit dieser haben Sie<br />

die Aussicht auf Gewinnung eines Nußschalenhansels einschließlich seiner Holzlarve...!<br />

Aus ganz Wolfach und den umliegenden Gemeinden kamen über 10 000 Nussschalen an. Zur <strong>Fasnet</strong> 1960 entstanden<br />

zunächst drei Erwachsenen- und ein Kinder-Nussschalenhansel, im Jahr darauf fünf bzw. acht weitere,<br />

431 Auf dem Speicher des Café Armbrusters wurde 2006 ein alter, vermutlich um 1900 entstandener <strong>Wolfacher</strong> Hansel in gelber Farbgebung<br />

mit Bogenkappe entdeckt, der jedoch nicht als direktes Vorbild diente, denn von dessen Existenz wusste nicht einmal Josef Krausbeck.<br />

Mitteilung von Hubert Kiefer, Wolfach, vom 14.11.2006.<br />

432 Das Wort Pritsche geht zurück auf mhd. britze ‚Bretterverschlag’ < ahd. britissa ‚dünnes Brettchen, Latte’, zu ahd. bret ‚Brett’. Etymologisches<br />

Wörterbuch des Deutschen, 1043, s. v. Pritsche; Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. britissa. – Dass die Pritsche durchaus auch<br />

eine sexuelle Konnotation haben kann, zeigt sich in Goethes Lustspiel Hanswursts Hochzeit, in dem der Hanswurst sagt:<br />

Ich möcht’ gleich meine Pritsche schmieren<br />

Und sie zur Tür hinaus formieren.<br />

Indes, was hab’ ich mit den Flegeln?<br />

Sie mögen fressen, und ich will vögeln.<br />

Goethe: Hanswursts Hochzeit. (Das in dieser Ausgabe fehlende Wort vögeln wurde ergänzt nach Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen<br />

Päderastie, 112 Anmerkung 9.)<br />

433 Wohlaufmaa ‚Wohlaufmann, Sänger des Wohlaufliedes beim Wohlauf’, siehe Abschnitt 2.2.1 Wohlauf.<br />

434 Abbildung der Kinderhansel um 1938 in: 180 Jahre Narrenzunft Wolfach [Schwabo].<br />

435 Aufruf an alle gelb-blauen Hansel im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 10 (1980).<br />

436 1995 gab es 240 Schellenhansel, 165 Röslehansel, 68 Nussschalenhansel, 53 Mehlwurmhansel, 50 Rungunkeln und etwa 10<br />

Streifenhansel. Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 60.<br />

437 Krausbeck: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Moser.<br />

438 Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 49. – In einem Gespräch erzählte Krausbeck 1987, der Kronenwirtsohn Hans (Jean) Neef<br />

habe den Nussschalenhansel getragen, der 1869 Wirt der Gastwirtschaft „Zur Krone“ wurde.<br />

439 Zitiert nach: Vor 40 Jahren „Neuauflage“ der Nußschalenhansel.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

alle ausstaffiert mit Strohschuhen 440<br />

und einer Saubloder. <strong>Die</strong> Larven nach einem Vorbild aus dem 18. Jah<br />

hundert (Tabelle 1, , Nr. 4) schnitzte ein Kriegskamerad von Krausbeck. <strong>Die</strong> den Kopf bedeckende Gugel ist<br />

zipfellos los und mit einer Raubvogelfeder geschmückt. Eine Streckschere, von der es im im Bestand des<br />

Schloss Wolfach zwei alte Exemplare gibt<br />

Den als Preis ausgelobten Nussschalenhansel gewann<br />

<strong>Die</strong> Hästräger engagierten sich im Laufe der Zeit so sehr bei anderen <strong>Fasnet</strong>veranstaltungen, dass immer<br />

weniger dieser urtümlichen Hansel bei den Umzügen zu sehen waren. Erst im Laufe der 1980er<br />

größerte sich die Zahl wieder. Bei zwei Narrenversammlungen ließ der Kleine Narrenrat 1982 von den a<br />

wesenden Narren größere Mengen an Nussschalen knacken, um wieder genügend Material für neue Hansel zu<br />

haben. 1988 kam es zu einem ersten Treffen der Nussschalenhansel in der G<br />

unter ihren damaligen Obleuten Hermann und Siegfried Mantel; als deren Nachfolger wurden Roland Schamm<br />

und Achim Müller gewählt. Zu jener Zeit entstand auch das grüne Schorlehäs mit Zunftzeichen und aufgemalter<br />

Larve sowie als Kopfbedeckung ein grünes Wollkäpple. 1993 übernahmen Hubert „Rambo“ Decker und Simone<br />

Schmider die Leitung der Gruppe. Im Jubiläumsjahr 2000 gab es 85 registrierte Nussschalenhansel, die damals<br />

nach dem <strong>Fasnet</strong>usrufe beim Narrenhock im Festzelt auf dem D<br />

441 , kam 1963 als Neckinstrument zur Ausstattung des Hansels dazu.<br />

Den als Preis ausgelobten Nussschalenhansel gewann Leonhard „Schlotzer“ Heizmann 442 Saubloder. <strong>Die</strong> Larven nach einem Vorbild aus dem 18. Jahr-<br />

, Nr. 4) schnitzte ein Kriegskamerad von Krausbeck. <strong>Die</strong> den Kopf bedeckende Gugel ist<br />

im Bestand des Museums<br />

, kam 1963 als Neckinstrument zur Ausstattung des Hansels dazu.<br />

.<br />

<strong>Die</strong> Hästräger engagierten sich im Laufe der Zeit so sehr bei anderen <strong>Fasnet</strong>veranstaltungen, dass immer<br />

weniger dieser urtümlichen Hansel bei den Umzügen zu sehen waren. Erst im Laufe der 1980er 1980er-Jahre verhl<br />

wieder. Bei zwei Narrenversammlungen ließ der Kleine Narrenrat 1982 von den aan<br />

wesenden Narren größere Mengen an Nussschalen knacken, um wieder genügend Material für neue Hansel zu<br />

haben. 1988 kam es zu einem ersten Treffen der Nussschalenhansel in der Gastwirtschaft astwirtschaft „Zum Grünen Baum“<br />

unter ihren damaligen Obleuten Hermann und Siegfried Mantel; als deren Nachfolger wurden Roland Schamm<br />

und Achim Müller gewählt. Zu jener Zeit entstand auch das grüne Schorlehäs mit Zunftzeichen und aufgemalter<br />

ls Kopfbedeckung ein grünes Wollkäpple. 1993 übernahmen Hubert „Rambo“ Decker und Simone<br />

Schmider die Leitung der Gruppe. Im Jubiläumsjahr 2000 gab es 85 registrierte Nussschalenhansel, die damals<br />

nach dem <strong>Fasnet</strong>usrufe beim Narrenhock im Festzelt auf dem Damm ihr 40-jähriges jähriges Bestehen feierten.<br />

2.1.4. Mehlwurmhansel<br />

Der ganz in Weiß gehaltene Mehlwurmhansel entstand 1885 für den damals 42 42-jährigen Josef Krausbeck und<br />

sechs Buben, die in diesem Häs beim Festspiel Große närrische Galavorstellung der weltberühmten pud<br />

närrischen Künstlergesellschaft Schonko am Konko in Klein Klein-Poppo auftraten<br />

findet sich eine Abbildung dieser ersten Mehlwurmhansel (<br />

an 7. Stelle erwähnt, dass der lustige Mehlhansel mit seinen Zöglingen und zwei fidelen Zwillingsgeigern auf<br />

sechsspännigem Triumphwagen gezogen von halbgewachsenen Mehlwürmern<br />

Holzlarve trug der Hansel ursprünglich nicht, sondern rieb sein Gesicht mit einer Speckschwarte ein und blies in<br />

eine Mehllade, fertig war die Schminke. In der Narrenkammer der Familie Krausbeck blieben einige der Meh<br />

würmer aus jener Zeit erhalten und dienten 19<br />

Sartory, seiner Schwester Helga Hoffmann, die das Schnittmuster entwarf,<br />

Larven wurden von einem Holzbildhauer aus Schonach geschnitzt,<br />

der im Volksmund de Schniiderpeter<br />

Wolfach erstmals an der <strong>Fasnet</strong> auf. Als Neckinstrument verwendeten sie zunächst weiß<br />

pritschen, später dann einen Fuchsschwanz an einem blau<br />

443 . Auf dem Festspielplakat b<br />

findet sich eine Abbildung dieser ersten Mehlwurmhansel (Abbildung 2); in der Programmfolge des Spiels wird<br />

lustige Mehlhansel mit seinen Zöglingen und zwei fidelen Zwillingsgeigern auf<br />

sechsspännigem Triumphwagen gezogen von halbgewachsenen Mehlwürmern beim Umzug mitfuhr<br />

ve trug der Hansel ursprünglich nicht, sondern rieb sein Gesicht mit einer Speckschwarte ein und blies in<br />

eine Mehllade, fertig war die Schminke. In der Narrenkammer der Familie Krausbeck blieben einige der Meh<br />

würmer aus jener Zeit erhalten und dienten 1961/62 als Vorbild für deren Neugestaltung auf Initiative von Hans<br />

, seiner Schwester Helga Hoffmann, die das Schnittmuster entwarf, sowie Heinz und Klaus Tappert; die<br />

Larven wurden von einem Holzbildhauer aus Schonach geschnitzt, das Häs von Schneidermeister Franz Hacker,<br />

de Schniiderpeter hieß 445 , genäht 446 jährigen Josef Krausbeck und<br />

Große närrische Galavorstellung der weltberühmten pudel-<br />

. Auf dem Festspielplakat be-<br />

); in der Programmfolge des Spiels wird<br />

lustige Mehlhansel mit seinen Zöglingen und zwei fidelen Zwillingsgeigern auf<br />

beim Umzug mitfuhr<br />

. <strong>Die</strong> neuen Hansel traten beim Narrentreffen 1962 in<br />

Wolfach erstmals an der <strong>Fasnet</strong> auf. Als Neckinstrument verwendeten sie zunächst weiß<br />

nen Fuchsschwanz an einem blau-weißen Stab.<br />

444 . Eine<br />

ve trug der Hansel ursprünglich nicht, sondern rieb sein Gesicht mit einer Speckschwarte ein und blies in<br />

eine Mehllade, fertig war die Schminke. In der Narrenkammer der Familie Krausbeck blieben einige der Mehl-<br />

61/62 als Vorbild für deren Neugestaltung auf Initiative von Hans<br />

sowie Heinz und Klaus Tappert; die<br />

ermeister Franz Hacker,<br />

. <strong>Die</strong> neuen Hansel traten beim Narrentreffen 1962 in<br />

Wolfach erstmals an der <strong>Fasnet</strong> auf. Als Neckinstrument verwendeten sie zunächst weiß-blau gestreifte Holz-<br />

Abbildung 1: : <strong>Die</strong> erste schriftliche Erwähnung der Mehlwurmhansel auf dem Festspielplakat von 1885<br />

<strong>Seite</strong> 52<br />

Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Mehlwürmer stark ab, bis zu Beginn der 1980er<br />

Exemplare bei den Umzügen zu sehen waren. Bereits 1982 gab es deshalb erste Überlegungen im Großen<br />

Narrenrat, diese Hanselgruppe neu aufzubauen<br />

Mitwirkung einiger engagierter Narren und von Marga Schamm, die die Näharbeiten übernahm, dass sich eine<br />

Gruppe von zunächst 20 neuen Mehlwurmhansel bildete, die sich bei einer Narrenversammlung im Februar 1987<br />

erstmals der närrischen Öffentlichkeit vorstellten; zu deren Obleuten wu<br />

gewählt 448 Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Mehlwürmer stark ab, bis zu Beginn der 1980er<br />

Exemplare bei den Umzügen zu sehen waren. Bereits 1982 gab es deshalb erste Überlegungen im Großen<br />

Narrenrat, diese Hanselgruppe neu aufzubauen<br />

. Um den Mehlwurm wieder attraktiver zu machen, wurde die Hose auf Knielänge gekürzt, damit sie<br />

angeblich nicht mehr so schnell verschmutzt, und die Kopfbedeckung mit Eselsohren zusammen mit dem<br />

Kragen nicht mehr am Oberteil, sondern an der Larve befestigt, um das An<br />

Statt der Turnschuhe erhielt er einheitlich weiße Schnabelschuhe, deren Beschaffung allerdings durch die He<br />

stellung in Handarbeit sehr teuer und zunehmend schwieri<br />

447 Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Mehlwürmer stark ab, bis zu Beginn der 1980er-Jahre nur noch einige<br />

Exemplare bei den Umzügen zu sehen waren. Bereits 1982 gab es deshalb erste Überlegungen im Großen<br />

. Narrenrat Wilfried Schuler gelang es schließlich ab 1985 unter<br />

ter Narren und von Marga Schamm, die die Näharbeiten übernahm, dass sich eine<br />

Gruppe von zunächst 20 neuen Mehlwurmhansel bildete, die sich bei einer Narrenversammlung im Februar 1987<br />

erstmals der närrischen Öffentlichkeit vorstellten; zu deren Obleuten wurden rden Horst Penning und Werner Brüstle<br />

. Um den Mehlwurm wieder attraktiver zu machen, wurde die Hose auf Knielänge gekürzt, damit sie<br />

angeblich nicht mehr so schnell verschmutzt, und die Kopfbedeckung mit Eselsohren zusammen mit dem<br />

mehr am Oberteil, sondern an der Larve befestigt, um das An- und Ausziehen zu erleichtern<br />

Statt der Turnschuhe erhielt er einheitlich weiße Schnabelschuhe, deren Beschaffung allerdings durch die He<br />

stellung in Handarbeit sehr teuer und zunehmend schwieriger geworden ist. Als Ersatz für den Fuchsschwanz<br />

449 .<br />

Statt der Turnschuhe erhielt er einheitlich weiße Schnabelschuhe, deren Beschaffung allerdings durch die Herger<br />

geworden ist. Als Ersatz für den Fuchsschwanz<br />

440<br />

Über 30 Jahre hinweg wurden die Strohschuhe für Nussschalen Nussschalen- und Röslehansel sowie Rungunkeln von Monika Heizmann, Inselweg 13,<br />

hergestellt, danach von ihrer Tochter.<br />

441<br />

Eine der Scheren fertigte um 1890 der <strong>Wolfacher</strong> Drechslermeister Faißt, die andere stammt aus Elzach. Museum Schloss Wolfach Wolfach,<br />

Inventar-Nr. 1988/998; 1988/999.<br />

442<br />

Heizmanns Nussschalenhansel befand sich bis 2008 im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/275.<br />

443<br />

Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 51. – Zur Geschichte der Mehlwurmhansel vgl. Schrader: Fett und Mehl – fertig ist die<br />

Schminke.<br />

444<br />

Festspielplakat von 1885 im Museum Schloss Wolfach Wolfach, Inventar-Nr. 1989/28. – Der Hinweis auf den Mehlhansel findet sich auch in einer<br />

Ausgabe der Zeitung „Der Kinzigtäler“ aus jenem Jahr. Schrempp, O.: Straßenfasnet verboten.<br />

445<br />

Der Name geht zurück auf Franz’ Vater Peter Hacker, der ebenfalls Schneidermeister war. <strong>Die</strong> Schneiderwerkstatt befand sich in der<br />

Vorstadtstraße 98.<br />

446<br />

Auskunft von Heinz Tappert, Wolfach, vom 5.10.2009.<br />

447<br />

Berichte im Schwabo vom 21.5./14.12.1982.<br />

448<br />

Bericht im Schwabo vom 23.2.1987.<br />

449<br />

Den Entwurf für die Neugestaltung zeichnete Roland Severin Schuler, abgebildet im Schwabo vom 28.11.1986.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

war zunächst eine Saubloder vorgesehen; erst später bekam der Hansel in Anspielung auf seinen Namen einen<br />

kleinen Mehlsack an einem hölzernen Stab in die Hand.<br />

Abbildung 2: : <strong>Die</strong> älteste bildliche Darstellung der Mehlwurmhansel von 1885<br />

Trotz der Neugestaltung taucht der Mehlwurm bei den Umzügen gelegentlich auch heute noch in seiner u<br />

sprünglichen Form mit langer Hose und Fuchsschwanz auf, wie sie auf dem Narrenbrunnen von 1970 i<br />

gegossen zu sehen ist. Der Fuchsschwanz ist ein allgemein beliebtes Symbol für den Narren. Angeblich soll er<br />

Schläue und Gewitztheit zum Ausdruck bringen und wird von manchen Volkskundlern als<br />

maligen Fellverkleidung angesehen 450<br />

des Fuchsschwanzes als Sinnbild für Unehrlichkeit, Falschheit, Verleumdung und Schmeichelei, aber auch für<br />

eine freundliche Ermahnung 451 Trotz der Neugestaltung taucht der Mehlwurm bei den Umzügen gelegentlich auch heute noch in seiner u<br />

sprünglichen Form mit langer Hose und Fuchsschwanz auf, wie sie auf dem Narrenbrunnen von 1970 i<br />

gegossen zu sehen ist. Der Fuchsschwanz ist ein allgemein beliebtes Symbol für den Narren. Angeblich soll er<br />

Schläue und Gewitztheit zum Ausdruck bringen und wird von manchen Volkskundlern als<br />

450<br />

. Dem widerspricht jedoch die in der Literatur zahlreich belegte Bedeutung<br />

des Fuchsschwanzes als Sinnbild für Unehrlichkeit, Falschheit, Verleumdung und Schmeichelei, aber auch für<br />

. Schon in der Antike galt der Fuchs als negative Fig Figur und wurde dann im<br />

Christentum mit dem Teufel, den Sündern oder mit einzelnen Lastern gleichgesetzt 452 Trotz der Neugestaltung taucht der Mehlwurm bei den Umzügen gelegentlich auch heute noch in seiner ursprünglichen<br />

Form mit langer Hose und Fuchsschwanz auf, wie sie auf dem Narrenbrunnen von 1970 in Bronze<br />

gegossen zu sehen ist. Der Fuchsschwanz ist ein allgemein beliebtes Symbol für den Narren. Angeblich soll er<br />

Schläue und Gewitztheit zum Ausdruck bringen und wird von manchen Volkskundlern als Rest einer ehewiderspricht<br />

jedoch die in der Literatur zahlreich belegte Bedeutung<br />

des Fuchsschwanzes als Sinnbild für Unehrlichkeit, Falschheit, Verleumdung und Schmeichelei, aber auch für<br />

ur und wurde dann im<br />

.<br />

2.1.5. Röslehansel<br />

In der Narrenkammer der Familie Krausbeck haben sich Teile eines roten Röslehansels aus dem 19. Jahrhundert<br />

erhalten 453 . Sie dienten 1962 als Vorbild für die Neugestaltung dieser höfischen Narrenfigur, die an der <strong>Fasnet</strong><br />

1963 erstmals wieder öffentlich auftrat<br />

geziert sind, in deren Mitte eine Schelle sitzt. <strong>Die</strong> ersten neuen Lar<br />

Allerdings gab es damals auch sehr kritische Stimmen zum neuen Hansel; Narrenrat Egon Grieshaber<br />

2011) beschimpfte ihn gar wegen der Rosetten als<br />

als eine der schönsten <strong>Fasnet</strong>figuren im schwäbisch<br />

besondere seiner mit einer Rose bemalten Larve, deren Vorbild aus dem 18. Jahrhundert stammt und die wegen<br />

ihrer Einmaligkeit oft in <strong>Fasnet</strong>büchern abge<br />

Moser befindet sich eine um 1780 zu datierende Larve mit einer gelben Blume in schwarzem Rankenwerk<br />

(Tabelle 1, Nr. 3), nach der der Biberacher Bildhauer Josef Glück 1971 eine neue Larve schnitzte<br />

24), die 1975 als Vorlage für die neu entstandenen schwarzen Röslehansel diente, deren Rosetten schwarz sind.<br />

<strong>Die</strong>se Larven erinnern stark an Masken des venezianischen Karnevals. <strong>Die</strong> Bemalung weist zudem eine große<br />

Ähnlichkeit zu einer Rose auf, mit der ein Uhrenschild aus dem 18. Jahrhundert im Deutschen Uhrenmuseum in<br />

Furtwangen verziert ist 457 In der Narrenkammer der Familie Krausbeck haben sich Teile eines roten Röslehansels aus dem 19. Jahrhundert<br />

Vorbild für die Neugestaltung dieser höfischen Narrenfigur, die an der <strong>Fasnet</strong><br />

1963 erstmals wieder öffentlich auftrat<br />

.<br />

Im Gegensatz zu früher findet sich in den Spritzen der<br />

mehr, sondern Konfetti. Wie die übrigen Narrenfiguren erhielten die Röslehansel ein Schorlehäs sowie ein in den<br />

Häsfarben gestricktes Wollkäpple. Zur Feier ihres 25<br />

Krausbeck, bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig unter de<br />

454 und deren Leinengewand und Strohschuhe mit roten Rosetten aus Stoff<br />

geziert sind, in deren Mitte eine Schelle sitzt. <strong>Die</strong> ersten neuen Larven schnitzte H. Glück aus Biberach / Baden.<br />

Allerdings gab es damals auch sehr kritische Stimmen zum neuen Hansel; Narrenrat Egon Grieshaber<br />

beschimpfte ihn gar wegen der Rosetten als Dreckbollenhansel 455 . Heutzutage gilt er jedoch unbestritten<br />

als eine der schönsten <strong>Fasnet</strong>figuren im schwäbisch-alemannischen Raum. Zu verdanken hat er diesen Ruf in<br />

besondere seiner mit einer Rose bemalten Larve, deren Vorbild aus dem 18. Jahrhundert stammt und die wegen<br />

ihrer Einmaligkeit oft in <strong>Fasnet</strong>büchern abgebildet wird (Tabelle 1, Nr. 2) 456 In der Narrenkammer der Familie Krausbeck haben sich Teile eines roten Röslehansels aus dem 19. Jahrhundert<br />

Vorbild für die Neugestaltung dieser höfischen Narrenfigur, die an der <strong>Fasnet</strong><br />

und deren Leinengewand und Strohschuhe mit roten Rosetten aus Stoff<br />

ven schnitzte H. Glück aus Biberach / Baden.<br />

Allerdings gab es damals auch sehr kritische Stimmen zum neuen Hansel; Narrenrat Egon Grieshaber (1913-<br />

. Heutzutage gilt er jedoch unbestritten<br />

alemannischen Raum. Zu verdanken hat er diesen Ruf insbesondere<br />

seiner mit einer Rose bemalten Larve, deren Vorbild aus dem 18. Jahrhundert stammt und die wegen<br />

. Im Besitz der Buchbinderfamilie<br />

Moser befindet sich eine um 1780 zu datierende Larve mit einer gelben Blume in schwarzem Rankenwerk<br />

, Nr. 3), nach der der Biberacher Bildhauer Josef Glück 1971 eine neue Larve schnitzte (Tabelle 1, Nr.<br />

24), die 1975 als Vorlage für die neu entstandenen schwarzen Röslehansel diente, deren Rosetten schwarz sind.<br />

<strong>Die</strong>se Larven erinnern stark an Masken des venezianischen Karnevals. <strong>Die</strong> Bemalung weist zudem eine große<br />

eit zu einer Rose auf, mit der ein Uhrenschild aus dem 18. Jahrhundert im Deutschen Uhrenmuseum in<br />

Im Gegensatz zu früher findet sich in den Spritzen der Rösle, , wie der Hansel kurz genannt wird, kein Wasser<br />

Wie die übrigen Narrenfiguren erhielten die Röslehansel ein Schorlehäs sowie ein in den<br />

Häsfarben gestricktes Wollkäpple. Zur Feier ihres 25-jährigen jährigen Bestehens traten sie 1988, angeführt von J.<br />

Krausbeck, bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig unter dem Motto Zum Jubiläum sind wir sauber / Wir<br />

450<br />

Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische alemannische Fasnacht, 58.<br />

451<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch IV, 351-355, 355, s. v. Fuchsschwanz.<br />

452<br />

Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 258 258-268. – Vgl. dazu auch die Fabel Reineke Fuchs, , siehe Anmerkung 267.<br />

453<br />

Krausbeck: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen<br />

Erwachsenen-Hansel.<br />

454<br />

Zum Entstehungsjahr der Röslehansel siehe: Der 40.te Geburtstag oder doch 39+1? – Zu den ersten Trägern der Röslehansel zählten<br />

Bruno Armbruster, Hans <strong>Die</strong>terle, Franz Hauer, Rolf Kleinbub, Herbert Kniesel, Rolf Rolf-<strong>Die</strong>ter <strong>Die</strong>ter Maier, Erich Mosmann und Reiner<br />

Schamm, siehe die Berichte zum 40-jährigen jährigen Bestehen im Schwabo vom 12./14.1.2002.<br />

455<br />

Mitteilung von J. Krausbeck vom 14.3.1987.<br />

456<br />

<strong>Die</strong> originale Larve des Röslehansels ist beispielsweise abgebildet in Kutter / Knauss: Schwäbisch Schwäbisch-alemannische alemannische Fasnacht, 93; Schwedt Schwedt,<br />

H. / Schwedt, E. / Blümcke: Masken und Maskenschnitzer, Titelblatt; Journal Schwäbisch Schwäbisch-Alemannischer Alemannischer Fastnacht. Narrenbote 25<br />

(2001), 2.<br />

457<br />

Abbildung der Uhr in: Deutsches Uhrenmuseum. – Siehe auch http://www.deutsches-uhrenmuseum.de (13.1.2011).<br />

<strong>Seite</strong> 53


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 54<br />

machen heute Blumenzauber ohne ihre Konfettispritzen auf und verteilten dafür Rosen an die Zuschauer. Im<br />

Januar 2002 feierten sie mit einem närrischen Abend in der Festhalle ihr 40-jähriges Bestehen 458 .<br />

2.1.6. Streifenhansel<br />

Eine der ältesten fotografischen Aufnahmen eines <strong>Wolfacher</strong> Hansels entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts.<br />

Auf ihr ist neben der 1891 geborenen Antonia Moser, die später als erste Ärztin in Wolfach wirkte, deren etwa<br />

sechsjähriger Bruder Karl Moser zu sehen, der einen Streifenhansel trägt 459 .<br />

Der Streifenhansel war bis in die 1930er-Jahre sehr beliebt und wurde 1934 als Repräsentant für die<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> bei einer Landesfastnachtausstellung gezeigt 460 . <strong>Die</strong>se <strong>Fasnet</strong>figur geriet dann jedoch in Vergessenheit.<br />

Ihre von Josef Krausbeck initiierte Wiederbelebung begann 1976 zunächst über die Einzelfigur des<br />

Gullers, der von einem Streifenhansel getragen wird. Als Vorbild diente ein alter Hansel aus der Zeit um 1865<br />

aus gestreiftem Barchent. Ab 1981 entstanden dann auf Initiative der Familie Buss einige weitere Exemplare<br />

dieses Typs, dessen Farben nicht genormt sind; er trägt schwarze Halbschuhe und passend zu den jeweiligen<br />

Streifen zwei verschiedenfarbige Kniestrümpfe. Eine Saubloder dient ihm als Neckinstrument. <strong>Die</strong> Holzlarven<br />

nach einer um 1880 gefertigten Tonlarve von Bartholomäus Koch im Bestand des Museums Schloss Wolfach<br />

weisen als Besonderheit einen gemalten Schnurrbart sowie eine geschnitzte Zahnreihe auf (Tabelle 1, Nr. 5) 461 .<br />

Der Gullerreiter hatte ursprünglich eine andere Larve mit großer gebogener Nase, die auch der weiße Ur-Hansel<br />

von 1927 trug, übernahm aber dann später den Larventyp der übrigen Streifenhansel. Der Große Narrenrat beschloss<br />

1982, keine weiteren Streifenhansel mehr anzuschaffen; stattdessen sollte zunächst die Gruppe der<br />

Mehlwurmhansel neu aufgebaut werden 462 . Unter Narrenvater Heiner Oberle, der von 1992 bis 2002 amtierte,<br />

wurde das Verbot wieder aufgehoben und diese Hanselart voll in die Zunft integriert, blieb allerdings zahlenmäßig<br />

eine relativ kleine Gruppe. Um die Zahl der Streifenhansel zu erhöhen, initiierte Narrenrat Wilfried<br />

Schuler 2007 in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Förderung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> die Rabattaktion „5<br />

Streifen“, bei der fünf gemeinsam angemeldete Streifenhansel ein komplettes Häs umsonst bekamen. Kindern<br />

unter 14 Jahren wurde ebenfalls der Kaufpreis erlassen unter der Bedingung, dass sie in ihrem neuen Häs am<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig nach dem Kinderumzug ihre Wurst und Brezel bei Wilfried Schuler auf der Bühne vor dem<br />

Rathaus abholen. Durch diese Aktion stieg die Zahl der Streifenhansel bis zur <strong>Fasnet</strong> 2008 von 48 auf 65 463 .<br />

2.1.7. Spättlehansel<br />

Der Spättlehansel 464 , dessen Häs mit etwa 700 Spättle ,kleinen Stoffstücken’ 465 benäht ist, war bis zum 1. Weltkrieg<br />

recht beliebt, verschwand dann aber wie die meisten anderen Hansel von der närrischen Bildfläche 466 . Er<br />

sollte zur <strong>Fasnet</strong> 1961 wieder neu belebt werden, aber da es in vielen Städten damals Mode gewesen war, einen<br />

Spättlehansel neu zu kreieren, kam es zunächst nicht dazu. Um 1987 hatte dann J. Krausbeck den Plan, einen<br />

Geißbock zu schaffen, der bereits auf einem Festspielplakat aus dem 19. Jahrhundert zu sehen ist und bis zum 1.<br />

Weltkrieg an der <strong>Fasnet</strong> auftrat, und der von einem Spättlehansel getragen werden sollte. Der Geißbock wurde<br />

allerdings bis heute nicht realisiert, obwohl die Entwürfe und das Fell für ihn bereits vorhanden sind. 1996 entwarf<br />

und schneiderte Silvia Kniesel den neuen Spättlehansel genau nach dem im Bestand des Museums Schloss<br />

Wolfach befindlichen Original 467 ; in einer Zeichnung überlieferte Glasmaler Georg Straub die Form des nicht<br />

erhaltenen Hutes, wie er sie noch aus seiner Jugendzeit um 1900 kannte 468 . Ungefähr ein Drittel der Spättle ist<br />

rot, die anderen entsprechen den Farben der <strong>Wolfacher</strong> Hansel; ihre genaue Anordnung ist nicht genormt, jedoch<br />

dürfen keine gleichfarbigen Spättle aneinander stoßen. <strong>Die</strong> Ärmel und Strümpfe sind einfarbig rot, die Schuhe<br />

schwarz 469 . Als Vorbild für die Larve diente eine Blechlarve mit beweglichem Unterkiefer aus dem Bestand des<br />

458<br />

In Bräunlingen gibt es seit der <strong>Fasnet</strong> 2006 einen Blumennarr, der von Prof. Werner Mezger bei der Übertragung eines Narrentreffens<br />

fälschlicherweise als Röslehansel bezeichnet wurde. Zur Bräunlinger <strong>Fasnet</strong> siehe http://www.narrenzunft-braeunlingen.de (13.1.2011).<br />

459<br />

Der Vater der Beiden, der Arzt Dr. Karl Moser (1861-1915), wohnte im Haus Vorstadtstraße 44 bei der Stadtbrücke, das 1988 der Vorstadtsanierung<br />

zum Opfer fiel. Über die Arztfamilie Moser und ihr Haus siehe Schrempp: Häuser und Menschen, 21f. – Der Hinweis auf<br />

dieses Bild aus dem Besitz von Josef Krausbeck stammt von <strong>Die</strong>ter Buss, Wolfach, vom 9.2.2007.<br />

460<br />

Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern [2005], 126.<br />

461<br />

Ähnliche Larventypen mit einem aufgemalten Schnurrbart gibt es unter anderem in Elzach, Hirrlingen, Hausach, Fridingen, March<br />

(Schweiz) und Friaul. Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 633.<br />

462<br />

Berichte im Schwabo vom 21.5./14.12.1982.<br />

463<br />

Aktion „5 Streifen“.<br />

464<br />

Abbildung in Schicht: Spättle, Plätzle oder Fleckle, 42f.<br />

465<br />

Das alem. Wort Spättle ‚kleines Stoffstück, Tuchabfall’ geht zurück auf mhd. spëdel, spidel ‚Splitter; Fetzen, Lappen’. Lexer: Mhd.<br />

Taschenwörterbuch, 205, s. v. spidel [!]. – Das Verb spätteln bedeutet ‚flicken’. Grimm: Deutsches Wörterbuch XVI, 2003, s. v.<br />

spätteln. – Eine Verbindung zu Spat ‚schiefrig spaltbares Mineral’, Spatel, Spaten usw. < idg. *sp(h)ē- ‚langes, flaches Holzstück’ ist<br />

wegen der unterschiedlichen Vokallänge weniger wahrscheinlich. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1317, s. v. Spat. – Zur<br />

Bedeutung der Spättle siehe Topka: Ein Name, viele unterschiedliche Formen; Schicht: Spättle, Plätzle oder Fleckle.<br />

466<br />

Ende des 19. Jahrhunderts annoncierte der Schneider Wilhelm Jehle im Kinzigtäler, dass er für die <strong>Fasnet</strong>bälle Maskenkleider verleihe.<br />

Nach mündlicher Überlieferung von J. Krausbeck handelte es sich dabei um Spättlehansel, die Jehle selbst herstellte. König: Erster<br />

Schnurrant 1600 schriftlich nachgewiesen; Klein: Vor 100 Jahren regierte Prinz Karneval im Kinzigtal.<br />

467<br />

Der Hansel stammt aus dem Besitz von Mesner Fritz Jehle. Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/69.<br />

468<br />

Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 137.<br />

469<br />

Eine große Ähnlichkeit zum <strong>Wolfacher</strong> Spättlehansel weisen die Huddelbätze in Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg)<br />

auf, die jedoch keine Larven tragen. Abbildung in: Gesellschaft zur Erhaltung Buchener Bräuche.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 55<br />

Museums Schloss Wolfach (Tabelle 1, Nr. 6) 470 . Bei der Oktober-Sitzung 1996 des Großen Narrenrats fand die<br />

Abnahme des neuen Hansels statt, der beim Zunftabend 1997 auf der Bühne der Festhalle offiziell der Schatzkiste<br />

der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> entstieg 471 . Das Amt der Obleute übernahmen Ben Endres und Silvia Kniesel.<br />

In ganz Europa sind nur etwa ein halbes Dutzend Blechlarven bekannt, von denen heutzutage nur noch in<br />

Kißlegg und in Triberg je eine von Einzelfiguren, dem Schnarregagges und dem Federaschnabel, getragen<br />

werden 472 . Eine Gruppe von Blechlarventrägern gibt es nur in Wolfach.<br />

2.1.8. Alde Rungunkeln und Müller<br />

Bereits im <strong>Fasnet</strong>singspiel <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill des fürstenbergischen Schulvisitators und Magisters<br />

Georg Anton Bredelin (1752-1814) 473 , das dieser während seiner Hausacher <strong>Die</strong>nstzeit zwischen 1784 und 1797<br />

schrieb und das alle fünf Jahre in Wolfach zu sehen ist, wird eine Rungunkel erwähnt. Der Weber bringt darin<br />

sein altes Weib zur Mühle und klagt dem Müller sein Leid 474 :<br />

Ach lieber Meister Cyprian,<br />

da bring ich meinen Wust;<br />

wenn deine Kunst soll gehen an,<br />

ein Tag lang fegen must!<br />

so nimm dann die Runkgunkel mein,<br />

in die kunstreiche Mühl hinein,<br />

ich bitt, ich bitt, ich bitt<br />

Auch in einem alten <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>spruch taucht sie auf 475 :<br />

Alde Rungunkel hot d’Schäfe verbrennt 476<br />

un isch mit em Kochlöffel d’Schdege nagrennt 477 .<br />

Der Begriff Rungunkel ist ein weit verbreiteter Spott- und Scherzname für alte Weiber 478 . Es handelt sich hierbei<br />

womöglich um eine Zusammensetzung aus mhd. runke, runze ‚Falte, Runzel’ 479 und der Kunkel ‚Spinnrocken’<br />

480 , die gelegentlich auch als Sinnbild für die Frau an sich verwendet wird 481 ; das Wort steht demnach für<br />

470<br />

Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 45.<br />

471<br />

Bericht im Schwabo vom 30.1.1997.<br />

472<br />

Larven aus Blech scheinen insbesondere als Schnadmasken gedient zu haben, siehe Seim, Andreas: Entlarvt! Von Masken und<br />

Maskeraden, 42-44. – Obwohl der Spättlehansel mit seiner Blechlarve bereits seit 1997 an der <strong>Fasnet</strong> und bei Narrentreffen auftritt,<br />

findet er in den 1999 erschienenen Büchern Zur Geschichte der organisierten Fastnacht, 136-138, und Mezger: Das große Buch der<br />

schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 61f., noch keine Erwähnung.<br />

473<br />

Zu Bredelin und dessen Weibermühle siehe Abschnitt 5.<br />

474<br />

Bredelin: <strong>Die</strong> Weibermühle, 56.<br />

475<br />

Disch: Chronik Wolfach, 441.<br />

476<br />

d’Schäfe verbrennt ‚die Bohnenhülsen verbrannt’. Das alem. Wort Schäfe ‚Hülsen von Bohnen oder Erbsen’ geht vielleicht zurück auf<br />

ahd. kefa* ‚Kefe, Hülse, Schote’ < idg. * ep-, * ebh- ‚Kiefer, Mund, essen, fressen’ oder ahd. skelifa* ‚Schelfe, Schote, Hülse’ < idg.<br />

*skelep-, *skelp- ‚schneiden, schälen, kratzen’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 180, s. v. Schefe; Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v.<br />

kefa*, skelifa*.<br />

477<br />

d’Schdege nagrennt ‚die Stiege, Treppe heruntergerannt’. Das alem. Wort Stege geht zurück auf mhd. stëge < ahd. stega ‚Stiege, Leiter,<br />

Treppe’. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. stega. Vgl. Steg ‚kleine (Holz)brücke’, das wohl ursprünglich nur den Auf- und Abstieg zur<br />

Brücke bezeichnete. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1350, s. v. Steg.<br />

478<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 1521, s. v. Runkunkel. – Zu literarischen Ehren kam der Begriff Rungunkel in dem 1764 erschienenen<br />

Roman Der Sieg der Natur über die Schwärmerei des wie Bredelin aus Oberschwaben stammenden Schriftstellers Christoph<br />

Martin Wieland: Was ich sage, Herr, wunderartig, nicht zu fett und nicht zu mager, aber frisch und saftig wie eine Morgenrose; ein Gesicht<br />

wie Milch und Blut, und einen Hals – und Arme – ich kanns euch nicht beschreiben, wie mir dabei zu Mute war, aber das schwör<br />

ich euch, die Frau Beatrix ist nur eine Meerkatze gegen sie; ich schämte mich recht, daß ich so dumm gewesen war, und mit einer<br />

solcher alten, abgestandenen Runkunkel gelöffelt hatte; aber ohne Wissen, ohne Sünde; wem, ich diese hätte voraus sehen können.<br />

Wieland: Der Sieg der Natur über die Schwärmerei, 580.189f. – In Ludwig Aurbachers um 1878 erschienenem Volksbüchlein findet sich<br />

der Begriff ebenfalls: Denn ehe sich's der Spiegelschwab versehen, sprang aus einem Hopfengarten ein Weib auf ihn zu, eine rechte<br />

Runkunkel, und schrie in einem Ton, der durch Mark und Bein ging [...] Der Spiegelschwab dachte sich: Das ist Hexerei, die einem<br />

Christenmenschen nicht schaden kann; und er foppte die Hex weiter: »Was macht der Teufel, der Kesselflicker?« <strong>Die</strong> Hex antwortete:<br />

»Kessel, um liederliche Strolchen und <strong>Die</strong>be drin zu sieden und zu braten, wie du bist.« Und die Hex rührte immer stärker, und der<br />

Kessel floß über, und der Feuerstrom brannte ihm schon an die Sohlen. Da faßte der Spiegelschwab Muth, und er machte einen Kreuzsprung<br />

über den Kessel und die Hexe, und im Augenblick war Alles verschwunden und verstoben. Nachdem der Spiegelschwab also der<br />

Gefahr entkommen, dachte er sich: <strong>Die</strong> alte Runkunkel hat mir sicherlich den Weg zum heiligen Berg versperren wollen. Aber hinauf<br />

muß ich, trotz aller Hexen und Teufeln. Aurbacher: Ein Volksbüchlein, 36.634, 37.077.<br />

479<br />

Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. runze.<br />

480<br />

Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2257, s. v. Kunkel. Ein Spinnrocken ist ein Holzstab, auf dem die zu spinnenden Fasern aufgewickelt<br />

sind. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3463, s. v. Spinnrocken. – In den 1650 verfassten Zusätzen zur Fürstenbergischen Landesordnung<br />

von 1607 waren im 8. Articul neben dem Schauertag am Aschermittwoch deßgleichen die nächtlichen leichtfertigen Gunkhelstuben<br />

‚Spinnstuben’ auf dem Land und dannerhero entspringende schandlose Rammel lediger Gesellen und Mädlin verboten. Disch: Chronik<br />

Wolfach, 22.<br />

481<br />

Kunkellehen ‚Lehen, das auch auf Frauen vererbbar ist’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2257, s. v. Kunkellehen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 56<br />

ein altes, runzliges Weib, das nur noch am Spinnrad sitzt. In Wolfach gilt es deshalb als ein Sakrileg, die<br />

Rungunkeln als Hexen zu bezeichnen, mit denen sie nichts zu tun haben 482 .<br />

Im Jahre 1937 hatten die Rungunkeln ihren ersten belegbaren Auftritt als eigenständige Narrenfigur bei der<br />

Aufführung des <strong>Fasnet</strong>spiels Der Narrogeist im Faß von J. Krausbeck. Hier heißt es im Text 483 :<br />

Zu Hilf! Wer rächt die Narretei?<br />

Ihr alten Rungunkeln, ihr Hexen, kommt herbei!<br />

Auch 1949, 1958 und 1959 traten sie bei den Festspielen in Erscheinung. Auf Initiative des damals 29-jährigen<br />

Franz Storz, der bereits beim Festspiel 1949 als Rungunkel auftrat, entstand 1958 nach einer längeren Entwicklungszeit<br />

eine Holzlarve, geschnitzt vom <strong>Wolfacher</strong> Holzbildhauer Ludwig Maier, und das Häs, die schließlich<br />

den offiziellen Segen des Narrenvaters erhielten. Es wurden zugleich die ersten Statuten mit strengen Regeln<br />

und einer Kleiderordnung festgelegt: <strong>Die</strong> Rungunkeln tragen ein schwarzes Kopftuch mit roten Flecken, das von<br />

einer Messingbrosche zusammengehalten wird, einen Peter 484 aus kleingemustertem Stoff, der hinten in Anlehnung<br />

an die Fürstenberger Tracht abgerundet ist, dunkle Handschuhe, eine blau gestreifte oder karierte<br />

Schürze, einen dunklen Rock, eine weiße Spitzenunterhose, schwarz-rot geringelte Wollsocken und Strohschuhe<br />

sowie gemäß dem <strong>Fasnet</strong>spruch einen großen hölzernen Kochlöffel 485 .<br />

Vor allem der Storze Franz versuchte in der Folgezeit mit den ersten Mitstreitern Franz Biedinger, Lothar<br />

Buchholz, Erich Endres, Hans Gille, Erwin Jehle, Roland Rösch und Fritz Sartory 486 dem Wildwuchs an freien<br />

Hexenmaskierungen ein historisch verbürgtes Brauchtum entgegenzustellen und Missbräuche erst gar nicht<br />

aufkommen zu lassen. Der Erfolg gab ihm Recht: <strong>Die</strong> VSAN erkannte die Rungunkeln zu ihrem 25-jährigen<br />

Bestehen 1984 offiziell als historische Narrenfigur an. Bis 1982 blieb Storz als Oberrungunkel tätig. Zum 50jährigen<br />

Bestehen der Alden Rungunkeln im Jahre 2008 wurde er für sein Lebenswerk mit dem „Blechernen<br />

Wohlauforden am silbernen Kettlein“ ausgezeichnet. Als Oberrungunkel folgten ihm 1982-1989 Rudolf Neef<br />

(1940-1997), 1989-1995 Hubert „Vitus“ Kessler, 1995-2003 Hans Glunk und seit 2003 Marcus Horn.<br />

Über die zahlenmäßig beschränkte Neuaufnahme von erwachsenen Rungunkeln, die bestimmte Kriterien erfüllen<br />

müssen und nicht unter 16 Jahre alt sein dürfen, wird in geheimer Abstimmung entschieden. <strong>Die</strong> Mitgliederzahl<br />

ging stetig bergauf: 17 (1960); 39 (1970); 66 (1983); 98 (2008). Für Kinderrungunkeln ohne Larven<br />

gibt es keine Beschränkungen.<br />

<strong>Die</strong> Rungunkeln nahmen 1965 erstmals eine fahrbare Altweibermühle bei den <strong>Fasnet</strong>umzügen mit. Sie hatte<br />

ein Stroh gedecktes Dach und diente auch als Kulisse für die Aufführungen von Bredelins Singspiel 1973 und<br />

1977 auf der Festspielbühne vor dem Rathaus. <strong>Die</strong> Müller, die die Rungunkeln in die Mühle stecken, bekamen<br />

eine an historischen Vorbildern orientierte Berufskleidung und entwickelten sich dadurch ebenfalls zu einer<br />

eigenständigen <strong>Fasnet</strong>figur. Am <strong>Fasnet</strong>zieschtigabend 1979 ging diese erste Mühle auf der Martinswiese unter<br />

dem Wehklagen der über das Feuer springenden Rungunkeln in Flammen auf 487 und wurde durch eine neue<br />

Mühle ersetzt, deren Bemalung von dem <strong>Wolfacher</strong> Maler Heinz Pape (1933-2007) 488 stammte. 1998 erhielt<br />

diese Mühle ein Stroh gedecktes Dach. Im Laufe der Zeit geriet sie jedoch immer mehr zu einem Verkehrsrisiko,<br />

so dass sich die Rungunkeln und Müller 2002 dazu entschlossen, eine neue Mühle zu bauen 489 . Den überdimensionalen<br />

Kleiekotzer 490 schuf Daniel Schrempp. Erstmals zum Einsatz kam das neue Gefährt beim Narrentreffen<br />

in Donaueschingen 2003. Für die Festspielaufführungen der Weibermühle ab 1982 entstand eine eigene<br />

stationäre Mühle. Das große Mühlrad bemalte J. Krausbeck kunstvoll mit den vier Elementen Feuer, Wasser,<br />

Luft und Erde in Form von Gesichtern; als Vorbild dienten ihm dabei vier Stühle in seiner Wohnung, deren<br />

Lehnen nach den vier Elementen gestaltet sind. Bei der Einweihung der neuen Narrenkammer am 1./2. Oktober<br />

2005 diente es als Weibermühle-Rungunkel-Glücksrad für das Sammeln von Spenden 491 .<br />

482 In einer <strong>Fasnet</strong>-Folge der Fernsehserie <strong>Die</strong> Fallers klärt der Großvater Wilhelm Faller seinen Sohn Hermann, der zusammen mit Prof.<br />

Werner Mezger ein Narrentreffen im Fernsehen kommentieren soll, darüber auf, dass er dabei auf keinen Fall die <strong>Wolfacher</strong><br />

Rungunkeln als Hexen bezeichnen dürfe, weil diese in der Hinsicht ziemlich eigen seien. <strong>Die</strong> Fallers. Narri Narro III. (<strong>Die</strong>se Szene wird<br />

in der Folge Narri Narro VI wiederholt.)<br />

483 Zitiert nach: Entstehungsgeschichte der „Alden Rungunkeln“.<br />

484 Peter ‚leichter Frauenkittel mit Ärmeln; werktägliche, häusliche, kurze Jacke der Frau’. Ochs: Badisches Wörterbuch I, 168, s. v. Peter. –<br />

Das Wort könnte in dieser Bedeutung zurück gehen auf den scherzhaften Ausdruck Peter und Paul ‚weibliche Brüste’. Grimm:<br />

Deutsches Wörterbuch XIII, 1577, s. v. Peter. – Vielleicht stammt der Begriff auch ab vom französischen pet-en-l’air ‚kurzer, leichter<br />

Hausrock’, zu pet ‚Furz’, péter ‚furzen’, lat. pēdĭtum. Gamillscheg: Etymologisches Wörterbuch, 697f., s. v. pet, pet-en-l’air. – Eher<br />

unwahrscheinlich klingt die Herleitung aus mhd. bêderwât ‚Kleid aus zweierlei Stoff’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 162, s. v.<br />

Peterli.<br />

485 In den ersten Jahren trugen die Rungunkeln zunächst noch einen Reisigbesen, wie auf einer Fotografie von 1960 im Fotoarchiv Schrader<br />

zu erkennen ist.<br />

486 Alle stammten aus dem beruflichen Umfeld von Franz Storz im E-Werk Wolfach, das in den ersten Jahren zur Ideenküche der<br />

Rungunkeln wurde.<br />

487 Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 635.<br />

488 In ehrendem Gedenken [...] Heinz Pape.<br />

489 Berichte im Schwabo vom 16./25.1.2003.<br />

490 Kleiekotzer ‚ein gemaltes oder geschnitztes Gesicht an einer Mühle, dessen Mund die Öffnung bildet, aus der die Kleie, also die vom<br />

Getreide abgefallenen Schalen und Hüllen, herauskommt’.<br />

491 Abbildung im Schwabo vom 4.10.2005.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 57<br />

Gelegentlich greifen die Rungunkeln bereits vor der <strong>Fasnet</strong> bei den Narrenversammlungen ins närrische Geschehen<br />

ein und bringen unter den Klängen der Weibermühlenmelodie bei den Besuchern das Narrenblut in<br />

Wallung. Ein beliebter Programmpunkt zu Beginn der Pause des Zunftabends in der Woche vor der <strong>Fasnet</strong> war<br />

lange Zeit der Einfall der Rungunkeln in die Festhalle, wobei sie auf der Bühne ausgewählten Persönlichkeiten<br />

den Rungunkelfraß, einen scharf gewürzten Wurstsalat, verabreichten. Zu ihrem Jubiläum 1984 studierten sie<br />

einen Rungunkeltanz ein, den sie in späteren Jahren gelegentlich wiederholten.<br />

Eine Spezialität der turnerisch meist sehr begabten Rungunkeln ist es, an den Häuserfassaden hochzuklettern<br />

und durch die Fenster in die Wohnungen der Zuschauer einzusteigen; um sich die Kletterei zu erleichtern,<br />

konstruierten sie einen riesigen hölzernen Kochlöffel mit Leitersprossen, der insbesondere bei Narrentreffen<br />

eingesetzt wird. Eine besondere Attraktion bei den Umzügen bietet Manfred Schäfer als Hochrad fahrende<br />

Rungunkel. Eine wichtige Aufgabe dieser Häsgruppe, in die nur Männer aufgenommen werden, ist die Gestaltung<br />

der Elfemessen, bei denen sie während des Umzugs die besten Schnurrthemen 492 szenisch darbieten und<br />

sich dabei (ohne Larve und Häs) entsprechend verkleiden, um den dargestellten Persönlichkeiten möglichst ähnlich<br />

zu sehen.<br />

<strong>Die</strong> Rungunkeln sind innerhalb der Narrenzunft eine relativ eigenständige Gruppe, die sich gelegentlich auch<br />

alleine ohne die übrige Zunft zu einem Ausritt aufmacht, um an Umzügen in der Nachbarschaft teilzunehmen.<br />

Engen Kontakt pflegen sie zur Karnevalsgesellschaft Rheinfreunde in Koblenz-Neuendorf, die sie gelegentlich<br />

auch in voller Montur besuchen 493 .<br />

Exkurs: Hexengestalten in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong><br />

<strong>Die</strong> in der volkskundlichen Forschung heutzutage als widerlegt geltende Interpretation der <strong>Fasnet</strong> als<br />

germanischer Stammesbrauch, der dem Winteraustreiben diente, fand bis in die jüngste Zeit hinein im lokalhistorischen<br />

<strong>Fasnet</strong>schrifttum eine weite Verbreitung. Eine wesentliche Rolle spielte dabei Hermann Eris Busse<br />

mit seinen im 3. Reich erschienenen, der Nazi-Ideologie nahe stehenden und später oft zitierten Schriften über<br />

die <strong>Fasnet</strong>. <strong>Die</strong> Nazis verstanden es geschickt, das närrische Brauchtum und ihre Akteure als Propagandamittel<br />

für ihre Zwecke zu nutzen 494 . <strong>Die</strong>s wirft die Frage auf, ob die Hexengestalten womöglich ihre starke Verbreitung<br />

in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong> ab Mitte der 1930er-Jahre dem besonderen Interesse der Nazis an der<br />

Hexenverfolgung des Mittelalters und der frühen Neuzeit zu verdanken haben 495 . Speziell der Reichsführer SS<br />

Heinrich Himmler (1900-1945) betrachtete die Hexenverfolgung als einen Versuch der katholischen Kirche,<br />

altgermanisches Erbe zu vernichten. Auf seinen Befehl hin entstand eine umfangreiche »Hexenkartothek«, in der<br />

SS-Forscher zwischen 1935 und 1944 auf 33 846 Karteikarten Opfer der Hexenverfolgung im Deutschland des<br />

16. und 17. Jahrhunderts verzeichneten 496 . Allerdings kam es kriegsbedingt nicht mehr zu einer Auswertung und<br />

der von Himmler sorgsam geplanten propagandistischen Nutzung dieser umfangreichen Materialsammlung.<br />

<strong>Die</strong> von Prof. Werner Mezger in seinen Fernsehkommentaren zu den Narrentreffen regelmäßig im SWR geäußerte<br />

Auffassung, die <strong>Fasnet</strong>hexen würden der Märchenwelt entstammen und hätten nichts mit der Hexenverfolgung<br />

zu tun, scheint zumindest nicht die von diesen Hexen oftmals dargestellten Bräuche erklären zu können,<br />

die sich zumeist auf bis heute im Bewusstsein der Menschen präsent gebliebene Elemente der Hexenverfolgung<br />

beziehen. Erinnert sei hier an die Hexenverbrennung in Offenburg, die in dieser Form in keinem Märchen zu<br />

finden ist, zumal dort ein Teufel als Hexenmeister auftritt. Auch die von den Löffinger Hexen seit 1934 am Fastnachtmontag<br />

zelebrierte Walpurgisnacht 497 passt nicht in das von Mezger vertretene Erklärungsmodell. <strong>Die</strong> 2007<br />

neu gegründeten Senwig-Hexen in Hausach beziehen sich mit ihrem Namen explizit auf die in der Hausacher<br />

Stadtchronik erwähnte Hauserbacherin Gertrug Senwig, die um 1561 als Hexe ihr Unwesen getrieben haben<br />

soll 498 .<br />

<strong>Die</strong> Gestaltung der Hexenhäser könnte allerdings von Hexenillustrationen in Märchenbüchern beeinflusst<br />

worden sein.<br />

492<br />

Zum Schnurren siehe Abschnitt 2.4.1 Schnurranten.<br />

493<br />

Beispielsweise besuchten die Rungunkeln den närrischen Abend zum 155-jährigen Bestehen der Gesellschaft im Februar 2000. Bericht im<br />

Schwabo vom 9.2.2000.<br />

494<br />

Jeggle: Fasnacht im Dritten Reich. – <strong>Die</strong> mitunter engen personellen Verbindungen zwischen politischer und fasnetlicher Ebene im 3.<br />

Reich zeigt sich auch in Wolfach, wo der langjährige Narrenvater Erwin Haas zugleich SS-Sturmführer war, siehe Anmerkungen 42 und<br />

43. Es gab aber auch Narren, die dem 3. Reich sehr kritisch gegenüberstanden, beispielsweise Josef Krausbeck und Georg Straub, und<br />

die den Einfluss der NSDAP und ihrer Organisationen auf das <strong>Fasnet</strong>brauchtum einzuschränken versuchten. Ähnlich war es beispielsweise<br />

auch in Gengenbach. Liewald: Geschichte der Gengenbacher Narretei, 38.<br />

495<br />

Bereits im 19. Jahrhundert lassen sich jedoch <strong>Fasnet</strong>hexen nachweisen. Der Furtwanger Pfarrverweser Dilger berichtete 1880 in einem<br />

Jahresrückblick: Eine andere für Furtwangen charakteristische Maske sind die Hexen; Kinder kleiden sich so hässlich, als möglich in<br />

Weiberkleider und haben einen Besen, mit welchem sie vor den Leuten her die Straße kehren; das sind die Hexen. Dilger, N. N.: [Jahresrückblick<br />

1880]. – <strong>Die</strong> ersten Hexenfiguren mit Holzlarven entstanden in Offenburg (erster Entwurf 1933, offizielle Gründung 1936),<br />

Gengenbach (1933, seit 1938 mit Holzlarven) und Löffingen (Walpurgisnacht erstmals 1928 oder 29 gefeiert, seit 1934 im jährlichen<br />

Rhythmus). Vgl. hierzu: Offenburger Hexenzunft e.V.; Liewald: Geschichte der Gengenbacher Narretei, 37f.; Gwinner: Walpurgisnacht<br />

der Löffinger Hexengruppe.<br />

496<br />

Ausführlich dargestellt ist das Projekt in: Himmlers Hexenkartothek. – Zur Geschichte der Hexenverfolgung siehe: Hexen. Analysen,<br />

Quellen, Dokumente; Disch: Chronik Wolfach, 377-388; Pfefferle: Der Hexenwahn und seine Folgen.<br />

497<br />

Gwinner: Walpurgisnacht der Löffinger Hexengruppe.<br />

498 Bericht im Schwabo vom 9.2.2007.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 58<br />

2.1.9. Mi-Parti-Hansel<br />

Neben dem Streifenhansel gehörte bis zum 1. Weltkrieg ein Hanseltyp in den Farben Gelb und Rot zu den beliebtesten<br />

Narrenfiguren in Wolfach. Das Häs dieses Hansels ist ein Mi-Parti ‚farblich meist vertikal geteiltes<br />

Kleid’ 499 . Das Mi-Parti entstand nach dem 11. Jahrhundert unter dem Einfluss byzantinischer Mode, die sich<br />

durch eine starke Farbigkeit auszeichnet. Zunächst trugen es vor allem die Bediensteten, die mit der Farbgebung<br />

das Abhängigkeitsverhältnis von ihrem <strong>Die</strong>nstherrn zeigten. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich daraus eine<br />

Farbsymbolik, mit der auch die Gemütsverfassung des Trägers ausgedrückt wurde. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts<br />

verschwand das Mi-Parti aus der Mode, erhielt sich aber bei den Narrenkostümen.<br />

Ein Kinder-Mi-Parti-Hansel, der um 1883 für den damals 10-jährigen Alfred Krausbeck entstand, befindet<br />

sich heute im Bestand des Museums Schloss Wolfach 500 . Bei einer Aufräumaktion auf dem Dachboden eines<br />

alten Hauses kam 2003 das gut erhaltene Häs eines Mi-Parti-Hansels aus dem 19. Jahrhundert der Familie des<br />

Zeitungsverlegers August Sandfuchs (1840-1908) zum Vorschein 501 . Auf einer Fotografie von 1927 ist zu erkennen,<br />

dass dieser alte Hansel beim damaligen Festspiel als Verkleidung für den von Albert Sandfuchs jun.,<br />

einem Enkel von August, dargestellten Hofnarren des Grafen Konrad von Wolva diente. Eine Larve hat sich<br />

nicht erhalten. Bei der Elfemess am Schellementig 2004 trat der Mi-Parti-Hansel, getragen von Frank Schrader,<br />

einem Ur-Ur-Enkel des einstigen Besitzers, erstmals wieder nach 77-jähriger Pause an der <strong>Fasnet</strong> auf. Im Jahr<br />

darauf wollte Schrader den Mi-Parti-Hansel – in Erinnerung an die Rolle seines Großonkels Albert Sandfuchs als<br />

Hofnarr des Grafen Konrad 1927 – auf der Burg Wolva beim <strong>Fasnet</strong>usrufe tragen, doch wurde ihm dies durch<br />

Narrenvater Vitus Kessler und Narrenrat Wilfried Schuler aus Angst vor möglichen negativen Reaktionen der<br />

Hausacher Narrenzunft trotz der über die <strong>Fasnet</strong> geltenden Narrenfreiheit verboten.<br />

Josef Krausbeck überlieferte die Geschichte, dass die mit ihm eng befreundete Familie Sandfuchs den Mi-<br />

Parti-Hansel um 1927 an einen Bekannten in Hausach verlieh 502 . Da sich dort kaum noch Spuren alten fasnetlichen<br />

Brauchtums fanden, wurde das Sandfuchs’sche Häs als Vorbild genommen für den heutigen Hausacher<br />

Hansel und mit einer Larve nach einem alten Vorbild aus Hausach sowie einer neuen Kopfbedeckung<br />

kombiniert 503 .<br />

Dass der gelb-rote Hansel tatsächlich nach Hausach importiert wurde, wird durch einen authentischen Zeitzeugenbericht<br />

des gebürtigen Hausachers Gustav Hirt in dessen Buch Mittleres Kinzigtal im Brauchtum.<br />

Erzählungen, Sagen und Schnurren (ironischer Weise erschienen bei August Sandfuchs. Buchdruckerei und<br />

Verlag. Wolfach / Schwarzwald) bestätigt 504 :<br />

Der Hausacher Spättlenarro oder Spättlehans, wie er in den [18]80er und [18]90er Jahren auftrat, entwickelte sich im 14. Jahrhundert<br />

aus der gotischen Zaddeltracht, wurde nach dem großen Krieg durch gelbrote Maskenkleider verdrängt und wird dereinst auch wieder<br />

in alter Tracht erscheinen. Von den vom Spättlenarro getragenen Holzlarven, wie sie schon um 1780 zur Maskierung dienten, sind nur<br />

noch einige Stücke vorhanden. Neu angefertigte im Stile der bisherigen historischen geschnitzten Holzlarven gibt es z. Zt. wieder 18<br />

Stück. [...] Des Hausacher „Narro“ altüberliefertes <strong>Fasnet</strong>skostüm, das schon Großvater, Urgroßvater und Ururgroßvater als<br />

Spättlekleid an der <strong>Fasnet</strong> trugen, hatte als Gesichtsbedeckung eine aus Hartholz geschnitzte, mit Ölfarbe gestrichene Holzlarve, die<br />

kein dämonisches, sondern ein freundliches Gesicht und Miene machte, an einem Tuch befestigt war, das die Kopfseiten und Hinterteil<br />

ganz verdeckte. Auf dem oberen Kopfteil saß ein kleiner Pappdeckelhut, auf dem an einem senkrecht stehenden Pappdeckel ein 30-40 cm<br />

großer farbiger Federbusch in die Höhe ragte. In keiner andern alemannischen Stadt oder Dorf ist diese Holzlarve mit vielfarbigem<br />

Federnbusch üblicher Brauch. <strong>Die</strong> Narrenstadt Hausach ist berechtigt den Titel als Alleinträgerin dieser <strong>Fasnet</strong>skostümierung für sich<br />

in Anspruch nehmen zu können. <strong>Die</strong> mit buntfarbigen, unten abgerundeten Tuchresten übernähten Hosen und Jacken, das Kostüm, glich<br />

einem Schindeldach der Bauernhäuser der Triberger Gegend. <strong>Die</strong> heutige Jacke ist halb längs rot und halb längs gelb, ebenso ein<br />

Hosenbein rot, das andere gelb.<br />

Hier ist eindeutig ausgesagt, dass der Hausacher Hansel ursprünglich ein Spättlehansel war und nach dem<br />

großen Krieg (1. Weltkrieg) von den gelbroten Maskenkleidern verdrängt wurde.<br />

Als diese Entstehungsgeschichte des Hausacher Hansels im Vorfeld der <strong>Fasnet</strong> 2004 durch einen Zeitungsbericht<br />

bekannt wurde, versuchte der Hausacher Narrenrat José F. A. Oliver sogleich bei der Schlüsselübergabe<br />

am Schmutzige Dunnschtig in einer gereimten Entgegnung, dies zu widerlegen 505 , doch konnte er bis heute keine<br />

Dokumente vorlegen, die seine These unterstützen 506 .<br />

499<br />

Zur Herkunft des Mi-Parti siehe: Meyers Konversationslexikon XI, 668f., s. v. Mi-parti.<br />

500<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/271. – Vgl. Krausbeck: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen-Hansel; Brief von<br />

Josef Krausbeck an die Stadtverwaltung Wolfach vom 27.2.1988 (im Museum Schloss Wolfach).<br />

501<br />

Schrader: Alter <strong>Wolfacher</strong> Hansel wiederentdeckt; Schrader: Alter <strong>Wolfacher</strong> Mi-parti-Hansel entdeckt<br />

502<br />

Brief von Josef Krausbeck an die Stadtverwaltung Wolfach vom 27.2.1988 (im Museum Schloss Wolfach). – Auf die Verbindung des<br />

Hausacher Hansels mit dem <strong>Wolfacher</strong> Mi-Parti-Hansel wies Krausbeck bereits 1955 in einem Aufsatz hin, siehe Krausbeck: Aus der<br />

Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 137. – <strong>Die</strong> Gründung der Hausacher Narrenzunft 1927 (Scriptum Narreteium, 78) dürfte mit<br />

dem Mi-Parti-Hansel in Zusammenhang stehen. – Zur Geschichte der Hausacher Fasent vgl. Motzkus: Treffpunkt. Narrentreffen in<br />

Hausach.<br />

503<br />

Auf diese Begebenheit bezieht sich der im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 29 (1999) erschienene Comic <strong>Die</strong> Raubritter von Husen! oder Der<br />

versunkene Silberschatz! Den darin erwähnten Silberschatz fanden Rolf Pfefferle, Hubert Kiefer und Sebastian Carosi 1998 bei<br />

Grabungsarbeiten in der Vorstadtstraße. Berichte über den Münzfund im Schwabo vom 22.5., 25.5. und 28.5.1998.<br />

504<br />

Hirt: Mittleres Kinzigtal im Brauchtum, 10f.<br />

505<br />

Bericht im Schwabo vom 20.2.2004.<br />

506<br />

Kein Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Hausacher Hansels findet sich in Oliver: Hausacher Narren-Codex; Scriptum<br />

Narreteium.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 59<br />

Da Gelb unter allen Farben die auffallendste ist, fand es in der Kleidertracht bei jenen Verwendung, die auffallen<br />

sollten oder wollten: Im Mittelalter galt es als Symbol für den Neid und war deshalb Juden, Dirnen und<br />

Ketzern als Schandfarbe vorgeschrieben 507 . In Christoph Martin Wielands Geschichte des Agathon von 1766 hat<br />

der Hans Wurst einen Wams und gelbe Hosen an 508 . In der Farbensprache des Minnelebens stand Gelb hingegen<br />

für minnigliches Glück 509 ; in der Kunst übernahm es die Bedeutung von Gold, das im christlichen Sinne für die<br />

Ewigkeit und das göttliche Licht steht und sich auf dieselbe idg. Sprachwurzel zurückführen lässt 510 . Im 18.<br />

Jahrhundert galt Gelb nach Goethe als nächste Farbe am Licht, die eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft<br />

besitzt und das Gemüth erheitert 511 und sich deshalb zu jener Zeit auch in ehrbaren Kreisen als Kleiderfarbe<br />

verbreitete: In Goethes <strong>Die</strong> Leiden des jungen Werther trägt der Titelheld einen blauen Frack und eine<br />

gelbe Weste 512 , die durch den großen Erfolg des 1775 erschienenen Romans als Werther-Mode sehr beliebt<br />

wurden. In Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre trägt eine Marionette, die Jonathan, den Geliebten des<br />

biblischen Königs David 513 , darstellt, ein gelb und rotes Kleid 514 . Rot gilt als Farbe der Leidenschaft und Sinnlichkeit,<br />

der Liebe, des Lebens und der Gefahr 515 , gelegentlich aber auch als Schandfarbe 516 .<br />

Da die Sinngebung der Farben uneinheitlich ist und sich mit den Zeiten wandelt, wäre es ein Fehler, die<br />

Farben des gelb-roten Mi-Parti-Hansels allein auf eine einzige Bedeutung zurückführen zu wollen, zumal sich<br />

dessen genaue Entstehungszeit nicht bestimmen lässt. Ein Indiz für das ungefähre Alter und die Farbsymbolik<br />

könnte allerdings sein, dass Gelb bzw. Gold und Rot früher die Farben des <strong>Wolfacher</strong> Stadtwappens waren 517 ;<br />

als die Stadt 1806 zum Großherzogtum Baden kam, dessen Wappen ebenfalls gelb-rot ist, änderte sie ihre Farben<br />

in Gelb und Blau.<br />

2.1.10. Spitzgücklehansel<br />

Nach mündlicher Überlieferung gab es im 19. Jahrhundert einen Spitzgücklehansel, dessen Häs mit weißen, rosa<br />

und braunen Spitztüten behängt war, die es damals in jedem Lebensmittelladen zum Einpacken der Ware gab 518 .<br />

2.1.11. Langenbacher Tier<br />

Nach einer alten Sage spukte früher das Langenbacher Tier von der Abenddämmerung bis zum Betzeitläuten am<br />

anderen Morgen im vorderen Langenbachtal bis über die Straße und den Brühl 519 zur im Wald gelegenen Wallfahrtskapelle<br />

St. Jakob hinauf 520 . Den Mesnern auf St. Jakob habe es oft den Weg ins Rorateamt gezeigt, indem<br />

es mit einem brennenden Scheubel, einer getrockneten, in Öl getränkten Floßweide 521 , einige Schritte vor ihnen<br />

herging bis zur (1925 abgebrannten) Stadtmühle bei der Stadtbrücke, wo es plötzlich verschwand. Nach einer<br />

anderen Überlieferung soll diese Spukgestalt einem riesigen Hund oder Bär ähnlicher gewesen sein als einem<br />

Menschen und hinter dem oberen Steighof im Langenbach Richtung St. Roman sein Unwesen getrieben<br />

haben 522 . August Armbruster schreibt in seiner handschriftlichen Stadtchronik von 1895 über den geschichtlichen<br />

Hintergrund dieser Sage 523 , dass der Metzgermeister Duppele mit einem Kollegen eine Kuh beim Metzger<br />

Rumens im hinteren Heubach geholt habe, diese jedoch auf dem Rückweg über St. Roman nach dem Steighäusle<br />

im Langenbach immer langsamer lief und sich schließlich nicht mehr von der Stelle bewegte. <strong>Die</strong> beiden ließen<br />

die Kuh, eine Schindmähre mit ungemein langen Hörnern, dort liegen, da es schon auf Mitternacht zuging und<br />

zuhause ihre Frauen warteten. Kurze Zeit später kam ein Kinzigtäler vorbei, der in der Stadt im „Adler“ etwas zu<br />

viel Wein getrunken hatte und dem nun im Zwielicht der Nacht mit vom Alkohol vernebeltem Blick die Kuh wie<br />

ein großes Ungeheuer erschien, dessen Hörner weit in die Lüfte ragten. Schreckensbleich schlich er sich auf der<br />

507 dtv-Lexikon VI, 250, s. v. gelb.<br />

508 Wieland: Geschichte des Agathon, 579.133.<br />

509 Im mittelalterlichen Fastnachtsspiel Von den sieben Garben heißt es: gel pringt lieb aus lait / gel ist der minne solt / und reich als das<br />

minniglich golt. / gel kündet das ich pin gewert / des ich an die minne han begert. Grimm: Deutsches Wörterbuch V, 2883, s. v. gelb.<br />

510 Gelb, Gold < idg. *ĝhel- ‚glänzen, schimmern’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 417, s. v. gelb.<br />

511 Grimm: Deutsches Wörterbuch V, 2883, s. v. gelb.<br />

512 Goethe: <strong>Die</strong> Leiden des jungen Werther, 171.619, 171.691. – Abbildung der Werther-Kleidung in: Johann Wolfgang Goethe II, 325.<br />

513 <strong>Die</strong> Bibel, 1. Samuel 18, 1-4; 2. Samuel 1, 26.<br />

514 Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre, 172.910.<br />

515 dtv-Lexikon XV, 257, s. v. rot. – Das mhd. Wort rōt kann auch ‚falsch, listig’ bedeuten. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen,<br />

1139f., s. v. rot.<br />

516 Haller: Narrentypen, Masken und Häser.<br />

517 Ein Wappen in der ursprünglichen Farbgebung Gold und Rot ist im alten Chor der katholischen Stadtkirche St. Laurentius zu sehen,<br />

Abbildung in: Schwarzwaldstadt mit Tradition, 20.<br />

518 Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 136; Mitteilung von J. Krausbeck vom 14.3.1987.<br />

519 Zum Brühl, einem Grün an der Kinzig, siehe Anmerkung 787.<br />

520 Disch: Chronik Wolfach, 448. – Zur Geschichte von St. Jakob siehe Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 258-325. Zum<br />

Langenbacher Tier vgl. Schrader: Langenbacher Tier zeigt Mesnern den Weg.<br />

521 Das Wort Scheubel geht zurück auf scheibeln ‚drehen, wenden’ (Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2389, s. v. Scheibel) und spielt<br />

damit an auf die zu einem Reif gedrehte Floßweide, mit der die Holzstämme eines Floßes zusammengebunden werden und die durch<br />

Drehen eines gekochten Haselnusssteckens entsteht. Das Wort Weide geht zurück auf idg. *Jei-, Jeie ‚biegen, winden, drehen’ (Wahrig:<br />

Deutsches Wörterbuch, 4104, s. v. Weide), bezeichnet also die gleiche Eigenschaft des Gegenstandes wie Scheubel.<br />

522 Schneider-Strittmatter: <strong>Die</strong> Stabsgemeinde Kinzigtal, 112f.<br />

523 Hund, D.: Das Ungeheuer vom Langenbach.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 60<br />

anderen Talseite an dem vermeintlichen Ungeheuer vorbei und erzählte anderntags überall von seinem nächtlichen<br />

Abenteuer.<br />

Glasmaler Georg Straub schrieb 1936 ein Gedicht über die Sage 524 :<br />

‘S Langebacher Tier<br />

Im Langebach do gaischtert’s als<br />

Scho sit uralter Zit,<br />

‘S muß ebis dra si jedefalls,<br />

Denn ‘s sages d’älteschte Lit.<br />

Scho manchen hot zum Narre g‘het<br />

Des Langebacher Tier,<br />

Ganz b’sunders wenn mer heim isch schpät,<br />

Geschtärkt von Wie und Bier.<br />

E fir’ge Hund, e kopflos Kalb,<br />

E mächtig großer Maa –<br />

So will, vom Staighof unterhalb<br />

Mer ‘s Tier scho g’sehne ha.<br />

Mich wundert so e Gaischterschpuck,<br />

Obwohl i‘ recht bi‘ nit,<br />

I‘ waiß, daß öfters mancher Schluck,<br />

Zuviel scho g’schnappt die Lit.<br />

Wenn sie de Gaischt in‘s Bächle schmeißt,<br />

Der schlimme Menschehasser,<br />

No spuckt er meischt als Zwetschgegeischt,<br />

Fruchtschnaps un‘ Griesewasser.<br />

1937 trat das Langenbacher Tier erstmals bei einem Festzug auf in Form eines von zwei Männern getragenen<br />

drachenähnlichen Ungeheuers und war auch später gelegentlich an der <strong>Fasnet</strong> zu sehen, beispielsweise 1958. 32<br />

Mitglieder der Kameradschaft Langenbach/Übelbach e. V. schlossen sich 1989 zusammen, um eine neue <strong>Fasnet</strong>figur<br />

nach diesem Vorbild zu schaffen 525 . Das Langenbacher Tier trägt ein gezacktes grün-rotes Gewand mit<br />

langem Schwanz und eine von Roland Severin Schuler entworfene Drachenlarve aus Holz. Zum Necken der<br />

Zuschauer benutzen sie den in der Sage erwähnten Scheubel. Beim Zunftabend am 13.02.1990 wurden die<br />

Langenbacher Tiere offiziell vorgestellt.<br />

Auf Initiative von Josef Lehmann bauten Joachim Lehmann, Frank Schmider, Mathias Lehmann und Jürgen<br />

Mantel in etwa 600 Arbeits-Stunden einen <strong>Fasnet</strong>swagen in Form einer Tierhöhle, die von Karin Schmid-<br />

Hirschle bemalt wurde. Als Zugmaschine dient ein alter Agria-Einachser Baujahr 1954. <strong>Die</strong> offizielle Jungfernfahrt<br />

war am <strong>Fasnet</strong>ssamschdig 2003 in Halbmeil. Für besondere Verdienste um die <strong>Fasnet</strong> im Langenbachtal<br />

entstand der Langenbacher Tier-Orden in Silber, der am <strong>Fasnet</strong>ssunndig 2005 erstmals verliehen wurde.<br />

Da das Langenbacher Tier keine traditionelle Narrenfigur im Sinne der VSAN ist, beschränken sich ihre Auftritte<br />

auf die Elfemessen sowie den Fest- und Kinderumzug in Wolfach und auf <strong>Fasnet</strong>umzüge in den Nachbargemeinden.<br />

Mit je einem närrischen Abend in der Festhalle feierten sie im Jahr 2000 ihr 11-jähriges und im Jahr<br />

2011 ihr 22-jähriges Bestehen.<br />

524 Manuskripte im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-61 (Handschrift), 2009/515-163 (maschinenschriftlich). – Hier nach<br />

der maschinenschriftlichen Reinschrift wiedergegeben, die in der Schreibweise einzelner Wörter von der Handschrift abweicht.<br />

525 Zur Entstehungsgeschichte der Langenbacher Tiere siehe http://www.langenbacher-tiere.de/ (22.1.2011).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

2.2. Hästräger ohne Larve<br />

2.2.1. Wohlauf<br />

Beim Wohlauf, dem historischen Narrenwecken<br />

mehrere hundert Narren, die alle mit<br />

bekleidet sind und ein Krachinstrument bei sich haben; viele von ihnen tragen hölzerne Stalllaternen, denn die<br />

Straßenbeleuchtung und jede andere Lichtquelle in der Stadt sind während des Zuges ausgeschaltet. Gleich n<br />

dem Betzeitläuten der nahen Schlosskapelle um 5:30 Uhr setzt sich der Wohlauf unter ohrenbetäubendem Lärm<br />

in Bewegung; in seiner Mitte wird auf einem Wagen ein von Stalllaternen beleuchtetes Bett mitgezogen, in dem<br />

der Wohlaufmaa ‚Wohlaufmann’ schläft.<br />

ließ – vor den Gasthäusern Salmen, Kreuz, Fortuna, Hirsch und Ochsen<br />

Narrenbrunnen am Gassensteg, in der Kirchstraße Ecke Grabenstraße<br />

der Zug an, der Lärm verstummt und die Stalllaternen werden hoch gehoben. Der Wohlaufmaa erwacht nun in<br />

seinem Bett, steht auf und singt eine Parodie auf ein altes Nachtwächterlied:<br />

526 , versammeln sich am Schellementigmorgen vor dem Stadttor<br />

mehrere hundert Narren, die alle mit Wohlaufhemden und –kappen ‚weißen Nachthemden und Zipfelmützen’<br />

bekleidet sind und ein Krachinstrument bei sich haben; viele von ihnen tragen hölzerne Stalllaternen, denn die<br />

Straßenbeleuchtung und jede andere Lichtquelle in der Stadt sind während des Zuges ausgeschaltet. Gleich n<br />

dem Betzeitläuten der nahen Schlosskapelle um 5:30 Uhr setzt sich der Wohlauf unter ohrenbetäubendem Lärm<br />

in Bewegung; in seiner Mitte wird auf einem Wagen ein von Stalllaternen beleuchtetes Bett mitgezogen, in dem<br />

‚Wohlaufmann’ schläft. An jenen Stellen, wo einst der Nachtwächter seine Stundenrufe ertönen<br />

vor den Gasthäusern Salmen, Kreuz, Fortuna, Hirsch und Ochsen 527 sowie am Schützeneck<br />

Narrenbrunnen am Gassensteg, in der Kirchstraße Ecke Grabenstraße 529 , versammeln sich am Schellementigmorgen vor dem Stadttor<br />

‚weißen Nachthemden und Zipfelmützen’<br />

bekleidet sind und ein Krachinstrument bei sich haben; viele von ihnen tragen hölzerne Stalllaternen, denn die<br />

Straßenbeleuchtung und jede andere Lichtquelle in der Stadt sind während des Zuges ausgeschaltet. Gleich nach<br />

dem Betzeitläuten der nahen Schlosskapelle um 5:30 Uhr setzt sich der Wohlauf unter ohrenbetäubendem Lärm<br />

in Bewegung; in seiner Mitte wird auf einem Wagen ein von Stalllaternen beleuchtetes Bett mitgezogen, in dem<br />

An jenen Stellen, wo einst der Nachtwächter seine Stundenrufe ertönen<br />

sowie am Schützeneck<br />

und abschließend im<br />

der Zug an, der Lärm verstummt und die Stalllaternen werden hoch gehoben. Der Wohlaufmaa erwacht nun in<br />

seinem Bett, steht auf und singt eine Parodie auf ein altes Nachtwächterlied:<br />

528 , beim<br />

und abschließend im Schlosshof – hält<br />

der Zug an, der Lärm verstummt und die Stalllaternen werden hoch gehoben. Der Wohlaufmaa erwacht nun in<br />

Wohlauf! Wohlauf!<br />

Ihr Narren, hört, vernehmt und wisst:<br />

Der Narrotag erstanden ist.<br />

Der Tag fangt an zu leuchten<br />

Den Narro wie den Gscheiten.<br />

Der Narrotag, der nie versag!<br />

Wünsch allen Narro e guete Tag!<br />

Notenbeispiel 1: : Der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf<br />

<strong>Seite</strong> 61<br />

<strong>Die</strong> zweite Zeile des Textes lautete e ursprünglich Im Namen des Herrn Entechrist. Der Entechrist<br />

eine aus dem Neuen Testament (1. Johannes 2, 18 und 22; 4, 3; 2. Johannes 7) übernommene Vorstellung von<br />

einem Gegenspieler Christi, der vor der Wiederkunft Christi gegen das Rei Reich Gottes auftritt, aber durch Christus<br />

überwunden wird. In Anknüpfung an die jüdische Apokalyptik wurde der Antichrist dann zur Personifikation des<br />

Widergöttlichen, zur Inkarnation der gegen Gott arbeitenden Kräfte<br />

10. Jahrhundert erschienene Traktat<br />

Ludus de Antichristo ‚Spiel vom Antichrist’<br />

Antichrist triumphiert, entstand um 1160<br />

hundert, auch in deutscher Übersetzung, eine weite Verbreitung<br />

Narrenschiff von Sebastian Brant (1458<br />

Verhaltens zur Selbsterkenntnis und damit zur Überwindung der Narrheit führen soll und die Narrengestalt zu<br />

einer populären Symbolfigur der Zeit machte<br />

dem beigefügten Holzschnitt ist das<br />

und Geißel sitzt; neben ihm liegt die Narrenkappe<br />

Tripstrill von 1787 wird das Weib des Hanswursts in die Mutter des A<br />

530 . Zur Verbreitung des Stoffes trug der i<br />

10. Jahrhundert erschienene Traktat De ortu et tempore Antichristi von Adsos von Toul bei<br />

‚Spiel vom Antichrist’ 532 , in dem der byzantinische Kaiser vom Ende der Zeit<br />

um 1160-1162 im bayrischen Kloster Tegernsee und fand bis ins 16. Jah<br />

hundert, auch in deutscher Übersetzung, eine weite Verbreitung 533 . In der 1494 in Basel gedruckten Satire<br />

von Sebastian Brant (1458-1521), die durch eine Sammlung negativer Beispi<br />

Verhaltens zur Selbsterkenntnis und damit zur Überwindung der Narrheit führen soll und die Narrengestalt zu<br />

einer populären Symbolfigur der Zeit machte 534 , handelt das 103. Kapitel vom Wirken des Antichristen<br />

t ist das umgestürzte Glaubensschiff zu sehen, auf dem der<br />

und Geißel sitzt; neben ihm liegt die Narrenkappe 536 Entechrist ‚Antichrist’ ist<br />

eine aus dem Neuen Testament (1. Johannes 2, 18 und 22; 4, 3; 2. Johannes 7) übernommene Vorstellung von<br />

ch Gottes auftritt, aber durch Christus<br />

überwunden wird. In Anknüpfung an die jüdische Apokalyptik wurde der Antichrist dann zur Personifikation des<br />

. Zur Verbreitung des Stoffes trug der im<br />

von Adsos von Toul bei<br />

. In Georg Anton Bredelins Singspiel<br />

von 1787 wird das Weib des Hanswursts in die Mutter des Antichrists verwandelt<br />

531 . Das lateinische<br />

Kaiser vom Ende der Zeit über den<br />

1162 im bayrischen Kloster Tegernsee und fand bis ins 16. Jahr-<br />

In der 1494 in Basel gedruckten Satire Das<br />

1521), die durch eine Sammlung negativer Beispiele menschlichen<br />

Verhaltens zur Selbsterkenntnis und damit zur Überwindung der Narrheit führen soll und die Narrengestalt zu<br />

, handelt das 103. Kapitel vom Wirken des Antichristen 535 . Auf<br />

umgestürzte Glaubensschiff zu sehen, auf dem der Endechrist mit Beutel<br />

. In Georg Anton Bredelins Singspiel <strong>Die</strong> Weibermühle von<br />

ntichrists verwandelt 537 .<br />

526<br />

Der Begriff Wohlauf bezieht sich je nach Zusammenhang sowohl auf den Brauch an sich als auch auf das dabei gesungene Lied.<br />

527<br />

Zur Lage der Gastwirtschaften siehe e Abschnitt 6.8.<br />

528<br />

Vorstadtstraße an der Ecke zur Kirchstraße. Dort befand sich vor 1894 im Haus Krausbeck die Gastwirtschaft „Zum Schützen“. Di Disch:<br />

Chronik Wolfach, 124.<br />

529<br />

Der Platz vor dem ehemaligen Lebensmittelgeschäft von Hugo Vivell (1912 (1912-1999) 1999) in der Grabenstraße 3 an der Ecke zur Kirchstraße<br />

wird im Volksmund in Anspielung auf den Ladenbesitzer „Hugo „Hugo-Fränzle-Platz“ Platz“ genannt. Vivell leitete dort von 1950 bis 1979 einen<br />

REWE-Markt, Markt, der 1970 das erste Selbstbedienungsgeschäft in Wolfach gewesen war.<br />

530<br />

Meyerscout 2003, s. v. Antichrist.<br />

531<br />

Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Weltgerichtsspiel.<br />

532<br />

Ludus de Antichristo.<br />

533<br />

Campagner: Das mittelalterliche Endzeitdrama; FFischer<br />

ischer Weltgeschichte, 7861; Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Antichristspiel;<br />

; Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 231.<br />

534<br />

Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Narrenliteratur; Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 268 268-272.<br />

535<br />

Brant: Das narren schyff, Kapitel CIII. – Das Kapitel ist im Anhang zu diesem Abschnitt mit hochdeutscher Übertragung wiedergegeben.<br />

536<br />

Der Holzschnitt ist im Anhang zu diesem Abschnitt abgebildet.<br />

537<br />

Zu Bredelins Weibermühle siehe Abschnitt 5.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 62<br />

Obwohl sich die Verknüpfung des Antichristen mit dem Narrenbegriff bis ins Mittelalter zurückverfolgen<br />

lässt, kam es darüber 1965 zu einem großen Streit, denn der damalige evangelische Pfarrer Otto Fischer äußerte<br />

in Unkenntnis der mittelalterlichen Traditionen gegen die Anrufung des Antichristen im Wohlauflied und zugleich<br />

gegen die gesamte <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> schwere Bedenken 538 . Nachdem die Narrenzunft und vor allem<br />

Narrenvater Steinhauser zunächst jede Änderung strikt ablehnte, kam es 1973 zur Ersetzung des Entechrists<br />

durch die von J. Krausbeck formulierte Zeile, wie es bereits 1967 der Volkskundler Hermann Bausinger vorgeschlagen<br />

hatte 539 . Wie sehr dieser Streit die Gemüter der Narren bewegte und dauerhaft beschäftigt, zeigte<br />

sich, als die Narrenzunft 25 Jahre später einen neuen Wohlaufsänger suchte und sich zwei der vier Kandidaten<br />

für die Wiedereinführung des alten Textes aussprachen 540 . Ab und an ist das Wohlauflied immer noch mit der<br />

Entechrist-Zeile zu hören, wenn der Wohlauf, dessen Sänger oder ein Ereignis, das mit diesen zusammenhängt,<br />

im Rahmen einer Elfemess oder beim Schnurren parodiert wird 541 .<br />

Ein zur Zeit der Entechrist-Diskussion erschienener Zeitungsbericht im Schwarzwälder Boten hatte eine unerwartete<br />

Wirkung: Dr. Eduard Wohlauf (1916-1998) 542 , der als Chefarzt und Leiter maßgeblich am Auf- und<br />

Ausbau der Parkinson-Klinik am Straßburger Hof beteiligt war, wollte einst Wolfach wieder verlassen, doch als<br />

er in der Zeitung die Überschrift las: Der Wohlauf muß in Wolfach bleiben, habe ihn dies dazu bewogen, doch<br />

nicht wegzuziehen, wie er später augenzwinkernd erzählte 543 . In seiner Anfangszeit in Wolfach hatte Dr.<br />

Wohlauf einige Schwierigkeiten, denn immer, wenn er seinen Namen nannte, lachten die <strong>Wolfacher</strong> ihn ungläubig<br />

an. Zuerst dachte er dabei, seine Krawatte sei schief oder er habe einen Fleck auf der Nase, bis sich das<br />

Missverständnis aufklärte.<br />

Bis 1995 war die letzte Station des Wohlaufs vor dem Stadttor. Aufgrund der Sanierung der Hauptstraße<br />

mussten bei der <strong>Fasnet</strong> 1996 alle Umzüge nach dem Beginn beim Stadttor über den Schlosshof und die Schlossstraße<br />

zur Stadtbrücke umgeleitet werden; dadurch ergab es sich, dass der abschließende Wohlaufgesang erstmals<br />

nicht vor dem Tor, sondern im Schlosshof erklang. Wegen der faszinierenden Akustik und besonderen<br />

Atmosphäre des vierseitig umschlossenen Platzes wurde dies seither beibehalten. Zugleich entstand dadurch eine<br />

örtliche Verbindung dieses Anfangsbrauchs der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> mit deren Abschluss, dem Nasezug, der ebenfalls<br />

im Schlosshof endet.<br />

Nach den Erinnerungen von Alfred Krausbeck (1873-1937) soll der Wohlauf um 1815 entstanden sein als<br />

Verulkung eines Nachtwächters, der einmal verschlafen habe. <strong>Die</strong> mangelnde Disziplin einzelner Nachtwächter<br />

ist durch zahlreiche Gemeinderatsprotokolle nachweisbar. So hat beispielsweise 1705 der Nachtwächter Joseph<br />

Duppelin verwichene Nacht bei solch großem Wind geschlafen 544 . August Armbruster beschreibt in seiner handschriftlichen<br />

Stadtchronik von 1895 den Beruf des Nachtwächters, wie er vor 1874 in Wolfach ausgeübt<br />

wurde 545 :<br />

<strong>Die</strong> letzten Repräsentanten der Nachtwächter nach alter Art war der Schomebeck und der Schinde[r]<br />

Valentin. Was war das als für ein nächtlicher Kunstgenuß, wenn der Schindervalentin mit seiner bekannten,<br />

klangreichen, prächtigen, schnarrenden Tenorstimme morgens um 3 Uhr den Wohl Auf herunterleierte und<br />

der also lautete:<br />

538 Krausbeck: Zum Verständnis des „Herrn Entechrist“. – Ausführlich geschildert ist die Auseinandersetzung in Brednich / Simon: Mitteleuropa,<br />

Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 19-21. – <strong>Die</strong> Kritik von evangelischer <strong>Seite</strong> an der <strong>Fasnet</strong> ist kein neuzeitliches Phänomen. Bereits<br />

1852 beklagte beispielsweise Ernst Meier, der alte Sagen, Sitten und Gebräuche aus dem Schwarzwald und Schwaben sammelte, dass<br />

die falsche Seelsorge dem Volksleben unendlich geschadet und manche schöne Blüte desselben geknickt habe. Schuld seien insbesondere<br />

die pietistischen Bestrebungen, die jede Fröhlichkeit, Tanz und dergleichen, zumal an einem Sonntage, für Sünde halten. Meier:<br />

Deutsche Sagen, XIII-XV.<br />

539 Bausinger: Aspekte der Fasnachtsforschung, 9. – Bereits vor dem Ausbruch des Streites hatte sich J. Krausbeck Gedanken darüber gemacht,<br />

wie der Entechrist vokalgleich ersetzt werden könnte, da ihm als überzeugten Katholiken die Anrufung des Teufels im Zusammenhang<br />

mit der <strong>Fasnet</strong> noch nie sonderlich behagt hatte, denn die <strong>Fasnet</strong> sah er immer als etwas Christlich-Positives an, zu dem<br />

ihm das Böse in Gestalt des Teufels nicht passend erschien. Mitteilung von J. Krausbeck vom 14.3.1987.<br />

540 Zur Neuwahl des Wohlaufsängers 1998 siehe weiter unten.<br />

541 Zu weiteren Belegen für den Entechrist in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong> siehe den folgenden Exkurs 1: Der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf<br />

im Kontext der Tageliedtradition.<br />

542 Nachruf im Schwabo vom 2.10.1998. – Der Nachname Wohlauf ist recht selten. Im deutschen Telefonbuch ist er nur 41-mal verzeichnet.<br />

Telefonauskunft für den PC, s. v. Wohlauf.<br />

543 Kovac: Dr. Wohlauf und der <strong>Wolfacher</strong> „Wohlauf“.<br />

544 Disch: Chronik Wolfach, 36. – Entsprechende Belege aus dem 19. Jahrhundert finden sich in Schrempp, O.: Klagen über Trunkenheit im<br />

<strong>Die</strong>nst. – In dem um 1875 entstandenen Gemälde Der eingeschlafene Nachtwächter illustrierte der Münchner Maler Carl Spitzweg<br />

(1808-1885) dieses nahe liegende Motiv. Heidelberg, Kurpfälzisches Museum. Abbildung in: Kindlers Malereilexikon, 8982. – Nachtwächter<br />

zählten neben den Totengräbern, Türmern, Gassenkehrern und Schornsteinfegern zu den unehrlichen Leuten innerhalb einer<br />

Stadtgemeinschaft, abgeleitet von ihrer entehrenden Tätigkeit, die entweder mit Schmutz verbunden war oder nachts ausgeübt wurde.<br />

Sie hatten alle einen sozial niedrigen Stand, wurden aber im Gegensatz zu Mitgliedern anderer unehrlicher Berufsgruppen, wie beispielsweise<br />

Scharfrichter und Schinder, nicht prinzipiell von den anderen Stadtbewohnern gemieden. Fischer Weltgeschichte, 17613.<br />

545 Armbruster: Das alte <strong>Wolfacher</strong> Rath- und Schulhaus. Zitiert nach Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 17. – Nach<br />

der Einführung der Patent-Kontrolluhren 1874 verzichteten die Nachtwächter auf den Gesang, der ursprünglich zu ihrer Kontrolle<br />

diente; sie übten ihr Amt aber noch bis zum 1. Weltkrieg aus. Beim großen Stadtfest 1984 erweckte Erich Steinhauser jun. (1952-1997)<br />

die Tradition des Nachtwächters zu neuem Leben; von 1998 bis 2007 übernahm Bernhard Sartory dieses Amt, seit 2008 Kurt Maurer.<br />

Disch: Chronik Wolfach, 35; Schrempp, O.: Klagen über Trunkenheit im <strong>Die</strong>nst; Verzeichnis der Nachtwächter und Türmer, 123-126. –<br />

Ein Bericht über Sartory als Nachtwächter erschien im Schwabo vom 29.4.2006.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 63<br />

Wohl Auf, Im Namen des Herr Jesu Christ<br />

der helle Tag vorhanden isch<br />

der Tag fangt an zu leuchten<br />

den Armen wie da Reicha<br />

der helle Dag, der nie versag<br />

Gott geb alla Menscha eina guata Dag.<br />

Da freute sich alles, was nicht gerade schlief der Wachtsamkeit des treu besorgten Valentin. Man wußte das<br />

im Städtle alles in Ordnung war, legte sich beruhigt auf die andere <strong>Seite</strong> und schlief weiter 546 .<br />

<strong>Die</strong>se spezielle Form des Nachtwächtergesangs wird als Tagelied bezeichnet und bildet die Grundlage für die im<br />

12. Jahrhundert aufkommende gleichnamige Liedgattung des mhd. Minnesangs, die den Abschied der Liebenden<br />

bei Morgengrauen darstellt 547 . Bei ihrem morgendlichen Rundgang bliesen die Wächter zwischen ihren Gesängen<br />

auf dem Taghorn, während sie beim abendlichen Stundenruf das Nachthorn benutzten 548 .<br />

Der originale Text zeigt, dass die fasnetliche Parodie durch einfachen Austausch einzelner Wörter entstand,<br />

ein Indiz für eine spontane Entstehung des Brauches, vielleicht im Rahmen einer Elfemess, bei der auch heute<br />

noch lustige Ereignisse des vergangenen Jahres parodiert und szenisch dargestellt werden.<br />

Der Volkskundler Prof. Dr. <strong>Die</strong>tz-Rüdiger Moser stellte die auch von Prof. Dr. Werner Mezger vertretene<br />

These auf, dass der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf – er meint damit den Sänger des Wohlaufliedes – nichts anderes als eine<br />

Personifikation menschlicher Lasterhaftigkeit sei und bezieht sich dabei auf eine Handschrift aus dem Jahr 1300,<br />

in der die Allegorie der freszigkeit, der Todsünde der Völlerei, in Form einer müde vor sich hin dösenden männlichen<br />

Figur abgebildet wird, die den Namen ‚faulhard wohlauf’ trägt 549 . Sowohl Moser als auch Mezger übersehen<br />

dabei allerdings aus Unkenntnis der lokalen Überlieferung, dass es in Wolfach keine Person namens<br />

Wohlauf gibt, die als eine allegorisch klar begründete, Gestalt gewordene Todsünde 550 gedeutet werden könnte.<br />

Der Sänger des Wohlaufliedes wird von den <strong>Wolfacher</strong>n nämlich Wohlaufmaa genannt und verdankt seinen<br />

Namen allein dem Beginn des Wohlaufliedes, das nachweislich auf ein christlich geprägtes Nachtwächterlied<br />

zurückgeht, das ebenfalls mit Wohl auf! beginnt; der Begriff wird in beiden Versionen eindeutig im Sinne eines<br />

Weckrufes verwendet, denn sonst müsste bereits der christliche Nachtwächterruf als eine Anspielung auf die<br />

Todsünde gewertet werden, was jedoch mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann 551 . Für die fast schon<br />

primitive Umdichtung der Vorlage zu einem <strong>Fasnet</strong>lied bedurfte es bestimmt keines hoch gebildeten Theologen,<br />

der sich in mittelalterlichen Lastervorstellungen auskannte. Der Wohlaufmaa ist keine müde vor sich hin dösende<br />

männliche Figur, wie Mezger und Moser behaupten, sondern versucht, mit seinem mit kräftiger Stimme gesungenen<br />

Lied die Narren zu wecken, damit sie ihren höchsten Feiertag nicht verschlafen; deshalb wird der<br />

Wohlauf auch als Narrenwecken bezeichnet. <strong>Die</strong> von Moser und Mezger verfochtene These eines mittelalterlichen<br />

Hintergrundes lässt sich nicht durch Quellen bestätigen, denn es gibt für den Wohlauf vor dem 19. Jahrhundert<br />

keine schriftlichen Nachweise 552 . Mezger unterläuft mit seinem Versuch, den Wohlauf als einen im<br />

christlichen Mittelalter entstandenen Brauch zu interpretieren, genau jener Fehler, den er in zahlreichen Veröffentlichungen<br />

553 den von ihm so genannten Lokalforschern vorwirft, die ihrer jeweiligen <strong>Fasnet</strong> ohne jede<br />

geschichtliche Grundlage ein möglichst hohes Alter nachweisen wollen.<br />

546 Nach Disch: Chronik Wolfach, 35, soll das originale Wohlauflied nur im Advent um Mitternacht zusätzlich zum üblichen Stundenruf als<br />

Ankündigung des bevorstehenden Weihnachtsfestes erklungen sein. Disch überliefert einen etwas abweichenden, hochdeutschen Liedtext:<br />

Wohl Auf, wohl auf! im Namen des Herrn Jesu Christ! / Der helle Tag vorhanden ist; / Der Tag fangt an zu leuchten / Den Armen<br />

wie den Reichen, / Der helle Tag, der nie versagt; / Gott geb’ uns allen einen gueten Tag! / Gelobt sei Jesus Christus!<br />

547 Grimm: Deutsches Wörterbuch XXI, 80f., s. v. Tag-,Tagelied; Wolf: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelieddichtung,<br />

19-25. – Vgl. hierzu den folgenden Exkurs 1: Der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf im Kontext der Tageliedtradition.<br />

548 Bei Kirchenorgeln findet sich heute noch ein 2’-Register namens Nachthorn, eine gewöhnlich sehr weite, offene, zylindrische oder leicht<br />

konische Labialstimme mit weichem, tragendem Klang. Grimm: Deutsches Wörterbuch XIII, 186, s. v. Nachthorn; XXI, 77, s. v. Taghorn;<br />

Tagelieder des deutschen Mittelalters, 194, 200, 284; Brockhaus Riemann Musiklexikon III, 194, s. v. Nachthorn.<br />

549 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 93; Moser, D.-R.: Ein Babylon der verkehrten Welt, 47f. – D.-R. Moser<br />

stellte seine Theorien in einem Lichtbildervortrag unter dem Titel Wohlauf im Namen des Herrn Entechrist am 13.1.1983 im <strong>Wolfacher</strong><br />

Rathaussaal vor. In einem später erschienenen Aufsatz ging Moser explizit auf diesen Vortrag ein: Und als im Januar 1983 ein Freiburger<br />

Hochschullehrer vor der örtlichen Volkshochschule in Wolfach darlegen wollte, daß es eigentlich sehr sinnvoll gewesen sei, den<br />

»Herrn Entekrist« mit dem Narrotag in Verbindung zu bringen, boykottierte die Narrenzunft den Vortrag mit dem Argument, daß sich<br />

gerade an diesem Vortragsvorhaben das unablässige Wirken des Bösen zeige: Der Antichrist wolle sich einfach nicht verdrängen<br />

lassen. Moser, D.-R.: Ein Babylon der verkehrten Welt, 13. – Auch in einer 45-minütigen Fernsehdokumentation des Südwestfunks über<br />

die Hintergründe der <strong>Fasnet</strong> äußerte er sich 1983 ausführlich zum Wohlauf. Barth, H.-D.: Der Teufel ist los. – Zu D.-R. Mosers theologischer<br />

<strong>Fasnet</strong>theorie siehe auch Moser, D.-R.: Fastnacht. Fasching. Karneval. – Unter renommierten Volkskundlern ist diese Theorie<br />

heftig umstritten, siehe Bausinger: Für eine komplexere Fastnachtstheorie; Moser, H.: Kritisches zu neuen Hypothesen der Fastnachtsforschung.<br />

550 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 93.<br />

551 Zur Bedeutung des Begriffs Wohlauf siehe Grimm: Deutsches Wörterbuch XXX, 1079 s. v. wohlauf. – Erinnert sei an den Beginn von<br />

Friedrich Schillers Reiterlied: Wohlauf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd! Schiller: Reiterlied.<br />

552 Dass nicht nur in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, sondern auch im rheinischen Karneval, der in seiner heutigen Form erst zu<br />

Beginn des 19. Jahrhunderts entstand, der Versuch unternommen wird, den Bräuchen durch gewagte historische Konstruktionen ein<br />

möglichst hohes Alter nachweisen zu wollen, zeigt sich beispielsweise bei der Narrenakademie in Dülken, die angeblich schon im<br />

Mittelalter bestand, deren Existenz sich aber nicht vor der Mitte des 18. Jahrhunderts belegen lässt. Derks: Dülken und Beckum.<br />

553 Ein Beispiel dafür findet sich in Mezger: Fasnacht, Fasching und Karneval, 204f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 64<br />

<strong>Die</strong> erste schriftliche Erwähnung des Wohlaufs findet sich auf dem Festspielplakat von 1867 554 :<br />

Programm der Narrhalla Wolfach<br />

Wenn am 4. März heuer, im Namen des Herrn Antechrist der Narren-Möntig erstanden ist, so beginnt in der<br />

Narren-Residenz Wolfach Morgens um 5 Uhr zu Ehren des Prinzen Carnevals die Narredei zuerst mit einem<br />

Wohlauf!<br />

Demnach begann der Wohlauf ursprünglich bereits eine halbe Stunde früher als heute üblich.<br />

Heinrich Hansjakob schildert in seiner 1897 veröffentlichten Erzählung Theodor der Seifensieder den Ablauf<br />

des Brauches, den er 1866 selbst in Wolfach erlebt hatte 555 :<br />

Zur Zeit von Theodors Narrenvaterschaft [1864-66] hatten die <strong>Wolfacher</strong> eine famose Einleitung der Fastnachtszeit,<br />

die Hasle nicht kannte, und das war der sogenannte »Wohlauf«. Der wurde am Fastnachtsmontag<br />

in aller Frühe »ausgerufen«. Narrenväter und -söhne sammelten sich in den buntesten Kostümen beim<br />

unteren Tor, versehen mit allerlei Instrumenten, als Trommeln, Hörnern, Pfeifen, Hafendeckeln, Wasserkübeln<br />

und anderem. <strong>Die</strong> Musikanten gruppierten sich um einen Mann in weißem Hemd und weißer Zipfelkappe,<br />

der von anderen getragen wurde. [...] Unter Musik setzte sich der Zug in Bewegung durchs Städtle<br />

und Vorstädtle. An verschiedenen Hauptpunkten wurde gehalten; die Instrumente schwiegen und der Mann<br />

mit der Zipfelkappe rief:<br />

»Wohlauf im Namen des Herrn Entechrist,<br />

Der Narrentag vorhanden ist.<br />

Der Tag fängt an zu leuchten<br />

Dem Narren, wie dem G’scheiten,<br />

Der Narrentag, der nie versag’;<br />

Wünsch’ allen Narren einen guten Tag.«<br />

Damals existierten für die Teilnehmer des Wohlaufs noch keine genauen Bekleidungsvorschriften, doch passten<br />

sich viele von ihnen bald der Verkleidung des Wohlaufmaas mit einem langen weißen Nachthemd und einer<br />

Wohlaufkappe an. Dabei kam es einmal zu einem frostigen Missverständnis 556 :<br />

Als einst ein Knecht des alten Zähringers (Wilhelm Armbruster) durch den Lärm geweckt ans Fenster eilte<br />

und die vielen Hemdglunker 557 wahrnahm, schloß er sich, nur mit dem Hemd bekleidet, begeistert dem ihm<br />

ungewohnten Zuge an. <strong>Die</strong> Nacht war aber sehr kalt, und bald schlotterte er, wie vom Fieber geschüttelt.<br />

Dabei wunderte er sich, daß die übrigen Teilnehmer seine Gefühle nicht teilten, bis er endlich von den<br />

anderen Narren wegen seiner gar zu sommerlichen Bekleidung ausgelacht wurde. Eiligst ging er nach Hause<br />

und schlüpfte nochmals in sein warmes Bett, bis ihn der alte Zähringer zum Füttern rief.<br />

Das Wohlaufbett wurde bis 1890 mitgetragen, danach auf einem Wagen mitgezogen 558 . Seit jener Zeit lässt sich<br />

auch der Brauch nachweisen, den Wohlauf mit bengalischem Feuer, Lampions und tragbaren Riesenlaternen zu<br />

illuminieren 559 . Nach den Kriegs- und Krisenjahren von 1915 bis 1919 gab es trotz des weiterhin bestehenden<br />

strengen <strong>Fasnet</strong>verbotes 1920 erstmals wieder einen Wohlauf 560 . Im Rahmen der um 1933 einsetzenden<br />

Historisierung der <strong>Fasnet</strong>bräuche veränderte sich auch das Narrenwecken. Ab 1935 setzten sich nach anfänglicher<br />

Kritik allmählich die hölzernen Stalllaternen gegenüber den traditionellen Lampions durch. <strong>Die</strong> Narrenkapelle<br />

begleitete von nun an den morgendlichen Zug nicht mehr mit dem Michelesmarsch, wie dies zuvor über<br />

viele Jahre hinweg üblich gewesen war; zuletzt hatten ihn 1934 vier Musiker bei eisigem Wetter auf zunfteigenen<br />

Fanfaren geblasen. 1937 gab es erstmals eine verbindliche Kleiderordnung: Nur vollständig<br />

Uniformierte sind zum Wohlauf zugelassen: Weiße Strümpfe, Nachthemd, Zipfelmütze und als Beleuchtung nur<br />

noch alte Laternen 561 . Als zu Beginn der 1970er-Jahre sich immer mehr Narren am Wohlauf beteiligten und<br />

damit zugleich das Traditionsbewusstsein nachließ, startete die Narrenzunft 1976 die teilweise heftig umstrittene<br />

Aktion sauberer Wohlauf, um wieder eine einheitliche Verkleidung aller Teilnehmer zu erreichen.<br />

Der erste namentlich bekannte Wohlaufsänger war Ende des 19. Jahrhunderts der Löwenwirt und Narrenvater<br />

Vinzenz Springmann (1845-?). Nach 1900 sang der Fruchthändler und Narrenvater Anton Gißler den<br />

Wohlauf 562 ; aus dem Jahr 1903 existiert noch eine phonographische Aufnahme seines Gesangs 563 , das älteste<br />

554 Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 89/29.<br />

555 Hansjakob: Theodor der Seifensieder, 192.<br />

556 Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

557 Glunker ‚Herumläufer; dummer, beschränkter Mensch’, Glunkerer ‚Tölpel, Müßiggänger, Tagedieb’, glunken ‚vom Kleid: schlaff herabhängen’.<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch VIII, 473 s. v. Glunker. <strong>Die</strong>se Wörter gehen zurück auf mhd. glunkern ‚baumeln, schlenkern’.<br />

Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. glunkern. – Hemdglunker könnte sich also sowohl auf eine Person beziehen, die in einem Nachthemd<br />

herumläuft, als auch auf das am Körper herabhängende Wohlaufhemd.<br />

558 Zur Geschichte des Wohlaufs siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 44-47; Brednich: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

559 <strong>Die</strong> Riesenlaternen ähnelten jenen, die heute noch beim Morgestraich in Basel zu sehen sind.<br />

560 Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 45.<br />

561 Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 46.<br />

562 Liste der Wohlaufsänger bis 1995 in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 46. – <strong>Die</strong> Amtszeit von Albert Schmider<br />

dauerte nicht bis 1932, sondern bis 1931.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 65<br />

erhaltene Tondokument über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. Bis 1908 gab es mehrere Assistenten, die den Wohlaufsänger<br />

bei seinem Gesang unterstützten. In der vierten Narrenversammlung 1914 führte die Narrenzunft erstmals<br />

ein Preissingen um die definitive Vergebung der Wohlaufsängerstelle im Sufmissionswege durch 564 . Das<br />

Wohlaufpreissingen war bis zur heftig umstrittenen Abschaffung des Entechrists 1973 ein fester Bestandteil der<br />

Narrenversammlungen 565 . Im Nachlass von Glasmaler Georg Straub findet sich ein Manuskript, in dem er in<br />

Versen die Leistung der teilnehmenden Sänger beurteilt 566 :<br />

1. <strong>Die</strong> Stimme isch noch etwas Taigig<br />

vielleicht wird sie einmal Geschmaidig<br />

wenn wieder alter, guter Wein<br />

fließt munter in die Kehle ein<br />

Der Ton muß rund, wie eine Bretzel,<br />

geformt sein, - darinn liegt das Rätsel<br />

Dann klingt der Wohlauf wunderbar,<br />

vielleicht gelingt es nächstes Jahr.<br />

also 1 Jahr Bewährung<br />

2. Das isch kein – Alt – das klingt so jung<br />

da macht die Narrenseel‘ ein Sprung.<br />

Des isch so richtig Wohlaufstimme<br />

wir glaubten sowas gäb‘ es nimme.<br />

Ein Wohlaufsänger ging verloren<br />

uns, weil du nicht als Bub geboren<br />

O Sophie – sing noch lang so fort<br />

zum Lob von Deinem Vaterort.<br />

Kommsch nicht in Frage, nimms nich übel,<br />

weil Du ein Weibel statt ein Bübel.<br />

Von 1920 bis 1931 übernahm Stadtkapellendirigent Albert Schmider (1879-1957) 567 die ehrenvolle Aufgabe des<br />

Wohlaufsängers. Sein Nachfolger war von 1932 bis 1971 der Schuhmachermeister Rudolf Blattner (1898-?),<br />

dessen viel gelobte Singstimme auch mehrfach für Funk und Fernsehen aufgezeichnet wurde 568 und nach dessen<br />

Gesichtszügen Georg Straub 1933 den Wohlaufmaa auf dem Großen Wohlauforden gestaltete. Ihm folgten 1972<br />

der Lebensmittelkaufmann Rudolf Armbruster (1910-1996), genannt Thedörle 569 , sowie von 1973 bis 1990 und<br />

1992 bis 1998 der Zollamtmann Walter Schmider, der Sohn von Albert 570 . Bei der offiziell abgesagten <strong>Fasnet</strong><br />

1991 gab es einen wilden Wohlauf, bei dem etwa 35 Narren mitmachten und der Wohlaufsänger Hubert Kiefer<br />

in einem Leiterwagen von <strong>Die</strong>ter Buss um die Stadt gezogen wurde 571 .<br />

Seinen Rücktritt kündigte Walter Schmider 1998 überraschenderweise bei der letzten Station des Wohlaufs<br />

im Schlosshof an und ließ danach erstmals in der <strong>Fasnet</strong>geschichte alle Teilnehmer das Wohlauflied mitsingen;<br />

nur seine Frau wusste zuvor von seiner Rücktrittsankündigung 572 , die beim Kleinen Narrenrat für einige Verstimmungen<br />

sorgte. Um Schmiders Nachfolge bewarben sich Roland Schamm, Klaus Bea, Bernd Heinrich,<br />

Hubert „Vitus“ Kessler sowie Emil O. Peter, der seine Bewerbung aber kurz vor dem Testsingen am 13. Oktover<br />

1998 im Musikzimmer der Stadtkapelle im Schloss zurückzog. Heinrich und Kessler sangen den alten Text des<br />

Wohlaufliedes mit dem Entechrist, doch sicherten sie zu, dass sie im Falle ihrer Wahl auch den neuen Text<br />

singen würden. Bei der Großen Narrenratssitzung am 20. Oktober 1998 beantragten Martin Brod und Joachim<br />

„Joggele“ Haas, über den alten Text abzustimmen, denn bei dessen Abschaffung 1973 fühlten sich viele Narren<br />

vom Kleinen Narrenrat übergangen, außerdem habe der Entechrist immer noch viele Anhänger. Narrenvater<br />

Heiner Oberle warnte eindringlich davor, den alten Streit um den Entechrist neu zu entfachen, durch den die<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> Schaden nehmen würde. Er kündigte an, dass der gesamte Kleine Narrenrat geschlossen<br />

zurücktreten werde, falls der alte Text wieder komme. Auch Ex-Wohlaufsänger Walter Schmider setzte sich<br />

563<br />

Müller, V.: Tondokumente über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. – Vgl. hierzu Abschnitt 1.9 Mediengeschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

564<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 45.<br />

565<br />

In den Jungnarrenversammlungen gibt es diesen närrischen Wettstreit auch heute noch.<br />

566<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-20.<br />

567<br />

Sandfuchs, A.: Ein Rückblick zum Jubiläum, [15]; 175 Jahre Stadtkapelle Wolfach, 23f.; Kasper: Historie, 32-39.<br />

568<br />

Tonaufnahme des DVA, Nr. A 209 450, in Wolfach am 24.2.1968 durch Rolf-Wilhelm Brednich. – Filmaufzeichnung von 1962 in<br />

Scharfenberg: <strong>Die</strong> Altweibermühle; Barth, H.-D.: Der Teufel ist los.<br />

569<br />

Rudolf Armbruster ist ein Nachfahre des <strong>Wolfacher</strong> Originals Theodor Armbruster (siehe Anmerkung 322). Zu Rudolf vgl. den Bericht<br />

im Schwabo vom 30.8.1995.<br />

570<br />

Aufnahmen von Schmider als Wohlaufsänger von 1982, 1983 und 1996 sind zu sehen in Barth, H.-D.: Der Teufel ist los; Brednich /<br />

Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>; Reichert: Fasnachtsbräuche im Land.<br />

571<br />

Zur ausgefallenen <strong>Fasnet</strong> 1991 siehe Abschnitt 1.8 Der Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991. – Kiefer sang bei diesem Wohlauf den neuen Text ohne<br />

Entechrist.<br />

572 Bericht im Schwabo vom 24.2.1998.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 66<br />

vehement für den neuen Text ein. Mit einer deutlichen Mehrheit von 55 Stimmen bei vier Gegenstimmen und<br />

einer Enthaltung entschied sich der Große Narrenrat schließlich gegen den Entechrist 573 . Zum neuen Wohlaufsänger<br />

gewählt wurde mit 30 von 60 Stimmen Roland Schamm; Bernd Heinrich erreichte an zweiter Stelle 19<br />

Stimmen. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte Schamm beim Zunftabend 1999 in der Festhalle 574 . (Obwohl<br />

Kessler, einer der beiden „Entechrist-Anhänger“, seit 2004 Narrenvater der Freien Narrenzunft Wolfach ist, hat<br />

sich in der Frage des „Entechrists“ bis heute nichts geändert.)<br />

Das Herrichten und Ziehen des Wagens mit dem Wohlaufbett besorgte lange Jahre Blechnermeister Rudolf<br />

Schmidt (1902-1976), seit 1949 unterstützt von der Familie Kiefer, die 1973 diese Aufgabe übernahm. Wilhelm<br />

Kiefer und seine Söhne sind dabei verantwortlich für die Wagenpflege und das Anbringen der Laternen, seine<br />

Frau Emma für das Beziehen des Bettes und das Waschen der Bezüge 575 .<br />

Nach dem Wohlauf kaufen viele der Teilnehmer in den Bäckereien der Stadt frische Brezeln und anderes<br />

Backwerk für ihr schellenmontägliches Frühstück 576 . Manche Narren gehen auch in ein Lokal, um Röschele zu<br />

essen; das sind Kalbsinnereien, bestehend aus Herz, Leber, Lunge und Milz, die in einer Pfanne zunächst angeröstet<br />

und dann nach Zugabe von Fleischbrühe so lange geschmort werden, bis sie weich sind 577 . <strong>Die</strong>se<br />

Tradition entstand erst nach dem 2. Weltkrieg, als nach einem Wohlauf einige Narren in der Gastwirtschaft<br />

„Zum Hecht“ zusammen saßen und der Narrenrat Albert Sandfuchs jun. meinte, jetzt täte doch etwas Saures gut;<br />

prompt erfüllte die Wirtin diesen Wunsch 578 . 1984 kam es fast zu einem Glaubenskrieg um das Röschele. In den<br />

Jahren zuvor war es beim Wohlauf zu immer stärkeren Störungen des Ablaufs durch die zahlreichen Betrunkenen<br />

gekommen, die sich von den frühmorgens schon für das Röscheleessen geöffneten Wirtschaften angezogen<br />

fühlten 579 . Deshalb beschlossen nach kontroversen Diskussionen der Kleine und Große Narrenrat bei<br />

ihrer Herbstsitzung 1984, in einem offiziellen Brief die <strong>Wolfacher</strong> Wirte darum zu bitten, ihre Lokale am<br />

Schellementigmorgen bis um 8 Uhr geschlossen zu halten 580 . Beim Wohlauf 1985 gab es dann trotz der Bitte des<br />

Narrenrates in drei Lokalen Röschele zu essen, doch war es zuvor beim Wohlauf zugleich auch wesentlich<br />

ruhiger gewesen als früher. In den Folgejahren entspannte sich die Situation, so dass schließlich beide <strong>Seite</strong>n mit<br />

dem erreichten Kompromiss, den der damalige Narrenvater Albert Wöhrle (1922-2004) mit dem Ausspruch<br />

Nicht gegen Röschele, sondern gegen Ruuschele 581 auf den Punkt brachte, zufrieden waren.<br />

Der Wohlauf machte zwar die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt 582 , das führte<br />

allerdings auch dazu, dass immer öfter Filmteams nach Wolfach kamen und mit ihrer kamerabedingten Dauerbeleuchtung<br />

den ganzen Charme des Umzugs, der gerade in der nur durch Stalllaternen erleuchteten Dunkelheit<br />

der Stadt liegt, zerstörten. Nachdem 1995 der Südwestfunk bei Filmaufnahmen abermals den Wohlauf in<br />

gleißendes Scheinwerferlicht getaucht hatte und dies sogar von der OT-Redakteurin Margarete <strong>Die</strong>terle, die<br />

sonst sehr auf die Einhaltung der Traditionen achtet, in einem Zeitungsbericht gelobt wurde, meldete sich beim<br />

damaligen Wohlaufsänger Walter Schmider eine bis heute anonym gebliebene Gruppe Aktion dunkler Wohlauf<br />

mit einem Gedicht, das sich in heiteren Versen über diesen unhaltbaren Zustand beschwerte. Schmider griff im<br />

Jahr darauf die Idee der Aktion dunkler Wohlauf auf und bemüht sich seither mit Unterstützung einiger anderer<br />

Narros darum, dass möglichst wenige elektrische Lichtquellen entlang des Umzugweges die besondere<br />

Atmosphäre des Wohlaufs stören. Im Jahre 2010 kam es trotz aller Bemühungen Schmiders wieder zu einer<br />

Fernseh-Dauerbeleuchtung des Wohlaufs, weshalb sich erneut die Gruppe „Originale Aktion Dunkler Wohlauf“<br />

mit einer Parodie des Wohlaufliedes zu Wort meldete:<br />

Jemineh! Jemineh!<br />

Ach hol Euch doch de Entechrischt!<br />

De Wohlauf nimme dunkel isch!<br />

<strong>Die</strong> Fernsehlitt duen leuchte<br />

Des sin halt keine Gscheite!<br />

Träf doch de Schlag des Fernsehpack -<br />

‘s versaut de Narro de ganze Tag!<br />

573<br />

Bericht im Schwabo vom 22.10.1998.<br />

574<br />

Bericht im Schwabo vom 4.2.1999. – Eine Aufnahme von Schamm als Wohlaufsänger ist zu sehen in Motzkus: Fastnacht ade…<br />

575<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 29 (1999). – Beim Zunftabend 1999 wurden die Kiefers für ihren 50-jährigen Einsatz für den Wohlauf von der<br />

Narrenzunft mit einem Modell des Wohlaufwagens geehrt. Bericht im Schwabo vom 4.2.1999.<br />

576<br />

Über die Brezel als <strong>Fasnet</strong>speise siehe Abschnitt 1.4.2 Elfemessen.<br />

577<br />

Ein altes Röschele-Rezept der Grün-Baumwirtin Klara Endres geb. Stehle (1872-1950) findet sich im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 15 (1985).<br />

– Der SWF-Redakteur Horst Scharfenberg, der 1952 ein Hörspiel und 1962 einen Fernsehfilm über die <strong>Wolfacher</strong> Altweibermühle<br />

produzierte und dabei den damaligen Wirt des „Grünen Baumes“ und Enkel von Klara, Günter Endres, kennen lernte, nahm dieses<br />

Rezept in sein 1980 erschienenes Kochbuch <strong>Die</strong> deutsche Küche auf. Hermann: Hausschatz des Klärle; Scharfenberg: <strong>Die</strong> deutsche<br />

Küche. – Das Wort Röschele geht zurück auf mhd. röschen, eine Nebenform zu mhd. rœsten ‚auf, in den Rost legen’. Lexer: Mhd.<br />

Handwörterbuch, s. v. rœsten.<br />

578<br />

Bericht im Schwabo vom 13.11.1984.<br />

579<br />

Ein kritischer Bericht über die Missstände beim Wohlauf, mitverursacht durch die sich ständig vergrößernde Teilnehmerschar, erschien<br />

bereits im Schwabo vom 3.3.1981.<br />

580<br />

Bericht über die Herbstsitzung des Großen Narrenrates im Schwabo vom 22.10.1984.<br />

581<br />

Ruuschele ‚jemand, der einen Ruusch ‚Rausch’ hat’.<br />

582<br />

Bis heute findet der Wohlauf im südwestdeutschen Raum auch überregional große Beachtung, siehe beispielsweise Blassmann: Ein uriger<br />

Geisterzug mit einer sehr langen Tradition; Lauble: „Wohlauf“.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

Welche fast t schon mystische Bedeutung der Wohlauf für die <strong>Wolfacher</strong> hat, zeigt sich an einer wahren B BBe<br />

gebenheit, die Josef Krausbeck mündlich überlieferte: Als einmal eine alte <strong>Wolfacher</strong>in in der Nacht zum<br />

Schellementig im Sterben lag, fragte sie immer wieder ihre AAngehörigen,<br />

ngehörigen, die an ihrem Bett wachten, ob denn der<br />

Wohlauf schon vorüber sei. Erst nachdem der Wohlauf am Haus der Sterbenden vorbeigezogen war, sagte sie<br />

beruhigt: „Dann kann ich jetzt gehen“ und entschlief. (Zu jener Zeit war es noch üblich gewesen, dass die Teilnehmer<br />

des Zuges, wenn sie an einem Haus vorbei kamen, in dem jemand kurz zuvor gestorben war, mit dem<br />

Lärmen aufhörten.)<br />

Exkurs 1: Der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf im Kontext der Tageliedtradition<br />

<strong>Die</strong> Melodie des Wohlaufs lässt sich auf eine Strukturformel<br />

(Notenbeispiel 2) 583 . Während der zweimalige Wohlauf<br />

Wiedling in einer Studie über den Wohlauf und sein musikalisches Umfeld untersuchten Nachtwächterliedern<br />

auftaucht, scheint die Kernweise 2a<br />

hundert zurückverfolgen lässt und zu den über ganz Euro<br />

kündet werden soll 584 lässt sich auf eine Strukturformel reduzieren, die den Aufbau des Liedes verdeutlicht<br />

. Während der zweimalige Wohlauf-Anruf (Motiv 1a-b) b) nicht in allen von Lieselotte<br />

r Studie über den Wohlauf und sein musikalisches Umfeld untersuchten Nachtwächterliedern<br />

auftaucht, scheint die Kernweise 2a-c c eine sehr alte Rufformel darzustellen, die sich zumindest bis ins 14. Jah Jahr-<br />

hundert zurückverfolgen lässt und zu den über ganz Europa pa verbreiteten Archetypen zählt, mit denen etwas ve ver-<br />

. Der Schlussteil des Wohlaufgesangs ist eine Anleihe aus der Kernweise mit der Moti Motivfolge<br />

2c / 2c / 2b / 2c’.<br />

Das Phänomen des Tagesanbruchs mit seinem eigenen Assoziationsfeld spielt als literarisches Motiv bereits in<br />

der mediterran geprägten Dichtung der Antike<br />

Rolle 585 Das Phänomen des Tagesanbruchs mit seinem eigenen Assoziationsfeld spielt als literarisches Motiv bereits in<br />

der mediterran geprägten Dichtung der Antike – beispielsweise bei Homer, Vergil und Ovid – eine wichtige<br />

. In den frühchristlichen Hymnen verband sich mit diesem Motiv die biblische Vorstellung des Lichts als<br />

göttlichem Symbol, das sich bereits in der Genesis andeutet – Es werde Licht! – und durch die Personalisierung<br />

des Lichts mit Jesus im Neuen Testament ddie<br />

ie Erwartungen und Vorstellungswelt der Gläubigen prägte. Der<br />

Morgenhymnus Aeterne rerum conditor des heiligen Ambrosius von Mailand (ca. 339-397) 397)<br />

geistlichen Wecklieder, in dem die Tagesanbruchthematik um einen praeco diet ‚Ankündige<br />

weitert wird, der als biblischer Hahn mit seinem Ausruf surgamus ‚lasst uns aufstehen’ die<br />

Liegenden aufschreckt’, und somit bereits die wesentlichen Elemente des Wohlauftextes beinhaltet<br />

586 ist eines der ersten<br />

‚Ankündiger des Tages’ er-<br />

‚lasst uns aufstehen’ die iacentes exitat ‚die<br />

Liegenden aufschreckt’, und somit bereits die wesentlichen Elemente des Wohlauftextes beinhaltet 587 .<br />

Aeterne rerum conditor<br />

Aeterne rerum conditor,<br />

noctem diemque qui regis<br />

et temporum das tempora,<br />

ut alleves fastidium;<br />

praeco diei iam sonat,<br />

noctis profundae pervigil,<br />

nocturna lux viantibus,<br />

a nocte noctem segregans.<br />

hoc excitatus lucifer<br />

solvit polum caligine,<br />

hoc omnis errorum chorus<br />

vias nocendi deserit.<br />

hoc nauta vires colligit,<br />

pontique mitescunt freta;<br />

hoc ipse petra ecclesiae<br />

canente culpam diluit.<br />

Notenbeispiel 2: Strukturformel des Wohlaufs<br />

<strong>Seite</strong> 67<br />

583<br />

Wiedling: Zwei alte badische Fastnachtsrufe, 86.<br />

584<br />

Wiedling: Zwei alte badische e Fastnachtsrufe, 88f. – Zu den Ursprüngen des Wohlaufliedes vgl. Schrader: <strong>Die</strong> musikalischen Wurzeln<br />

reichen bis ins 14. Jahrhundert; Schrader: Nachtwächterweise dient als Vorbild.<br />

585<br />

Zur Geschichte der Tagelieder siehe Wolf: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelieddichtung, 12, 19 19-25.<br />

586<br />

Zu Ambrosius siehe: Biographisch-Bibliographisches Bibliographisches Kirchenlexikon I, 142 142-144, s. v. Ambrosius; ; Meid: Reclams elektronisches Lexikon,<br />

s. v. Hymne.<br />

587<br />

Ambrosius: Hymni; Wolf: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelieddichtung, 23f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

surgamus ergo strenue:<br />

gallus iacentes excitat<br />

et somnolentos increpat;<br />

gallus negantes arguit.<br />

gallo canente spes redit,<br />

aegris salus refunditur,<br />

mucro latronis conditur,<br />

lapsis fides revertitur.<br />

Iesu, labentes respice,<br />

et nos videndo corrige;<br />

si respicis lapsus cadunt<br />

fletuque culpa solvitur.<br />

tu lux refulge sensibus,<br />

mentisque somnum discute:;<br />

te nostra vox primum sonet,<br />

et vota solvamus tibi.<br />

deo patri sit gloria<br />

eiusque soli filio<br />

cum spiritu paraclito<br />

et nunc et in perpetuum.<br />

In der Melodie des Hymnus’ erklingen zudem die Wohlaufmotive 1a, 2c und 2c’ ( (Notenbeispiel<br />

Notenbeispiel 3) 588 .<br />

Notenbeispiel 3: Melodia hymnorum von Ambrosius von Mailand (339-397)<br />

Das Wächteramt wird bereits in der Capitulare de villis aus der Verwaltung Karls des Großen erwähnt<br />

der ältesten überlieferten rlieferten mhd. Weckrufe zitiert Herbort von Fritzlar<br />

regierenden Landgrafen Hermann von Thüringen verfassten Roman<br />

590 aus der Verwaltung Karls des Großen erwähnt<br />

in dem im Auftrag des von 1190 bis 1217<br />

regierenden Landgrafen Hermann von Thüringen verfassten Roman Liet von Troye ‚Lied von Troja’<br />

589 . Einen<br />

in dem im Auftrag des von 1190 bis 1217<br />

‚Lied von Troja’ 591 :<br />

Der wechter vf der zinnē saa<br />

Sine tageliet er sanc<br />

Daa im sin stimme erklanc<br />

Vō groame done.<br />

Er sanc ea taget schone<br />

Der tag der schinet in den sal<br />

Wol vf, ritter vber al<br />

Wol vf ea ist tag<br />

<strong>Die</strong> antik-christliche christliche Faszination durch das strahlende Licht des aufgehenden Tages beeinflusste auch die En Ent-<br />

wicklung der profanen Tagelieder des Mittelalters, die den Schmerz poetisieren poetisieren, den ein Liebespaar empfindet,<br />

das nach der nächtlichen Vereinigung bei Tagesanbruch voneinander Abschied nehmen muss<br />

einem Wächter mit seinem morgendlichen Weckruf vor der Ge Gefahr der Entdeckung gewarnt wird<br />

592 und dabei von<br />

fahr der Entdeckung gewarnt wird 593 . Als ältester<br />

588<br />

Ambrosius: Hymni.<br />

589<br />

Gaul: <strong>Die</strong> Rolle des Wächters.<br />

590<br />

Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Herbort von Fritzlar.<br />

591<br />

Herbort von Fritzlâr: Liet von Troye, Verse 4178 4178-4185. – Vgl. hierzu Wiedling: Zwei alte badische sche Fastnachtsrufe, 84.<br />

592<br />

Wolf: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelieddichtung, 11. – Vgl. hierzu Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v.<br />

Tagelied.<br />

593<br />

Ursprünglich begannen die Tagelieder immer mit dem Weckruf des Wächters, der das LLiebespaar<br />

iebespaar nach einer gemeinsam verbrachten<br />

Nacht vor dem Anbruch des Tages warnt. Später entstanden auch Lieder, die bereits den Versuch des Liebhabers beschreiben, nac nach<br />

Sonnenuntergang in das Schlafkämmerlein der Geliebten zu gelangen und der dabei die Hilfe lfe des Wächters in Anspruch nimmt, der<br />

somit zum Vertrauten des Paares avanciert. Als Beispiel sei das Lied <strong>Die</strong> Sonne ist verblichen aus der um 1550 entstandenen Heide Heidel-<br />

berger Liederhandschrift cpg 343, 95, genannt, das von Stephan Zirler (ca. 1520 1520-1576) in n einem vierstimmigen Satz vertont wurde:<br />

1. <strong>Die</strong> sonne ist verblichen,<br />

die stern seind auffgegangen,<br />

<strong>Seite</strong> 68


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

Beleg dieser literarischen Gattung gilt die zweisprachige<br />

oder 11. Jahrhundert 594 Beleg dieser literarischen Gattung gilt die zweisprachige Alba aus dem französischen Kloster Fleury aus dem 10.<br />

. Ausgehend von Okzitanien (Südfrankreich), verbreitet sich diese Gattung a<br />

Raum. Im 15. Jahrhundert schließlich werden diese weltlichen Tagelieder, die ursprünglich unter dem Einfluss<br />

christlicher Morgenhymnen entstanden, von Geistlichen wiederum als Kirchenlieder parodiert<br />

In einer 1429 entstandenen Straßburger Han Handschrift<br />

Laufenberg (ca. 1390-1460), dem bedeutendsten deutschen geistlichen Liederdichter des 15. Jahrhunderts<br />

findet sich das 16-strophige Lied Ein lerer r<br />

Liedes Wie laut so sang der wechter auf der zinnen!<br />

auf der Kernweise 2a-c des Wohlaufliedes<br />

das hohe Alter der melodischen Substanz (<br />

596 mit etwa 120 geistlichen Liedern von Heinrich<br />

1460), dem bedeutendsten deutschen geistlichen Liederdichter des 15. Jahrhunderts<br />

Ein lerer růft vil lut us hohen sinnen, eine geistliche Parod<br />

Wie laut so sang der wechter auf der zinnen! 598 Es basiert in den ersten zehn Takten nahezu vollständig<br />

c des Wohlaufliedes – nur die siebte Note fehlt – und ist damit ein eindeutiger Beleg für<br />

melodischen Substanz (Notenbeispiel 4) 599 aus dem französischen Kloster Fleury aus dem 10.<br />

. Ausgehend von Okzitanien (Südfrankreich), verbreitet sich diese Gattung auch im mhd.<br />

Raum. Im 15. Jahrhundert schließlich werden diese weltlichen Tagelieder, die ursprünglich unter dem Einfluss<br />

christlicher Morgenhymnen entstanden, von Geistlichen wiederum als Kirchenlieder parodiert<br />

:<br />

595 .<br />

mit etwa 120 geistlichen Liedern von Heinrich<br />

1460), dem bedeutendsten deutschen geistlichen Liederdichter des 15. Jahrhunderts 597 ,<br />

, eine geistliche Parodie des weltlichen<br />

Es basiert in den ersten zehn Takten nahezu vollständig<br />

und ist damit ein eindeutiger Beleg für<br />

<strong>Die</strong> nacht die kömpt geschlichen,<br />

fraw nachtigal mit jrem gesang.<br />

Der mond ist auffgegangen,<br />

red sich ein wechter gut,<br />

und welcher hat verlangen<br />

und ist mit lieb umbfangen,<br />

der mach sich bald auff die fart.<br />

2. Und das erhört ein geselle,<br />

er schrey dem wechter zu,<br />

Ach wechter, traut geselle,<br />

gib deinen raht darzu.<br />

Wie ich das sol angreiffen,<br />

das ich kom für liebes thür,<br />

gar heimlich soltu schleichen,<br />

ehe der wechter hebt an zu pfeiffen,<br />

das man dich gar nit spür.<br />

Notenbeispiel 4: Straßburger Parodie eines Wächterliedes<br />

<strong>Seite</strong> 69<br />

Das Ambraser Liederbuch, 1090-1092; 1092; modernisierter Text abgedruckt in: Des Knaben Wunderhorn, 24.461 24.461-24.468. – Zu Stephan<br />

Zirler siehe MGG XIV, 1319f., s. v. Zirler, Stephan Stephan. – Der Hinweis auf das Lied stammt von Dr. Anke Brügmann, Wolfach Wolfach-St. Roman.<br />

– <strong>Die</strong>ses Lied diente als Vorlage für ein Landsknechtslied über eine Schlacht in den Jahren 1542/43, wobei hier mit Nachtigall ein Geschütz<br />

mit einem Gewicht von 60 Zentnern gemeint ist. Uhland: Rath der Nachtigall, 138f<br />

594<br />

Wolf: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelieddichtung, 25 25-43. – Prov. alba < frz. aube ‚Tagesgrauen, Morgenröte’.<br />

Brockhaus Riemann Musiklexikon I, 65, s. v. Aubade.<br />

595<br />

Hoffmann von Fallersleben: Geschichte des deutschen deutschen Kirchenliedes, 371 371-375. – Das Tageliedmotiv erfreute sich auch in späterer Zeit<br />

großer Beliebtheit; genannt seien beispielsweise die morgendliche Abschiedsszene in Shakespeares Romeo und Julia (3. Akt, 5. Szene)<br />

und der zweite Aufzug von Richard Wagners Tristan und Isolde. Wolf: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelie Tagelieddichtung,<br />

48; ; Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 2541f. – Geistlich parodiert erscheint das Tagelied in Johann Seb Sebastian Bachs<br />

Kantaten O Ewigkeit, du Donnerwort BWV 20 (Satz 8: Wacht auf, wacht auf, verlornen Schafe), Man singet mit Freuden vom Sieg<br />

BWV 149 (Satz 6: Seid wachsam, ihr heiligen Wächter Wächter) und Wachet auf ruft uns die Stimme BWV 140 sowie in dem Choral Wach auf,<br />

oh Mensch, vom Sünden-Schlaf BWV 247, Satz 11 und dem geistlichen Lied O liebe Seele, zieh die Sinnen BWV 494. Dürr: <strong>Die</strong><br />

Kantaten von Johann Sebastian Bach II, 439, 442, 718 718-723, 775-777; The Bach Cantatas, s. v. BWV 247/11, BWV 494 494; Braatz: [Über die<br />

Kantate BWV 140].<br />

596<br />

<strong>Die</strong> Straßburger Handschrift Nr. 121 verbrannte 1870 bei einem deutschen Angriff auf Straßburg im Deutsch Deutsch--Französischen<br />

Krieg.<br />

Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 217.<br />

597<br />

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon chenlexikon II (1990), 681 681-682, s. v. Laufenberg, Heinrich von; ; Meid: Reclams elektronisches<br />

Lexikon, s. v. Laufenberg, Heinrich von; ; Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 217; ADB XIX, 810 810-813, s.<br />

v. Laufenberg, Heinrich von; XXI, XI, 796 (Korrektur); NDB XIII, 708f., s. v. Laufenberg, Heinrich von.<br />

598<br />

Ob diese Umdichtung von Laufenberg stammt, lässt sich nicht sicher nachweisen. Von der weltlichen Parodievorlage ist nur der Titel<br />

überliefert; sie diente vermutlich auch als Vorbild ffür<br />

ür zwei auf eine andere Melodie gesungene niederländische Wächterlieder von 1539<br />

und 1540. Erk / Böhme: Deutscher Liederhort II, 600f., Nr. 801a.<br />

599<br />

Das Lied ist auch mit leichten Varianten im Text und in der Strophenreihenfolge in einem Einzeldruck aus der ersten Hälfte des 16.<br />

Jahrhunderts überliefert. Textabdruck in Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied, 627-629, 629, Nr. 749 (Handschrift), 674f., Nr. 798<br />

(Druck); Hoffmann von Fallersleben: Geschichte des deutschen Kirchenliedes, 375 375-378, Nr. 220. – Melodie mi mit nhd. Text der ersten<br />

Strophe in Erk / Böhme: Deutscher Liederhort II, 601, Nr. 801b.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 70<br />

1. Ein lerer růft vil lut us hohen sinnen:<br />

wer sich zů got nun keren well,<br />

der sol dz schier beginnen!<br />

Dz er in zite dz bestell,<br />

e im der tod den weg veruell,<br />

dz rot ich im uss minnen!<br />

2. <strong>Die</strong> zit ist kurtz, die welt git bösen lone,<br />

die hell ist grim, der tod ist noh,<br />

süss ist der himel krone!<br />

Gesach in gott, der dz bekent<br />

und sich in zit von sünden went,<br />

dis ist min lere schone!<br />

3. Dis hort ein stolzer iüngeling gar here,<br />

er sprach: sag, edler lerer gut,<br />

wie ist so hert din lere!<br />

Ich han noch kraft und iunges blůt,<br />

wenn ich wird alt, so han ich můt,<br />

dz ich ze got mich kere.<br />

4. Der lerer sprach: din wort sind gar vermessen!<br />

wo sind din vordern, frag ich dich?<br />

sag, ist dir dz vergessen?<br />

Sü worent all an gůte rich<br />

und lebtend frisch und wunnenclich:<br />

nun hand sü die würm gessen!<br />

5. Der iüngling sprach: mir mag noch wol gelingen!<br />

ich will vertriben die tage min<br />

mit tantzen und mit springen!<br />

Woluf, will yeman frölich sin,<br />

des gůt gsell ich gerne bin!<br />

die zit mag noch vil bringen!<br />

6. Der lerer sprach: dar uf darft du nit luren!<br />

der riche got, der es vermag<br />

in einer kurtzen uren,<br />

Der zukt dir bald dinn iungen tag<br />

und setzt dich in der helle clag,<br />

der inn můst ewclich truren!<br />

7. Der iüngling sprach: din wort sind ungehüre!<br />

dich het vil liht got har gesant<br />

minr armen sel zestüre!<br />

Nun wis mich zů der rechten hant,<br />

dz mir die warheit werd bekannt,<br />

die mir ie wz so türe!<br />

8. Der lerer sprach: alz gůt ist gottes güte,<br />

dz dir in kurzer zite gott<br />

verwandelt din gemüte!<br />

Nun ler vil schon die zehen gebott<br />

und würke die on allen spott,<br />

dz got din yemer hüte!<br />

9. Der jüngling sprach: wz sind die zehen gbotte?<br />

ach edler wiser lerer gůt,<br />

dz sage mir durch gotte,<br />

Dz ich am ende si gehůt<br />

vor pin und vor der helle glůt<br />

und niemer wird ze spotte.<br />

10. Der lerer sprach: ich will dichs gerne leren!<br />

einn got, den soltu betten an,<br />

sinn nammen nit verschweren.<br />

Den virtag soltu reht began<br />

und vatter und můter soltu han<br />

allzit in grossen eren.<br />

11. Du solt ouch nieman töten keine stunde,<br />

noch stealen eim dz gůte sin<br />

mit herzen noch mit munde,<br />

Von unküsch soltu keren hin,<br />

kein valsch gezüge soltu sin,<br />

so wirt din sel gesunde.<br />

12. Du solt ouch niemans elich wip begeren<br />

noch dines eben menschen gůt,<br />

so will ich dich geweren,<br />

Kerstu von sünden dinen můt,<br />

dz got den himel uffe tůt<br />

und wirt dich do verclearen.<br />

13. Der jüngling sprach: got het dich usserkoren,<br />

jo selig ist die můter din,<br />

die dich je hat geboren!<br />

Ich můst verdampnet yemer sin<br />

und were dise lere din<br />

und ewenclich verloren!<br />

14. Ach gůter got in hohem himelreiche,<br />

wie han ich denn gelebet ye<br />

so rechte sündecliche!<br />

Ich han ir eins gehalten nie!<br />

ach wiser lerer, rot mir, wie<br />

ich rüwe ewencliche!<br />

15. Der lerer sprach: nun hab ein gůtz getrüwen!<br />

der himel der ist eygen din,<br />

als bald du an vohst rüwen!<br />

Und lo di welt und ker da hin,<br />

do du maht ewenclichen sin<br />

on alles valsches brüwen.<br />

16. Der jüngling sprach: wol hin all lust und fröide!<br />

der welte lon ist anders niht<br />

denn ach und we und leyde!<br />

Kein sünd getůn ich niemer me!<br />

ach lerer gůt, min trüw des se!<br />

und schiedent sich do beyde.<br />

Das Lied Wolauff mit lauter stimm thůt vns der wechter singen, das in dem 1535 gedruckten Liederbuch<br />

Reutterliedlin überliefert ist (Notenbeispiel 5) 600 , beginnt mit dem um den Mittelton verkürzten Wohlaufanruf 1a<br />

und übernimmt dann wie bei Laufenberg mit Ausnahme der siebten Note die <strong>Wolfacher</strong> Melodie, mit einer<br />

Wiederholung der Töne 3 und 4. Über dieses Lied komponierte der in Torgau und Dresden tätige protestantische<br />

Komponist Johann Walter (1496-1570), der Martin Luther in musikalischen Fragen beratend zur <strong>Seite</strong> stand, im<br />

Jahre 1551 einen vierstimmigen Choralsatz mit einem geistlichen Text 601 , den er in seinem Wittenberger Gesangbuch<br />

602 veröffentlichte und der bis heute von Kirchenchören gesungen wird.<br />

600 Böhme: Altdeutsches Liederbuch, 196f., Nr. 101; Erk / Böhme: Deutscher Liederhort II, 598f., Nr. 798. – Zu den im 15. und 16. Jahrhundert<br />

verbreiteten Liederbüchern siehe Cramer: Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter, 317-322.<br />

601 Walter: Wohlauf, mit lauter Stimm.<br />

602 Walter: Wittembergisch deudsch geistlich Gesangbüchlein.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

Notenbeispiel 5: : „Wolauff mit lauter stimm th thůt vns der wechter<br />

singen“, 1535<br />

1. Wohlauf, wohlauf! Mit lauter Stimm<br />

tut uns der Wächter singen.<br />

Wer noch in tiefem Schlafe liegt,<br />

der mach sich bald von hinnen.<br />

Ich seh daher die Morgenröt<br />

wohl durch die Wolken dringen<br />

2. Der Knab, der war entschlafen gar<br />

und schlief wohl also süße,<br />

die Jungfrau aber weise war,<br />

weckt ihn mit einem Kusse;<br />

sie küßt ihn freundlich<br />

an sein Mund: „Jetzt geht es an ein Scheiden.“<br />

3. „Und der uns scheidt, das ist der Tod,<br />

der scheidt uns also harte,<br />

er scheidet manches Mündlein rot,<br />

dazu mein Buhlen zarte.<br />

O reicher Gott, durch deine Güt,<br />

wie scheidest uns so harte.“<br />

4. Der Knab wohl auf sein Rößlein sprang,<br />

er ritt gar bald von dannen.<br />

<strong>Die</strong> Jungfrau sah ihm nach hindann,<br />

groß Leid war ihr zuhanden:<br />

„Reitst du hinweg, spar Gott dich gsund!<br />

Mein Herz tut nach dir langen.“<br />

Notenbeispiel 6: : Choralsatz „Wohlauf mit lauter Stimm“ von<br />

Johann Walter<br />

Es ist denkbar, dass die Rufformel des Wächterliedes auch bei der Gestaltung von Fanfarenthemen, die als<br />

Wecksignale dienten, eine Rolle spielte. Hier sei auf eine Passage in der Bassarie<br />

Schafe in J. S. Bachs Kantate O Ewigkeit, du Donnerwort I<br />

wacht auf, eh’ die Posaune schallt ein Motiv erklingt, in dem sechs von acht Noten mit den Anfangs<br />

und Endnoten des Motivs 2a-c übereinstimmen (<br />

Fanfarenthema basieren, finden sich auch in weiteren Werken Bachs und von anderen bekannten<br />

Komponisten 604 Es ist denkbar, dass die Rufformel des Wächterliedes auch bei der Gestaltung von Fanfarenthemen, die als<br />

Wecksignale dienten, eine Rolle spielte. Hier sei auf eine Passage in der Bassarie Wacht auf, wacht auf, verlorne<br />

Ewigkeit, du Donnerwort I, BWV 20 Satz 8, hingewiesen, in der zu dem Text<br />

ein Motiv erklingt, in dem sechs von acht Noten mit den Anfangs<br />

c übereinstimmen (Notenbeispiel 7)<br />

.<br />

603 Es ist denkbar, dass die Rufformel des Wächterliedes auch bei der Gestaltung von Fanfarenthemen, die als<br />

Wacht auf, wacht auf, verlorne<br />

, BWV 20 Satz 8, hingewiesen, in der zu dem Text<br />

ein Motiv erklingt, in dem sechs von acht Noten mit den Anfangs-, Spitzen-<br />

. Vergleichbare Motive, die auf einem alten<br />

Fanfarenthema basieren, finden sich auch in weiteren Werken Bachs und von anderen bekannten<br />

Notenbeispiel 7: : Das Wohlaufmotiv in J. S. Bachs Bassarie BWV 20 / 8, Takt 21f.<br />

In Balingen ist ein Nachtwächterlied überliefert, das auf eine dem <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf vergleichbare Melodie<br />

gesungen 605 In Balingen ist ein Nachtwächterlied überliefert, das auf eine dem <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf vergleichbare Melodie<br />

:<br />

603<br />

Boyd: Bach, Telemann und das Fanfarenthema, 149 Notenbeispiel 4.<br />

604<br />

Siehe dazu Notenbeispiel 10 und den Abschnitt 4.1.1 Der Michelesmarsch. – In der Kantate „<strong>Die</strong> Jahreszeiten“ TVWV 20:39 von Georg<br />

Philipp Telemann (1681-1767) 1767) erklingt in der Orchestereinleitung, die den anbrechenden Tag charakterisieren soll, ebenfalls e eein<br />

Fanfarenmotiv, in dem sich die Noten 1, 3, 6 und 7 aus dem Wohlaufmotiv in transponierter Form finden. Boyd: Bach, Telemann u uund<br />

das Fanfarenthema, 148 Notenbeispiel 2.<br />

605<br />

Wiedling: Zwei alte badische Fastnachtsrufe, Tafel 1. – <strong>Die</strong>sen Ruf gibt es auch in den bei Balingen liegenden Orten Endingen und Os Ost<br />

dorf. Wiedling: Zwei alte badische Fastnachtsrufe, 84.<br />

<strong>Seite</strong> 71


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 72<br />

Wohl auf, in dem Namen Jesu Christ!<br />

Der helle Tag vorhanden ist.<br />

Der Tag vertreibt die finstre Nacht,<br />

ihr lieben Christen, seid munter und wacht<br />

und lobet Gott, den Herrn!<br />

Der helle Tag, der nie verlag [!],<br />

Gott gebe uns allen einen guten Tag!<br />

Eduard Mörike (1804-1875), der in seinen Werken oft Elemente der Volksüberlieferung benutzte 606 , zitiert in<br />

seiner 1840 und 1852 entstandenen Idylle Der alte Turmhahn die ersten beiden Zeilen in leicht abgewandelter<br />

Form 607 :<br />

Um zwei, Gottlob, und um die drei<br />

Glänzet empor ein Hahnenschrei,<br />

Um fünfe, mit der Morgenglocken,<br />

Mein Herz sich hebet unerschrocken,<br />

Ja voller Freuden auf es springt,<br />

Als der Wächter endlich singt:<br />

»Wohlauf, im Namen Jesu Christ!<br />

Der helle Tag erschienen ist! «<br />

In der 10 km von Wolfach entfernten Stadt Schiltach gehen bis heute zwei Nachtwächter im Mantel mit Laterne<br />

und Hellebarde in der Neujahrsnacht durch die Altstadt und tragen ihr Neujahrslied vor, das zeilenweise auf eine<br />

kurze, litaneiartige Melodieformel gesungen wird 608 :<br />

Wohlauf im Namen Jesu Christ!<br />

Das alte Jahr vergangen ist,<br />

Ein neues Jahr vorhanden ist.<br />

Ich wünsche dem Herrn X 609 , seiner Frau,<br />

seinen Kindern und der Großmutter<br />

Ein glückseliges neues Jahr.<br />

Und was ich wünsch‘, das werde wahr.<br />

Der ewige Frieden immerdar.<br />

Lobet Gott, den Herrn!<br />

<strong>Die</strong> genaue Entstehungszeit dieses Neujahrssingen in Schiltach ist nicht bekannt, das Lied weist aber jedenfalls<br />

eine lange Tradition auf. Vor 1906 brachte die Schiltacher Druckerei Wolpert eine Serie von acht Postkarten<br />

heraus, auf denen das Schiltacher Rathaus zu sehen ist, vor dem ein Nachtwächter mit langem Mantel und Hellebarde<br />

steht. Auf jeder dieser Karten ist ein Vers eines Nachtwächterliedes abgedruckt. Der sechste Vers lautet 610 :<br />

Wohlauf im Namen Jesu Christ,<br />

Der helle Tag vorhanden ist.<br />

Der Tag vertreibt die finst’re Nacht.<br />

Ihr lieben Christen, seid munter und wacht<br />

Lobet den Herrn durch Jesum Christum. Amen.<br />

Der achte Vers entspricht ungefähr dem des heutigen Neujahrssingen.<br />

Ähnliche Neujahrslieder gibt es in Holzgerlingen (Landkreis Böblingen) und Westerheim (Württemberg;<br />

Alb-Donau-Kreis, bei Laichingen):<br />

Wohlauf im Namen Jesu Christ 611<br />

ein gut‘s neu‘s Jahr vorhanden ist.<br />

Es geht wohl über die Heiden -<br />

Gott woll euch behüten vor Leiden.<br />

Freut euch ihr Christen alle!<br />

Ich bring euch frohe Märe,<br />

und lobet Gott mit Schalle!<br />

Wohlauf im Namen Jesu Christ 612 ,<br />

das neue Jahr vorhanden ist.<br />

Es geht wohl eines Gleichen,<br />

den Armen wie den Reichen,<br />

es geht wohl über Berg und tiefes Tal,<br />

Gott behüte euch vor Unglück überall,<br />

im neuen Jahr und das ist wahr.<br />

Jetzt wünschen wir der Familie …<br />

606 Bausinger: Nachwort, 533.<br />

607 Mörike: Der alte Turmhahn, 398.077.<br />

608 Schiltach. Schwarzwaldstadt im Kinzigtal, 406; vgl. hierzu: Zur Geschichte der Schiltacher Nachtwächter. – In Reinhardt: Volkskundliche<br />

Streifzüge, 49, wird dieses Lied, in leicht variierter Form, fälschlicherweise in Wolfach lokalisiert.<br />

609 Der Name wechselt, je nachdem, vor welchem Haus die Nachtwächter singen.<br />

610 Schiltach. Schwarzwaldstadt im Kinzigtal, 405f.<br />

611 Nachrichtenblatt der Stadt Holzgerlingen 53 (2006-12-30), Nr. 52, 19.<br />

612 Jahresrückblick Westerheim 2006, 2.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 73<br />

Gebor´n ist Christus der Herre.<br />

Singet, springet!<br />

usw.<br />

ein gesundes neues Jahr.<br />

Gelobt sei Jesus Christus,<br />

in alle Ewigkeit.<br />

Ein Neujahrslied findet sich auch in einer alten Liederhandschrift aus Westfalen 613 :<br />

Wol up ir narren alle mit mi<br />

to dissem nien jaire!<br />

ich meint ich wär ein narr allein,<br />

der ist noch mer geboeren;<br />

wolt got dat ich hett aller wunsche gewalt!<br />

so wuest ich wes ich wunschen solt<br />

nach eines narren sinne.<br />

Wol up ir narren alle mit mi.<br />

Das Elzacher Taganrufen am <strong>Fasnet</strong>mentig geht ebenfalls auf einen alten Nachtwächterruf zurück 614 :<br />

Steht auf im Namen, hätt’ i’s g’wißt,<br />

Wer unter uns Narren der Hauptmann isch!<br />

Fünf Uhr ist schon längst vorbei,<br />

Und wir Narren sind alle frei.<br />

usw. 615<br />

Während der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf eine abgeschlossene Melodieform besitzt, die einer Liedstrophe gleichkommt,<br />

bedient sich der Ruf in Elzach einer zweiteiligen Melodieformel, die der jeweiligen Textzeile rhythmisch angepasst<br />

wird und durch ihren litaneiartigen Tonfall ständig fortgesetzt werden könnte 616 . <strong>Die</strong> von Prof. Werner<br />

Mezger geäußerte Vermutung, beim Taganrufen in Elzach sei ähnlich wie beim <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf der Teufel<br />

durch eine Textänderung versteckt worden 617 , ist falsch. Peter Müller hat zweifelsfrei nachgewiesen 618 , dass der<br />

originale Text des Taganrufens lautete: Sten uff, sten uff! Ihr Narre alli wißt’s, / Der Moudi Schwarz euer<br />

Hauptmann isch. Mit Moudi Schwarz ist der Räuber Johannes Mauthe (1857-1897) gemeint, der als eine Art<br />

Schinderhannes des Elztals galt. Der beim Taganrufen auftretende Nachtwächter war ursprünglich als Räuber<br />

verkleidet und womöglich war es Mauthe selbst, der bei diesen Brauch mitwirkte. Um nach Mauthes Tod im<br />

Gefängnis nicht mit diesem verurteilten Verbrecher in Verbindung gebracht zu werden, änderten die Elzacher<br />

1903 den Text.<br />

In Kenzingen, wo 1914 ein aus Wolfach stammender Holzhändler den Wohlaufbrauch in die dortige <strong>Fasnet</strong><br />

einführte, wird bis heute der originale Text mit dem Entechrist gesungen 619 . <strong>Die</strong> Freiburger <strong>Fasnet</strong>rufer übernahmen<br />

hingegen nach ihrer Gründung 1934 nicht den gesamten Brauch, sondern nur das leicht veränderte<br />

Wohlauflied 620 . In das Goldene Buch der Zunft trug Franz Deufel 1938, künstlerisch ausgeziert, den<br />

Taganruferspruch mit dem damals in Freiburg noch üblichen Narrenruf Helau ein 621 :<br />

Zunftspruch der <strong>Fasnet</strong>-Rufer!<br />

Helau Helau!<br />

Helau zuvor:<br />

Nun schenkt uns willig Euer Ohr<br />

Wir <strong>Fasnet</strong>rufer stellen uns vor<br />

Im Flecklehäs trags mit Humor<br />

Helau mir au.<br />

Wir künden an gar hohen Besuch<br />

Mit Rätschenknarren u. altem Spruch:<br />

Im Namen des Herrn Entechrist<br />

Der Narrotag erschienen ist,<br />

613<br />

Uhland: Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder I, 21. – Vgl. hierzu das Lied Wohlauf ihr Narren, zieht all mit mir. Des Knaben<br />

Wunderhorn, 24.422-24.427.<br />

614<br />

Zum Elzacher Taganrufen siehe Wiedling: Zwei alte badische Fastnachtsrufe; Müller, P.: „Stehn uff, stehn uff! Ihr Narre alli wißts“. –<br />

Vgl. hierzu auch den auf diesen Abschnitt folgenden Exkurs 2: Teufelsfiguren in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>.<br />

615<br />

Der Text hat insgesamt 24 Zeilen. Zitiert nach Wiedling: Zwei alte badische Fastnachtsrufe, 81f.<br />

616<br />

Wiedling: Zwei alte badische Fastnachtsrufe, 83.<br />

617<br />

Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 93.<br />

618<br />

Müller, P.: „Stehn uff, stehn uff! Ihr Narre alli wißts“. – Zu den Verbindungen zwischen der Elzacher und <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> siehe<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 631-633; Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 180, 184. – Vgl. dazu auch Weber: 250 Jahre Taganrufen.<br />

619<br />

Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 22. – Zum Kenzinger Wohlauf siehe http://www.wellebengel.de (13.1.2011).<br />

620<br />

Kalchthaler: <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>rufer; http://www.fasnetrufer.de (13.1.2011).<br />

621 Abbildung in Kalchthaler: <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>rufer.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 74<br />

Der Tag fängt an zu läuten<br />

Den Narren wie den G’scheiten.<br />

Der Narrotag der nie versagt<br />

Lässt allen Narren –<br />

Ihren Sparren.<br />

<strong>Die</strong> aktuelle Fassung des Textes, die von den <strong>Fasnet</strong>rufern am <strong>Fasnet</strong>mentigmorgen in den Freiburger Stadtteilen<br />

sowie bei Narrentreffen und dem alljährlichen Empfang des Freiburger Regierungspräsidenten für die Narrenverbände<br />

ausgerufen wird, lautet:<br />

Im Namen des Herrn Entechrist<br />

der Narrotag erschienen ist.<br />

Der Tag fängt an zu läuten,<br />

uns Narren wie euch G‘scheiten.<br />

Der Narrotag, der nie versagt,<br />

wünscht allen Narren einen guten Tag!<br />

Bei der Katzenmusik am Schmutzige Dunnschtig 1929 war in Triberg erstmals der Narrenspruch zu hören 622 :<br />

Im Namen des Herrn Entèchrist<br />

der Narrètag vorhandè ist.<br />

Schönè Tag, lièbè Tag,<br />

aller Narrè Ehrètag.<br />

Der Text erinnert an den <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf; das Wort vorhandè in der zweiten Zeile legt die Vermutung nahe,<br />

dass der Text aus der von Hansjakob überlieferten Version des Wohlauftextes abgeleitet wurde, denn dort heißt<br />

es ebenfalls vorhanden, während der heutzutage in Wolfach gesungene Text erstanden lautet. Es ist allerdings<br />

nicht auszuschließen, dass es in Triberg einst ebenfalls ein Nachtwächterlied gab, das die Narren parodierten.<br />

Nachdem der Spruch in den 1960er-Jahren aus der Triberger <strong>Fasnet</strong> verschwand, womöglich als eine Reaktion<br />

auf die öffentlich geführte Diskussion um den <strong>Wolfacher</strong> Entechrist, wird er in jüngster Zeit wieder verwendet.<br />

Im benachbarten Schonach gibt es einen ähnlichen Narrenspruch 623 :<br />

Stehet auf, im Namen des Entechrist<br />

und wisset, daß jetzt <strong>Fasnet</strong> isch.<br />

<strong>Die</strong> stille Zeit ist längst vorbei,<br />

und wir Narren sind noch alle frei.<br />

Ihr Mütter, hört meinen Rat gut an,<br />

hängt euren Töchtern Schlösser an.<br />

Den Schlüssel holen wir euch ab,<br />

bis in der Aschermittwochnacht.<br />

<strong>Die</strong>ser Spruch weist eine starke Ähnlichkeit mit dem Text des Elzacher Taganrufens auf (soehe oben).<br />

Exkurs 2: Teufelsfiguren in der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong><br />

Der Schuddig in Elzach ist in seiner heutigen Form mit dem roten Häs und den Furcht einflößenden Larven, die<br />

ihm eine teuflische Ausstrahlung verleihen, eine Schöpfung des frühen 20. Jahrhunderts unter dem Einfluss<br />

dämonisierender Erklärungsversuche in der Literatur 624 . <strong>Die</strong> Einzelfigur des ganz in schwarz gehaltenen<br />

Teufelschuddigs 625 , von dem die heute existierende Vielfalt von Teufelslarven abstammt 626 , entstand erst 1911<br />

bei einer grundlegenden Reform der Elzacher <strong>Fasnet</strong>. Nach den Erinnerungen des Elzacher Larvenschnitzers<br />

Josef Tränkle 627 hießen die Schuddige zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch Zottler, da sie bis zu 25 cm lange,<br />

aus altem Stoff zusammengeschnittene Zotteln 628 auf ihrem Gewand trugen; sie sahen damals eher wie Bären<br />

aus. <strong>Die</strong> drei Bollen an ihrem Dreispitz, auf dem nur etwa 10 bis 15 Schneckenhäusle locker aufgenäht waren,<br />

bestanden nicht wie heute aus roter Wolle, sondern aus Papier 629 . <strong>Die</strong>s verdeutlicht, dass auch die <strong>Fasnet</strong> einer<br />

sich als besonders altehrwürdig gebenden Narrenzunft, die wegen der Aufnahme angeblich unhistorischer<br />

622<br />

<strong>Die</strong> Geschichte der <strong>Fasnet</strong> in Triberg, 73.<br />

623<br />

<strong>Die</strong> Geschichte der <strong>Fasnet</strong> in Triberg, 73.<br />

624<br />

Müller, P.: „Sie stammen von den alten Germanen ab...“, 39. – Zur Elzacher <strong>Fasnet</strong> siehe auch Möllinger / Preuss: „Frei ist der Narr zu<br />

dieser Stunde”.<br />

625<br />

Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 85.<br />

626<br />

Müller, P.: „Sie stammen von den alten Germanen ab...“, 35.<br />

627<br />

Möllinger / Preuss: „Frei ist der Narr zu dieser Stunde”.<br />

628<br />

Zottel ‚unordentlich herabhängende Haarsträhne, durch Schmutz verklebte Haare, Wollbüschel, Quaste, Troddel’. Etymologisches<br />

Wörterbuch des Deutschen, 1623 s. v. Zotte.<br />

629<br />

Wie sehr sich die heutigen Schuddige von ihrer ursprünglichen Form unterscheiden, zeigt eine 1905 entstandene Fotografie dieser Narrenfigur,<br />

abgebildet in Schicht: Spättle, Plätzle oder Fleckle, 44. – Zum Elzacher Schuddig siehe auch Abschnitt 2.6 Zwei <strong>Wolfacher</strong> Steinfiguren<br />

und ihre fasnetliche Bedeutung.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 75<br />

Narrenzünfte aus der VSAN ausgetreten ist, nicht frei von Neuerungen und grundlegenden Veränderungen im<br />

Brauchtum ist. Entsprechendes gilt auch für Überlingen, Rottweil und Oberndorf, die zusammen mit Elzach<br />

einen „Vierer-Bund“ bilden und sich nur gegenseitig besuchen.<br />

Außer in Elzach erscheint der Teufel auch in anderen Orten als reale Gestalt. <strong>Die</strong> Triberger Teufel gehen auf<br />

eine 1893 geschnitzte Teufelslarve zurückgeht 630 . Eine Einzelfigur ist der Offenburger Hexenmeister, der erstmals<br />

in den 1930er-Jahren mit seinem Teufelsgewand auftrat 631 . 1952 schufen die Hornberger Narren die <strong>Fasnet</strong>figur<br />

Horn mit einer Teufelslarve 632 . Kaum älter ist der Schiltacher Teufel, der 1950 nach einer Sage über einen<br />

großen Stadtbrand im 16. Jahrhundert entstand 633 . Seit 1995 gibt es in St. Roman, einem Ortsteil der zu Wolfach<br />

gehörenden Gemeinde Kinzigtal, als Narrenfigur einen Teufel, gestaltet nach einer Sage über den dortigen<br />

Teufelsstein 634 .<br />

Ebenfalls eine Teufelsgestalt ist der Rottenburger Ahland, der erstmals 1929 zu sehen war 635 . Als Vorbild für<br />

die Larve diente eine Sandsteinfratze, deren Alter und Herkunft umstritten sind 636 . Zunächst hieß diese Narrenfigur<br />

Rottenburger Originalmaske, erst seit 1950 setzte sich nach und nach die Bezeichnung Ahland durch. In<br />

Rottenburg bezeichnete das Wort Aland ursprünglich eine ‚vermummte Person an der Fastnacht, namentlich ein<br />

maskiertes Kind’, Aland gehe n stand für ‚vermummt gehen’ 637 , hatte also keinen Bezug zu einer bestimmten<br />

Verkleidung, sondern diente als Sammelbegriff für eine Maskierung an sich. Über die Herkunft des Wortes<br />

spekulierte Hermann Fischer in seinem Schwäbischen Wörterbuch: Wenn dieses ganz lokal überlieferte Wort<br />

nicht eine specielle Entstehungsursache habe, so könnte Aland eine euphemistische Entstellung von mhd. vâlant<br />

‚Teufel’ sein. In der lokalgeschichtlichen und volkskundlichen Literatur wurde diese beiläufig geäußerte Vermutung<br />

Fischers dann ungeprüft als eine wahre Tatsache übernommen 638 . <strong>Die</strong>se Herleitung ist jedoch aus<br />

sprachgeschichtlichen Gründen unmöglich, da ein konsonantischer Anlaut nicht einfach wegfallen kann 639 . <strong>Die</strong><br />

Grundbedeutung von nhd. Valand, Voland 640 ‚Teufel’ < mhd. vâlant ist ‚der Schreckende’ 641 und gehört zu idg.<br />

*pel-, pelm-, plē- ‚gießen, fließen, aufschütten, füllen, einfüllen’ > germ. *feljan ‚erschrecken’ > ae. *fÖl-e; ülfÖl-e,<br />

eal-fēl-o ‚verderblich, schrecklich’, mhd. vâlant bzw. idg. *peled- ‚Feuchtigkeit, feucht’ > germ. *fela-,<br />

*felaz? ‚erschreckend’ > an. fāl-a ‚Trollweib, Hexe, Zauberweib, Ochs, Ochse’ 642 .<br />

Der Begriff Aland/t bezeichnet zunächst allgemein eine Karpfenfischart, eine würzhaltige Kräuterpflanze 643<br />

sowie verschiedene europäische Flüsse 644 und ist auch als Familienname verbreitet 645 . <strong>Die</strong> Johannesbeere hieß<br />

früher auch Alantbeere. Es ist anzunehmen, dass der Familienname jüngeren Datums ist und auf einer der<br />

anderen Bedeutungen basiert. Der Flussname Alant geht zurück auf idg. al(a) ‚Quelle’ 646 , der zu den Weißfischen<br />

gehörende Aland auf mhd. alant < ahd. alunt < germ. *alunda, *alundaz < idg. *al-, *alōu-, *almu-<br />

‚weiß, glänzend’ 647 , die Pflanze Alant auf germ. *alan ‚sich nähren’, got. al-an* ‚wachsen, sich nähren’ < idg.<br />

*al- ‚wachsen, nähren’ 648 . Zudem kann Alant auch ‚Alaun (Kalium-Aluminium-Sulfat; ein Beizmittel in der<br />

Gerberei, Papierleim)’ bedeuten 649 .<br />

630 Zur Entstehungsgeschichte des Triberger Teufels siehe: <strong>Die</strong> Geschichte der <strong>Fasnet</strong> in Triberg, 70-73.<br />

631 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 22. Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 81.<br />

632 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 21. Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 89.<br />

633 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 27. – <strong>Die</strong> Sage über den Schiltacher Stadtbrand ist abgedruckt in Alemannische Sagen, 108f.<br />

634 <strong>Die</strong> Sage über den Teufelsstein ist abgedruckt in Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden, Nr. 93; Schneider-Strittmatter: <strong>Die</strong> Stabsgemeinde<br />

Kinzigtal, 110-112. – Glasmaler Georg Straub verfasste 1936 ein Gedicht über die Sage. Manuskripte im Museum Schloss<br />

Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-58 und -67.<br />

635 Zur Geschichte des Rottenburger Ahlands siehe Göggel: Von der „Originalmaske“ zum „Ahland“; Göggel: <strong>Die</strong> Sandsteinmaske am<br />

Jägerhaus. – Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 111.<br />

636 <strong>Die</strong> vermutete Entstehungszeit der Fratze schwankt zwischen Ende des 14. und Mitte des 16. Jahrhunderts. Göggel: <strong>Die</strong> Sandsteinmaske<br />

am Jägerhaus.<br />

637 Fischer: Schwäbisches Wörterbuch I, 124 s. v. Aland.<br />

638 Ohne eine genaue wissenschaftliche Überprüfung übernommen wurde die Erklärung Ahland = Faland beispielsweise in Moser, D.-R.:<br />

Fastnacht und Fastnachtspiel, 142. Auch Prof. Werner Mezger verbreitet diese Theorie in seinen Kommentaren zu den Narrentreffen im<br />

Fernsehen.<br />

639 Briefl. Auskunft des Germanisten Prof. Paul Derks, Essen, vom 11.4.2004.<br />

640 In Goethes Faust spricht Mephistopheles in der Szene Walpurgisnacht zu den Hexen: Was! dort schon hingerissen? / Da werd’ ich Hausrecht<br />

brauchen müssen. / Platz! Junker Voland kommt. Platz! süßer Pöbel, Platz! Goethe: Faust, 171.088.<br />

641 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 4012 s. v. Voland; Grimm: Deutsches Wörterbuch III, 1267 s. v. Faland; XXVI, 453 s. v. Voland.<br />

642 Wasserzieher: Woher?, 432 s. v. Voland; Pokorny: Idg. Etymologisches Wörterbuch I, 801; Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *peled-. – Aus<br />

der gleichen Wurzel stammt germ. *flaþrōn ‚flattern’ < ahd. fledarmūs < mhd. vlëdermūs ‚Fledermaus, Motte’. – Das mhd. vâlant kann<br />

nicht als ‚der zu Fall bringende’ gedeutet werden, wie in der lokalhistorischen Literatur Rottenburgs vermutet wird (Göggel: Von der<br />

„Originalmaske“ zum „Ahland“), denn die Länge des Vokals in fallen ist kurz, in vâlant hingegen lang.<br />

643 Alant ‚ausdauernde Kräuter der Korbblütlergattung mit meist gelben, reichblütigen Blütenkörbchen’. dtv-Lexikon I, 95 s. v. Alant. – Der<br />

Echte Alant heißt auch Helenenkraut. Meyerscout 2003, s. v. Alant, Heilpflanzen / Tabelle; Zedler: Grosses Vollständiges Univeral<br />

Lexicon VIII, 1327-1330, s. v. Enula. – Vgl. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. alant.<br />

644 Alantia > Elz (Nebenflüsse des Neckars, der Mosel, des Rheins); Aluntà, Aluo(n)ta, Alantelė, Flüsse in Litauen; Alantas, zwei Flüsse im<br />

baltischen Gebiet; Aland, mehrfach als Flussname im Elbe-Gebiet bei Wittenberge. Krahe: Sprache und Vorzeit, 49.<br />

645 dtv-Lexikon I, 95 s. v. Aland, Kurt; Telefonauskunft für den PC, s. v. Aland, Ahland.<br />

646 Krahe: Sprache und Vorzeit, 49.<br />

647 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *al- (6).<br />

648 Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *al- (2); Wasserzieher: Woher?, 110. – Auf den gleichen Wortstamm dürfte die Alantdistel, eine Kratzdistel<br />

in Gebirgsgegenden, zurückgehen. dtv-Lexikon I, 95 s. v. Alantdistel.<br />

649 Fnhd. Wörterbuch I, 742 s. v. alant (3).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

<strong>Die</strong>s erklärt nun aber nicht, wie Aland<br />

konnte. Hierzu wäre eine genaue vergleichende Erforschung aller Quellen vor Ort nötig, in denen der Begriff in<br />

dieser Bedeutung verwendet wird. Gegen die durchaus denkbare Erklärung, dass der<br />

als eine besondere Delikatesse am Aschermittwoch galt und sich der Name auf die den Fisch verzehrenden<br />

Personen übertrug 650 , spricht, dass dieser Fisch nur im Donaugebiet, in Oberschwaben und am Bodensee Aland<br />

hieß, am Neckar aber als Schuepfisch<br />

dass sich die Rottenburger in alantleder<br />

metonymisch auf die den Stoff tragenden Personen überging. Oder sie st<br />

eine stadtbekannte Persönlichkeit mit dem Namen<br />

dämonenabwehrende Pflanze und wird in den alljährlich an Mariä Himmelfahrt geweihten<br />

bunden zum Schutz von Krankheiten bei Mensch und Tier<br />

Prof. Mezger behauptet, dass die Teufelskostüme in der <strong>Fasnet</strong><br />

Requisitenkammern für geistliche Schauspiele und Figuralprozessionen entliehen<br />

wissenschaftlich nicht haltbare Verallgemeinerung, da Mezger als Beleg dafür nur ein Überlinger Ratsprotokoll<br />

aus der Zeit um 1500 nennt 655 Aland in Rottenburg zu einem Synonym für eine vermummte Person werden<br />

konnte. Hierzu wäre eine genaue vergleichende Erforschung aller Quellen vor Ort nötig, in denen der Begriff in<br />

dieser Bedeutung verwendet wird. Gegen die durchaus denkbare Erklärung, dass der Fisch Aland in Rottenburg<br />

als eine besondere Delikatesse am Aschermittwoch galt und sich der Name auf die den Fisch verzehrenden<br />

, spricht, dass dieser Fisch nur im Donaugebiet, in Oberschwaben und am Bodensee Aland<br />

Schuepfisch ‚Schupp(en)fisch’ bezeichnet wurde<br />

, ohne aber nachzuweisen, wie weit dieses als repräsentativ für die im deutschen<br />

Südwesten gepflegten Traditionen gelten kan<br />

mittelalterliche Teufelsdarstellung interpretiert, doch wirkt dies nicht unbedingt überzeugend, da die auf der<br />

Rekonstruktion der Larve angefügten Hörner im Original nicht zu erkennen sind<br />

Larve an eine mittelalterliche Schandmaske oder vielleicht auch an einen Kleiekotzer<br />

An diesen Beispielen zeigt sich, dass die große Verbreitung des Teufels in der <strong>Fasnet</strong> überwiegend eine ne<br />

zeitliche Entwicklung ist und sich von weni<br />

lässt. <strong>Die</strong>s widerspricht den <strong>Fasnet</strong>theorien von W. Mezger und D.<br />

<strong>Fasnet</strong> seit ihrer Entstehung im Mittelalter eigentlich eine zentrale Rolle spielen müsste<br />

651 . Eine andere Möglichkeit wäre,<br />

alantleder ‚mit Alaun gegerbtes Leder’ 652 hüllten und der Name des Stoffes<br />

metonymisch auf die den Stoff tragenden Personen überging. Oder sie stellten vielleicht mit ihrer Verkleidung<br />

eine stadtbekannte Persönlichkeit mit dem Namen Aland dar. <strong>Die</strong> Heilpflanze Alant gilt im Volksglauben als<br />

dämonenabwehrende Pflanze und wird in den alljährlich an Mariä Himmelfahrt geweihten<br />

um Schutz von Krankheiten bei Mensch und Tier 653 .<br />

Prof. Mezger behauptet, dass die Teufelskostüme in der <strong>Fasnet</strong> offenbar bevorzugt aus den kirchlichen<br />

Requisitenkammern für geistliche Schauspiele und Figuralprozessionen entliehen wurden<br />

nschaftlich nicht haltbare Verallgemeinerung, da Mezger als Beleg dafür nur ein Überlinger Ratsprotokoll<br />

, ohne aber nachzuweisen, wie weit dieses als repräsentativ für die im deutschen<br />

Südwesten gepflegten Traditionen gelten kann. Ein in Ulm gefundenes Larvenfragment wird von Mezger als<br />

mittelalterliche Teufelsdarstellung interpretiert, doch wirkt dies nicht unbedingt überzeugend, da die auf der<br />

Rekonstruktion der Larve angefügten Hörner im Original nicht zu erkennen sind 656 . Viel<br />

Larve an eine mittelalterliche Schandmaske oder vielleicht auch an einen Kleiekotzer 657 .<br />

An diesen Beispielen zeigt sich, dass die große Verbreitung des Teufels in der <strong>Fasnet</strong> überwiegend eine ne<br />

zeitliche Entwicklung ist und sich von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht vor dem 20. Jahrhundert belegen<br />

lässt. <strong>Die</strong>s widerspricht den <strong>Fasnet</strong>theorien von W. Mezger und D.-R. Moser 658 in Rottenburg zu einem Synonym für eine vermummte Person werden<br />

konnte. Hierzu wäre eine genaue vergleichende Erforschung aller Quellen vor Ort nötig, in denen der Begriff in<br />

Fisch Aland in Rottenburg<br />

als eine besondere Delikatesse am Aschermittwoch galt und sich der Name auf die den Fisch verzehrenden<br />

, spricht, dass dieser Fisch nur im Donaugebiet, in Oberschwaben und am Bodensee Aland<br />

. Eine andere Möglichkeit wäre,<br />

hüllten und der Name des Stoffes<br />

ellten vielleicht mit ihrer Verkleidung<br />

dar. <strong>Die</strong> Heilpflanze Alant gilt im Volksglauben als<br />

dämonenabwehrende Pflanze und wird in den alljährlich an Mariä Himmelfahrt geweihten Kräuterbuschen geoffenbar<br />

bevorzugt aus den kirchlichen<br />

wurden<br />

, nach denen der Teufel in der<br />

<strong>Fasnet</strong> seit ihrer Entstehung im Mittelalter eigentlich eine zentrale Rolle spielen müsste.<br />

654 . <strong>Die</strong>s ist eine<br />

nschaftlich nicht haltbare Verallgemeinerung, da Mezger als Beleg dafür nur ein Überlinger Ratsprotokoll<br />

, ohne aber nachzuweisen, wie weit dieses als repräsentativ für die im deutschen<br />

n. Ein in Ulm gefundenes Larvenfragment wird von Mezger als<br />

mittelalterliche Teufelsdarstellung interpretiert, doch wirkt dies nicht unbedingt überzeugend, da die auf der<br />

. Viel eher erinnert diese<br />

An diesen Beispielen zeigt sich, dass die große Verbreitung des Teufels in der <strong>Fasnet</strong> überwiegend eine neugen<br />

Ausnahmen abgesehen nicht vor dem 20. Jahrhundert belegen<br />

, nach denen der Teufel in der<br />

Anhang: Der „Endkrist“ in Sebastian Brants „Narrenschiff“<br />

CIII. Vom endkrist 659<br />

Abbildung 3: Der „Endkrist“ in Sebastian Brants „Narrenschiff“<br />

Sidt ich den fürloß han gethon<br />

Von denen die mit falsch vmbgon<br />

So fynd ich noch die rechten knaben<br />

CIII. Vom Antichrist.<br />

<strong>Die</strong>weil Vorspuk von mir geschehn<br />

Bei denen, die mit Falsch umgehn,<br />

So find’ ich noch die rechten Knaben,<br />

<strong>Seite</strong> 76<br />

650<br />

<strong>Die</strong> Zucht ucht des dem Aland verwandten Karpfen erreichte ihre größte Verbreitung im 15. und 16. Jahrhundert in den Fischteichen der<br />

Klöster, da der Karpfen eine beliebte Fastenspeise war. – Beispiele dafür, dass es durchaus eine Verbindung von Fischen oder Essen Essens-<br />

bräuchen äuchen zu Narren geben kann, sind die Narro-Alt-Fischerzunft 1386 in Laufenburg, die sich in ihrem Brauchtum bewusst auf den im<br />

Mittelalter gepflegten Fischfang bezieht, sowie die Elzacher Narrenfigur Schuddig, , deren Name auf die Abhaltung des Schauertags,<br />

alem. Schurdig, , einer Ratszehrung am Aschermittwoch, zurückgeht, siehe Abschnitt 1.4.6 Der Schauertag.<br />

651<br />

Fischer: Schwäbisches Wörterbuch I, 124 s. v. Alant.<br />

652<br />

Fnhd. Wörterbuch I, 742 s. v. alant (3).<br />

653<br />

Vom Frauendreißiger und der Kräuterweihe.<br />

654<br />

Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 11.<br />

655<br />

Mezger: Überlinger Fastnacht, 28. – Das Überlinger Ratsprotokoll ist zu sehen in Motzkus: Narrentag in Überlingen.<br />

656<br />

Abbildung des Fragments und der Rekonstruktion in Mezger: Das große Buch der schwäbisch schwäbisch-alemannischen alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 12. – <strong>Die</strong> Tonlarve<br />

ist auch zu sehen in Motzkus: Narrentag arrentag in Überlingen.<br />

657<br />

Zum Wort Kleiekotzer siehe Anmerkung 490 490.<br />

658<br />

Moser, D.-R.: R.: Fastnacht und Fastnachtspiel, 138. – Auch die von D.-R. R. Moser als Musterbeispiel seiner <strong>Fasnet</strong>theorien in Barth, H. H.-D.:<br />

Der Teufel ist los angeführte Höllenzunft aus Kirchzarten entstand erst 1936, kann also nicht als Beleg für die mittelalterlichen E EEr-<br />

klärungsmodelle Mosers dienen.<br />

659<br />

Brant: Das narren schyff, Kapitel CIII; Brant: Das Narrenschiff, 7551 7551-7557 (hochdeutsche Übertragung).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 77<br />

<strong>Die</strong> by dem narren schiff vmb traben<br />

Wie sie sich / vnd sunst vil betriegen<br />

<strong>Die</strong> heilig gschrifft krümmē / vñ byegen<br />

<strong>Die</strong> gent dem glouben erst eyn büff<br />

Vnd netzen das bapyren schyff<br />

Eyn yeder ettwas rysßt dar ab<br />

Das es dest mynder bort me hab<br />

Růder / vnd ryemen nymbt dar von<br />

Das es dest ee mœg vndergon /<br />

Vil sint jn jrem synn so klůg<br />

<strong>Die</strong> dunckent sich syn witzig gnůg<br />

Das sie vß eygner vernunfft jnfall<br />

<strong>Die</strong> heilig gschrifft vß legen all /<br />

Dar an sie fælen doch gar offt<br />

Vnd wyrt jr falsche ler gestrofft<br />

Dann sie vß andern gschrifften wol<br />

(Der allenthalb die welt ist vol)<br />

Mœhten sunst vnder richten sich<br />

Wann sie nit woltten sunderlich<br />

Gesehen syn / für ander lüt<br />

Do mit verfart das schiff zů zyt /<br />

<strong>Die</strong> selben man wol druncken nennt<br />

Das sie die worheyt hant erkent<br />

Vnd doch das selb vmbkeren gantz<br />

Do mit man sæh jrn schyn / vnd glantz /<br />

Das sint falscher propheten ler<br />

Vor den sich hűten heißt / der herr<br />

<strong>Die</strong> anders die geschrifft vmb keren<br />

Dann sie der heilg geist selb důt leren<br />

<strong>Die</strong> hand eyn falsch wog jn der hend<br />

Vnd legen druff / als das sie wendt<br />

Machend eyns schwær / das ander lycht<br />

Do mit der gloub yetz vast hyn zücht /<br />

Inn mitt wir der verkerten ston /<br />

Ietz regt sich vast der scorpion<br />

Durch sollch anreytzer / von denen hett<br />

Geseyt Ezechiel der prophet<br />

<strong>Die</strong> übertrætter des gesatz<br />

<strong>Die</strong> sůchen dem endkrist syn schatz<br />

Das er hab ettwas vil entvor /<br />

Wann schyer verlouffen sint syn jor<br />

Vnd er vil hab die by jm ston<br />

Vnd mit jm jnn syn falscheyt gon /<br />

Der würt er han vil jnn der weltt<br />

Wann er vß teylen würt syn gelt<br />

Vnd all syn schætz würt fürhar bringen<br />

Darff er nit vil mit streichen zwyngen<br />

Das merteyl / würt selbs zů jnn louffen<br />

Durch geltt würt er vil zů jm kouffen<br />

<strong>Die</strong> helfen jm / das er dann mag<br />

<strong>Die</strong> gůten bringen alle tag /<br />

Doch werden sie die leng nit faren<br />

Inn würt bald brechen schiff / vnd karren<br />

Wie wol sie faren vmb vnd vmb<br />

Vnd würt die worheyt machen krumb<br />

So würt zů letst doch worheyt bliben<br />

Vnd würt jr falscheyt gantz vertriben<br />

<strong>Die</strong> yetz vmbfert jnn allem standt<br />

Ich vœrcht das schiff kum nym zů landt<br />

Sant Peters schyfflin ist jm schwangk<br />

<strong>Die</strong> bei dem Narrenschiffe traben<br />

Und sich und andre viel betrügen,<br />

<strong>Die</strong> heil’ge Schrift verkrümmen und biegen;<br />

<strong>Die</strong> geben erst dem Glauben Püff’<br />

Und netzen das papierne Schiff;<br />

Ein Jeder reißet etwas ab,<br />

Daß desto minder Bord’ es hab’,<br />

Nimmt Ruder und Riemen weg davon,<br />

Daß ihm der Untergang mög’ drohn.<br />

Viele sind in ihrem Sinn so klug,<br />

<strong>Die</strong> dünken witzig sich genug,<br />

Aus eigner Vernunft Einfall<br />

<strong>Die</strong> heil’ge Schrift zu deuten all,<br />

Darin sie fehlen doch gar sehr,<br />

Und wird gestraft ihre falsche Lehr’.<br />

Denn sie könnten aus andern Schriften wol,<br />

– Deren allenthalb die Welt ist voll, –<br />

Genugsam unterrichten sich,<br />

Wenn sie nicht wollten sonderlich<br />

Gesehen sein vor andern Leuten;<br />

Dabei fährt irr’ das Schiff zu Zeiten.<br />

Man kann dieselben trunken nennen,<br />

Da sie die Wahrheit wol erkennen<br />

Und doch das Schiff umkehren ganz,<br />

Zu zeigen ihren Schein und Glanz,<br />

Das ist der falschen Propheten Lehr’,<br />

Vor denen sich hüten heißt der Herr,<br />

Welche anders die Schrift umkehren,<br />

Als sie der heil’ge Geist thut lehren;<br />

Deren Hände führen falsche Wagen.<br />

Drauf legen sie nach ihrem Behagen,<br />

Machen eines leicht und andres schwer,<br />

Darunter der Glaube leidet sehr.<br />

Inmitten der Verkehrten wir stehn;<br />

Man kann den Scorpion schon sehn<br />

Sich regen, gereizt von solcher Macht,<br />

<strong>Die</strong> Ezechiel vorausgesagt.<br />

<strong>Die</strong> das Gesetz hier übertreten<br />

Und zu dem Antichristen beten,<br />

<strong>Die</strong> schaffen ihm gar viel voraus;<br />

Wenn seine Jahre sind dann aus,<br />

So hat er viel, die bei ihm stehn<br />

Und mit ihm in der Falschheit gehn.<br />

Deren hat er viele in der Welt!<br />

Wenn er vertheilen wird sein Geld<br />

Und an das Licht die Schätze bringen,<br />

Darf er nicht Viel mit Streichen zwingen:<br />

<strong>Die</strong> Meisten werden zu ihm laufen,<br />

Durch Geld wird er sich Viele kaufen,<br />

<strong>Die</strong> helfen ihm, daß er dann mag<br />

<strong>Die</strong> Guten zwingen alle Tag’,<br />

– Doch werden lange sie’s nicht machen,<br />

Ihnen wird gebrechen Schiff und Nachen,<br />

Wiewol sie fahren um und um, –<br />

Er wird die Wahrheit machen krumm,<br />

<strong>Die</strong> wird zuletzt doch Wahrheit bleiben<br />

Und wird die Falschheit ganz vertreiben,<br />

<strong>Die</strong> jetzo herrscht in jedem Stand.<br />

Ich fürcht’, sein Schiff kommt nicht zum Land.<br />

Es schwanket auch Sanct Peters Schiff;


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 78<br />

Ich sorg gar vast den vndergangk<br />

<strong>Die</strong> wællen schlagen all sytt dran<br />

Es würt vil sturm vnd plagen han<br />

Gar wenig worheyt man yetz hœrt<br />

<strong>Die</strong> heilig gschrifft würt vast verkœrt<br />

Vnd ander vil yetz vß geleitt<br />

Dann sie der munt der worheit seyt<br />

Verzych mir recht wæn ich hie triff<br />

Der endkrist sytzt jm grossen schiff<br />

Vnd hat sin bottschafft vß gesandt<br />

Falscheit verkundt er / durch all landt<br />

Falsch glouben / vnd vil falscher ler<br />

Wachsen von tag zů tag ye mer<br />

Dar zů / důnt drucker yetz gůt stür<br />

Wann man vil bůcher würff jnns für<br />

Man brannt vil vnrecht / falsch dar jnn<br />

Vil trachten alleyn vff gewynn<br />

Von aller erd sie bűcher sůchen<br />

Der correctur etlich wenig růchen<br />

Vff groß beschisß vil yetz studyeren<br />

Vil drucken / wenig corrigyeren<br />

Sie lůgen übel zů den sachen<br />

So sie mennlin / vmb mennlin machen<br />

Sie důnt jnn selber schad / vnd schand<br />

Mancher der druckt sich vß dem land /<br />

<strong>Die</strong> mag das schiff dann nym getragen<br />

Sie műssen an den narren wagen<br />

Das eyner tűg den andern jagen /<br />

<strong>Die</strong> zyt die kumt / es kumt die zyt<br />

Ich vœrcht der endkrist sy nit wyt<br />

Das man das merck / so næm man war<br />

Vff dry ding / vnser gloub stat gar<br />

Vff apploß / bűcher / vnd der ler /<br />

Der man yetz gantz keyns achtet mer /<br />

<strong>Die</strong> vile der gschrifft / spűrt man do by<br />

Wer merckt die vile der truckery<br />

All bűcher synt yetz fürher bracht<br />

<strong>Die</strong> vnser elttern ye hant gmacht<br />

Der sint so vil yetz an der zal<br />

Das sie nütz geltten überal<br />

Vnd man jr schyer nüt achtet mer /<br />

Des glichen ist es mit der ler /<br />

So vil der schůlen man nie fand<br />

Als man yetz hat jn allem land /<br />

Es ist schyer nyenan statt vff erd<br />

Do nit eyn hohe schůl ouch werd<br />

Do werden ouch vil gelerter lüt<br />

Der man doch yetz gantz achtet nüt<br />

<strong>Die</strong> kunst verachtet yederman<br />

Vnd sicht sie über die achseln an<br />

<strong>Die</strong> gelerten műssen sich schier schâmē<br />

Ir ler / vnd kleyt / vnd jres namen<br />

Man zücht die buren yetz har für<br />

<strong>Die</strong> gelerten műssen hynder die thűr<br />

Mâ spricht schow / vmb dē schluderaffen<br />

Der tüfel beschißt vns wol mit pfaffen<br />

Das ist eyn zeychen / das die kunst<br />

Keyn ere me hat / keyn lieb / noch gunst<br />

Do mit würt abgon bald die ler<br />

Dann kunst gespyset würt durch ere /<br />

Vnd wann man jr keyn ere důt an<br />

Es droht ihm, fürcht’ ich, manches Riff,<br />

<strong>Die</strong> Wellen schlagen allseits dran,<br />

Ihm wird viel Sturm und Plage nahn.<br />

Gar wenig Wahrheit man jetzt hört,<br />

<strong>Die</strong> heilige Schrift wird ganz verkehrt<br />

Und jetzt viel anders ausgelegt,<br />

Als sie der Mund der Wahrheit hegt.<br />

Verzeih mir recht, wen dies betrifft!<br />

Der Antichrist ist ausgeschifft,<br />

Hat seine Botschaft umgesandt,<br />

Falschheit verkündigt durch das Land,<br />

Denn falscher Glaub’ und falsche Lehr’,<br />

<strong>Die</strong> wachsen von Tag’ zu Tage mehr,<br />

Wozu die Drucker tüchtig steuern.<br />

Man könnte manches Buch verfeuern<br />

Mit Unrecht viel und Falsch darin.<br />

Viele denken einzig auf Gewinn;<br />

Nach Büchern überall sie trachten,<br />

Doch Correctur sie wenig achten;<br />

Auf großen Betrug sie jetzt studiren,<br />

Drucken viel ohne zu corrigiren!<br />

Sie schauen übel auf die Sachen,<br />

Wenn Männlein sie um Männlein machen;<br />

Sie thun sich selber Schaden und Schande,<br />

Gar Mancher druckt sich aus dem Lande,<br />

<strong>Die</strong> mag das Schiff dann nicht mehr tragen,<br />

Sie müssen an den Narrenwagen,<br />

Wo einer kann den andern jagen.<br />

<strong>Die</strong> Zeit, sie kommt! Es kommt die Zeit!<br />

Ich fürcht’, der Endchrist ist nicht weit!<br />

Man merke dies und nehme wahr:<br />

Der Glaube steht auf Drein fürwahr:<br />

Auf Ablaß, Büchern und auf Lehr’,<br />

Deren man jetzt schätzt keines mehr.<br />

Vielheit der Schrift spürt man dabei:<br />

Wer merkt die Menge Druckerei!<br />

Ein jedes Buch wird vorgebracht,<br />

Was unsre Eltern je gemacht;<br />

Deren sind jetzt soviel an Zahl,<br />

Daß sie nichts gelten überall,<br />

Daß man sie schier nicht achtet mehr,<br />

Und ähnlich ist es mit der Lehr’;<br />

So viele Schulen man nie fand,<br />

Als man jetzt hat in jedem Land;<br />

Fast ist auf Erden keine Stadt,<br />

<strong>Die</strong> nicht ‘ne hohe Schule hat,<br />

Daher man die gelehrten Leut’<br />

Jetzund auch achtet keinen Deut.<br />

<strong>Die</strong> Kunst verachtet Jedermann<br />

Und sieht sie über die Achseln an;<br />

<strong>Die</strong> Gelehrten müssen schier mit Leid<br />

Ansehen Namen, Lehre, Kleid,<br />

<strong>Die</strong> Bauern zieht man jetzt herfür,<br />

<strong>Die</strong> Gelehrten müssen hinter die Thür.<br />

Man spricht: »Schau an den Schlauderaffen!<br />

Der Teufel besch ... uns wohl mit Pfaffen!«<br />

Das ist ein Zeichen, daß die Kunst<br />

Nicht Ehre mehr hat noch Lieb’ noch Gunst.<br />

Drum wird auch schwinden bald die Lehre,<br />

Denn Kunst gespeiset wird durch Ehre<br />

Und will man sie nicht hoch mehr achten,


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 79<br />

So werden wenig dar noch stan /<br />

Der abblas ist so gantz vnwært<br />

Das nyemâ dar noch frogt noch gærdt<br />

Nyeman will me den abbloß sůchen<br />

Io mancher wolt jn jm nit flůchen<br />

Mancher gæb nit eyn pfening vß<br />

So jm der abbloß kumbt zů huß<br />

Vnd würt jm dar zů kumen doch<br />

Er reycht jnn verrer dann zů Och /<br />

Dar vmb es vns glich allso gat<br />

Als denen / mit dem hymel brot<br />

<strong>Die</strong> woren des so gar vrtrütz<br />

Sie sprochen / es wer jnn vnnütz<br />

Ir sel / vnwillen dar ab hett<br />

Vnd machten dar vß eyn gespœtt /<br />

Als důt man mit dem apploß ouch<br />

Der würt veracht / durch mâchē gouch /<br />

Dar vß nym ich mir eyn berycht<br />

Ietz stünd der gloub glich wie eyn lyeht<br />

Wann das will gantz verfaren hyn<br />

So gibt es erst eyn glantz / vnd schyn /<br />

Das ich es frylich sagen mag<br />

Es nah sich vast / dem jungsten tag<br />

Sidt man das lyeht der gnad veracht<br />

So würt es bald gantz werden nacht<br />

Des glichen vor nie wart behœrt<br />

Das schiff den boden vast vmbkœrt<br />

So werden wenig nach ihr trachten.<br />

Der Ablaß ist so ganz unwerth,<br />

Daß Niemand seiner mehr begehrt;<br />

Niemand will mehr den Ablaß suchen,<br />

Ja, Mancher möcht’ ihn sich nicht fluchen,<br />

Und Mancher gäb’ keinen Pfennig aus,<br />

Wenn ihm der Ablaß käm’ ins Haus,<br />

Und wird ihm einstmals doch nachjagen,<br />

Müßt’ er ihn holen auch zu Aachen.<br />

Darum dasselbe uns einst droht<br />

Wie denen mit dem Himmelsbrod,<br />

<strong>Die</strong> waren dessen übersatt,<br />

Sie sprachen: ihre Seel’ sei matt;<br />

Und was gegeben ihnen Gott,<br />

War ihnen unnütz und ein Spott;<br />

So thut man mit dem Ablaß auch,<br />

Den schätzt gering gar mancher Gauch.<br />

Daraus entnehm’ ich den Bericht,<br />

Es ist der Glaube wie ein Licht,<br />

Eh das mag ganz erloschen sein,<br />

Gibt es noch einmal Glanz und Schein,<br />

Und daß ich frei es sagen mag:<br />

Es naht sich uns der jüngste Tag!<br />

Weil man das Gnadenlicht verachtet,<br />

Wird man bald gänzlich sein umnachtet,<br />

Und was man nie zuvor gehört:<br />

Das Schiff den Kiel nach oben kehrt.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 80<br />

2.2.2. Landsknechte des Grafen Konrad von Wolva<br />

<strong>Die</strong> Landsknechte gehören neben den Hanseln zu den ältesten <strong>Fasnet</strong>gestalten in Wolfach, die früher allerdings<br />

nicht jedes Jahr zu sehen waren. Ursprünglich traten sie nur dann in Erscheinung, wenn ein <strong>Fasnet</strong>spiel mit<br />

einem passenden Thema zur Aufführung kam, beispielsweise 1849 Don Quijote und Sancho Pansa, 1888 die<br />

Belagerung und Erstürmung der Burg Lichtenstein, 1889, 1898 und 1905 der Jagdzug des Grafen von<br />

Geroldseck. Eine Fotografie von der Aufführung des Spiels Wallensteins Lager (frei nach Schiller) von 1897<br />

zeigt 660 , mit welch großem Aufwand die Kostüme der Landsknechte bereits anno dazumal ausgestattet waren.<br />

Aus jener Zeit existiert noch eine Uniform aus dem Besitz der Familie Sandfuchs. Als Vorbild für die Gestaltung<br />

dienten die bei der Schaffung eines stehenden Heeres unter Kaiser Maximilian I. (1459-1519) eingeführten, zu<br />

Fuß kämpfenden Söldner, die aus den eigenen kaiserlichen Landen geworben wurden und deshalb den Namen<br />

Landsknechte erhielten 661 .<br />

1924 schrieb Albert Sandfuchs sen. das <strong>Fasnet</strong>lied Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht und erschuf damit die Figur des<br />

Grafen Konrad von Wolva 662 , der 1927 beim Festspiel Völkertagung am Hofe Graf Konrads des Durstigen von<br />

Josef Krausbeck seinen ersten großen Auftritt hatte, begleitet von seinem Gefolge in Landsknechtsuniformen 663 .<br />

Wie auf einer Fotografie des Festzugs zu sehen ist, gab es damals einen berittenen Landsknecht, der ein aus Holz<br />

und Stoff gebautes Pferd mit sich trug 664 . Ihren zweiten Auftritt hatten Graf Konrad und seine Burgbesatzung am<br />

Schellementig 1928 beim Festspiel <strong>Die</strong> Belagerung der Burg Wolfach durch Raubritter Stephan von Bulach und<br />

Hasensprung 665 .<br />

Glasmaler Georg Straub schuf zu jener Zeit eine Zeichnung des durstigen Grafen Konrad, die auch als Vorbild<br />

für eine Narrenfahne diente 666 .<br />

Bei der Ausgestaltung des <strong>Fasnet</strong>usrufe spielten die Landsknechte eine große Rolle. <strong>Die</strong>ser Brauch wird<br />

erstmals 1891 schriftlich erwähnt 667 , dürfte aber wesentlich älter sein, denn vor dem Erscheinen der ersten<br />

<strong>Wolfacher</strong> Zeitung 1865 war das Verkündigen von Nachrichten mit Trommelschlag noch eine allgemein übliche<br />

Form der Bekanntmachung, wie jene Aktennotiz von 1816 zeigt, nach der der Polizeidiener auf Befehl des<br />

Bürgermeisters ausschellen und verkündigen musste, dass die Narrenzunft niemand solle etwas leids tun 668 .<br />

Vielleicht entstand das <strong>Fasnet</strong>usrufe bereits damals als närrische Reaktion auf diese Verkündigung.<br />

Bis zum 1. Weltkrieg riefen jeweils am <strong>Fasnet</strong>sunntig einige Obernarren zu Fuß und zu Pferd die <strong>Fasnet</strong> aus.<br />

1925 zog bereits am Schmutzige Dunnschtig Prinz Karneval mit seinem Gefolge in prächtigen Kostümen und<br />

auf geschmückten Wagen, begleitet von der Narrenkapelle, in die Stadt und ließ durch einen Herold die Ankunft<br />

der <strong>Fasnet</strong> verkünden. In den 1930er-Jahren ritten am Schmutzige Dunnschtig um 13:30 Uhr meist mehrere<br />

mittelalterlich gekleidete Herolde hinter einer kleinen Trommlerabteilung in die Stadt, begleitet von einigen<br />

Hanseln und anderem Narrenvolk. Der erste Herold entfaltete an den Verkündstellen, wo früher auch der Nachtwächter<br />

seine Stundenrufe ertönen ließ 669 , ein riesiges Pergament, um die <strong>Fasnet</strong> auszurufen. 1937 verkündete<br />

Narrenvater Erwin Haas als <strong>Wolfacher</strong> Hansel seinem närrischen Gefolge, dass der Narrogeist seine Herrschaft<br />

angetreten habe.<br />

Nach dem 2. Weltkrieg rief von 1949 bis 1951 und 1956 ein Herold in Landsknechtsuniform die <strong>Fasnet</strong> aus,<br />

von 1952 bis 1955 und 1957 ein Narrenpolizist; den Text dazu verfasste 1949 Hans Sartory, der Schützenstüble-<br />

Hans 670 . Den 1954 auf den Mittwoch vor der <strong>Fasnet</strong>, den damals so genannten Mageren Mittwoch, verlegten<br />

Brauch übernahm 1958 die sechs Jahre zuvor von Sartory gegründete Landsknechtsgruppe. Ihre Kostüme<br />

stammten noch aus der Vorkriegszeit und entstanden ursprünglich für <strong>Fasnet</strong>spiele. Sechs neue Uniformen in<br />

den Stadtfarben Gelb und Blau ließ Sartory 1960 von Schneidermeister Franz Hacker schneidern 671 . Zwei Jahre<br />

später ritt Sartory letztmals hoch zu Roß um die Stadt, seit 1963 fährt eine zunächst vom Stadtbulldog, später<br />

von einem eigenen Landsknecht-Traktor gezogene Burg beim <strong>Fasnet</strong>usrufe mit, von der aus das schier siebentägige<br />

Fest verkündet wird. 1982 wurde die Burg durch eine neue ersetzt. Außer beim <strong>Fasnet</strong>usrufe ist sie auch<br />

bei den Narrentreffen vor der <strong>Fasnet</strong> sowie beim Festzug am Schellementig zu sehen.<br />

Nachdem zunächst nur wenige Hansel dem von den Landsknechten mit Fackeln illuminierten Umzug<br />

folgten, entwickelte er sich schließlich zum offiziellen Beginn der Straßenfasnet mit allen Hästrägern. 1969<br />

übernahm Fritz Tappert die Leitung der Landsknechte, die sich nach und nach neue wertvolle Kostüme aus Samt<br />

– gelb-blau, grün-rot und rot-gelb geflammt – nähen ließen. Seither gibt es auch die Trosswiiber, die ein<br />

660<br />

Abbildung in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 30.<br />

661<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch XII, 137f., s. v. Landsknecht.<br />

662<br />

Zum <strong>Wolfacher</strong> Durst siehe Abschnitt 4.1.3 Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht.<br />

663<br />

Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 187f.<br />

664<br />

Eine vergleichbare Narrenfigur ist das Brieler Rössle in Rottweil.<br />

665<br />

<strong>Wolfacher</strong> Fastnachtsspiele einst und heute, 22.<br />

666<br />

Abbildung der Straub’schen Zeichnung auf der Titelseite des <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättles 33 (2003).<br />

667<br />

Zur Geschichte des <strong>Fasnet</strong>usrufe siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 53f.<br />

668<br />

Disch: Chronik Wolfach, 445.<br />

669<br />

<strong>Die</strong> Verkündstellen des <strong>Fasnet</strong>usrufens entsprechen den Stationen des Wohlaufs, siehe Abschnitt 2.2.1 Wohlauf.<br />

670<br />

Sartory war Wirt der Gastwirtschaft „Schützenstüble“ in der Vorstadtstraße 39. – Der Text ist im Anhang zu diesem Abschnitt zu finden.<br />

671 Zu Franz Hacker siehe Anmerkung 445.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 81<br />

passendes Häs mit langem Rock tragen und während der Umzüge Hochprozentiges verteilen. Von 1986 bis 2008<br />

stand Werner Wiegand (1946-2008) an der Spitze der Landsknechte 672 .<br />

Heiner Oberle initiierte 1989 die Gründung einer Landsknechts-Trommlergruppe, die musikalische Ausbildung<br />

übernahm <strong>Die</strong>ter Buss, der auch die Lederriemen und -gürtel für die neuen, von Pia Rosemarie Schnurr<br />

genähten Uniformen herstellte. Alexander Schmidt wirkte ebenfalls beim Aufbau tatkräftig mit. Um nach dem<br />

großen Erfolg der Trommler bei ihrem ersten Auftritt beim Zunftabend 1990 den Spielmannszug zu<br />

komplettieren, begann im Jahr darauf der Aufbau einer Pfeifergruppe, deren Mitglieder überwiegend aus dem<br />

1976 gegründeten Spielmannszug der Bürgerwehr stammen, der an der <strong>Fasnet</strong> nicht auftreten darf. Ihren ersten<br />

offiziellen Auftritt hatte die neue Truppe 1992 beim Zunftabend 673 und bereichert seither durch ihren besonderen<br />

Klang neben dem <strong>Fasnet</strong>ausrufe auch die anderen Straßenumzüge, wobei die Trommler und Pfeifer gelegentlich<br />

auch im Gänsemarsch durch die Stadt defilieren, insbesondere bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig.<br />

Um dem Sinn des <strong>Fasnet</strong>usrufe besser gerecht zu werden, setzte sich Oberle, inzwischen zum Narrenvater<br />

gewählt, für eine neue Reihenfolge des Umzugs ein, die der Große Narrenrat in seiner Herbstsitzung 1992<br />

probeweise für die <strong>Fasnet</strong> 1993 genehmigte. Seither ziehen zunächst die Landsknechte mit ihrer Burg und ihrem<br />

Spielmannszug in die Stadt und erst nach der Ankündigung des bevorstehenden Festes folgen ihnen die Hansel,<br />

Rungunkeln und Narrenkapelle. Obwohl damit die ursprüngliche Reihenfolge des Zuges wieder hergestellt<br />

wurde, wie sie auf Fotografien der 1930er-Jahre dokumentiert ist 674 , kritisierten einige Narren zunächst heftig<br />

diesen angeblichen Bruch alter Traditionen. 1993 zogen aus Protest gegen die Bevorzugung der Landsknechte<br />

drei Stunden nach dem Ausrufen erneut ein Teil der Stadtkapelle, Hansel und Rungunkeln durch die Stadt. Bei<br />

der Herbstsitzung des Großen Narrenrates 1993 verteidigte Oberle das neue Konzept gegen seine Kritiker und<br />

bat um eine bessere Unterstützung der Narren für diese Neuerung; an der <strong>Fasnet</strong> 1994 gab es einen weiteren<br />

Versuch mit der neuen Reihenfolge, um den technischen Ablauf zu verbessern. Schließlich entschied sich der<br />

Große Narrenrat in seiner Herbstsitzung 1994 mit deutlicher Mehrheit endgültig dafür, die neue Regelung beizubehalten.<br />

Als Reminiszenz an Graf Konrad und dessen <strong>Wolfacher</strong> Durscht fertigte Optikermeister Christian Keller zur<br />

<strong>Fasnet</strong> 1999 für seine alljährlich einem bestimmten Thema gewidmeten <strong>Fasnet</strong>ohrringe in begrenzter Stückzahl<br />

einen hölzernen Bierkrug an, geziert mit einem Kupferband und einer kupfernen Wolfsangel.<br />

Der Narrenhock nach dem Umzug, der über viele Jahre hinweg in der Gastwirtschaft „Zum Herrengarten“<br />

war, findet seit der <strong>Fasnet</strong> 2001 in der von der Narrenzunft selbst bewirteten Schlosshalle statt, da der Herrengarten<br />

umgebaut wurde.<br />

Obwohl er der Schirmherr der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> ist, trat Graf Konrad von Wolva früher nur bei einigen Festspielen<br />

als reale Gestalt auf, nicht aber beim <strong>Fasnet</strong>usrufe, denn nicht er selbst, sondern sein Herold verkündet<br />

die <strong>Fasnet</strong>. Erst nach einem etwas missglückten Interview mit den Landsknechten auf ihrer Burg Wolva bei der<br />

Fernsehübertragung des Narrentreffens in Offenburg 1994 kam es zu dem Brauch, dass sich einer der Landsknechte<br />

alljährlich als Graf Konrad verkleidet, um bei den Narrentreffen einen fernsehwirksamen Gesprächspartner<br />

aufbieten zu können. Er zeigt sich seither auch alljährlich als Burgherr mit rotem Mantel, langem Bart<br />

und einem großen Humpen Bier in der Hand beim <strong>Fasnet</strong>usrufe in Wolfach.<br />

Der durstige Graf Konrad, den es historisch gesehen nie gegeben hat, hält die Erinnerung wach an das Adelsgeschlecht<br />

der Herren von Wolva, das erstmals 1084 urkundlich erwähnt wird 675 . 1265 berichtet eine Urkunde<br />

von einem C[onrad] von Wolva, der vielleicht ein Bruder des gegen Ende des 13. Jahrhunderts die Herrschaft<br />

Wolva regierenden Friedrich gewesen sein könnte 676 . Da Friedrich keine männlichen Erben hatte, kam nach<br />

dessen Tod seine Herrschaft durch die Heirat seiner Tochter Udilhilt im Jahre 1278 mit dem Grafen Friedrich<br />

von Fürstenberg an das Haus Fürstenberg 677 . Auf diese geschichtliche Konstellation bezieht sich, mit viel<br />

närrischer Fantasie und Freiheit aus- und umgestaltet, eine ab 1996 mehrfach im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 678<br />

erschienene Comicserie über das Leben am Hofe des bereits durch den <strong>Wolfacher</strong> Durscht vom Herren zum<br />

Grafen beförderten Konrads, der hier nach dem Tod seines Bruders Friedrich als Vormund seiner Nichte<br />

Udilhilt, genannt Udel, die Regierungsgeschäfte übernommen hat. Dass Konrad im Comic ohne eigenen Nachwuchs<br />

blieb, geht auf die 2. Strophe des <strong>Wolfacher</strong> Durschtes zurück, in der es heißt: Das schönste Mädchen ließ<br />

ihn kalt, er liebte keine Frau. <strong>Die</strong> Figur des Karle von Gypichen, im Comic der treue Wappenknecht und Zechkumpan<br />

des Grafen, spielt an auf das <strong>Die</strong>nstmannengeschlecht von Gippichen, das vom 13. bis 15. Jahrhundert<br />

nachweisbar ist und auf dem Gelände des heutigen Abrahamshofes im Ippichen, einem <strong>Seite</strong>ntal der Kinzig<br />

672 Ein Nachruf auf Wiegand erschien im Narrenblättle 39 (2009). Graf Konrad zu Wolva.<br />

673 Bericht im Schwabo vom 20.1.1992.<br />

674 Abbildung in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 53.<br />

675 Zur Geschichte der Herren von Wolva siehe Harter: Adel und Burgen, 54-96.<br />

676 Harter: Adel und Burgen, 59 Fußnote 55, 60 (Stammtafel Nr. 11). – Im Jahre 1329 wird ein Cunradus de Wolva als rector ecclesie<br />

parrochialis de Offenburg erwähnt; es ist jedoch nicht sicher, ob er zum Adelsgeschlecht der Herren von Wolva gehörte und vielleicht<br />

mit dem 1265 erwähnten C. von Wolva identisch ist. Krieger: Topographisches Wörterbuch II, 1496f.<br />

677 Gräfin Udilhilt war über Jahrhunderte hinweg bei den <strong>Wolfacher</strong>n sehr beliebt. Nach ihr ist seit 1995 ein Spazierweg entlang der Wolf<br />

von der Wolfs- bis zur Vermessungsamtbrücke benannt. Sie soll der Sage nach aus Dankbarkeit für einen Bittgang der <strong>Wolfacher</strong><br />

Kinder nach der Kapelle der Burg Wolva das Schulgeld für die Knaben ermäßigt und ihnen zudem das Fischwasserrecht in Wolf und<br />

Kinzig überlassen haben. Disch: Chronik Wolfach, 332; Berichte im Schwabo vom 11./24.8.1995.<br />

678 <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 26 (1996), 27 (1997), 29 (1999), 32 (2002).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 82<br />

zwischen Wolfach und Halbmeil, eine Burg besaß 679 . In Anlehnung an diesen historischen Comic entstand 2003<br />

das <strong>Fasnet</strong>spiel Udilhilt Jungfrau von Wolva 680 .<br />

Der Text des <strong>Fasnet</strong>usrufe<br />

Wir, Graf Konrad zu Wolfach, Schutzherr aller Narren und derer, die ganz verruckt sind, Herr zu<br />

Gassesteg 681 und Galgebühl 682 , Funkegass 683 und Fröschlache 684 , Gebieter des Mannen- und Weibergrabens<br />

685 , von Krutmärkt 686 , Krottegrabe 687 und Kritzgass 688 , von Schützeneck 689 , Schirleberg 690 und<br />

Schinderhütte 691 , erlauchter Regent des Schlosses, tun kund und zu wissen unserem närrischen Volk zu<br />

Wolfach, wie allen Hintersassen 692 , Beamten, Bauern und Pfriemenstümplern 693 , daß wir ein schier siebentägiges<br />

Fest, genannt <strong>Fasnet</strong>, bereiten wollen. Dabei sollen Euch folgende Feierlichkeiten erfreuen: wie am<br />

morgigen Tage, sollt Ihr am Möntig und Zischtig je eine Elfemess haben. Dann seid Ihr geladen am<br />

morgigen Tage wie am Samschtig und Zischtig zu fröhlichem Kaffeetrunk. <strong>Die</strong> Nächte über seid beim Tanze<br />

mit Euren geliebten Weibern. Besonders laden wir Euch zum großen Zunftball am Samschtig ein. Den<br />

Schellenmöntig sollt Ihr mit dem hemdklunkigen 694 Wohlauf beginnen und dabei das Geisteslicht Eures<br />

Narrenhirns als Stallfunzel 695 zeigen. Säubert Eure Nachthemden gebührend, daß Ihr sie auch sehen lassen<br />

könnt! Am Nachmittag findet das Festspiel N.N. statt. Zum Fest ziert und beflaggt die Häuser und Straßen.<br />

Am Zischtig ist für de Narresome 696 en Fescht mit Festzug, Brezel und Würscht, am Nachmittag der Nasenzug<br />

nach altem Brauch. Dann beendigt den Tag auf dem Tanzboden, bis Euch der äschrige Mittwoch in Herz<br />

pfetzt 697 . Am Mittag dieses Tages sollt Ihr Eure leeren Geldbeutel wäschen, klagen und Stockfische fressen in<br />

trauerndem Gedenken an Eure Liederlichkeit. Aber bis dahin: Freut Euch, Ihr Alte und Junge, seid fröhlich<br />

und deckt Eure Streiche auf unverdrossen. Wir grüßen Euch als Eure Guts- und Landesherren mit dem<br />

<strong>Wolfacher</strong> Gruß: Narro!<br />

2.2.3. Kaffeetanten<br />

Am Schmutzige Dunnschtig und <strong>Fasnet</strong>samschtig um 14 Uhr sowie am <strong>Fasnet</strong>zieschtig um 13 Uhr treffen sich<br />

die Kaffeetanten vor je einem Lokal oder Café, um im Gänsemarsch um die Stadt zu ziehen, angeführt von den<br />

Kaffeetrommlern mit ihrem Trommelschlag im Rhythmus des dem jeweiligen Café angepassten Ausrufes Kaffee<br />

im [Name des Cafés]! Ist der Zug wieder beim Café angekommen, bilden die Trommler vor der Eingangstür ein<br />

Spalier für die ins Café einziehenden Kaffeetanten, wobei das Trommeltempo und die Lautstärke immer mehr<br />

gesteigert werden, bis sich der Rhythmus nach und nach in einen einzigen wilden Trommelwirbel verwandelt,<br />

der dann abrupt mit einem kräftigen Schlag auf die Trommeln endet, sobald die letzte Kaffeetante in der Tür<br />

verschwunden ist. Es folgt nun ein närrisches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen. Am Schmutzige<br />

Dunnschtig besuchen die Kaffeetanten und –trommler anschließend den Bürgermeister, der sie im Großen Rat-<br />

679 Zur Geschichte der Gippicher siehe Disch: Chronik Wolfach, 582-585; Fautz: <strong>Die</strong> Ritter und Edelknechte von Gippichen. – Der<br />

Abrahamshof wurde 1964 auf Initiative des Kaplans Karl Balkenhol aus Essen-Kupferdreh zum Jugendheim Thomas Morus ausgebaut.<br />

Stiefenhofer: Mit eisernem Willen Wunder vollbracht.<br />

680 Zu Einzelheiten über dieses Festspiel siehe Abschnitt 1.4.4 Festspiel.<br />

681 Gassesteg ‚Gassensteg’: Fußgängerbrücke über die Kinzig, verbindet Stadt und Vorstadt.<br />

682 Galgebühl ‚Galgenhügel’: der Galgenbühl befindet sich oberhalb des Galgengrüns an der Kinzig zwischen Wolfach und Kirnbach, wo das<br />

Hochgericht, die Hinrichtungsstätte der Landschaft Wolfach, lag. Disch: Chronik Wolfach, 373. – Mhd. bühel ‚Hügel’. Lexer: Mhd.<br />

Handwörterbuch, s. v. bühel.<br />

683 Funkegass: Funkenbadstraße. – Zur Herkunft des Namens siehe Schrempp, O.: Wolfach – Fremdenverkehrsort mit Tradition, 179f.<br />

684 Fröschlache ‚Froschtümpel’: Josefgasse in der Vorstadt.<br />

685 Mannen- und Weibergraben: die ehemaligen Wassergräben der Stadtbefestigung in der Berg- und Grabenstraße. Der Weibergraben soll<br />

leichter zu verteidigen gewesen sein als der Männergraben, weshalb er dem schwächeren Geschlecht überlassen wurde. Disch: Chronik<br />

Wolfach, 189. – <strong>Die</strong> Grabenstraße heißt im Volksmund auch Schnattergass.<br />

686 Krutmärkt ‚Krautmarkt’: Marktplatz vor dem Rathaus.<br />

687 Krottegrabe ‚Krötengraben’: Graben parallel zur Vorstadtstraße auf der Bergseite zwischen Luisen- und Funkenbadstraße. – Eine<br />

Anekdote über den Krottegrabe ist im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 18 (1988) abgedruckt.<br />

688 Kritzgass ‚Kreuzgasse’: Gasse neben der Gastwirtschaft „Zum Kreuz“.<br />

689 Schützeneck: an der Vorstadtstraße Ecke Kirchstraße, wo sich vor 1894 im Haus Krausbeck die Gastwirtschaft „Zum Schützen“ befand.<br />

690 Schirleberg: Bergrücken östlich von Vorlangenbach. – Das Wort Schirle könnte eine Zusammensetzung sein aus mhd. schîr ‚lauter, rein’<br />

und mhd. lôch, lô ‚Gebüsch, Wald, Gehölz’ < ahd. lôh ‚Busch, Niederwald’; der Schirleberg wäre also demnach ein Berg, der nur mit<br />

Wald bewachsen ist. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 129, s. v. lôch, 184, s. v. schîr. – Zur Endung -lô vgl. Derks: Der Name des<br />

Schönbuchs, 50-52.<br />

691 Schinderhütte: das alte Schlachthaus in der Straße Am Mühlengrün. – Mhd. schinder ‚Schlächter, Abdecker’. Lexer: Mhd. Handwörter-<br />

buch, s. v. schinder.<br />

692 Hintersasse: nicht verbürgerter Einwohner. Disch: Chronik Wolfach, 46. – Mhd. hindersæze, -sëzze ‚der hinter jemand, in dessen Schutze<br />

angesessen ist; der bei einem anderen als Mietsmann wohnt’. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. hinder-sæze.<br />

693 Pfriemenstümpler: Kleinbauern, die keinen Wald besitzen, sondern nur Weideflächen mit Ginster, die sie zu Pfriemenstumpen ‚Ginsterbesen’<br />

zusammenbinden. Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 12 Fußnote 1. – Mhd. phrieme ‚Pfriemenkraut,<br />

Ginster’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 160, s. v. phrieme. – In Tennenbronn (bei Schramberg) gibt es seit 1972 die Narrengilde<br />

Pfrieme-Stumpe e.V., <strong>Netz</strong>seite http://www.pfrieme-stumpe.de (13.1.2011).<br />

694 Zum Wort Hemdglunker siehe Anmerkung 557.<br />

695 Stallfunzel ‚Stalllaterne’.<br />

696 Narresome ‚Narrensamen, der närrische Nachwuchs’.<br />

697 Das alem. Wort pfetzen geht zurück auf mhd. phetzen ‚zupfen, zwicken, kitzeln’, aus mittellat. petium ‚Stück, Fetzen’. Lexer: Mhd.<br />

Handwörterbuch, s. v. phetzen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 83<br />

haussaal bewirtet. Einige Unentwegte ziehen danach noch in kleinen Gruppen mit Trommlerbegleitung bis in<br />

den späten Abend hinein weiter durch die Geschäfte und Wirtschaften der Stadt.<br />

Nach mündlicher Überlieferung entstanden die närrischen Kaffees aus den bei den Floßherren der Stadt üblichen<br />

Mittagskaffees mit mehr oder weniger langem Kartengeklopfe 698 . Aktenkundig wird der Brauch im Jahre<br />

1888, als im Inventar der damaligen Narrengesellschaft eine Tafel zum Kaffee auftaucht. 1890 wird ein<br />

närrischer Kaffeeklatsch erwähnt; im Jahr darauf veranstaltet das die <strong>Fasnet</strong> zu jener Zeit organisierende<br />

Närrische Comité erstmals vier Cafés am Donnerstag sowie am Sonntag, Montag und <strong>Die</strong>nstag in den Lokalen<br />

Hirsch, Ochsen, Zähringer Hof und Herrengarten. <strong>Die</strong>se vier Kaffees wurden von nun an alljährlich durchgeführt<br />

und die Zuteilung an die Lokale jeweils in der ersten Narrenversammlung des Jahres geregelt und vom Narrenvolk<br />

abgesegnet. 1895 schildert August Armbruster in seiner handschriftlichen Stadtchronik den Brauch, der sich<br />

seither kaum verändert hat: Da gibt es die Kaffeezusammenkünfte, zu welchen per vorangetragener<br />

Kaffeeklatschstandarde unter Trommelwirbel eingeladen wird 699 . <strong>Die</strong> Kaffeetanten verkleideten sich vermutlich<br />

schon damals mit alten, vornehmen, aber aus der Mode gekommenen Kostümen der Groß- und Urgroßmütter,<br />

wie sie 1937 von Albert Sandfuchs jun. und J. Krausbeck beschrieben wurden 700 :<br />

Hinter den Trommlern zieht ein großer Zug von Kaffeetanten, alt und jung, alle in den unmöglichsten Aufmachungen:<br />

In Bettkitteln und Schlafhauben, mit Kapotthüten 701 und Mantillen 702 , mit Reifröcken, großen<br />

Regenschirmen, alten Handtaschen und Kinderwagen.<br />

Nach dem 2. Weltkrieg entstand neben der Gruppe der schon vor 1939 aktiven alten eine Gruppe der jungen<br />

Kaffeetanten. Mit dem beginnenden Wirtschaftswunder veränderte sich auch die Mode: Während die Kaffeetanten<br />

anfangs überwiegend alte, ehedem von den Vorfahren getragene Originalkostüme trugen, ließen sie sich<br />

nun neue, schmucke, elegante und teure Kleider nähen, die nur noch an historischen Vorbildern orientiert sind.<br />

<strong>Die</strong>ser Trend setzte sich bis heute fort, so dass nun jene, die sich noch mit den alten Originalen verkleiden und<br />

damit der ursprünglichen Tradition folgen, von den neuen eleganten Kaffeetanten als altmodisch angesehen<br />

werden.<br />

1955 führte Walter Schmider zusammen mit seinen beiden Neffen Gerald und Bernd Michael Busch den<br />

Brauch ein, dass die Kaffeetrommler Konditorenkittel und Kochmützen tragen. Zuvor gab es für diese keine<br />

einheitliche Kleiderregel, jeder nahm das, was er gerade zur Verfügung oder schon bei der Elfemess angezogen<br />

hatte.<br />

<strong>Die</strong> Kaffeetanten sind nicht nur bei ihren Umzügen sehr aktiv, sondern übernehmen je nach Bedarf auch<br />

andere Aufgaben. So zogen sie früher oft originell verkleidet in die Narrenversammlungen ein und gestalteten<br />

dort das Programm mit Spielen oder Hutprämierungen. Sie organisierten die Elfemess am Schmutzige<br />

Dunnschtig, bestückten den Bretschelhans, bemalten Festabzeichen, fädelten tausendfach Kordeln ein und<br />

hefteten für das Narrentreffen 1995 zwölf Kilometer Wimpelgirlanden für den Festzugweg zusammen. <strong>Die</strong><br />

jungen Kaffeetanten betreuten nach dem 2. Weltkrieg zeitweise den Kinderball, der damals noch am<br />

<strong>Fasnet</strong>sunntig im Kurgartenhotel stattfand.<br />

Von den vier Kaffees wurde 1961 jener am Schellementig auf den Samstag verlegt, damit sich die aktiven<br />

Narren besser auf den Festzug und das Festspiel vorbereiten können 703 . Den Sonntagskaffee schaffte die Narrenzunft<br />

1975 ab, denn seit den 1960er-Jahren war es zur Tradition geworden, am <strong>Fasnet</strong>sunntig den Nachbarzünften<br />

einen Besuch abzustatten 704 . Seit die Halbmeiler Narrenzunft 2001 ihren Festzug auf den<br />

<strong>Fasnet</strong>samschtig verlegte, fährt ein Teil der Samstagskaffeetanten nach dem Kaffee trinken per Bus nach<br />

Halbmeil, um sich am Umzug zu beiteiligen.<br />

Ein besonderer Reiz der Kaffees ist, dass sich auch immer einige Männer als Kaffeetanten verkleiden, die<br />

von den Frauen großzügig in ihren Reihen toleriert werden. Einmal beteiligten sich sogar mehr Männer als<br />

Frauen: 1990 wütete während der <strong>Fasnet</strong>zeit das Sturmtief Vivian 705 , so dass am <strong>Fasnet</strong>zieschtig die Elfemess<br />

wegen der Gefahr herumfliegender Dachziegel und Gebäudeteile verkürzt werden musste und der Kaffee um 13<br />

Uhr offiziell abgesagt wurde. Dennoch trafen sich vor dem Hotel „Zur Krone“ sechs Kaffeetrommler sowie zwei<br />

männliche Kaffeetanten und eine weibliche, die unter großem Applaus der wenigen Zuschauer um die Stadt<br />

liefen und dem Wetter trotzten. Nach ihrem Kaffeetrunk in der Krone beteiligten sich fast alle noch am ebenfalls<br />

offiziell abgesagten Kinderumzug, der mit etwa 20 Musikern, zehn Hansel und einigen Kindern über die Haupt-,<br />

698<br />

Zur Geschichte des Kaffeetantenbrauchs siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 49f.<br />

699<br />

Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 49.<br />

700<br />

Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 50.<br />

701<br />

Kapotthut ‚unter dem Kinn gebundener, kleiner, hoch auf der Frisur sitzender Damenhut der Biedermeierzeit’ (< frz. capote ‚Kapuzenmantel,<br />

Kapotthut’, < lat. cappa ‚Art Kopfbedeckung, Mantel mit Kapuze’). Wahrig-Burfeind: Wahrig Fremdwörterlexikon, s. v.<br />

Kapotthut.<br />

702<br />

Mantille ‚halblanger Mantelumhang für Frauen’ (< frz. mantille; span. mantilla ‚kleiner Schleiermantel’). Wahrig: Deutsches Wörterbuch,<br />

2432, s. v. Mantille; Meyerscout 2003, s. v. Mantilla.<br />

703<br />

<strong>Die</strong> Verlegung war nicht 1962, wie in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 50, zu lesen ist, siehe Narrenfahrplan in<br />

ANK 12 (1961-02-10).<br />

704<br />

Verzeichnis der Besuche in den Nachbarorten am <strong>Fasnet</strong>sunntig siehe Abschnitt 6.7.<br />

705<br />

Zur Wetterentwicklung an der <strong>Fasnet</strong> 1990 siehe Schmalz: Als der Sturm „Vivian“ die Narren durchwirbelte.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 84<br />

Vorstadt- und Kirchstraße sowie die Wolfsbrücke und den Herlinsbachweg direkt zum Kinderball in der Festhalle<br />

führte.<br />

Durch die vielen Kaffeetrommler, die die immer beliebter gewordenen Kaffeeumzüge inzwischen begleiten,<br />

tauchte das Problem auf, dass nicht immer alle den richtigen Takt beim Trommeln halten. Um dem entgegen zu<br />

wirken, veranstaltete der Förderverein der Freien Narrenzunft im Oktober 2000 den ersten Kaffeetrommlerkurs,<br />

bei dem etwa 20 Trommler die bei jedem Kaffee sich unterscheidenden Trommelrhythmen und zugleich das<br />

Marschieren im Gleichschritt im Gänsemarsch einübten. Alle Teilnehmer erhielten eine Urkunde und damit das<br />

Recht, den Titel Närrisch zertifizierter Kaffeetrommler zu führen 706 .<br />

Jedem Kaffeetantenumzug läuft ein Däfelebue voraus; das ist ein Junge, der eine an einer Stange befestigte<br />

Tafel trägt, auf dem das jeweilige Café genannt ist, das die Kaffeetanten ansteuern. Nachdem im Laufe der Zeit<br />

nur noch das Däfele des Café Armbruster übrig geblieben war, wurden 2002 auf Initiative des vom Kaffeetrommler<br />

Bernhard Stelzer gegründeten Arbeitskreises Wo sin die Däfele durch Bärbel Schmider und die<br />

Kronenwirtin Ursula Tibaldi das alte Armbruster-Däfele renoviert und zwei neue gestaltet, so dass nun wieder<br />

jeder Kaffee stilecht angekündigt werden kann 707 .<br />

J. Krausbeck dichtete 1954 das heitere Kaffeetantenlied nach der Melodie D’ Wäldermaidli henn dicke Köpf,<br />

das aber heutzutage kaum noch gesungen wird 708 . Der Schuhmacher und Poet Karl Blattner (1884-1960)<br />

widmete eines seiner Gedichte den Kaffeetanten 709 .<br />

2.2.4. Nasezügler<br />

Der Nasezug beginnt am <strong>Fasnet</strong>zieschtig um 17 Uhr beim Magnolienbaum vor dem Stadtwall bei der Gastwirtschaft<br />

„Zum Herrengarten“. Je nach Wetter versammeln sich dort bis zu 350 Männer, ausgestattet mit einer möglichst<br />

fantasievoll gestalteten Nase, einem letzen Kittel, einer meist von einem alten Anzug stammenden Jacke,<br />

deren Futter nach außen gewendet ist 710 , einem Krachinstrument und einem Hut, der mit einem<br />

Reifschniiderspän, einem Holzspan, der beim Herstellen hölzerner Fassreifen entsteht 711 , geziert ist. Der Anführer<br />

des Nasezugs trägt eine Kopie des Heckerhutes auf dem Kopf, der 1849 beim Festspiel Don Quijote von<br />

Sancho Pansa (dargestellt von Schüttewirt Josef Krausbeck) getragen wurde 712 , und hält einen Reisigbesen in<br />

Händen, der den bevorstehenden Kehraus symbolisiert und mit dem das Zeichen für den Start des Zuges gegeben<br />

wird. Im Gänsemarsch ziehen nun die Nasezügler gut zwei Stunden lang mit Krach und Radau kreuz und quer<br />

durch die ganze Stadt, durch enge Gassen und Winkel zwischen den Häusern, die sonst das ganze Jahr über nicht<br />

benutzt werden; die durchschnittliche Wegstrecke, deren Verlauf von Jahr zu Jahr etwas variiert, beträgt ungefähr<br />

3,2 km. Beim Betreten der Wirtschaften ruft der Anführer den Gästen zu: Ihr Männer, gen heim zu eure<br />

Wiiber! D’ <strong>Fasnet</strong> hot e Loch! und wischt mit seinem Besen den <strong>Fasnet</strong>staub von den Wänden.<br />

Erstmals 1950 versuchte eine junge Frau, sich in dem nur den Männern vorbehaltenen Nasezug einzuschleichen;<br />

einmal kam sie unerkannt durch, beim zweiten Mal wurde sie aber zusammen mit einer Mitläuferin<br />

entdeckt und mit den Satz M’r kenne dich! Hau ab, sunnsch wursch uuszoge! verscheucht 713 . Nachdem sich in<br />

den Folgejahren immer mehr Frauen in den Nasezug einschlichen, begannen die Männer, die entdeckten Wiiber<br />

zur Abschreckung am Stadtbrunnen ins eiskalte Wasser zu schmeißen. Dadurch gewann der Nasezug rasch an<br />

Popularität unter den nun immer zahlreicher erscheinenden Zuschauern, die sich vor allem um den Stadtbrunnen<br />

drängen, um dieses nasse Spektakel miterleben zu können. Gelingt es einer Frau, am Stadtbrunnen vorbei bis<br />

zum Gang über den Jordan, die Kinzig bei der Stadtbrücke, unentdeckt zu bleiben, wird ihr von der Narrenzunft<br />

ein Essen spendiert.<br />

Hat der Zug die Stadtbrücke überquert, geht für viele Nasezügler der Zug erst richtig los, denn nun stehen nur<br />

noch wenige Zuschauer am Straßenrand und der närrische Lindwurm mäandert fast für sich allein durch die<br />

Gassen der Stadt bei zunehmender Dunkelheit. In einer literarischen Betrachtung versuchte der Zeitungsredakteur<br />

Elmar König diese besondere Atmosphäre einzufangen 714 :<br />

So wie der Wohlaufzug aus der Nacht in den leuchtenden Schellemendig hineinläuft, so marschieren die<br />

Nasenzügler aus den wonnigen Tagen der <strong>Fasnet</strong> in die tiefe Nacht der Fastenzeit.<br />

Nach gut zwei Stunden endet der Zug in einem spiralförmigen, immer enger werdenden Gang der Teilnehmer<br />

um die alte Linde im Schlosshof, der Krach dröhnt tausendfach von den alten Gemäuern wider, bis alle zum<br />

Stillstand kommen, der Anführer auf die Holzbank an der Linde steigt, den Lärm durch ein Zeichen seines<br />

706<br />

Berichte im Schwabo vom 10./23.10.2000.<br />

707<br />

Bericht im Schwabo vom 31.1.2002.<br />

708<br />

Der Text des Liedes findet sich im Abschnitt 4.2.8 Das Kaffeetantenlied.<br />

709<br />

Das Gedicht findet sich im Abschnitt 4.4.5 D’Kaffeedande komme! – Es ist auch abgedruckt im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 32 (2002).<br />

710<br />

Das alem. Wort letz ‚auf links, verkehrt herum’ geht zurück auf mhd. letze, lez < ahd. lezzi ‚verkehrt, unrichtig, unrecht, schlecht’. Köbler:<br />

Ahd. Wörterbuch, s. v. lezzi*. – Als Kittel wird im Alem. fast jede Mantel- oder Jackenart bezeichnet.<br />

711<br />

In Wolfach befand sich in der Nähe des Gassensteges eine Reifschneiderwerkstatt; der Platz davor, auf dem heute der Narrenbrunnen<br />

steht, heißt im Volksmund Reifschniiderplatz.<br />

712<br />

Der originale Hut von Sancho Pansa befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/283.<br />

713<br />

Obwohl in vielen Orten Bräuche existieren, die allein den Männern vorbehalten sind, gibt es in den mittelalterlichen Quellen zum <strong>Fasnet</strong>brauchtum<br />

keinen Hinweis darauf, dass dies ein Erbe alter Männerbünde sei. Moser: Städtische Fasnacht des Mittelalters, 147.<br />

714<br />

König: Eine Gehmeditation auf dem Weg zur Erleuchtung?


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 85<br />

Besens zum Verstummen bringt und eine Herz zerreißende Abschiedsrede auf die <strong>Fasnet</strong> hält, die von den Nasezüglern<br />

mit Jammern begleitet wird; doch ihr lautstarkes Jubeln ertönt bei den Worten, dass es ab Mitternacht<br />

scho wieder degege goht ‚der neuen <strong>Fasnet</strong> entgegen geht’ 715 . Schließlich rufen alle unter Aufbietung ihrer<br />

letzten Kräfte so laut wie möglich die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>sprüche auf 716 .<br />

Vermutlich entstand dieser Brauch, wie so vieles an der <strong>Fasnet</strong>, aus einer spontanen Idee heraus beim Kehraus<br />

in einer Wirtschaft und entwickelte sich allmählich zu seiner heutigen Form. <strong>Die</strong> erste schriftliche Erwähnung<br />

des Nasezugs findet sich 1886 717 . Um 1900 geriet er wegen störender Begleitumstände beim Marsch<br />

durch die Wirtschaften in Verruf und verschwand wieder aus dem <strong>Fasnet</strong>geschehen. In den Jahren 1926 und<br />

1928 wird er erstmals wieder abgehalten, spontan und ohne Ankündigung im Narrenfahrplan. Der Kinzigtäler<br />

berichtete 1931 seinen Lesern 718 :<br />

Der <strong>Die</strong>nstag brachte nach langer Zeit zum erstenmal wieder einen Nasenzug in den Nachmittagsstunden.<br />

Bei großer Beteiligung nahm er seinen Weg um die Stadt und landete nach verschiedensten schlangenartigen<br />

Windungen im Gasthaus zum Hecht. Dort wurde dem alten Narrenvater, Blechnermeister Friedrich Schmidt,<br />

vor dem schnell hinzugekommenen Publikum die Urkunde als ‚Ehrennarrenvater’ der Freien Narrenvereinigung<br />

Wolfach feierlich übergeben.<br />

Seither gehört der Nasezug wieder zum offiziellen <strong>Fasnet</strong>programm. 1937 und 1938 fand nach dem Ende im<br />

Schlosshof neben dem Rießner, dem ehemals offenen Wasserkanal von der Stadtbrücke durch die Hauptstraße<br />

zum Herrengarten 719 , ein <strong>Fasnet</strong>verbrennen statt 720 .<br />

Am <strong>Fasnet</strong>zieschtig 1985 zogen erst- und letztmals etwa ein Dutzend Frauen in einem eigenen Nasezug<br />

durch die Stadt 721 ; im Dunkel der Saugass 722 begegneten sich die beiden Züge und liefen ohne besondere Vorkommnisse<br />

aneinander vorbei. Bereits im Jahr zuvor hatten sich einige Frauen bei einer Elfemess lautstark für<br />

die Gleichberechtigung bei diesem Brauch eingesetzt.<br />

Als 1991 wegen des Golfkrieges gegen den Irak die <strong>Fasnet</strong> von der Narrenzunft unter dem Druck der Medien<br />

offiziell abgesagt werden musste, gab es am <strong>Fasnet</strong>zieschtig trotzdem einen spontanen Nasezug mit etwa 40<br />

überwiegend jungen Teilnehmern, die gut eine Stunde lang durch die Stadt liefen, allerdings ohne durch die<br />

Wirtschaften zu ziehen; der Zug endete wie üblich im Schlosshof mit dem Ausrufen der <strong>Fasnet</strong>sprüche.<br />

Anführer des Nasezugs war in den 1930er-Jahren Blechnermeister Rudolf Schmidt. J. Krausbeck, der dieses<br />

Amt von 1949 bis 1959 sowie 1961 übernahm, führte den abschließenden Gang um die Schlosshoflinde ein.<br />

Außerdem spendierte er den Teilnehmern einen Heidelbeerkuchen, der ohne die Hilfe der Hände vertilgt werden<br />

musste; allerdings hielt sich dieser Brauch nicht lange. Zunächst 1960 als Krankheitsvertretung für Krausbeck,<br />

dann von 1962 bis 1990 sowie von 1992 bis 2000 lief Walter Schmider den Nasezüglern voraus 723 . Als Gegenstück<br />

zum von ihm seit 1973 gesungenen Wohlauf erweiterte er Ende der 1980er-Jahre die Abschlussrede auf<br />

die <strong>Fasnet</strong> durch einen nach Melodie und Text des Wohlaufliedes gestalteten Wechselgesang, der zeilenweise<br />

von ihm vorgesungen und von den Nasezüglern im Chor wiederholt wurde 724 :<br />

Jerum! O Jerum!<br />

Ihr Nasenzügler hört und wißt:<br />

De Nasezug vorbei jetzt ist!<br />

<strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>, die war wunderschee,<br />

jetz isch se hii, ojemineh!<br />

Des isch halt so,<br />

Narro! Narro!<br />

Wünsch alle Narro e guetes Johr!<br />

Nachdem Schmider 1998 nach 25 Jahren letztmals den Wohlauf gesungen hatte, verzichtete er ab 1999 auch auf<br />

das Nasezüglerlied. Beim Zunftabend 2001 zog er an der Spitze eines kleinen Nasezugs auf die Festhallenbühne<br />

und übergab dort seinen Hut und den Kehrausbesen an seinen im Oktober 2000 vom Großen Narrenrat gewählten<br />

Nachfolger Wilfried Schuler, der bereits über viele Jahre hinweg an zweiter Stelle hinter Schmider gelaufen<br />

war und diesen bei seiner Aufgabe unterstützt hatte 725 .<br />

715 <strong>Die</strong> Rede hat keinen genau festgelegten Wortlaut, sondern wird vom Nasezuganführer improvisiert.<br />

716 Zu den <strong>Fasnet</strong>sprüchen siehe Abschnitt 4.3 <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>sprüche.<br />

717 Zur Geschichte des Nasezugs siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 51f.<br />

718 Zitiert nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 51.<br />

719 Zur Geschichte des Rießners siehe Disch: Chronik Wolfach, 189; Schrempp, O.: Beständig war nur die Veränderung, 23-25. – Das Wort<br />

Rießner geht zurück auf mhd. rise ‚Wasser-, Stein- oder Holzrinne an einem Berge’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 169, s. v. rise.<br />

720 Zum <strong>Fasnet</strong>verbrennen siehe Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 634f.<br />

721 Bericht im Schwabo vom 20.2.1985.<br />

722 <strong>Die</strong> Saugass verläuft parallel zur Graben- und Schlossstraße von der Kirchstraße zum Schloss.<br />

723 Berichte über Schmider als Nasezuganführer im Schwabo vom 1. und 4.3.2000. – Am spontanen Nasezug bei der ausgefallenen <strong>Fasnet</strong><br />

1991 nahm er nicht teil.<br />

724 <strong>Die</strong> erste und die letzte Zeile des Liedes sind in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 52, falsch abgedruckt.<br />

725 Berichte im Schwabo vom 19.10.2000 und 15.2.2001.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 86<br />

Den Nasezug benutzte der SWR als Handlungsgerüst für eine Folge der Fernsehserie <strong>Die</strong> Fallers, die an der<br />

<strong>Fasnet</strong> 2003 produziert und im Jahr darauf am <strong>Fasnet</strong>sunntig ausgestrahlt wurde 726 . Einer der Hauptdarsteller,<br />

Karl Faller, gespielt von Peter Schell, nimmt darin mit seinem Neffen Albert und dessen Freund am Nasezug<br />

teil. <strong>Die</strong> Schwester des Freundes macht ebenfalls mit, ohne dass es die anderen wissen und schafft es zum Erstaunen<br />

aller, unerkannt durchzukommen. <strong>Die</strong> Außenaufnahmen entstanden während des Zuges am<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig 2003, die Szenen in der Serien-Gastwirtschaft „Zum Löwen“ wurden bereits einige Wochen vor<br />

der <strong>Fasnet</strong> in einem Fernsehstudio in Baden-Baden unter Beteiligung der <strong>Wolfacher</strong> Nasezügler und einiger<br />

Hansel, die als Zuschauer im Wirtshaus saßen, aufgenommen. Im Vorfeld der Dreharbeiten hatte es unter den<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narren lebhafte Diskussionen darüber gegeben, ob es denn mit der Tradition des Brauches vereinbar<br />

sei, wenn für das Fernsehen eine Frau beim Stadtbrunnen absichtlich durchgelassen werde. Da der SWR den<br />

Nasezüglern nicht ganz über den Weg traute, wurde schließlich die junge Schauspielerin von einem Jungen gedoubelt,<br />

damit sie nicht aus Versehen doch im Stadtbrunnen landet. Ein närrisches Drehbuch für die Fallerfolge,<br />

das dieses Geschehen glossiert, erschien 2003 im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle.<br />

<strong>Die</strong> Wurzeln dieses so seltsam anmutenden Umzuges reichen ideengeschichtlich bis in die Antike zurück.<br />

Schon bei dem römischen Dichter Ovid (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) steht der Vers: Noscitur e naso quanta sit hasta<br />

viri ‚Aus der Nase kann man sehn, wie des Mannes Kräfte stehn‘ 727 . In der Physiognomie gilt eine große Nase<br />

als Zeichen von Kraft, Männlichkeit und Energie 728 . Im 16. Jahrhundert gab es die Sitte des Nasentanzes, der zu<br />

den Werbetänzen gerechnet wird, bei denen der Besitzer der größten Nase als Nasenkönig oder Nasenmonarch<br />

mit Preisen prämiert wurde 729 .<br />

Der Kupferstecher, Zeichner, Maler und Holzschneider Hans Sebald Beham (1500-1540) fertigte 1534 den<br />

von Nicolas Meldemann gedruckten Holzschnitt „Der Nasentantz zu Gümpelsbrunn bis Sonntag“ 730 . Darauf zu<br />

sehen ist ein Reigen von sieben Männern und einer Frau mit großen Nasen, die, von Musikanten begleitet, im<br />

Gänsemarsch um eine Stange herumtanzen, an der eine Unterhose, ein Kranz und ein Nasenfutteral als Preise<br />

hängen 731 . Unter dem Bild ist der Schwank „Wer lust zu gwinnen hat ein krantz, / Füg sich zu diesem nasendantz“<br />

des Nürnberger Dichters Hans Sachs (1494-1576) abgedruckt 732 , der diesen Brauch ausführlich schildert.<br />

Der Tanz mündet zunächst in eine Schlägerei, sodass der Dorfrichter diese Kirchweihlust beendet und auf den<br />

nächsten Sonntag Bürger und Bauern zum Nasentanz einlädt; da werde man die Wohlbenaseten mit Zirkel,<br />

Daßhart 733 und Dreiangel ‚Dreieck‘ messen und die Preise austeilen. Der Dichter kehrt heim und berichtet diese<br />

Ankündigung seinen Mitbürgern.<br />

Sachs schrieb 1550 über das Thema ein „Fasnacht spil, das ist mit 9 Personen zu spiln und haiset der Nasentanz“<br />

734 , in dem der Schultheiß einen Wettbewerb auslobt und den Männern mit den drei größten Nasen einen<br />

Gewinn verspricht. Nun treten nacheinander mehrere Männer hervor und preisen ihre jeweiligen Riechorgane. In<br />

Wolfgang Schmeltzls 1544 gedrucktem Liederbuch „Guter, seltzsamer und kunstreicher teutscher Gesang“<br />

findet sich das vierstimmige Stück „Von Nasen“ von Johann Puxstaller (Burckstaller) nach einem Gedicht von<br />

Hans Sachs 735 . Orlando di Lasso (1532-1594), der zu den bedeutendsten Komponisten des 16. Jahrhunderts zählt<br />

und mit Graf Heinrich VIII. von Fürstenberg (1536-1596) in brieflichem Kontakt stand 736 , veröffentlichte 1576<br />

in seinem dritten Theil schöner newer teutscher Lieder eine fünfstimmige Fassung über denselben Text 737 .<br />

Hans Sachs: Hört zu ein news gedicht<br />

726 <strong>Die</strong> Fallers. Narri Narro VIII.<br />

727 Bilderlexikon der Erotik, 13.441.<br />

728 Zur vielfältigen Bedeutung der Nase siehe: Bilderlexikon der Erotik, 13.441-13.445; Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,<br />

17.945-17.949.<br />

729 Bilderlexikon der Erotik, 13.442; Wendeler / Bolte: Bildergedichte des 17. Jahrhunderts, 30-35.<br />

730 25.000 Meisterwerke, 1.675. – Der Holzschnitt und seine Hintergründe werden ausführlich erläutert in Stewart: Large Noses and<br />

Changing Meanings. – <strong>Die</strong> Ortsbezeichnung „Gümpelsbrunn“ basiert auf der Übertragung des Vogelnamens Gimpel (< mhd. gumpen<br />

‚hüpfen, springen‘) auf einen törichten Menschen, denn ein Gimpel lässt sich durch Nachahmen seines Rufes leicht einfangen. Der Begriff<br />

„Gimpel“ wird auch in der Bedeutung ‚rote bzw. große Nase‘ und als ein Synonym für Penis verwendet. Grimm: Deutsches<br />

Wörterbuch VII, 7513-7515, s. v. Gimpel 2), 3); Stewart: Large Noses and Changing Meanings, 346.<br />

731 <strong>Die</strong> originale Druckvorlage wurde später mehrfach überarbeitet und auf eine ovale Form beschnitten; einige anzügliche Bilddetails und<br />

der Text von Hans Sachs wurden weggelassen. Stewart: Large Noses and Changing Meanings, 350, 352-354, 360.<br />

732 Hans Sachs, Bd. V, 276-278.<br />

733 Daßhart = Tasthart = Taster-Zirkel ‚ein Zirkel mit eingebogenen Füßen, den Diameter einer Kugel zu vermessen; Zirkel zum Vermessen<br />

von Gegenständen‘. Schmeller / Frommann: Bayerisches Wörterbuch, Bd. I, 546; Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch IV,<br />

537, s. v. Taster; Tauber: Der Wortschatz des Hans Sachs I, 85.<br />

734 Hans Sachs, Bd. XIV, 60-71.<br />

735 Puxstaller (Burckstaller), Johann: Von Nasen. – <strong>Die</strong> einstimmige Liedmelodie ist abgedruckt in: Erk / Böhme: Deutscher Liederhort II,<br />

719.<br />

736 Brockhaus Riemann Musiklexikon III, 14f.; Schuler, M.: <strong>Die</strong> Fürstenberger und die Musik, 150. – Abbildung eines Briefes von Lasso an<br />

Graf Heinrich in: <strong>Die</strong> Fürstenberger, 458.<br />

737 Lasso: Hort zu ein neus gedicht.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 87<br />

I<br />

Hört zu ein news gedicht<br />

Von nasen zugericht,<br />

Der sein sehr vil und gnueg;<br />

Ein jeder wil mit fueg<br />

Damit sein in dem gsellen spil,<br />

Ein schöne nasen haben wil;<br />

Dem sol man sie lassen zu ruh,<br />

Es seind noch ander nasen gnueg.<br />

Krade, krumpe, bucklete, einbogne,<br />

Muttete, dicke, rautte, gspitzte,<br />

Maset, schrammet, gflickte,<br />

<strong>Die</strong>cket und knollet,<br />

Vierecket und drollet<br />

Gschneizte, rotzig,<br />

Butzig, gstumpffet,<br />

Kumpffet, ruessig,<br />

Driessend, blietend,<br />

Schnofend, schnaufend,<br />

Schnarchent, schnopfent,<br />

Frostblabe, binrothe,<br />

Knobret, zucket, frade,<br />

Zschlagne, zkratzte,<br />

Zbißne, zschnidne,<br />

Zhackte, zwißne,<br />

Blocket, hacket,<br />

Zimket, muncket,<br />

Blunschet, stincket,<br />

Gleissent, wimbret, höckert,<br />

Vol engering, knögret,<br />

Ebne, schele, flache,<br />

Ein Krust blane,<br />

Weiche Nasen, wie die Affen Nasen,<br />

Drat mit Klaffen,<br />

Und ander noch vil mehr,<br />

<strong>Die</strong> wir nit zelen her,<br />

Wir haben der genueg.<br />

Nun höret weitter zu!<br />

II<br />

So findt man gülden,<br />

Silberen, messing,<br />

Zinnen, kupfferen,<br />

Stählin, eysen,<br />

Stainen, bainen, hiernen,<br />

Hülzen, wachsen,<br />

Schnitzte, goßne,<br />

Gfrorne, gmalte Nasen,<br />

Lange, kurtze, grosse, kleine,<br />

Weite, enge, hohe, nidere Nasen,<br />

Flaischnasen, Vischnasen,<br />

Alt fränkisch Nasen,<br />

Riesennasen,<br />

Gantznasen,<br />

Schön Nasen,<br />

Sauber Nasen,<br />

Wol gformt Nasen,<br />

Gar allerley Nasen,<br />

Mit Knoden und Fasen.<br />

III


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 88<br />

Wer gewinnen wil den Krantz<br />

Kunig werden am Nasen Tantz<br />

Der kumb biß Sontag frue<br />

Gen Gimpelsbrun darzue.<br />

Auf einem um 1540 entstandenen Holzschnitt von Anthony Formschneyder (Corthoys) ist der Nasentanz<br />

zwischen einem Narren mit Eselsohrenkappe und seiner Base dargestellt 738 . Den Sieger eines Nasentanzes zeigt<br />

ein vermutlich in Nürnberg entstandenes Flugblatt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts 739 : Der „Nasenmonarch“<br />

preist selbst seine große Nase und ihre mannigfaltige Verwendbarkeit an.<br />

Der Nasenzug gehört wie der Wohlauf zu den an <strong>Fasnet</strong> weit verbreiteten Radauumzügen. Kaum eine<br />

Narrenzunft verzichtet heutzutage auf diese urtümlich wirkende Brauchform des Lärmens, wobei es vielfältige<br />

Varianten in der Ausgestaltung gibt; genannt seien hier nur das Geltentrommeln in Waldshut, die Tschättermusik<br />

in Laufenburg sowie die zahllosen Hemdglunkerumzüge, Katzenmusiken und Klepperlesgarden. <strong>Die</strong> oft in der<br />

ortsgeschichtlichen Literatur geäußerte Annahme, dass diese Radauumzüge germanischen Ursprungs seien und<br />

mit dem Lärm der Winter ausgetrieben werden solle, geht auf die von germanisch-heidnischer Mythologie geprägte<br />

Volkskunde des 19. Jahrhunderts zurück, die jedoch wissenschaftlich nicht haltbar ist 740 . Nicht nur an<br />

<strong>Fasnet</strong>, auch an kirchlichen Feiertagen gibt es vergleichbare Brauchphänomene, beispielsweise im spanischen<br />

Calanda (Provinz Teruel, bei Saragossa). Dort versammeln sich die Einwohner am Karfreitag und Karsamstag<br />

mit kleinen und großen Trommeln und Pauken auf dem Marktplatz und ziehen in langen Prozessionen durch die<br />

Stadt, um mit den lautstarken Trommelrhythmen an die Finsternis und das Erdbeben nach dem Tode Jesu zu<br />

gedenken. Der in Calanda geborene Filmregisseur Luis Buñuel bediente sich dieser unergründlichen und<br />

unvergeßlichen Trommelschläge in mehreren seiner Filme, besonders in L’age d’or und Nazarín 741 .<br />

2.2.5. Geldbeutelwäscher<br />

<strong>Die</strong> Geldbeutelwäsche findet am Aschermittwoch um 13 Uhr statt 742 . Zunächst gehen die 20 Wäscher durch das<br />

Wäschergässle am Rathaus und die Hauptstraße zur Klagemauer vor dem Finanzamt im östlichen Schlossflügel<br />

und beweinen dort in stiller Trauer ihre leeren Geldbeutel; ihr Weg führt sie danach an den Stadtbrunnen, wo sie<br />

ihre Geldbeutel waschen und bürsten, zum Trocknen auf eine Leine hängen und unter Tränen und lautem Wehgeschrei<br />

ihr ganzes Leid über das in der <strong>Fasnet</strong>zeit verprasste Geld beklagen. Nun geht es in das Hotel „Krone“,<br />

wo einer der Wäscher unter dem Geheul seiner Mitbrüder eine Trauerrede hält, bevor sie mit Löffeln aus einem<br />

Topf Stockfisch essen. Der Brauch endet mit einem Empfang im Rathaus, bei dem der Bürgermeister nach<br />

einem wortreichen närrischen Hin und Her mit den Wäschern wieder in sein Amt eingesetzt wird.<br />

Zur Aufnahme in die Wäschergilde, deren Mitgliederzahl beschränkt ist, müssen die neuen Wäscher seit<br />

1956 beim Zylinderschwur den Wäschereid ablegen und werden dabei von zwei Paten aus den Reihen der alten<br />

Wäscher unterstützt. Wer sich besonders um die Pflege althergebrachter Narrenbräuche und speziell der Geldbeutelwäsche<br />

verdient gemacht hat, erhält aus der Hand des Bürgermeisters das zur <strong>Fasnet</strong> 1954 von Arthur<br />

Martin gestiftete Großkreuz der Armut am schwarzen Bande. Der erste Träger war Kurt Trautwein. Jene<br />

Wäscher, die bereits seit sieben bzw. 14 Jahren an der Wäsche teilnehmen, werden seit 1957 mit dem silbernen<br />

bzw. goldenen Orden der heulenden Eulen geehrt. Bei der Geldbeutelwäsche 1999 erhielt Oberwäscher Günter<br />

Endres für seine besonderen Verdienste um die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> eine Marionette überreicht, die ihn selbst als<br />

Geldbeutelwäscher darstellt.<br />

Bereits um 1865 lässt sich die Geldbeutelwäsche als Abschluss der <strong>Fasnet</strong> in Wolfach nachweisen. In seiner<br />

Erzählung Theodor der Seifensieder schreibt Heinrich Hansjakob, dass damals nach dem Begraben der <strong>Fasnet</strong><br />

am Stadtbrunnen die leeren ledernen Geldbeutel gewaschen wurden 743 . Es ist allerdings nicht bekannt, welche<br />

Verkleidung die Geldbeutelwäscher damals trugen. Aus einer Zeitungsnotiz geht hervor, dass nach dem Krieg<br />

1870/71 die Narren ihre Geldbeutel vorübergehend nicht mehr im Stadtbrunnen, sondern im Gewerbekanal bei<br />

der Stadtbrücke wuschen.<br />

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts geriet der Brauch in Vergessenheit, bis er 1924 bei der ersten offiziell genehmigten<br />

Nachkriegsfasnet von Neuem entstand. Nach den langen Jahren ohne <strong>Fasnet</strong> feierten besonders die<br />

jungen Narren wieder kräftig mit und verbrannten am <strong>Die</strong>nstagabend um Mitternacht nach dem letzten<br />

närrischen Beisammensein die <strong>Fasnet</strong>. Am Aschermittwoch in der Mittagspause trafen sich vier von ihnen –<br />

Ludwig „Käpsele“ Vivell (Eisenhandlung), Ben „Bennemi“ Endres (Gastwirt „Zum Grünen Baum“), Hans<br />

Ulmrich (Kaufmännischer Angestellter bei der Firma A. J. Trautwein) und Albert Sandfuchs<br />

738<br />

25.000 Meisterwerke, 7.408; Stewart: Large Noses and Changing Meanings, 348, 351 (Abbildung 174).<br />

739<br />

Wendeler / Bolte: Bildergedichte des 17. Jahrhunderts, 32-35.<br />

740<br />

Bausinger: Nachwort, 539-541.<br />

741<br />

Buñuel: Mein letzter Seufzer, 14-16; Wingen: <strong>Die</strong> Trommeln von Calanda.<br />

742<br />

Zum geschichtlichen Hintergrund des Aschermittwochs und zur Verbreitung der Geldbeutelwäsche im <strong>Fasnet</strong>brauchtum siehe Schrader:<br />

Aschermittwochsbrauchtum, 627f., 637-642. – Siehe auch den Bericht über die Jubiläumsgeldbeutelwäsche 1999 im Schwabo vom<br />

18.2.1999.<br />

743<br />

Hansjakob: Theodor der Seifensieder, 193f. – Zum <strong>Fasnet</strong>begraben siehe Abschnitt 1.4.5.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 89<br />

jun. (Buchdruckerei) –, um ihren Kater mit einem sauren Hering zu vertreiben 744 . Sie gingen zum Gemischtwarengeschäft<br />

Alfred Albanus in der Hauptstraße 53 und kauften für jeden einen Hering mit einer Scheibe<br />

Schwarzbrot. Da in dem kleinen Ladengeschäft kein Platz zum Sitzen war, stellten sie einen Tisch und vier<br />

Stühle auf den Bürgersteig und verspeisten dort ihre Fische. Nachdem sie mit ihrem letzten Geld die Rechnung<br />

für das Mahl bezahlt hatten, machte der Jüngste der Vier, Hans Ulmrich, den Vorschlag, die leeren Geldbeutel<br />

am Stadtbrunnen zu waschen. 1925 beteiligten sich sieben Narren an der Geldbeutelwäsche; wegen der guten<br />

Resonanz unter den Zuschauern beschlossen sie, diesen Brauch von nun an alljährlich zu pflegen und sich dabei<br />

einheitlich in Trauerkleidung mit schwarzem Frack, schwarzer Hose und einem Zylinder mit Trauerflor zu<br />

zeigen. <strong>Die</strong> Wäscher führten 1926 den Gang zur Klagemauer ein und schlossen den Brauch in der Krone ab,<br />

wozu der Kronenwirt Hans Allgeier, der auch teilnahm, seinen Gildebrüdern eine Portion Stockfische stiftete.<br />

1930 fand eine konstituierende Versammlung der Wäschergilde statt, in der die genaue Abwicklung des<br />

Brauches festgelegt wurde, die sich bis heute kaum verändert hat. Vor dem Stockfischessen hält seither einer der<br />

Wäscher eine Trauerrede über die verflossene <strong>Fasnet</strong> und die Schlechtigkeit der Narren und der Welt. Im Nachlass<br />

von Georg Straub fand sich der Entwurf zu einer Trauerrede aus den 1950er-Jahren 745 :<br />

Wenn ich heute der Darwinischen Therorie [!] eine Konsesion machen muß, dann ist die tiefere Ursache die,<br />

daß wenn ich Euere Fratzen ansehe glauben muß, daß Ihr das bis gestern noch nicht gefundene Glied des<br />

Übergangs vom Affen zum Menschen darstellt. Aber Euere Schießbudengesichter stammen nicht nur von<br />

einem Affen ab, sondern von den vielen Affen, die Ihr über die schamlose <strong>Fasnet</strong>zeit in Hochkultur gezüchtet<br />

habt. Wollt Ihr endlich in Euch gehen, ehe die drohende Wissenschaft den Mond herabschießt und Ihr keine<br />

Zeit mehr habt, Euch zu bessern, bevor Ihr unter der Lava der Mondvulkane begraben seid?<br />

Homo nonsapientes, zu deutsch Affengezüchte, denke an Pompei, Herculanum und Sodoma!<br />

Nicht einmal zur Salzsäule werdet Ihr verwandelt, sondern nur zu stinkendem Dreck, und selbst Euere Seelen<br />

werden so radioaktiv verseucht sein, daß Euch der Teufel nicht einmal in die Gemeinschaft der armen Teufel<br />

aufnimmt.<br />

An der ersten Nachkriegsgeldbeutelwäsche 1948 beteiligten sich acht Wäscher 746 . 1953 erweiterten sie ihren<br />

Brauch nach dem Stockfischessen durch den Gang auf das Rathaus, um den von den Narren entthronten<br />

Bürgermeister wieder in sein Amt einzuführen. Bis 1958 gingen die Wäscher vor dem Stockfischessen zum<br />

damaligen Narrenvater Erwin Haas, um ihm das Beileid über die dahingeschiedene <strong>Fasnet</strong> auszudrücken.<br />

Zu ihrem 40. Jubiläum 1964 zogen die Wäscher schon am Schmutzige Dunnschtig, allerdings mit lachenden<br />

Gesichtern, zum Stadtbrunnen, begleitet von der Narrenkapelle und zwei Ehrenjungfrauen in Gestalt von<br />

Rungunkeln, während die Salutkanone pausenlos böllerte. Dabei wurde feierlich das Wäschergässle neben dem<br />

Rathaus eingeweiht, das zuvor Schulstraße hieß. 10 Jahre später fand zum 50. Jubiläum nach der Wäsche ein<br />

kleiner Festakt statt. Der Südwestfunk Baden-Baden brachte abends in der Landesschau im Fernsehen einen<br />

kurzen Bericht über den Brauch.<br />

<strong>Die</strong> Geldbeutelwäscher treffen sich jeweils im Herbst zum Schinkenessen, das zugleich als Jahreshauptversammlung<br />

gilt, in der sie ihre Aktivitäten für das kommende Jahr besprechen. Außerdem unternehmen sie alljährlich<br />

einen feucht-fröhlichen Wäscherausflug.<br />

Mit dem Erlös von 7650 DM (3912 €) des für diesen Zweck am 6. und 7. August 1983 von der Wäschergilde<br />

veranstalteten Stadtbrunnenfestes konnte die nach dem Fest beginnende und bis Oktober dauernde Renovierung<br />

der St.-Nepomuk-Figur auf dem Stadtbrunnen komplett finanziert werden 747 . Beim Fest wurden auch lederne<br />

Geldbeutel verkauft, die von der Lebenshilfe Haslach, einer Behindertenwerkstätte, gefertigt wurden.<br />

Im Rahmen der Sanierung der Hauptstraße entstand 1996 für den Stadtbrunnen ein neuer Trog aus Sandstein.<br />

<strong>Die</strong> Renovierung der Nepomuk-Figur finanzierten abermals die Wäscher, diesmal durch Bewirtungen bei Festen<br />

und den Verkauf von Glasbildern mit <strong>Fasnet</strong>motiven. Der alte Brunnentrog von 1884 fand, geschmückt mit einer<br />

neuen Brunnensäule und einer steinernen Kugel, 2001 einen neuen Platz auf dem ehemaligen Grundstück der<br />

Buchhandlung Moser, Vorstadtstraße 74. Am Aschermittwoch 2002 zogen die Geldbeutelwäscher im Anschluss<br />

an ihren üblichen Brauch über Kirchstraße und Gassensteg zum neuen Standort des alten Brunnentroges, in dem<br />

sie 77 Jahre lang die Geldbeutel gewaschen hatten, und nahmen von ihm in einer feierlichen Zeremonie mit<br />

Champagner Abschied.<br />

Bereits nach acht Jahren musste der undicht gewordene neue Stadtbrunnentrog saniert und die mürb gewordenen<br />

Wasserspeier erneuert werden. <strong>Die</strong> Rosette des Wasserhahns, der zum Rathaus zeigt, gestaltete die<br />

Blechnerei Sum in Edelstahl nach dem Vorbild des Eulenordens; die feierliche Enthüllung fand am 3. Oktober<br />

2004 im Rahmen eines bunten Festprogramms statt 748 .<br />

744 Vor 75 Jahren wurde die Geldbeutelwäsche „wiedergeboren“; Sandfuchs, A.: Vor fünfzig Jahren Wiedergründung der Geldbeutelwäsche.<br />

– In Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 4, wird als Entstehungsjahr der Geldbeutelwäsche fälschlicherweise 1927 genannt.<br />

745 Das Manuskript befand sich früher im Besitz von Josef Krausbeck; der heutige Standort ist unbekannt. – Weitere Geldbeutelwäscher-<br />

Trauerreden Straubs finden sich in seinem Nachlass im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-146, 148 (aus dem Jahr 1959),<br />

150 (1957), 151 (1956), 152 (1955), 153.<br />

746 Steinhauser: 20 Jahre „Narrevadder zue Wolva“.<br />

747 Berichte im Schwabo vom 4., 8., 9. und 27.8.1983.<br />

748 Berichte im Schwabo vom 10.9. und 5.10.2004.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 90<br />

Den ursprünglichen Sinn der Geldbeutelwäsche versuchte der Volkskundler D.-R. Moser zu ergründen, der<br />

das gesamte <strong>Fasnet</strong>brauchtum als eine von der katholischen Kirche inszenierte Gegenwelt im Sinne des Zwei-<br />

Staaten-Modells des heiligen Augustins interpretiert, die den Christen die Entscheidung für die Gotteswelt und<br />

das Christentum erleichtern soll 749 . Moser vermutet, dass es sich bei der Geldbeutelwäsche um eine Bildgebärde<br />

franziskanischer Herkunft handelt, denn in der regula non bullata nennt Franziskus denjenigen, der an weltlichen<br />

Dingen hängt und nicht aufrichtig Buße tut, den, der den Geldbeutel trägt – nämlich Judas, der Christus<br />

verriet 750 . Der Geldbeutel steht für die Natur, das Vergängliche als negatives Gegenbild zur nach katholischer<br />

Ansicht erstrebenswerten Übernatur; es soll sich demnach bei der Geldbeutelwäsche nicht um eine<br />

Demonstration des Geldverbrauches während der <strong>Fasnet</strong> handeln, sondern um den sichtbaren Abschied vom<br />

Narrentum, d.h. um die Absage an ein Leben der Sünden und der Laster 751 .<br />

Es stellt sich allerdings die Frage, ob das franziskanische Gedankengut den Initiatoren und Trägern des<br />

Brauches überhaupt jemals im Zusammenhang mit dem Geldbeutel präsent gewesen ist. Um dies zu beantworten,<br />

müsste es Belege für die Geldbeutelwäsche aus jenem frühen Entwicklungsstadium geben, als der<br />

Sinn der Brauchelemente den Trägern noch vertraut war, doch lässt sich die Geldbeutelwäsche bislang nicht vor<br />

dem 19. Jahrhundert aktenkundig bezeugen 752 .<br />

2.2.6. Narrenpolizei<br />

Den ersten schriftlichen Hinweis auf eine Narrenpolizei findet sich 1890 auf dem Plakat des Festspieles Volksfest<br />

mit Jahrmarkt von Zipfelkapphausen 753 . Beim Großen Umzug am pudelnärrischen Montag folgten damals nach<br />

dem Marktmeister ohne Recht die Po_po_lizei und Nachtwächter, danach die närrische Kapelle von<br />

Zipfelkapphausen. Aus dem Besitz von Georg Straub hat sich eine alte Uniformmütze erhalten, wie sie auch auf<br />

einer Fotografie von 1930 zu sehen ist 754 . Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich die Narrenpolizei zu einer<br />

eigenständigen Truppe, die die Aufstellung und den organisatorischen Ablauf der Umzüge steuert, in Zusammenarbeit<br />

mit der Polizei den Verkehr regelt und wenn nötig ordnend in das fasnetliche Geschehen eingreift.<br />

Beim Brezelauswerfen nach den Elfemessen sorgen neben den Jungnarrenräten die Narrenpolizisten für einen<br />

reibungslosen Ablauf und animieren die Kinder dazu, mit <strong>Fasnet</strong>sprüchen die Honoratioren in den<br />

Elfemesswirtschaften zum Auswerfen der Brezeln zu bewegen. In den Jahren 1952 bis 1954 sowie 1957 verkündete<br />

Paul Wehrle sen. (1907-?) beim <strong>Fasnet</strong>usrufe als Narrenpolizist die <strong>Fasnet</strong>, 1955 war es <strong>Die</strong>ter Buss 755 .<br />

Wehrles Sohn und Nachfolger Paul (1928-1996) leitete und prägte die Narrenpolizei über viele Jahre hinweg als<br />

Kommandant. Bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand im September 1993 wurde er zum Ehren-<br />

Narrenpolizei-Chef ernannt.<br />

Beim Gartenzaun des Hauses Scheuermann, Vorstadtstraße 78, an der Einmündung des Mesnergässle stand<br />

bei den <strong>Fasnet</strong>umzügen oft Stadtpfarrer Gottlieb Huber (1896-1978) 756 , den die dem Umzug vorauslaufenden<br />

Narrenpolizisten immer mit Narro Herr Stadtpfarrer begrüßten 757 . Beim Schnurren fungierten lange Zeit ein<br />

oder zwei Narrenpolizisten als Narrenbüttel, die mit Narrenkapelle und Hansel den übrigen Schnurrgruppen<br />

voraus liefen und diese ankündigten.<br />

1967 wurde die Narrenpolizei neu eingekleidet. Zur ursprünglichen Pickelhaube bekamen sie eine leichter zu<br />

tragende schwarze Schirmmütze. Als Gefährt benutzten sie bei Umzügen 1967 einen alten 2CV von Hans<br />

Jawurek, 1968 einen Borgward von Hans Ruf. Eine neue Uniform erhielt die Narrenpolizei 1971, drei Jahre<br />

später eine von J. Krausbeck entworfene Schirmmütze, die die alte Pickelhaube ersetzte. Der Kommandant<br />

Wehrle trug zumeist bei den Kinderumzügen einen großen Pappmachékopf mit Pickelhaube. Nachdem der Kopf<br />

lange Zeit nicht mehr zu sehen gewesen war, trug ihn Wehrle 1993 wieder bei seinem letzten Auftritt als<br />

Kommandant 758 .<br />

Für die Narrenpolizisten gibt es seit einigen Jahren ein bequemes Schorlehäs, das nach dem Ablegen der<br />

Uniformen für ein einheitliches Erscheinungsbild der Truppe sorgt.<br />

Ganz im Zeichen des damals vermuteten 75-jährigen Bestehens der Narrenpolizei stand 2005 der Zunftabend.<br />

Das Festabzeichen in jenem Jahr zierte das Foto eines Narrenpolizisten; zudem fertigte Christian Keller<br />

für seine jährlich neu gestalteten <strong>Fasnet</strong>ohrringe kleine Polizeikappen und Säbel.<br />

2.2.7. Kanoniere<br />

Zur <strong>Fasnet</strong> 1964 entstand eine große Kanone, gebaut von den Kanonieren um <strong>Die</strong>ter Buss, die zunächst die<br />

Uniform der Narrenpolizei trugen, bevor sie ab 1967 neue Bürgerwehruniformen bekamen und eine eigen-<br />

749<br />

Moser, D.-R.: Fastnacht, Fasching, Karneval, 29-48.<br />

750<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 641f.<br />

751<br />

Moser, D.-R.: Fastnacht, Fasching, Karneval, 336.<br />

752<br />

Zur Geschichte und Bedeutung der Geldbeutelwäsche siehe Harvolk: Geldbeutelwaschen.<br />

753<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/312.<br />

754<br />

Abbildung im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 34 (2004) und in: 75 Jahre Narrenpolizei. – Zur Geschichte der Narrenpolizei siehe Schrader:<br />

Lenkende Hand in der <strong>Fasnet</strong>.<br />

755<br />

Zur Geschichte des <strong>Fasnet</strong>usrufe siehe Abschnitt 2.2.2 Landsknechte des Grafen Konrad von Wolva.<br />

756<br />

Huber war von 1942 bis 1972 katholischer Stadtpfarrer in Wolfach. Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 136.<br />

757<br />

Mitteilung des langjährigen Narrenpolizisten Willy Schrader (1934-1997).<br />

758<br />

Beim Narrentreffen in Halbmeil 2004 wurde der große Festzug von einem Narrenpolizisten mit dem alten <strong>Wolfacher</strong> Kopf angeführt.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 91<br />

ständige Gruppe bildeten. 10 Jahre später mussten sie sich eine neue Uniform beschaffen, denn 1976 erfolgte die<br />

Neugründung der <strong>Wolfacher</strong> Bürgerwehr, die nur in den überregionalen Verband der Bürgerwehren aufgenommen<br />

werden konnte, falls deren Mitglieder nicht in Uniform an der <strong>Fasnet</strong> teilnehmen 759 . Bereits in den<br />

Statuten der historischen Bürgerwehr von 1828 steht geschrieben: Das Wegleihen von Uniformen besonders an<br />

Fastnacht ist bei 3 fl Strafe verboten 760 . <strong>Die</strong> Kanoniere kündigen den Beginn der Umzüge mit drei Böllerschüssen<br />

an; sie schießen allerdings nicht mit der großen Kanone, sondern lassen drei Böllerraketen in den<br />

Himmel steigen.<br />

2.2.8. Narrenkapelle<br />

Ein unverzichtbarer Bestandteil der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> ist die Narrenkapelle, die sich aus den Mitgliedern der<br />

Stadtkapelle zusammensetzt 761 . Ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, das <strong>Fasnet</strong>usrufe, die drei Elfemessen, den<br />

Festzug und den Kinderumzug mit Narrenmärschen, allen voran dem Michelesmarsch, zu begleiten. Darüber<br />

hinaus sorgt sie in der Vorfasnetzeit bei den Narrenversammlungen und nach den Umzügen beim Narrenhock in<br />

den Kneipen für die nötige Stimmung mit ihrer Brotwurschtmusik 762 , die von Alfred Oberfell (1921-2002) 763 ,<br />

lange Jahre Vize-Dirigent, ins Leben gerufen wurde. Ihre Besonderheit ist, dass das Repertoire von rund 200<br />

populären <strong>Fasnet</strong>- und Volksliedern sowie alten und neuen Schlagern auswendig gespielt wird. <strong>Die</strong> Besetzung<br />

schwankt dabei zwischen zwei und 100 Musikern.<br />

<strong>Die</strong> Stadtkapelle dürfte um das Jahr 1800 entstanden sein; 1802 findet sich der älteste Hinweis auf eine von<br />

der Stadt Wolfach finanzierte Musikkapelle 764 . Wann die Kapelle erstmals aktiv in der <strong>Fasnet</strong>zeit als Begleitung<br />

bei den Umzügen auftrat, lässt sich nicht mehr genau feststellen, doch dürfte dies schon recht bald nach ihrer<br />

Gründung gewesen sein. Ein indirekter Hinweis darauf ist der Michelesmarsch, der aus Frankreich stammt und<br />

vielleicht schon 1818, als die Stadtkapelle Instrumente und Noten in Straßburg kaufte 765 , nach Wolfach kam und<br />

als <strong>Fasnet</strong>marsch benutzt wurde.<br />

<strong>Die</strong> Verkleidung der Narrenkapelle war früher nicht genau festgelegt. Aus alten Fotografien lässt sich<br />

schließen, dass sich die Musiker jedes Jahr neue Kostümierungen ausdachten 766 . Zu Beginn der 1950er-Jahre<br />

entwarf J. Krausbeck eine einheitliche Verkleidung für die Kapelle, die sich durch den Austausch von einzelnen<br />

Bestandteilen leicht an das jeweilige Festspielthema am Schellementig hätte anpassen lassen können. Allerdings<br />

sprachen sich die Musiker gegen diesen Entwurf aus und beschlossen 1954, nach dem Vorbild der von 1827 bis<br />

1849 existierenden <strong>Wolfacher</strong> Bürgerwehr neue Uniformen anzuschaffen, die sie dann auch außerhalb der<br />

<strong>Fasnet</strong>zeit zu besonderen Anlässen trugen 767 . Aus dem Erlös des großen Narrentreffens in Wolfach 1973 wurden<br />

diese Uniformen für 20 000 DM (10 226 €) erneuert bzw. neu angeschafft. Am 10. November 1973 stellte die<br />

Narrenkapelle mit einem Fackelzug und einem Konzert ihre neuen Bürgerwehruniformen der Öffentlichkeit vor,<br />

anschließend leitete die Narrenzunft in den 11.11. über. Um Mitternacht beschwor Narrenrat Albert Wöhrle den<br />

Narrogeist, unterstützt von den beiden durch eine Verlosung bestimmten Hilfsgeistern Gudrun Schmider, der<br />

Frau des ehemaligen Wohlaufsängers Walter Schmider, und Pfarrer Josef Stüble 768 .<br />

Nach der Neugründung der Bürgerwehr 1976, deren Mitgliedern es verboten ist, ihre Uniformen zur <strong>Fasnet</strong>zeit<br />

zu tragen, gab es lange Diskussionen darüber, ob die Stadtkapelle sich nun weiterhin mit ihren Bürgerwehruniformen<br />

am <strong>Fasnet</strong>usrufe und beim Festzug schmücken darf. Schließlich verzichtete die Kapelle darauf.<br />

Seither besteht ihre Verkleidung bei allen Umzügen aus roten Russenkitteln, schwarzer Hose und schwarzer<br />

Wollkappe, die sie bereits seit 1968 bei den Elfemessen getragen hatten und die 1995 erneuert wurden 769 .<br />

Seit 1879 gibt es eine Jugendkapelle, die zur Ausbildung des musikalischen Nachwuchses der Stadtkapelle<br />

dient. An der <strong>Fasnet</strong> trat sie früher oft als eigenständige Kapelle auf 770 . Nach einer längeren Pause bauten der<br />

Musikdirektor Joachim Riester und Jugendleiter Berthold Lehmann ab dem Jahr 2000 wieder eine spielfähige<br />

Jungnarrenkapelle auf, die die Umzüge begleitet. Vor allem bei den seit 1972 in der ersten Januarwoche stattfindenden<br />

Jugendfreizeiten werden die Narrenmärsche und das Musizieren während des Marschierens geübt 771 .<br />

Nach dem Narrentreffen in Halbmeil 2004 zog eine kleine Gruppe junger Musiker in Wolfach ein, um noch ein<br />

759<br />

Bericht im OT vom 18.2.1977. – <strong>Die</strong>ses Verbot galt zunächst nicht für die Uniformen der Narrenkapelle.<br />

760<br />

Disch: Chronik Wolfach, 542.<br />

761<br />

Verzeichnis der Dirigenten im Abschnitt 6.5. – Zur Geschichte der Kapelle siehe: 175 Jahre Stadtkapelle Wolfach; 200 Jahre Stadtkapelle<br />

Wolfach 1808-2008; http://www.stadtkapelle-wolfach.de (13.1.2011).<br />

762<br />

Der Name Brotwurschtmusik ‚Bratwurstmusik’ spielt darauf an, dass diese Musik meist bei Festen erklingt, bei denen es Bratwürste zu<br />

essen gibt.<br />

763<br />

Berichte über ihn im Schwabo vom 21.2.1991; OT vom 12.12.2002.<br />

764<br />

175 Jahre Stadtkapelle Wolfach, 11.<br />

765<br />

Disch: Chronik Wolfach, 542.<br />

766<br />

Abbildungen in: Wolfach. So war es früher, 77; Kasper: Historie, 80-87.<br />

767<br />

Abbildung der Stadtkapelle in Bürgerwehruniformen bei der Elfemess 1958 in Kasper: Historie, 84. – In dem 1983 entstandenen<br />

Dokumentarfilm über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> von Rolf-Wilhelm Brednich ist die Kapelle ebenfalls in ihren Uniformen zu sehen. Brednich<br />

/ Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, passim.<br />

768<br />

Stüble war von 1972 bis 1997 katholischer Stadtpfarrer in Wolfach.<br />

769<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 61.<br />

770<br />

Ein Fotografie der Jugendkapelle bei der Elfemess 1928 ist abgebildet in: 100 Jahre Jugendkapelle Wolfach, [23].<br />

771 Berichte im Schwabo vom 13.1.2000, 12.1.2006.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 92<br />

letztes Bierchen zu trinken. <strong>Die</strong>s war die offizielle Geburtsstunde der Junakawo 772 . Zum nächsten Narrentreffen<br />

in Zell a. H. wurden dann Schilder gebastelt und die Musiker zogen erstmals als Junakawo mit Wurstbrotmusik<br />

durch die Straßen. Um auch nach außen hin als Einheit erkennbar zu sein, wurden rote T-Shirts mit der Aufschrift<br />

Junakawo angeschafft. Zum Geschäftsführer wurde Daniel Schmidt (Schlagzeug) gewählt, Mathias<br />

Lehmann (Posaune) übernahm die musikalische Leitung.<br />

Alljährlich organisiert die Narrenkapelle den Musikerball, der meist zwei Wochen vor der <strong>Fasnet</strong> an einem<br />

Samstag stattfindet, einem bestimmten Thema gewidmet ist und den die Musiker mit großem Aufwand an<br />

Dekorationen, Kostümierungen und speziell einstudierten musikalischen und komödiantischen Darbietungen<br />

gestalten.<br />

Innerhalb der Narrenkapelle bildeten sich mehrere kleine Gruppierungen mit 10 bis 15 Musikern, die sich<br />

meist für den Zunftball am <strong>Fasnet</strong>samschtig ein bestimmtes Thema wählen und dementsprechend ihre Kostüme<br />

und das Musikrepertoire gestalten, oft passend zum jeweiligen Festspiel, an dem sie sich je nachdem auch aktiv<br />

beteiligen. An der <strong>Fasnet</strong> 1975 hatten die Musloch-Singers ihren ersten Auftritt 773 , 1985 die Biermösels 774 und<br />

1986 die Chaos Combo 775 . <strong>Die</strong> Kleine Besetzung der Stadtkapelle, die nicht an <strong>Fasnet</strong> auftritt, besteht aus etwa<br />

20 Musikern und spielt alljährlich im Sommer beim 1993 eingeführten Helferfest der Narrenzunft 776 .<br />

2.2.9. Kleiner Narrenrat<br />

Der Kleine Narrenrat hatte früher keine besondere Kleidung während der <strong>Fasnet</strong> an, da er ursprünglich nicht als<br />

geschlossene Gruppe an den Umzügen teilnahm. <strong>Die</strong> 1959 nach dem Vorbild einer mittelalterlichen Ratsherrentracht<br />

entstandenen Kostüme mit blauem Gewand, roter Weste, schwarzer Kniebundhose, weißen Strümpfen und<br />

schwarzen Stiefeln trägt der Narrenrat beim <strong>Fasnet</strong>usrufe und Festzug sowie bei den Narrentreffen. Bei den<br />

übrigen Umzügen und Veranstaltungen besteht die Narrenratskleidung aus einem blauen Kittel mit einem aufgenähten,<br />

der jeweiligen Funktion des Rates entsprechenden Symbol 777 ; als Kopfbedeckung dient ein mit einer<br />

Gullerfeder und den jährlich erscheinenden Festabzeichen geschmücktes Flößerkäpple aus blauer Wolle. Am<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig tragen die Narrenräte unter ihrem Käpple zusätzlich eine Perücke. Das Flößerkäpple wird auch<br />

als Narrenkäpple bezeichnet und dient nicht nur dem Narrenrat, sondern auch vielen <strong>Wolfacher</strong>n als närrische<br />

Kopfbedeckung, vor allem bei Veranstaltungen, an denen sie nur als Zuschauer teilnehmen.<br />

2.3. Einzelfiguren<br />

2.3.1. Der Narrogeist<br />

Im 1933 angelegten Ordensbuch der Narrenzunft steht im Wördle vornenus geschrieben 778 :<br />

Verruckd isch, wer ‘s Lewe liebd, e Portio Witz im Schädel un e Quantum Idealismus im Ranze hot, un de<br />

Unterschied kennt zwische Narrenwitz un Schbott. Des alles zemme nennd mer »de <strong>Wolfacher</strong><br />

Narrogeischd.«<br />

Der Narrogeist symbolisiert die besondere Magie der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>; von ihm sind alle Narren zur <strong>Fasnet</strong>zeit<br />

beseelt. Gelegentlich spielt er auch in <strong>Fasnet</strong>spielen eine Rolle, beispielsweise bei den von J. Krausbeck verfassten<br />

Stücken Der Narrogeist im Faß (1937) und <strong>Die</strong> Neugeburt des Narrogeistes (1949; damals wurde der<br />

Narrogeist von Hans Allgeier, Bürgermeister und Kronenwirt, als reale Gestalt verkörpert 779 ). Georg Straub<br />

führte die Beschwörung des Narrogeistes am 11.11. um 11:11 Uhr abends bei der Martinisitzung der Narrenzunft<br />

ein, die er bis zu seinem Tod 1959 mit Witz und Charme gestaltete. Zu Straubs Nachfolgern gehörten in<br />

den 1960er-Jahren J. Krausbeck, Carl-Friedrich Armbruster, Günter Endres sowie die Schnurrgruppe d’Käs un<br />

d’Bäs, Anna Schmider (1906-1993) 780 und Fanny Harter (1899-?), von 1969 bis 1981 Albert Wöhrle (1922-<br />

2004), von 1982 bis 1990 Erich Steinhauser jun. (1952-1997), 1991 Albert Wöhrle und Heiner Oberle, 1992 und<br />

1994-95 Marc und Wido Zehnter (1963-2007), 1993 H. Oberle, 1996 Oliver Sum, 1997 bis 2001 W. Zehntner,<br />

2002 und ab 2004 Tilo Stiegler, 2003 Hubert „Vitus“ Kessler.<br />

2.3.2. Tambourmajor<br />

Den <strong>Fasnet</strong>umzügen voraus läuft als so genannte Hanselebremse der Tambourmajor 781 . 44 Jahre lang übernahm<br />

Ochsenwirt Rudolf Straub mit Dreispitz und vornehmer Robe diese Aufgabe, bis ihn 1954 der damals 20-jährige<br />

<strong>Die</strong>ter Buss ablöste, der sich bei den Elfemessen und beim Kinderumzug in verschiedenen Verkleidungen zeigte:<br />

als Kanonier, Landsknecht, Streifenhansel oder mit einem blauen, mit weißen Blumenmustern verzierten Mantel,<br />

772<br />

Entstehungsgeschichte nach: http://www.junakawo.de.vu/ (nicht mehr im <strong>Netz</strong>; 13.1.2011).<br />

773<br />

30 Jahre Musloch-Singers 1974-2004.<br />

774<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Biermösels.<br />

775<br />

20 Jahre Chaos-Combo; http://www.chaos-combo.de (nicht mehr im <strong>Netz</strong>; 13.1.2011).<br />

776<br />

Zu den Gruppierungen der Stadtkapelle siehe Kasper: Historie, 88; http://www.stadtkapelle-wolfach.de (13.1.2011).<br />

777<br />

<strong>Die</strong> ersten Narrenratskittel zu Beginn der 1960er-Jahre waren gelb.<br />

778<br />

Zitiert nach: Aus dem Ordensbuch der Freien Narrenzunft Wolfach.<br />

779<br />

Schmider, W.: Neugeburt der <strong>Fasnet</strong>.<br />

780<br />

Nachruf im Schwabo vom 12.5.1993.<br />

781<br />

Zur Geschichte des Tambourmajors siehe Buss: Hanselebrems oder Tambourmajor seit 1954.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 93<br />

roter Weste und rüschengeschmücktem Hemd. Den Tambourstab fertigte Straub aus einer hölzernen Stange und<br />

einer metallenen Kugel, die ursprünglich ein Kaffeeröster in der Gastwirtschaft „Zum Ochsen“ war. Als der<br />

originale Stab 1984 gestohlen wurde, bastelte Buss einen neuen Stab, bekam den alten aber später wieder zurück.<br />

Ab der <strong>Fasnet</strong> 2005 überließ Buss den Tambourstab bei einigen Umzügen seinem Sohn Hansjörg.<br />

2.3.3. Gullerreiter<br />

Bei den Elfemessen, dem <strong>Fasnet</strong>usrufe sowie Fest- und Kinderumzug führt der von einem Streifenhansel getragene<br />

Guller 782 die Hanselschar an. Vor dem 1. Weltkrieg gab es sogar zwei große Guller und einen Geißbock<br />

783 , doch gingen diese während des Krieges verloren 784 . In den 1920er-Jahren fertigte der Sattlermeister<br />

Josef Schmidt (1883-?), der seine Werkstätte in der Hauptstraße 25 hatte, nochmals einen Guller an. Das Untergestell<br />

bestand aus Reifstecken und Korbweiden, das mit Sackleinen bespannt und durch Seegras ausgepolstert<br />

war. Dadurch war der Guller nicht nur schwer, sondern auch anfällig für Vermorschen und Wurmbefall, zumal<br />

in der Narrenkammer für seine Aufbewahrung keine optimalen Bedingungen herrschten. Nach dem 2. Weltkrieg<br />

tauchte der alte Guller nur noch vereinzelt an der <strong>Fasnet</strong> auf, bis er schließlich als elender Kadaver in der<br />

Narrenkammer liegenblieb und beim Ausräumen auf dem Dreckhaufen landete.<br />

Auf Anregung und nach Entwürfen von J. Krausbeck, der als fünfjähriger Bub beim Festspiel Zier-Kuss<br />

Hagenbeck 1914 neben Affen, Fröschen und Wildsäuen auch erstmals den Gullerreiter gesehen hatte 785 , machten<br />

sich 1975 einige Narren, darunter Hartmut Brückner und Herbert Kniesel, der Technikus im Narrenrat, an die<br />

Neugestaltung dieser Tiergestalt. Sie fuhren zunächst nach Rottweil, um den dortigen Guller zu besichtigen.<br />

Obwohl es der Rottweiler Narrenzunft nicht besonders gefiel, dass in Wolfach auch ein Guller entstehen sollte,<br />

zeigten sie sich dennoch hilfsbereit bei einigen technischen Fragen. Schlossermeister Wilhelm Krausbeck (1930-<br />

2005) schweißte das neue Grundgestell aus 5 Millimeter dickem Eisendraht zusammen 786 , das mit echten Leinen<br />

der ehemaligen Firma Sohmer, einer mechanischen Leinen-, Gebild- und Jacquardweberei auf dem Brühl, einem<br />

Grün westlich der Mündung des Langenbachs in die Kinzig 787 , bespannt und mit Schaumstoff ausgepolstert<br />

wurde. Das Gefieder des Gullers, der insgesamt 25 Kilogramm wiegt, setzt sich aus vielen verschiedenfarbigen<br />

Stoffflecken zusammen. Sein Reiter trägt das Häs eines Streifenhansels, für den J. Krausbeck noch einen Ballen<br />

gestreiften Stoffes aus dem 19. Jahrhundert auftreiben konnte. Den ersten offiziellen Auftritt hatte er 1976 beim<br />

Narrentreffen in Oberwolfach.<br />

Zum 25. Geburtstag des neuen Gullers 2001 wollte ihn der damalige Narrenvater Heiner Oberle auch einmal<br />

tragen, doch war das Tier zu Oberles Leidwesen viel zu schlank für ihn. Schlossermeister W. Krausbeck konnte<br />

das auch nicht vorhersehen, denn zu Zeiten des Gullergestellschweißens galt noch der Spruch Narrenvatter –<br />

dürres Gatter 788 .<br />

In der geistlichen Tierinterpretation des Mittelalters gilt der Hahn je nach Zusammenhang als positive oder<br />

negative Figur. Einerseits ist er ein Symbol des reuigen Sünders, der Wachsamkeit, beispielsweise als Wetterhahn<br />

auf Türmen, oder der göttlichen Weisheit; andererseits verkörperte er die sexuelle Begierde der<br />

Menschen 789 . Eine indirekte Beziehung zum Hahn besteht in Wolfach durch das von einer Gullerfeder geschmückte<br />

Flößer- bzw. Narrenkäpple 790 .<br />

2.3.4. Riesendame<br />

Wann die imposante Einzelfigur der Riesendame entstand, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit feststellen.<br />

Jedenfalls gab es bereits an der <strong>Fasnet</strong> 1886 einen Maskenzug mit Riesendame 791 . Am Großen Umzug am pudelnärrischen<br />

Montag 1890 trug sie den Namen Nora Pepita Plumpsack 792 . Der „lange Zuckerbeck“ Albert Armbruster<br />

(1894-1981), Konditormeister und Besitzer des Café Armbruster, schlüpfte nach dem ersten Weltkrieg in<br />

ihre Kleider 793 ; eine Fotografie von 1925 zeigt ihn beim damaligen Jahrmarktsrummel 794 . Das originale Kleid<br />

ging vermutlich im 2. Weltkrieg verloren, denn 1951 trat die Riesendame beim Festspiel Heiratsmarkt mit einem<br />

782<br />

Das alem. Wort Guller ‚Hahn’ geht auf idg. *ghel- ‚rufen, schreien’ zurück. Grimm: Deutsches Wörterbuch IX, 1070f., s. v. Gule. – In<br />

Südbaden und auf der Baar heißt der Hahn Gul oder Gule, am Kaiserstuhl und im Markgräflerland Guler. Baum: Alem. Taschenwörterbuch,<br />

99, s. v. Gul, Gule, Guler.<br />

783<br />

Zum Geißbock vgl. Abschnitt 2.1.7 Spättlehansel.<br />

784<br />

Zur Geschichte des Gullers siehe: 25 Jahre Gullerreiter; Krausbeck: Eine alte <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalt entstand neu.<br />

785<br />

Krausbeck: Fasnächtliche Jubiläums-Erinnerungen.<br />

786<br />

Krausbecks Werkstatt in der Vorstadtstraße 80 fiel 1987 der Vorstadtsanierung zum Opfer. Den am Haus angebrachten, aus einzelnen<br />

schmiedeeisernen Buchstaben bestehenden Schriftzug Schlosserei Krausbeck montierte zuvor die Narrenzunft ab, um ihn nach einer<br />

Umgestaltung in Narrenkammer an der neuen Narrenkammer weiterzuverwenden.<br />

787<br />

Brühl ‚Sumpfland’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 786, s. v. Brühl. – Eine Sage über die Entstehung des Namens Brühl ist in Disch:<br />

Chronik Wolfach, 473, wiedergegeben. – Das Wort Grün geht zurück auf mhd. grien ‚sandiges Ufer, sandiger Platz’. Lexer: Mhd.<br />

Handwörterbuch, s. v. grien. Eine Karte mit den Grüns an der Kinzig bei Wolfach ist abgebildet in: Bulletin 4 (2001), 8.<br />

788<br />

Narrenvater war damals Erich Steinhauser sen.<br />

789<br />

Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 272.<br />

790<br />

Zum Narrenkäpple siehe Abschnitt 2.2.9 Kleiner Narrenrat.<br />

791<br />

Schrempp, O.: Straßenfasnet verboten. – Vgl. Schrader: Riesendame und Bretschelhansel.<br />

792<br />

Erwähnt wird die Riesendame auf dem Festspielplakat 1890. Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/312.<br />

793<br />

Krausbeck: Riesendame von der Bühne geholt.<br />

794<br />

Abbildungen im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 15 (1985) und in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 61.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 94<br />

neuen Kleid auf 795 . Der Kopf der Dame verschwand danach für eine lange Zeit auf dem Dachboden von Armbrusters<br />

Haus und wurde nach des Zuckerbecks Tod 1981 von seiner Tochter Wilma Bader der Narrenzunft<br />

geschenkt. Durch die lange Lagerung war insbesondere die Mundpartie stark beschädigt und es bedurfte vieler<br />

Stunden Arbeit von J. Krausbeck, diese wieder zu reparieren. Marga Schamm nähte das neue große Kleid, ergänzt<br />

durch Hals- und Ohrenschmuck im Stil biedermeierlicher Parüren 796 , so dass die überaus vornehme<br />

Riesendame an der <strong>Fasnet</strong> 1982 erstmals wieder an den Umzügen als ruhender Pol inmitten der Hansel teilnehmen<br />

konnte. Getragen wurde sie zunächst von Bernd Kasper, später dann von dessen Vater Walter. <strong>Die</strong> mit<br />

Krausbeck gut befreundete Familie Müller, die im ehemals Krausbeck’schen Haus wohnt, übernahm schließlich<br />

die Betreuung und Pflege der Riesendame; sie wird nun von deren Enkel Felix Wölfle getragen. Am Schmutzige<br />

Dunnschtig 2005 schlüpfte Hubert Kiefer in das große Gewand aus Anlass der Enthüllung einer Ehrentafel für<br />

Josef Krausbeck 797 .<br />

Narrenfiguren mit überdimensionalen Pappmachéköpfen gibt es in einigen Narrenorten im Südwesten. Am<br />

bekanntesten sind die Gole in Riedlingen. Der Begriff soll angeblich von Jole ‚Schreien’ bzw. Joler ‚Schreier’<br />

abstammen 798 . Prof. Dr. Werner Mezger vertritt die These, dass es sich dabei um eine Anspielung auf den<br />

biblischen Riesen Goliath handele 799 . Eine direkte Ableitung aus dem Begriff johlen ‚lärmen, schreien’ ist unwahrscheinlich,<br />

denn dieser geht auf das mhd. jōlen ‚vor Freude laut singen’ zurück, abgeleitet aus dem Naturlaut<br />

jo 800 . Eine ähnliche Bedeutung hat jedoch das mhd. goln ‚laut singen, johlen; Scherz, Possen treiben, ausgelassen<br />

herumfahren’ 801 ; das mhd. gôl bedeutet ‚ausgelassen, lustig, üppig; ausgelassener Scherz, Possen’ 802 .<br />

Aus diesen Begriffen entstand das alem. Goli ‚wer verspielt, in der Arbeit lässig ist’, golig ‚verspielt’ 803 . Somit<br />

dürfte klar sein, dass zur Erklärung der Riedlinger Gole nicht der biblische Goliath bemüht werden muss.<br />

2.3.5. Bretschelhans<br />

Am <strong>Fasnet</strong>zieschtignachmittag steht beim Kinderumzug, der früher über viele Jahre hinweg offiziell als Klei-<br />

Chores-Märkt 804 bezeichnet wurde, der Bretschelhans im Mittelpunkt, ein auf einem fahrbaren Gestell sitzender,<br />

riesiger gelb-blauer Schellenhansel, der über und über mit Brezeln behängt ist und vom Narrenratsauto, auf dem<br />

die Jungnarrenräte mitfahren, um die Stadt gezogen wird. Im Anschluss an den Umzug verteilen die Narren- und<br />

Jungnarrenräte die Brezeln auf der Festspielbühne vor dem Rathaus zusammen mit je einer heißen Wurst an die<br />

kleinen Narren.<br />

Seit 1880 lässt sich diese kostenlose Verteilung von Brezeln während der <strong>Fasnet</strong> an den Narresome ‚Narrensamen’,<br />

wie der närrische Nachwuchs auch bezeichnet wird, schriftlich nachweisen 805 . 1886 wird im Kinzigtäler<br />

erstmals der Bretschelhans erwähnt 806 , eine etwa 1,50 m große, mit Brezeln behängte Puppe, die den Kindern am<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig nach dem Umzug zugeworfen wurde 807 . 1905 ließ die Freie Narrenvereinigung von Huf- und<br />

Wagenschmied Carl Breithaupt eine Bretzelwurfmaschine mit drehbarem Gestell anfertigen, die bis zum 1.<br />

Weltkrieg in Gebrauch war.<br />

Der Sattler Otto Eckerle fertigte 1908 einen neuen, von einem großen, kräftigen Mann zu tragenden Bretzel-<br />

Hans an, der aus einem großen Weidenkorb, sieben Meter Leinwand, viel Seegras und Stroh entstand. Der<br />

Gesamtpreis betrug 9,80 Mark, von dem die <strong>Wolfacher</strong> Bäcker 6,70 Mark stifteten; dafür durften sie dann<br />

Brezeln im Wert von 35 Mark zur Bestückung des Hansels liefern.<br />

Da das nach dem 1. Weltkrieg verhängte <strong>Fasnet</strong>verbot nicht für Kinder galt, gab es für sie 1920 eine<br />

Elfemess, zu der der hochverehrte Narrepappe Friedrich Schmidt vom Fischerbeck 808 auf Kosten der Narrenkasse<br />

550 Laugenbrezeln à 12 Pfennig backen ließ. <strong>Die</strong> Brotmarken dazu wurden zusammengebettelt. 1921<br />

organisierte die Narrenzunft auf dem Schwarzmarkt von einem Fruchthändler aus Schwaben einen Zentner<br />

Brezelmehl für 350 Mark. An den offiziellen Zuteilungsstellen vorbei besorgte Sattlermeister Jakob Schmidt<br />

795 Fotografie im Fotoarchiv Frank Schrader. – Zum Heiratsmarkt siehe Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 193f.<br />

796 Alem. Parüren ‚Schmuck’ < mhd. parriren ‚mit abstechender Farbe unterscheiden, schmücken, verschiedenfarbig durcheinander<br />

mischen’, aus mfrz. parier. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 157, s. v. parriren.<br />

797 Zur Verleihung der Ehrentafel an Krausbeck siehe Abschnitt 3.5 Narrenorden, Narrenteller und Zunftwappen.<br />

798 Narrenzunft Gole 1865 (http://www.gole.de/geschichte; 13.1.2011).<br />

799 Prof. Dr. Mezger äußerte seine These bei verschiedenen Fernsehübertragungen von Narrentreffen, beispielsweise am 21. Januar 2006<br />

beim Narrentreffen in Hechingen.<br />

800<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 599, s. v. johlen; Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 102, s. v. jôlen.<br />

801<br />

Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 74, s. v. goln.<br />

802<br />

Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 74, s. v. gogel.<br />

803<br />

Baum: Alemannisches Taschenwörterbuch, 88, s. v. Goli, golig.<br />

804<br />

Klei-Chores ‚Kinderschar’; Märkt ‚Markt’.<br />

805<br />

Zur Geschichte der Brezelverteilung an die Kinder siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 56. – Vgl. Schrader:<br />

Riesendame und Bretschelhansel.<br />

806 Schrempp, O.: Straßenfasnet verboten.<br />

807 Mitteilung von J. Krausbeck vom 28.12.1995.<br />

808 Der Fischerbeck befand sich seit 1777 in der Hauptstraße 32 (zuvor war dort seit 1600 der „Behrbeck“ ansässig); Konditormeister Otto<br />

Schmidt verband 1928 die Bäckerei mit einer Konditorei und einem Café, das 1974 geschlossen wurde.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 95<br />

einen weiteren Sack für 700 Mark. Der Schillinger- und der Jehlebeck buken daraus 1300 Brezeln zum Preis von<br />

150 Mark 809 .<br />

Der Bretschelhans bekam zur <strong>Fasnet</strong> 1930 ein neues Gestell. Zugleich gab es von nun an bei der Brezelverteilung<br />

für jedes Kind auch eine heiße Wurst dazu; im ersten Jahr waren es bereits 800 Stück. Das mühsame<br />

Aufnähen der Brezeln mit Nadeln und Zwirn auf das Leinengewand des Bretschelhans’ übernahmen in den<br />

1930er-Jahren meist die Schülerinnen der Nähschule, später dann die Kaffeetanten. Namentlich bekannte Träger<br />

dieser übermannshohen Figur mit ihrem großen Spitzhut waren Franz <strong>Die</strong>terle, Andreas Kaspar und Willi<br />

Kaspar.<br />

Ein <strong>Fasnet</strong>verbrennen der besonderen Art fand 1965 statt, als nach dem Kehraus im Schlosshof das alte Gestell<br />

des Bretschelhans’ verbrannt wurde 810 . Als Ersatz dafür baute Narrenrat Egon Grieshaber in seiner Funktion<br />

als Organisator mit Unterstützung der Firma Grieshaber und von Ingenieur Schmider den großen fahrbaren<br />

Bretschelhans, an den seither die jeweiligen Jungnarrenräte, die zu jener Zeit die Organisation der Kinderfasnet<br />

übernahmen, die Brezeln nun leicht und schnell an Haken aufhängen können.<br />

Erstmals außerhalb von Wolfach war der Bretschelhans am 27. Januar 2007 beim Narrenfest in Endingen am<br />

Kaiserstuhl zu sehen, wo am Samstagabend Bretscheln an die Kinder verteilt wurden.<br />

2.3.6. Der Straubsche Biedermeierherr<br />

Der Glasmalermeister Georg Straub (1882-1959) führte lange Zeit die <strong>Fasnet</strong>umzüge als vornehm gekleideter<br />

Biedermeierherr an 811 . Das Kostüm mit Zylinder, kariertem Frack, schwarzer Hose, Pfeife und durchsichtiger<br />

Halbmaske mit Schnurrbart stammte von seinen Vorfahren aus dem 19. Jahrhundert 812 . Straubs Großnichte<br />

Bärbel Huber geb. Braxmeier setzte diese Tradition Ende des 20. Jahrhunderts über 25 Jahre hinweg fort 813 .<br />

2.3.7. Steinwerfer-Geißehaas<br />

Ende der 1920er-Jahre gab es in Wolfach einen Strohbutzenmann 814 , eine Art närrische Schreckgestalt, verkörpert<br />

vom Geißehaas Eduard Haas, einem schrulligen, älteren Mann, der zu jener Zeit im Herlinsbachweg 30<br />

wohnte und den Spitznamen seiner dortigen Ziegenhaltung verdankte. Meist am <strong>Fasnet</strong>zieschtig erschien er in<br />

einem weiten, mit Stroh prall ausgestopften Sackleinenanzug und lief durch die Straßen und Gassen der Stadt.<br />

Auf dem Rücken trug er ein großes breites Gestell aus Brettern, auf dem Blechtöpfe, Teller, Kaffeeschüsseln und<br />

sonstiges schepperndes Gerümpel unter einem Maschendraht befestigt waren. Bei seinem Zug durch die Stadt<br />

bewarfen die Kinder ihn von hinten mit Steinen und Schneebällen, um möglichst großen Lärm zu verursachen 815 .<br />

Später zog Haas über viele Jahre hinweg, in die einheimische Fürstenberger Tracht gekleidet, als Ansichtkartenverkäufer<br />

mit seinem Weltwanderwägelchen kreuz und quer durchs Deutsche Reich und das angrenzende Ausland.<br />

In Holland soll er sogar den Deutschen Kaiser im Exil getroffen haben. In St. Roman kursiert noch heute<br />

eine Anekdote über ihn 816 :<br />

In St. Roman gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts lange Zeit nur in der Gastwirtschaft »Zum Adler« ein<br />

öffentliches Telefon. Eines Tages klingelte dieses Telefon und des Adlerwirts junges Töchterlein nahm den<br />

Hörer ab. Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine tiefe, dem Mädchen unbekannte Männerstimme,<br />

die es beauftragte, dem Dorfschullehrer Bühler den Besuch des Kreisschulrates anzukündigen. Das Mädchen<br />

lief flugs zu ihrem Lehrer und verkündete ihm: »De Geißehaas kunnt morge vorbei!«. Der Lehrer schaute sie<br />

erstaunt an und wunderte sich, was wohl dieser Geißehaas ausgerechnet von ihm wolle, doch blieb er ganz<br />

gelassen. Umso überraschter war er dann am andern Tage, als plötzlich der gefürchtete Kreisschulrat vor<br />

seiner Türe stand.<br />

2.4. Freie Maskierungen<br />

2.4.1. Schnurranten<br />

Jeweils am Sonntagnachmittag vor der <strong>Fasnet</strong> wird in Wolfach in den Gastwirtschaften geschnurrt. <strong>Die</strong><br />

Schnurranten tragen dabei, meist in gereimter Form, oft auch mit Gesang und Musik, Missgeschicke, Torheiten<br />

und lustige Begebenheiten ihrer Mitbürger vor, die sich im Jahr zuvor ereigneten. Meist verkleiden sie sich dabei<br />

so, dass sie den Geschnurrten möglichst ähnlich sehen, und imitieren typische Gesten und das Verhalten. Nach<br />

ihren Auftritten gehen die Schnurranten von Tisch zu Tisch mit einer Narrenkasse und sammeln Spenden für die<br />

809<br />

Der Schillingerbeck Andreas Schillinger hatte seine Bäckerei in der Vorstadtstraße 19, der Jehlebeck Wilhelm Jehle in der Hauptstraße 26<br />

(später Bäckerei Sahm).<br />

810<br />

Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 635.<br />

811<br />

Abbildung in Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 43 (Bild in der Mitte oben).<br />

812<br />

Das Kostüm befindet sich heute im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/539.<br />

813<br />

Im Nachlass von Georg Straub hat sich auch ein altes Kaffeetantenkostüm erhalten, das er regelmäßig anzog. Museum Schloss Wolfach,<br />

Inventar-Nr. 2009/540.<br />

814<br />

Mhd. butze ‚klopfender Kobolt, Poltergeist, Schreckgestalt’. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. butze.<br />

815<br />

Steinhauser: 20 Jahre „Narrevadder zue Wolva“. – Vermutlich orientierte sich Haas bei der Gestaltung dieser Figur an der Villinger<br />

Narrengestalt Wuescht, siehe Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 118.<br />

816<br />

Hermann: Als der „Geißehaas“ noch für den Schwarzwald warb.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 96<br />

Finanzierung der <strong>Fasnet</strong>. Eine alte aus Eisen geschmiedete und noch heute verwendete Narrenkasse dürfte ursprünglich<br />

eine sogenannte Schwörbixe gewesen sein, in die früher für jedes Fluchwort gemäß der fürstenbergischen<br />

Landesordnung eine bestimmte Geldstrafe zu entrichten war 817 .<br />

Das Wort Schnurrant geht zurück auf mhd. snurrære ‚Possenreißer’, snürrinc ‚Possenreißer, Tor, Narr’ 818<br />

< ahd. snurring* ‚Gaukler, Witzbold, Tor, Narr’ < germ. *snerr- ‚schnarren?’ < idg. *sner- (1), *ner- (4)<br />

‚tönen’ 819 . Schnurre bedeutet ‚scherzhafte Erzählung, Posse, Schwank’, gebildet zu schnurren in der Bedeutung<br />

von ‚Lärmgerät, Knarre, Brummkreisel’; solche Geräte trugen besonders die umherziehenden Possenreißer mit<br />

sich, um Aufmerksamkeit zu erregen 820 .<br />

Bereits im Jahre 1600 ist in Wolfach der erste Schnurrant nachweisbar. Damals wurde Michel Knoller bestraft,<br />

weil er zur <strong>Fasnet</strong>zeit maskiert einen anderen Bürger geschmäht habe 821 . <strong>Die</strong> zahlreichen Holz- und<br />

Papierlarven aus dem 18. und 19. Jahrhundert lassen vermuten, dass damals das Schnurren unter Larven weit<br />

verbreitet war, wie es heute noch in manchen Narrenstädten wie Rottweil oder Villingen gepflegt wird. Da<strong>Die</strong><br />

Schnurranten zogen jeweils an den Sonntagen vor der <strong>Fasnet</strong> durch die Gastwirtschaften und improvisierten je<br />

nachdem, wen sie dort antrafen, ihren Geschichten. Gelegentlich besuchten sie auch Privathäuser. Mit dem Verschwinden<br />

der Hansel zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam auch diese spezielle Form des Schnurrens, die Rudolf<br />

Straub noch in seinem Aufruf zur Erneuerung der alten Hanseltradition 1926 beschrieb 822 , außer Mode. Nach<br />

und nach verlor das Schnurren seinen überwiegend improvisierenden Charakter. <strong>Die</strong> Qualität der gedichteten<br />

Schnurren nahm durch die immer gewissenhafter werdende Vorbereitung zu.<br />

Eine beliebte Form des Schnurrens war die Moritat, bei der nicht nur durch Text und Musik, sondern auch<br />

durch die gezeichneten oder gedruckten Mordtafeln das Geschehen glossiert werden konnte 823 . In einer aus den<br />

1860er-Jahren stammenden handschriftlichen Liedersammlung von Josef Anton Krausbeck findet sich vermutlich<br />

die eine oder andere Moritat, die auch an der <strong>Fasnet</strong> aufgeführt wurde, beispielsweise das auf den 20. Januar<br />

1867 datierte Lied Doctor Bismarck auf die bekannte Melodie des Doktor Eisenbart 824 .<br />

Ein um 1870 entstandener Text verulkt nach der Melodie von Bredelins Weibermühle von Tripsdrill die<br />

Preußische Gewerbeordnung von 1869; das lithographierte Textblatt wurde während des Schnurrens an die Zuschauer<br />

verteilt 825 . Eine Parodie auf eine echte Moritat mit dem Titel Kuno oder Autofahrt und Vaterfluch trug<br />

Alfred Krausbeck 1925 beim <strong>Fasnet</strong>spiel Großes Volksfest mit Vergnügungs- und Schießbuden vor; das chromolithographisch<br />

gedruckte Schild mit dem dazugehörigen Textblatt stammt aus dem in Mühlhausen (Thürigen)<br />

ansässigen Verlag Danner 826 .<br />

<strong>Die</strong> Verteilung der Schnurrgruppen auf die einzelnen Lokale organisiert jeweils der Schnurrobmann der<br />

Narrenzunft: bis 1968 war dies Erich Sandfuchs, von 1969 bis 1980 Albert Wöhrle, seit 1981 Wilfried Schuler.<br />

Früher gab es jährlich bis zu fünf Schnurrsonntage in bis zu 18 Gastwirtschaften 827 . Bis in die 1960er-Jahre<br />

hinein erfolgte die Organisation des Schnurrens teilweise recht kurzfristig, denn die Schnurrgruppen mussten<br />

erst in der Narrenversammlung am Mittwoch vor dem Schnurrsonntag ihre Teilnahme fest zusagen. Zeitweise<br />

zogen die Schnurrgruppen hintereinander als Rattenschwanz durch die Lokale, angeführt von den Ansagern in<br />

Narrenpolizeiuniform, begleitet von der Narrenkapelle und den Hanseln. In manchen Jahren legte der Schnurrobmann<br />

nur die ersten Schnurrlokale entlang der Hauptstraße fest und überließ die Fortsetzung den Schnurranten<br />

nach eigenem Verstand und Entschluss 828 . Während des Schnurrens gab es für die Teilnehmer auch ein Vesper,<br />

das ab 1957 aufgrund einer Vereinbarung des Narrenvaters mit den Wirten in einer beliebigen Wirtschaft eingenommen<br />

werden durfte 829 . <strong>Die</strong> Schnurranten erhielten dafür vom Schnurrobmann einen Gutschein; die Bezahlung<br />

erfolgte jedoch nicht durch die Narrenkasse, sondern oblag den Wirten selbst, die die Gutcheine dann<br />

am Schluss unter sich gleichmäßig verrechneten.<br />

1971 veranstaltete die Narrenzunft aus zeitbedingten Gründen erstmals nur ein Schnurren. Damit in den<br />

einzelnen Lokalen keine langen Pausen mehr entstehen, wurden diese in zwei Gruppen eingeteilt: In den einen<br />

817 Disch: Chronik Wolfach, 19. – <strong>Die</strong> originale Narrenkasse befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1988/1164.<br />

818 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 202, s. v. snurrære, snürrinc; vgl. snurrikeit ‚Narrheit’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 202, s. v.<br />

snurrikeit.<br />

819 Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. snurring*. – In manchen Gegenden bedeutet Schnurrant auch ‚Bettelmusikant’, latinisierende Bildung aus<br />

schnurren ‚schnorren, betteln’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3256, s. v. Schnurrant.<br />

820 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3257, s. v. Schnurre; vgl. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1234, s. v. schnurren.<br />

821 Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

822 Zu Straubs Aufruf siehe Abschnitt 2.1.1 Der weiße Ur-Hansel von 1927.<br />

823 <strong>Die</strong> aus dem 19. Jahrhundert stammenden Moritatentafeln der <strong>Wolfacher</strong> Herrengartengesellschaft, die nicht direkt mit dem <strong>Fasnet</strong>brauchtum<br />

in Verbindung stehen, wurden aufgrund ihrer besonderen Bedeutung 1975 in einer Ausstellung der Stuttgarter Staatsgalerie<br />

über Moritaten und Bänkelsang gezeigt. Zur Geschichte der Moritaten siehe Eichler: Bänkelsang und Moritat; Krausbeck, J.: Moritaten<br />

in der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>; Krausbeck, J.: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Herrengarten-Gesellschaft und ihre Moritaten.<br />

824 Krausbeck, Josef A.: Liedersammlung.<br />

825 Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2008/319. – Vgl. hierzu Abschnitt 5.2 Bredelins „Weibermühle“.<br />

826 Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2008/320 (Textdruck); 2008/333 (Foto der Moritatentafel). – Krausbeck, J.: Moritaten in der<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 62f.; Eichler: Bänkelsang und Moritat, 125.<br />

827 Ein vom damaligen Schnurrobmann Erich Sandfuchs entworfenen Schnurrplan für das Jahr 1956 findet sich im Anhang zu diesem Abschnitt.<br />

– In der Gastwirtschaft „Zum Salmen“ wurde zeitweise zweimal, im Saal und im Lokal, geschnurrt.<br />

828 Schnurrplan von Schnurrobmann Erich Sandfuchs für den 2. Schnurrsonntag 1958. Manuskript im <strong>Fasnet</strong>archiv Frank Schrader.<br />

829 Angaben nach dem vom Schnurrobmann Erich Sandfuchs verfassten Schnurrplan für Sonntag, 27. Jan. 1957. Manuskript im <strong>Fasnet</strong>archiv<br />

Frank Schrader.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 97<br />

(Herrengarten bis Kreuz) wurde nachmittags ab 16 Uhr, in den anderen (Fortuna bis Zähringer Hof) abends ab<br />

19:30 Uhr geschnurrt. 1981 kehrten die Schnurranten zum Rattenschwanz-Umlauf zurück, denn die Zahl der<br />

Pausen hatte sich durch die Reform noch vermehrt. Seit 2002 beginnt das Schnurren in allen Lokalen nachmittags<br />

zur gleichen Zeit, weil in die am Ende des Schnurrumlaufs liegenden Gastwirtschaften immer weniger<br />

Gäste gekommen sind.<br />

<strong>Die</strong> Schnurranten erhalten als Dank für ihr Engagement von der Narrenzunft ein Essen spendiert:<br />

Wolfach, 12 Stund vor dem schrecklichen Aschermittwochs-Beginn 1957<br />

Liebe Schnurranten!<br />

Im Auftrag eines hohen Narrenrates habe ich die Ehre, sämtliche aktiven Schnurranten hiermit zum<br />

Aschermittwochs-Schluss-Essen<br />

in den „Zähringerhof“ geziemend einzuladen. Beginn 21 Uhr. Das Essen ist frei!, jedoch wird gebeten sich<br />

verbindlich in die nachstehende Liste mit „Ja“ einzutragen, damit der schlanke Wilhelm 830 das Essen auch<br />

richtig richten kann.<br />

Narro 831 !<br />

Aus dem Schnurressen, das ursprünglich immer am Aschermittwoch, später dann im März oder April stattfand,<br />

entwickelte sich im Laufe der Zeit ein allgemeines <strong>Fasnet</strong>abschlussessen, zu dem alle aktiven Narren eingeladen<br />

sind und das seit 1993 als großes Helferfest gefeiert wird.<br />

Der 1969 eingeführte Zunftabend fand ursprünglich am <strong>Die</strong>nstag vor dem Schnurrsonntag in der Schlosshalle<br />

statt; ab 1971 musste er wegen des großen Besucheransturms jeweils am folgenden Tag wiederholt werden, bis<br />

er 1977 in die große neugebaute Festhalle verlegt werden konnte. 2003 wurde der Termin des Zunftabends auf<br />

den Freitag verschoben, damit im Anschluss an das offizielle Programm gegen Mitternacht noch ein gemütliches<br />

närrisches Zusammensein möglich ist.<br />

Das Programm des Zunftabends bestand zunächst überwiegend aus Schnurrauftritten, der Preisverleihung des<br />

Narrenblättleteams, gelegentlichen Ehrungen verdienter Narren und dem „Einfall“ der Rungunkeln in der Pause<br />

mit Verabreichung des Rungunkelfraßes. Doch entwickelte sich der Abend durch die ständig abnehmende Zahl<br />

an Schnurrgruppen schließlich zu einem närrischen Bunten Abend mit Sketchen und Spielszenen, die im Gegensatz<br />

zum Schnurren in den Lokalen nur auf einer großen Bühne zu realisieren sind; dabei wird in den letzten<br />

Jahren immer ein übergreifendes Thema für den ganzen Abend gewählt.<br />

Bei den Jungnarrenversammlungen in der Vorfasnetzeit gab es bis Anfang der 1970er-Jahre manchmal einige<br />

Jungschnurranten zu sehen, von denen die Besten dann beim Zunftabend auftreten durften.<br />

<strong>Die</strong> Form des Schnurrens, wie es sich im 20. Jahrhundert entwickelt hat mit dem Umherziehen durch die<br />

Gastwirtschaften einzelner Gruppen mit vier bis acht Schnurranten, die innerhalb von 15 bis 30 Minuten nach<br />

einem einstudierten, gereimten Text lustige Begebenheiten szenisch darstellen, greift die im 15. und 16. Jahrhundert<br />

vor allem in Nürnberg gepflegte Tradition des Fastnachtspiels wieder auf, das seinerzeit auf eine sehr<br />

ähnliche Art und Weise durch eine umherziehende Spielschar in den Gastwirtschaften und Privathäusern zur<br />

Aufführung kam 832 . Allerdings handelten die Fastnachtspiele im Gegensatz zu den Schnurren meist nicht von<br />

konkreten Erlebnissen stadtbekannter Persönlichkeiten, sondern weisen eine auf Typisierung ausgehende<br />

Personengestaltung auf. Auch lässt sich keine direkte, über die Jahrhunderte hinwegreichende Verbindungslinie<br />

zwischen diesen beiden Braucherscheinungen nachweisen.<br />

Eine eigene Schnurrtradition entstand ab 1967 bei der Wieberfasnet der Katholischen Frauengemeinschaft<br />

Wolfach, die zunächst im alten Pfarrhaus neben der Kirche, dann in der Gastwirtschaft „Zum Kreuz“ und seit<br />

1990 im neu erbauten katholischen Gemeindehaus jeweils am <strong>Die</strong>nstag vor der <strong>Fasnet</strong> stattfand 833 . Einige der<br />

Schnurrbeiträge wurden auch bei der närrischen Veranstaltung der 1971 entstandenen Ökumenischen Aktionsgemeinschaft<br />

Wolfach 834 (ÖAW) wiederholt.<br />

Nach dem Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991 entschlossen sich alle katholischen Gruppierungen innerhalb der Pfarrgemeinde,<br />

ab 1992 am Schmutzige Dunnschtig im Gemeindehaus eine gemeinsame Pfarrfasnet zu veranstalten,<br />

die jedoch in manchen Jahren mangels Beteiligung ausgefallen ist.<br />

Anhang: Schnurrplan 1956<br />

Übersicht über die Schnurrgruppen 1956<br />

Sonntag 835 , 15. Jan. 56 Ansager Paul Wehrle, Hansel, Musik<br />

Gruppen:<br />

830 Zähringer-Hof-Wirt war seinerzeit Wilhelm Moser (1890-1958).<br />

831 Einladungstext verfasst von Schnurrobmann Erich Sandfuchs. Manuskript im <strong>Fasnet</strong>archiv Frank Schrader.<br />

832 Wuttke: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel, 441f. – Vgl. hierzu Abschnitt 1.4.4 Festspiel.<br />

833 Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 48; Festschrift 100 Jahre Kath. Frauengemeinschaft, 13.<br />

834 Zur Geschichte der ÖAW siehe Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 197-200.<br />

835 Schnurrplan 1956 verfasst von Schnurrobmann Erich Sandfuchs. Manuskript im <strong>Fasnet</strong>archiv Frank Schrader.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 98<br />

1. <strong>Die</strong>ter Buss, Albert Bea (kam extra von Stuttgart)<br />

Thema: AOKK-Ausflug<br />

2. Käs – Bäs<br />

Mit Trommel auf Soldatenwerbung<br />

3. Sauer alt u. jung, Groß Hugo<br />

Sonntag, 22. Jan. 56 Ansager <strong>Die</strong>ter Buss, Schmidt, Hansel, Musik<br />

Gruppen:<br />

1. Günther Wöhrle/Schaeffer Manfred<br />

2. Sauer alt u. jung, Groß Hugo<br />

3. Käs u. Bäs<br />

Schulhausputzfrauen<br />

4. Papere/Mieze Haas u. eine Anzahl Kaffee-Tanten<br />

5. Steinhauser, Lorenz, Sartory<br />

Italienfahrt Dr. Lampl usw.<br />

6. Krausbeck-Derlebeck, Heil, Schmider Walter<br />

Hosensack vom Pfeifferbeck<br />

Sonntag, 29. Jan. 56 Ansager Wehrle Paul, 3 Hansel (Narrentreffensonntag)<br />

Anzahl Hexen, Rest Musik nur mit Trommeln<br />

Gruppen<br />

1. Bäs – Käs<br />

Kaffeetanten in Trauer<br />

2. Häse mit zwei neuen Setzlingen (Ernst Bächle, Gudrun Haas)<br />

3. Sandfuchs Volker, Ronnecker Ida, Schrader Willi<br />

Der <strong>Wolfacher</strong> Drahthaarterrier „Schnarro“<br />

4. Wöhrle Günther, Schaeffer Manfred<br />

Vagabunden<br />

5. Derlebeck Schuler Raimund<br />

Feuerwehrmänner<br />

6. Blattner & Co., Lang Bernd<br />

Krankenkassen-Ausflug<br />

7. Steinhauser, Rolf Lorenz<br />

Sonntag, 5. Februar: Ansager Paul Wehrle, Musik, Hansel<br />

Gruppen:<br />

Schnurr-Plan 1956<br />

1. Papere, Mieze Haas als Helferin<br />

2. Krausbeck Beppi, Schmider Walter, Heil<br />

Schrempp Herrmanns Stiefelgeschichte<br />

3. Sandfuchs Volker, Ida Ronnecker, Willi Schrader<br />

„<strong>Die</strong> weissen Mäuse“<br />

4. Derlebeck und Schuler-Raimund<br />

„Dick und Doof“<br />

5. <strong>Die</strong>ter Buss und Bea (Bäckermeister)<br />

Moritat vom Eichin mit dem Bac-Stift<br />

6. Günter Wöhrle, Schäffer Manfred<br />

Gedichte über Sandfuchs Albert in der Vorstadtgrube und Wöhrle Anneliese ihr Hund usw.<br />

7. Sauer Alt und Jung und Gross Hugo (Matrosen)<br />

8. Blattner & Co, einschliesslich Bernd Lang<br />

Apo-Fischerei in Hornberg<br />

9. Steinhauser Erich, Bernh. Sartory, Rolf Lorenz<br />

Verschiedene Geschichten mit dem Knallhammer<br />

Pro Gaststätte<br />

20 Minuten Zeit<br />

Gr. I. Gr. II. Gr. III. Gr. IV. Gr. V. Gr. VI. Gr. VII. Gr. III.<br />

16.00-16.20 Bahnh. Herrg. Hecht. Salm.<br />

16.20-16.40 Herrg. Bahnh. Salm. Hecht.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 99<br />

16.40-17.00 Hecht. Salm. Bahnh. Herrg.<br />

17.00-17.20 Salm. Hecht. Herrg. Bahnh.<br />

10 Minuten Wegpause! 20 Minuten später<br />

17.30-17.50 Rathst. Grün. B. Löwen Zähr. Bahnh. Herrg. Hecht. Salm.<br />

17.50-18.10 Grün. B. Rathst. Zähr. Löwen Herrg. Bahnh. Salm. Hecht.<br />

10 Minuten Wegpause!<br />

18.20-18.40 Löwen Zähr. Rathst. Grün. B. Salm. Hecht. Bahnh. Herrg.<br />

18.40-19.00 Zähr. Löwen Grün. B. Rathst. Hecht. Salm. Herrg. Bahnh.<br />

10 Minuten Wegpause!<br />

19.10-19.30 Bad Ochs. Stöhr Kranz Rathst. Grün. B. Löwen Zähr.<br />

19.30-19.50 Ochs. Bad Kranz Stöhr Grün. B. Rathst. Zähr. Löwen<br />

10 Minuten Wegpause!<br />

20.00-20.20 Stöhr Kranz Bad Ochs. Löwen Zähr. Rathst. Grün. B.<br />

20.20-20.40 Kranz Stöhr Ochs. Bad Zähr. Löwen Grün. B. Rathst.<br />

30 Minuten Vesperpause!<br />

21.10-21.30 Adler Armbr. Fort. Hula Bad. Ochs. Stöhr Kranz<br />

21.30-21.50 Armbr. Adler Hula Fort. Kranz Stöhr Ochs. Bad.<br />

21.50-22.10 Krone Kreuz Adler Armbr. Stöhr Kranz Bad. Ochs.<br />

22.10-22.30 Hula Fort. Krone Kreuz Ochs. Bad. Kranz Stöhr<br />

22.30-22.50 Kreuz Krone Armbr. Adler Fort. Hula Pause<br />

22.50-23.10 Fort. Hula Kreuz Krone Armbr. Adler Fort. Hula<br />

23.10-23.30 Adler Armbr. Krone Kreuz<br />

23.30-23.50 Krone Kreuz Adler Armbr.<br />

23.50-24.10 Kreuz Krone Armbr. Adler<br />

24.10-24.30 Krone Kreuz<br />

24.30-24.50 Kreuz Krone<br />

Schnurrwirtschaften 1956<br />

Adler<br />

Armbr. = Café Armbruster<br />

Bad = Funkenbad<br />

Bahnh. = Bahnhofswirtschaft<br />

Fort. = Fortuna<br />

Grün. B. = Grüner Baum<br />

Hecht. = Hecht<br />

Herrg. = Herrengarten<br />

Hula = Hula-Bar = Weinstube Decker<br />

Tabelle 2: Schnurr-Plan 1956<br />

Kranz<br />

Kreuz<br />

Krone<br />

Löwen<br />

Ochs. = Ochsen<br />

Rathst. = Ratsstube<br />

Salm. = Salmen<br />

Stöhr = Café Stöhr<br />

Zähr. = Zähringer


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 100<br />

2.4.2. Freie Maskierungen bei Bällen, Umzügen und Festspiel<br />

In Wolfach gibt es eine Vielzahl von Maskierungen, die nur gelegentlich zu sehen sind, die aber dennoch zum<br />

festen Bestandteil des <strong>Fasnet</strong>brauchtums zählen. In der Narrenkammer findet sich ein großer zunfteigener<br />

Kostümfundus mit Ritterrüstungen, einem großen Bär, den biedermeierlichen Kostümen für die Darsteller des<br />

<strong>Fasnet</strong>spieles <strong>Die</strong> Weibermühle, einem großen Kamel, das von zwei Personen getragen wird, einem als Reittier<br />

dienenden Geißbock, einem Stier usw., die immer mal wieder an <strong>Fasnet</strong>, insbesondere beim Festspiel, auftauchen.<br />

Als Vorbild für die Helme, Rüstungen und Kleidung der Burgbesatzung, die vor allem im 1933 erstmals<br />

aufgeführten und seither mehrfach wiederholten Festspiel <strong>Die</strong> Befreiung der Freude von J. Krausbeck zum Einsatz<br />

kommen, diente die 1506 gegründete Schweizer Garde des Vatikans, deren Kleidung der Legende nach der<br />

Renaissancekünstler Michelangelo (1475-1564) entworfen haben soll 836 . <strong>Die</strong> Pappmaché-Helme in Form eines<br />

Morions 837 wurden mit Hilfe eines Gipsmodells geformt 838 .<br />

Bei den freien Maskierungen erfreut sich die Travestie ‚Tragen der Kleidung des jeweils anderen<br />

Geschlechts, meist Frauenkleider von Männern, seltener umgekehrt 839 ‘ großer Beliebtheit; das Wort geht zurück<br />

auf das franz. travesti ,Verkleidung’, gebildet aus lat. trans ‚hinüber’ und vestire ‚kleiden’ 840 . Welche Möglichkeiten<br />

sich dadurch mitunter zur <strong>Fasnet</strong>zeit bieten, zeigt ein Erlebnis von J. Krausbeck aus der Zeit des 3.<br />

Reichs, als er die örtlichen Nazigrößen blamierte. Dem NSDAP-Ortsgruppenleiter Alfred Albanus und dem<br />

NSDAP-Kreispropagandaleiter Otto Baum war Krausbeck ein Dorn im Auge, weil dieser in der katholischen<br />

Jugendarbeit sehr aktiv war 841 . Den soll der Teufel holen schimpfte denn auch Albanus wiederholt über<br />

Krausbeck. Doch an der <strong>Fasnet</strong> gelang es Krausbeck, den hohen Herren eins auszuwischen 842 :<br />

Bei der <strong>Fasnet</strong> 1936 zogen ein paar junge <strong>Wolfacher</strong> als alte Bauernweiber verkleidet durch die Lokale, wo<br />

sie dann erst auf A[lbanus] und später auf B[aum] stießen. Eines der Weiber setzte sich den Herren auf den<br />

Schoß und ging ihnen um den Bart. »Gell, du hesch mich doch am liebschde vu alle?« 843 tat das Weib den<br />

Bonzen schön. <strong>Die</strong> stimmten natürlich zu und tatschten an dem vermeintlichen weiblichen Wesen herum. Erst<br />

später, als die rustikale Weiberschar verschwunden war, fragte man sich, wer die kesse Bäuerin gewesen sei.<br />

Als man das Rätsel auflöste, trank der Ortsgruppenleiter sein Bier aus und zahlte. Kein anderer als sein Erzfeind<br />

Krausbeck war ihm eben noch auf dem Schoße gesessen.<br />

<strong>Die</strong> besondere Leidenschaft des Buchhändlers Erich Sandfuchs, sich an der <strong>Fasnet</strong> als Frau zu verkleiden, inspirierte<br />

Georg Straub zu einem Gedicht über dieses fasnetliche Doppelleben 844 :<br />

Dem Gutheil-Erich 845 gewidmet<br />

Über d’<strong>Fasnet</strong> blüht bei uns ein Blümelein<br />

Und das heißt – Erika.<br />

Steckt sich gern in einen Weiberrock hinein<br />

‘S Blümelein Erika.<br />

Ja bei jedem Rummel ist es da<br />

Denn zu Wolfe’s <strong>Fasnet</strong> g’hört es ja,<br />

Wie der Hansel und der große Bretschelma<br />

‘S Blümelein – Erika.<br />

Gehts ans Schnurren, ist es sicher immer da<br />

‘S Blümelein – Erika.<br />

Spielts kein Weibchen, na da kommt es halt als Ma<br />

836<br />

Meyerscout 2003, s. v. Michelangelo. – <strong>Die</strong> Zuweisung an Michelangelo ist umstritten. Zur Geschichte der Schweizer Garde siehe Maier:<br />

Tapfer, redlich und treu dem Papst; Schidelko: Tradition und Effizienz.<br />

837<br />

Morion (Maurenkappe), von Spanien seit der Mitte des 16. Jh. ausgegangene Abart der Sturmhaube, die die Form eines halben Eies hatte<br />

und mit einem nach vorn und hinten schnabelförmig emporgebogenen Rand und beweglichen Backenstücken versehen war. Später fielen<br />

die letztern fort, und es trat auf dem Scheitel ein hoher Kamm hinzu (Fig. 12). Im 17. Jahrh. verflachte sich der Morion wieder zur<br />

Haube mit Stirnstulp, Naseneisen und Genickschutz, der bisweilen auf den Rücken herabreichte. Meyers Konversationslexikon VIII,<br />

364, s. v. Helm. – Das Wort stammt ab von span. morra ‚Oberteil des Kopfes’. Classic Encyclopedia, s. v. morion.<br />

838<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/56 (Pappmaché-Helm); 1989/62 (Gipsmodell); 1990/6 (Gipsmodell, datiert „20. Jan. 1939“,<br />

gefertigt für das Festspiel „Der Weiberstreit“ von Gipsermeister Georg Rauter, der in der Kleinen Dammstraße 6 wohnte). – Im Museum<br />

befindet sich auch ein Brustpanzer aus Pappmaché, Inventar-Nr. 1989/57. – Von Georg Straub gibt es einen Bleistiftentwurf für eine<br />

sechseckige Glasmalerei, auf dem ein „Wallensteiner Landser“ mit Morion, Hellebarde und Brustpanzer zu sehen ist. Museum Schloss<br />

Wolfach, Inventar-Nr. 1989/9.<br />

839<br />

Travestie ist nicht zu verwechseln mit Transvestitismus ‚meist sexuell motivierte Neigung, sich wie ein Angehöriger des anderen<br />

Geschlechts zu kleiden oder zu benehmen’. dtv-Lexikon XVIII, 271, s. v. Transvestitismus.<br />

840<br />

Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3721, s. v. Travestie. – Zur Herkunft des lat. vestire siehe die Erklärung des Wortes Häs im Abschnitt<br />

1.3.2 <strong>Die</strong> Narren und ihr Häs.<br />

841<br />

Zur katholischen Jugendarbeit im 3. Reich siehe Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 51. – Ein <strong>Die</strong>nststellenverzeichnis der<br />

NSDAP und ihrer Gliederungen findet sich im Einwohnerbuch Landkreis Wolfach 1939, 7-10.<br />

842<br />

König: Bonzenschwarm.<br />

843<br />

‚Gell, du hast mich doch am liebsten von allen?’<br />

844<br />

Manuskript des Gedichts im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/515-91.<br />

845<br />

Sandfuchs war in Wolfach aufgrund seiner vielen Aktivitäten im Turnverein als „Gutheil-Erich“ bekannt.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 101<br />

‘S Blümelein – Erika.<br />

Bei den Elfemessen ist’s dabei<br />

Wie auch sonst bei jeder Narretei<br />

Jede <strong>Fasnet</strong> blüht das zarte Blümelein<br />

Uunser Pflänzchen – Erika!<br />

G. Straub 1953.<br />

2.4.3. Däfelebuebe<br />

Eine tragende Rolle bei den zahlreichen Umzügen der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> spielen die Däfelebuebe. Das sind Jungs<br />

(manchmal auch Mädchen) im Alter zwischen etwa 10 und 12 Jahren, die bei den Elfemessen Schrifttafeln<br />

tragen, auf denen die zum Verständnis der dort dargestellten Themen nötigen Erklärungen zu lesen sind. Beim<br />

Festzug kündigen die Däfele die jeweilige Festzuggruppe an. Bei den Kaffeetantenumzügen ist auf dem vorausgetragenen<br />

Däfele das jeweilige Café genannt, in dem der Kaffee endet. Als Belohnung erhalten die Däfelebuebe<br />

im Anschluss an den Umzug meist etwas zum Trinken und eine Brezel oder Wurst spendiert. Gelegentlich<br />

werden auch ältere Narren dazu verpflichtet, als Däfelebue zu agieren. So degradierte beispielsweise beim<br />

Helferfest der Narrenzunft im Juni 2002 ein Narrengericht den Narrenvater Heiner Oberle wegen Missachtung<br />

des historischen Brauchtums zum Däfelebue, weil er behauptet hatte, dass die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> weniger was mit<br />

Brezeln zu tun habe.<br />

2.4.4. Guggemusik Erlibach<br />

Im Urlaub 1971 lernten vier <strong>Wolfacher</strong> Narren – Sigi Hess, Axel Mahnecke sowie Bernd „Phil“ und Wolfgang<br />

Decker – die drei Schweizer Franz und Sepp Huser sowie Nino Enderlin aus Erlenbach am Zürichsee kennen,<br />

die dort in der Guggemusik Erlibach musizierten 846 , und luden sie ein, im Jahr darauf nach Wolfach zur <strong>Fasnet</strong><br />

zu kommen, die eine Woche früher stattfindet als in der Schweiz. 1972 folgten zunächst acht, ein Jahr später<br />

bereits 17 Guggemusiker der Einladung und brachten mit ihrer schrägen, fetzigen, stark von Schlaginstrumenten<br />

geprägten Musik und den originellen, farbenfrohen Kostümen eine ganz eigene, bis dahin ungehörte Note in die<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, aus der sie heute nicht mehr wegzudenken sind. Etwa alle zwei Jahre entwerfen und nähen sie<br />

sich neue Verkleidungen. Einer der Mitbegründer und treibende Kraft dieser grenzüberschreitenden Verbindung,<br />

Kurt „Chueri“ Maurer, führte den Brauch ein, dass jeder Erlibacher, der erstmals an der <strong>Fasnet</strong> nach Wolfach<br />

kommt, am Schellementig am Wohlauf teilnehmen muss. Aus der anfänglichen Urlaubsbekanntschaft erwuchs<br />

eine echte binationale <strong>Fasnet</strong>freundschaft, die bei einigen Gugge sogar zur Heirat mit einem Partner aus Wolfach<br />

führte.<br />

1984 durften die Erlibacher bei einem Narrentreffen in Hornberg erstmals an Stelle der Narrenkapelle, die<br />

wegen der Feier zum 25-jährigen Bestehen der Rungunkeln am Abend zuvor ihre Teilnahme absagt hatte, die<br />

Abordnung der Narrenzunft musikalisch begleiten. Mit einem Kappenabend in der Schlosshalle feierten die<br />

Erlibacher am <strong>Fasnet</strong>freitag 1997 ihr silbernes <strong>Fasnet</strong>jubiläum; die Rungunkeln übernahmen im Guggerunkel-<br />

Outfit – unten herum Rungunkeln, um den Kopf herum Guggen – die Bewirtung 847 . Narrenvater Heiner Oberle<br />

zeichnete dabei Guggenmusikchef Peter Binder und Kurt Maurer, der schon seit Jahren in Wolfach wohnt und<br />

lange Zeit als Schnurrant aktiv war, mit dem Ehrenteller der Narrenzunft aus. Mit der Verleihung eines Ordens<br />

ernannte Binder zugleich die vier <strong>Wolfacher</strong>, die 1971 die Freundschaft begründeten, sowie den Narrenvater zu<br />

Ehrenguggen.<br />

Durch ihre Auftritte in Wolfach lösten die Erlibacher in vielen Gemeinden des angrenzenden Kinzigtals die<br />

Gründung von Guggemusiken aus, doch wird diese spezielle Form fasnetlichen Musizierens nur von echten<br />

Schweizern richtig beherrscht und überzeugend gespielt. <strong>Die</strong> ersten Guggenmusiken entstanden in der Baseler<br />

Gegend 848 ; ihre Verbreitung beschränkte sich bis in die 1980er-Jahre hinein fast ausschließlich auf das<br />

schweizerdeutsche Gebiet. Der Begriff Guggemusik geht vermutlich auf das alem. guge < mhd. gugen ‚sich hin<br />

und her wiegen, schwanken’ zurück 849 , denn eine Besonderheit der Guggemusiker ist, dass sie ihre Oberkörper<br />

und Instrumente während des Spielens hin- und herbewegen und manchmal auch schwankend marschieren. <strong>Die</strong><br />

Vermutung, dass Gugge vom alem. Guck ‚Papiertüte’ abstammt, weil die Form einer Papiertüte an ein Blashorn<br />

erinnert 850 , ist nicht überzeugend, da das alem. Wort für Tüte in vielen Gegenden nicht Guck, sondern Guckel,<br />

Guckele oder Gückele heißt und deshalb mit dem mhd. gugel ‚Kapuze’ verwandt sein dürfte 851 .<br />

846<br />

Zur Geschichte der Guggemusik Erlibach siehe http://www.gugge-erlibach.ch (13.1.2011).<br />

847<br />

Bericht im MBW vom 14.2.1997.<br />

848<br />

Haller: Fasnachtsbräuche und –termine, Anmerkung 4.<br />

849<br />

Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 78, s. v. gugen.<br />

850<br />

Haller: Fasnachtsbräuche und –termine, Anmerkung 4. – Hallers Annahme dürfte auf einer entsprechenden Vermutung in Baum: Alem.<br />

Taschenwörterbuch. 97, s. v. Guck, basieren.<br />

851<br />

Baum: Alem. Taschenwörterbuch. 97, s. v. Guckel, Guckele, Gückele. – Zur Bedeutung des Wortes Gugel siehe Anmerkung 79.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 102<br />

2.4.5. <strong>Die</strong> Cavalairer Hexen<br />

In den Jahren 1984/85 entstand die Städtepartnerschaft zwischen Wolfach und der bei St. Tropez am Mittelmeer<br />

liegenden französischen Gemeinde Cavalaire sur mer. <strong>Die</strong> Cavalairer waren nach ihrem ersten Besuch bei der<br />

<strong>Fasnet</strong> 1987 so sehr begeistert, dass sie sich ab dem folgenden Jahr mit einer Gruppe am Festzug beteiligten und<br />

mit ihren an die Zuschauer verteilten Mimosen 852 südfranzösisches Flair in die <strong>Fasnet</strong> brachten. Für den Festzug<br />

1994 schufen sie sich eine eigene Hexenfigur mit Holzlarve und typisch französischer Verkleidung.<br />

2.4.6. <strong>Die</strong> Hoorigen<br />

Bei einer Festspielbesprechung stellten sich 1971 zum ersten Mal die Hoorigen vor, eine Narrenfigur, die Kunsterzieher<br />

Helge Gerken von der Realschule mithilfe einiger Realschüler entwarf 853 . Zu einer buntfarbigen<br />

Narrenkleidung, die keine einheitliche Linie aufwies, sondern der Fantasie des Trägers entsprang, trug sie eine<br />

selbstgeschnitzte Lindenholzlarve mit einem Zug ins Dämonische und hielt in der Hand einen Stecken mit einem<br />

Hanfbüschel. Einige der Hoorigen führten selbstgebastelte Musikinstrumente mit sich. Im Laufe der Zeit sollte<br />

sich daraus eine Hoorigen-Kapelle bilden. Der damalige Narrenvater Erich Steinhauser sen. unterstützte diese<br />

Initiative der Realschüler, doch durften sie sich bei auswärtigen Auftritten der Narrenzunft nicht beteiligen, da<br />

sie nicht traditionsgebunden waren. An der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig 1971 gaben sie ihr Debüt. <strong>Die</strong><br />

Gruppe löste sich nach einigen Jahren wieder auf.<br />

2.5. Narrenbrunnen<br />

Nach ersten Beratungen im Narrenrat wandte sich Narrenvater Erich Steinhauser sen. im September 1968 brieflich<br />

an den Bürgermeister Arthur Martin (1911-1999) und teilte ihm mit, dass die Narrenzunft beabsichtige, bis<br />

1970 einen Narrenbrunnen beim Gassensteg zu erstellen, wo die im Volksmund als Reifschniiderdenkmal bezeichnete<br />

Litfasssäule stehe 854 . Einen Monat später beschloss der Gemeinderat, den Narren den Platz am Gassensteg<br />

für den Brunnen zu überlassen. Allerdings wollten sich Bürgermeister und Rat im Hinblick auf wichtigere<br />

Vorhaben der Stadt zunächst nicht zu einer finanziellen Unterstützung des Projektes äußern, doch stellten sie<br />

zumindest personelle Hilfe bei technischen Fragen in Aussicht und sagten die Realisierung des Vorhabens zu,<br />

sobald die Finanzierung durch die Narrenzunft gesichert sei. Es gab unter den Bürgern der Stadt aber auch sofort<br />

Gegenstimmen, die meinten, das benötigte Geld wäre für soziale Zwecke wesentlich sinnvoller angelegt.<br />

In ihrer ersten Sitzung im Dezember 1968 beschloss die Kommission zur Erstellung des Narrenbrunnens, bestehend<br />

aus Narrenvater Steinhauser, Zunft-Ehrenpräsident Erwin Haas, Ummo Bartmann, Otto Bauscher,<br />

Günter Endres, Albin Grieshaber, Horst Hund, Raimund Schuler (1919-2000), Louis Schulte (1910-1991) und<br />

Hugo Vivell (1912-1999), den Brunnen am Gassensteg zu verwirklichen, nachdem die Mitglieder andere mögliche<br />

Standorte, beispielsweise vor dem Ostflügel des Schlosses oder vor der Sparkasse, nach intensiver Prüfung<br />

verworfen hatten. Nach schwierigen Diskussionen entschieden Narren- und Gemeinderat, den Brunnen nicht mit<br />

Trinkwasser aus der Wasserleitung, sondern über einen Tiefbrunnen mit Grundwasser zu versorgen.<br />

<strong>Die</strong> ersten Pläne sahen zunächst nur eine einzige lebensgroße Figur des Wohlaufmaas vor, für die der Wohlaufsänger<br />

Rudolf Blattner als Vorbild dienen sollte. Doch entschieden sich die Verantwortlichen dann einstimmig<br />

für den Entwurf des Akademischen Bildhauers Walter Haaf aus Zell / Harmersbach mit etwa einen<br />

Meter hohen Bronzefiguren des Wohlaufmaas, der Schellen-, Nussschalen-, Rösle- und Mehlwurmhansel sowie<br />

der Rungunkel. Im Februar 1969 erhielt Haaf den Bauauftrag, die Kosten dafür beliefen sich auf 18 590 DM<br />

(9 505 €). <strong>Die</strong> Figuren stellte die Kunstgießerei Ernst Strassacker GmbH & Co. KG in Süßen her 855 . <strong>Die</strong> von J.<br />

Krausbeck unterstützte Idee, den Brunnentrog nicht aus Beton, sondern aus Naturstein zu gestalten, wodurch<br />

sich die nach einigen Jahren aufgetretenen Betonschäden hätten vermeiden lassen können, wurde von Narrenvater<br />

Steinhauser verhindert.<br />

In einer Besprechung vor Ort klärten im September 1969 die beteiligten Handwerker, darunter Haaf, Betriebsmeister<br />

Franz Kniesel (1909-2001), Maurermeister Franz Brahm (1919-2002), Blechnermeister Rudolf<br />

Schmidt (1902-1976) und Werkmeister Franz Schamm (1906-1990) mit den Narrenräten Ewald Fritsch,<br />

Raimund Schuler und Hugo Vivell noch einige technische Fragen über die genaue Gestaltung des Brunnens ab.<br />

Eine Woche später begannen die Bauarbeiten unter der Leitung von Fritsch.<br />

Nachdem die Stadt lange Zeit keine konkrete Finanzierungszusage geben wollte, sicherte der Gemeinderat<br />

vier Wochen nach dem ersten Spatenstich zu, die Kosten für das Baumaterial bis zu einer Höhe von 2000 DM<br />

(1023 €) zu übernehmen; nach der Fertigstellung bewilligte der Rat im März 1970 nochmals die gleiche Summe.<br />

Um die restlichen Kosten zu decken, rief der Narrenrat mit einem Bettelbrief eine Spendenaktion ins Leben, die<br />

852 Bei den im Volksmund allgemein als Mimosen bezeichneten Pflanzen mit ihren gelben, weidenkätzchenähnlich gehäuften Blüten handelt<br />

es sich genau genommen um blühende Zweige einer speziellen Akazienart (Acacia verek), die zur Familie der Mimosengewächse zählt.<br />

Meyerscout 2003, s. v. Akazie, Mimose. – <strong>Die</strong> Mimosen gelten in Basel als klassische Fastnachtsblumen, von denen bei den dortigen<br />

Umzügen alljährlich bis zu 10 Tonnen verteilt werden.<br />

853 Bericht im ANK 22 (1971-02-19).<br />

854 Zur Geschichte des Narrenbrunnens siehe Schrempp, O.: Ein eine kleine Chronik. – Zur Tradition und Verbreitung der Narrenbrunnen in<br />

Süddeutschland siehe Bäurer: Brunnenheilige im Narrenhäs.<br />

855 http://www.strassacker.de (13.1.2011).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 103<br />

H. Vivell organisierte. Zusätzlich wurden 2000 speziell für diesen Zweck gefertigte gelb-blaue Kugelschreiber<br />

sowie als besonderes Festabzeichen ein kleines Noppenfläschle der hiesigen Schnapsbrennerei Haas & Bulacher<br />

mit 40-prozentigem <strong>Wolfacher</strong> Narrenbrunnengeist verkauft.<br />

Am 11.11.1969 fand die Grundsteinlegung statt. Nach einer Ansprache des Narrenvaters und einem Feuerwerk<br />

der Rungunkeln verlas Sekretarius Schuler den Text der Grundsteinurkunde 856 :<br />

Wir freye Narren zue Wolfa thuen kund und zu wissen, daß wir itzo, am Tage Martini, dem 11. Novembris<br />

des Jahres 1969 den Grundstein zu diesem Narrenbrunnen legen. [...] <strong>Die</strong>ser Narrenbrunnen wurde gestiftet<br />

von: <strong>Wolfacher</strong> Bürgern / von <strong>Wolfacher</strong> Industriebetrieben / von der Stadt Wolfach. Bauleitung und<br />

Bauausführung lagen in der Hand von Kämmerer Ewald Fritsch und seinen getreuen, närrischen Vasallen.<br />

<strong>Die</strong> alte Narrenstadt Wolfach zählte am selbigen Tag fast 4800 Seelen, vom Siechenwald bis zur Weihermatte,<br />

vom Spitzrank bis zur Schmelze. Möge dieser Brunnen für alle Zeiten bestehen, in guten und in<br />

schlechten Tagen immer laufen und »guet Wasser« bringen und nie versiegen. Er soll auch in ferner Zeit<br />

künden vom närrischen Geist der <strong>Wolfacher</strong>. Gegeben zue Wolfa am Tage Martini, den 11.11.1969. Der<br />

Bürgermeister der Kreisstadt Wolfach Arthur Martin. Der Narrenvater der freien Narrenzunft Wolfach Erich<br />

Steinhauser sen.<br />

Bauleiter Fritsch mauerte danach eine vom Organisator Werner Lorenz gefertigte Kupferkapsel mit der Urkunde,<br />

verschiedenen Geldmünzen und den Narrenorden der Zunft im Sockel des Brunnentroges ein. Bei der anschließenden<br />

Narrenversammlung beschwor Narrenrat Albert Wöhrle den Narrogeist, damit dieser in den<br />

Brunnen fahre und das Wasser für alle Zeiten sprudeln lasse 857 .<br />

An der <strong>Fasnet</strong> 1970 fand unter dem Motto <strong>Wolfacher</strong> Jahrmarktsrummel das erste Brunnen- und Dammfest<br />

statt, das wegen der heftigen Regenfälle als Einwässerung des Narrenbrunnens in die <strong>Fasnet</strong>geschichte einging.<br />

In zahlreichen Zelten, Buden und närrisch gestalteten Garagen und Schuppen um den Brunnen herum auf dem<br />

Damm, dem Gebiet zwischen oberer Kirchstraße, Dammstraße und Kleiner Dammstraße, herrschte trotz des<br />

miserablen Wetters ein reges Narrentreiben 858 . Der Festzug am Schellementig wurde zu einem kleinen Kinzigtäler<br />

Narrentreffen mit den Narrenzünften aus Oberwolfach, Halbmeil, Hausach, Haslach / Kinzigtal, Zell /<br />

Harmersbach und Hornberg sowie dem Spielmannszug der Fastnachtsgesellschaft Freudenstadt.<br />

Mit einer von Narrenrat unterschriebenen Urkunde ging der Narrenbrunnen am Schellemöntig 1970 in den<br />

Besitz der Stadt Wolfach über 859 :<br />

Urkunde<br />

Wir freye Narren zue Wolva / thuen Kund und zu Wissen / daß wir itzo / am Tage des Schellenmöntig / dem 9.<br />

Febr. 1970 den<br />

Narrenbrunnen<br />

dem Schultheißen und den Ratsherren unserer Narrenstadt Wolfach als Geschenk übergeben.<br />

Möge dieser Brunnen immer laufen / gut Wasser bringen und nie versiegen<br />

<strong>Die</strong>s zum Wohle unserer Stadt und seiner närrischen Bevölkerung.<br />

Gegeben zue Wolva am Schellenmöntig dem 9. Februar 1970<br />

Freie Narrenzunft Wolfach<br />

Steinhauser < Narrenvater ><br />

Hugo Vivell < Vize Fränzle ><br />

R. Schuler < Sekretarius ><br />

B. Endres < Säckelmeister ><br />

E. Fritsch < Kämmerer ><br />

W. Lorenz <br />

A. Wöhrle < Ratgeber ><br />

Das Dammfest wird seither alle fünf Jahre veranstaltet, wobei der Festzug, der am Narrenbrunnen endet, und die<br />

närrische Gestaltung des Festbereiches unter einem bestimmten Motto stehen. Beim Zunftball 1985 dienten die<br />

originalen Gipsmodelle der Brunnenfiguren, mit Ausnahme der verloren gegangenen Rungunkel, als Dekoration<br />

für den Eingangsbereich der Schlosshalle.<br />

Den Narrenbrunnen putzte und schrubbte in den ersten Jahren Josef Heizmann (1906-1981), der ursprünglich<br />

Waldwebersepple genannt wurde 860 , aber dann bald in Anerkennung seiner unermüdlichen Arbeit den Spitznamen<br />

Brunnensepple erhielt, den ihm die Kaffeetanten auf seinen grünen Schurz stickten. Voller Stolz trug er<br />

856 Zitiert nach: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 20 (1990).<br />

857 Der Text der Narrogeistbeschwörung von Albert Wöhrle vom 11.11.1969 ist abgedruckt im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 26 (1996).<br />

858 Zum Verlauf des ersten Dammfestes siehe Schrempp, O.: Ein eine kleine Chronik, 5-7.<br />

859 <strong>Die</strong> Urkunde befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/415.<br />

860 Heizmanns Großvater stammte von der Waldwebe in St. Roman und zog nach Wolfach in das Haus Inselweg 13, deshalb hießen er und<br />

seine Familie in ihrer neuen Heimat die Waldweber. Krausbeck: Brunnensepple; Schrempp, O.: Eine kleine Chronik, 8


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 104<br />

auch unter dem Jahr das Abzeichen der Narrenzunft an seiner grünen Kappe und bot den zahlreichen Kurgästen<br />

die passende Ergänzung zum Narrenbrunnen. Von Jugend an hatte sich Heizmann aktiv an der <strong>Fasnet</strong> beteiligt,<br />

beispielsweise als Tafelträger bei den Moritaten des Schnurrens oder bei vielen <strong>Fasnet</strong>spielen, wo sich oft eine<br />

passende Rolle für seine Person und besondere Figur fand. 1980 übernahm Franz Hauer die Pflege des<br />

Brunnens.<br />

1990 litt das Dammfest wie schon bei der Einwässerung 20 Jahre zuvor unter dem schlechten Wetter.<br />

<strong>Die</strong>smal tobten am Montag und <strong>Die</strong>nstag orkanartige Stürme; das Festzelt auf dem Damm musste aus Sicherheitsgründen<br />

kurz nach dem Festzug abgebaut werden 861 .<br />

Beim Festzug 1994, der wie das Festspiel unter dem Motto Närrische Statt-Planung stand, fuhr ein großer<br />

Wagen mit, auf dem echte Hansel die seit Jahren von den Narren gewünschte Erweiterung des Narrenbrunnens<br />

um jene <strong>Fasnet</strong>gestalten, die bis dahin noch nicht auf ihm zu sehen waren, darstellten 862 . Für den Auftritt beim<br />

Festspiel auf der Bühne vor dem Rathaus fertigten Kurt Sum und Hartmut Brückner in knapp zweimonatiger<br />

Bauzeit ein kleines Modell für die Erweiterung des Brunnens, das sie über die <strong>Fasnet</strong>zeit 1995 in der Sparkasse<br />

Wolfach in einem Glaskasten präsentierten 863 .<br />

Wegen des großen Narrentreffens und des damit verbundenen organisatorischen Aufwandes konnte 1995<br />

kein Dammfest stattfinden, weshalb im Jahr darauf das 25+1-jährige Bestehen des Narrenbrunnens gefeiert<br />

wurde. Nachdem in den Dammfestjahren früher immer das Festspiel auf der Bühne vor dem Rathaus ausgefallen<br />

war, gibt es seit 1996 auf dem Platz beim Narrenbrunnen auf einer kleinen Bühne jeweils ein kleines Dammfestspiel<br />

zu sehen, um den aufwändig kostümierten Festzuggruppen einen Auftritt vor großem Publikum zu ermöglichen.<br />

Im Vorfeld des Festes zum 30-jährigen Bestehen des Narrenbrunnens im Jahr 2000 sorgte die geplante<br />

Fällung der alten Kastanienbäume entlang der Dammstraße am Kinzigufer, die wegen des Naturschutzes noch<br />

vor der <strong>Fasnet</strong> durchgeführt werden musste, für einige Diskussionen unter den Narren, denn es gab Befürchtungen,<br />

dass dies womöglich zu Behinderungen beim Fest führen könnte, doch stellten sich diese dann als<br />

unbegründet heraus.<br />

Am Samstag vor der <strong>Fasnet</strong> 2000 wurde erst- und letztmals auf dem Damm beim Gassensteg ein Narrenbaum<br />

aufgestellt. In einem kleinen Umzug um die Stadt mit Narrenkapelle und Narrenrat zogen die Zimmerleute um<br />

Oswald Zeibig den 20 Meter langen Baum zu seinem Platz und richteten ihn in knapp einer Stunde auf; anschließend<br />

gab es einen kleinen Umtrunk.<br />

Heftige Proteste der Narren löste der im Mai 1999 in einer Gemeinderatssitzung vorgestellte, von der Stadt in<br />

Auftrag gegebene Plan eines Freiburger Stadtplanungsbüros zur Schaffung eines Flößerparks entlang der Kinzig<br />

zwischen Gassensteg und der Mündung der Wolf aus 864 . Der Entwurf sah vor, den Narrenbrunnen in die Mitte<br />

des Platzes beim Gassensteg zu verlegen, wo er dem Verkehr sowie den Prozessionen und <strong>Fasnet</strong>umzügen im<br />

Wege gestanden hätte. Narrenvater und Gemeinderat Heiner Oberle schlug als mögliche Alternative dazu vor,<br />

den Brunnen in der 1999 erweiterten Anlage vor dem östlichen Schlossflügel aufzustellen.<br />

<strong>Die</strong> Schnurrgruppe Feminine Truppe, bestehend aus Lucia Holzer, Gertrud Rök und Edeltraud Wöhrle,<br />

startete eine Unterschriftenaktion gegen die geplante Verlegung und übergab am 21.7.1999 Bürgermeister Gottfried<br />

Moser 384 Unterschriften 865 . Moser erwiderte, dass in dieser Frage noch keine endgültige Entscheidung<br />

getroffen worden sei und am 22.7. um 19 Uhr eine Ortsbesichtigung durchgeführt werde, bei der ein Holzmodell<br />

des Narrenbrunnens dessen möglichen Standort auf dem Platz veranschaulichen solle; zum genannten Termin<br />

ließ sich jedoch beim Gassensteg, wo sich schon zahlreiche Interessierte versammelt hatten, der Bürgermeister<br />

nicht blicken, denn er besprach zur selben Zeit im Rathaus das Problem mit dem beauftragten Städteplaner und<br />

den betroffenen Vereinsvertretern. Dabei stellte sich heraus, dass die Verlegung in die Platzmitte aus technischen<br />

Gründen nicht möglich sei, weshalb sich auch die Ortsbesichtigung erübrigte 866 . Im Dezember 1999 entschied<br />

sich schließlich der Gemeinderat dafür, den Brunnen am Rand des Platzes aufzustellen 867 .<br />

Mit der Verlegung bot sich die Möglichkeit an, zugleich die schon lange geplante Erweiterung des Narrenbrunnens<br />

zu verwirklichen. In der Sitzung des Großen Narrenrates im Mai 2000 stellte Walter Haaf den Entwurf<br />

für die Neugestaltung seines 30 Jahre alten Brunnens vor 868 , in dem ein Steinsockel den alten Betontrog ersetzt,<br />

auf dem die schon vorhandenen Bronzefiguren platziert werden; den Sockel umgibt ein in den Boden eingelassenes<br />

Wasserbecken, aus dem sich zwei kleine Wasserfontänen erheben. <strong>Die</strong> fünf neuen Figuren – drei<br />

Nasezügler sowie Streifen- und Spättlehansel – stehen auf zwei gebogenen Steinsockeln am Rande des Wasserbeckens.<br />

Der Große Narrenrat erteilte Haaf einstimmig den Auftrag zur Realisierung der Pläne. <strong>Die</strong> Kunstgießerei<br />

Ernst Strassacker übernahm wie schon 1970 die Herstellung der neuen Figuren.<br />

861 Zum Verlauf des <strong>Fasnet</strong>zieschtig 1990 siehe auch Abschnitt 2.2.3 Kaffeetanten.<br />

862 Abbildung des Wagens im Schwabo vom 15.2.1994.<br />

863 Bericht im Schwabo vom 18.2.1995.<br />

864 Bericht im Schwabo vom 20.5.1999.<br />

865 Berichte im Schwabo vom 2./22.7.1999.<br />

866 Berichte im Schwabo vom 23./24.7.1999.<br />

867 Bericht im Schwabo vom 10.12.1999.<br />

868 Berichte im Schwabo vom 18.5./6.6.2000.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 105<br />

<strong>Die</strong> Bauarbeiten zum neuen Brunnen begannen im April 2000, am 23. Oktober wurden die Bronzefiguren auf<br />

den drei neuen Sockeln montiert und zunächst verhüllt 869 . Ein vierter Sockel am Rande der neuen Brunnenanlage<br />

blieb vorerst frei für eine zukünftige Ergänzung um weitere Narrenfiguren. (Über die Spekulationen, welche<br />

Figur denn letztendlich auf diesem Sockel einen Platz finden sollte, schrieb Narrenrat Wilfried Schuler ein Gedicht,<br />

das er im Narrenblättle 2006 veröffentlichte 870 .) Am Abend des 11.11.2000 fand die feierliche Enthüllung<br />

des Brunnens statt, bei der er langsam aus einer illuminierten Nebelwolke auftauchte, umrahmt von einem<br />

kleinen Feuerwerk 871 . Von der Stadtkapelle musikalisch begleitet, kam nun die alte Benz-Feuerwehr-<br />

Kraftfahrspritze, Baujahr 1926, mit ihrer historisch gekleideten Besatzung angefahren 872 ; die Feuerwehrleute<br />

schafften in einer langen Kette Wasser in alten Leinensäcken von der Kinzig zum Brunnen und wässerten ihn<br />

ein. Nach kurzen Ansprachen von Bürgermeister Moser, Narrenvater Oberle und dem Bildhauer Haaf überreichte<br />

Bernhard Stelzer vom Förderverein der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> dem Narrenvater zur Deckung der Gesamtkosten<br />

der Brunnenfiguren von rund 52 000 DM (26 587 €) einen Scheck in Höhe von 26 000 DM (13 294 €).<br />

Zur Finanzierung des Restbetrages gab die Narrenzunft vom Festabzeichen 2001, das die neue Währung 1 Narro<br />

darstellt, eine limitierte Auflage von 111 Stück in Gold heraus. <strong>Die</strong> Kosten für die neuen Sockel, die Tiefbauarbeiten<br />

und die Neugestaltung des Platzes in Höhe von 23 000 DM (11 780 €) bezahlte die Stadt.<br />

Nach dem Kaffeetantenumzug am Schmutzige Dunnschtig 2001 ging der neue Brunnen im Rahmen eines<br />

kleinen Festaktes offiziell in Betrieb, wobei Bürgermeister Moser und Narrenvater Oberle sowie Stadt- und<br />

Narrenräte die Schenkungsurkunde unterzeichneten, mit der die Narrenzunft den Brunnen der Stadt überließ.<br />

Bereits acht Jahre nach der Einweihung musste 2008 der neue Brunnen saniert werden. <strong>Die</strong> fünf neuen<br />

Narrenfiguren standen ursprünglich nicht auf einer eigenen Bodenplatte aus Bronze, wie dies bei der alten<br />

Figurengruppe von 1970 der Fall ist, sondern waren direkt mit den Füßen auf den Steinsockeln befestigt. Durch<br />

die vielen Kinder, die den Brunnen als Spielplatz nutzten, dabei auch auf den Steinsockeln herumturnten und<br />

sich an den Narrenfiguren festhielten, begannen die Figuren nach und nach, bedrohlich zu schwanken, sobald sie<br />

berührt wurden. Um ihnen wieder einen festen Stand zu verleihen, wurden die drei Nasezügler sowie der<br />

Streifen- und Spättlehansel abmontiert und auf einer bronzenen Bodenplatte verankert.<br />

Im Jahr 2010 erweiterten die Geldbeutelwäscher auf eigene Kosten den Brunnen um einen bronzenden<br />

Zylinder mit Trauerflor sowie einen Geldbeutel mit Wurzelbürste, die am Rand des Wasserbeckens montiert<br />

wurden 873 . <strong>Die</strong>se Attribute der Trauer und Armut fertigte abermals Bildhauer Walter Haaf aus Zell a. H. <strong>Die</strong><br />

Einweihung erfolgte am Tag des Wäscher-Jahresausflugs zum Käppele-Hof im Einbachtal. Eine Abordnung der<br />

Narrenkapelle spielte auf und Bürgermeister Gottfried Moser enthüllte die verhüllten Insignien der Wäschergilde.<br />

2.6. Zwei <strong>Wolfacher</strong> Steinfiguren und ihre fasnetliche Bedeutung<br />

Der Wiener Volkskundler Leopold Schmidt wies 1955 darauf hin, dass zwischen dem mit Schneckenhäusern<br />

behängten Dreispitz des Elzacher Schuddigs, der dortigen Narrenfigur, und einer steinernen Fratze an einem<br />

Gebäude in der <strong>Wolfacher</strong> Schlossstraße eine große Ähnlichkeit bestehe 874 . Er datiert die Plastik auf das 16.<br />

Jahrhundert; nach den Forschungen von Josef Krausbeck dürfte sie aber bereits im 12. Jahrhundert entstanden<br />

sein, denn auf dieser Fratze fanden sich die gleichen Farbschichten, mit denen auch das Bettelmaale ‚Bettelmännchen’,<br />

ein Gewölbeträger aus dem zu jener Zeit gebauten Stadttor 875 , übermalt war und diente vermutlich<br />

zur Abschreckung von Feinden 876 . Vor allem die Form der Augen entspricht jener von romanischen Kirchenskulpturen<br />

aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Ein Beispiel dafür ist die als „Green Man“ bezeichnete, um die<br />

Mitte des 12. Jahrhunderts entstandene Steinfratze an der Kirche St. Mary and St. David in Kilpeck (Grafschaft<br />

Herefordshire, Region West Midlands in England) 877 .<br />

Krausbeck vermutete 1984 in einem Zeitungsbericht 878 , Schmidt sei aufgrund einer ungenauen Federzeichnung<br />

Georg Straubs 879 , auf der die primitiven romanischen Locken fast in Form von Schneckenhäusle er-<br />

869<br />

Berichte im Schwabo vom 19./24.10.2000.<br />

870<br />

Schuler, W.: Wer g’hört uf de Sockel nuff?<br />

871<br />

Bericht im Schwabo vom 13.11.2000.<br />

872<br />

Zur Geschichte der Benz-Feuerwehr-Kraftfahrspritze siehe: Oldtimertreffen 1998, 7-21.<br />

873<br />

Bericht im Schwabo vom 16.4.2010.<br />

874<br />

Schmidt, L.: <strong>Die</strong> Schneckenmaskierung, 155. – Abbildung der Steinfratze in Schrader: Neues über die Baugeschichte der Stadt Wolfach,<br />

271.<br />

875<br />

Zur Zerstörung des aus dem 12. Jahrhundert stammenden Torgewölbes in der Durchfahrt des Stadttores im Jahre 1971 durch den<br />

damaligen Bürgermeister und späteren Ehrenbürger Arthur Martin siehe Schrader: Neues über die Baugeschichte der Stadt Wolfach,<br />

269-272. – Zum Bettelmaale siehe auch Abschnitt 4.1.5 <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder von Josef Krausbeck. – Zur Datierung der <strong>Wolfacher</strong> Stadtgründung<br />

auf die Mitte des 12. Jahrhunderts siehe Schrader: Mittelalterliche Stadtplaner; Schrader: Schloss und Kirche; Schrader:<br />

Mittelalterliche Stadtplanung in Wolfach.<br />

876<br />

Krausbeck: Funde und Entdeckungen aus Wolfachs Geschichte; Krausbeck: Das Bettelmännle am <strong>Wolfacher</strong> Stadttor.<br />

877<br />

Abbildung siehe: Kilpeck Green Man. – Eine ähnliche Augenform findet sich auch an der Figur Sheela-Na-Gig, siehe weiter unten.<br />

878<br />

Krausbeck: Wolfachs ältester Kopf. – <strong>Die</strong> Vermutung wurde ungeprüft übernommen in Schrader: Neues über die Baugeschichte der Stadt<br />

Wolfach, 271f.<br />

879 Straub: Erzählende Steine, 164, Abbildung 7.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 106<br />

schienen, zu seiner These gelangt; Schmidt bezieht sich jedoch in seinem Beitrag auf eine Fotografie des Kopfes<br />

in Wilhelm Arnold Tschiras Abhandlung über die Stadt und das Schloss Wolfach 880 .<br />

Schmidt bezeichnet den Kopf als Wiedergabe einer Schnitzmaske, was bei einer näheren Betrachtung nicht<br />

sehr überzeugend klingt. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass vielleicht der Kopf als Vorbild für eine Narrenfigur<br />

diente, wie dies auch in neuerer Zeit zu beobachten ist: Der Elzacher Maskenschnitzer Fritz Disch ließ sich<br />

beispielsweise bei der Neugestaltung von Holzlarven in den 1920er-Jahren von Brunnenfiguren beeinflussen 881 .<br />

Karl Siegfried Bader und Josef Weber kamen durch die Auswertung Elzacher Aktenbelege zu dem Schluss,<br />

dass der Name Schuddig aus dem Begriff Schauertag entstanden sei 882 , der zunächst nur als Bezeichnung für die<br />

Ratszehrung am Aschermittwoch verwendet wurde, aber im Laufe der Zeit auf die von den Elzachern gepflegten<br />

Narrenbräuche an diesem Tag überging, die vermutlich mit dem heute noch üblichen Taganrufen vergleichbar<br />

sind, um schließlich im 19. Jahrhundert die Narren selbst zu bezeichnen, die diesen Brauch ausüben: die<br />

Schurtigsnarren 883 . Der Volkskundler Peter Müller sieht deshalb in der <strong>Wolfacher</strong> Steinfratze eine heiße Spur<br />

auf der Suche nach einer weiteren Verbreitung schuddigähnlicher Maskierungen, die mit Schauertagsbräuchen<br />

in Verbindung stehen könnten 884 , und verweist auf den Dreispitzhut und die Schneckenhausmaskierungen in<br />

Kappelrodeck, Elzach und Zell / Harmersbach; im Hinblick auf die Bedeutung des Schauertags für diese Gemeinden<br />

wären nach Müllers Ansicht ähnliche Entwicklungen bei der Gestaltung der Narrenkleider denkbar 885 .<br />

In der Stadtkirche St. Laurentius findet sich im alten Chor eine Konsolfigur in der Nordwestecke des aus dem<br />

16. Jahrhundert stammenden Gewölbes, die vollkommen unbekleidet ist 886 . <strong>Die</strong> explizite Abbildung menschlicher<br />

Nacktheit in einer Kirche weist eine lange kunstgeschichtliche Tradition auf, die bis ins 11. Jahrhundert<br />

zurückreicht 887 . Ein prominentes Beispiel dafür ist die als Sheela-Na-Gig bezeichnete, um die Mitte des 12. Jahrhunderts<br />

entstandene Konsolfigur in der Kirche St. Mary and St. David in Kilpeck 888 . Gemessen an der Verurteilung<br />

und Ächtung alles Körperlichen durch die katholische Kirche, nimmt das Nackte in der romanischen<br />

Plastik einen erstaunlich weiten Raum ein, und zwar nicht nur in baulichen Nischen versteckt, sondern weithin<br />

sichtbar an prominenten Orten der Architektur. <strong>Die</strong>se Skulpturen dienten als Bannmittel von Ängsten. <strong>Die</strong> bildhaft-derbe<br />

Darstellung bis hin zur grotesken Verzerrung der Geschlechtsorgane sollte im Betrachter eine<br />

Dämonisierung der Sexualität evozieren, auch wenn die kunstvolle Illustration des zu bekämpfenden Bösen<br />

mitunter genau das Gegenteil bewirkte.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Steinfigur könnte als die Darstellung eines Narren gedeutet werden: Während ein frommer<br />

Mensch nur die Nächstenliebe kennt, widmet sich der Narr allein der fleischlichen Liebe, der Todsünde Luxuria<br />

‚Wollust, Unkeuschheit’, und wird deshalb in der Kunst öfters nackt dargestellt 889 . Im 14. und 15. Jahrhundert<br />

erscheint der Narr auch oft zusammen mit einer nackten Frau, während er selbst seine Genitalien entblößt.<br />

Bereits in der Bibel galt Nacktheit als äußeres Zeichen der Abkehr des Menschen von Gott; so erkannten beispielsweise<br />

Adam und Eva ihre Nacktheit erst, als sie von der verbotenen Frucht gegessen hatten 890 .<br />

In der Kirche San Martín in der spanischen Stadt Frómista (Provinz Palencia) findet sich am Giebel ein der<br />

<strong>Wolfacher</strong> Steinfigur sehr ähnlicher, zwischen 1085 und 1090 entstandener Phallusmann 891 . <strong>Die</strong>se Skulptur wird<br />

von Kunsthistorikern als eine Art Prototyp für ähnliche Darstellungen in vielen romanischen Kirchen Europas<br />

880 Tschira: Stadt und Schloß Wolfach, 336, Abbildung 16.<br />

881 Müller, P.: „Sie stammen von den alten Germanen ab…“, 38.<br />

882 Bader: Schurtag – Schuddig, 111; Weber: <strong>Die</strong> Elzacher <strong>Fasnet</strong> und ihre Narrengestalten; Weber: 250 Jahre Taganrufen.<br />

883 Müller, P.: „Sie stammen von den alten Germanen ab...“, 42f.<br />

884 Müller, P.: „Sie stammen von den alten Germanen ab...“, 46.<br />

885 Müller, P.: „Sie stammen von den alten Germanen ab...“, 49.<br />

886 <strong>Die</strong> Figur ist abgebildet in Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 33.<br />

887 Zur Deutung der nackten Steinskulpturen siehe Geese: Romanische Skulptur, 341-345.<br />

888 Abbildung in Geese: Romanische Skulpturen, 343; Sheelagh na Gig. – Vgl. hierzu auch Durliat: Romanische Kunst.<br />

889 Zur Nacktheit der Narren siehe Dewald: <strong>Die</strong> Zahl der Narren ist unendlich, 182f. – An der Orgelempore des Konstanzer Münsters befindet<br />

sich eine im Volksmund als Konstanzer Bube bezeichnete, um 1517 entstandene Sandsteinfigur, die nur ein Blätzlehemd trägt,<br />

aber keine Hose und deshalb ebenfalls als eine Narrendarstellung interpretiert werden könnte. Abbildung in Topka: Ein Name, viele<br />

unterschiedliche Formen, 50. – <strong>Die</strong> Nacktheit als Narrenattribut geriet in neuerer Zeit in Vergessenheit. <strong>Die</strong> heutigen Narrenzünfte und<br />

Brauchtumspfleger sind meist mit größtmöglicher Sorgfalt darum bemüht, die <strong>Fasnet</strong> in dieser Hinsicht sauber zu halten. Als beim<br />

Halbmeiler Narrentreffen 2004 beispielsweise eine der männlichen Hausacher Sulzbachhexen während des Umzugs gelegentlich ihren<br />

Rock lüftete und dem Publikum ihren nur mit einem Stringtanga bekleideten Hintern präsentierte, machte Margarete <strong>Die</strong>terle,<br />

Redakteurin des Offenburger Tageblatts (OT), in Unkenntnis der mittelalterlichen Traditionen in einem Zeitungskommentar einen<br />

großen Skandal daraus. In einem Interview mit dem OT musste sich schließlich der Leiter der Sulzbachhexen, Harry Eggert, deutlich<br />

von diesem einmaligen Fehltritt distanzieren. <strong>Die</strong>terle: Skandal-Hexen; Bericht im OT vom 5.2.2004. – Im Schwarzwälder Boten war<br />

nichts über diesen Vorfall zu lesen. – Bereits der Volkskundler Hermann Bausinger wies 1980 in einem Beitrag über die Hintergründe<br />

der <strong>Fasnet</strong> auf diesen merkwürdigen Widerspruch hin zwischen den unter den Narren immer noch gerne zitierten, aber in der heutigen<br />

Volkskunde als widerlegt geltenden germanisch-fruchtbarkeitskultischen Deutungen der <strong>Fasnet</strong>, die demnach eigentlich ein orgiastisch,<br />

phallisch-dämonisches Chaos sein müsste, und der oft geradezu rührenden Bemühung der Brauchtumshüter um eine saubere <strong>Fasnet</strong>.<br />

Bausinger: Hintergründe der Fasnacht, 15f. – Ein vergleichbarer Vorfall ereignete sich in Neuhausen bei Tübingen. Dewald: <strong>Die</strong> Zahl<br />

der Narren ist unendlich, 179-183.<br />

890 <strong>Die</strong> Bibel, 1. Moses 3, 7.<br />

891 Abbildung der Skulptur in Geese: Romanische Skulptur, 343 links.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 107<br />

angesehen. Eine maßgebliche Rolle bei der Verbreitung dieses Motivs dürften dabei die St.-Jakobs-Pilger gespielt<br />

haben, die die Figur in Frómista auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela sahen 892 .<br />

<strong>Die</strong> Außenmauern des alten Chores in Wolfach stammen aus dem 12. Jahrhundert und blieben beim Neubau<br />

der Kirche Ende des 15. Jahrhunderts in ihrer ursprünglichen Form erhalten 893 . 1515 wurde die für die<br />

romanische Architektur typische flache Decke des Chores durch das spätgotische <strong>Netz</strong>gewölbe ersetzt. Angesichts<br />

der Ähnlichkeit des als Gewölbeträger dienenden <strong>Wolfacher</strong> Phallusmannes mit jenem in Frómista drängt<br />

sich die Frage auf, ob diese Skulptur möglicherweise wesentlich älter ist als das Gewölbe selbst und aus dem<br />

1470 abgerissenen romanischen Langhaus übernommen wurde. Dass es beim damaligen Neubau tatsächlich zu<br />

einer Verwertung alter Steine gekommen ist, zeigen die Lichtluken am Turm, die teilweise aus alten Grabsteinen<br />

hergestellt wurden, wie die darauf noch lesbaren Inschriften beweisen 894 .<br />

2.7. <strong>Fasnet</strong>figuren in den <strong>Wolfacher</strong> Stadtteilen<br />

In den ehemals selbstständigen Gemeinden Kinzigtal (mit den Ortsteilen Halbmeil und St. Roman) und Kirnbach,<br />

die seit 1971 bzw. 1975 zur Stadt Wolfach gehören, entwickelte sich ebenfalls ein lebhaftes <strong>Fasnet</strong>brauchtum.<br />

1949 gab es in Halbmeil den ersten <strong>Fasnet</strong>umzug; fünf Jahre später gegründete sich die 1986 ins Vereinsregister<br />

eingetragene Narrenzunft Halbmeil e.V., die seit 1967 zwei Narrenfiguren besitzt: die nur von Männern<br />

getragenen Pechbrennerhexen und die den Frauen vorbehaltenen Rindenhansele 895 . Von 1990 bis 1998 war die<br />

Narrenzunft Mitglied im Ortenauer Narrenbund (ONB), trat aber wegen der vom ONB geforderten Präsenzpflicht<br />

bei den Narrentreffen und anderer Probleme wieder aus 896 . Ihr 50-jähriges Bestehen feierte die Zunft am<br />

31.1./1.2.2004 mit einem großen Narrentreffen, an dem 23 Gastzünfte teilnahmen 897 .<br />

Seit 1995 gibt es die St. Romaner Teufel, die auf eine Sage über den dortigen Teufelsstein zurückgehen 898 .<br />

Im einst württembergischen und daher evangelisch geprägten Kirnbach gab es ursprünglich nur die<br />

Burefasnet, die heute noch jeweils am Samstag nach Aschermittwoch stattfindet 899 . In Erinnerung an eine Sage<br />

über den Grafen von Rappenstein, der im oberen Kirnbachtal hauste 900 , entstanden 1988 die Rappenstein-Hexen,<br />

die sich 1995 zur Narrenzunft Kirnbach e.V. mit einer eigenen Hexenmusik zusammenschlossen 901 . <strong>Die</strong><br />

<strong>Wolfacher</strong> Narren verspotteten die neue Narrenfigur zunächst als Mongolenhansel 902 , doch entspannte sich das<br />

Verhältnis zwischen den Narrenzünften im Laufe der Zeit. Am 16. und 17. Januar 1999 veranstaltete die Zunft<br />

zu ihrem 11-jährigen Bestehen ein großes Narrentreffen mit 47 Gastzünften und Gruppen 903 . 1997 entstanden die<br />

ersten Pläne für eine weitere Narrenfigur. Am 11.11.2003 wurde schließlich das neue Geißbockhäs der<br />

Öffentlichkeit präsentiert 904 .<br />

892 In den Akten der Stadt Wolfach lassen sich einige <strong>Wolfacher</strong> Bürger nachweisen, die nach Santiago de Compostela gepilgert sind. Disch:<br />

Chronik Wolfach, 254. – Am Portal der romanischen Ruralkirche San Martín im spanischen Artaiz (Provinz Navarra) ist als Konsolfigur<br />

ebenfalls ein Phallusmann zu sehen:<br />

<strong>Die</strong> Bauplastik San Martíns ist ein Beispiel für die besondere Originalität und Aussagekraft der Skulptur der sogenannten Ruralkirchen.<br />

Abseits der Städte, Klöster und Höfe konnte sich eine sehr viel freiere und experimentierfreudige Bauplastik entwickeln. Vulvafrauen<br />

und Phallusmänner finden sich dort besonders häufig und in ausgeprägten Formen. <strong>Die</strong> in den Zentren erprobten Gestaltungsmittel<br />

wurden aufgenommen und umgesetzt.<br />

Müller, B.: Santa María la Real, 224 Anmerkung 659. – Ruralkirchen (rural ‚ländlich, bäuerlich’) sind einschiffig und enden in einer<br />

halbrunden Apsis. Sie liegen fern von bestimmenden Zentren wie Klöstern, Siedlungen oder Höfen. Müller, B.: Santa María la Real, 162<br />

Anmerkung 458.<br />

893 Stüble / Schmider: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde, 109.<br />

894 Disch: Chronik Wolfach, 234.<br />

895 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 26; Kovac: Am Samstag steigt die große Fete.<br />

896 Berichte im Schwabo vom 9.9./7.11.1998.<br />

897 Berichte im Schwabo vom 30.1./2.2.2004.<br />

898 <strong>Die</strong> Sage über den Teufelsstein ist abgedruckt in Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden, Nr. 93; Schneider-Strittmatter: <strong>Die</strong> Stabs-<br />

gemeinde Kinzigtal, 110-112.<br />

899 Der um eine Woche verschobene <strong>Fasnet</strong>termin in evangelisch geprägten Orten geht nicht, wie oft behauptet, auf die Gregorianische<br />

Kalenderreform zurück, sondern auf eine Verschiebung der Fastenzeit, siehe Abschnitt 1.1 Ursprung und Bedeutung der <strong>Fasnet</strong>.<br />

900 Zum Spuk auf dem Rappenstein siehe Keller, W.: Im Schatten der Burgen, 364f., s. v. <strong>Die</strong> Geisterkutsche und Der Rappensteingeist;<br />

Hoffmann, J. J.: <strong>Die</strong> Rappensteinsage.<br />

901 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 27; Bericht über die Gründung im Schwabo vom 27.9.1988.<br />

902 In Wolfach gelten die Kirnbacher ob ihres angeblich ungewöhnlichen Aussehens und Verhaltens als Mongolen.<br />

903 Bericht im Schwabo vom 15./18.1.1999.<br />

904 Narrenzunft Kirnbach e.V.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 108<br />

3. Das Drum und Dran der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong><br />

3.1. <strong>Fasnet</strong>abteilung im Museum Schloss Wolfach<br />

Das <strong>Wolfacher</strong> Heimatmuseum wurde erstmals 1938 im Schloss in der ehemaligen Küche eingerichtet, musste<br />

aber im 2. Weltkrieg wieder aufgelöst werden 905 . 1958 kam es zur Neueröffnung des Museums 906 , wobei die<br />

<strong>Fasnet</strong> eine eigene Abteilung bekam, in der zahlreiche Holzlarven aus dem 18. Jahrhundert, Hanselhäser aus<br />

dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, zahlreiche Festspielplakate, Hand- und Druckschriften mit <strong>Fasnet</strong>liedern<br />

und –spielen sowie allerlei historische <strong>Fasnet</strong>utensilien und –fotografien zu sehen sind. Nach der Erweiterung<br />

des Museums 1994 um eine Flößerabteilung bemühte sich insbesondere Narrenvater Heiner Oberle mit Unterstützung<br />

des <strong>Fasnet</strong>fördervereins, in den nun frei gewordenen Räumen des Museums eine neue <strong>Fasnet</strong>abteilung<br />

einzurichten 907 ; es gab bereits ganz konkrete Ausbaupläne von Narrenrat Martin Brod mit Gesamtkosten von<br />

120.000 DM (61.355,03 €), wobei die Zunft der Stadt Wolfach 60.000 DM (30.677,51 €) an Eigenleistungen in<br />

Aussicht stellte, doch lehnte der Gemeinderat dieses einmalige Angebot mehrheitlich ab.<br />

Zu Beisitzern für die Belange des Museums ernannte der Große Narrenrat in seiner Herbstsitzung 1997<br />

Hubert Kiefer, <strong>Die</strong>ter Buss, Joachim Brückner und Benjamin Endres, doch verlief auch diese Initiative zunächst<br />

im Sande.<br />

Im September 2006 bildete sich unter der Leitung von Gerhard Maier, dem Leiter der Tourist-Info Wolfach<br />

(und somit von städtischer <strong>Seite</strong> aus zuständig für das Museum), ein Arbeitskreis zur Gesamtsanierung des<br />

Museums. Nach einigen Startschwierigkeiten bildete sich auf Initiative von Frank Schrader aus den Reihen des<br />

Arbeitskreises im Juli 2007 der Museumstreff, der eine komplette Neukonzeption für das Museum inklusive der<br />

<strong>Fasnet</strong>abteilung erstellte und schließlich am 13. September 2007 vom Gemeinderat grünes Licht dafür bekam,<br />

die Sanierung in Angriff zu nehmen. Am 15. Februar 2008 gründete sich aus diesem Museumstreff der Verein<br />

„Kultur im Schloss Wolfach e. V.“, der sich in erster Linie um das Museum kümmern und dabei auch die <strong>Fasnet</strong><br />

in einen angemessenen Rahmen präsentieren wird.<br />

3.2. Narrenkammer<br />

In der Narrenkammer sind die zahlreichen Requisiten und Utensilien der Freien Narrenzunft Wolfach untergebracht,<br />

beispielsweise das Narrenratsauto, die Landsknechtsburg samt Traktor, die fahrbare Weibermühle der<br />

Rungunkeln, der Bretschelhans, der Wohlauf-Wagen mit Bett, die Kanone, Kulissen und spezielle Utensilien für<br />

die verschiedenen Festspiele, die Kostüme für das Singspiel „<strong>Die</strong> Weibermühle“, ein fahrbarer Geißbock, ein<br />

Bärenkostüm, Schwerter, Ritterrüstungen usw. Jeder, der für die <strong>Fasnet</strong> irgendein bestimmtes Utensil benötigt,<br />

kann sich dies kostenlos in der Narrenkammer ausleihen. Sie ist meist an zwei Samstagen vor der <strong>Fasnet</strong> geöffnet.<br />

<strong>Die</strong> Narrenkammer befand sich früher auf dem Speicher des alten Rathauses 908 . Ihr Bestand wurde 1892<br />

beim großen Rathausbrand vernichtet 909 . Im neugebauten Rathaus war kein Platz mehr für die Narrenkammer;<br />

sie kam deshalb auf den Speicher im Nordflügel des Schlosses und ging beim Schlossbrand 1947 abermals in<br />

Flammen auf, nachdem sie schon durch die Wirren der Besatzungszeit sehr gelitten hatte. Der 1937 angeschaffte<br />

Kasten der Weibermühle, der auf dem Speicher über dem Finanzamt im Ostflügel stand, entging dem Brand.<br />

Nach dem Wiederaufbau des Schlosses befand sich die Narrenkammer auf dem Speicher über dem Amtsgericht<br />

im Südflügel. 1954 überließ die Stadt der Narrenzunft zusätzlich einen Raum des Schlosses als Kleiderkammer.<br />

1967 zog die Narrenkammer nach der <strong>Fasnet</strong> vom Schloss in den Rosssaal, einen alten Schuppen hinter der<br />

früheren Gastwirtschaft „Zum Hirsch“ zwischen Adler- und Kranzgässle. Vor dem Abriss des Rosssaales kam<br />

sie im Oktober 1970 in den Schuppen beim ehemaligen Städtischen Altersheim bei der Auffahrt zum Kreiskrankenhaus,<br />

den die Stadt der Narrenzunft kostenlos überließ. Der Schuppen wurde im Laufe der Zeit zu klein<br />

für die zahlreichen Requisiten, weshalb ein Teil der Narrenkammer zeitweise im Klausenbauernhof (Vor<br />

Ippichen), im ehemaligen Fabrikgebäude der Edelbranntweinbrennerei Haas & Bulacher (HaBu) in der Bergstraße<br />

und in einer Halle der Firma Sachtleben untergebracht wurde. Im Vorfeld des Feuerwehrgerätehausneubaues<br />

musste der Schuppen beim Krankenhaus abgebrochen werden 910 . Gemeinderat und Stadtverwaltung<br />

905<br />

Zur Geschichte des Museums Schloss Wolfach siehe Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> Heimatmuseum wiedereröffnet; Krausbeck: Das <strong>Wolfacher</strong><br />

Heimatmuseum.<br />

906<br />

Der MGV Liederkranz und die Stadtkapelle gaben am 22.7.1956 ein Konzert zum Tag der Heimat, dessen Erlös in den Ausbau des<br />

Museums floss. Auch der Bund Heimat und Volksleben beteiligte sich an der Finanzierung. – Betreut wurde das Museum ab 1961 von<br />

Marie Schmider. Nach ihrem Tod übernahm am 1.5.1974 Gebhard Bächle die Leitung, unterstützt von den Mitgliedern des Historischen<br />

Vereins Wolfach. Bächle ist ein passionierter Hobbymaler mit einer Vorliebe für impressionistische Landschaftsbilder und malt auch<br />

Narrenfahnen; sein Spitzname Löns geht auf seine Vorliebe für den Heidedichter Hermann Löns zurück. 2008 wurde er offiziell durch<br />

die Stadt Wolfach im Vorfeld der Museumssanierung als Museumsleiter „pensioniert“. Zu Bächle siehe den Bericht im OT vom<br />

14.10.1998.<br />

907<br />

Vgl. Bericht im Schwabo vom 15.12.1995.<br />

908<br />

Zur Geschichte der Narrenkammer vgl. Schrader: Bauliche Entwicklungen in Wolfach, 668-670; Schrader: „Zwangsumzüge“ sind jetzt<br />

endlich passé.<br />

909<br />

Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1956), 62.<br />

910<br />

Bericht im Schwabo vom 9.5.1986. – Zum Neubau des Feuerwehrgerätehauses siehe: Das neue Feuerwehr-Gerätehaus Wolfach.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 109<br />

stellten nun nach Anfrage und Vorschlag der Narrenzunft in Aussicht, nach dem Umzug der Feuerwehr deren<br />

altes Gerätehaus in der Luisenstraße als Narrenkammer unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Bis zur Fertigstellung<br />

des neuen Gerätehauses wanderte die Narrenkammer im Sommer 1986 in die 1951 errichtete Halle der<br />

Schlosserei Krausbeck im Mesnergässle, die ungefähr bei der Einfahrt zur Tiefgarage des katholischen Gemeindehauses<br />

lag und im September 1987 abgerissen wurde. Danach war die Narrenkammer im HaBu-Gebäude<br />

untergebracht, das im November 1989 ebenfalls der Spitzhacke zum Opfer fiel. Schließlich kam sie in das im<br />

November 1988 frei gewordene alte Feuerwehrgerätehaus.<br />

1990 gab es Pläne, auf dem Gelände beim ehemaligen E-Werk beim Straßburger Hof eine größere Halle zu<br />

errichten, die aber aus finanziellen Gründen scheiterten. Bürgermeister Gottfried Moser versprach 1992 der<br />

Narrenzunft, auf dem Gelände des Städtischen Bauhofes im Straßburger-Hof-Gebiet ein Areal von etwa 7 m *<br />

12 m für den Neubau eines Wagenschopfes zur Verfügung zu stellen 911 , doch konnte auch dies nicht realisiert<br />

werden. Nachdem der Gemeinderat im September 2004 beschloss, das alte Feuerwehrgerätehaus abzureißen, um<br />

Platz für den Neubau eines Seniorendomizils zu schaffen 912 , forcierte die Narrenzunft die Suche nach einem<br />

geeigneten Ersatzstandort 913 . Der Große Narrenrat entschied sich schließlich in einer Sondersitzung am 18.<br />

Januar 2005 einstimmig dafür, das ehemalige Geschäftshaus von Kurt Heinz in der Adlergasse 2 zu erwerben,<br />

nachdem die anderen möglichen Standorte – die seit Jahren leer stehende Gastwirtschaft „Zähringer Hof“, der<br />

ehemalige Kirnbacher Bauhof, der alte <strong>Wolfacher</strong> Bahnhof und ein Gelände hinter dem Bahndamm beim<br />

Schmelzegrün – vor allem aus Kostengründen nicht in Frage kamen 914 . Nach der Unterzeichnung der Kaufverträge<br />

Ende März 2005 übergab Kurt Heinz am 1. April 2005 nach einer kurzen Ansprache symbolisch den<br />

Schlüssel für das Gebäude an den Narrenvater Hubert „Vitus“ Kessler, von einer vierköpfigen Abordnung der<br />

Narrenkapelle mit dem Michelesmarsch musikalisch umrahmt. <strong>Die</strong> Narren feierten das Ereignis anschließend<br />

mit einer kleinen Eröffnungsparty in den neuen Räumen und einem kleinen, durch drei Böllerschüsse angekündigten<br />

Umzug, mit dem sie die ersten Requisiten von der alten in die neue Narrenkammer transportierten<br />

915 . Allerdings kamen nur wenige Besucher, da wohl viele die Ankündigung des Festes in den<br />

Zeitungen als Aprilscherz betrachteten.<br />

Zu den Baukosten spendete der Verein zur Förderung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> 51 000 € 916 . Nach einigen Umbauten<br />

unter der fachkundigen Leitung von Narrenrat Martin Brod weihten die Narren ihr neues Domizil mit<br />

dem alljährlichen Helferfest und einem Tag der offenen Tür am 1./2. Oktober 2005 offiziell ein. Bürgermeister<br />

Gottfried Moser verkündete bei dem Fest überraschend, dass die Narrenzunft einen Kredit über 25 000 € aufnehmen<br />

dürfe und die Stadt für dessen Tilgung sorgen werde, denn es gelte, die Kultur der Stadt und hierbei in<br />

erster Linie auch die <strong>Fasnet</strong> zu unterstützen 917 . Am Sonntag wurde eine Ehrentafel für jene Narren und<br />

Gruppierungen enthüllt, die sich an der Aktion „100 für 100“ mit einer Spende von mindestens 100 € beteiligten.<br />

Bei der Martinisitzung 2005 durften die Spender den Platz für die mit ihrem Namen versehenen goldenen<br />

Plaketten auf der Ehrentafel selbst bestimmen.<br />

Zur Ausschmückung der neuen Kammer schuf Erwin Jehle ein Gipsrelief mit dem Zunftwappen und stiftete<br />

außerdem eine von Heinz Pape 1962 für Rudolf „Thedörle“ Armbruster in der Vorstadtstraße 66 gemalte<br />

Narrenfahne 918 .<br />

3.3. Narrenfahnen<br />

1948 malte Josef Krausbeck die ersten drei Narrenfahnen für sein eigenes Haus, auf der der <strong>Wolfacher</strong> Ur-<br />

Hansel von 1927 zu sehen ist, sowie für Georg Straub und Friedbert Schrempp, den Wirt der Gastwirtschaft<br />

„Zum Kreuz“ 919 . Im Laufe der Zeit entstanden über 115 Fahnen, die mit ihren farbenfrohen Motiven der Stadt<br />

über die <strong>Fasnet</strong>zeit ein ganz besonderes närrisches Flair verleihen, wie es sonst nirgends zu sehen ist. Über 70<br />

davon fertigte Krausbeck bis ins hohe Alter hinein, zuletzt tatkräftig unterstützt von Martin Rupprecht, der die<br />

großflächigen Malarbeiten übernahm, während Krausbeck die Details und Gesichter malte, denn das Porträtzeichnen<br />

gehörte zu seinen besonderen Leidenschaften 920 . Neben diesen beiden schufen auch Gebhard Bächle,<br />

genannt „Löns“ 921 , Roland Severin Schuler, lange Jahre als Narrenrat und Festspielleiter aktiv, sowie der Maler<br />

Heinz Pape 922 zahlreiche Fahnen. Einige von Papes Stoffkunstwerken, die das Rathaus zierten, fielen 1990 dem<br />

stürmischen Wetter zum Opfer 923 .<br />

911 Bericht im MBW vom 31.12.1992.<br />

912 Bericht im Schwabo vom 24.9.2004.<br />

913 Zur neuen Narrenkammer siehe: <strong>Die</strong> neue Narrenkammer.<br />

914 Berichte im Bürger-Info vom 2.9.2004, OT vom 4.9.2004, Schwabo vom 14.10.2004 und 20.1.2005.<br />

915 Berichte im Schwabo vom 30.3. und 4.4.2005 und OT vom 3.4.2005.<br />

916 Bericht im OT vom 28.4.2005.<br />

917 Bericht im Schwabo vom 4.10.2005.<br />

918 Bericht im Schwabo vom 8.10.2005.<br />

919 Krausbeck: Närrisches Gedenken.<br />

920 Hermann: Wenn das närrische Wolfach die Fahne hißt; König: Erster Schnurrant 1600 schriftlich nachgewiesen.<br />

921 Zu Bächle siehe Anmerkung 906.<br />

922 Zu Pape siehe Anmerkung 488.<br />

923 Zur Wetterlage an der <strong>Fasnet</strong> 1990 siehe Schmalz: Als der Sturm „Vivian“ die Narren durchwirbelte.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 110<br />

Als erste Behörde neben der Stadtverwaltung erhielt das Polizeirevier im Schloss auf Initiative von Revierleiter<br />

Wolfgang Sitzler 1998 eine eigene Narrenfahne, gemalt von Krausbeck und Rupprecht. <strong>Die</strong> erste Fahne für<br />

das im Rahmen der Vorstadtsanierung von 1991 bis 1993 zwischen Adlergässle und Kranzparkplatz neu erbaute<br />

Quatier I entstand 1999 924 .<br />

In den 1950er-Jahren gab es jeweils vor dem <strong>Fasnet</strong>usrufe am Schlosstor die Aufweckung, Enthüllung und<br />

Aufhängung einer von Georg Straub gemalten 5 m langen Fahne mit dem Wohlaufmaa und der Aufschrift<br />

Wohlauf zur <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, umgeben von Schellenhansel, Narrenmusiker in Bürgerwehruniform, Kaffeetante<br />

und Nasezügler; sie widerstand aber der winterlichen Witterung nicht lange 925 . Später wurde stattdessen in<br />

der Vorfasnetzeit ein großes Zunftwappen am Stadttor angebracht, auf dem die Aufschrift Freie Narrenzunft<br />

Wolfach, die Kappe des gelb-blauen Schellenhansels und das Stadtwappen mit der Wolfsangel zu sehen sind,<br />

umgeben von den närrischen Insignien Wohlauflaterne, Brezel, Hellebarde, Besen, Pritsche, Saubloder,<br />

Trommel, Kuhglocke, Horn und Kaffeetasse. Nachdem das alte Schild zu Bruch gegangen war, fertigten die<br />

Narrenräte Christian Keller und <strong>Die</strong>ter Jehle zur <strong>Fasnet</strong> 1998 nach einen Entwurf von Michael Bonath ein neues<br />

Zunftwappen an, dessen Gestell Georg Schmieder zusammenschweißte.<br />

Zur <strong>Fasnet</strong> 1998 schuf Josef Krausbeck eine Zunftfahne in den Stadtfarben Gelb und Blau, geziert mit einer<br />

Kappe des gelb-blauen Schellenhansels auf rotem Grund und der Aufschrift Narro, die seither jeweils vor dem<br />

Ausrufen auf dem Stadttor gehisst wird.<br />

Zum 50. Jubiläum der Narrenfahnen veranstaltete die Narrenzunft vom 8. bis 12. Februar 1998 im<br />

katholischen Gemeindehaus am Kirchplatz eine Ausstellung mit 78 der damals insgesamt 115 Fahnen. Bei der<br />

Vernissage wurden die Fahnenkünstler Krausbeck, Pape und Schuler, die den größten Teil des närrischen<br />

Häuserschmucks entwarfen, für ihr besonderes künstlerisches Engagement geehrt 926 .<br />

3.4. Narrenbaum<br />

In Wolfach gab es ab und an zu besonderen Anlässen einen Narrenbaum. Beim großen Narrentreffen 1973<br />

stellten <strong>Wolfacher</strong> Zimmerleute und Waldarbeiter vor dem Rathaus einen Narrenbaum auf. Seit 1994 war jeweils<br />

der vor dem Rathaus zur Weihnachtszeit aufgestellte Tannenbaum nach Dreikönig stehen gelassen, bis auf die<br />

oberste Baumkrone entastet und zum Narrenbaum umfunktioniert worden. Auch 1995 wurde zunächst wieder<br />

der Christbaum entastet, Zimmermeister Oswald Zeibig meinte aber, zu dem in jenem Jahr stattfindenden großen<br />

Narrentreffen müsse man einen rechten Narrenbaum haben, der eigens aufgestellt werde. So wurde kurzfristig<br />

das Festprogramm um das Narrenbaumsetzen erweitert; allerdings wurde vergessen, die Rinde des Baumes vorher<br />

zu entfernen. Am Samstag vor der <strong>Fasnet</strong> 2000 wurde erst- und letztmals auf dem Damm beim Gassensteg<br />

anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Narrenbrunnens ein Narrenbaum aufgestellt. In einem kleinen Umzug<br />

um die Stadt mit Narrenkapelle und Narrenrat zogen die Zimmerleute um Oswald Zeibig den 20 Meter langen<br />

Baum zu seinem Platz und richteten ihn in knapp einer Stunde auf; anschließend gab es einen kleinen Umtrunk.<br />

Da dieser Brauch in Wolfach keine altüberlieferte Tradition ist, beschloss der Große Narrenrat in seiner Herbstsitzung<br />

2000, künftig ganz auf einen Narrenbaum zu verzichten.<br />

Gut 10 Jahre später kam es zu einer besonderen Narrenbaumaktion 927 . Der in der Adventszeit 2010 vor dem<br />

Rathaus aufgestellte Weihnachtsbaum stammte in jenem Jahr nicht, wie sonst üblich, aus Wolfach selbst,<br />

sondern wurde von der Hausacherin Margot Stahl der Stadt geschenkt. Sie hatte den Baum ursprünglich der<br />

Stadt Hausach angeboten, die jedoch nicht darauf reagierte. In der ersten Januarwoche 2011 entstand nun bei<br />

einer Schnurrantenversammlung in Wolfach die Idee, diesen aus Hausach stammenden Christbaum in einer<br />

Nacht- und Nebelaktion in einen Narrenbaum umzuwandeln und auf dem Hausacher Konstantinplatz aufzustellen,<br />

wo normalerweise die Hausacher Narrenbaumgilde ihren Baum aufrichtet. Damit es niemandem auffiel,<br />

fuhren die <strong>Wolfacher</strong> bereits morgens um 4 Uhr mit dem närrisch geschmückten Baum nach Hausach, stellten<br />

ihn auf und befestigten an ihm ein Schild mit dem Slogan „Wolfach bringt’s“.<br />

Eine eigene Narrenbaumtradition führte Egon Staiger, der Hausmeister des Johannes-Brenz-Altenheimes in<br />

der Lusienstraße, ein. Alljährlich verwandelt er vor der <strong>Fasnet</strong> den Weihnachtsbaum im Hof des Heimes in einen<br />

Narrenbaum.<br />

3.5. Narrenorden, Narrenteller und Zunftwappen<br />

Das zur <strong>Fasnet</strong> 1933 angelegte Ordens-Buch der Freien Narrenvereinigung Wolfach. Worinnen des Ordens<br />

Regel bestimmt ist, und die Ritter hoher, höherer und höchster Orden ‚Für Witz und Narrentreue’ aufgezeichnet<br />

sind beginnt mit einem Wördle vornenus, das die kurz zuvor am 11.11.1932 beschlossene Reform der Narrenzunft<br />

beschreibt, bei der festgelegt wurde, von nun an alde Narre un Närrinne, wo viele Johr lang de <strong>Fasnet</strong>-<br />

924 Hermann: Kinderball-Fahne für das Quartier I.<br />

925 1960 diente eine Fotografie der Straub’schen Wohlauffahne als Titelbild des von der Narrenzunft herausgegebenen Faltblattes mit den<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>liedern, siehe: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>s-Lieder (1960).<br />

926 Bericht über die Ausstellung im Schwabo vom 9.2.1998.<br />

927 Vgl. hierzu den Bericht im Schwabo vom 10.1.2011.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 111<br />

skater durch de Bach trage henn, mit einem Orden Für Witz und Narrentreue auszuzeichnen 928 . <strong>Die</strong>se Einleitung<br />

ist unterschrieben vom damaligen Kleinen Narrenrat mit Erwin Haas als Narrenvater, Hans Allgeier als Narrenschreiber<br />

und Hermann Armbruster als Säckelmeister.<br />

<strong>Die</strong> ursprünglich drei Ordensklassen bestehen aus dem Kleinen Hanselorden, dem Großen Hanselorden und<br />

dem Wohlauforden, deren Gestaltung Georg Straub übernahm. <strong>Die</strong> beiden Hanselorden tragen neben dem<br />

Stadtwappen, der Wolfsangel, als Emblem eine Schellenhanselkappe, auf dem Wohlauforden ist ein<br />

Wohlaufmaa, der die Gesichtszüge des damaligen Wohlaufsängers Rudolf Blattner trägt, und ein Lampion zu<br />

sehen (die Stalllaternen zur Beleuchtung des Wohlaufs wurden erst später eingeführt). Alle drei Orden, im<br />

Format klein, größer und groß, enthalten zudem den Leitspruch Für Witz und Narrentreue.<br />

In einer Narrenversammlung am 14. Februar 1933 wurden die ersten Narren mit den neuen Orden ausgezeichnet:<br />

Ehrennarrenvater Friedrich Schmidt und Altnarrenrat Albert Sandfuchs sen. 929 sowie die Narrenzunft<br />

Stockach, an deren Narrentreffen die <strong>Wolfacher</strong> Zunft 1933 teilgenommen hatte, mit dem Wohlauforden; Glasmaler<br />

Georg Straub, Friseurmeister Anton Burger und Fabrikant Erwin Haas mit dem Großen Hanselorden;<br />

Kaufmann Alfred Krausbeck, Bahnhofwirt und Altwohlaufsänger Albert Schmider, Hotelier „Zur Krone“ Hans<br />

„Kronenhansel“ Allgeier, Schuhmachermeister Karl Blattner, Kaufmann Erich Sandfuchs, Ochsenwirt Rudolf<br />

Straub sen., Mechanikermeister Otto Fehrenbacher, Kaufmann Hugo Vivell sen. (1880-1957), Hammerschmied<br />

Karl Lorenz, Seifensiedermeister Jakob Niethammer sowie Karl Kaiser, der Festführer von Stockach, mit dem<br />

Kleinen Hanselorden.<br />

Zu seinem silbernen <strong>Die</strong>nstjubiläum erhielt Narrenvater Erwin Haas 1954 den speziell zu diesem Anlass gestifteten<br />

Blechernen Wohlauforden am silbernen Kettlein. Mit dieser nunmehr höchsten Stufe der Narrenorden<br />

wurden seither auch Georg Straub (1956), Hermann Armbruster und Otto Schmidt (1960), Engelbert Belli<br />

(1964), Rudolf Blattner und Albert Sandfuchs (1968), Josef Krausbeck (1971), Erich Steinhauser sen. (1980),<br />

Ewald Fritsch (1984), Walter Schmider (1988), Werner Lorenz, Raimund Schuler und Albert Wöhrle (1992),<br />

Norbert „Messing“ Jehle (1997) sowie <strong>Die</strong>ter Buss (2000) ausgezeichnet.<br />

Eine Auszeichnung für Narren, die bereits den Wohlauforden, aber noch nicht den Blechernen Wohlauforden<br />

erhielten, ist die mit einem alleruntertänigsten Purzelbaum des Narrenvaters dargebrachte Ernennung zum<br />

Ehren-Narro. Neben den Orden überreicht die Narrenzunft für besondere Verdienste einen Ehrenteller, der mit<br />

<strong>Fasnet</strong>motiven geziert ist.<br />

Der Große Narrenrat segnete bei seiner Frühjahrssitzung 2004 auf Antrag von Martin Brod eine Änderung<br />

der Ordensstatuten ab, um die Zahl der Orden einzudämmen. Der große Hanselorden kann künftig nur an Träger<br />

des kleinen Hanselordens verliehen werden, die nach dem 18. Lebensjahr sich mindestens 18 Jahre lang durch<br />

herausragende Aktivitäten bei mehreren Bräuchen um die <strong>Wolfacher</strong> Narretei verdient gemacht haben. Den<br />

Wohlauforden erhalten nur noch Träger des großen Hanselordens für aus dem Durchschnitt herausragende aktive<br />

Tätigkeiten, die nach dem 24. Lebensjahr für die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> geleistet wurden.<br />

<strong>Die</strong> Ordensverleihungen finden alle vier Jahre statt. Wer noch keinen Orden bekommen hat, kann das aus<br />

Messing gefertigte Zunftwappen, das dem über die <strong>Fasnet</strong>zeit am Stadttor zu sehenden großen Wappen entspricht,<br />

käuflich erwerben. Zudem gibt es noch einen großen runden Zunftaufkleber zur Verzierung von Fahrzeugen<br />

und anderen Utensilien.<br />

Den im Jahre 2000 verstorbenen Ehren-Narro Josef Krausbeck, der wie kein anderer das Gesicht und Erscheinungsbild<br />

der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> im 20. Jahrhundert prägte, ehrte die Freie Narrenzunft in besonderer<br />

Weise: Auf Vorschlag von Altwohlaufsänger Walter Schmider beschloss der Große Narrenrat im Mai 2003, an<br />

Krausbecks Wohnhaus in der Kleinen Dammstraße eine Tafel mit einem Portraitfoto und darunter eine Bronzetafel<br />

mit einer kurzen Würdigung seiner Verdienste um die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> anzubringen. <strong>Die</strong> Inschriften<br />

lauten:<br />

Josef Krausbeck, † 29.12.2000. Ein Schnappschuss am Schellemendig, 6.3.2000, beim Narrenbrunnenfest.<br />

Der hochverdiente Erz- und Ehrennarr Josef Krausbeck (90 Jahre) grüßt in seinem bekannten Häs vom<br />

Fenster seines Wohnzimmers am Schützeneck die Narren beim Festzug.<br />

JOSEF KRAUSBECK (19.6.1909-29.12.2000) lebte und arbeitete in diesem Haus als Kaufmann, aber auch als<br />

Heimatpfleger, Künstler und Poet. Ab Ende der 1920er Jahre Erhalter und Erneuerer der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>,<br />

ihrer Gestalten und Bräuche. Aktiv als Straßennarr, als Schnurrant, als Festspieldichter, -regisseur und<br />

-spieler. Schöpfer unzähliger <strong>Wolfacher</strong> Narrenfahnen. Verfasser vieler Veröffentlichungen über die<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. 1971 Ehren-Narro. Inhaber aller Auszeichnungen der Freien Narrenzunft und der Vereinigung<br />

Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Ihm sei Dank und Ehre! – Freie Narrenzunft Wolfach<br />

Nach einem dreimaligen Böllerschießen der Kanoniere, das sonst nur den Beginn der <strong>Fasnet</strong>umzüge signalisiert,<br />

wurden die beiden Tafeln am Nachmittag des Schmutzige Dunnschtigs 2005 durch zwei gelb-blaue Hansel unter<br />

den Klängen des von der Narrenkapelle intonierten Michelesmarsches feierlich enthüllt. Aus diesem Anlass<br />

928 Zur Geschichte der Narrenorden siehe Sandfuchs, A.: Orden für Witz und Narrentreue; Schmider, W.: Erste Narrenorden vor 71 Jahren<br />

verliehen. – Das Wördle vornenus sowie ein Bild des Titelblattes sind abgedruckt in: Aus dem Ordensbuch der Freien Narrenzunft<br />

Wolfach.<br />

929 Der originale Orden von Sandfuchs ist heute noch vorhanden.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 112<br />

tauchte auch die von Krausbeck wiederbelebte Riesendame auf, die ihm besonders am Herzen lag. Narrenvater<br />

„Vitus“ Kessler würdigte in einer kurzen Ansprache das Lebenswerk des Geehrten. Genau in dem Moment, als<br />

Kessler die Verlesung der Inschriften beendet hatte, traf ihn vom Dach des Krausbeck’schen Hauses eine kleine<br />

Schneelawine direkt auf den Kopf – und die Zuschauer waren sich einig: Des war beschtimmt de Krausbeck<br />

Sepp. Abschließend gab es einen kleinen Umtrunk und Brezeln, wobei auch einige hochprozentige Tropfen aus<br />

dem Nachlass von Krausbeck ausgeschenkt wurden.<br />

3.6. Festspielplakate, Festabzeichen, Lärvle und Hanselpuppen<br />

Eine lange Tradition haben die Festspielplakate, die immer mit viel närrischem Witz und künstlerischem Aufwand<br />

gestaltet werden. Das älteste erhaltene Plakat von 1862 kündigt das Indianer-Spiel Wampum, die große<br />

Schlange an 930 . Ein begehrtes Sammlerobjekt sind die von der Narrenzunft herausgegebenen Festabzeichen mit<br />

alljährlich wechselnden Motiven, die oft in Anlehnung an das jeweilige Festspielthema gestaltet sind und auch<br />

zur Finanzierung der Veranstaltungen dienen; die Narren sammeln die Abzeichen auf ihren Flößerkäpple. Von<br />

1980 bis 1983 gab es eine Serie von Abzeichen in Form der Buchstaben WOLFACH, geziert mit den <strong>Wolfacher</strong><br />

Narrengestalten, 1988 ein <strong>Wolfacher</strong> Billettle in Erinnerung an die 200 Jahre zuvor erstmals vom Oberamt gegen<br />

den Erwerb eines Piliets gewährte Narrenfreiheit 931 , 1994, 96, 98 und 99 jeweils eines der Hanselutensilien,<br />

2000 ein Narrenfähnchen mit dem Zunftwappen. Das Festabzeichen 2001 stellte die neue Währung 1 Narro dar.<br />

Zur Finanzierung der Narrenbrunnenneugestaltung im Jahr zuvor gab es von diesem Abzeichen eine limitierte<br />

Sonderauflage von 111 vergoldeten Exemplaren zum Verkaufspreis von 99 DM. <strong>Die</strong> seinerzeit nicht verkauften<br />

Goldnarros wurden 10 Jahre später zur Finanzierung der neuen Narrenkammer zu einem Stückpreis von 25 Euro<br />

angeboten. 2002 startete eine neue Serie, die den Narrenfiguren gewidmet ist. Zu Jubiläumsveranstaltungen und<br />

Narrentreffen werden ebenfalls spezielle Abzeichen hergestellt, die zugleich als Eintrittskarte gelten.<br />

Nachdem bereits 1950 sowie zum Großen Narrentreffen 1973 kleine Hansellärvle erschienen, gab die<br />

Narrenzunft seit 1992 nach und nach je ein Lärvle von jedem Hansel und der Rungunkel zum Umhängen heraus.<br />

Seit 1995 fertigt Optikermeister Christian Keller alljährlich in begrenzter Stückzahl einem bestimmten<br />

Thema gewidmete <strong>Fasnet</strong>ohrringe, geziert beispielsweise mit einer kleinen Wohlauflaterne, einer<br />

Nussschalenhanselstreckschere, Kaffeemühle, Gumminase, Holzspan und Blechpäper oder einem hölzernen<br />

Bierkrug.<br />

Roswitha Welle bastelt mit Unterstützung ihres Mannes Frieder originalgetreu mit einem Stoffhäs ausgestattete<br />

etwa 35 cm große Puppen aller <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalten, die sie zur <strong>Fasnet</strong>zeit auf den Wochenmärkten<br />

verkauft 932 .<br />

3.7. <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle<br />

Am Schmutzige Dunnschtig 1878 erschien erstmals in Wolfach eine Narrenzeitung. Sie trug den Titel <strong>Wolfacher</strong><br />

Fasching-Zeitung / Närrische Reveille 933 . Für Redaktion, Druck und Verlag war die Druckerei August Sandfuchs,<br />

die auch den Kinzigtäler herausgab, verantwortlich 934 . Weitere Narrenzeitungen mit wechselnden Titeln<br />

kamen 1883 und 1884 (Redakteur S. Gayer aus Wolfach 935 ) sowie 1896 heraus. Nach langer Pause verfasste der<br />

in Villingen geborene Justizobersekretär Oskar Koch 1930 ‘s Narreblättle Nr. 1 mit einer Auflage von 500 Stück<br />

zum Preis von je 50 Pfennig. Im Jahr darauf stellte die Narrenzunft im Rathausflur einen Narrenbriefkasten auf,<br />

in den die Narren ihre Beiträge und Ideen für die neue, nun Wohlauf genannte Narrenzeitung einwerfen konnten,<br />

die ebenfalls eine Auflage von 500 Stück ereichte. <strong>Die</strong> für 1932 geplante Herausgabe einer weiteren Ausgabe<br />

scheiterte an den wirtschaftlich schlechten Zeitumständen; ein Jahr später konnte kein Redakteur gefunden<br />

werden. 1958 erschien im Heimatteil des Schwarzwälder Boten eine einseitige <strong>Wolfacher</strong> Narrenzittung, die<br />

allerlei satirische Nachrichten, zumeist über kommunalpolitische Ereignisse, enthielt.<br />

930<br />

Abbildung des Plakats in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1956), 60.<br />

931<br />

Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

932<br />

Über die <strong>Fasnet</strong>puppen siehe Berichte im OT vom 9.9.1997 und Schwabo vom 1.3.2003.<br />

933<br />

Zur Geschichte der Narrenzeitungen siehe Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 57-60; 20 Jahre <strong>Wolfacher</strong><br />

Narrenblättle.<br />

934<br />

Sandfuchs, W.: <strong>Die</strong> Geschichte des „Kinzigtäler“, 45. – Ein Exemplar befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/18.<br />

935<br />

Je ein Exemplar von 1883 und 1884 befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/19; 1989/20.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

Abbildung 4: : <strong>Die</strong> erste erhaltene „<strong>Wolfacher</strong> Fasching Fasching-Zeitung“ von 1878<br />

Ende 1970 setzten sich in der Gastwirtschaft „Fortuna“ Erich Steinhauser jun., Sylvia Schuler und Wolfgang<br />

Rehkuh zusammen, um zur <strong>Fasnet</strong> 1971 ein neues<br />

Stammtisch und die Wirtin Elsa Wöhrle, die Patin des Narrenblättl<br />

tatkräftig mit. Das Titelbild mit einem Schellenhansel zeichnete Josef Krausbeck. Weitere Mitarbeiter der Ers<br />

ausgabe waren Doris Gabel, Roland Severin Schuler sowie der Kleine Narrenrat unter Narrenvater Erich Stei<br />

hauser sen. Für den Straßenverkauf des Blättles wurde eine alte Drehorgel, die dem Männergesangverein<br />

Liederkranz gehört 937 ch in der Gastwirtschaft „Fortuna“ Erich Steinhauser jun., Sylvia Schuler und Wolfgang<br />

Rehkuh zusammen, um zur <strong>Fasnet</strong> 1971 ein neues <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle zu schaffen. Der damalige Fortuna<br />

Stammtisch und die Wirtin Elsa Wöhrle, die Patin des Narrenblättles<br />

, wieder spielfähig hergerichtet und auf einen Handkarren montiert, mit dem die Orge<br />

männer und –frauen seither alljährlich in der Vorf<br />

den Mann oder die Frau zu bringen. Der Erlös aus dem Verkauf kommt der Kinderfasnet sowie den beiden<br />

Kindergärten zugute. <strong>Die</strong> Auslosung der Gewinner des Narrenblättle<br />

einen festen Programmpunkt des Zunftabends.<br />

Treibende Kraft hinter dem Narrenblättle blieb zwei Jahrzehnte lang Erich Steinhauser jun., der 1990 die<br />

Drehorgel offiziell in jüngere Hände übergab. <strong>Die</strong> Zusammensetzung der Redaktion verände<br />

der Zeit immer wieder. Seit 1978 gestaltet der Club der Portugiesen alljährlich einige <strong>Seite</strong>n des Narrenblättles<br />

auf Portugiesisch. Von 1972 bis 1981 und 1983 bis 2002 zeichnete der Maler Heinz Pape die Titelbilder. Neben<br />

dem festen Mitarbeiterstab und den Orgelleuten gibt es auch zahlreiche freie Mitarbeiter. So veröffentlichte Josef<br />

Krausbeck ab und an einige Beiträge zur Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

Zum 15-jährigen Bestehen des Narrenblättles reaktivierte die Redaktion an der <strong>Fasnet</strong><br />

ihr Geburtshaus, die seit dem Tode von Elsa Wöhrle 1981 geschlossene<br />

936 , halfen bei den Redaktionssitzungen<br />

tatkräftig mit. Das Titelbild mit einem Schellenhansel zeichnete Josef Krausbeck. Weitere Mitarbeiter der Ers<br />

ausgabe waren Doris Gabel, Roland Severin Schuler sowie der Kleine Narrenrat unter Narrenvater Erich Stei<br />

hauser sen. Für den Straßenverkauf des Blättles wurde eine alte Drehorgel, die dem Männergesangverein<br />

, wieder spielfähig hergerichtet und auf einen Handkarren montiert, mit dem die Orge<br />

frauen seither alljährlich in der Vorfasnetzeit durch die Straßen der Stadt ziehen, um ihr Blättle an<br />

den Mann oder die Frau zu bringen. Der Erlös aus dem Verkauf kommt der Kinderfasnet sowie den beiden<br />

Kindergärten zugute. <strong>Die</strong> Auslosung der Gewinner des Narrenblättle-Preisrätsels bildete über<br />

einen festen Programmpunkt des Zunftabends.<br />

Treibende Kraft hinter dem Narrenblättle blieb zwei Jahrzehnte lang Erich Steinhauser jun., der 1990 die<br />

Drehorgel offiziell in jüngere Hände übergab. <strong>Die</strong> Zusammensetzung der Redaktion verände<br />

der Zeit immer wieder. Seit 1978 gestaltet der Club der Portugiesen alljährlich einige <strong>Seite</strong>n des Narrenblättles<br />

auf Portugiesisch. Von 1972 bis 1981 und 1983 bis 2002 zeichnete der Maler Heinz Pape die Titelbilder. Neben<br />

beiterstab und den Orgelleuten gibt es auch zahlreiche freie Mitarbeiter. So veröffentlichte Josef<br />

Krausbeck ab und an einige Beiträge zur Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>.<br />

jährigen Bestehen des Narrenblättles reaktivierte die Redaktion an der <strong>Fasnet</strong><br />

ihr Geburtshaus, die seit dem Tode von Elsa Wöhrle 1981 geschlossene Fortuna 938 ch in der Gastwirtschaft „Fortuna“ Erich Steinhauser jun., Sylvia Schuler und Wolfgang<br />

zu schaffen. Der damalige Fortuna-<br />

, halfen bei den Redaktionssitzungen<br />

tatkräftig mit. Das Titelbild mit einem Schellenhansel zeichnete Josef Krausbeck. Weitere Mitarbeiter der Erstausgabe<br />

waren Doris Gabel, Roland Severin Schuler sowie der Kleine Narrenrat unter Narrenvater Erich Steinhauser<br />

sen. Für den Straßenverkauf des Blättles wurde eine alte Drehorgel, die dem Männergesangverein<br />

, wieder spielfähig hergerichtet und auf einen Handkarren montiert, mit dem die Orgelasnetzeit<br />

durch die Straßen der Stadt ziehen, um ihr Blättle an<br />

den Mann oder die Frau zu bringen. Der Erlös aus dem Verkauf kommt der Kinderfasnet sowie den beiden<br />

Preisrätsels bildete über viele Jahre hinweg<br />

Treibende Kraft hinter dem Narrenblättle blieb zwei Jahrzehnte lang Erich Steinhauser jun., der 1990 die<br />

Drehorgel offiziell in jüngere Hände übergab. <strong>Die</strong> Zusammensetzung der Redaktion veränderte sich im Laufe<br />

der Zeit immer wieder. Seit 1978 gestaltet der Club der Portugiesen alljährlich einige <strong>Seite</strong>n des Narrenblättles<br />

auf Portugiesisch. Von 1972 bis 1981 und 1983 bis 2002 zeichnete der Maler Heinz Pape die Titelbilder. Neben<br />

beiterstab und den Orgelleuten gibt es auch zahlreiche freie Mitarbeiter. So veröffentlichte Josef<br />

jährigen Bestehen des Narrenblättles reaktivierte die Redaktion an der <strong>Fasnet</strong> 1985 für einige Tage<br />

.<br />

936<br />

Ein Gedicht über die 1981 gestorbene Elsa Wöhrle und ihre Verdienste um das Narrenblättle erschien im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 12<br />

(1982).<br />

937<br />

<strong>Die</strong> Drehorgel befindet sich heute als Leihgabe im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/514.<br />

938<br />

Bericht über das Jubiläum im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 16 (1986).<br />

<strong>Seite</strong> 113


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 114<br />

4. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, -sprüche und -gedichte<br />

4.1. <strong>Fasnet</strong>lieder<br />

4.1.1. Der Michelesmarsch<br />

Das in Wolfach zur <strong>Fasnet</strong>zeit am meisten gespielte Musikstück ist zweifellos der Michelesmarsch 939 , mit dem<br />

die Narrenkapelle das <strong>Fasnet</strong>usrufe, die Elfemessen sowie Fest- und Kinderumzug begleitet (Notenbeispiel 10).<br />

Der Name des Marsches dürfte zurückgehen auf das Verb michelen ‚foppen’, gebildet in Anlehnung an den<br />

meist spöttisch als ein Synonym für Narr benutzten Rufnamen Michel 940 .<br />

An der <strong>Fasnet</strong> 1929 froren bei eisiger Kälte um minus 20 Grad die Instrumente der Narrenkapelle ein 941 .<br />

Nichtsdestotrotz erklang bei den Umzügen der Michelesmarsch, denn er besteht nur aus Naturtönen, die die<br />

Kapelle auch ohne die fest gefrorenen Ventile spielen konnte.<br />

Josef Krausbeck dichtete 1934 und 1948 drei Strophen auf die Melodie des Marsches, in denen er den Ablauf<br />

der <strong>Fasnet</strong> an den drei Haupttagen Schmutzige Dunnschtig, Schellementig und <strong>Fasnet</strong>zieschtig beschreibt 942 . <strong>Die</strong><br />

in der ersten Strophe erwähnte Elfemess bim Bahnhofjud war in der Bahnhofwirtschaft, die der gelernte Kaufmann<br />

und langjährige Wohlaufsänger Albert Schmider nach seiner Heirat 1911 mit der Bahnhofwirtstochter<br />

Rosina Fritsch (1890-1951) übernommen hatte und der wegen seiner vielen Geschäfte, denen er nebenher nachging,<br />

im Volksmund de Bahnhofjud hieß 943 . <strong>Die</strong> Elfemess bim Bennemi war im Grünen Baum bei Ben Endres,<br />

die Elfemess bim Bäuerle in der ursprünglich von Bierbrauer Bäuerle betriebenen Gastwirtschaft Zum lustigen<br />

Bruder, der späteren Ratsstube 944 . 1973 musste, wie schon beim Wohlauflied, die Entechrist-Zeile in der zweiten<br />

Strophe abgeändert werden. Karl Blattner dichtete 1959 ebenfalls einen Text auf die Melodie des<br />

Michelesmarsches, der jedoch keine größere Verbreitung fand 945 .<br />

<strong>Die</strong> ersten beiden Teile des Michelesmarsches basieren auf einem 1812 in Frankreich entstandenen Militärmarsch<br />

mit dem Titel Aux champs en marchant ‚marschierend ins Schlachtfeld’ 946 , der bis heute zum offiziellen<br />

Repertoire der französischen Militärmusik zählt. Eine Aufnahme dieses Marsches ist als Audiodatei auf der<br />

<strong>Netz</strong>seite des französischen Verteidigungsministeriums zu finden 947 . <strong>Die</strong> Auswahl und Reihenfolge der in Frankreich<br />

bei militärischen Anlässen gespielten Stücke wurden durch eine ministerielle Anweisung vom 18. Juni<br />

1912 in allen Truppenteilen der Armee festgelegt und 1958 auf den neuesten Stand gebracht. <strong>Die</strong> aktuell gültige,<br />

durch den Generalstab der Armee verordnete Regelung erschien im Journal officiel de la République française<br />

No. 1624 vom 1. September 1989 unter dem Titel Cérémonies publiques préséances, honneurs civils et militaires<br />

948 . Darin wird bestimmt, dass der Marsch Aux champs en marchant der Ehrerweisung an die Generäle des<br />

Armeekorps (vier Sterne) und der Armee (fünf Sterne), an die Vizeadmiräle der Geschwader (vier Sterne) und<br />

die Admiräle (fünf Sterne) sowie an hohe zivile Persönlichkeiten (Staats- und Regierungschefs) bei ihrer Ankunft<br />

oder Abfahrt dient.<br />

1825 erschien das Manuel Encyclopédique et Alphabétique de L’Officier D’Infanterie des französischen<br />

Offiziers und Mitglieds der Ehrenlegion François-Philippe Lelouterel (1789-1874) 949 . Darin sind die damals<br />

gültigen Anordnungen über den <strong>Die</strong>nst, die Regelungen, Disziplin, Gesetzgebung und Verwaltung der Infanterie,<br />

die Grundbegriffe eines Feldzuges sowie eine Anleitung für die Schützen mit Hinweisen zur Pflege der<br />

939 <strong>Die</strong> Melodie des Michelesmarsches ist abgedruckt in Disch: Chronik Wolfach, 440. Melodie und Text finden sich auch im DVA, nach der<br />

Tonaufnahme Nr. A 209449 des DVA vom 16.10.1968 transkribiert von Lieselotte Wiedling. – Zum Michelesmarsch siehe Schrader:<br />

Möglicherweise eine Karikatur auf <strong>Wolfacher</strong> Bürgermilitär; Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 179-182. – <strong>Die</strong> Freie Narrenzunft gab<br />

die Texte aller <strong>Fasnet</strong>lieder 1955 und 1960 in einem Faltblatt heraus, zudem 1973 im Grünen Büchle von Josef Krausbeck. <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong>s-Lieder (1955); <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>s-Lieder (1960); Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 12-23.<br />

940 Fischer: Schwäbisches Wörterbuch IV, 1656, s. v. mi(e)chele n , Michel (3); Grimm: Deutsches Wörterbuch XII, 2168f., s. v. Michel. –<br />

Eine Verbindung zu michel ‚groß’ (Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 139, s. v. michel) ist unwahrscheinlich, da das Wort in dieser Bedeutung<br />

bereits im 16. Jahrhundert aus der Mode kam. Zudem lassen sich beide Wörter bei Zusammensetzungen eindeutig durch das<br />

eingefügte s unterscheiden, das es aus grammatikalischen Gründen nicht bei michel ‚groß’ geben kann. – Zu michel ‚groß’ vgl. Köbler:<br />

Ahd. Wörterbuch, s. v. mihhil, mihhilēn, mihhiles, mihhilōn; Grimm: Deutsches Wörterbuch XII, 2169f., s. v. michel.<br />

941 Krausbeck: Wohlauf bei 20 Grad minus.<br />

942 <strong>Die</strong> Texte der <strong>Fasnet</strong>lieder finden sich im Abschnitt 4.2 Liedtexte.<br />

943 Zu Albert Schmider siehe Anmerkung 567.<br />

944 <strong>Die</strong> Gastwirtschaft „Zum lustigen Bruder“ gehörte 1920 dem 1872 in Heidelberg geborenen Bezirksbaukontrolleur Wilhelm Clormann,<br />

der mit Auguste Bäuerle, der Tochter des Bierbrauers, verheiratet war und die Wirtschaft an Berta Häufle verpachtete. 1939 wurde die<br />

nun als Ratsstube benannte Gastwirtschaft von Gastwirt und Malermeister Otto Haberer betrieben. Mitteilung von <strong>Die</strong>ter Buss, Wolfach,<br />

vom 31.1.2007; Disch: Chronik Wolfach, 127; Einwohnerbuch für den Landkreis Wolfach 1939, 15f., 23, 702.<br />

945 Der Text des Liedes findet sich im Abschnitt 4.4.3 Micheles Marsch! Hanseles Marsch.<br />

946 Orledge: Satie the composer, 203, 300, 364 Anmerkung 74. – Eine Aufnahme des Marsches findet sich auf der 1996 erschienenen CD<br />

Marches et sonneries de l’armée française sowie auf den <strong>Netz</strong>seiten Sonneries et batteries réglementaires und Troupes De Marine. –<br />

<strong>Die</strong> Marschmusik in der französischen Infanterie und Marine wurde ursprünglich mit Trommeln und Flöten gespielt. An die Stelle der<br />

Flöte trat später das Bügelhorn und ab 1831 die Fanfare. Sonneries et batteries réglementaires.<br />

947 Sonneries et batteries réglementaires.<br />

948 Cérémonies publiques. – <strong>Die</strong> protokollarische Rangfolge von Personen des öffentlichen Lebens sind festgelegt in: Décret relatif aux<br />

cérémonies publiques.<br />

949 Annuaire militaire de 1851, s. v. Généraux de brigade Nr. 58, 12.6.1848; Annuaire des Titulaires, s. v. Lelouterel, François-Philippe.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 115<br />

Uniformen und Ausstattung aufgeführt 950 . Unter den 29 im Manuel abgedruckten Signalen und Märschen für<br />

Bügelhorn 951 befindet sich auch der hier nur mit der Tempoangabe Pas Ordinaire ‚gewöhnlicher Schritt’ 952 bezeichnete<br />

Michelesmarsch 953 . Möglicherweise diente dieses Buch in Wolfach 1827 als Informationsquelle für<br />

den Aufbau des hiesigen Bürgermilitärs 954 . Vielleicht wurde die Gründung des Bürgermilitärs 1828 bei einer<br />

Elfemess karikiert und dabei just jener Marsch benutzt, der schließlich Aufnahme fand in das alljährliche <strong>Fasnet</strong>repertoire<br />

der Narrenkapelle. Jedenfalls erließ das Bezirksamt 1828 einen Zusatz zu den erst gut ein Jahr alten<br />

Statuten des Bürgermilitärs, in dem das Wegleihen von Uniformen besonders an Fastnacht bei einer Strafe von<br />

3 fl verboten wurde 955 – und wenn so etwas ausdrücklich verboten wird, dann muss es wohl zuvor einen entsprechenden<br />

Vorfall gegeben haben.<br />

Es ist allerdings nicht ganz auszuschließen, dass der Marsch bereits 1818 über eine andere französische<br />

Militärmusiksammlung nach Wolfach gelangt sein könnte, als die <strong>Wolfacher</strong> Stadtkapelle in Straßburg<br />

Instrumente und Noten kaufte 956 .<br />

Tabelle 3: Der Aufbau des Michelesmarsches<br />

Zeile/Motiv Noten 957<br />

1a 135-13553155555<br />

1b 135-1355-5-5-5-1<br />

2a 5-5-5-5-5-15-135<br />

2b 5-5-5-5-5-15-131<br />

2c = Motiv 1b<br />

3a 55315531<br />

3b = Motiv 2a<br />

3c 553155315-5-5-5-5-1<br />

Der Marsch wurde 1812 nicht vollkommen neu komponiert, sondern basiert vielmehr auf verschiedenen Naturtonmotiven,<br />

die sich schon in früheren Quellen nachweisen lassen.<br />

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war der zunächst in Leipzig wirkende Johann Rosenmüller (1619-<br />

1684) der beliebteste deutsche Komponist 958 , obwohl er 1655, kurz vor seinem Antritt als Thomaskantor, unter<br />

den Verdacht der Sodomiterey mit den Knaben des ihm anvertrauten Thomanerchores geriet 959 . Um der<br />

drohenden Gefängnisstrafe zu entgehen, floh er zunächst nach Hamburg und dann nach Venedig. Erst 1682<br />

kehrte er nach Deutschland zurück an den Hof in Wolfenbüttel. In jenem Jahr erschienen in Nürnberg seine<br />

zwölf Sonate à 2. 3. 4 è 5. Stromenti da Arco & Altri. <strong>Die</strong> Sonata Quarta à 3 für zwei Violinen, Viola da gamba<br />

und Basso Continuo basiert auf einer Melodie, die das ganze Stück durchzieht und mit den Takten zwei und drei<br />

des Michelesmarsches übereinstimmt (Notenbeispiel 13) 960 . Da Rosenmüller auch Posaunist war, kannte er sich<br />

bestens mit solchen Naturtonmotiven aus.<br />

In einem 1775 entstandenen Manuskript von Timothy Swan (1758-1842), einem amerikanischen<br />

Komponisten aus Northfield (Massachusetts) 961 , ist ein Stück ohne Titel im 3/4-Takt überliefert, dessen Beginn,<br />

von Tonwiederholungen und einer Oktavversetzung abgesehen, mit den ersten neun Noten des<br />

950<br />

Ein Beispiel aus Lelouterels Buch über das Weißen des Lederzeugs findet sich in Coppens / Schmidt: Das Weißen des Lederzeugs.<br />

951<br />

Bügelhorn ‚leicht ansprechendes Signalhorn, das einen weichen, etwas groben Klang hat’. Brockhaus Riemann Musiklexikon I, 187, s. v.<br />

Bügelhorn.<br />

952<br />

Ein Marsch im Tempo Pas ordinaire weist etwa 75 Schläge pro Minute auf, ist aus heutiger Sicht also relativ langsam, da die schlechte<br />

Ausstattung der Soldaten und der Zustand der Straßen im 18. und 19. Jahrhundert keine höheren Schrittgeschwindigkeiten zuließen. Ein<br />

Marsch im Geschwindschritt weist etwa 100 Schläge pro Minute auf. Mitteilung von <strong>Die</strong>ter Buss, Wolfach, vom 30.1.2007.<br />

953<br />

Lelouterel: Manuel Encyclopédique et Alphabétique, 6 (EASMES Nr. W159.5).<br />

954<br />

Disch: Chronik Wolfach, 540-542. – Es stellt sich allerdings die Frage, ob bei der Gründung einer deutschen Bürgerwehr ausgerechnet ein<br />

Lehrbuch aus dem seinerzeit noch verfeindeten Frankreich benutzt wurde.<br />

955<br />

Disch: Chronik Wolfach, 542.<br />

956<br />

Disch: Chronik Wolfach, 542; Hermann: Michelesmarsch. – Unter den 1818 erworbenen Instrumenten befand sich ein Stockserpent, der<br />

auch als Holzbass oder russisches Fagott bezeichnet wird und 2004 durch den Musiker Franz Schüssele renoviert wurde. Bei einem<br />

Konzert am 16. März 2005 im Rathaussaal brachte Schüssele den Holzbass erstmals seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder zum<br />

Klingen und spielte neben einer Sonate von Henry Purcell das zuvor letztmals 1842 aufgeführte <strong>Die</strong>s Iræ von Georg Anton Bredelin<br />

sowie den Michelesmarsch, jeweils am Klavier begleitet von Karl Echle. Schrader: Beat ginge sogar den alten Rittern in die Beine;<br />

Buchta: Kleine Geschichte der Blasinstrumente. – Zur Geschichte des Stockserpents, der von Josef Krausbeck vor dem Sperrmüll gerettet<br />

wurde und sich heute im Bestand des Museums Schloss Wolfach (Inventar-Nr. 1989/202) befindet, siehe: 175 Jahre Stadtkapelle<br />

Wolfach, 12; Franz Schüssele lässt eine Rarität erklingen. – Der Stockserpent wurde 2010 in der Großen Landesausstellung „Vom<br />

Minnesang zur Popakademie“ im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe ausgestellt. Vom Minnesang zur Popakademie, 115 (Nr.<br />

II.28). – Durch die <strong>Wolfacher</strong> Flößer bestanden schon seit langer Zeit enge wirtschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen zum<br />

Elsass, siehe Schlaefli: Über den Werkmeister Georg Wambser aus Wolfach, 413f., 417, 428-430.<br />

957<br />

Zur Notendarstellung siehe Anmerkung 1772.<br />

958<br />

Horneffer: Johann Rosenmüller; Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon VIII (1994), 682-683, s. v. Rosenmüller, Johann; ADB<br />

XXIX, 217-219, s. v. Rosenmüller, Johann; NDB XXII, 72-73, s. v. Rosenmüller, Johann.<br />

959<br />

Ausführlich dargestellt ist der „Fall Johann Rosenmüller“ in Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen Päderastie, 18-26. – Möglicherweise als<br />

Reflex auf den Rosenmüllerskandal komponierte 1729 Johann Sebastian Bach, der 1726 einen fünfstimmigen Choralsatz Rosenmüllers<br />

in seine Kantate Wer weiß, wie nahe mir mein Ende (BWV 27) übernommen hatte, in seinem Drama per musica Der Streit zwischen<br />

Phoebus und Pan BWV 201 mit der Arie des Phoebus die erste und bis heute bedeutsamste homoerotische Liebesarie der Musikgeschichte.<br />

960<br />

Rosenmüller: Sonate à 2. 3. 4 è 5, 22-31. – Weitere Werke Rosenmüllers finden sich in Tufvesson: Free Sheetmusic.<br />

961<br />

The Music Of William Billings, s. v. Timothy Swan.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 116<br />

Michelesmarschmotivs 1a übereinstimmt (Tabelle 4) 962 . <strong>Die</strong> gleichen Noten finden sich in dem 1781 von<br />

Nathaniel Brown komponierten Quick March für Flöte 963 , wobei hier in den Takten zwei und drei jeweils<br />

Zwischennoten eingefügt sind. In dem 1805 von W. Roberts in London herausgegebenen Buch New Instructions<br />

for the Bugle ‚Neue Anleitungen für das Bügelhorn’ von J. Jones ist ein Quick March abgedruckt 964 , dessen erste<br />

Notenzeile ebenfalls dem Motiv 1a entspricht. 1824 erschien in Philadelphia der General La Fayette Bugle Waltz<br />

für Klavier von Francis Johnson (1792-1844) 965 , der das Motiv 1a im 3/4-Takt zitiert 966 .<br />

Tabelle 4: Varianten des Michelesmarsches, Motiv 1<br />

Titel Incipit 967 Jahr Takt Besetzung EASMES<br />

Michelesmarsch, Motiv 1 //13//5-13//5531//55555//13//5-13//55-5-5-5-//1// - 2/4 Fanfare -<br />

Aux champs en marchant //13//5-13//5531//55555//13//5-13//555-5-//1// 1812 2/4 Fanfare -<br />

Pas Ordinaire /13//5-13/5531//5555/13//5-13/... 1825 C Bügelhorn W159.5<br />

Manuskript Timothy Swan //11113//5-1//3531+3//25// 1775 3/4 Melodieinstrument A31.32<br />

Quick March (Brown) //135-/135//543/432//121/131// 1781 6/8 Flöte S12.76<br />

Quick March (Jones) //135-/135-//1355/53//135-/135-// 1805 C Bügelhorn W41.50<br />

General La Fayette Bugle Waltz //135-5-//135-5-//135315-//1322//7-5-7-25//311 1824 3/4 Klavier D51.209<br />

Eine große Rolle in der Militärmusik spielen Signale, die der Übermittlung von Befehlen in der Schlacht<br />

(Kriegs- oder Manöversignale), der Garnison (Kasernensignale) und bei offiziellen militärischen oder zivilen<br />

Zeremonien dienen 968 . Dabei wird je nach Truppenteil zwischen Fanfaren- und Trompetensignalen unterschieden.<br />

Das Signalrepertoire der französischen Armee für offizielle Anlässe basiert überwiegend auf mehreren<br />

gedruckten Notensammlungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. <strong>Die</strong> Trompetensignale wurden 1806<br />

von David Buhl (1781-1860), der die Musik der königlichen Garde in Paris leitete 969 , komponiert und 1825<br />

offiziell eingeführt. Zu den sonneries de trompettes de cavalerie ‚Trompetensignalen der Kavallerie’ gehört das<br />

Signal La distribution des lettres ‚Verteilung der Briefe’, dessen Noten 7 bis 16 dem Michelesmarschmotiv 1b<br />

entsprechen 970 . Das gleiche Signal findet sich in einer Fassung für Fanfare unter dem Titel La distribution du<br />

courrier ‚Verteilung der Post’ in den sonneries de quartier ‚Quartiersignalen’, die den Tagesablauf innerhalb der<br />

Kasernen bestimmen und die 1831 zusammen mit anderen Fanfarensignalen von einem Herrn Melchior, dem<br />

Chef der königlichen Garde unter Louis-Philippe von Orléans (1773-1850; 1830-1848 König von Frankreich),<br />

veröffentlicht wurden 971 .<br />

Tabelle 5: Varianten des Michelesmarsches, Motiv 2a<br />

Titel Incipit Jahr Takt Besetzung EASMES<br />

Michelesmarsch, Motiv 2a //5-5-5-5-5-//15-135// - 2/4 Fanfare -<br />

Air 20 (Roger) //5-5-5-5-1/5-135//343215/31//11113/1353 1716 C Duo W132.20<br />

Polonese //477472+4+//4321217-//... 1745 3/4 Flöte B15.283<br />

Attention Rear Guard //51+1+1+1+51+3+5+// 1818 - Bügelhorn W158.138<br />

Tabelle 6: Varianten des Michelesmarsches, Motive 2b-c<br />

Titel Incipit Jahr Takt Besetzung EASMES<br />

Michelesmarsch, Motiv 2b+c //5-5-5-5-5-//15-131//135-1355-5-5-5-1 - 2/4 Fanfare -<br />

Air 19 //5-5-5-5-5-5-//15-//111111//31//54565645//32343423 1716 3/4 Duo W132.19<br />

Air 51 //5-15-/131//535/3153//113/15-17-12 1716 C Duo W132.51<br />

Watering Call //5-1/15-//5-1/1//3/1 1800 6/4 Bügelhorn S8.2<br />

- //51+/1+5//51+/1+//3+/1+// 1809 6/8 Bügelhorn D57.19<br />

To the Centre //5-15-1/3135 1812 - Bügelhorn D38.9<br />

Watering Call //5-1/15-//5-1/1//3/1 1813 6/4 Bügelhorn D55.10<br />

Corporal’s Call //5-/111//5-5-5-/111//3/111 1817 2/4 Bügelhorn W131.91<br />

Interrogative //5-/15-1//313/5 1817 6/8 Bügelhorn D131.64<br />

Corporals Call //51+1+1+555//1+1+1+3+1+1+//1+3+1+5// 1818 - Bügelhorn W158.89<br />

Ruht Euch //5-11/5-1/313513//51//1 1821 9/4 Horn W118.2<br />

Verstärken Derselben //5-5-5-//15-1//111//313//333//531 1821 3/8 Horn W118.14<br />

Retire 972 //5-5-5-/5-5-//15-13/13//5-5-5-/5-5// 1825 2/4 Bügelhorn D59.5<br />

Retire //5-5-5-/5-5-//15-1313/5-5-5-5-5- 1834 2/4 Bügelhorn D42.30<br />

962 Swan: [Manuskript], 35f. (EASMES Nr. A31.32).<br />

963 Brown: [Kopienbuch], 38R (EASMES Nr. S12.76). – <strong>Die</strong> gleiche Melodie findet sich in transponierter Form in vier weiteren Stücken aus<br />

den Jahren 1800, 1808, 1818 und 1825, siehe EASMES Nr. A42.4, A81.106, C112.28, D12.71.<br />

964 Jones: New Instructions for the Bugle, 7 (EASMES Nr. W41.50).<br />

965 Philadelphia Composers: Francis Johnson.<br />

966 Johnson: General La Fayette Bugle Waltz (EASMES Nr. D51.209).<br />

967 Lat. incipit ‚es beginnt’. – Zur Notendarstellung der Incipits siehe Anmerkung 1772.<br />

968 Zur Geschichte der Militär- und Signalmusik siehe: Brockhaus Riemann Musiklexikon III, 132f., s. v. Militärmusik; IV, 159, s. v. Signale.<br />

969 Buhl: Ordonnance de Trompettes; Sonneries et batteries réglementaires. – Zu Buhl siehe Fétis: Biographie universelle des musiciens,<br />

109f., s. v. Buhl, Joseph-David.<br />

970 Eine Aufnahme des Signals ist zu hören in: Sonneries de cavalerie; Sonneries et batteries réglementaires.<br />

971 Melchior: Batteries et Sonneries. – Eine Aufnahme des Signals ist zu hören in: Cérémonial et tradition; Sonneries et batteries réglemen-<br />

taires.<br />

972 Das Retire-Signal findet sich auch in zwei weiteren Militärmusiksammlungen von 1826 und 1830: EASMES Nr. D39.5, D46.5.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 117<br />

<strong>Die</strong> Motive in der zweiten Zeile des Michelesmarsches lassen sich ebenfalls in früheren Quellen nachweisen<br />

(Tabelle 5 und Tabelle 6); erstmals tauchen sie 1716 in einer von Estienne Roger (ca. 1666-1722) und Michel-<br />

Charles Le Cène (1684-1743) 973 herausgegebenen Sammlung von Duetten für verschiedene Besetzungen auf, die<br />

möglicherweise von Jacques-Philippe Dreux († 1787? 974 ) komponiert wurden 975 .<br />

Tabelle 7: Varianten des Michelesmarsches, Motive 3a-c<br />

Titel Incipit Jahr Takt Besetzung EASMES<br />

Michelesmarsch, 3a+2a //5531/5531/5-5-5-5-5-/15-135 - 2/4 Fanfare -<br />

Michelesmarsch, 3c //5531/5531/5-5-5-5-5-/1 - 2/4 Fanfare -<br />

Men’s Dinner Call //531/531//5-1/13//5-1/13 1817 6/8 Bügelhorn W131.105<br />

Soldiers Dinner Call //531/531//5-1/13//5-1/13 1818 6/8 Bügelhorn W158.99<br />

Bread Horn //531/5-1//5-113/5-11//5-113/531 1817 C Bügelhorn W131.100<br />

Das Motiv 3a in der dritten Zeile ist sehr weit verbreitet; es wird in den EASMES 105-mal als Auftakt eines<br />

eigenständigen Stückes aufgelistet 976 . Seltener sind die Kombination mit dem Motiv 2a und das Motiv 3c. Drei<br />

Beispiele aus zwei Bügelhorn-Notensammlungen 977 von 1817 und 1818 sind in Tabelle 7 verzeichnet. Darüber<br />

hinaus gibt es auch Signale, in denen sich Teile des Michelesmarsches und Kombinationen einzelner Motive<br />

nachweisen lassen (siehe Tabelle 8).<br />

Tabelle 8: Teilvarianten des Michelesmarsches, Motive 3a-c<br />

Titel Incipit Jahr Takt Besetzung EASMES<br />

Michelesmarsch, 3a+2a //5531/5531/5-5-5-5-5-/15-135 - 2/4 Fanfare -<br />

Michelesmarsch, 3c //5531/5531/5-5-5-5-5/1 - 2/4 Fanfare -<br />

Relieve Skirmishers //115-1//3313//5531//5-5-5-5-//111//1// 1825/26/30/34 3/8 Bügelhorn D39.9/D59.9/D46.9/D42.34<br />

Adagio //15-31/531//5531/5-5-5-5-5-//15-31/531 1804 C Bügelhorn W130.40<br />

March as Performed<br />

by the Marine Band 978<br />

//11111/5531//5-5-5-5-5-/5-//11111/5535 1813 C Klavier, Flöte D51.409<br />

Während der Besatzungszeit nach dem 2. Weltkrieg spielte das französische Militär den Michelesmarsch in<br />

Wolfach beim Fahnenhissen; dies führte zu einer gefährlichen Situation, denn die Schuljugend fing nun an, zu<br />

tanzen und zu hopsen, wie sie es von der <strong>Fasnet</strong> her gewohnt war. Doch schließlich konnte das Missverständnis<br />

aufgeklärt werden; 1949 genehmigte der Gouverneur des <strong>Wolfacher</strong> Landkreises De Rendinger die Verwendung<br />

des Michelesmarsches offiziell 979 .<br />

Der Verbindungsoffizier zum Gouvernement, der elsässische Professor Mattlinger, vermutete damals, dass es<br />

einen Text zu dem Marsch geben müsse, der sich auf einen Marschall Michèle beziehe, woraus der Name<br />

Michelesmarsch entstanden sei. Erst 1961 konnte der genaue Text ausfindig gemacht werden 980 : Damals weilte<br />

der französische Kapuzinerpater Antonin aus dem Kloster in Straßburg-Königshoffen während der <strong>Fasnet</strong>zeit<br />

einige Tage zur Erholung in Wolfach und sah sich dabei auch zusammen mit dem <strong>Wolfacher</strong> Stadtpfarrer Gottlieb<br />

Huber einige <strong>Fasnet</strong>umzüge an. Als er den Michelesmarsch hörte, fiel ihm sogleich der Text eines Chansons<br />

mit dem Titel La Casquette De Bugeaud ein; nach seiner Rückkehr schickte er dem Stadtpfarrer einen Ausschnitt<br />

aus einem Liederbuch, in dem als Nummer 25 das in Frankreich bis heute sehr populäre Lied mitsamt der<br />

Melodie abgedruckt ist (Notenbeispiel 8) 981 :<br />

La Casquette De Bugeaud*<br />

1.<br />

As-tu vu la casquette du père Bugeaud?<br />

Si tu ne l’as pas vue, la voilà!<br />

Elle est sur sa tête.<br />

Il n’y en a pas deux comme ça!<br />

2.<br />

<strong>Die</strong> Mütze von Bugeaud*<br />

1.<br />

Hast du gesehn die Mütze des Vaters Bugeaud?<br />

Wenn du sie nicht gesehn hast, hier ist sie!<br />

Sie ist auf seinem Kopf!<br />

Es gibt nirgends zwei wie diese!<br />

2.<br />

973<br />

MGG XI, 629.<br />

974<br />

MGG XV, 1845, s. v. Dreux, Jacques-Philippe.<br />

975<br />

Airs à Deux Chalumeaux, Nr. 19, 20 und 51. – Roger war einer der bekanntesten und besten Herausgeber von Notendrucken in der<br />

Barockzeit, der das Ätzdruckverfahren für den Notenstich perfektionierte. Zu seinen Auftraggebern zählten beispielsweise die<br />

Komponisten Vivaldi, Albinoni und A. Scarlatti. Sein Schwiegersohn Le Cène übernahm nach Rogers Tod das Geschäft. MGG XI, 629-<br />

632, s. v. Roger; Music publishing in Baroque Europe.<br />

976<br />

EASMES Interval Index -3,-3,5,-3,-3.<br />

977<br />

The Bugle Horn Major’s Companion; Hyde: New and Complete Preceptor.<br />

978<br />

Der Marsch wurde komponiert von F. A. Wagler und erschien 1821 unter dem Titel Monroe’s Grand March in einer Fassung für Pianoforte.<br />

EASMES Nr. D51.410.<br />

979<br />

Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> Narrenmarsch und seine Geschichte.<br />

980<br />

Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> Narrenmarsch und seine Geschichte.<br />

981<br />

<strong>Die</strong> Textseite (Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/26) ist abgedruckt in Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> Narrenmarsch und seine<br />

Geschichte. – Ausführlich beschrieben ist die Entstehungsgeschichte des Liedes im Anhang zu diesem Abschnitt.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 118<br />

As-tu vu la casquette du père Bugeaud?<br />

Si tu ne l’as pas vue, tu là verras.<br />

La casquette, la casquette!<br />

La casquette du père Bugeaud.<br />

* Le maréchal Bugeaud († 1849), gouverneur<br />

d’Algerie, fut attaqué pendant la nuit par les<br />

Marrocains ; ils se mit si vite à la tête de ses<br />

troupes qu’il avait gardé son bonnet de nuit.<br />

Hast du gesehn die Mütze des Vaters Bugeaud?<br />

Wenn du sie nicht gesehen hast, wirst du sie sehen.<br />

<strong>Die</strong> Mütze, die Mütze!<br />

<strong>Die</strong> Mütze des Vaters Bugeaud.<br />

* Der Marschall Bugeaud († 1849), Gouverneur von<br />

Algerien, wurde während der Nacht von den Marrokanern<br />

angegriffen; er setzte sich so schnell an die Spitze seiner<br />

Truppen, dass er (noch) mit seiner Nachtmütze bedeckt<br />

war.<br />

Auf der <strong>Netz</strong>seite The Virtual Gramophone. Canadian Historical Sound Recordings 982 sind zwei historische<br />

Schallplattenaufnahmen des Liedes verzeichnet:<br />

• Gauthier, Eva (1885-1958) 983 : La Casquette du Père Bugeaud; La Mist’ en Laire; Frère Jacques; En passant<br />

par la Lorraine. Mezzo-soprano with piano. Issue no.: 72166. Matrix no.: 21952. Aufnahme:<br />

21.6.1918, Victor Talking Machine Co. Camden (New Jersey). Erschienen im Januar 1919 984 .<br />

• Chartier, Louis (ca. 1895-1970) 985 : French Folk Songs For Children Vol. 2. La Casquette Au Père Bugeaud<br />

(Father Bugeaud’s Cap); Le Chevalier Du Guet (The Guardsman); J’ai Du Bon Tabac (I Have<br />

Good Tobacco). Baritone (In French) with Instrumental Accompaniment. Issue no.: 23076. Matrix no.:<br />

63948. Aufnahme: 10.6.1938, Decca Records Inc. New York. Erschienen im August 1938 986 .<br />

<strong>Die</strong> Melodieführung des Bugeaud-Liedes weicht an einigen Stellen deutlich vom Michelesmarsch ab, eine<br />

direkte Abhängigkeit zwischen den beiden Stücken kann demnach nicht bestehen. Da Bugeaud allerdings im<br />

Februar 1848 als Kommandant der Truppen in Paris einen energischen Operationsplan zur Niederschlagung der<br />

Revolution entwarf, dann aber abgesetzt wurde, wäre es zumindest denkbar, dass sich damals das den Marschall<br />

verspottende Lied auch unter den Anhängern der badischen Revolution von 1848/49 in Wolfach verbreitete 987 .<br />

Der französische Komponist Erik Satie (1866-1925) war einer der einflussreichsten Musiker seiner Zeit und<br />

benutzte oder paraphrasierte in manchen seiner Werke bekannte Melodien, Schlager, Operetten- und Cabaretmusik,<br />

die ihnen einen besonderen Klang und Charme verleihen 988 . Und so verwendete er im zweiten seiner drei<br />

Stücke, die er im September 1913 für den von ihm sehr geschätzten Pianisten Ricardo Viñes (1875-1943)<br />

komponierte und im Jahr darauf unter dem Titel Vieux Sequins et Vielles Cuirasses ‚Alte Zechinen und alte<br />

Harnische’ veröffentlichte 989 , jenen französischen Militärmarsch Aux champs en marchant 990 , der in Frankreich<br />

zum Volkslied und in Wolfach zum Michelesmarsch geworden war. Zwischen die Notenlinien des Danse<br />

cuirassée (Notenbeispiel 12) notierte er einen erläuternden Text 991 :<br />

Danse cuirassée<br />

(Période grecque)<br />

Pas noble et militaire<br />

Geharnischter Tanz<br />

(Griechische Periode)<br />

Edler und militärischer Schritt<br />

982 The Virtual Gramophone. – <strong>Die</strong>se kanadische <strong>Netz</strong>seite bietet mit einer Datenbank von Bildern und digitalen Audioaufnahmen sowie<br />

Musikerbiografien und Geschichten über Musik und Tonaufnahmen einen umfassenden Überblick über das Schellackplattenzeitalter<br />

(mit 78 Umdrehungen pro Minute) in Kanada.<br />

983 <strong>Die</strong> kanadische Mezzo-Sopranistin Eva Gauthier gilt als The High Priestess of Modern Song und nimmt in der Musikgeschichte des 20.<br />

Jahrhunderts eine bedeutende Stellung ein. Sie zählte zu den führenden Interpretinnen zeitgenössischer Vokalmusik und führte beispielsweise<br />

erstmals die vom Jazz inspirierten Lieder George Gershwins in einem Konzertsaal auf. Éva Gauthier; Plouffe: Gauthier, Éva.<br />

984 The Virtual Gramophone, http://amicus.collectionscanada.ca/gramophone-bin/Main/ItemDisplay?l=0&l_ef_l=-<br />

1&v=1&lvl=1&coll=24&itm=31386747 (13.1.2011). – Auf dieser <strong>Netz</strong>seite befindet sich eine MP3- und Real-Audio-Aufnahme der<br />

Platte.<br />

985 Der Bariton und Gesangslehrer Louis Chartier war Solist an der Notre-Dame Church in Montreal und trat als Mitglied der Société<br />

canadienne d’opérette in zahlreichen Konzerten und Musiktheateraufführungen auf. Ein Kritiker schrieb 1926 über ihn: M. Chartier has<br />

a solidly-produced voice: his sound »carries«, rather than being strained or choked, his breathing is perfectly controlled, his diction is<br />

excellent, and his interpretation intelligent. Chartier nahm insgesamt 78 Schallplatten mit Liedern, Arien und Duetten auf. Plouffe:<br />

Chartier, Louis.<br />

986 The Virtual Gramophone, http://amicus.collectionscanada.ca/gramophone-bin/Main/ItemDisplay?l=0&l_ef_l=-<br />

1&v=1&lvl=1&coll=24&itm=31400124 (13.1.2011). – Auf dieser <strong>Netz</strong>seite befindet sich eine MP3- und Real-Audio-Aufnahme der<br />

Platte.<br />

987 Zur Badischen Revolution in Wolfach siehe Schrader: 1848/49.<br />

988 Ein Verzeichnis der von Satie benutzten Melodien befindet sich in Orledge: Satie the composer, 200-203. – Zu Saties Leben und Werk<br />

siehe Wehmeyer: Erik Satie.<br />

989 Notenausgabe in Satie: Klavierwerke II, 38f.<br />

990 Aus der Melodieführung lässt sich schließen, dass Satie den Marsch in seiner originalen Fassung zitierte und nicht in der Liedvariante La<br />

Casquette du père Bugeaud.<br />

991 Satie: Klavierwerke II, 76. – <strong>Die</strong> Texte in seinen Klavierkompositionen schrieb Satie ursprünglich in der Absicht, die traditionellen<br />

italienischen Spielanweisungen wie piano, forte usw. durch eigene, weniger klassische Anweisungen zu ersetzen, was ihn nach Aussage<br />

seines Freundes Contamin de Latour sehr amüsierte. Nach und nach baute er diese zunächst nur knappen Formulierungen zu kleinen<br />

Geschichten aus, die er sich bereits vor der Komposition notierte, und irritierte damit Interpreten und Leser. <strong>Die</strong> Texte dürfen jedoch<br />

während des Spielens nicht laut vorgelesen oder gar gesungen werden; sie erläutern den in der Musik dargestellten Inhalt und sind<br />

darum am ehesten mit Untertiteln in einem Stummfilm vergleichbar. Wehmeyer: Erik Satie, 69-75.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 119<br />

Se danse sur deux rangs.<br />

Le premier rang ne bouge pas.<br />

Le second rang reste immobile.<br />

Les danseurs reçoivent chacun un coup de<br />

sabre qui leur fend la tête.<br />

Es wird in zwei Reihen getanzt.<br />

<strong>Die</strong> erste Reihe rührt sich nicht von der Stelle.<br />

<strong>Die</strong> zweite Reihe bleibt unbeweglich.<br />

<strong>Die</strong> Tänzer erhalten jeder einen Hieb mit dem<br />

Säbel, der ihnen den Kopf spaltet.<br />

Saties Danse cuirassée wurde bei einem Konzert am 16. März 2005 im Großen Rathaussaal von Karl Echle<br />

erstmals in Wolfach aufgeführt 992 .<br />

Werden die Noten des Michelesmarsches mit Ausnahme der Noten drei und vier um eine Oktave nach unten<br />

transponiert und die fünfte Note gestrichen, so ergibt sich ein Thema, das bereits Johann Sebastian Bach (1685-<br />

1750) in mindestens neun seiner Werke verwendete (Notenbeispiel 10), beispielsweise im Weihnachtsoratorium<br />

in der Bass-Arie Großer Herr, o starker König 993 . <strong>Die</strong> Noten 1 bis 5 dieses Themas durchschreiten exakt dieselben<br />

Intervalle zum Spitzen- und Endton wie der erste Teil (2a) der Kernweise des <strong>Wolfacher</strong> Wohlaufliedes<br />

994 . Das Thema stammt nicht von Bach selbst, sondern findet sich schon in älteren Quellen als ein jagdlicher<br />

Grüßruf vor dem Halali und als Teil des Hofzeremoniells am Dresdner Hof zur Ankündigung und Eröffnung<br />

von feierlichen Ereignissen; im Signalrepertoire der französischen Armee lässt es sich seit dem 17.<br />

Jahrhundert mehrfach nachweisen 995 . Neben Bach zitierten es beispielsweise auch Heinrich Ignaz Franz Biber<br />

(1644-1704), Georg Philipp Telemann (1681-1767) und Michael Haydn (1737-1806) in ihren Werken. Es findet<br />

sich ebenfalls in Saties 1924 entstandener Ballettmusik Relâche in den Sätzen Musique de rentrée und Les<br />

Hommes regagnent leur place et retrouvent leur pardessus sowie in der Ballettmusik Mercure in den Sätzen<br />

Polka des lettres und Le Chaos.<br />

In Elzach ist eine Fanfare in Es überliefert (Notenbeispiel 11), mit der dort zumindest seit 1947, vermutlich<br />

aber schon wesentlich länger, am <strong>Fasnet</strong>sunntig um 12 Uhr das Nahen der beiden Kutschen, von denen aus der<br />

Narrenrat die <strong>Fasnet</strong> ausruft, angekündigt wird, gespielt von zwei Fanfarenbläsern auf einer der Kutschen 996 .<br />

<strong>Die</strong>se Fanfare stammt vermutlich ebenfalls aus einer Sammlung französischer Militärmusik und stimmt in<br />

manchen Takten mit dem Michelesmarsch überein.<br />

Nach Auskunft des Deutschen Volksliedarchivs Freiburg (DVA) sind sowohl das Fanfarenthema als auch der<br />

Michelesmarsch aufgrund ihrer Akzenttöne gd-dd’ (in der Tonart G-Dur, auf die der Melodiekatalog des DVA<br />

basiert) verwandt mit der Melodie des Volksliedes Häsleins Klage mit der ersten Zeile Ich armer Has im weiten<br />

Feld, von der es mehrere Varianten gibt 997 .<br />

Im Sommer 1953 unternahmen einige junge <strong>Wolfacher</strong> einen Motorradausflug durch Frankreich und<br />

machten dabei auch einen Abstecher nach Monaco 998 . Als sie um 12 Uhr mittags die Wachablösung vor dem<br />

Schloss des Fürsten beobachteten, trauten sie ihren Ohren kaum, denn die Kapelle intonierte dabei – den<br />

Michelesmarsch. Monaco gehörte von 1793 bis 1814 zu Frankreich und steht seit 1861 unter französischer<br />

Schutzherrschaft 999 , deshalb wird hier auch französische Militärmusik gespielt.<br />

Neben dem Michelesmarsch erklingen bei den Elfemessen sowie beim Fest- und Kinderumzug die Märsche<br />

Hans blib do 1000 , die böhmische Polka Cesta, die seit den 1950er-Jahren in Wolfach gespielt wird 1001 , der in den<br />

1920er-Jahren von Elmar Keller und Franz Möhringer verfasste Bonndorfer Narrenmarsch 1002 sowie die<br />

Marschversion des Volksliedes Im Leben geht mancher Schuss daneben 1003 .<br />

992<br />

Schrader: Beat ginge sogar den alten Rittern in die Beine.<br />

993<br />

Hofmann: „Großer Herr, o starker König“. Ergänzungen zu diesem Aufsatz finden sich in Boyd: Bach, Telemann und das Fanfarenthema;<br />

Hofmann: Nochmals: Bachs Fanfarenthema. Vgl. hierzu Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 182.<br />

994<br />

Siehe dazu Notenbeispiel 2: Strukturformel des Wohlaufs im Abschnitt 2.2.1 Wohlauf.<br />

995<br />

Hofmann: „Großer Herr, o starker König“, 33-38. – 13 Varianten des Themas aus verschiedenen Militärmusiksammlungen zwischen 1782<br />

und 1836 finden sich in: EASMES, Incipit: //135/1+531/5//. – Zur Zahlendarstellung von Noten in EASMES siehe Anmerkung 1772.<br />

996<br />

Briefl. Mitteilung von Josef Weber, Elzach, vom 19.3.2001. – Der Notentext der Fanfare, transkribiert von Roland Kury, Dirigent der<br />

Stadtkapelle Elzach, ist abgedruckt in Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 184.<br />

997<br />

Briefl. Mitteilung von Michaela Zwenger, DVA, vom 17.9.2001; Erk / Böhme: Deutscher Liederhort, 525. – Eine andere, ebenfalls verwandte<br />

Melodie findet sich im DVA Nr. A 191245, „Ich armer, armer Has’“, aufgezeichnet am 9.1.1955.<br />

998<br />

Mitteilung von Walter Schmider (Zoll), Wolfach. Seine Begleiter waren Otto Schrempp und Kurt Mayer.<br />

999<br />

Meyerscout 2003, s. v. Monaco.<br />

1000<br />

Zum Hans blieb do siehe den Abschnitt 4.1.2 Hans blieb do!<br />

1001<br />

Mitteilung von Musikdirektor Joachim Riester, Wolfach, vom 22.6.2006.<br />

1002<br />

Bonndorfer Pflumeschlucker-Marsch.<br />

1003<br />

In den 1960er-Jahren arrangierte der Stuttgarter Blasmusikkomponist Alfred Kluten im Auftrag der VASN alle Narrenmärsche der<br />

Mitgliedszünfte. <strong>Die</strong> VSAN fertigte aus diesem Notenmaterial eine Narrenmarschsammlung an.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

Notenbeispiele zum Michelesmarsch<br />

Notenbeispiel 8: : La Casquette De Bugeaud (1843?)<br />

Notenbeispiel 10: : Das Bach’sche Fanfarenthema und der<br />

Michelesmarsch<br />

Notenbeispiel 12: Erik Saties „Danse cuirassée“ (1913)<br />

Notenbeispiel 9: As-tu vu la casquette?<br />

<strong>Seite</strong> 120<br />

Notenbeispiel 11: : Elzacher <strong>Fasnet</strong>fanfare (transkribiert von<br />

Roland Kury)


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

<strong>Seite</strong> 121<br />

Notenbeispiel 13: : Der Beginn von Johann Rosenmüllers Sonata Quarta à 3 für zwei Violinen, Viola da gamba und Basso Continuo


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 122<br />

Anhang: La Casquette du Père Bugeaud<br />

Thomas Robert Bugeaud (1784-1849), Marschall von Frankreich und Herzog von Isly, war und ist in Frankreich<br />

eine bekannte und umstrittene Persönlichkeit 1004 . <strong>Die</strong> Soldaten seines Regiments gaben ihm den Spitznamen<br />

Père Bugeaud. Seine bis heute anhaltende Popularität manifestiert sich vor allem in dem sehr beliebten Volkslied<br />

La casquette du père Bugeaud. Es gibt verschiedene Fassungen dieses Liedes, in denen Text und Melodie<br />

variieren, und auch die Entstehungsgeschichte ist unterschiedlich überliefert. Besungen wird darin ein Missgeschick<br />

Bugeauds und das von ihm 1830 in Algerien kreierte képi ‚Käppi’, basierend auf dem regulären<br />

Tschako 1005 der französischen Armee, an den er hinten ein zweites Visier anbrachte, um nicht nur das Gesicht,<br />

sondern auch den Nacken vor der heißen afrikanischen Sonne zu schützen 1006 .<br />

Wie bekannt dieses Lied bereits kurz nach dem Tode Bugeauds war, zeigt ein 1850 erschienener Aufsatz von<br />

Henri Blaze de Bury über den österreichischen Feldmarschall Joseph Graf Radetzky von Radetz (1766-1858),<br />

dessen charismatischen Einfluss auf seine Soldaten er mit jenem Bugeauds vergleicht 1007 :<br />

On dirait que tous deux ont eu le secret de cette gaudriole talismanique<br />

qui relève soudainement le moral d’une armée en désarroi.<br />

« Allons, mes enfants, la casquette à Bugeaud ! » s’écriait<br />

le maréchal d’Afrique au milieu du morne silence d’une marche<br />

forcée à travers le désert, et nos brave bataillons, déjà courbés<br />

et chancelans, trompant tout à coup la soif et l’inclémence d’un<br />

ciel de feu, entonnaient le refrain grotesque sur un motif de fanfare,<br />

et vaillamment reprenaient le pas.<br />

Man sagt, dass alle Beide das Geheimnis dieses talismanartigen<br />

Witzes kannten, der plötzlich die Moral einer konfusen Armee<br />

anhebt. „Los, meine Kinder, die Mütze von Bugeaud!“ schrie<br />

der Afrikageneral in die dumpfe Stille eines Gewaltmarsches<br />

durch die Wüste hinein, und unsere tapferen Bataillone, schon<br />

gebeugt und wankelmütig, unterdrückten plötzlich den Durst und<br />

die Rauheit des Feuerhimmels, intonierten den grotesken Refrain<br />

auf ein Fanfarenmotiv und nahmen tapfer den Schritt wieder auf.<br />

Der Historiker Charles Mullié überliefert 1851 in seiner Bugeaudbiographie eine Anekdote über den Ursprung<br />

des Liedes 1008 :<br />

On connaît la chanson composée par nos soldats sur la Casquette<br />

à Bugeaud. En voici le sujet : Dans une marche forcée,<br />

sous une chaleur ardente, le maréchal aperçoit un tirailleur sans<br />

képy; il avait laissé le sien dans un engagement, à des Kabyles<br />

qui voulaient lui couper le moule. – « Tu as bien fait », lui dit le<br />

maréchal, « ta tête est bonne à garder » et il lui cède généreusement<br />

sa propre casquette. – « Mais vous, maréchal », s’écrie<br />

le soldat confus, « vous allez attraper un coup de soleil ». – «<br />

Non pas, mon ami ; car tu m’apporteras le burnous d’un des<br />

premiers Arabes qui nous attaqueront. » Le tirailleur fait mieux<br />

: il enleva un drapeau ennemi au lieu d’un burnous. Le maréchal<br />

reprit sa casquette et donna la croix au brave.<br />

Bekannt ist das von unseren Soldaten komponierte Lied über „la<br />

Casquette à Bugeaud“. Hier ist die Geschichte dazu: Während<br />

eines Gewaltmarsches unter glühender Hitze erblickt der<br />

Marschall einen Schützen ohne Käppi. Er hat das Seinige in<br />

einem Gefecht gegen die Kabylen verloren, die den Schwächling<br />

abdrängen (in Stücke schneiden?) wollten. – „Das hast du gut<br />

gemacht“, sagt der Marschall zu ihm, „dein Kopf ist gut erhalten“,<br />

und überlässt ihm großmütig seine eigene Mütze. „Aber<br />

sie, Marschall“, ruft der Soldat verwirrt, „sie werden einen<br />

Sonnenstich bekommen“. – „Nein, mein Freund, denn du wirst<br />

mir den Burnus 1009 des ersten Arabers bringen, den wir angreifen.“<br />

Der Schütze machte es (noch) besser: er eroberte eine<br />

Fahne des Feindes anstatt eines Burnus. Der Marschall bekam<br />

seine Mütze zurück und zeichnete den tapferen Krieger mit dem<br />

(Verdienst-)Kreuz aus.<br />

Der General, Historiker und Kunstsammler Henri Eugène Philippe Louis d’Orléans duc d’Aumale (1822-<br />

1897) 1010 nahm ab 1840 an mehreren Feldzügen in Algerien teil, kommandierte als Generalmajor ab 1843 die<br />

Subdivision von Medeah und trat 1847 als Generalgouverneur von Algerien die Nachfolge Bugeauds an. Nach<br />

der Revolution von 1848 zog er sich nach England zurück, wo er sich mit historischen und militärischen Studien<br />

beschäftigte und zahlreiche Bücher veröffentlichte. 1855 erschien in Paris sein Buch Les zouaves et les<br />

chasseurs à pied; darin beschreibt er die Entstehung des Bugeaud-Liedes:<br />

Une nuit, une seule nuit, leur vigilance fut en défaut, et les réguliers<br />

de l’émir [Abd el-Kadr], se glissant au milieu de leurs<br />

postes, vinrent faire sur le camp une décharge meurtrière. Le feu<br />

fut un moment si vif, que nos soldats surpris hésitaient à se relever<br />

; il fallut que les officiers leur donnassent l’exemple. Le ma-<br />

freie Übersetzung in Hermann Goedsches Roman Sebastopol<br />

1011 :<br />

Seit 1844 das Lieblingslied dieses eigenthümlichen und berühmten<br />

Corps. Sein Ursprung schreibt sich von folgender<br />

Anecdote:<br />

In einer Nacht überfielen die regulairen Truppen Abdl-Kaders<br />

das Lager des Marschalls Bugeaud und waren mitten darin, ehe<br />

die erstaunten Soldaten die Gefahr ahnten. <strong>Die</strong> Offiziere mußten<br />

sie mit ihrem Beispiel ermuntern. Der Marschall war einer der<br />

Ersten auf dem Platz und tödtete mit eigener Hand zwei Feinde.<br />

1004<br />

Zur Bedeutung Bugeauds vgl.: Fischer Weltgeschichte, 11529, 11535, 19885, 21719. – Bugeauds Autobiografie erschien 1998 als Faksimile.<br />

Bugeaud: Memoirs of Colonel Bugeaud. – Zu Bugeauds Rolle bei der Eroberung Algeriens siehe Delfraissy: Colonisation de<br />

l’Algérie. – Seine Vorfahren finden sich in: Site généalogique de Loïc Le Dréan.<br />

1005<br />

Tschako ‚hohe Kopfbedeckung mit flachem, rundem Oberteil, ungarischen Ursprungs; als Helmform zunächst aus Filz, später aus<br />

schwarz lackiertem Leder’. Meyerscout 2003, s. v. Tschako.<br />

1006<br />

Cathala: Du « bleu horizon » au « bleu gendarme ». – Abbildung in: Le Magasin pittoresque 58 (1890), 96.<br />

1007<br />

Blaze de Bury: Vérone et le maréchal Radetzky, 626f. – 1853 wird das Lied erwähnt in Chanony: Mémoire d’un voyage, 82, und zwei<br />

Jahre später in Demidov: La Crimée, 149f.<br />

1008<br />

Mullié: Biographie des célébrités militaires, s. v. Bugeaud de la Piconnerie (Thomas-Robert).<br />

1009<br />

Burnus ‚Mantel (mit Kapuze) der Beduinen’. Wahrig-Burfeind: Wahrig Fremdwörterlexikon, s. v. Burnus.<br />

1010<br />

Henri d’Orléans war der vierte Sohn des von 1830 bis 1848 regierenden Bürgerkönigs Louis-Philippe (1773–1850) und wurde 1871 zum<br />

Mitglied der Académie française gewählt. Zu seinem Werdegang siehe: Henri d’Orleans; Classic Encyclopedia, s. v. Henri Eugene<br />

Philippe Louis d’Orleans.<br />

1011<br />

Retcliffe: Sebastopol, 3. Teil, 206 Anmerkung 1.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 123<br />

réchal Bugeaud était arrivé des premiers; deux hommes qu’il<br />

avait saisis de sa vigoureuse main tombent frappés à mort. Bientôt<br />

cependant l’ordre se rétablit, les zouaves s’élancent et repoussent<br />

l’ennemi. Le combat achevé, le maréchal s’aperçut, à<br />

la lueur des feux du bivac, que tout le monde souriait on le regardant<br />

: il porte la main à sa tête, et reconnaît qu’il était coiffé<br />

comme le roi d’Yvetot de Béranger 1012 . Il demande aussitôt sa<br />

casquette 1013 , et mille voix de répéter : « La casquette, la casquette<br />

du maréchal ! » Or cette casquette, un peu originale, excitait<br />

depuis longtemps l’attention des soldats. Le lendemain,<br />

quand les clairons sonnèrent la marche, le bataillon de zouaves<br />

les accompagna, chantant en chœur :<br />

As-tu vu<br />

La casquette,<br />

La casquette?<br />

As-tu vu<br />

La casquette<br />

Du père Bugeaud?<br />

Depuis ce temps, la fanfare de la marche ne s’appela plus que la<br />

Casquette, et le maréchal, qui racontait volontiers cette anecdote,<br />

disait souvent au clairon de piquet : «Sonne la Casquette.»<br />

1014<br />

Bald war die Ordnung wieder hergestellt, die Zuaven, welche<br />

dies eine Mal so schlechte Wache gehalten, sammelten sich,<br />

rückten an und verjagten den Feind. Nach beendigter Schlacht<br />

bemerkte der Marschall bei der Helle der Bivouacfeuer, daß<br />

Alle, die ihn ansahen, verstohlen lachten. Er fährt mit der Hand<br />

nach seinem Kopf und findet diesen mit einer solennen – Nachtmütze<br />

bedeckt. Als er hierauf nach seiner Feldmütze ruft, erheben<br />

sich tausend Stimmen und schreien nach der Mütze des<br />

Marschalls. Am andern Morgen circulirte bereits das Lied und<br />

hat sich seitdem bei dem Corps erhalten.<br />

[Seit dieser Zeit heißt diese Marschfanfare nicht anders als die<br />

Mütze und der Marschall, der bereitwillig diese Anekdote<br />

erzählte, sagte oft zum diensthabenden Hornisten: „Blase die<br />

Mütze“ 1015 .]<br />

Der algerische Politiker Abd el-Kadr (1808-1883; eigentlich: Abd el-Qadir Nasr-Ed-Din) war von 1832 bis 1847<br />

Emir von Algerien 1016 . Das Zeltlager des von Bugeaud befehligten 2. Spahis-Regiments 1017 befand sich bei<br />

Nefthah, einem Ort zwischen Mescara und Saïde. <strong>Die</strong> Zuaven (fr. Zouaves, eigentlich Suaveh) sind ein Berberstamm<br />

im Gebiet von Constantine im Djurdjuragebirge in Algerien, der im Ruf großer Tapferkeit stand; er stellte<br />

Soldaten für das Osmanische Reich 1018 . 1830 bildete sich das erste französische corps de zouaves in türkischer<br />

Tracht mit zwei Bataillonen, in das ab 1837/41 nur noch Franzosen aufgenommen wurden. Schließlich entstand<br />

1841 das régiment de zouaves 1019 , das das Lied über die Mütze des Père Bugeaud, dessen Melodie auch als<br />

Marche du 1er Zouaves bezeichnet wird, in sein Musikrepertoire aufnahm 1020 .<br />

Über die Entstehungszeit gibt es unterschiedliche Angaben. In einer 1862 erschienenen, etwas blumig ausgestalteten<br />

Schilderung der Bugeaud-Anekdote wird als Datum „Februar 1843“ angegeben 1021 , im Bulletin de la<br />

Société de géographie d’Alger von 1901 steht „1841“ 1022 .<br />

Der elsässische Komponist und Musikschriftsteller Georges Kastner (1810-1867) 1023 übernahm die Anekdote<br />

1855 in seinem Buch Les chants de l’armée française als typisches Beispiel für ein aus einer bestimmten<br />

Situation heraus improvisiertes Soldatenlied und berichtet ergänzend dazu 1024 :<br />

L’armée d’Afrique adopta cette chanson; elle ne l’a pas encore<br />

oubliée. Les soldats la chantaient quand une colonne se mettait<br />

en marche pour une expédition, et c’était aux mêmes accents<br />

qu’ils célébraient la victoire, quand la colonne revenait triomphante.<br />

<strong>Die</strong> Afrikaarmee übernahm dieses Lied; sie hat es noch nicht<br />

vergessen. <strong>Die</strong> Soldaten singen es, wenn sich eine Kolonne in<br />

Marsch setzt für einen Feldzug, und zugleich auch, wenn sie den<br />

Sieg feiern und die Kolonne triumphierend heimkehrt.<br />

1856 erwähnt der Schriftsteller Hermann Goedsche (1815-1878), der seine Werke unter dem Pseudonym Sir<br />

John Retcliffe veröffentlichte 1025 , das Bugeaud-Lied in seinem historisch-politischen Roman Sebastopol 1026 ,<br />

wobei er zur Erklärung der Hintergründe in einer Fußnote die oben zitierte freie Übersetzung von d’Amules<br />

Anekdote angibt:<br />

1012 Le roi d’Yvetot ist ein 1813 veröffentlichtes Gedicht des französischen Schriftstellers Pierre-Jean de Béranger (1780-1857) über einen<br />

König, der mit einer einfachen Baumwollmütze gekrönt wurde: Il était un roi d’Yvetot / Peu connu dans l’histoire ; / Se levant tard, se<br />

couchant tôt, / Dormant fort bien sans gloire, / Et couronné par Jeanneton / D’un simple bonnet de coton, / Dit-on. / Oh ! oh ! oh ! oh !<br />

ah ! ah ! ah ! ah ! / Quel bon petit roi c’était là ! / La, la. de Béranger: Le roi d’Yvetot. – Das Gedicht diente als Vorlage für die 1842 in<br />

Paris uraufgeführte gleichnamige Oper von Adolphe Charles Adam (1803-1856). Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 2191, s. v.<br />

Le roi d’Yvetot, 2803f., s. v. Adam, Adolphe Charles.<br />

1013 Dabei handelt es sich um das oben erwähnte und von Bugeaud mit zwei Visieren ausgestattete Käppi.<br />

1014 d’Aumale: Les zouaves, 62-64.<br />

1015 Übersetzung des letzten Absatzes von Frank Schrader.<br />

1016 Zu Abd el-Kadr und zum französischen Algerienfeldzug siehe: Regards français sur Abd el-Kader.<br />

1017 Spahis ‚die aus Nordafrikanern gebildeten Reiterregimenter im französischen Heer im 19. und 20. Jahrhundert’. Meyerscout 2003, s. v.<br />

Spahis.<br />

1018 Meyerscout 2003, s. v. Zuaven. – Zur Geschichte der Zuaven siehe d’Aumale: Les zouaves; L’Armée d’Afrique; La créations des<br />

zouaves.<br />

1019 Nach der offiziellen Auflösung dieser Einheit 1963 bildete sich 2001 ein neues Zouaven-Korps, das die Tradition aus am 19. Jahrhundert<br />

wiederbelebte. 1er Régiment de Zouaves d’Ham-sur-Heur.<br />

1020 La créations des zouaves.<br />

1021 Hier wird auch berichtet, dass Bugeauds Pferd bei dem Überraschungsangriff getötet wurde. Byrne: Red, white and blue, 341.<br />

1022 Bulletin de la Société de géographie d’Alger, cliii.<br />

1023 Brockhaus Riemann Musiklexikon II, 282, s. v. Kastner, Johann Georg (Georges).<br />

1024 Kastner: Les chants de l’armée française, 28, 56f.<br />

1025 Retcliffe: Sebastopol III, 272f.<br />

1026 Im 4. Teil des Romans wird Bugeaud nochmals beiläufig erwähnt. Retcliffe: Sebastopol IV, 303.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 124<br />

Sie verließen hastig den [!] Restaurant, doch war es kaum möglich, von dem Tschardak sich durchzudrängen. <strong>Die</strong> Corsostraße herauf<br />

von dem Dewno-Kai her wogte es in dunklem Gedränge – Militairmusik, das donnernde Vive l’Empereur! aus tausend kräftigen und<br />

durstigen Kehlen. Dann klang es lustig, trotz Staub und Hitze:<br />

As-tu vu<br />

La casquette,<br />

La casquette?<br />

As-tu vu<br />

La casquette<br />

Du père Bugeaud!<br />

– das berühmte Marschlied der Zuaven – das erste Bataillon, des dritten Zuaven-Regiments aus Algier, so eben ausgeschifft, rückte in<br />

die Festung, um jenseits derselben das Lager zu beziehen.<br />

Léon Roches (1809-1901) 1027 , der von 1839 bis 1846 als militärischer Dolmetscher für das Arabische in der<br />

französischen Armee diente und ein Freund von Abd el-Kadr war, berichtet in seinem Buch Dix ans â travers<br />

l’Islam über die Entstehung des Liedes 1028 :<br />

Dans une de ces surprises de nuit, plus sérieuse que les autres,<br />

le maréchal, qui, contre son habitude, s’était déshabillé pour se<br />

coucher dans son petit lit de camp, fut réveillé par une vive fusillade;<br />

il ne prend que le temps d’enfiler ses bottes, et, en chemise,<br />

coiffé de son bonnet de coton, il s’élance vers la partie du camp<br />

attaquée, rétablit l’ordre légèrement troublé par la panique de<br />

quelques soldats à moitié endormis, de sa voix de stentor fait<br />

cesser le feu, et veut marcher en tête du bataillon qu’il a organisé<br />

pour fondre à la baïonnette sur les assaillants.<br />

Nous eûmes toutes les peines du monde à l’arrêter. Quelques<br />

minutes après, notre bataillon revenait avec des armes et des<br />

prisonniers.<br />

C’est depuis ce jour-là, ou plutôt cette nuit-là, que les soldats, en<br />

souvenir du casque à mèche, chantent sur l’air de la marche des<br />

zouaves: « As-tu vu la casquette ? »<br />

Während einer dieser nächtlichen Überraschungen, die jedoch<br />

ernsthafter war als die anderen, wurde der Marschall, der sich<br />

entgegen seiner Gewohnheit ausgezogen hatte, um sich in<br />

seinem kleinen Lagerbett hinzulegen, durch ein lebhaftes Gewehrfeuer<br />

geweckt; er nimmt sich nur die Zeit, in seine Stiefel zu<br />

schlüpfen, und nur im Hemd und mit seiner Baumwollmütze auf<br />

dem Kopf stürzt er sich zum angegriffenen Teil des Lagers, stellt<br />

dort die Ordnung wieder her, die durch die Panik einiger<br />

Soldaten im Halbschlaf leichtfertig durcheinandergebracht<br />

worden war, bereitet mit seiner Stentorstimme 1029 dem Gewehrfeuer<br />

ein Ende und will an der Spitze des Bataillons<br />

marschieren, um mit einem Bajonettangriff über die Angreifer<br />

herzufallen.<br />

Wir hatten alle Schwierigkeiten der Welt, um es zu beenden.<br />

Einige Minuten danach kam unser Bataillon mit den Waffen und<br />

Gefangenen zurück.<br />

Seit diesem Tag, oder besser gesagt: seit dieser Nacht, singen<br />

die Soldaten in Erinnerung an die Zipfelmütze auf die Melodie<br />

des Marschs der Zuaven: »Hast du die Mütze gesehen?«<br />

<strong>Die</strong>se Anekdote wird bestätigt im ersten Band der ab 1898 herausgegebenen Souvenirs d’un siècle des<br />

Marschalls François Certain Canrobert (1809-1895) 1030 , der von 1835 bis 1839 und 1841 bis 1850 am Algerienfeldzug<br />

teilnahm und ab 1847 Oberst und Kommandant des Zuavenregiments war 1031 .<br />

Nach einer anderen Überlieferung schrieb ein Musiker namens Binder, der wenig später Leiter des Blechmusikkorps<br />

im 3. Batallion d’Afrique wurde, ein Lied über le père Bugeaud, das diesen zur Legende machte<br />

(Notenbeispiel 9) 1032 :<br />

As tu vu la casquette ?<br />

As tu vu,<br />

La casquette la casquette,<br />

As tu vu,<br />

La casquette au pèr’ Bugeaud?<br />

Elle est fait’,<br />

La casquette la casquette,<br />

Elle est fait’<br />

Avec du poil de chameau 1033 !<br />

Eine erweiterte Version des Liedes dichtete der unter Bugeaud in Algerien dienende und in der Armee für seine<br />

selbstverfassten Chansons berühmt-berüchtigte Leutnant Chambry († 1870) 1034 :<br />

La casquette du père Bugeaud<br />

As-tu vu la casquette, la casquette<br />

As-tu vu la casquette du Pèr’Bugeaud<br />

<strong>Die</strong> Mütze des Vaters Bugeaud<br />

Hast du gesehn die Mütze, die Mütze<br />

Hast du gesehn die Mütze des Vaters Bugeaud?<br />

1027<br />

Zu Roches Lebenslauf siehe: Léon Roches.<br />

1028<br />

Roches: Dix ans â travers l’Islam, 454. – Das Buch konnte nicht eingesehen werden; es wird hier zitiert nach Deloncle: La Vie et les<br />

Mœurs en Algérie, 88. – Eine Variante dieser Anekdote findet sich in Azan: Les grands soldats de l’Algérie, 78. – Eine Karikatur über<br />

die Entstehung des Liedes ist abgebildet in: Le General Bugeaud.<br />

1029<br />

Stentorstimme ‚sehr laute Stimme’. Wahrig-Burfeind: Wahrig Fremdwörterlexikon, s. v. Stentorstimme.<br />

1030<br />

Canrobert: Souvenirs d’un siècle I, 40. – Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Es wird erwähnt in Deloncle: La Vie et les Mœurs<br />

en Algérie, 88.<br />

1031<br />

Zu Canroberts Lebenslauf siehe: François Certain Canrobert.<br />

1032<br />

Gagnière: Pour tout l’or des mots, 189.<br />

1033<br />

Frz. elle est fait’ avec du poil de chameau ‚sie ist aus Kamelhaar gemacht’.<br />

1034<br />

Hermann: Michelesmarsch (hier wird als Entstehungsjahr des Liedes 1836 angegeben; da jedoch Henri d’Orléans, der die oben genannte<br />

Anekdote überlieferte, erst 1840 im Alter von 18 Jahren nach Algerien kam, kann dies nicht stimmen). – Liedtext zitiert nach Abadie:<br />

Saïda de ma jeunesse, 91. – Nach Orledge: Satie the composer, 203, entstand das Lied erst 1847. – Zu Chambry, der sich bei seinem<br />

Algerieneinsatz mehr für seine musischen Vorlieben als für seine militärischen Pflichten interessierte, siehe du Barail: Mes souvenirs I,<br />

223-226.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 125<br />

Les lauriers d’or de la conquête<br />

Ornent cette noble casquette<br />

Elle est dit la casquette à Bugeaud<br />

Et poil au dos!<br />

Les campagn’s d’Afrique y’en a plein le dos<br />

On marche trop vite<br />

On n’boit que de dos l’eau<br />

Travajda Travajda Bono<br />

Travajda la mouquère<br />

Travajda bonne eau<br />

Rengaine 19 e siècle.<br />

Auteur Lieutenant Chambry.<br />

<strong>Die</strong> goldenen Lorbeeren der Eroberung<br />

Zieren diese vornehme Mütze<br />

Sie wird die Mütze von Bugeaud genannt<br />

Und Pelz auf dem Rücken! [?]<br />

Wir haben schon viele Afrika-Feldzüge auf dem Rücken[?]<br />

Man marschiert sehr schnell<br />

Man trinkt nur [das zugeteilte?] Wasser<br />

Travajda Travajda Bono<br />

Travajda die Hure<br />

Travajda gutes Wasser<br />

Alter Schlager 19. Jahrhundert.<br />

Autor Leutnant Chambry.<br />

Der französische Komponist Jacques Fromental Halévy (1799-1862) 1035 komponierte eine Art von Szene für die<br />

Pariser Opéra-Comique, in der La Casquette du père Bugeaud erklingt 1036 :<br />

Un autre compositeur, M. Halévy, avait fait aussi, pour l’Opéra-<br />

Comique, un chant, ou plutôt une espèce de scène. Le rideau est<br />

baissé. Aussitôt après les premières mesures de l’orchestre, on<br />

entend le canon derrière la toile. Le clairon, qui sonne la fameuse<br />

marche de la Casquette du père Bugeaud, dialogue avec<br />

les rumeurs de la mèlée. Les détonations de l’artillerie couvrent<br />

par intervalle la voix excitante des tambours, mais enfin la parole<br />

reste à la fanfare, et le rideau qui se lève laisse voir quatre<br />

personnage à l’avant scène : un officier français, un zouave, un<br />

vieillard italien, une jeune femme et les populations italiennes<br />

tenant à la main des branches de laurier. L’officier français<br />

chante (c’était Jourdan 1037 avec son uniforme de la Fille du Régiment<br />

1038 ), et on reconnaît le faire magistral d’Halévy. Toute la<br />

scène est largement écrite, mais le couplet le plus fièrement accentué,<br />

celui qui doit devenir populaire, est le couplet du zouave.<br />

Celui du vieillard est accompagné d’une façon très-pittoresque,<br />

d’abord par le hautbois imitant la musette, ensuite par une brillante<br />

symphonie militaire.<br />

Ein anderer Komponist, M. Halévy, hat ebenfalls, für die Opéra-<br />

Comique, einen Gesang oder vielmehr eine Art von Szene geschrieben.<br />

Der Vorhang ist heruntergelassen. Sogleich nach den<br />

ersten Takten im Orchester hört man die Kanone hinter dem<br />

Vorhang. Das Horn, das den bekannten Marsch der Mütze des<br />

Vaters Bugeaud anstimmt, tritt in einen Dialog mit den vermischten<br />

Geräuschen. <strong>Die</strong> Detonationen der Artillerie übertönen<br />

mitunter den treibenden Klang der Trommeln, aber schließlich<br />

hat die Fanfare das Wort, und der sich hebende Vorhang lässt<br />

vier Personen auf der Szene sichtbar werden: einen<br />

französischen Offizier, einen Zuaven, einen italienischen Greis,<br />

eine junge Frau und italienisches Volk mit Lorbeerzweigen in<br />

den Händen. Der französische Offizier singt (das ist Jourdan mit<br />

seiner Uniform aus La Fille du Régiment) und man erkennt die<br />

meisterhafte Handschrift Halévys. <strong>Die</strong> ganze Szene ist großartig<br />

geschrieben, aber das Couplet, das sich ganz besonders hervorhebt,<br />

jenes, das beliebt werden muss, ist das Couplet des Zuaven.<br />

Jenes des Greises wird in einer sehr pittoresken Art begleitet,<br />

zuerst durch eine den Dudelsack imitierende Oboe, gefolgt von<br />

einer brillanten militärischen Symphonie.<br />

In der 1865 veröffentlichten scène comique „Le Vieux Clairon“ des 1829 geborenen Emile Carré taucht ebenfalls<br />

la casquette du Bugeaud auf 1039 .<br />

In dem 1869 veröffentlichten Roman <strong>Die</strong> Schule der Empfindsamkeit von Gustave Flaubert (1821-1880) wird<br />

Bugeaud zweimal erwähnt 1040 . Der französische Schriftsteller Joris-Karl Huysmans (1848-1907) beschreibt in<br />

seiner unter dem Titel Croquis Parisiens erstmals 1880 und sechs Jahre später in einer erweiterten Fassung erschienenen<br />

Sammlung von Prosagedichten und Entwürfen, dass das Lied auch zur Begleitung eines Balletts<br />

diente 1041 :<br />

Le ballet commence. Le décor représente un vague intérieur de sérail, plein de femmes encapuchonnées qui se dandinent comme des<br />

ourses. Un Ottoman de mardi-gras, la tête couverte d’un turban et la bouche munie d’un chibouck 1042 , fait claquer son fouet. Les capuchons<br />

tombent, montrant des almées, racolées dans le fond d’une banlieue, en train de sautiller, au son d’une musique de bastringue<br />

égayée de temps à autre par l’air de la „casquette au père Bugeaud“ introduit dans la mazurke pour justifier sans doute l’arrivée d’une<br />

fournée de femmes costumées en spahis.<br />

Am Pariser Théâtre du Château d’Eau wurde am 24. Dezember 1886 das Stück La casquette du père Bugeaud,<br />

ein drame militaire in fünf Akten und neun Bildern von Gaston Marot (1837-1916) und M. Clairian aufgeführt<br />

1043 .<br />

Der vor allem als Operettenkomponist bekanntgewordene Gaston Serpette (1846-1904) veröffentlichte 1898<br />

in Marseille bei Bertin das Klavierstück Le Maréchal Bugeaud, pas redoublé 1044 .<br />

Georges Feydeau (1862-1921) gilt nach Molière als einer der erfolgreichsten französischen Komödiendichter;<br />

er schrieb Vaudevilles und zahlreiche sich bis heute im Theaterrepertoire haltende Lustspiele, die durch<br />

groteske Situationskomik gekennzeichnet sind und als Vorläufer des dadaistischen und absurden Theaters<br />

1035<br />

Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 4910f., s. v. Halévy (Familie).<br />

1036<br />

Adam: La guerre d’Italie, 67.<br />

1037<br />

Graf Jean Baptiste Jourdan (1762-1833), Marschall von Frankreich. Meyers Konversationslexikon IX, 274, s. v. Jourdan, Jean-Baptiste.<br />

1038<br />

La Fille du Régiment ist eine 1840 uraufgeführte Opéra-comique in 2 Akten von Gaetano Donizetti (1797-1848). Fath: Reclams elektronisches<br />

Opernlexikon, 895-899, s. v. La Fille du Régiment.<br />

1039<br />

Chansons militaires choisies, 3-7.<br />

1040<br />

<strong>Die</strong> Bibliothek der Weltliteratur, 26308, 26313.<br />

1041<br />

Huysmans: Croquis Parisiens, Abschnitt V.<br />

1042<br />

chibouck ‚osmanische Pfeife’.<br />

1043<br />

Tailliart: L’Algérie dans la littérature française, 69, Nr. 568. – Zu Marot siehe Duprat: Gaston Marot (Quelle konnte nicht eingesehen<br />

werden).<br />

1044 MGG XII, 572, s. v. Serpette, Gaston.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 126<br />

gelten 1045 . In seinem Stück La Dame de Chez Maxim, das am 17. Januar 1899 im Pariser Théâtre des nouveautés<br />

erstmals zu sehen war, singt der General in der 12. Szene des 3. Aktes 1046 :<br />

as-tu vu la casquette, la casquette,<br />

as-tu vu la casquette au père Bugeaud!<br />

taratata, ratata, ratataire,<br />

taratata, ratata, ratata.<br />

1990 erschien das Stück in einer deutschen Übersetzung der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek; die<br />

Erstaufführung fand am 14. Februar 1991 unter der Regie von Rosemarie Fendel am Badischen Staatstheater<br />

Karlsruhe statt 1047 .<br />

<strong>Die</strong> fortdauernde Beliebtheit des Liedes unter den Zuaven zeigt ein Brief des aus Dedham (Massachusetts,<br />

USA) stammenden amerikanischen Journalisten Henry Weston Farnsworth (1890-1915), der 1915 in Nordfrankreich<br />

als Freiwilliger in der französischen Fremdenlegion am 1. Weltkrieg teilnahm. Im Juli 1915 schrieb er<br />

seinen Eltern 1048 :<br />

The other day we were waked at 2 a.m. and at 3 sent off in a pouring rain for some indefinite place across the mountains for a divisional<br />

review. We went off slowly through the wet darkness, but about dawn the sun came out and, as is usual with the Legion, everybody<br />

cheered up, and at 7 a.m. we arrived at the parade ground after fifteen kilometres in very good spirits. Two regiments of Zouaves from<br />

Africa were already drawn up. We formed up beside them, and then came the two tirailleurs regiments, their colors with them, then the<br />

second Etrangère, two thousand strong, and finally a squadron of Chasseurs d’Afrique.<br />

We all stacked arms and lay about on the grass till 8.30. Suddenly the Zouave bugles crashed out sounding the „Garde à vous,“ and in<br />

two minutes the division was lined up, every man stiff as a board – and all the time the bugles ringing angrily from up the line, and the<br />

short staccato trumpets of the chasseurs answering from the other extremity.<br />

The ringing stopped suddenly and the voices of the colonels crying „Baïonnettes aux canons“ sounded thin and long drawn out and were<br />

drowned by the flashing rattle of the bayonets going on – a moment of perfect silence, and then the slow, courtly-sounding of the<br />

„Général! Général! qui passe!“ broken by the occasional crash as regiment after regiment presented arms. Slowly the General rode<br />

down the lines, the two Brigadiers and a Division General in his suite.<br />

Then came the défilé. The Zouaves led off, their bugles playing „As-tu vu la casquette, la casquette.“ Then the tirailleurs, playing some<br />

march of their own, slow and fine, the bugles answering the scream of the Arab reed flutes as though Loeffler had led them. Then the<br />

Legion, the second Etrangère swinging in beside us at the double, and all the bugles crashed out with the Legion marching song, „Tiens<br />

voilà du boudin pour les Belges,“ etc. On and on went the bugles playing that light, slangy tune, some of the verses of which would make<br />

Rabelais shudder, and the minor variations of which bring up pictures of the Legion marching in thin ranks in foreign, blazing lands,<br />

and the drums of which, tapping slowly, sound like the feet of the regiment scrunching through desert sand. It was all very glorious to<br />

see and hear, and to wind up the chasseurs went by at the gallop going off to their quarters.<br />

To wind up the day the Colonel took us home straight over the mountain – fourteen kilometres over mountain-goat tracks. [Note: Making<br />

about eighteen miles going and returning.] When we got in at 3.30 P. M., having had nothing to eat but a bit of bread, three sardines<br />

and a finger of cheese, few of the men were really exhausted. It was then I got your letter about the training camp.<br />

Von den zwischen 1922 und 1945 entstandenen Contes ‚Erzählungen’ des französischen Dichters und Schriftstellers<br />

Benjamin Péret (1899-1959), der zu den Gründungsmitgliedern der Pariser Surrealisten gehörte 1049 , trägt<br />

eine den Titel La Casquette du père Bugeaud 1050 .<br />

Dass das Lied bis heute in Frankreich sehr populär ist, zeigt beispielsweise eine 2005 erschienene CD des<br />

französischen Vokalensembles Les Carillons mit 48 Rundgesängen, Abzählreimen und Wiegenliedern für<br />

Kinder, darunter auch La Casquette Du Père Bugeaud in einer mehrstimmigen Fassung 1051 . Es gibt mehrere<br />

gedruckte Volksliedersammlungen sowie Internetseiten mit dem Lied 1052 . <strong>Die</strong> Gruppe La Bande à Basile zitiert<br />

das Lied in ihrem 1978 entstandenen Stück Vive les vacances 1053 .<br />

Auch über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus fand Bugeaud große Beachtung. Karl Marx (1818-1883)<br />

und Friedrich Engels (1820-1895) 1054 beschäftigten sich mehrfach in ihren Schriften mit Leben und Werk des<br />

1045 Meyerscout 2003, s. v. Feydeau, Georges.<br />

1046 Feydeau: La dame de chez Maxim, III, 12.<br />

1047 http://www.rowohlt-theaterverlag.de/sixcms/detail.php?id=72450 (13.1.2011).<br />

1048 Zitiert nach: American Volunteers.<br />

1049 Für den spanischen Filmregisseur Luis Buñuel (1900-1983) war Péret der surrealistische Dichter par excellence: die totale Freiheit<br />

reinster Inspiration, die direkt aus der Quelle fließt und ohne alle Bemühung von Kultur unvermittelt eine andere Welt schafft. Buñuel:<br />

Mein letzter Seufzer, 100.<br />

1050 Péret: Les Œuvres complètes III, Inhaltsverzeichnis. – Das Lied scheint auch eine Rolle in dem 1924 in Marokko gedrehten vierstündigen<br />

Stummfilm Les Fils du Soleil von René Le Somptier zu spielen, doch konnte weder der Film angeschaut noch der in der Zeitschrift Les<br />

Cahiers de la Cinémathèque erschienene Aufsatz darüber eingesehen werden. Der Film handelt von Hubert de Beauvoisin, Schüler in<br />

Saint-Cyr, der mit Aurore de Saint-Bertrand verlobt ist; dies erregt die Eifersucht eines kosmopolitischen Finanziers, des Barons von<br />

Horn. Der Baron kompromittiert Hubert, der nun mit seiner Familie ins Exil nach Marokko gehen muss. Le Somptier: Les Fils du Soleil;<br />

Les Fils du Soleil; Cadé: De la casquette du Père Bugeaud.<br />

1051 Les Carillons: Chantons.<br />

1052 http://ourworld.compuserve.com/homepages/thierry_klein/astuvula.htm; http://bmarcore.club.fr/Tine/E161.html; http://www.bridebonnot.com/karaokeenfants.php;<br />

http://www.lelutin.com/As-tu-vu-la-casquette.html (13.1.2011).<br />

1053 La Bande à Basile: Vive les vacances; La Bande à Basile.<br />

1054 Engels übernachtete als Adjutant des von August von Willich (1810-1878) geführten Freikorps in der Pfälzer Revolutionsarmee am 2./3.<br />

Juli 1849 im <strong>Wolfacher</strong> Hotel „Zum Salmen“ und erwähnt dies auch in seiner Schrift Aufstand für die Reichsverfassung. Schrader:<br />

1848/49, 331; Pfefferle: Friedrich Engels in Wolfach.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 127<br />

umstrittenen Militärs. Marx schrieb im November 1857 für The New American Cyclopædia einen ausführlichen<br />

Artikel über ihn, der überwiegend auf der oben erwähnten Bugeaud-Biographie von Mulliés basiert 1055 :<br />

Bugeaud de la Piconnerie, Thomas-Robert, Herzog von Isly, Marschall von Frankreich, geboren zu Limoges im Oktober 1784, gestorben<br />

in Paris am 10. Juni 1849. Er trat 1804 als gemeiner Soldat in die französische Armee ein, wurde im Feldzug von 1805 Korporal, diente<br />

als Unterleutnant im Feldzug Preußens gegen Polen (1806/1807), war 1811 als Major bei den Belagerungen von Lérida, Tortosa und<br />

Tarragona dabei und wurde nach der Schlacht bei Ordal in Katalonien zum Oberstleutnant befördert. Nach der ersten Rückkehr der<br />

Bourbonen feierte Oberst Bugeaud die weiße Lilie in einigen Knüttelversen; aber da man über diese poetischen Ergüsse ziemlich<br />

geringschätzig hinwegging, schloß er sich während der Hundert Tage wieder der Partei Napoleons an, der ihn an der Spitze des 14.<br />

Linienregiments zur Alpenarmee sandte. Bei der zweiten Rückkehr der Bourbonen zog er sich nach Excideuil auf das Gut seines Vaters<br />

zurück. Zur Zeit der Intervention des Herzogs von Angoulème in Spanien bot er seinen Degen den Bourbonen an, aber da man das Anerbieten<br />

ablehnte, wurde er zum Liberalen und schloß sich der Bewegung an, die schließlich zur Revolution von 1830 führte.<br />

Im Jahre 1831 wurde Bugeaud zum Mitglied der Deputiertenkammer gewählt und von Louis-Philippe zum Generalmajor befördert.<br />

1833 zum Kommandanten der Zitadelle von Blaye ernannt, wo die Herzogin von Berry seiner Obhut anvertraut war, erntete er jedoch<br />

keine Lorbeeren aus der Art und Weise, wie er seine Mission erfüllte, und wurde danach unter dem Namen „Ex-Kerkermeister von<br />

Blaye“ bekannt. Als sich bei den Debatten in der Deputiertenkammer am 16. Januar 1834 Herr Larabit über Soults Militärdiktatur beklagte,<br />

unterbrach ihn Bugeaud mit den Worten: „Gehorsam ist des Soldaten erste Pflicht“, worauf ein anderer Abgeordneter, Herr<br />

Dulong, beißend fragte: „Was nun, wenn einem befohlen wird, Kerkermeister zu werden?“ <strong>Die</strong>ser Zwischenfall führte zu einem Duell<br />

zwischen Bugeaud und Dulong, bei dem letzterer erschossen wurde. <strong>Die</strong> dadurch ausgelöste Erbitterung der Pariser wurde noch größer<br />

durch die Mitwirkung Bugeauds an der Unterdrückung des Pariser Aufstands vom 13. und 14. April 1834. <strong>Die</strong> zur Unterdrückung dieses<br />

Aufstands bestimmten Streitkräfte waren in 3 Brigaden eingeteilt, von denen eine Bugeaud befehligte. In der Rue Transnonain wurde<br />

eine Handvoll Enthusiasten, die am Morgen des 14., als der Hauptkampf schon vorüber war, noch eine Barrikade hielt, von überlegenen<br />

militärischen Kräften grausam niedergemetzelt. Wenn auch diese Straße nicht in das Kampfgebiet von Bugeauds Brigade fiel, und er<br />

daher an dem Massaker keinen Anteil hatte, verband der Haß des Volkes seinen Namen mit dieser Schandtat und bestand trotz aller<br />

gegenteiligen Erklärungen darauf, ihn als den „Mann der Rue Transnonain“ zu brandmarken.<br />

Am 16. Juni 1836 sandte man General Bugeaud nach Algerien und betraute ihn mit einem Kommando in der Provinz Oran, einer vom<br />

Generalgouverneur fast unabhängigen Stellung. Als er den Befehl erhielt, gegen Abd el Kader vorzugehen und ihn durch die Zurschaustellung<br />

einer imposanten Armee zu unterwerfen, schloß er den Vertrag an der Tafna, wodurch er sich die Gelegenheit zu militärischen<br />

Operationen entgehen ließ und seine Armee in eine kritische Lage brachte, ehe sie zu handeln begonnen hatte. Vor diesem Vertrag<br />

schlug Bugeaud mehrere Schlachten. Ein Geheimartikel, der in den Text des Vertrages nicht aufgenommen wurde, sah vor, daß 30.000<br />

boojoos (etwa 12.000 Dollar) an General Bugeaud gezahlt werden sollten. Nach Frankreich zurückgerufen, wurde er zum Generalleutnant<br />

befördert und zum grand officier der Ehrenlegion ernannt. Als die Geheimklausel des Vertrags an der Tafna durchsickerte,<br />

wurde Bugeaud von Louis-Philippe ermächtigt, Geld für den Bau von bestimmten Straßen auszugeben, um so die Popularität unter<br />

seiner Wählern zu vergrößern und ihm seinen Sitz in der Deputiertenkammer zu sichern.<br />

Zu Beginn des Jahres 1841 wurde er zum Generalgouverneur von Algerien ernannt; unter seiner Verwaltung erfuhr Frankreichs Politik<br />

in Algerien eine grundlegende Veränderung. Er war der erste Generalgouverneur, der eine ihren Aufgaben gewachsene Armee befehligte,<br />

der absolute Autorität bei den Sekondegeneralen besaß und der seinen Posten lang genug innehatte, um nach einem Plane vorzugehen,<br />

der zu seiner Durchführung Jahre benötigte. In der Schlacht von Isly (14. August 1844), in der er mit zahlenmäßig weit unterlegenen<br />

Streitkräften die Armee des Kaiser von Marokko überwand, konnte er siegen, weil er die Muselmanen ohne<br />

vorherige Kriegserklärung überrumpelte, in einem Augenblick, als Verhandlungen vor dem Abschluß standen. Bereits am 17. Juli 1843<br />

zur Würde eines Marschalls von Frankreich aufgestiegen, wurde Bugeaud nun zum Herzog von Isly ernannt. Da Abd el Kader nach<br />

Bugeauds Rückkehr nach Frankreich wieder eine Armee gesammelt hatte, wurde Bugeaud nach Algerien zurückgesandt, wo er sogleich<br />

den arabischen Aufstand niederschlug. Differenzen zwischen ihm und Guizot, die durch seine entgegen ministeriellen Anordnungen<br />

unternommene Expedition nach Kabylien hervorgerufen wurden, führten dazu, daß man ihn durch den Herzog von Aumale ersetzte und<br />

es ihm – nach einer Äußerung Guizots – „ermöglichte, nach Frankreich zu kommen und seinen Ruhm zu genießen“.<br />

In der Nacht vom 23. zum 24. Februar 1848 wurde er auf den geheimen Rat Guizots zu Louis-Philippe befohlen, der ihm den Oberbefehl<br />

über die gesamten Streitkräfte – sowohl Linie als Nationalgarde – übertrug. Am Morgen des 23. begab er sich, gefolgt von den<br />

Generalen Rulhière, Bedeau, Lamoricière, de Salles, Saint-Arnaud und anderen, zum Generalstab in die Tuilerien, um dort feierlich<br />

durch den Herzog von Nemours mit dem Oberbefehl betraut zu werden. Er erinnerte die anwesenden Offiziere daran, daß er, der im Begriffe<br />

sei, sie gegen die Pariser Revolutionäre zu führen, „niemals geschlagen worden wäre, weder auf dem Schlachtfelde noch in Aufständen“,<br />

und versprach, auch diesmal kurzen Prozeß mit dem „rebellischen Mob“ zu machen. Inzwischen trug die Nachricht von<br />

seiner Ernennung viel dazu bei, der Sache eine entscheidende Wendung zu geben. <strong>Die</strong> Nationalgarde, die noch mehr über seine Ernennung<br />

zum Oberbefehlshaber erbittert war, brach in den Ruf aus: „Nieder mit Bugeaud!“ „Nieder mit dem Mann der Rue<br />

Transnonain!“ und erklärte entschieden, daß sie seinen Befehlen nicht gehorchen werde. Durch diese Bekundung erschreckt, zog Louis-<br />

Philippe seinen Befehl zurück und verbrachte den 23. in vergeblichen Verhandlungen. Am 24. Februar war Bugeaud der einzige von<br />

Louis-Philippes Ratgebern, der Krieg bis aufs Messer verlangte; aber der König dachte bereits daran, den Marschall zu opfern, um<br />

selbst zum Frieden mit der Nationalgarde zu kommen. Das Kommando wurde in andere Hände gelegt und Bugeaud entlassen. Zwei<br />

Tage später stellte er, wenn auch vergebens, seinen Degen der provisorischen Regierung zur Verfügung.<br />

Als Louis-Napoleon Präsident wurde, übertrug er den Oberbefehl über die Alpenarmee Bugeaud, der auch von dem Departement<br />

Charente-Inférieure als Abgeordneter in die Nationalversammlung gewählt wurde. Bugeaud veröffentlichte mehrere literarische Erzeugnisse,<br />

die hauptsächlich Algerien betreffen. Im August 1852 wurde ihm in Algier und in seiner Vaterstadt ein Denkmal errichtet.<br />

Bereits 1850 hatte Marx in seiner Schrift <strong>Die</strong> Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850 den Orleanisten<br />

Bugeaud erwähnt 1056 . Engels veröffentlichte in The Volunteer Journal, for Lancashire and Cheshire, Nr. 23 vom<br />

9. Februar 1861, einen von Bugeaud stammenden Text über die Kunst, einen Truppenkörper im Kampf einzusetzen<br />

1057 :<br />

<strong>Die</strong> folgenden Zeilen sind eine Übersetzung der Instruktionen, die der damalige Oberst Bugeaud vom 56. französischen Regiment für<br />

seine Offiziere niederschrieb. Es ist zweifellos das Beste, was der Marschall jemals geschrieben hat. Darin sind mit mannhaftem Nachdruck,<br />

der in der Militärliteratur aller Länder unübertroffen ist, und mit einer Klarheit, wie sie nur lange Kriegserfahrung geben kann,<br />

jene Grundsätze des Infanteriekampfes niedergelegt, die selbst heute noch unverändert von den Franzosen befolgt werden und die ihnen<br />

1055<br />

Marx: Bugeaud de la Piconnerie; Mullié: Biographie des célébrités militaires, s. v. Bugeaud de la Piconnerie (Thomas-Robert).<br />

1056<br />

Marx / Engels: Werke VII, 47.<br />

1057<br />

Engels: Marschall Bugeaud über den moralischen Faktor im Kampf.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 128<br />

bis jetzt den Sieg über Armeen verliehen haben, welche sich durch die Gewohnheiten eines langen Friedens anscheinend mehr auf die<br />

wissenschaftliche Taktik verlassen haben, als darauf, alle moralischen Kräfte der Soldaten zu wecken. <strong>Die</strong>se Prinzipien sind weder neu,<br />

noch in irgendeiner Weise ausschließlich französisch; aber sie sind hier gut zusammengestellt und in schöner, kraftvoller Sprache ausgedrückt.<br />

Sie ersetzen keineswegs die Wissenschaft von der Taktik, sondern bilden eine sehr notwendige Ergänzung dazu; und die<br />

meisten von ihnen sind dabei so augenscheinlich und erfordern zu ihrem Verständnis so wenig militärisches Wissen, daß sie der Mehrheit<br />

der Freiwilligen völlig begreiflich sein werden.<br />

In Meyers Konversationslexikon, das zwischen 1885 und 1892 in 4. Auflage erschien, ist über ihn zu lesen 1058 :<br />

Bugeaud (spr. büscho), Thomas Robert, Marquis de la Piconnerie, Herzog von Isly, franz. Marschall, geb. 15. Okt. 1784 zu Limoges aus<br />

einer altadligen Familie des Périgord, trat, 18 Jahre alt, in die Armee, nahm mit Auszeichnung an den Feldzügen Napoleons I., namentlich<br />

in Spanien, teil, ward 1814 Oberst und kommandierte unter Suchet 1815 die Avantgarde des Armeekorps der Alpen. Während der<br />

Restauration inaktiv, lebte B. auf seinem Landgut La Durantie (Dordogne) und war in seinem Departement für Hebung der Landwirtschaft<br />

und des Volksunterrichts thätig. 1830 schloß er sich an Ludwig Philipp an und ward 1831 Maréchal de Camp und Deputierter für<br />

Périgueux in der Kammer. 1832 erhielt er eine Brigade der Pariser Garnison, und bald darauf ward er Oberkommandant von Blaye, wo<br />

damals die Herzogin von Berri gefangen saß. Als er der Bewachung der Herzogin wegen vom Deputierten Dulong beleidigt wurde,<br />

erschoß er denselben 1834 im Duell. In der Kammer erklärte sich B. gegen das allgemeine Stimmrecht, die Wahlreform, die<br />

Associationen, war ein entschiedener Gegner der freien Presse und stimmte für Erhöhung des Kriegsbudgets u. dgl. Im Mai 1836 erhielt<br />

er das Kommando in Oran gegen Abd el Kader. Durch Entsetzung der von Abd el Kader an der Tafna eingeschlossenen Truppen sowie<br />

durch den Sieg am Flusse Sika (6. Juli) erwarb er sich den Rang eines Generalleutnants. Er kehrte darauf nach Frankreich zurück,<br />

wurde aber schon im Frühjahr 1837 durch die Wiedererhebung der unterworfenen Stämme zur Rückkehr auf seinen Posten nach Oran<br />

genötigt. Er schloß 31. Mai 1837 mit Abd el Kader den Traktat an der Tasna ab und brachte durch zweckmäßige Verwaltung der<br />

Provinz selbst die Opposition in Frankreich zum Schweigen. Er schrieb darüber unteranderm: „Mémoire sur notre établissement dans<br />

la province d’Oran par suite de la paix“ (Par. 1838). Im Februar 1838 nahm er als Deputierter seinen Sitz im Zentrum der Kammer<br />

wieder ein und sprach sich 1840 energisch für die Befestigung von Paris aus. Ende 1840 wurde B. zum Gouverneur von Algerien ernannt,<br />

wo er als General und Organisator sehr erfolgreich wirkte. Nach Ausbruch des Kriegs mit Marokko drang er in das feindliche<br />

Gebiet ein und erfocht 14. Aug. 1844 den entscheidenden Sieg bei Isly, welcher ihm den Titel eines Herzogs von Isly eintrug, während er<br />

schon ein Jahr zuvor den Marschallstab erhalten hatte. Nach Vollendung der Unterwerfung Algeriens kehrte er im Mai 1847 nach<br />

Frankreich zurück. In der Nacht vom 23. zum 24. Febr. 1848 erhielt er das Kommando über die Truppen in Paris und entwarf mutig und<br />

besonnen einen energischen Operationsplan zur Niederschlagung der Revolution, wurde aber 24. Febr., 10 Uhr vormittags, durch<br />

schriftlichen Befehl Ludwig Philipps zum Rückzug genötigt und bald darauf vom Oberkommando abberufen. Auch seine Versuche, den<br />

König von der Abdankung abzuhalten, waren ohne Erfolg. Zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt, hielt er sich zur äußersten<br />

Rechten; er starb 9. Juni 1849 in Paris an der Cholera. Ein Denkmal wurde ihm im August 1852 in Algier, ein andres in Périgueux<br />

gesetzt. Er schrieb noch: „De l’organisation unitaire de l’armée“ (Par. 1835). Seine „Œuvres militaires“ erschienen gesammelt 1883.<br />

Vgl. d’Ideville, Le maréchal B. (Par. 1881 ff., 3 Bde.; Auszug in 1 Bd., 1885); Roches, Trente-deux ans à travers l’Islam, Bd. 2: Le maréchal<br />

B. en Afrique (das. 1885).<br />

Sehr kritisch setzte sich der algerische Schriftsteller Kateb Yacine (1929-1989) 1059 in seinem 1966 erschienenen<br />

satirischen Roman Le Polygone étoilé 1060 mit der Rolle Bugeauds im Algerienfeldzug auseinander, denn der<br />

hoch dekorierte Marschall griff dort mit harter Hand durch und behandelte die Eingeborenen wie wilde Tiere 1061 .<br />

1847 wurde 13 km von Annaba (bis 1963 Bône), der viertgrößten Stadt Algeriens, entfernt das Dorf Bugeaud<br />

gegründet, das über eine 12 km lange Straße erreichbar ist, die bei 0 Höhenmetern beginnt und bis zum Dorf auf<br />

900 Höhenmeter ansteigt 1062 . In der Nähe befinden sich Spuren aus der jüngeren Steinzeit und ein römisches<br />

Aquädukt.<br />

4.1.2. Hans blieb do!<br />

Neben dem Michelesmarsch erklingt während der Umzüge in Wolfach öfters der weit verbreitete Narrenmarsch<br />

Hans blieb do. Dessen A- und B-Teil geht auf einen Narrenmarsch zurück, der den Einzug der Abgesandten aus<br />

Donaueschingen zu Beginn des 3. Aktes des von dem fürstlich-fürstenbergischen Hofkomponisten Johann<br />

Wenzel Kalliwoda (1801-1866) 1063 unter dem närrischen Pseudonym Schneckenfinger komponierten und am 2.<br />

März 1840 (Fastnachtmontag) in Donaueschingen uraufgeführten Fastnachtspiels Billibambuff’s Hochzeitsreise<br />

zum Orcus und Olymp begleitet 1064 . Bereits in der Ouvertüre bildet nach einer fanfarenartigen Einleitung die<br />

Melodie des Marsches, motivisch verarbeitet und von einem klassischen Sinfonieorchester mit Triangel, Becken<br />

und großer Trommel gespielt, das Hauptthema der Komposition. Der Text Hans blieb do, der in vielerlei<br />

Varianten im deutschsprachigen Raum verbreitet ist und zu unterschiedlichen Melodien gesungen wird 1065 ,<br />

wurde dem Marsch erst später unterlegt, denn der Text beginnt volltaktig mit dem Sprechakzent auf Hans, der<br />

1058<br />

Meyers Konversationslexikon III, 605f., s. v. Bugeaud, Thomas Robert.<br />

1059<br />

Meyerscout 2003, s. v. Yacine, Kateb.<br />

1060<br />

Yacine: Le Polygone étoilé.<br />

1061<br />

Kerjij: Leçon littéraire.<br />

1062<br />

Robert: Bugeaud; Algérie – Bugeaud.<br />

1063<br />

MGG VII, 454-459, s. v. Kalliwoda, Johann Wenzel.<br />

1064<br />

Kalliwoda: Billibambuff’s Hochzeitsreise zum Orcus und Olymp. – <strong>Die</strong> autographe Partitur des Spiels aus der F. F. Hofbibliothek<br />

Donaueschingen befindet sich heute unter der Standnummer Don Mus. Ms. 865 a + b, zusammen mit Kalliwodas gesamtem<br />

musikalischen Nachlass, in der BLB Karlsruhe. Katalog der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek XII, 557. – Der Notentext und<br />

weitere Einzelheiten zur Entstehungsgeschichte des Marsches finden sich in Strauß-Németh: Johann Wenzel Kalliwoda I, 307-310; II,<br />

268-270 (WoO V/07 Billibambuffs Hochzeitsreise), 374 (WoO X/01 Donaueschinger Narrenmarsch). – Eine Postkarte von 1893 (oder<br />

1903?) mit dem gegenüber der Partitur des Fastnachtspiels geringfügig vereinfachten Notentext des Donaueschinger Narrenmarsches ist<br />

abgedruckt in Heizmann: Furtwangens bekanntestes Lied, 51.<br />

1065<br />

Beispiele aus Breslau, Thüringen, Böhmen und anderen Orten finden sich im DVA unter der Signatur Gr. VII a. <strong>Die</strong> hier verzeichneten<br />

Melodien weichen jedoch wesentlich von Kalliwodas Melodie ab, können dem Komponisten also nicht als direkte Vorlage gedient<br />

haben.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 129<br />

Marsch jedoch auftaktig mit zwei Sechzehntel-Noten, die gestrichen wurden, als der Text hinzukam. Es ist zwar<br />

nicht ausgeschlossen, dass Kalliwoda für seinen Marsch ein Volkslied aus seiner böhmischen Heimat bearbeitete,<br />

doch lässt sich eine konkrete Vorlage bislang nicht nachweisen. Der Marsch gelangte 1897 über den<br />

Vöhrenbacher Stadtkapellmeister Wiedel zu Josef Schultis (1873-1957) 1066 , dem Dirigenten der Furtwanger<br />

Stadtkapelle, der ihn 1901 mit einem selbst komponierten Trio-Teil ergänzte 1067 . Kalliwodas zweiteilige<br />

Originalfassung wird heutzutage in Donaueschingen und Bräunlingen als Narrenmarsch gespielt, die Schultis-<br />

Version in Furtwangen, Hornberg, Hüfingen, Triberg und Wolfach, wobei es jeweils kleinere Varianten in der<br />

Melodieführung und im Text gibt.<br />

Joseph Viktor von Scheffel (1826-1886) 1068 schrieb während seiner <strong>Die</strong>nstzeit als fürstlich-fürstenbergischer<br />

Hofbibliothekar in Donaueschingen zwischen 1857 und 1859 die Erzählung Juniperus über den Ritter Gottfried<br />

von Neuenhewen. Darin schildert er, zeitlich versetzt ins 12. Jahrhundert, auch die Fastnacht auf der Baar. Es ist<br />

anzunehmen, dass seine Darstellung in erster Linie auf seinen Beobachtungen der Donaueschinger <strong>Fasnet</strong> beruht,<br />

auch wenn der Ort nicht explizit genannt wird, denn die Beschreibung der Narrenfigur entspricht ziemlich genau<br />

dem Hansel der dort 1853 gegründeten Narrenzunft Frohsinn:<br />

Nun begab es sich im Lenzmonat des eilfhundertachtundachtziger Jahres, daß mit großem Zulauf aus nah und fern in Almishofen die<br />

Fastnacht begangen ward. Gastlich hatte der alte Markwart sein Haus aufgetan, viele Edle und Rittersleute aus der umliegenden<br />

Bertholdsbaar und dem nahen Schwarzwald kamen zu Kurzweil und Mummenschanz geritten, denn dort in Schwaben wird um diese Zeit<br />

viel Fröhlichkeit geübt mit Schneckenessen, Umtrunk und Reigentanz, und wer vermummt Gassen und Häuser durchlaufen will, der<br />

steckt sich in das weiße, figurenbemalte schellenbehangene Gewand des Heini Narrô, legt die Holzlarve Scheme vor das Antlitz, zieht<br />

die mit Blumenkranz und Fuchsschwanz verzierte Kapuze darüber und rennt hüpfenden Schrittes, hellauf ,Narrô!’ rufend und Äpfel und<br />

Nüsse unter die Kinder auswerfend, durch die fröhliche Menge 1069 .<br />

Alsbald hielten sie, schüttelten allzusamt die Riemen mit den Metallschellen, daß fernerhin die Fensterscheiben erklirrten 1070 ...<br />

‚Narrô!’ schrie ein Trupp Vermummter und sang schellenklingelnd den wohlbekannten Narrenmarsch 1071 .<br />

[Da] steht der weiße Narr langsam und lächelnd auf, fährt mit dem Finger spöttisch deutend nach der Stirn, als wolle er sagen: ‚Was<br />

fällt euch ein, ihr Männer?’, greift sein Hörnlein und bläst anmutig den ersten Absatz des allbekannten Narrenmarsches; der klang<br />

fremdsonderbar, der Seele unvergeßlich durch die einsam wilde Schlucht 1072 .<br />

Daraus lässt sich schließen, dass mit dem von Scheffel erwähnten Narrenmarsch der Hans blieb do! gemeint ist.<br />

<strong>Die</strong> Behauptung von Prof. Werner Mezger, der 1882 komponierte Rottweiler Narrenmarsch sei der älteste<br />

<strong>Fasnet</strong>marsch Südwestdeutschlands 1073 , ist damit eindeutig widerlegt, zumal die Bearbeitung der Melodie als<br />

Narrenmarsch zweifelsfrei auf Kalliwoda zurückgeht, auch wenn die Melodie selbst nicht von ihm stammen<br />

sollte 1074 .<br />

1066<br />

Zu Schultis’ Lebenslauf siehe: <strong>Die</strong> Lebenserinnerungen des Josef Schultis; Wager: Vom Hirtenbub zum Stadtkapellmeister.<br />

1067<br />

Heizmann: Furtwangens bekanntestes Lied, 51; Wager: Vom Hirtenbub zum Stadtkapellmeister, 151. – Zur Geschichte des Hans blib do!<br />

vgl. Wager: Musik und Tanz in der Fasnacht, 186f.<br />

1068<br />

<strong>Die</strong> Vorfahren von Scheffels Großmutter Johanna Laible (1769-1828, verheiratet mit dem Oberschaffner des Klosters Gengenbach,<br />

Magnus Scheffel), lassen sich seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in Wolfach nachweisen. <strong>Die</strong> Stammfolge beginnt mit Christian Laible,<br />

der am 14. Juli 1596 in Wolfach Barbara Heitzmann heiratete und 1613 bei einem Unfall mit dem Pferdefuhrwerk vor Kirnbach starb.<br />

Sein Urenkel Johann Jakob, geboren in Wolfach, wurde in Ettenheim Bäcker und Kircheneinnehmer und vermählte sich 1693 mit Ursula<br />

Bössenkemmer. Aus dieser Ehe ging Philipp Jakob (1695-1754), der Großvater von Johanna Laible, hervor. Er zog 1716 nach Gengenbach,<br />

wurde dort Oeconomus des Klosters, Zwölfer und Lohner der Stadt und heiratete Katharina Bischler aus Ohlsbach. Strack: <strong>Die</strong><br />

Ahnen des Dichters Josef Viktor von Scheffel.<br />

1069<br />

Scheffel: Juniperus, 29f. – Der Hinweis auf Scheffels Erzählung stammt von Prof. Paul Derks, Essen.<br />

1070<br />

Scheffel: Juniperus, 30.<br />

1071<br />

Scheffel: Juniperus, 38.<br />

1072<br />

Scheffel: Juniperus, 43.<br />

1073<br />

Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 112f.<br />

1074<br />

Beispielsweise werden auch die Choralbearbeitungen J.S. Bachs für vierstimmigen Chor in Bachs Werkverzeichnis aufgeführt, obwohl<br />

die Melodien nicht von ihm selbst komponiert wurden. Auch bei Bachs Bauernkantate BWV 212, die viele volkstümliche Melodien enthält,<br />

käme niemand auf die Idee, Bachs Autorschaft zu bezweifeln.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

4.1.3. Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht<br />

Notenbeispiel 14: Donaueschinger Narrenmarsch (1840)<br />

<strong>Seite</strong> 130<br />

Eines der beliebtesten <strong>Fasnet</strong>lieder ist der <strong>Wolfacher</strong> Durscht<br />

Villing sen. 1924 bei einer feuchten Zusammenkunft<br />

Brusler Dorschtes von Otto Oppenheimer auf die Melodie des<br />

damit die Gestalt des Grafen Konrad von Wolva schufen, den es aber historisch gesehen nie gegeben hat<br />

Nach der langen kriegsbedingten <strong>Fasnet</strong>pause kam so ein fröhliches Lied gerade recht, das sich durch die von<br />

Sandfuchs in seiner Druckerei hergestellten Textzettel schnell verbreitete.<br />

1926 entstand erstmals der Gedanke, den damals bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig dargestellten<br />

Prinzen Karneval, den es zu jener Zeit fast überall im alemannischen Sprachraum als Symbolfigur der <strong>Fasnet</strong><br />

gab, durch den durstigen Grafen Konrad von Wolva zu ersetzen. Im Jahr darauf schrieb Josef Krausbeck mit<br />

17 ½ Jahren sein erstes <strong>Fasnet</strong>spiel, die<br />

noch nicht 18 war und deshalb nicht in die Narrenversammlungen gehen durfte, gab sein Vater das Spiel als sein<br />

eigenes aus und klärte diesen Sachverhalt auch später nicht auf.<br />

<strong>Die</strong> Melodie des Kreuzfidelen Kupferschmiedes<br />

in Waldkirch als Grundlage für ein <strong>Fasnet</strong>lied. Dort wird auf diese Melodie das<br />

sungen, das Emil Bayer dichtete, aber inhaltlich mit dem Wolf<br />

<strong>Die</strong> Waldkircher spielen die Melodie auch als Marsch während der Umzüge.<br />

1075 , dessen Text Albert Sandfuchs sen. und Konrad<br />

feuchten Zusammenkunft in der Gastwirtschaft „Zum Adler“ nach ddem<br />

Vorbild des<br />

von Otto Oppenheimer auf die Melodie des kreuzfidelen Kupferschmiedes<br />

damit die Gestalt des Grafen Konrad von Wolva schufen, den es aber historisch gesehen nie gegeben hat<br />

<strong>Fasnet</strong>pause kam so ein fröhliches Lied gerade recht, das sich durch die von<br />

Sandfuchs in seiner Druckerei hergestellten Textzettel schnell verbreitete.<br />

1926 entstand erstmals der Gedanke, den damals bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig dargestellten<br />

rinzen Karneval, den es zu jener Zeit fast überall im alemannischen Sprachraum als Symbolfigur der <strong>Fasnet</strong><br />

gab, durch den durstigen Grafen Konrad von Wolva zu ersetzen. Im Jahr darauf schrieb Josef Krausbeck mit<br />

½ Jahren sein erstes <strong>Fasnet</strong>spiel, die Internationale Völkertagung am Hofe Graf Konrad des Durstigen<br />

noch nicht 18 war und deshalb nicht in die Narrenversammlungen gehen durfte, gab sein Vater das Spiel als sein<br />

eigenes aus und klärte diesen Sachverhalt auch später nicht auf.<br />

Kreuzfidelen Kupferschmiedes diente nicht nur den <strong>Wolfacher</strong> Narren, sondern auch jenen<br />

in Waldkirch als Grundlage für ein <strong>Fasnet</strong>lied. Dort wird auf diese Melodie das Waldkircher Kläpperlelied<br />

sungen, das Emil Bayer dichtete, aber inhaltlich mit dem <strong>Wolfacher</strong> bzw. Brusler Durscht nichts zu tun hat<br />

<strong>Die</strong> Waldkircher spielen die Melodie auch als Marsch während der Umzüge.<br />

1076 dichteten und<br />

damit die Gestalt des Grafen Konrad von Wolva schufen, den es aber historisch gesehen nie gegeben hat 1077 .<br />

<strong>Fasnet</strong>pause kam so ein fröhliches Lied gerade recht, das sich durch die von<br />

1926 entstand erstmals der Gedanke, den damals bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig dargestellten<br />

rinzen Karneval, den es zu jener Zeit fast überall im alemannischen Sprachraum als Symbolfigur der <strong>Fasnet</strong><br />

gab, durch den durstigen Grafen Konrad von Wolva zu ersetzen. Im Jahr darauf schrieb Josef Krausbeck mit<br />

rnationale Völkertagung am Hofe Graf Konrad des Durstigen. Da er<br />

noch nicht 18 war und deshalb nicht in die Narrenversammlungen gehen durfte, gab sein Vater das Spiel als sein<br />

diente nicht nur den <strong>Wolfacher</strong> Narren, sondern auch jenen<br />

Waldkircher Kläpperlelied geacher<br />

bzw. Brusler Durscht nichts zu tun hat 1078 .<br />

1075<br />

Melodie und Text des Liedes befinden sich im DVA, DVA, nach der Tonaufnahme des DVA Nr. A 209454 vom 24.2.1968 in Wolfach<br />

transkribiert von Lieselotte Wiedling. – Zur Entstehungsgeschichte siehe Krausbeck: Er lebte, aber er lebte nie!; Mitteilungen von J.<br />

Krausbeck vom 14.3.1987.<br />

1076<br />

Zum kreuzfidelen Kupferschmied siehe Anhang 2 zu diesem Abschnitt.<br />

1077<br />

Zu Graf Konrad und seinem Gefolge folge siehe Abschnitt 2.2.2 Landsknechte des Grafen Konrad von Wolva. – Zum Brusler Dorscht siehe<br />

Anhang 1 zu diesem Abschnitt.<br />

1078<br />

Wernet: Waldkircher Narren-Lieder und --Sprüche,<br />

134.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 131<br />

Anhang 1: „Der Brusler Dorscht“ von Otto Oppenheimer<br />

Das Lied vom durstigen Grafen Kuno vom Kraichgauland schrieb der bis zu seiner Emigration 1938 in Bruchsal<br />

lebende jüdische Tuchgroßhändler und Kunstmäzen Otto Oppenheimer (1875-1951) 1079 :<br />

Der Brusler Dorscht<br />

Drittes Lied aus der Brusler Geschichte<br />

Melodie: „Der kreuzfidele Kupferschmied“<br />

Der deutsche Kaiser Heinrich III. aus dem Geschlechte der Salier schenkte am 5. [!] Mai des<br />

Jahres 1056 den ihm von seinem Vetter, dem Grafen Cuno [!] vom Kraichgau vermachten Hof<br />

zu Bruxolle mit dem dazu gehörigen Lußhardtwald und allen Leibeigenen, Wiesen, Gewässer,<br />

etc. dem Dom zu Speyer 1080 . – Remling „Geschichte des Bistums [!] Speyer 1081 .“<br />

Das war der Graf vom Kraichgauland,<br />

Graf Cuno war’s der Held!<br />

Der hatte einen Höllenbrand,<br />

Doch leider wenig Geld.<br />

Im Rappen war sein Stammlokal,<br />

Dort saß er Tag und Nacht<br />

Und hat gar manches Zechgelag<br />

Auf guten Pump gemacht.<br />

:/: Denn der Dorscht, ja der Dorscht,<br />

Ja der alte Brusler Dorscht<br />

War die Leidenschaft des Grafen,<br />

Alles Andre war ihm worscht! :/:<br />

Vom Eichelberg bis ‘nab zum Rhein<br />

War’s all sein Eigentum,<br />

Der schöne Lußhardtwald war sein<br />

Und sonst noch viel drum rum.<br />

Doch freute ihn kein grüner Wald,<br />

Kein Jagen auf der Au –<br />

Das schönste Mädel ließ ihn kalt,<br />

Er liebte keine Frau;<br />

:/: Bloß der Dorscht etc. etc.<br />

Der deutsche Kaiser Heinerich<br />

War mütterlicherseits<br />

Des Grafen Cuno Vetterich<br />

Und Gläubiger bereits.<br />

Er hatt ne Hypotheke auf<br />

Das alte Brusler Schloß,<br />

So daß des Vetters Lebenslauf<br />

Den Kaiser arg verdroß:<br />

:/: Ach der Dorscht etc. etc.<br />

Doch eines schönen Tages war<br />

Vorbei die schwere Not,<br />

‘s war grade Anfang Februar,<br />

Da war Herr Cuno tot.<br />

Doch an die Brusler hat gedacht<br />

Er bis ans Lebensend’,<br />

Denn als die Teilung ward gemacht,<br />

Da stand im Testament:<br />

1079 Zur Geschichte des Brusler Dorschts siehe Greder: Bruchsaler Fastnacht, 66-69; Greder: Heiteres Bruchsal, 44-48; Feigenbutz: Der<br />

Brusler Dorscht; Ja der Dorscht; GroKaGe Bruchsal 1879. – Text und Anmerkung des Liedes zitiert nach dem Faksimile des Originaldruckes<br />

in Greder: Bruchsaler Fastnacht, 67.<br />

1080 Ein Nachdruck der Urkunde, mit der der deutsche Kaiser Heinrich III. (1017-1056) am 6. Mai 1056 in Goslar den ihm von seinem Vetter<br />

Graf Cunrad von Kraichgau vermachten Besitz dem Dom zu Speyer schenkte, findet sich in Bresslau: <strong>Die</strong> Urkunden Heinrichs III.,<br />

503f. Nr. 370.<br />

1081 Vermutlich handelt es sich dabei um das Buch Remling: Geschichte der Bischöfe zu Speyer. – Zu Remling siehe: Biographisch-<br />

Bibliographisches Kirchenlexikon VIII, 21-23, s. v. Remling, Franz Xaver.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 132<br />

:/: „Meinen Dorscht, meinen Dorscht,<br />

Meinen alten Brusler Dorscht<br />

Erben meine Landeskinder,<br />

Alles And’re ist mer worscht.“ :/:<br />

So kams denn auch: Das Schloß und Land<br />

Nahm Kaiser Heinrich an<br />

Und schenkte es, was allbekannt,<br />

Dem Speyrer Bischof dann.<br />

Jedoch das Testamenticum<br />

Steht heute noch in Kraft<br />

Man sieht’s am Brusler Bierkonsum<br />

Und sieht’s am Rebensaft.<br />

:/: Ja, den Dorscht, ja den Dorscht,<br />

Ja den alten Brusler Dorscht<br />

Kennt auch der, der dies Liedel<br />

Einst in Büchern hat erforscht! :/:<br />

<strong>Die</strong> Entstehungsgeschichte seines Liedes beschrieb Oppenheimer in einem Brief vom 14. Juni 1950 an den<br />

damaligen Präsidenten der Großen Karnevalsgesellschaft Bruchsal, Zahnarzt Hermann Graebener 1082 :<br />

Sie wissen, daß um die Jahrhundertwende in Bruchsal, das damals in seiner besten Blütezeit stand, die<br />

Große Karnevalsgesellschaft florierte. Damals war von dieser Gesellschaft ein Preis für ein Lied aus der<br />

Brusler Geschichte ausgesetzt, und ich gewann den Preis mit meinem Lied: „Ferdinand“ 1083 . <strong>Die</strong> frohe Aufnahme,<br />

die das Lied fand, hat mich veranlaßt, noch einige weitere Lieder aus der Brusler Geschichte zu verfassen,<br />

die dann im Laufe der Jahre in den Sitzungen der Großen Karnevalsgesellschaft gesungen wurden.<br />

Das dritte Lied war das vom „Brusler Dorscht“. Es wurde zuerst anläßlich meines Junggesellenabschiedes<br />

am 27. April 1901 im damaligen „Hotel Keller“ am Bahnhof gesungen. Den Stoff zu diesem Lied fand ich in<br />

einem Geschichtswerk „<strong>Die</strong> Geschichte des Bistums Speyer“ 1084 in der Staatsbibliothek Dresden-Neustadt.<br />

Den Verfasser dieses zweibändigen Werkes weiß ich nicht mehr. Dort fand ich auch, wenn ich mich recht erinnere,<br />

die lateinische Urkunde vom Mai 1056, worin der Kaiser Heinrich III. den Hof zu Bruxoles (Bruchsal)<br />

mit allen Wiesen und Gewässern, so wie es ihm von seinem Vetter, dem Grafen Konrad (Kuno) vom<br />

Kraichgauland hinterlassen worden ist, dem Bistum Speyer schenkte 1085 . Ich habe mich damals gefragt, wie<br />

es gekommen sein mag, daß der Hof von Bruchsal dem Kaiser Heinrich zufiel? Da muß doch ein Erbe gefehlt<br />

haben? Na, und da war es nur noch ein Schritt von der historischen Wahrheit zur humoristischen Dichtung.<br />

Da ich den letzten Kraichgaugrafen nicht verunglimpfen wollte, habe ich aus dem Grafen Konrad einen<br />

Kuno gemacht, aus dem Hof ein Schloß und den Todestag habe ich um einige Monate verlegt auf Anfang<br />

Februar.<br />

Das Lied blieb verschollen, wie alle die Lieder der Großen Karnevalsgesellschaft Bruchsal, bis ich an Fastnacht<br />

1912 oder 1913 im „Café Bellosa“ es wieder hörte, und zwar von einer Zigeunerbande, von denen der<br />

eine eine Guitarre und der andere eine Flöte zur Begleitung der Musik hatte. Ich war ganz baff, das Lied<br />

wieder zu hören, und erkundigte mich später nach Abzug der Zigeuner, wer das war, der mit der Guitarre.<br />

Es waren Primaner, der Guitarrenspieler war der Hans Ebbecke und der Flötist der Wilhelm Häußler. Von<br />

da ab waren wir Freunde, und niemand anderer als Dr. Hans Ebbecke hat sich für die weite Verbreitung<br />

dieses Liedes verdient gemacht. Noch heute singt es Hans Ebbecke auf Verlangen seiner Zuhörer, und ich<br />

freue mich unsagbar, daß Hans seinen alten Humor noch hat.<br />

Dr. phil. Hans Ebbecke, der Sohn des früheren Oberpfarrers im Zuchthaus Bruchsal, der aufgrund einer<br />

schweren Verletzung im 1. Weltkrieg erblindete, zog nach dem Krieg zur finanziellen Aufbesserung seiner<br />

Situation durch fast alle badischen Städte und veranstaltete Liederabende, bei denen er sich selbst auf der Laute<br />

begleitete. Zu Beginn der 1920er-Jahre gab er im <strong>Wolfacher</strong> Badsaal ein Gastspiel und bekam insbesondere für<br />

den Brusler Dorscht lebhaften Beifall. Er verkaufte anschließend sein bei einem Stuttgarter Musikalienverlag<br />

gedrucktes Liederheft mit dem Text des Brusler Dorschtes 1086 , der dann für Albert Sandfuchs und Konrad<br />

Villing als direkte Vorlage für den <strong>Wolfacher</strong> Durscht diente.<br />

Der durch Oppenheimers Lied zum Leben erweckte Graf Kuno wurde mit seinem Knappen Baldrian ab 1938<br />

zur Symbolfigur der Bruchsaler Fastnacht und trat, ähnlich wie Graf Konrad in Wolfach, an die Stelle des<br />

Prinzen Carneval 1087 . Im Februar 2007 enthüllte der Narrenrat der Großen Karnevalsgesellschaft 1879 Bruchsal<br />

1082<br />

Zitiert nach Greder: Heiteres Bruchsal, 44-48. – Der Brief ist bei Greder nicht wortgetreu wiedergegeben. Es gibt einige Abweichungen<br />

dazu in Greder: Bruchsaler Fastnacht, 66-69.<br />

1083<br />

Faksimile des Originaldrucks in Greder: Bruchsaler Fastnacht, 122f.<br />

1084<br />

Zu diesem Buch siehe Anmerkung 1081.<br />

1085<br />

Zu dieser Urkunde siehe Anmerkung 1080.<br />

1086<br />

Lieder zur Laute, 8f.<br />

1087<br />

Abbildung von Kuno Graf vom Kraichgauland und dessen treuen Knappen Baldrian im Jahre 2007 in: Fastnacht in Brusl, 9.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 133<br />

e.V. am ehemaligen Gasthaus „Zum Rappen“ eine Gedenktafel für Otto Oppenheimer und seinen Brusler<br />

Dorscht 1088 :<br />

Ehemaliges Gasthaus zum Rappen<br />

„... im Rappen war sein Stammlokal, dort saß er Tag und Nacht, und hat so manches Zechgelag auf guten<br />

Pump gemacht ...“<br />

So heißt es in der Bruchsaler Nationalhymne „De Brusler Dorscht“ über den legendären Grafen Kuno, der<br />

genau hier im ehemaligen Gasthaus „Rappen“ sein gesamtes Hab und Gut durchgebracht haben soll. Dabei<br />

stört es auch niemanden besonders, dass der Graf angeblich im 11. Jahrhundert lebte, die Wirtschaft aber<br />

erst um 1800 nachweisbar ist.<br />

Das Lied vom durstigen Grafen schuf der 1938 emigrierte Bruchsaler Otto Oppenheimer im Jahr 1901 anlässlich<br />

seines Junggesellenabschieds. Als Mitglied der Großen Karnevalsgesellschaft war er berühmt für<br />

seine Faschingshymnen. Bei dem Luftangriff am 1. März 1945 wurde das Gasthaus völlig zerstört, aber die<br />

Geschichte um den Grafen und seine Stammwirtschaft lebt bis heute weiter. Graf Kuno ist zur unbestrittenen<br />

Integrationsfigur der Bruchsaler Fastnacht geworden.<br />

Erst im Jahre 2007 drang durch den Urenkel von Albert Sandfuchs die Kunde davon nach Bruchsal, dass<br />

Oppenheimers Lied im gut 140 km entfernten Wolfach zu einem Exportschlager im besten Wortsinne geworden<br />

ist 1089 .<br />

Neben seinen Liedtexten schrieb Oppenheimer auch zwei satirische Gedichte über Nazideutschland 1090 . Als<br />

begeisterter Schachspieler veröffentlichte er außerdem 1943 in der in New York erscheinenden deutschen Exilzeitschrift<br />

Aufbau ein kleines Gedicht über den Start einer Schachecke mit Problemschachaufgaben 1091 , die er in<br />

einem Sammelalbum aufbewahrte.<br />

<strong>Die</strong> Familie Oppenheimer 1092 stammt ursprünglich aus Michelfeld im Kraichgau (zwischen Sinsheim und<br />

Bruchsal, Rhein-Neckar-Kreis) 1093 , wo sie eine Wollfabrik betrieb, die insbesondere Uniformen für das<br />

preußische und badische Militär herstellte. Louis Oppenheimer (1831-1907), der mit der Bankierstochter Berta<br />

Bär (1839-1883) verheiratet war, gründete 1860 in Bruchsal eine eigene Tuchfabrik. Sein Sohn Otto heiratete am<br />

6. Mai 1901 in Rottweil Emma Wälder (1878-1970). Nach dem Tod seines Vaters übernahm er die Leitung der<br />

Firma. 1935 stand er unter der Anklage, mit Uniformen der SA gehandelt zu haben, was für Juden verboten war.<br />

Zwar wurde diese Anklage später zurückgezogen, doch verlor die Firma dadurch Kunden. Im August 1938 überschrieb<br />

Oppenheimer die Firma seinem nichtjüdischen Kollegen Ernst Franke, die nun unter den Namen Ernst<br />

Franke und Co. GmbH firmierte. 1941 zog die Familie Oppenheimer in den New Yorker Stadtteil Bronx.<br />

Der Brusler Dorscht erlangte in der Gegend um Bruchsal einen solch hohen Bekanntheitsgrad, dass er auch<br />

Eingang gefunden hat in den inoffiziellen Teil des Badnerliedes 1094 :<br />

In Bruchsal prangt ein fürstlich Schloß,<br />

im Kraichgau Obst, Wein, Worscht,<br />

Graf Kuno wankte oft vom Ross,<br />

vererbt sein Brusler Dorscht.<br />

Außerdem erweiterte der Sitzungspräsident der Großen Karnevalsgesellschaft Erich Dörr Oppenheimers Lied<br />

um eine Strophe 1095 :<br />

Ein Brusler stand nach seinem Tod<br />

Einst vor der Himmelstür<br />

Der Petrus schrie ihn an und sprach:<br />

“Kerl, was erlaubst Du Dir!<br />

Du kummsch do ruf mit leere Händ!<br />

Potz Himmel heidenei!<br />

Bring mir e' Fäßel Denner Bier<br />

Schonst kummsch Du do net rei!“<br />

Ja der Durscht, ja der Durscht...<br />

1088 Mitteilung von Stadtarchivar Thomas Moos, Bruchsal, vom 13.2.2007.<br />

1089 Moos: Auch in Wolfach wird der Dorscht besungen.<br />

1090 Guide to the Papers of the Bär-Oppenheimer Family.<br />

1091 Oppenheimer: An die Schachecke des „Aufbau“.<br />

1092 Schriftliche Unterlagen zur Geschichte der Familie Oppenheimer sind im Leo Baeck Institute im Center for Jewish History in New York<br />

archiviert. Zur Familiengeschichte Oppenheimer siehe: Guide to the Papers of the Bär-Oppenheimer Family; Loeb, D. / Loeb, H.: Oppenheimer<br />

family; Calzareth: The Family History, http://freepages.genealogy.rootsweb.com/~alcalz/tree/data/p66.htm (13.1.2011).<br />

1093 Michelfeld bildet heute zusammen mit Eichtersheim die Gemeinde Angelbachtal.<br />

1094 Das Badnerlied. – Zum Badnerlied siehe auch: Alemannisches Liederbuch, 194f.<br />

1095 Greder: Bruchsaler Fastnacht, 68.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 134<br />

Anhang 2: „Der kreuzfidele Kupferschmied“ von Carl Peter<br />

Der von dem 1866 geborenen Carl Peter komponierte Marsch Der kreuzfidele Kupferschmied 1096 zählt zum<br />

Repertoire vieler Blasmusikorchester und volkstümlicher Musikgruppen. Der deutsche Text stammt von Paul<br />

Marcussen 1097 . In Australien erschien um 1891 eine in Deutschland gedruckte Partitur mit englischem Liedtext<br />

1098 :<br />

Der kreuzfidele Kupferschmied<br />

Wenn ich an meinem Amboss steh<br />

und hämm’re lustig drein,<br />

und wenn mir nicht fehlet<br />

Kleingeld zu Bier und Wein,<br />

dann bin ich der fidelste Mann,<br />

den man sich denken kann<br />

und singe dann zum Ambossschlag,<br />

so laut ich singen kann.<br />

La la la, la, la, la, ....<br />

Und schaut mein Schatz zum Fenster rein<br />

und lacht mich freundlich an,<br />

da bin ich auf Erden<br />

der kreuzfidelste Mann.<br />

Ihr Blick dringt mir wie Sonnenschein<br />

wohl in mein Herze dann,<br />

ich hämmre auf mein Kupfer hin,<br />

so lang ich hämmern kann.<br />

La la la, la, la, la, ....<br />

Und will sich mir die Sorge nahn,<br />

ich klopf ihr lustig auf<br />

und küsse mein Liebchen<br />

und trink ein Gläschen drauf,<br />

nicht Not, noch Sorge macht mich bang,<br />

ich sing ein muntres Lied<br />

und bleib mein ganzes Leben lang<br />

der lust’ge Kupferschmied.<br />

La la la, la, la, la, ....<br />

The Jolly Coppersmith<br />

I am the Jolly Coppersmith,<br />

No one from care is free’r,<br />

So long as I have cash<br />

To treat my self to beer,<br />

I am the happiest man on earth<br />

And sing both loud and long<br />

While each stroke of my hammer keeps<br />

Time to my jovial song.<br />

La la la la la la ....<br />

And while I mend the pots and pane,<br />

My sweet-heart passes by,<br />

And peeps thro’ the window<br />

With looks so bright and shy,<br />

The sunshine of her glances makes<br />

Me happy as a king<br />

I care for no one, no, not I,<br />

And that is why I sing.<br />

La la la la la la ....<br />

And when my long day’s work is done,<br />

The moments quickly pass,<br />

I sing to my sweetheart<br />

And empty many a glass,<br />

Thus day by day the hours roll by,<br />

To me dull care’s a myth,<br />

I want no prouder title than<br />

The Jolly Coppersmith!<br />

La la la la la la ....<br />

Als einmal der bekannte Dirigent Rolf Schneebiegl mit dem von ihm gegründeten Orchester <strong>Die</strong> Originalen<br />

Schwarzwaldmusikanten bei einem Fest im Sommer in Wolfach auftrat und dabei auch den kreuzfidelen Kupferschmied<br />

spielte, da sangen die Zuhörer spontan den Text des <strong>Wolfacher</strong> Durschtes mit – und Schneebiegl<br />

schaute ob dieser für ihn völlig unerwarteten Reaktion äußerst überrascht ins Publikum, denn der <strong>Wolfacher</strong><br />

Durscht war ihm bis dahin völlig unbekannt gewesen.<br />

Im Cylinder Preservation and Digitalization Project der Donald C. Davidson-Bibliothek an der Universität<br />

von Kalifornien in Santa Barbara sind sechs Aufnahmen des Jolly coppersmith von amerikanischen Militär- und<br />

Blasmusikorchestern, beispielsweise der berühmten Grand Concert Band des amerikanischen Komponisten John<br />

Philipp Sousa (1854-1932) 1099 , aus den Jahren 1896 bis 1915 zu finden 1100 . <strong>Die</strong> Berliner Gram-O-Phone Co. of<br />

Canada in Québec veröffentlichte 1902 und 1905 zwei Schallplattenaufnahmen des Stückes 1101 . In der Bibliothek<br />

der 1884 gegründeten Marshall’s Band in Topeka (Kansas, USA) hat sich eine Partitur von 1886 erhalten<br />

1102 . Das Stück gibt es zudem bis heute in Arrangements für einzelne Soloinstrumente zu kaufen, beispielsweise<br />

für Tuba oder Klarinette 1103 . Selbst in Finnland ist der kreuzfidele Kupferschmied unter dem Titel<br />

Iloinen kupariseppä bekannt 1104 .<br />

1096<br />

Fuchs: Der Kreuzfidele Kupferschmied; Fuchs: Kupferschmiedpolka.<br />

1097<br />

Iloinen kupariseppä.<br />

1098<br />

Peter: The Jolly Coppersmith.<br />

1099<br />

Sousa regte die Konstruktion des Sousaphons an, das heutzutage an <strong>Fasnet</strong> von vielen Guggemusiken verwendet wird. MGG XII, 946, s.<br />

v. Sousa, John Philipp.<br />

1100<br />

Cylinder Preservation and Digitalization Project,<br />

http://cylinders.library.ucsb.edu/search.php?queryType=%40attr+1%3D1016+&query=jolly+coppersmith (13.1.2011).<br />

1101<br />

The Virtual Gramophone, s. v. jolly coppersmith.<br />

1102<br />

Marshall’s Civic Band. Library Holdings, Standnummer M-216: Jolly Coppersmith.<br />

1103<br />

Solo for tuba; Rubank Book Of Clarinet Solos.<br />

1104 Iloinen kupariseppä.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

1899 schrieb der Mainzer Dichter, Humorist und Bildhauer Theodor Eichberger (1835<br />

des kreuzfidelen Kupferschmied den Text Alte, brave Schulkameraden 1105 1899 schrieb der Mainzer Dichter, Humorist und Bildhauer Theodor Eichberger (1835-1917) auf die Melodie<br />

.<br />

4.1.4. Der Hans<br />

Nachdem die Narrenzunft 1934 die ersten zwölf neuen Schellenhansel geschaffen hatte, entstand nach einer alten<br />

Melodie, die in dieser Form nicht im DVA verzeichnet ist<br />

<strong>Wolfacher</strong> das Lied Der Hans, das im Wechselgesang vorge<br />

<strong>Wolfacher</strong> Hansel darstellt. Der Hans<br />

und von Ungarn bis Kanada verbreiteten Volkslied<br />

vergleichbarer Weise die Kleidungsstücke des<br />

Melodien stimmen in einigen Takten mit dem<br />

1106 , durch Um- und Zudichtung verschiedener<br />

, das im Wechselgesang vorgetragen wird und eine Art Liebeserklärung an den<br />

Hans dürfte mit dem in vielen Text- und Melodievarianten in ganz Deutschland<br />

und von Ungarn bis Kanada verbreiteten Volkslied Hei, was bin i für a lustiger Bua verwandt sein<br />

vergleichbarer Weise die Kleidungsstücke des lustigen Buas aufzählt. Zumindest zwei der überlieferten<br />

Melodien stimmen in einigen Takten mit dem Hans überein 1108 die Narrenzunft 1934 die ersten zwölf neuen Schellenhansel geschaffen hatte, entstand nach einer alten<br />

und Zudichtung verschiedener<br />

tragen wird und eine Art Liebeserklärung an den<br />

und Melodievarianten in ganz Deutschland<br />

verwandt sein<br />

.<br />

1107 , das in<br />

aufzählt. Zumindest zwei der überlieferten<br />

4.1.5. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder von Josef KKrausbeck<br />

Notenbeispiel 15: Der Hans<br />

<strong>Seite</strong> 135<br />

Das Narrenlied von Josef Krausbeck, das auf die Melodie des bekannten Volksliedes<br />

gesungen wird, entstand während des 2. Weltkrieges. Krausbeck leitete damals als Soldat einer in Immendingen<br />

stationierten Einheit wegen seiner beruflichen Kenntnisse<br />

nach längerer Suche nach einem geeigneten Platz im Ausstellungsraum einer Schreinerwerkstatt untergebracht<br />

wurde. In einem der Schränke dort befanden sich <strong>Fasnet</strong>kostüme nach rheinisc<br />

und entsprechende Kappen). <strong>Die</strong> Frau des Schreiners bat Krausbeck, diese Kostüme nicht wegzuwerfen, worauf<br />

er entgegnete, da könne sie ganz unbesorgt sein, da er selbst ein<br />

wurde er so inspiriert (de Narrogeist hot ihn überfalle<br />

zwischen die <strong>Fasnet</strong>kostüme legte. Aus diesen Gedichten entstand dann das<br />

Krieg fragte Krausbeck in Immendingen nach,<br />

Franzosen, die alles in der Werkstatt durcheinander geworfen hatten, scheinen sie jedoch verloren gegangen zu<br />

sein.<br />

Krausbecks Kaffeetantenlied entstand 1954 auf die Melodie<br />

später schrieb er auf die Melodie des <strong>Fasnet</strong>spieles<br />

ein Lied, das die Verjüngung für Mann und Frau durch eine echte Weibermühle, die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, b<br />

singt 1110 Das Narrenlied von Josef Krausbeck, das auf die Melodie des bekannten Volksliedes Ufem Wase grase d’Hase<br />

gesungen wird, entstand während des 2. Weltkrieges. Krausbeck leitete damals als Soldat einer in Immendingen<br />

r beruflichen Kenntnisse – er war Textilkaufmann – die Kleiderkammer, die<br />

nach längerer Suche nach einem geeigneten Platz im Ausstellungsraum einer Schreinerwerkstatt untergebracht<br />

wurde. In einem der Schränke dort befanden sich <strong>Fasnet</strong>kostüme nach rheinischem Vorbild (Elferrat<br />

und entsprechende Kappen). <strong>Die</strong> Frau des Schreiners bat Krausbeck, diese Kostüme nicht wegzuwerfen, worauf<br />

er entgegnete, da könne sie ganz unbesorgt sein, da er selbst ein rechter Narro sei. Durch diesen Zufallsfund<br />

de Narrogeist hot ihn überfalle), dass er ein paar Gedichte über die <strong>Fasnet</strong> schrieb, die er<br />

zwischen die <strong>Fasnet</strong>kostüme legte. Aus diesen Gedichten entstand dann das Narrenlied. Einige Zeit nach dem<br />

Krieg fragte Krausbeck in Immendingen nach, ob sie die Gedichte gefunden hätten; nach dem Einmarsch der<br />

Franzosen, die alles in der Werkstatt durcheinander geworfen hatten, scheinen sie jedoch verloren gegangen zu<br />

Krausbecks Kaffeetantenlied entstand 1954 auf die Melodie D’Wäldermaidli hen dic<br />

später schrieb er auf die Melodie des <strong>Fasnet</strong>spieles <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill von Georg Anton Bredelin<br />

ein Lied, das die Verjüngung für Mann und Frau durch eine echte Weibermühle, die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, b<br />

. Auf die Melodie eines s alten <strong>Wolfacher</strong> Schottischs 1111 Ufem Wase grase d’Hase<br />

gesungen wird, entstand während des 2. Weltkrieges. Krausbeck leitete damals als Soldat einer in Immendingen<br />

die Kleiderkammer, die<br />

nach längerer Suche nach einem geeigneten Platz im Ausstellungsraum einer Schreinerwerkstatt untergebracht<br />

hem Vorbild (Elferrat-Kostüme<br />

und entsprechende Kappen). <strong>Die</strong> Frau des Schreiners bat Krausbeck, diese Kostüme nicht wegzuwerfen, worauf<br />

sei. Durch diesen Zufallsfund<br />

), dass er ein paar Gedichte über die <strong>Fasnet</strong> schrieb, die er<br />

Narrenlied. Einige Zeit nach dem<br />

ob sie die Gedichte gefunden hätten; nach dem Einmarsch der<br />

Franzosen, die alles in der Werkstatt durcheinander geworfen hatten, scheinen sie jedoch verloren gegangen zu<br />

D’Wäldermaidli hen dicke Köpf<br />

dichtete er 1955 einen Liedtext über das<br />

1109 . Ein Jahr<br />

von Georg Anton Bredelin<br />

ein Lied, das die Verjüngung für Mann und Frau durch eine echte Weibermühle, die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, bedichtete<br />

er 1955 einen Liedtext über das<br />

1105<br />

Eichberger: Alte, brave Schulkameraden.<br />

1106<br />

Briefl. Mitteilung des DVA.<br />

1107<br />

Im DVA ist eine umfangreiche Mappe zu diesem Lied vorhanden. Briefl. Mitteilung von Michaela Zwenger, DVA, vom 24.4.2006. –<br />

Eine Variante des Liedes mit dem Textbeginn tbeginn Ei, wie bin i e luschdige Bue findet sich mit einer eigenen Melodie auch in:<br />

Alemannisches Liederbuch, 16f.<br />

1108<br />

Eine aus Schwaben stammende Variante stimmt in den letzten beiden Takten überein, eine andere aus Recklinghausen (gehört zu<br />

Sundern im Hochsauerlandkreis) hsauerlandkreis) in den Takten 5 bis 7. Unser Liederbuch für die Grundschule, 106; DVA Nr. A 40 623.<br />

1109<br />

D’ Wäldermaidli ist ein Spottlied der Burschen des Markgräfler Landes auf die Mädchen der umliegenden Schwarzwalddörfer. Text und<br />

Noten abgedruckt in: Alemannisches emannisches Liederbuch, 20f.<br />

1110<br />

Text und Melodie abgedruckt in Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 18f.<br />

1111<br />

Schottisch ‚der Polka ähnlicher Rundtanz, ursprünglich nur mit Dudelsackbegleitung’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3266, s. v.<br />

Schottisch.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

Bettelmaale, eine Steinfigur, die sich früher im Gewölbe des Stadttores befand und nach dessen Zerstörung 1971<br />

als Bronzeabguss an der Finanzamtsmauer angebracht wurde<br />

Einst kam ein Bettler nach Wolfach und hielt in allen Häusern um ein Almosen an, wurde aber überall a<br />

gewiesen. In seinem Unwillen über die erlangte Behandlung entblößte er unter dem untern Tor vor seinem<br />

Weggange seine Sitzfläche und kehrte sie mit entsprechender Einladung den hartherzigen Bürgern zu. Der<br />

Graf soll dies von seinem Schloß aus gesehen haben. Da er wegen verzögerter Ablieferung des Zehnten auch<br />

nicht gut auf die Bürgerschaft zu sprechen war, ließ er das Bild des Bettl<br />

in Stein meißeln und in einer Ecke des Torgewölbes anbringen.<br />

1112 Bettelmaale, eine Steinfigur, die sich früher im Gewölbe des Stadttores befand und nach dessen Zerstörung 1971<br />

, und um die sich h eine alte Sage rankt<br />

Einst kam ein Bettler nach Wolfach und hielt in allen Häusern um ein Almosen an, wurde aber überall a<br />

gewiesen. In seinem Unwillen über die erlangte Behandlung entblößte er unter dem untern Tor vor seinem<br />

und kehrte sie mit entsprechender Einladung den hartherzigen Bürgern zu. Der<br />

Graf soll dies von seinem Schloß aus gesehen haben. Da er wegen verzögerter Ablieferung des Zehnten auch<br />

nicht gut auf die Bürgerschaft zu sprechen war, ließ er das Bild des Bettlers in oben beschriebenem Aufzuge<br />

in Stein meißeln und in einer Ecke des Torgewölbes anbringen.<br />

1113 :<br />

Einst kam ein Bettler nach Wolfach und hielt in allen Häusern um ein Almosen an, wurde aber überall abgewiesen.<br />

In seinem Unwillen über die erlangte Behandlung entblößte er unter dem untern Tor vor seinem<br />

und kehrte sie mit entsprechender Einladung den hartherzigen Bürgern zu. Der<br />

Graf soll dies von seinem Schloß aus gesehen haben. Da er wegen verzögerter Ablieferung des Zehnten auch<br />

ers in oben beschriebenem Aufzuge<br />

Notenbeispiel 16: Das Kaffeetantenlied (1954)<br />

<strong>Seite</strong> 136<br />

Der Text der <strong>Wolfacher</strong> Gemütlichkeit<br />

und Tanz gedichtet, enthält neben einigen typischen <strong>Wolfacher</strong> Örtlichkeiten auch manchen verborgenen Hi<br />

weis auf seine Entstehungszeit. <strong>Die</strong> in der 3. Strophe erwähnten<br />

Wassers der Kinzig für die Flößerei. Der Mühlenteich befand sich etwa auf Höhe der evangelischen Stadtkirche<br />

unterhalb des Steingrüns 1115 <strong>Wolfacher</strong> Gemütlichkeit, 1948 von Krausbeck auf die Melodie Beim Kronewirt, da ist heut Jubel<br />

gedichtet, enthält neben einigen typischen <strong>Wolfacher</strong> Örtlichkeiten auch manchen verborgenen Hi<br />

weis auf seine Entstehungszeit. <strong>Die</strong> in der 3. Strophe erwähnten <strong>Die</strong>che ‚Wehre’<br />

; hier begann der Kanal, der die Stadtmühle an der Stadtbrücke mit Wasser ve<br />

sorgte. 1959 wurde der alte, etwa 1,5<br />

beim mittleren Haspelgässle, einem ungeteerten Fahrweg von der Vorstadt<br />

Wege zwischen Hilda- und Viktoriastraße, ersetzt, um für die Turb<br />

eine bessere Wasserversorgung zu ermöglichen und die Hochwassergefahr in der oberen Vorstadt zu verringern.<br />

Der Bruggewoogdiech ‚Brückenwaagteich’<br />

Gießediech ‚Gießenteich’ oberhalb der ehemaligen Insel, wo heute Festhalle und Realschule stehen. Der<br />

rumpelnde Bass in der 4. Strophe bezieht sich auf die nach Kriegsende errichtete und erst 1954 ersetzte Behelf<br />

brücke aus Holz, die die von den Deutsche<br />

konstruktionsbedingt bei der Benutzung einigen Lärm verursachte. Der damals noch ganz aus Holz bestehende<br />

Gassensteg wurde im Volksmund wegen seiner teilweise losen Holzbalken und<br />

zeichnet. Das Tanzen von Rathaus und Kirchturm in der 5. Strophe spielt darauf an, dass sich nach dem Ende<br />

des kirchenfeindlichen 3. Reiches die kirchliche und die weltliche Macht nun wieder<br />

Schlossturm das Bettelmaale in der 6. Strophe dazu bewegt, sein Hinterteil in die andere Richtung zu drehen, gilt<br />

mit der damit verbundenen er-götz<br />

burger Hof und dem Hausacher Bürgermeister Heizmann, der nach d<br />

geschlagen hatte, das Landratsamt nach Hausach zu verlegen.<br />

1114 dienten zum Aufstauen des<br />

Wassers der Kinzig für die Flößerei. Der Mühlenteich befand sich etwa auf Höhe der evangelischen Stadtkirche<br />

; hier begann der Kanal, der die Stadtmühle an der Stadtbrücke mit Wasser ve<br />

der alte, etwa 1,5 m hohe Mühlenteich 80 m flussaufwärts durch ein modernes Klappwehr<br />

beim mittleren Haspelgässle, einem ungeteerten Fahrweg von der Vorstadt- zur Friedrichstraße auf halbem<br />

und Viktoriastraße, ersetzt, um für die Turbinen der Firma Grieshaber an der Stadtbrücke<br />

eine bessere Wasserversorgung zu ermöglichen und die Hochwassergefahr in der oberen Vorstadt zu verringern.<br />

‚Brückenwaagteich’ 1116 onewirt, da ist heut Jubel<br />

gedichtet, enthält neben einigen typischen <strong>Wolfacher</strong> Örtlichkeiten auch manchen verborgenen Hindienten<br />

zum Aufstauen des<br />

Wassers der Kinzig für die Flößerei. Der Mühlenteich befand sich etwa auf Höhe der evangelischen Stadtkirche<br />

; hier begann der Kanal, der die Stadtmühle an der Stadtbrücke mit Wasser verm<br />

hohe Mühlenteich 80 m flussaufwärts durch ein modernes Klappwehr<br />

zur Friedrichstraße auf halbem<br />

inen der Firma Grieshaber an der Stadtbrücke<br />

eine bessere Wasserversorgung zu ermöglichen und die Hochwassergefahr in der oberen Vorstadt zu verringern.<br />

befindet sich mitten in der Stadt oberhalb der Martinswiese, de der<br />

‚Gießenteich’ oberhalb der ehemaligen Insel, wo heute Festhalle und Realschule stehen. Der<br />

in der 4. Strophe bezieht sich auf die nach Kriegsende errichtete und erst 1954 ersetzte Behelf Behelfs-<br />

brücke aus Holz, die die von den Deutschen n gesprengte, aus dem Jahr 1938 stammende Stadtbrücke ersetzte und<br />

konstruktionsbedingt bei der Benutzung einigen Lärm verursachte. Der damals noch ganz aus Holz bestehende<br />

Gassensteg wurde im Volksmund wegen seiner teilweise losen Holzbalken und -bretter bretter als Stadtklavier bezeichnet.<br />

Das Tanzen von Rathaus und Kirchturm in der 5. Strophe spielt darauf an, dass sich nach dem Ende<br />

des kirchenfeindlichen 3. Reiches die kirchliche und die weltliche Macht nun wieder die Hand geben geben. Dass der<br />

lmaale in der 6. Strophe dazu bewegt, sein Hinterteil in die andere Richtung zu drehen, gilt<br />

götz-lichen lichen Einladung dem damaligen französischen Gouvernement am Stra Straß-<br />

burger Hof und dem Hausacher Bürgermeister Heizmann, der nach dem em Schlossbrand in Wolfach 1947 vo vorgeschlagen<br />

hatte, das Landratsamt nach Hausach zu verlegen.<br />

1112<br />

Schrader: Neues über ber die Baugeschichte, 270f. – Das Original des Bettelmaales befindet sich heute im Museum Schloss Wolfach Wolfach, Inventar-Nr.<br />

Nr. 1989/371. Bei der Renovierung der Steinskulptur durch den Steinmetz Reinhold Seemann wurden viele Feinheiten der Obe Oberflächenstruktur<br />

durch rch das Sandstrahlen zerstört. – Eine mit dem Bettelmaale vergleichbare Steinfigur, die eine ähnliche Körperhaltung<br />

aufweist, ist der so genannte Blecker in Buchen (Neckar (Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg), Württemberg), der in der dortigen Fasenacht eine<br />

wichtige Rolle e spielt. Abbildung in: Gesellschaft zur Erhaltung Buchener Bräuche.<br />

1113<br />

Disch: Chronik Wolfach, 424.<br />

1114<br />

Teich < mhd. tîch ‚Deich, Damm’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 226, s. v. tîch. . Vgl. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen,<br />

1421, s. v. Teich.<br />

1115<br />

Der Steingrün, eingrün, der früher ein beliebter Veranstaltungsort für Zirkusse und Jahrmärkte gewesen war, wurde im Sommer 1959 durch die<br />

Anlegung einer neuen Ufermauer zum Schutz gegen Hochwasser zerstört.<br />

1116<br />

Brückenwaage ‚Waage mit ungleicharmigen Hebeln und breiter Pl Plattform attform (Brücke) für die Last’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 785, s.<br />

v. Brückenwaage. – <strong>Die</strong> Brückenwaage diente zur Taxierung der Oblast der Flöße, die die Schiltacher Flößer nach Wolfach flößten.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

4.1.6. Der Heiratsmarkt<br />

Zur <strong>Fasnet</strong> 1951 schrieben Erich Sandfuchs und Helmut Belli das Festspiel Der Heiratsmarkt<br />

schauern ein Bild über das Verliebt-,<br />

Verlobt- und Verheiratetsein von den ersten Menschen in aschgrauer Vo<br />

zeit ab, über die Raubritter- und Rokokozeit bis zum heutigen Tage geben soll<br />

Siegfried Türpe aus Dresden, der im Jahr zuvor einen kleinen Konzertabend in Wolfac<br />

komponierte die Melodien zu den Liedtexten von Helmut Belli<br />

Das Spiel selbst beginnt mit der Darstellung einer Vogelhochzeit. Herr und Frau Liebesrat begrüßen das<br />

Publikum und die Herzensdiebe treten in Aktion. Pantomimisch werden nun de<br />

Liebeswerben in der Steinzeit, eines Minnesängers, im Biedermeier, um die Jahrhundertwende und durch<br />

moderne Raubritter dargestellt. <strong>Die</strong> nächste Szene zeigt die Entwicklung der Liebe eines Paares während des<br />

Ehelebens: Von der stürmischen Liebe zu Beginn bis zur Gleichgültigkeit im hohen Alter. Nach dem Ehewette<br />

bericht und dem Horoskop endet das Spiel mit einer großen Hochzeitspolonaise.<br />

1117 . Der 17<br />

Siegfried Türpe aus Dresden, der im Jahr zuvor einen kleinen Konzertabend in Wolfac<br />

komponierte die Melodien zu den Liedtexten von Helmut Belli 1118 Der Heiratsmarkt, das den Zuund<br />

Verheiratetsein von den ersten Menschen in aschgrauer Vor-<br />

. Der 17-jährige Musikstudent<br />

Siegfried Türpe aus Dresden, der im Jahr zuvor einen kleinen Konzertabend in Wolfach gegeben hatte,<br />

.<br />

Das Spiel selbst beginnt mit der Darstellung einer Vogelhochzeit. Herr und Frau Liebesrat begrüßen das<br />

Publikum und die Herzensdiebe treten in Aktion. Pantomimisch werden nun der r Sündenfall im Paradies und das<br />

Liebeswerben in der Steinzeit, eines Minnesängers, im Biedermeier, um die Jahrhundertwende und durch<br />

moderne Raubritter dargestellt. <strong>Die</strong> nächste Szene zeigt die Entwicklung der Liebe eines Paares während des<br />

der stürmischen Liebe zu Beginn bis zur Gleichgültigkeit im hohen Alter. Nach dem Ehewette Ehewetter-<br />

bericht und dem Horoskop endet das Spiel mit einer großen Hochzeitspolonaise.<br />

4.1.7. Vergessene <strong>Fasnet</strong>lieder<br />

Viele <strong>Fasnet</strong>lieder, die im Laufe der Zeit entstanden sind, geri gerieten eten wieder in Vergessenheit. 1869 führten die<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narren das Festspiel Der Hanswursteltanz auf, bei dem etwa 150 verschiedene Harlekine auftraten.<br />

Auf dem Plakat findet sich als Einladung dazu das folgende Liedchen, dessen muntere Melodie eine schön schöne<br />

Ergänzung der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder wäre, wenn es wieder an <strong>Fasnet</strong> gesungen werden würde 1119 :<br />

Heisa jucheisa<br />

Dideldum dei<br />

In Wolfe gehts närrisch zu<br />

Kommt Alle herbei.<br />

Notenbeispiel 17: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lied<br />

Nach mündlicher Überlieferung schnurrten um die Mitte des 19. Jahrhunderts insbesondere die Frauen, die ihre<br />

Schnurrthemen beim Wasserholen am Stadtbrunnen absprachen<br />

gelegt; auch unter der Woche wurde geschnurrt und zwar sowohl<br />

1120 Überlieferung schnurrten um die Mitte des 19. Jahrhunderts insbesondere die Frauen, die ihre<br />

. <strong>Die</strong> Schnurrtermine waren nicht genau fes fest-<br />

gelegt; auch unter der Woche wurde geschnurrt und zwar sowohl in Wirts- als auch in Privathäusern. Vor und<br />

1117<br />

Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 193f.<br />

1118<br />

Belli: Tanzschlager lager zur <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> 1951.<br />

1119<br />

Der Notentext, transkribiert von Bernd Asmus nach einer von Josef Krausbeck gesungenen Tonaufnahme vom 28.12.1995, ist a aab-<br />

gedruckt in Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 185.<br />

1120<br />

Krausbeck: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Mose Moser.<br />

<strong>Seite</strong> 137


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 138<br />

nach dem Schnurren und bei anderen närrischen Zusammenkünften sangen die Narren neben anderen auch die<br />

folgenden Lieder, die nicht nur in Wolfach recht beliebt gewesen sind:<br />

Der Kalender der Liebe<br />

Im Januar da führen uns die Männer auf das Eis;<br />

dem Schnee sind ihre Worte gleich,<br />

sie machen uns viel weiß.<br />

Im Februar maskirn sie sich,<br />

das dauert bis zum März,<br />

:/: dann löst die harte Rinde sich<br />

allmählich von dem Herz. :/:<br />

Es folgen drei Strophen, die durch das ganze Jahr führen. Nach Böhme entstand dieses Couplet vermutlich um<br />

1840; es soll aus einer Oper oder einem Singspiel Talismann stammen 1121 .<br />

Das Kanapeelied<br />

Das Kanapee ist mein Vergnügen,<br />

drauf ich mir was zu Gute thu.<br />

Drauf kann ich recht vergnüget liegen<br />

in meiner allzu sanften Ruh’!<br />

Thut mir’s in allen Gliedern weh,<br />

:/: so leg’ ich mich auf’s Kanapee :/:<br />

Es folgt je nach Überlieferung eine unterschiedliche Anzahl von Strophen; auch der Text variiert und es gibt<br />

mehrere Melodien für das Lied. Der älteste Text stammt aus einer Handschrift aus dem Jahr 1740 1122 .<br />

Jetz hab i scho drei Wieber ghet<br />

Jetz hab i scho drei Wieber ghet<br />

zwei lieget in de Ruh’,<br />

und wenn die dritt mir schterbe dät,<br />

no weiß i, was i due:<br />

Wenn i no eine nemme sott<br />

na so was schtund mir a<br />

:/: Hätt i no lieber die vom Hals,<br />

i heirat numme na! :/:<br />

<strong>Die</strong>ses Lied mit seinen sechs Strophen gibt es auch in einer Variante mit dem Text Jetz hab i scho drei Männer<br />

ghet und eigener Melodie 1123 .<br />

In einer vor 1865 entstandenen handschriftlichen Liedersammlung von Josef Anton Krausbeck (1814-1868)<br />

findet sich dieses Lied 1124 :<br />

Das ellenlange G’sicht<br />

1. Was giebts doch für mancherlei Sachen<br />

Und mancherlei Narrn in der Welt<br />

S’ giebt manche die sich gar nichts wünschen<br />

Als Küsten und Kästen mit Geld.<br />

Das Geld ist ihr einzig Simmiren<br />

Einen andern Freund kennen sie nicht<br />

Und wen sie an Kreuzer verlieren<br />

So machens an ellenlangs G’sicht.<br />

2. So mancher der kan gar nicht schlummern<br />

Er thut sich halt Tag und Nacht quälen<br />

Und schläft er so träumen ihm Nummern<br />

<strong>Die</strong> setzt er sie können nit fehlen<br />

Da setzt er erst extra noch eine<br />

Auf die ist er sackrisch verpicht<br />

Jetzt zieht mer da kommt aber keine<br />

Drauf macht er a Ellenlangs Gsicht.<br />

1121 Böhme: Volkstümliche Lieder der Deutschen, 525.<br />

1122 Böhme: Volkstümliche Lieder der Deutschen, 532-534.<br />

1123 <strong>Die</strong> beiden Lieder sind abgedruckt in Büchele: Schwäbisch g’sunge, 221f.<br />

1124 Krausbeck, J. A.: Liedersammlung, Nr. 17.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 139<br />

3. Da giebt es denn a no so Spreitzer<br />

Sind hinter den Ohren noch naß<br />

Im Sack habens oftmals kein Kreuzer<br />

Doch sprechens als waren sie was<br />

Und stellt einer der etwas erfahren<br />

A Frog an a Herrn der so spricht<br />

Da steht er wie der Ochs vorem Barem<br />

Und macht halt a ellenlangs G’sicht.<br />

4. <strong>Die</strong> Weiber sind oftmals so knurrig<br />

So knurrig ma kanns fast nit sage<br />

Und manche ist oft noch recht schnurrig<br />

Ma kanns fast nit länger ertrage<br />

Der Mann kann auf d’letzt nimmer schweige<br />

<strong>Die</strong> Geduld sie verläßt ihn sie bricht<br />

Da giebt es denn tüchtig Ohrfeigen<br />

Und z’letzt noch a ellenlangs G’sicht.<br />

5. <strong>Die</strong> Männer dagegen sind g’scheiter<br />

<strong>Die</strong> setzen dafür bei der Zech<br />

In Wirthshäuser gehens, nit weiter<br />

Als hättens am Hintern a Pech<br />

Und kommt einer heim im a Brandel<br />

Wo Bier u. Wein hell aus ihm spricht<br />

So giebts bei der Frau keine Händel<br />

Sie macht bloß a ellenlangs G’sicht<br />

6. Oft g’schiehts es nimt a Junger an Alti<br />

Zwar d’ Lieb die isch freili ganz kalt<br />

Er denkt sich do wuri gut g’halte<br />

Alt isch sie die geht mer scho bald.<br />

So tragt er geduldig die Feßel<br />

Hofft alle Tag ob sie nit bricht<br />

Doch dabei wird er a steinalter Esel<br />

Und macht halt a Ellenlangs G’sicht.<br />

7. So ist es und anders wird’s nimmer<br />

Wir laßen dem Radel den Lauf<br />

denn ellenlange G’sichter giebts immer<br />

Wir bringen nichts anders mehr auf<br />

Biß daß uns denn allen zusammen<br />

Den Staat der Sensemann bricht<br />

Dann machen wir in Gottesnamen<br />

Halt alle a ellenlangs G’sicht<br />

Ebenfalls zur <strong>Fasnet</strong>zeit gesungen wurde das Lied <strong>Die</strong> Sonne und der Mond (mit der ersten Zeile Ein Weibchen<br />

ist die Sonne) 1125 .<br />

Im Nachlass von Georg Straub fand sich, mit Bleistift auf ein loses Blatt Papier geschrieben, ein Altes<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lied 1126 . <strong>Die</strong> Melodie, die Straub noch kannte, geriet in Vergessenheit. Der Text wurde 1987 als<br />

mündliche Aufzeichnung im DVA festgehalten 1127 :<br />

Altes <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lied<br />

Susannele, Susannele<br />

zünd uf un schtand s’Laternle a<br />

Susannele, Susannele<br />

zünd uf un schtand es a<br />

Susannele, Susannele<br />

nimm d’Schteg unter de Arm schpring s’Röckle na<br />

Susannele, Susannele<br />

gang schpring g’schwind s’Röckle na<br />

1125 Text in Krausbeck: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Moser.<br />

1126 Das Manuskript befand sich früher im Besitz von Josef Krausbeck; der heutige Standort ist unbekannt.<br />

1127 Briefl. Mitteilung des DVA vom 23.3.1987.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 140<br />

Susannele, Susannele<br />

denn’s Kälble hot e Kühle ka<br />

Susannele, Susannele<br />

es hot e Kühle ka.<br />

Susannele, Susannele<br />

zünd uf X. X. wie der erste Vers<br />

Der Text ist mit dem elsässischen Lied Mariannele, Susannele verwandt und könnte evt. auf die gleiche Melodie<br />

gesungen worden sein 1128 :<br />

Mariannele, Susannele<br />

1.<br />

„Mariannele, Susannele,<br />

steh auf und schlag ein Licht<br />

s krabbelt einr im Häusele,<br />

ich mein es ist ein <strong>Die</strong>b.“<br />

2.<br />

Nein, sicher nit, nein, sicher nit,<br />

es ist ja gar kein <strong>Die</strong>b;<br />

s ist doch nur der Hansele,<br />

ders Gretke heimeführt.<br />

Im Holsteinischem ist ein vergleichbares Lied mit dem Titel Anna Susanna stah op un bööt Füür überliefert 1129 .<br />

Der <strong>Wolfacher</strong> Text mit den Verkehrtheiten gehört der weit verbreiteten Gattung der Lügenlieder an, die im<br />

18. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte. Bereits im Ambraser Liederbuch aus dem 16. Jahrhundert sind zwei ähnliche<br />

Lieder bezeugt, die ebenfalls mit einer Aufforderung zum Aufstehen beginnen 1130 :<br />

1.<br />

Gred steh auff, und stoß das fenster zum kopff hinaus, und tag ob es luge, und geb den schüsseln zu essen,<br />

und wasch die küh, und milk die säw, und mach den ofen ins fewer, und thu den hafen in's kraut und thu das<br />

fewer zum hafen und blas das kraut an, und rür das fewer, und nim die stuben und fege den besem, und zeug<br />

den ofen aus dem holtz, und nim das wasser und hol den zuber, wenn du zur thür außgehest, so duck dich, ich<br />

stieß mich gestern an kopff das mir die fersen blutet, sage der axt, das sie den knecht neme und auff das holtz<br />

gang, und der berg hawe, weck die küh auff, das sie die magd melck, und las den stall aus dem vieh, und<br />

treib den hirten für die säw, und stand in die lucken und wehre dem samen, das er nicht auff die säw gang,<br />

der hirt ist gestern den gantzen tag auf den säwen gelegen mit dem samen, meine narren sind grosse herren,<br />

das sie es jhm vertragen, wenn du heim gehest, so lug auff den platz, ob du scheiter sehest, die klaffter<br />

bawren führen.<br />

2.<br />

Cuntz, steh auff, und gang hinder die nasen, und schneutz die thür, henck den hals an die kappen, und nim<br />

den wege uber die achseln, und den spies unter die füß, gehe in des meßners haus, und frage ob der man todt<br />

sey, den man gestern vergraben hat, gibt er dir böse wort, so schlag jn das antlitz in die faust, du bist all dein<br />

knecht ein frischer tag gewesen. Oder las kein henßle gan, wenn du gehörest an einem auge nichts, und<br />

gesichts nicht am andern ore, wenn du durch das dorff hinab gehest, so ruffe dem kind, das es auffstande und<br />

den pfaffen tauffe, meiner frawen nachbawr ist genesen. Gros hans stehe auff, nim das pferd hinder der thür<br />

am nagel, und lauff aus hin auff den almen, und such den zaum, und wenn du in das dorff kompst, so nim<br />

zween oder drey hund in den busem, das ich die stein nicht beisse, und leg den karn auff das holtz, und span<br />

den karn für die roß, und fahr heim, und wirff das haus zum holtz ein, und bind den sattel hinaus, das er esse,<br />

und sag den garben, das sie die schnitter auffbinden, es dorfft auff den regen ein abend kommen.<br />

Gred, thu die zigeiner ein, die hüner kommen dort auff her, das sie es nit hinweg tragen, thu den speicher<br />

ab den schlüsseln, es kommen drey kriegsgorgel durch den garten herauff, die haben beyde knie an den<br />

hosen abgehawen, nim den hirß da wir gestern den hafen inne kochten und fege den pantzerfleck, und steig<br />

auff den speck, und schneid ein stück ab der leiter und legs ins schmaltz, so darfstu kein hafen drein rösten,<br />

und trag die stuben in hafen.<br />

Fraw steh auch auff, und gehe auff den kirchhoff, und gib jeglichem heller ein bettler, die fraw sprach, ich<br />

mag nicht in die kirchen kommen, mir sind die schuch geschwollen, das ich die füß nicht anlegen kan, ey so<br />

stand auff, und gang uber das schmer, und schneid ein stück ab den kisten, und blas die schuch an und<br />

1128 Laßt uns singen, 240.<br />

1129 Hinweis von Dr. Anke Brügmann, Wolfach-St. Roman.<br />

1130 Das Ambraser Liederbuch, 1603-1605.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 141<br />

schmier das fewer, und wenn der segen den pfaffen gibt, so mach dich bald her heim, so hilffestu mir den<br />

rauch ans fleisch hencken, und das fewer uber den kessel thun, und die häl an den kessel hencken, so sieden<br />

wir die kumpeß stangen, und wenn du heim gehest, so gang hinden durch den esel, und lug ob du die almen<br />

nicht sehest, so sihestu wie das fülhen ein roß hat bracht, nimm das roß am arm, und sitz auffs fülhen, und<br />

reit auff die matten, nim den mäder uber die achsel, und wend das graß dem rechen nach, so dört die sonn an<br />

dem hew den tag anhin, das die schewr ins hew komm, und das futter vieh hab den winter, so wil ich dir auff<br />

den rock ein grünen herbst kauffen, das der winter vor dir mag bleiben.<br />

Beliebt war bis ins 20. Jahrhundert hinein auch das Floh-Lied. <strong>Die</strong> Melodie dazu, die Josef Krausbeck notiert<br />

hat, ist nur aus Wolfach bekannt 1131 . Auf alten <strong>Fasnet</strong>plakaten taucht gelegentlich als Verzierung ein Floh auf,<br />

der eventuell mit diesem Lied zusammenhängen könnte:<br />

Floh-Lied<br />

Nei, jetzt halt i’s nimme us, s isch ä Schrecke une grus:<br />

hine, vorne, uf un abe, ufm Buckel, an de Wade,<br />

an de Kniee, an de Rippe, unterem Lible, an de Jippe 1132 .<br />

Vom Morge früh bis obends spot bisme Flöh fast halber z’tot.<br />

II.<br />

Jo s isch wohr, sait Nochbers Trud, kratzt un fluchet überlut:<br />

nix wie biese, renne, steche, ratze, fange, Finger schlecke,<br />

riebe, deten, Klumpe rühre, s Bett usflohe, s Hemd umkehre.<br />

Wenn nu mol, des Regiment, s Teufels wär Pottssapperment.<br />

III.<br />

Nebe ane s Krämersfrau kunnt doher un jommeret au:<br />

Jetz isch doch au nimme z’lebe, alles Flohe isch vergäbe,<br />

drum sieht alles us wie gschunte, alles schwätzt vo Blut un Wunde.<br />

Wemer nur mol s ganze Bett schleunigst überbrühe dät.<br />

IV.<br />

Jo s isch wohr, sait s Nochbers Gret, isch kei Kurzwihl jetzt im Bett,<br />

mer weiß nitt, womer zerscht soll wehre un wo na de Buckel kehre.<br />

Isch denn Grechtigkeit verlore, isch mer denn nit sunsch gnug gschore,<br />

hot denn s Gesetz nit soviel Mut, daß mernes Land verwiehse tut?<br />

V.<br />

D Marie sait: i schick me dri, s wurd doch wohl so mühse sie.<br />

Manchmol kann i mi nimme bucke, vor luter Flohe kratze, jucke,<br />

winsle, steche, pfeze, drucke, schaare, zaple, klemme, rupfe.<br />

Aber i bin doch wieder froh: andere Litt henn’s au ä so.<br />

Der Text des Liedes lässt sich auch in einer Schweizer Quelle aus dem Jahre 1908 nachweisen 1133 . In einem<br />

handschriftlichen Liederheft für Gesang mit Gitarre von 1851, das sich im Besitz von Albert Burger zu Birndorf<br />

bei Waldshut befand, ist zu dem Text eine Melodie notiert, die jedoch nicht mit jener aus Wolfach übereinstimmt<br />

1134 .<br />

1131 Briefl. Mitteilung von Dr. Eckhard John, DVA, vom 15.10.2002. – Notentext abgedruckt in Schrader: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 186.<br />

1132 Alem. Jippe, Jüppe, Juppe < mhd. juppe, joppe ‚Jacke, Wams’ < ital. giubba ‚Jacke, Unterkleid’ < arabisch ğubba ‚langes Kleidungsstück<br />

aus Wolle, Unterkleid’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 124, s. v. Juppe; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 599f., s.<br />

v. Joppe.<br />

1133 Briefl. Mitteilung von Dr. Eckhard John, DVA, vom 15.10.2002.<br />

1134 Kopie im DVA, Nr. A 118204, Baden.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und d ihre Gestalten<br />

4.1.8. <strong>Fasnet</strong>schlager<br />

Notenbeispiel 18: Das Flohlied (transkribiert von Josef Krausbeck)<br />

Oft basieren <strong>Fasnet</strong>lieder auf Volksliedern oder Schlagern. <strong>Die</strong> Texte dazu werden entweder unve unverändert übernommen<br />

oder den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Manchmal entstehen komplett neue Texte zu bekannten<br />

Melodien. Vor allem die Musikgruppen, die sich aus der Narrenkapelle bildeten, wählen sich alljährlich ein<br />

neues Thema zur Verkleidung und sp spielen ielen eine dazu passende Musik, die gelegentlich auch zu einem daue dauer-<br />

haften <strong>Fasnet</strong>schlager wird. Ein Beispiel ist das erstmals 1989 von den Musloch Musloch-Singers Singers gespielte Lied <strong>Die</strong><br />

Fischerin vom Bodensee von Franz Winkler, dessen Refrain zunächst im Original gesu gesungen und dann bei der<br />

Wiederholung etwas variiert wird:<br />

Ein weißer Schwan<br />

Ziehet den Kahn<br />

Mit der schönen Fischerin<br />

Auf dem blauen See dahin.<br />

Im Abendrot<br />

Schlinget das Boot,<br />

Lieder klingen von der Höh<br />

Am schönen Bodensee.<br />

Zwei weiße Schwäne<br />

Ziehen die Kähne<br />

Mit den schönen Fischerinnen<br />

Auf dem blauen See dahinnen.<br />

Im Abendröte<br />

Schlingen die Böte,<br />

Lieder klingen von den Höhn<br />

Am schönen Bodensee.<br />

Als im Jahre 1990 der Kinderumzug am <strong>Fasnet</strong>zieschtig wegen stürmischer Winde vom Stadttor aus direkt über<br />

die Kirchstraße hstraße zum Kinderball in die Festhalle führte, schwammen just, als die Narrenkapelle auf der Wolf Wolfs-<br />

brücke marschierte, auf der Wolf zwei Schwäne durch, für die sie dann die Fischerin spielte.<br />

<strong>Die</strong> Schnurranten dichten ihre Texte oft auf aktuelle Schlagermus<br />

Schlagermusik, ik, die dann manchmal auch während der<br />

restlichen <strong>Fasnet</strong> noch zu hören sind.<br />

Gelegentlich schaffen es auch Nummer Nummer-Eins-Hits Hits der Deutschen Hitparade zu <strong>Fasnet</strong>schlagern, beispiel beispiels-<br />

weise das Lied Puppet on a string, , mit dem Sandie Shaw 1967 den Grand Prix d’Eu d’Eurovision rovision de la Chanson gge-<br />

wann und das bis heute regelmäßig von der Narrenkapelle gespielt wird, oder DJ Ötzis Anton aus Tirol aus dem<br />

Jahr 2000. Auch der Zillertaler Hochzeitsmarsch, gesungen von dem Volksmusikduo Marianne und Michael,<br />

erfreut sich großer Beliebtheit.<br />

4.2. Liedtexte<br />

4.2.1. Der Michelesmarsch<br />

<strong>Seite</strong> 142<br />

Text: Josef Krausbeck 1934/48; Melodie (A (A- und B-Teil): Aux champs (en marchant), , französischer Militä Militärmarsch<br />

von 1812


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 143<br />

Schmutziger Dunnschtig<br />

Heißa, hopsa! Hansel, jetz wach endlig uf! De Narrodag schient hell zum Fenschter ri!<br />

Rieb der endlig d’Auge n’us un guck nit lang zum Fenschter nus, denn d’Elfemeß kunnt gli!<br />

Härsch nit, wie es trommlet lut:<br />

Elfemeß bim Bahnhofjud 1135 !<br />

Bum, bum, bum, bum,<br />

Elfemeß bim Jud!<br />

Elfemeß bim Bäuerle 1136 !<br />

Elfemeß bim Bennemi 1137 !<br />

Bum, bum, bum, bum,<br />

Gell, do bisch debi!<br />

Kinder hopse, Schelle klinge. Hansel, wit 1138 nit weidle 1139 mit?<br />

Rechte Hansel müeße schpringe, fescht im Hanselschritt.<br />

Alde Narre were junge, wenn mer so e Musik härt!<br />

Alde Lire 1140 were gsunge, alles isch verkehrt!<br />

Schellenmentig<br />

Heißa, hopsa! Was isch des e Lärm hit morge, daß mer trotz em Rusch nit schlofe ka!<br />

Wißi Gaischter komme jo durch d’Vorschdedt zoge, hen e Bett, un drinne leit 1141 e Ma!<br />

Schtallaterne lüchde schee,<br />

Daß mer ka die Bettschdatt seh’,<br />

Bum, bum, bum, bum,<br />

De Schläfer goht in d’Heeh:<br />

Ihr Narre, hört, vernehmt un wißt 1142 :<br />

De Narrodag erschtande ischt!<br />

Bum, bum, bum, bum,<br />

Drum de Wohlauf isch!<br />

Hörner blose, Rätsche knarre, Hansel, schlofsch du immer no?<br />

Hit verwache alle Narre, denn ihr Dag isch do!<br />

Buebe, Maidle, Alte, Junge! Wohlaufmusik! Heidekrach!<br />

Wer eso im Hemm rumgschprunge, der isch sicher wach!<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig<br />

Heißa, hopsa! Hansel schwing di Bei’ zuem Danz, daß alle Schelle klinge luschdig mit!<br />

Sing un juchz vor luter Narredei, wils 1143 so e Narrodag halt nu in Wolfe git.<br />

Elfemeß un Nasezug,<br />

Do kriegsch halt au gar nit gnug!<br />

Bum, bum, bum, bum,<br />

Kriegsch halt gar nit gnug!<br />

<strong>Fasnet</strong>bretschle, Wienerle,<br />

Landsknecht un Zigienerle.<br />

Bum, bum, bum, bum,<br />

Wer wot au no meh!<br />

Kaffeedante un Schnurrante mache Gaude schier um d’Wett.<br />

Alles isch e luschdge Bande un ihr Lewe net.<br />

Hansel, hops, daß d’Schelle klinge, sing fidel un freu di noch!<br />

Äschermittwoch wurd beginne, no hot d’Freud e Loch!<br />

1135 Bahnhofjud: Bahnhofwirt Albert Schmider.<br />

1136 Bäuerle: Bierbrauer Bäuerle, siehe Anmerkung 944.<br />

1137 Bennemi: Grün-Baum-Wirt Benjamin Endres.<br />

1138 Alem. wit ‚willst (du)’.<br />

1139 Alem. weidle ‚erfreuen, genießen’, vgl. nhd. sich an etwas weiden. Das Verb dürfte zur Wortfamilie um Weide ‚grasbewachsene Fläche<br />

als Futterplatz für Herdenvieh’ gehören, die auf das idg. *Jei-, *Je4m- ‚gehen, auf etwas losgehen, erstreben, erjagen, verfolgen, ersehnen’<br />

zurückgeht. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1548, s. v. 2 Weide.<br />

1140 Alem. Lire ‚Singsang, Lieder’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 143, s. v. Liri. – Das Wort dürfte in Anlehnung an leiern ‚die Drehorgel<br />

drehen, eintönig sprechen’ < mhd. līren ‚die Leier spielen, eintönig singen oder sprechen’ entstanden sein. Etymologisches<br />

Wörterbuch des Deutschen, 787, s. v. Leier.<br />

1141 Alem. drinne leit e Ma ‚drin liegt ein Mann’, zu alem. leie ‚liegen’ < mhd. lîhen, lien, lîen, zu mitteldeutsch lihen, lien ,liegen’ . Baum:<br />

Alem. Taschenwörterbuch, 141, s. v. leie; Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 127, s. v. ligen.<br />

1142 Ursprüngliche Fassung bis 1973: Im Name des Herrn Entechrischd.<br />

1143 Alem. wils ‚weil es’.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 144<br />

4.2.2. Der Hans!<br />

Text: nach 1934 entstanden; Melodie: nach einem alten Lied<br />

Vorsänger: Hans!<br />

Alle: Hans!<br />

V: Hans hot e schens Käpple uf<br />

A: Käpple uf<br />

V: Mit eme schöne Boge druf<br />

A: Boge druf.<br />

Refrain: V: I du mei<br />

A: a du mei<br />

V: du sollsch mei<br />

A: Hansel sei. I du mei Hans, i du mei Hans, Ei du mei Hans!<br />

Hans hot e schens Lärvle a,<br />

Daß mer en nit kenne ka.<br />

Hans hot e schens Rüschle a,<br />

Daß ers vertriele 1144 ka.<br />

Hans hot e schens Krägle a,<br />

Mit schöne Zäckle dra.<br />

Hans hot e schens Kittele a,<br />

Miteme Wohlaufmaa.<br />

Hans hot e schens Hösle a,<br />

Mit schöne Schelle dra.<br />

Hans hot schene Schühle a,<br />

Daß er gut hopse ka.<br />

Hans bisch e guete Ma,<br />

Un i möcht dich nu ha.<br />

4.2.3. Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht<br />

Text: Albert Sandfuchs sen., 1924; Melodie: Der kreuzfidele Kupferschmied<br />

Das war der Herr von Wolvaland, Graf Konrad hieß der Held,<br />

Der hatte einen Höllenbrand, doch leider wenig Geld.<br />

Beim Sonnenwirt war’s Stammlokal 1145 , dort saß er Tag und Nacht,<br />

Und hat gar manches Zechgelag auf guten Pump gemacht.<br />

:/: Ja der Durscht, ja der Durscht, ja der <strong>Wolfacher</strong> Durscht,<br />

War die Leidenschaft des Grafen, alles and’re war ihm Wurscht. :/:<br />

Vom Wolfenberg bis Langenbach war all’ sein Eigentum,<br />

Der schöne Schmelzewald war sein und sonst noch viel drum rum;<br />

Doch freute ihn kein grüner Wald, kein Jagen auf der Au,<br />

Das schönste Mädchen ließ ihn kalt, er liebte keine Frau.<br />

:/: Bloß der Durscht, ja der Durscht, ja der <strong>Wolfacher</strong> Durscht,<br />

War die Leidenschaft des Grafen, alles and’re war ihm Wurscht. :/:<br />

Der alte Kaiser Heinerich war mütterlicherseits<br />

Des Grafen Konrad Vetterich und Gläubiger bereits.<br />

Er hat ‘ne Hypotheke auf dem alten großen Schloß,<br />

Jedoch des Grafen Lebenslauf den Kaiser sehr verdroß.<br />

:/: Denn der Durscht, ja der Durscht, ja der <strong>Wolfacher</strong> Durscht,<br />

War die Leidenschaft des Grafen, alles and’re war ihm Wurscht. :/:<br />

1144 Alem. vertrielen ‚beim Essen beschmutzen’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 225, s. v. vertriele. – Das Wort dürfte auf mhd. triel<br />

‚Lippe, Mund, Maul, Rachen’ zurückgehen. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 231, s. v. triel.<br />

1145 <strong>Die</strong> Gastwirtschaft „Zur Sonne“ gehörte ursprünglich den Herren von Wolva.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 145<br />

(<strong>Die</strong> letzte Strophe wird zunächst ganz langsam und getragen gesungen, der Refrain dann aber immer schneller<br />

werdend)<br />

Doch eines schönen Tages war zu Ende all die Not,<br />

’s war grad um Aschermittwoch rum, da war Graf Konrad tot.<br />

Doch an die Stadt hat er gedacht bis an sein Lebensend,<br />

Und als die Teilung ward gemacht, da stand im Testament:<br />

:/: Meinen Durscht, meinen Durscht, meinen <strong>Wolfacher</strong> Durscht,<br />

Erben meine Landeskinder, alles and’re ist mir Wurscht. :/:<br />

4.2.4. Narrenlied<br />

Text: Josef Krausbeck, 1948; Melodie: Ufem Wase grase d’Hase<br />

Heißa! Losse d’Schelle klingle!<br />

Narre! Jetz isch Eure Zitt!<br />

Losse Eure Beiner schpringe,<br />

Losse s’Herz au hopse mit!<br />

Sorg un Leid, mer wenns vergesse!<br />

Lache wemmer, luschdig si!<br />

Wer kann unsere Freid au messe!<br />

<strong>Die</strong> bringsch in kei Maß jo ni!<br />

Juchze wemmer, fröhlich singe,<br />

<strong>Fasnet</strong>-Lieder, alde Schprüch.<br />

Wurscht un Bretschle soll mer bringe,<br />

Jeder nimmt die gröscht für sich!<br />

Un zuem Danze wemmer führe<br />

Alle schöne Maidle hit.<br />

Jeder soll im Herz jo schpüre,<br />

Daß es hit nu Freide git.<br />

Setze Euch nu neue Schparre<br />

Jetz ins Hirn 1146 , daß es Euch juckt!<br />

Denn wer nit ghert zu de Narre,<br />

Der isch doch s’ganz Johr verruckt!<br />

4.2.5. <strong>Wolfacher</strong> Gemüetlichkeit<br />

Text: Josef Krausbeck, 1948; Melodie: Beim Kronewirt, da ist heut’ Jubel und Tanz<br />

Jetz wemmer emol singe e <strong>Wolfacher</strong> Lied.<br />

Heididelheidideldum.<br />

Wie alles isch z’Wolfe voll Gsang un voll Gmüet,<br />

Heididelheidideldum.<br />

Voll Freid un voll Luscht un wie alles grad lacht,<br />

Wie ‘s goht bi uns in ere feschtliche Nacht.<br />

Heididel hahaha...<br />

Guck nu mol wie d’Wolf zärtlig d’Kinzig verschmutzt 1147 ,<br />

Un wie sich hot ‘s Schduckhüsle 1148 ‘s Rotznäsle butzt.<br />

De Käpflefels 1149 lächelt em schbitzbüebisch zu<br />

Un seit no: Wie gfällsch mer, du Lusmaidle 1150 du!<br />

1146 Nhd. einen Sparren im Knopf haben ‚verrückt sein’, in Anlehnung an die Vorstellung eines schadhaften Daches gebildet zu Sparren<br />

‚schräger Dachbalken’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1316, s. v. Sparren.<br />

1147 Alem. verschmutzt ‚küssen’ < mhd. smuz ‚Kuss’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 223, s. v. verschmutzen; Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch,<br />

200, s. v. smuz. – <strong>Die</strong> Zeile spielt darauf an, dass die Wolf bei Wolfach in die Kinzig mündet.<br />

1148 In dem Stuckhaus auf dem Kepfle, einer Holzhütte oberhalb der Wolfsmündung, wurde früher das städtische Stuck ‚Geschütz’ aufbewahrt.<br />

Disch: Chronik Wolfach, 229. – Zum Begriff Kepfle siehe Anmerkung 1149.<br />

1149 Der Käpflefels ist eine hervorspringende Felsspitze am Reutherberg. Das Wort geht zurück auf mhd. kapf ‚runde Bergkuppe’ < ahd. kapf<br />

‚Höhe, Gipfel’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 104, s. v. kapf; Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. kapf*. – Zur Etymologie des Wortes<br />

Kapf siehe Derks: Der Name des Schönbuchs, 56 Anmerkung 138.<br />

1150 Alem. Lusmaidle ‚Lausmädchen, ungezogenes, keckes Mädchen’, analoge Bildung zu Lausbube. Etymologisches Wörterbuch des<br />

Deutschen, 178, s. v. Bube.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 146<br />

De Bruggewoogdiech singt em Mühlediech z’wett,<br />

Des git mit em Gießediech grad e Terzett 1151 .<br />

De Rießner 1152 un Schdadtbrunne falle no i,<br />

Wo kennt euch e scheneres Liedle au si?<br />

Es pfieft us em Schdadtwald un giegt vun de Gumm 1153 ,<br />

Wie Flöt un Klanet 1154 un wie Drehorgelbrumm.<br />

Un d’Schdadtbrugg, die rumpelt als Baß wie e Schdier,<br />

Doch de Gasseschdeg schbielt voller Freid si Klavier.<br />

De Kirchdurm un s’Rothus, die gewe sich d’Hand<br />

Un wotte am liebschde grad danze mitnand.<br />

Doch sin si scho z’gschdärk 1155 un au z’ald scho dezu.<br />

Drum lache se halt mit em Zifferblatt nu.<br />

De Schloßdurm, de ald, meint: I hilf au zur Freid,<br />

Daß niemert von drusse euch Ärger nitreit 1156 !<br />

Schließt ‘s Dor zu un schdupft’s Bettelmaale 1157 , des krumm.<br />

Do draiht des noch usse si Hinderdeil rum.<br />

Ihr Little, jetz sage, obs Herz do nit lacht,<br />

Wie alles so einig in Wolfe mitmacht?<br />

Drum singe un juchze au mir jetz mitnand,<br />

Denn e Schdädtle wie Wolfe gits keins meh im Land.<br />

4.2.6. <strong>Die</strong> Weibermühle<br />

Text: Josef Krausbeck, 1955; Melodie: Georg Anton Bredelin (1752-1814), um 1787<br />

1. Vorsänger: Mer kenne z Wolfe, s isch jo wohr,<br />

was ich euch sage will,<br />

sit alder Zitt un viele Johr<br />

scho d Mühle vun Tripstrill.<br />

Was do im ältschte <strong>Fasnet</strong>schbiel<br />

voll Luscht goht in de Wiewermühl,<br />

goht hit au no voll Schwung:<br />

alle: s wurd alles wieder jung!<br />

2. die Männer: So kumme nu, ihr Wiewer, her,<br />

wenns au schier nimme goht!<br />

Glaub’ keine, daß se z alt scho wär!<br />

Für d Mühle ischs nit z schboht 1158 .<br />

In dere Mühl wurd alles neu,<br />

daß s Lewe alle wieder freu.<br />

Nu ri in d Mühl voll Schwung!<br />

alle: s wurd alles wieder jung!<br />

3. die Wiewer: Un jeder Maa hots nötig au,<br />

daß er in d Mühle kumm’,<br />

daß mer ihn no ka sehne lau,<br />

der sunscht wär z krumm un z dumm.<br />

Isch s Wieb verjüngt, so wills au haa,<br />

1151<br />

Zu den <strong>Die</strong>che an der Kinzig siehe Abschnitt 4.1.5 und Anmerkung 1114.<br />

1152<br />

Zum Rießner siehe Anmerkung 719.<br />

1153<br />

<strong>Die</strong> Gumm ist ein Flurname, der das Gebiet zwischen Vorstadtberg und Vor Langenbach östlich der Stadt benennt. Der Name Gumm,<br />

früher Gumb geschieben, dürfte gleichbedeutend sein mit alem. Kumme ‚flache Geländemulde’, vielleicht verwandt zu mhd. küme<br />

‚Talschlucht’, kumpf, kump ‚Schüssel, Napf, Gefäß’, nhd. Gumpe ‚Wasserloch, Tümpel’, Kumm ‚tiefe Holzschüssel’ < germ. *kumba-<br />

‚Gefäß, Kumpf’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 137, s. v. Kumme; Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 118, s. v. küme, kumpf; Wahrig:<br />

Deutsches Wörterbuch, 2254, s. v. Kumm.<br />

1154<br />

Alem. Klanet ‚Klarinette’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 129, s. v. Klanett.<br />

1155<br />

Alem. gschdärk ‚steif’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 96, s. v. gsterk. – Das Wort dürfte mit dem mhd. sterken ‚mit Stärkemehl steif<br />

machen’ < idg. *ster- ‚steif’ zusammenhängen. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1344f., s. v. stark.<br />

1156<br />

Alem. nitreit ‚hineinträgt’, zu mhd. treide ‚was getragen wird’, vgl. Getreide ‚Bodenertrag’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 230, s. v.<br />

tregede.<br />

1157<br />

Zum Bettelmaale siehe Abschnitt 4.1.5 <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder von Josef Krausbeck.<br />

1158 Alem. schboht ‚spät’.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 147<br />

daß buschber 1159 un fidel si Maa!<br />

Drum ri in d Mühl voll Schwung!<br />

alle: s wurd alles wieder jung!<br />

4. Vorsänger: Hei, wie er schdäubt, der Plunder all!<br />

Wie Flick un Fleck wegfliegt!<br />

Wie s Mühlrad goht mit Knarr un Knall!<br />

Wie s Hus vor Freid sich biegt!<br />

Mit Zauberkraft un Mühleschdai<br />

wurd jung un frisch de Kopf un Bai<br />

un s Mul un s Herz voll Schwung!<br />

alle: s wurd alles wieder jung!<br />

5. Alle: Will einer wisse, wo die Mühl<br />

für uns au hitt no goht,<br />

un obs nit nu isch in Tripstrill,<br />

wo so e Mühle schdoht 1160 :<br />

<strong>Die</strong> Mühl, des isch die <strong>Fasnet</strong>zitt,<br />

die duet verjünge alle Litt!<br />

Drum mache mit voll Schwung!<br />

s wurd alles wieder jung!<br />

4.2.7. ‘s Bettelmaale<br />

Text: Josef Krausbeck, 1955; Melodie: Alter <strong>Wolfacher</strong> Schottisch<br />

Z Wolfe am Schdadtdor, do guckt us Schdai e Maale ra.<br />

S Maale vum Schtadtdor, äs wurd aim ebbis z sage ha.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narro! Guck dir nu s Bettelmaale a!<br />

S Maale am Schdadtdor, des sait aim, was mer mache ka!<br />

S isch emol e Maale gsi,<br />

wott in d Schdadt zuem Bettle ri.<br />

Awer s hots au gmerkt scho gli:<br />

s Bettle isch halt gar nient gsi.<br />

Doch vum Maale sim Verdruß<br />

Un vum Herre-Ärgernus<br />

Isch no wore gueter Schluß<br />

Un uf alle Zitte nus.<br />

Z Wolfe am Schdadtdor hebt s Hemmle uf de Bettelma!<br />

S Maale am Schdadtdor, äs wurd aim ebbis z sage ha.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narro! Guck dir nu s Bettelmaale a!<br />

S Maale vum Schdadtdor, des sait aim, was mer mache ka:<br />

»Sin nie bäs zuenand, ihr Litt!<br />

Wie sellmols in alder Zitt!<br />

Len de Jomer un de Schdritt,<br />

Daß äs Freid nu z Wolfe gitt!<br />

Macht mer dir wie mir Verdruß,<br />

Mache d Herre Ärgernus,<br />

Daß mer schier verblatze mueß,<br />

Denk halt au wie ich am Schluß!«<br />

Z Wolfe am Schdadtdor, do guckt us Schdai e Maale ra.<br />

S Maale am Schdadtdor, äs wurd aim ebbis z sage ha.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narro! Guck dir nu s Bettelmaale a!<br />

S Maale vum Schdadtdor, des sait aim, was mer mache ka!<br />

4.2.8. Das Kaffeetantenlied<br />

Text: Josef Krausbeck, 1954; Melodie: D’Wäldermaidli hen dicke Köpf<br />

Sunsch sin mir jo zahm s ganz Johr.<br />

Gell, ihr Männer, sell isch wohr?<br />

1159 Alem. buschber, busper ‚munter, gesund, hellwach, wohlauf’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 43, s. v. buschber. – Vgl. Anmerkung<br />

1602.<br />

1160 Alem. schdoht ‚steht’.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 148<br />

Doch im Kopf, wenns <strong>Fasnet</strong> wurd,<br />

Spürt mer, wie s aim surrt.<br />

Refrain: Hajo, Kaffeedante, kum!<br />

D <strong>Fasnet</strong> schbuckt in Wolfe rum!<br />

Hajo, Kaffeedante, kum!<br />

s schbuckt im Kopf uns rum!<br />

Un die Zahmheit mueß jetz nus!<br />

Denn sie plogt aim, s isch e Grus!<br />

D Kaffeeschüssel mueß do her,<br />

No fällts uns nit schwer.<br />

Refr.: Hajo, Kaffeedante, kum...<br />

Wenn mer so binander hockt,<br />

Wurd scho ebbs in Kaffee brockt.<br />

Doch mit Pfeffer, Rueß un Salz,<br />

Lauft e Gschwätz wie Schmalz!<br />

Refr.: Hajo, Kaffeedante, kum...<br />

Luschdig gohts bi uns jo zue.<br />

Unser Mulwerk hot kei Rueh,<br />

Bis vum Kaffeedampf es schwitzt,<br />

Daß sich d Zung uns schbitzt.<br />

Refr.: Hajo, Kaffeedante, kum...<br />

Un so merkt mer mit de Zitt,<br />

Daß es ebbis z schnurre gitt.<br />

Jeder schdellt halt ebbis aa<br />

Un kunnt bi uns draa!<br />

Refr.: Hajo, Kaffeedante, kum...<br />

4.2.9. Der Heiratsmarkt<br />

Text: Erich Sandfuchs/Engelbert Belli, 1951; Melodie: Siegfried Türpe, 1951<br />

I. Teil: Walzer.<br />

1. Heiratsmarkt!<br />

Jeder kann es wagen.<br />

Mach dein Glück!<br />

Nein wird es nicht sagen.<br />

Darum komm!<br />

Laßt uns heute tanzen!<br />

2. Alt und Jung<br />

treffe sich in Wolfe.<br />

Wag’ den Sprung!<br />

Es wird jedem g’holfe.<br />

Heiratsmarkt!<br />

Jeder hat heut Chancen.<br />

Ref.: Jeder soll heut lustig sein<br />

Fröhlich sein, närrisch sein<br />

Darum such’ ein Mägdelein!<br />

Es wird Dich nicht reu’n.<br />

II. Teil: Ski-Walzer.<br />

Wir sin so froh,<br />

denn d’<strong>Fasnet</strong> isch jetzt do, juh hu<br />

Narro, Narro,<br />

die <strong>Fasnet</strong> isch jetzt do.<br />

III. Teil: Samba.<br />

1. Das Tanzen war zu jeder Zeit<br />

das Spiel der jungen Leut.<br />

Und mancher hat beim Tanzen schon


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 149<br />

sein Mägdelein gefreit.<br />

Darum soll heut die Losung sein:<br />

»Es tanze jeder mit!«<br />

<strong>Die</strong> alten wie die jungen Leut<br />

tanzen im Sambaschritt.<br />

2. Schier jeder von uns hot ebb’s vor,<br />

denn d’<strong>Fasnet</strong> isch im Gang.<br />

Uf die m’r uns scho so lang gfreit,<br />

beinah 12 Monet lang.<br />

Drum gen m’r au zum Heiratsmarkt,<br />

der hit in Wolfe isch.<br />

E jeder von uns fühlt sich jung<br />

un frisch grad wie e Fisch.<br />

Refrain:<br />

Närrinnen: Drum wag es! Narren: Hajo –<br />

Und sag es! Hajo –<br />

Daß ich für Dich die Richtig bin,<br />

denn dann isch alles guet!<br />

Narren: Ich wag es Närrinnen: So so –<br />

Und sag es! So so –<br />

Daß Du für mich die Richtig bisch,<br />

dann isch jo alles guet.<br />

4.3. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>sprüche<br />

Hanselemaa, du dummer Hund,<br />

hosch nit g’wißt, daß d’<strong>Fasnet</strong> kunnt?<br />

Hätt’sch di Mul mit Wasser g’riewe<br />

wär der’s Geld im Beitel bliewe – Narro! 1161<br />

Lirum, Larum, Leffelschtiel,<br />

alde Wiewer fresse viel,<br />

d’ junge miesse faschte,<br />

Schtickle Brod im Kaschte.<br />

S’kunnt e Mus, frißt drus,<br />

s’kunnt e Gaiß, loßt e Scheiß – Narro 1162 !<br />

O du liebe Sara,<br />

d’Schtadtkass’ hot e Loch,<br />

d’Knepfle 1163 sin vefahre 1164 ,<br />

d’Pfanne hemmer noch – Narro!<br />

Schmutziger Dunnschtig, Bierelascht 1165 !<br />

Bettlig’s Brot 1166 un gib’s am Gascht – Narro!<br />

<strong>Die</strong> Frösch, die Frösch, des isch e luschtig’s Chor,<br />

mer kaa 1167 se nit rasiere, sie hen jo keine Hoor – Narro!<br />

Narro, Narro, Giegeboge,<br />

was de seisch 1168 , isch alles veloge.<br />

1161 <strong>Fasnet</strong>sprüche abgedruckt in Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>, 22f.; Disch: Chronik Wolfach, 441.<br />

1162 <strong>Die</strong> letzte Zeile lautet eigentlich: loßt e Sch... Ho! Disch: Chronik Wolfach, 441.<br />

1163 Alem. Knepfle ‚Nudeln, Spätzle’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 131, s. v. Chnöpfli (1). – Nach Disch: Chronik Wolfach, 441, lautete<br />

die dritte Zeile ursprünglich D’Nudle sin verfahre.<br />

1164 Alem. vefahre < mhd. ver-varn ‚verschwinden’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 284, s. v. ver-varn.<br />

1165 Alem. Biere < mhd. bir, bire ‚Birne’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 27, s. v. Bire; Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 22, s. v. bir,<br />

bire. Alem. Lascht < mhd. last ‚ein bestimmtes Raum- oder Gewichtsmaß’. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s. v. last.<br />

1166 Alem. bettlig < fnhd. bettelisch ‚armselig, wie Bettler’. Fnhd. Wörterbuch I, 2164, s. v. betteln. – Bettel bezeichnete zunächst das Betteln<br />

an sich und wurde im Fnhd. auf die erbettelten Sachen übertragen und steht seit dem 17. Jahrhundert für ‚geringfügiges Zeug’. Etymologisches<br />

Wörterbuch des Deutschen, 128, s. v. betteln. – Vgl. Bettelbrot ‚erbetteltes Brot’, Bettelsuppe ‚figürlich: wenig nahrhaftes<br />

Essen’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 681f., s. v. Bettelbrot, Bettelsuppe.<br />

1167 Schriftlich überliefert ist hier das Wort bruucht, doch wird üblicherweise immer die Version mit kaa gerufen.<br />

1168 Alem. was de seisch ‚was du sagst’.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 150<br />

Hoorig 1169 , hoorig, hoorig isch die Katz,<br />

un wenn die Katz nit hoorig isch,<br />

no fängt sie keine Mäuse.<br />

Hoorig, hoorig, hoorig isch die Katz 1170 – Narro!<br />

Alde Rungunkel hot d’Schäfe vebrennt<br />

un isch mit ‘em Kochleffel d’Schtege nab g’rennt – Narro! 1171<br />

Heissa, luschtig! Hansel, sei wohlauf!<br />

Heit’, do danz un schpringe noch!<br />

Morge hot die Freid e Loch.<br />

Heissa, luschdig! Hansel sei wohlauf!<br />

Hanselemaa hot Schtiefele a,<br />

Hot s Degle uf de Sitte.<br />

Hot s Roß verkauft un s Geld versauft –<br />

Jetz kann er nimme ritte – Narro!<br />

4.4. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>gedichte von Karl Blattner (1884-1960)<br />

4.4.1. Vorbemerkung<br />

Karl Blattner war Schuhmachermeister mit einer poetischen Ader und veröffentlichte in der Zeitung Der Kinzigtäler<br />

sowie seit 1949 im Amtlichen Nachrichtenblatt seine Heimatgedichte 1172 . Insbesondere sein Gedicht S’goht<br />

degege erlangte große Beliebtheit, da es das besondere Flair der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in gekonnte Verse fasst.<br />

4.4.2. S’goht degege<br />

Sin emol ganz müsleschtill<br />

un horche, was i sage will:<br />

I glaub, ‘s isch ebis nit ganz g’hür 1173<br />

hinter eure Bühnedür 1174 !<br />

Dert, in selle 1175 Käschte drin,<br />

wo die <strong>Fasnet</strong>sache sin,<br />

duet sich allwiel 1176 ebis rege.<br />

Jetz’ glaub i bal’, es goht degege!<br />

Wenn’s nit glaubsch, no losch es bliebe,<br />

nu de Lüt, wo d’<strong>Fasnet</strong> liebe,<br />

dene isch’s Musik für d’Ohre,<br />

wie die Larve rum rumore.<br />

Horch, wie d’Hanselschelle klinge<br />

un wie d’Kapotthuetle 1177 schwinge.<br />

In de Eck de Ritterdege<br />

wischberet 1178 : »Es goht degege!«<br />

1169 Üblicherweise wird in diesem Spruch das alem. hoorig als ‚haarig’ interpretiert; dem Sinn des Spruches nach könnte allerdings hoorig<br />

auch eine mundartliche Abschleifung des nhd. honorig ‚ehrenhaft, anständig; Bildung der Studentensprache des 18. Jahrhunderts’<br />

(Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 554, s. v. Honorar) sein: nur eine anständige Katze fängt auch Mäuse. – Der Hoorig-<br />

Spruch wird gleichfalls in Hausach gerufen und gibt dort den Takt der Katzenmusik an. <strong>Die</strong> vom Hausacher Narrenrat José F. A. Oliver<br />

öffentlich propagierte These Jürgen Leibbrands, dass dieser Brauch direkt aus dem christlichen Mittelalter stamme und das Konzert der<br />

Hölle darstellen solle, wobei die Katze als Symbol des Teufels gilt (Leibbrand: Vom Sinn der Fastnacht, 58), ist wissenschaftlich unhaltbar,<br />

da es keine schriftlichen Belege aus Hausach gibt, die den Brauch oder den Spruch vor dem 19. Jahrhundert belegen. Der Begriff<br />

Katzenmusik ‚misstönende Musik’, gebildet in Bezug auf das nächtliche Lärmen und Schreien verliebter Kater, lässt sich erst im<br />

letzten Viertel des 18. Jahrhunderts als Bezeichnung für ein studentisches Ständchen, mit dem jemand verhöhnt werden soll, nachweisen<br />

(Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 638, s. v. Katze), kann also nicht als Beweis für eine bis ins Mittelalter zurückreichende<br />

Kontinuität des Hausacher Brauches dienen.<br />

1170 <strong>Die</strong> letzte Zeile wird in Wolfach meist weggelassen.<br />

1171 Zur Erklärung dieses Spruches siehe Abschnitt 2.1.8 Alde Rungunkeln und Müller.<br />

1172 Zu Blattners Lebenslauf und seinen Gedichten siehe Blattner / Haas: Därfsch’s nu sage. <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>gedichte finden sich auf den <strong>Seite</strong>n 34<br />

bis 37.<br />

1173 Alem. g’hür ‚geheuer’.<br />

1174 Alem. Bühnedür ‚Speichertüre’.<br />

1175 Alem. selle ‚jenen’ (< frz. celle).<br />

1176 Alem. allwiel ‚jederzeit’.<br />

1177 Siehe Anmerkung 701.<br />

1178 Alem. wischberet ‚wispert, flüstert’.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 151<br />

‘s Wohlaufmale in de Kischt<br />

singt scho vom Herr Entekrischt 1179<br />

un de Landsknecht, seller Schelm,<br />

butzd si Babbedeckelhelm.<br />

D’Rungungle 1180 kenne’s nit verhebe 1181 ,<br />

welle nus un welle lebe.<br />

De Hansel schreit im enge Hus:<br />

Jetz len mi do au endlich nus!<br />

Wenn d’<strong>Fasnet</strong> au nit alle möge,<br />

anneweg 1182 , jetz goht’s degege!<br />

4.4.3. Micheles Marsch! Hanseles Marsch<br />

I. Teil<br />

Hopsa, Hopsa, der Hansel hot sie Käppele wieder<br />

Hopsa, Hopsa, der Hanseletag isch do.<br />

II. Teil<br />

<strong>Fasnet</strong> isch e schöne Zitt<br />

kasch me sage was dr witt<br />

Hopsa, Hopsa, de Hanseletag isch do.<br />

III. Teil<br />

Hansel hosch die Geld versoffe<br />

putz dr s Muhl mit Wasser ab<br />

Hansel hosch die Geld versoffe<br />

putz de Schnabel ab.<br />

4.4.4. Hanselemaa, du dummer Hund...<br />

Wenn einer z’Wolfe isch gebore<br />

un hot sie Witz nit ganz verlore,<br />

der isch, wenn ihn kei Kummer druckt,<br />

in de <strong>Fasnet</strong>zit verruckt!<br />

Hört er Narreschelle klinge<br />

fangt er au scho a zu singe:<br />

Hanselemaa, du dummer Hund,<br />

waisch denn nit, daß d’<strong>Fasnet</strong> kunnt?<br />

Wenn d’Elfemeß zum Dor ri kunnt,<br />

wurd jede Schlofkapp frisch un g’sund;<br />

wenn d’Narremusik blost denebe,<br />

dann ka’s halt keiner me verhebe.<br />

Un alles rennt, ob klei, ob groß,<br />

nix wie nus un nab uf d’Schtroß.<br />

Hanselemaa, du dummer Hund,<br />

hosch nit g’wißt, daß d’<strong>Fasnet</strong> kunnt?<br />

Wenn d’Hansele durch d’Schtroße renne,<br />

bis daß se nimme schnufe kenne,<br />

und d’Hexe schtiege dir ufs Dach.<br />

Mach doch selber mit un lach!<br />

‘s Narreschprüchle isch nit schwer,<br />

Komm, i sag ders no mol her:<br />

»Hanselemaa du dummer Hund,<br />

waisch jetz’ bal, daß d’<strong>Fasnet</strong> kunnt?«<br />

1179 Zum <strong>Wolfacher</strong> Entekrischt siehe Abschnitt 2.2.1 Wohlauf.<br />

1180 Zu den Rungunkeln siehe Abschnitt 2.1.8 Alde Rungunkeln und Müller.<br />

1181 Alem. verhebe ‚zurückhalten’.<br />

1182 Alem. anneweg ‚trotzdem’.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 152<br />

4.4.5. D’Kaffeedande komme!<br />

D’Kaffeedande, nit vergesse,<br />

Sin uf d’<strong>Fasnet</strong> ganz versesse.<br />

Bi dene sieht’s deheim im Hus<br />

In dere Zit gar grusig us!<br />

‘s Eßgschirr bliebt im Schüttschdei liege,<br />

Schüssle, Deller, ganze Biege 1183 .<br />

»‘s isch jetz’ allerhöchschde Zit,<br />

Zum Umzug will i doch no mit.<br />

Ade, Alder, muesch nit brummle.<br />

Horch, i hör se jo scho drummle!«<br />

Mit »Juchu« rennt se us’em Hus<br />

Im Schweinstrab zu de Husdür nuus.<br />

Bim Umzug ka mer se dann sehne<br />

In de Reih mit and’re Schöne<br />

E jede möchd die Schönschde si,<br />

E Deil devo isch’s au mol gsi. –<br />

Sie führe aldi Mode vor<br />

Us de Zit vor hundert Johr.<br />

Bim Kaffee hocke se binander,<br />

Von einre Beiz 1184 goht’s in di ander.<br />

De Narregeischd, der hält se zemme,<br />

Des Urteil loß i mer nit nemme:<br />

Sie soll vom Kopf bis under d’Knie<br />

E rechde Kaffeedande si!<br />

1183 Alem. Bieg ‚Beige, aufgeschichteter Stoß, Stapel’. Grimm: Deutsches Wörterbuch I, 1371, s. v. Beige.<br />

1184 Alem. Beiz ‚Kneipe’; siehe Anmerkung 87.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 153<br />

5. „<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill“ von Georg Anton Bredelin (1752-1814)<br />

5.1. Bredelins Lebenslauf<br />

5.1.1. Bredelins Jugend- und Ausbildungszeit<br />

Der Magister, Musikdirektor und fürstenbergische Schulvisitator Georg Anton Bredelin, dem die <strong>Wolfacher</strong> ihr<br />

schönstes <strong>Fasnet</strong>spiel, <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill, verdanken, wurde am 18. September 1752 in der freien<br />

Reichsstadt Biberach / Riß geboren 1185 . Der sehr seltene Familienname Bredelin – in den deutschen Telefonbüchern<br />

ist nur eine Familie mit diesem Namen verzeichnet 1186 – geht zurück auf mhd. brëtelīn, brëtel, ahd.<br />

britelīn*, britelī*, bretilīn*, bretilī* ‚Brettlein, Stäbchen, Strich, Opferschale’ 1187 .<br />

Bredelin besuchte, vermutlich ab seinem 6. Lebensjahr, die katholische Lateinschule in Biberach / Riß 1188 , in<br />

der er die ersten Anregungen für sein späteres Schaffen erhielt, denn dort fanden zweimal jährlich, in der Fastenzeit<br />

und am Schluss des Sommerhalbjahres im September, Schultheateraufführungen statt, in deren Anschluss<br />

die Schulpreise verliehen wurden 1189 . Zur Vorbereitung seines Universitätsstudiums ging Bredelin von 1763 bis<br />

1771 auf die zu jener Zeit von bis zu 30 Schülern besuchte Klosterschule von Obermarchtal 1190 . Später folgten<br />

ihm auch seine beiden jüngeren Brüder. <strong>Die</strong> Schüler waren in die vier jeweils zwei Jahre dauernden Klassen<br />

Rudimentistae, Principistae, Syntaxistae und Rhetores aufgeteilt 1191 .<br />

Tabelle 9: Schulbesuch der Brüder Bredelin in Obermarchtal<br />

Klasse Georg Anton Johann Baptist Franz Xaver<br />

(1752-1814) (1754-1806) (1758-1802)<br />

Rudimentistae 1763/65 1765/67 1769/71 1192<br />

Principistae 1765/67 1767/69<br />

Syntaxistae 1767/69 1769/71<br />

Rhetores 1769/71 1771/73<br />

Studienbeginn 1771/72 (1773/74)<br />

Wie in vielen oberschwäbischen Klöstern hatte in Obermarchtal das Schuldrama eine lange Tradition. Von den<br />

aus 30 oberschwäbischen Klöstern nachweisbaren 1422 Periochen ‚Texthefte mit nach Szenen gegliederten<br />

Inhaltsangaben 1193 ’ stammen 190 aus Marchtal; nur aus Weingarten (237) und Konstanz (250) sind noch mehr<br />

Stücke bekannt 1194 . 15 der in Marchtal überlieferten Periochen gehören zu Schau- und Singspielen der<br />

Katholischen Komödiantengesellschaft in Biberach / Riß, die teilweise von Obermarchtaler Geistlichen gedichtet<br />

1185<br />

Zur Lebensgeschichte Bredelins siehe Schrader: Georg Anton Bredelin; Schrader: Im Kinzigtal schafft Bredelin ein Meisterstück;<br />

Schrader: Ein „<strong>Die</strong>s Iræ“ von Georg Anton Bredelin.<br />

1186<br />

Telefonauskunft für den PC, s. v. Bredelin.<br />

1187<br />

Köbler: Ahd. Wörterbuch, s. v. britelīn*.<br />

1188<br />

Seit dem Westfälischen Frieden von 1648 bestand in Biberach / Riß ein paritätisches Regierungs- und Verwaltungssystem mit Gleichberechtigung<br />

und exakter Ämterverteilung zwischen Katholiken und Protestanten. Deshalb gab es hier bis zur Abschaffung der Parität<br />

1825 von jeder offiziellen Institution jeweils eine evangelische und katholische Variante. Zur Geschichte und zu den Folgen der Bikonfessionalität<br />

in Biberach / Riß siehe: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 21 (1998), Heft 1; Gründig: Verwickelte Verhältnisse.<br />

– Ausführliche Verzeichnisse über die jeweilige Besetzung der in der Stadt vorhandenen Ämter bieten die gedruckten Staatsund<br />

Adresshandbücher aus jener Zeit, beispielsweise: Staats- und Addresshandbuch des Schwäbischen Reichskraises 1799; Königlich-<br />

Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch 1813.<br />

1189<br />

Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft, Heft 1, 49. – Zur Geschichte der Schule in Biberach /<br />

Riß siehe Wöhrle, K.: Aus der Geschichte der höheren Knabenschule.<br />

1190<br />

Bereits seit 1662 lassen sich Schüler aus Biberach / Riß an der 1653 gegründeten Obermarchtaler Klosterschule nachweisen. Erst mit der<br />

Gründung der katholischen Professoratsschule 1775 gab es auch in Biberach / Riß eine weiterführende Lateinschule. Dort erteilte der bis<br />

zu seinem Tode 1789 amtierende Professor Thaddäus Plazzary in seiner Gedichtsammlung aufmunternde Lehren an die Schüler Xaver<br />

von Pflummern, Bredelin (der Vorname wird nicht genannt, es könnte sich altersmäßig evt. um Franz Xaver handeln; siehe auch Anmerkung<br />

1192), Bök und Schwägler. Schöntag: Das deutsche und lateinische Schulwesen, 45; Preiser: Biberacher Bauchronik, 84-86;<br />

Wöhrle, K.: Aus der Geschichte der höheren Knabenschule, 28f. – Einen authentischen, zeitgenössischen Einblick in das Leben eines<br />

Schülers an einer prämonstratensischen Klosterschule bieten die Jugenderinnerungen des Konstanzer Regierungsdirektors Josef Ignaz<br />

Peter (1789-1872), der zwischen 1801 und 1803 die Schule im Kloster Allerheiligen besuchte. Auszüge daraus sind abgedruckt in<br />

Schneider, H.: <strong>Die</strong> Klosterschule von Allerheiligen. Vgl. hierzu Abschnitt 1.4.4 Festspiel.<br />

1191<br />

Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 207.<br />

1192<br />

Ob Franz Xaver nach 1771 weiterhin die Obermarchtaler Schule besuchte, ist nicht sicher, da er später als Kaufmann arbeitete und sich<br />

ein Universitätsstudium nicht nachweisen lässt. Möglicherweise verließ er 1771 zusammen mit Georg Anton die Schule. 1775 wird an<br />

der katholischen Professoratsschule in Biberach / Riß ein Schüler Bredelin erwähnt, bei dem es sich altersmäßig um Franz Xaver<br />

handeln könnte. Wöhrle, K.: Aus der Geschichte der höheren Knabenschule, 29.<br />

1193<br />

Perioche < lat. periochae ‚Inhaltsangabe’. In der Antike stand der Begriff für Inhaltsangaben umfangreicher Werke. Meid: Reclams<br />

elektronisches Lexikon, s. v. Perioche.<br />

1194<br />

Büchele: Herzrührende Schaubühne, 199f. Anmerkung 4. – Zur Entwicklung des Schuldramas siehe auch Abschnitt 1.4.4 Festspiel. –<br />

Zum klösterlichen Musikleben siehe Beck: Klostertheater in Marchthal; Frei: Comoedia Sacra; Günther: Ad Chorum Bonacellensem;<br />

Günther: Lump oder Bettler; Kaufmann: Klingendes Erbe; Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes; Oberst: „<strong>Die</strong> Klagende Musicalische<br />

Instrumenten“. – <strong>Die</strong>se Aufsätze behandeln überwiegend das klösterliche Musikleben in Oberschwaben, doch spielte die Musik auch in<br />

badischen Klöstern eine große Rolle. Beispielsweise pflegte der Klosterkomponist Pater Idlefons Haas (1735-1791) in Ettenheimmünster<br />

enge Kontakte zu den Komponisten Isfried Kayser in Marchtal und Justinus Heinrich Knecht in Biberach / Riß. Klär: Musikpflege im<br />

Kloster Ettenheimmünster, 323. Vgl. auch Trenkle: Ueber süddeutsche geistliche Schulcomödien; Trenkle: Ueber die Musik in den<br />

Ortenauischen Klöstern; Schneider: <strong>Die</strong> Klosterschule von Allerheiligen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 154<br />

oder komponiert wurden; es bestanden demnach zwischen dem Kloster und der freien Reichsstadt enge Beziehungen<br />

1195 . Im Gegensatz zu den Periochen scheint das einst im Kloster Obermarchtal vorhandene handschriftliche<br />

Notenmaterial nach der Säkularisation 1803 weit gehend verloren gegangen zu sein 1196 ; über die<br />

musikalische Gestaltung der Singspiele lassen sich deshalb keine genaueren Angaben machen.<br />

Das meist von biblischen oder antiken Stoffen handelnde Schuldrama, oft auch als Schulkomödie bezeichnet,<br />

entwickelte sich in den religiösen Kämpfen der Reformationszeit unter dem Einfluss des im 15. und 16. Jahrhundert<br />

im Zusammenhang mit der Rezeption des antiken Dramas entstandenen lateinischen Humanistendramas<br />

1197 . Es wurde besonders vom 1534 gegründeten Jesuitenorden gepflegt 1198 und bildete meist den festlichen<br />

Rahmen zu feierlichen Schulakten, Schlussprüfungen am Jahresende oder Disputationen. Mit ihm sollten<br />

die Schüler ihr Gedächtnis trainieren, sich in freier lateinischer Rede üben und durch öffentliches Agieren<br />

Köperbeherrschung und sicheres Auftreten lernen; es erfüllte aber auch eine wichtige pädagogische und<br />

moralische Funktion und diente zur Verteidigung, Verbreitung und Festigung des wahren Glaubens im Geist<br />

einer energisch betriebenen Gegenreformation 1199 mit den jeweils modernsten Mitteln des Theaters. Während<br />

das protestantische Schuldrama auch die deutsche Sprache nutzte, um eine bessere Wirkung beim Publikum zu<br />

erzielen, beharrte das katholische Jesuitendrama überwiegend auf dem Lateinischen. <strong>Die</strong> Periochen mit Inhaltsangaben<br />

in deutscher Sprache erleichterten den Zugang für die nicht humanistisch Gebildeten. Neben den<br />

Jesuiten pflegten auch die unter ihrem Einfluss stehenden Prämonstratenser, Augustiner, Zisterzienser und<br />

Benediktiner intensiv das Theaterspiel 1200 .<br />

Der Theatersaal in Obermarchtal befand sich im vorspringenden Mittelteil des Klosters über dem Hauptportal<br />

des Südtraktes 1201 . In der dort 1769 aufgeführten Tragödie Rodericus, Gothorum Rex 1202 übernahmen der elfjährige<br />

Franz Xaver Bredelin aus der Klasse der Rudimentistae und der 15-jährige Johann Baptist aus der<br />

Grammatikklasse, die als Nobiles aus Biberach bezeichnet werden, kleinere Rollen 1203 ; außerdem taucht der<br />

Name Bredelin ohne Rufname zweimal in der Besetzungsliste des zur Tragödie gehörenden Interludiums <strong>Die</strong><br />

Verwandlung des Spazier-Stockes in einen Dresch-Pflegel. Ein Lust-Spiel auf 1204 . Im Jahr darauf spielten die<br />

beiden in der Tragödie S. Casimirus, Regius Poloniae Princeps deliberans 1205 und deren Interludium mit. 1772<br />

trat Johann Baptist, der sich nun in der Poetikklasse befand, in der Tragödie Sancius Martyr auf 1206 . Johann<br />

Baptist wurde am 23. August 1780 zum Priester geweiht, trat vier Jahre später als Pater Ambrosius in das<br />

Prämonstratenserkloster Weißenau als Vestarius ‚Verwalter der kirchlichen Gewänder’ und Cantor ein, kam<br />

1787 als Pfarrer nach (Ober)Eisenbach (Kreis Tettnang) und wechselte schließlich 1804 als Stadtpfarrer an die<br />

Kirche St. Jodok in Ravensburg 1207 . Im Staatsarchiv Ludwigsburg befindet sich ein Nachlassverzeichnis von<br />

Ambrosius Bredelin von 1806 1208 .<br />

Großen Einfluss auf das Marchtaler Klostertheater hatte der bekannte schwäbische Dialektdichter und<br />

Prämonstratensermönch Sebastian Sailer (1714-1777), der bereits als Schüler in dieses Kloster eintrat und dort<br />

ab 1739 als wortgewaltiger Prediger, Lehrer und Verfasser von zahlreichen, oft im schwäbischen Dialekt verfassten<br />

Singspielen und Komödien tätig war 1209 . Von 1756 bis 1773 übernahm er die Pfarrei <strong>Die</strong>terskirch, blieb<br />

jedoch weiterhin in engem Kontakt mit dem Kloster, für das er den Text für die monumentale Geistliche Schaubühne<br />

des Leidens Jesu Christi schuf 1210 , eine Folge von neun abendfüllenden Oratorien, von denen jeweils eines<br />

zwischen 1760 und 1768 an den Karfreitagen in der Klosterkirche aufgeführt wurde. Sailers Texte weisen eine<br />

1195 Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft; Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes.<br />

1196 Bei der Suche nach den Notenbeständen der oberschwäbischen Klöster für das 1936 von Ernst Fritz Schmid gegründete Schwäbische<br />

Landesmusikarchiv in Tübingen fanden sich, von einzelnen Handschriften und Drucken aus dem 19. Jahrhundert abgesehen, keine<br />

Noten mehr aus dem Kloster Obermarchtal. Günther: Ad Chorum Rothensem, 188 Anmerkung 10.<br />

1197 Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Humanistendrama.<br />

1198 Ausführlich dargestellt sind das Jesuitendrama und seine unterschiedlichen Gattungen in Büchele: Herzrührende Schaubühne; Oberst:<br />

Alles zur größeren Ehre Gottes, 203f.<br />

1199 Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Schuldrama. – Vgl. Literaturlexikon XIV, 345-348 , s. v. Schuldrama, hier 346.<br />

1200 Büchele: Herzrührende Schaubühne, 189f.<br />

1201 Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 206.<br />

1202 Originaldruck im Fürst Thurn- und Taxischen Zentralarchiv Regensburg, Standnummer Ma 1375, 511-525.<br />

1203 Auskünfte über die Obermarchtaler Texthefte von Manuela Oberst, Eichstätt, vom 11.11.2005.<br />

1204 In diesem Zwischenspiel erwirbt im ersten Akt mit dem Titel Der Spazierstock in einem Tanz Baculaureus zunächst einen Spazierstock;<br />

er will nun zeigen, dass der Spazier-Stock seye der Jugend zur Zierde, dem mannlichen Alter zur Wuerde und dem Greis zu<br />

Erleuchterung der Buerde. <strong>Die</strong> Personen führen jeweils tänzerisch den Umgang mit dem Stock vor; schließlich findet ein alter Bär ihn<br />

zu seinem Polnischen Tantz untauglich, und schnellt selben entzwey zu Groestem Spott des Baculaureus. Im 2. Akt Der Dresch-Pflegel<br />

in seinem Glanz erbittet Baculaureus vom Waldgott einen neuen Spazierstock, erhält aber einen Dreschflegel, an dem er dessen Unart<br />

und Hoffart bemängelt, schließlich aber seine Streiche hart zu spüren bekommt. Er wird von Satyren verdroschen und in einem Sack an<br />

einem starcken Pflegel-Stock aufgehängt. Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 207f.<br />

1205 Originaldruck im Fürst Thurn- und Taxischen Zentralarchiv Regensburg, Standnummer Ma 1374, 525-541.<br />

1206 Originaldruck im Fürst Thurn- und Taxischen Zentralarchiv Regensburg, Standnummer Ma 1374, 551-554.<br />

1207 Zu Pater Ambrosius siehe: Aus dem Leben des Musikdirektors Georg Anton Bredelin.<br />

1208 Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur: D 130 Bü 15.<br />

1209 Zur Lebensgeschichte Sailers siehe: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon VIII, 1197-1199, s. v. Sailer, Sebastian. – Als Josef<br />

Krausbeck eine Aufführung von Sailers 1743 entstandener Schwäbischer Schöpfung im Hayinger Naturtheater sah, vermutete er sogleich,<br />

dass Bredelins Weibermühle womöglich von Sailer beeinflusst wurde, was sich nun tatsächlich bestätigt hat. Krausbeck: 1892-<br />

1982. <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Weibermühle; Krausbeck: 200 Jahre „Altweibermühle“ in Wolfach, 359.<br />

1210 Büchele: Herzrührende Schaubühne, 195f. (mit Abbildung des Textdrucktitelblatts); Frei: Comoedia Sacra, 209-211.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 155<br />

hohe Qualität auf und verwenden eine Vielzahl unterschiedlicher Vers- und Strophenformen, die seine guten<br />

Literaturkenntnisse belegen 1211 . Georg Anton Bredelin dürfte seit seinem Eintritt in der Klosterschule im Herbst<br />

1763 zumindest fünf der neun Oratorien gehört haben.<br />

Als Ihro Königliche Hoheit, die Durchlauchtigste Fürstinn Maria Antonia Erzherzogin von Österreich (1755-<br />

1793), vermählte Dauphin von Frankreich, am 1. Mai 1770 im Alter von 14 ½ Jahren auf ihrer Reise von Wien<br />

zu ihrer Hochzeit mit dem französischen König Ludwig XVI. (1754-1793) nach Paris im Reichsstift Marchtall<br />

die Nachtruhe zu nehmen gnädigst beliebten, führten die Konventualen vor über 500 Gästen Sailers Huldigungskantate<br />

Beste Gesinnungen Schwäbischer Herzen auf 1212 . Zwar ist nicht bekannt, ob sich die drei Bredelin-<br />

Brüder aktiv an der Aufführung beteiligten, doch ließen sie sich wohl dieses besondere Ereignis nicht entgehen.<br />

1771 erschien in Ulm eine Perioche mit dem Titel:<br />

<strong>Die</strong> Seufzer der gefesselten Sinnen, / Ps. 101. v. 21. / Ein Singspiel. / Auf / das hohe Namens-Fest 1213 / des<br />

Hochwürdigen und Gnädigen / des Heil. Röm. Reichs / Prälaten und Herrn / Herrn Ignatius 1214 / des unmittelbar<br />

freyen Reichsstifft und Gotteshauses / Marchtall / des Schneeweisen Ordens von Prämonstrat /<br />

würdigsten Abbten etc. / verfasset 1215 / von / dessen / mindestem <strong>Die</strong>ner und Pflegkind / G.A.B 1216 .<br />

<strong>Die</strong> Initialen des Verfassers stehen möglicherweise für Georg Anton Bredelin.<br />

Im Wintersemester 1771/72 begann Bredelin an der Freiburger Universität mit seinem Studium 1217 . In der<br />

Matrikel wird er als Physikstudent bezeichnet, in den Visitationsakten aus dem Jahre 1787 steht jedoch, er habe<br />

Philosophie studiert 1218 . <strong>Die</strong>ser Widerspruch lässt sich wahrscheinlich darauf zurückführen, dass zu jener Zeit<br />

jeder Student vor dem eigentlichen Fachstudium zunächst das philosophische Grundstudium der sieben freien<br />

Künste zu durchlaufen hatte, das mit einer Magisterprüfung abschloss 1219 . (Für den Hinweis, dass Bredelin an<br />

der Hohen Schule in Tübingen studierte 1220 , finden sich in der dortigen Universitätsmatrikel keine Belege 1221 .)<br />

5.1.2. Ein hoch geschätzter Präzeptor und Schulvisitator<br />

Am 26. Juni 1778 heiratete Bredelin in Hayingen, das in der Nähe der Klöster Zwiefalten und Obermarchtal liegt<br />

und von 1627 bis 1806 fürstenbergisch war, Maria Knoll, die 40-jährige Witwe des Lehrers Aegydius Knupfer,<br />

und wurde fürstlich-fürstenbergischer Stadtpräzeptor 1222 . An seiner neuen Wirkungsstätte konnte sich seine<br />

künstlerische Begabung voll entfalten. In Hayingen wurde schon lange das Theaterspiel gepflegt: 1662 ließ der<br />

Bichishausener Pfarrer Johann Michael Gall aus Meßkirch durch die Hayinger Bürger eine Komödie aufführen,<br />

die er dem Abt von Marchtal widmete 1223 . <strong>Die</strong>se Tradition setzte Bredelin nun mit eigenen Schultheateraufführungen<br />

fort, wie er sie bereits aus seiner Schulzeit kannte. Von den ungefähr zehn Stücken, die er in<br />

Hayingen gedichtet und komponiert haben dürfte, hat sich bislang nur das am 1., 3. und 8. April 1781 aufgeführte<br />

Spiel Das Ziel und End des Menschen auffinden lassen 1224 . Das vom fürstenbergischen Hofbuchdrucker<br />

Johann Matthäus Mieth in Donaueschingen gedruckte Textheft diente zugleich als Einladung; in ihm wird auch<br />

auf die Verleihung von Prämien an die Schüler hingewiesen.<br />

Das Stück besteht, ganz im Stil des klösterlichen Schuldramas 1225 , aus einer dreiteiligen Cantate allegorischer<br />

Gestalten; zwischen den drei Teilen des Singspiels ist eine zweiteilige Prose, also ein Schauspiel in Prosa 1226 ,<br />

eingefügt, von der nur der Inhalt abgedruckt ist und in der der große Verachter der Welt, der heilige Arsen, be-<br />

1211 Frei: Comoedia Sacra, 210f. – Eine Neuausgabe der Oratorientexte erschien 1997, siehe: P. Sebastian Sailers Geistliche Schaubühne.<br />

1212 Frei: Comoedia Sacra, 206, 208.<br />

1213 Der Namestag des hl. Ignatius von Loyola, Gründer der später als Jesuitenorden bezeichneten Gesellschaft Jesu, die einen großen Einfluss<br />

auf das Musiktheaterleben der Prämonstratenser hatte, ist am 31. Juli.<br />

1214 1768 wurde Sebastian Stein (1721-1772) aus Rottenburg am Neckar als Ignatius zum Marchtaler Abt gewählt. Über ihn vgl. Manz:<br />

Reichsprälat Ignaz Stein.<br />

1215 Das Wort verfasset ist handschriftlich nachgetragen.<br />

1216 Originaldruck im Fürst Thurn- und Taxischen Zentralarchiv Regensburg, Standnummer Ma 1370, 913-926. Titelblatt abgedruckt in<br />

Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 205.<br />

1217 Schaub: <strong>Die</strong> Matrikel der Universität Freiburg II, 787: 1771/72 Nr. 34. – Im Registerband auf <strong>Seite</strong> 91 ist Bredelin durch einen Schreibfehler<br />

falsch eingeordnet unter Brodelini, G.A., auf <strong>Seite</strong> 291 unter Biberach / Riß ist der Name richtig geschrieben.<br />

1218 Disch: Chronik Wolfach, 313.<br />

1219 Dinkel: Akademiker in Stammbäumen.<br />

1220 Schneider-Strittmatter: Chronik der Stadt Hausach, 126.<br />

1221 Bürck / Wille: <strong>Die</strong> Matrikeln der Universität Tübingen.<br />

1222 Präzeptor < lat. praeceptor ‚Lehrer, Erzieher’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2866, s. v. Präzeptor. – <strong>Die</strong> Angabe in Schwendele:<br />

Geschichte der Stadt und Pfarrei Hayingen, 68, dass Bredelin von 1779 bis 1782 Schultheiß von Hayingen gewesen sei, stimmt nicht.<br />

<strong>Die</strong>se Verwechslung geht vermutlich auf die Taufeinträge von Bredelins Kindern zurück, in denen er als Proceptor civitatis ‚Stadtpräzeptor’<br />

bezeichnet wird.<br />

1223 Bolte: Kleine beiträge zur geschichte des dramas, 5f. – <strong>Die</strong> von Bolte beschriebene Handschrift mit 14 Schauspielen Galls aus den Jahren<br />

1658 bis 1672 aus der F. F. Hofbibliothek in Donaueschingen befindet sich heute unter der Signatur A III 34 in der Württembergischen<br />

Landesbibliothek Stuttgart.<br />

1224 F. F. Hofbibliothek Donaueschingen, Standnummer: I UB 3g. – Titelblatt abgebildet in Möring: Bredelin schrieb Singspiel zur Fastenzeit.<br />

– Im Hayinger Stadtarchiv finden sich keine Hinweise auf Bredelins Wirken. Briefl. Mitteilung von Herrn Geppert, Stadt- und<br />

Spitalarchiv Rottenburg a. N., vom 8.6.1987.<br />

1225 Frei: Comoedia Sacra; Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 207-209.<br />

1226 Prose ist eine in Anlehnung an das frz. prose gebildete, bis ins 18. Jahrhundert hinein übliche Variante zu Prosa ‚nicht (durch Reim,<br />

Vers, Rhythmus) gebundene Form der Sprache’. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1050, s. v. Prosa.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 156<br />

richtet, wie sehr wir jene Dinge zu fliehen haben, die uns von unserm erst- und letzten Ziel und Ende abhalten, –<br />

und auf Irrwege führen können. Im ersten Aufzug wird Arsen in seinem Entschluss, die Welt zu verlassen, um<br />

sein Ziel und Ende desto ehender zu erreichen, vorbereitet, im zweiten erkennt er seine Bestimmung der Vorsicht<br />

immer näher und verlässt endlich den Hofe und die Welt. <strong>Die</strong> Handlung gehet vor zu Konstantinopel im Palaste<br />

des ab 379 über das Oströmische Reich herrschenden Kaisers Theodosius I. (347-395), der dem Christentum<br />

durch die Erhebung zur Staatsreligion zum endgültigen Durchbruch verhalf und 394 das gesamte Römische<br />

Reich nochmals vereinte 1227 . Nach seinem Tode wurde das Reich in ein Ost- und ein Weströmisches Reich unter<br />

den ebenfalls in dem Stück auftretenden Prinzen des Kaisers, Arkadius (377-408) und Honorius (384-423), aufgeteilt.<br />

Arsenius der Große (354-450), der aus einer vornehmen römischen Familie stammte und ein Kenner der<br />

griechischen Literatur war, gilt in der katholischen Kirche als Schutzpatron der Lehrer und zählt zu den großen<br />

Wüstenvätern; sein Gedenktag ist der 8. Mai 1228 . Theodosius stellte ihn 383 am Hof in Konstantinopel als Lehrer<br />

für seinen Sohn Arkadius ein. In den letzten drei Jahren seiner insgesamt elfjährigen Tätigkeit dort unterrichtete<br />

er auch Honorius. Als Theodosius einmal in den Unterricht seiner Söhne kam, fand er sie sitzend, während<br />

Arsenius im Stehen mit ihnen redete. <strong>Die</strong>s konnte und wollte er nicht akzeptieren und ordnete deshalb an, dass<br />

der Lehrer sich in Zukunft hinzusetzen habe und die Schüler standen. Der Kaiser ermöglichte Arsenius ein<br />

komfortables Leben, doch fühlte dieser eine sich ständig verstärkende Neigung, die Welt zu verlassen. Nachdem<br />

er eines Tages lange gebetet hatte, um eine Eingebung zu bekommen, was er nun tun solle, hörte er eine Stimme<br />

sagen: „Arsenius, fliehe aus der Gesellschaft der Menschen und du wirst gerettet sein“. Daraufhin schiffte er sich<br />

heimlich nach Alexandria ein und eilte in die sketische Wüste, wo er sich den dort wohnenden Einsiedlern anschloss.<br />

Er kam zur Zelle von Johannes dem Zwerg und führte dort 55 Jahre lang ein ganz besonders entsagungsvolles<br />

Leben, um sich selbst für seine frühere Eitelkeit in der Welt zu strafen. Als nach langer Suche sein<br />

Zufluchtsort entdeckt wurde, weigerte er sich nicht nur, an den Hof zurückzukehren und als Berater seines inzwischen<br />

zum Kaiser avancierten früheren Schülers Arkadius zu dienen, er wollte nicht einmal dessen Sozialhelfer<br />

für die Armen und Klöster der Umgebung sein.<br />

Tabelle 10: Rollenverteilung der „Prose“ in Bredelins „Das Ziel und End des Menschen“<br />

Rolle Besetzung Herkunft<br />

Theodosius, römischer Kaiser Peter Vogelsang Hayingen<br />

Arkadius, Prinz des Kaisers Georg Fidel Falkensteiner, Principist Bad Waldsee<br />

Honorius, Prinz des Kaisers Joh. Nepomuck Poppele, Principist Dürmentingen<br />

Arsenius, römischer Ratsherr<br />

und Hofmeister der Prinzen<br />

Fr. Joseph Schick Hayingen<br />

Salvian, Höfling Johannes Buck Hayingen<br />

Firmin, Höfling Matthias Kräutle Hayingen<br />

Zwei redende Sklaven Joh. Michael Lämmle<br />

Johannes Schreck<br />

Hayingen<br />

<strong>Die</strong> Rezitative des Singspiels sind in für das 18. Jahrhundert typischen Madrigalversen nach italienischem Vorbild<br />

verfasst, die sich durch eine freie Anzahl meist jambischer Zeilen mit beliebigem Wechsel der Länge und<br />

beliebiger Reimordnung auszeichnen, wobei einfache Paarreime überwiegen, von gelegentlich eingestreuten<br />

Kreuzreimen unterbrochen. Von den zehn Arien, vier Duetten und dem Terzett sind sechs zweistrophig angelegt.<br />

Im Gegensatz zu den Rezitativen, die die Handlung voranbringen, beinhalten diese geschlossenen Gesangsstücke<br />

für ein bis drei Singstimmen die reflektierenden, stimmungsmalenden Momente der Handlung und weisen ein<br />

abwechslungsreiches, meist kunstvoll verschränktes Reim- und Versschema auf. Entsprechendes gilt auch für<br />

die vier Chöre. Hier zeigen sich Bredelins große dichterische Begabung und zugleich seine genauen Kenntnisse<br />

der Poetik, die er sich bereits in seiner Obermarchtaler Schulzeit nicht zuletzt auch durch Sebastian Sailers<br />

Oratorien und Singspiele angeeignet haben dürfte, die ihm gewiss als Vorbild und Anregung für sein eigenes<br />

Schaffen dienten.<br />

<strong>Die</strong> Kinder aus der ersten Ehe seiner Frau übernahmen die Rollen der Religion (Fidel Knupfer), der Uranie<br />

oder die menschliche Seele (Maria Anna Knupfer) und des Gesichtes (Joseph Knupfer), denen Bredelin mit neun<br />

von zehn Arien und zwei von vier Duetten nahezu das gesamte Stück anvertraute, das sich damit fast zu einem<br />

reinen Familienunternehmen entwickelte. Es ist anzunehmen, dass Fidel, der den umfangreichsten Part von allen<br />

Sängern zu absolvieren hatte, trotz seines Alters von 16 Jahren noch mit einer Sopran- oder Altstimme sang,<br />

denn im 18. Jahrhundert setzte der Stimmbruch bei Knaben wesentlich später ein als heute 1229 . <strong>Die</strong> persönlichen<br />

Beziehungen Bredelins zum nahe gelegenen Obermarchtal lassen vermuten, dass die von ihm engagierten auswärtigen<br />

Principisten Poppele, Vöringer und Falkensteiner die dortige Klosterschule besuchten. Über ihre<br />

1227 Meyerscout 2003, s. v. Theodosius I., der Große; Fischer Weltgeschichte, 6191-6224. – Am 26., 27. und 28.12.1753 wurde von der<br />

evangelischen Komödiantengesellschaft in Biberach / Riß die neu verfertigte Tragödie Theodosius von 23 Personen aufgeführt; sie<br />

dürfte allerdings mit Bredelins Prose nur das Thema gemein haben. Ofterdinger: Geschichte des Theaters in Biberach, 121.<br />

1228 Schäfer, J.: Ökumenisches Heiligenlexikon, s. v. Arsenius der Große; The Catholic Encyclopedia, s. v. Arsenius der Große.<br />

1229 Berühmtestes Beispiel für den im 18. Jahrhundert im Vergleich zu heute später einsetzenden Stimmbruch ist Johann Sebastian Bach<br />

(1685-1750), der mit 15 Jahren als Sopranconcertist im Lüneburger Mettenchor sang. Erst die sich im 19. Jahrhundert verbessernde<br />

Nahrungsversorgung bewirkte eine raschere körperliche Entwicklung der Jugendlichen und somit einen früheren Stimmbruch. Wolff:<br />

Johann Sebastian Bach, 60f., 286, 539 Anmerkung 53.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 157<br />

Stimmlage lässt sich keine genaue Angabe machen; zwar übernahmen sie jeweils eine männliche Rolle, doch<br />

bedeutete dies im 18. Jahrhundert nicht zwangsläufig, dass sie als Bass oder Tenor auftraten 1230 .<br />

Tabelle 11: Rollenverteilung in Bredelins Singspiel „Das Ziel und End des Menschen“<br />

Rolle Besetzung Alter Rezitativ-<br />

zeilen 1231<br />

Arien Duette Terzett Chöre 1232<br />

Religion Fidel Knupfer 16 96 5 2 - 4<br />

Uranie M. Anna Knupfer 14 37 3 3 - 4<br />

Wille Fr. Ant. Vöringer 13/15 8 1 1 1 4<br />

Gesichte Joseph Knupfer 6 2 1 - - 4<br />

Gedächtnis M. Eva Schnell ? 9 - 1 1 4<br />

Verstand Fr. Ant. Poppele 13/15 7 - 1 1 4<br />

Gehör Elisabetha Mayenfels ? 3 - - - 4<br />

Geschmack Ferdinand Falkensteiner 13/15 2 - - - 4<br />

Geruch M. Anna Buck ? - - - - 4<br />

Fühlung Rosina Kuon ? - - - - 4<br />

Einer der fünf Sinne - - 2 - - - -<br />

Summe 166 10 4 1 4<br />

Am 16. Januar 1783 kam Bredelins unehelicher Sohn Franciscus Aloisius zur Welt. Mutter war die 16-jährige<br />

Maria Anna Knupfer, Bredelins Stieftochter aus der ersten Ehe seiner Frau. Da er deshalb vermutlich in seiner<br />

Vorbildfunktion als Lehrer in Hayingen nicht mehr tragbar war, zog er am 26. März 1784 nach Hausach im<br />

Austausch mit dem dortigen Lehrer Nepomuk Hirler 1233 .<br />

Das gesamte Schulwesen im Fürstentum Fürstenberg wurde zu jener Zeit durch den seit 1783 regierenden<br />

Fürsten Joseph Maria Benedikt (1758-1796) grundlegend reformiert 1234 . Er tat dies in der vesten Überzeugung,<br />

daß die ganze künftige Denk- und Lebensart der meisten Menschen, folglich das Wohl der Kirche und des<br />

Staates, von wohlgetroffenen Erziehungs- und Lehranstalten abhänge 1235 . Da man bisher zu deutschen Schulmeistern<br />

meistens lauter unfähige, ja auch sogar tadelhafte Menschen teils angenommen, teils habe annehmen<br />

müssen, weil dieselben einen sehr geringen Gehalt, der sie nie oder doch sehr schlecht ernährt hat und anbei als<br />

verächtliche Leute meistens betrachtet worden sind 1236 , ordnete er an, genaue Erhebungen darüber zu machen,<br />

wo Schulen und Lehrer seien, woher die nötigen Mittel flössen usw. Den entscheidenden Anstoß zu dieser umfassenden<br />

Schulreform gab vermutlich die Einführung der so genannten Normal-Methode in Österreich und<br />

damit auch in Freiburg / Brsg., der Hauptstadt von Vorderösterreich. Einige fürstenbergische Lehrer erlernten<br />

dort die neue Lehrart und führten sie in ihrer Heimat ein. Ab 1784 waren alle Lehrer im Fürstentum, und somit<br />

auch Bredelin 1237 , dazu verpflichtet, in Donaueschingen einen Normallehrkurs zu absolvieren.<br />

Nicht nur die Schule lag dem Fürsten besonders am Herzen, er hatte auch, wie schon sein Vater, eine entschiedene<br />

Liebe für das Singspiel und ließ das fürstenbergische Hoftheater in Donaueschingen erbauen 1238 . Seine<br />

Gattin Maria Antonia von Hohenzollern-Hechingen (1760-1797) übernahm die Leitung des Theaters, kümmerte<br />

sich persönlich um die Auswahl, Einstudierung und Inszenierung der Stücke sowie die Rollenverteilung und<br />

spielte zudem selbst mit 1239 . Engen Kontakt unterhielt der Fürst zu Wolfgang Amadé Mozart (1756-1791), der<br />

1766 zusammen mit seinem Vater Leopold und seiner Schwester am Hof zu Donaueschingen zu Besuch gewesen<br />

war und in der Folge mehrfach Noten seiner jeweils aktuellen Werke an den Fürsten verkaufte 1240 .<br />

Bredelin musste nach und nach wegen des Leichtsinns und der Unhäuslichkeit seiner kränklichen Ehefrau<br />

etwa 800 fl (≈ 50 400 € 1241 ) Schulden machen 1242 . Er verdiente damals 83 fl 36 kr im Jahr und bekam dazu einen<br />

Krautgarten und 6 Klafter Holz, ab 1786 zusätzlich 50 fl aus dem Landesschulfonds, mit dessen Mitteln jene<br />

Lehrer unterstützt wurden, die noch keinen ihrer Arbeit angemessenen Lohn genossen, und aus Rücksicht auf<br />

seine ohnehin verarmten Umstände und geringen Besoldung 20 fl aus der <strong>Wolfacher</strong> Almosenstiftung 1243 , ins-<br />

1230<br />

Erinnert sei an J. S. Bachs Kantate Herkules auf dem Scheidewege BWV 213, in der der männliche Titelheld, eine Allegorie auf den<br />

damals 11-jährigen Kurprinzen Friedrich von Sachsen, in der Altlage singt, während die weibliche Tugend von einem Tenor verkörpert<br />

wird. Dürr: <strong>Die</strong> Kantaten von Johann Sebastian Bach II, 897-903.<br />

1231<br />

<strong>Die</strong> Zahl der Rezitativzeilen bezieht sich auf die hier wiedergegebene Textfassung und nicht auf den Originaldruck, in dem die Rezitative<br />

aus Platzgründen ohne Rücksicht auf den Reim jeweils in einem Absatz zusammengefasst sind.<br />

1232<br />

Im letzten Chor singt die Religion eine Solostrophe.<br />

1233<br />

Bischoff: Chronik Hausach, 178f. – Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Bredelin aufgrund seiner besonderen Begabung nach Hausach<br />

versetzt wurde, wie dies in Klein: Ein hochgeschätzter Lehrer und Schulvisitator, 39, behauptet wird.<br />

1234<br />

Ein Gemälde des Fürsten Joseph Maria Benedikt ist abgebildet in Disch: Chronik Wolfach, 316.<br />

1235<br />

Disch: Chronik Wolfach, 312.<br />

1236<br />

Barth, J.: Geschichte der fürstenbergischen Schulen, 793f.<br />

1237<br />

Bischoff: Chronik Hausach, 178f.<br />

1238<br />

Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 1, 14; Disch: Chronik Wolfach, 310. – Das Hoftheater ist 1850 abgebrannt.<br />

Ein Plan des Theaters ist abgebildet in Miller / Rebmann: „...die Praecision und der grosse Effect“. – Zum Musik- und<br />

Theaterleben in Donaueschingen vgl. Schuler, M.: <strong>Die</strong> Fürstenberger und die Musik; Strauß-Németh: Johann Wenzel Kalliwoda, 5-30.<br />

1239<br />

Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 8, 27, 41f.<br />

1240<br />

Miller / Rebmann: „...die Praecision und der grosse Effect“.<br />

1241<br />

Zum Geldwert im 18. Jahrhundert siehe Anmerkung 142.<br />

1242 Bischoff: Chronik Hausach, 179.<br />

1243 Disch: Chronik Wolfach, 314, 330.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 158<br />

gesamt also 153 fl 36 kr (≈ 9 676,80 €). <strong>Die</strong>se finanziellen Zuwendungen verdankte er dem Engagement des<br />

Landvogts Valentin von Schwab (1732-1809) 1244 , der sich für eine bessere Besoldung der Lehrer in Hausach und<br />

Wolfach einsetzte, weilen diese beede Männer der Spiegel des Oberamts seyn sollen, durch deren Eifer die<br />

Nacheiferung der andern erweckt werden sollte, der aber sinken müßte, wenn Elend drücken und unausweichliche<br />

Noth einbrechen würden 1245 . Darüber hinaus versuchte die Fürstin Maria Antonia Bredelins Eltern zu einer<br />

finanziellen Hilfe zu überreden, doch hatte sie keinen Erfolg 1246 , denn diese waren mit ihrer unseriösen<br />

Schwiegertochter und Georg Antons Fehltritt überhaupt nicht zufrieden und verweigerten jegliche Unterstützung.<br />

<strong>Die</strong> Stadt Hausach genehmigte Bredelin 1785 ein Öfele für sein neues hinteres Stüble 1247 . Im Jahr darauf beklagte<br />

er sich bei Landvogt von Schwab über den Hausacher Pfarrer, da dieser seinen verkrüppelten Sohn nicht<br />

leiden könne, dass er stets gegen ihn arbeite und ihn hasse, warum wisse er nicht 1248 .<br />

Allen Widrigkeiten zum Trotz fand Bredelin die Muße, für den am 19. März 1786 gefeierten Namenstag der<br />

beiden Fürsten Joseph Maria Benedikt von Fürstenberg und dessen Schwiegervater Joseph Wilhelm Eugen von<br />

Hohenzollern-Hechingen das Huldigungsgedicht Minervens letztes Fest zu schreiben 1249 , das ein antikes Fest zu<br />

Ehren der Göttin Minerva schildert und es allegorisch auf die Fürsten bezieht 1250 . Möglicherweise revanchierte<br />

sich Bredelin damit für die Unterstützung durch den Fürsten in seiner schwierigen Situation. In den Fußnoten<br />

erläutert der Hausacher Schulmeister die Hintergründe seines Gedichts unter Verweis auf die ihm seit seiner<br />

Schulzeit vertraute griechische und römische Literatur der Antike 1251 . Das Werk dürfte wie schon das Hayinger<br />

Singspiel beim Hofbuchdrucker Mieth gedruckt worden sein, der zwar nicht namentlich genannt wird, aber ab<br />

1777 das Privilegium exclusivum hatte, alle Buchdruckarbeiten innerhalb des Fürstentums auszuführen 1252 . Da<br />

Mieths Firmenarchiv verloren ging 1253 , lässt sich nicht mehr feststellen, welche anderen Werke Bredelin in seiner<br />

Fürstenberger Amtszeit bei Mieth veröffentlichte.<br />

Bredelin dichtete seine Verse in daktylischen Hexametern und befindet sich damit literaturästhetisch auf der<br />

Höhe der Zeit. <strong>Die</strong>ses Versmaß ist antiker Herkunft und besteht aus sechs Daktylen (Versfuß aus einer betonten<br />

und zwei unbetonten Silben: –vv), von denen der letzte katalektisch ‚verkürzt’ ist (–v); die ersten vier Versfüße<br />

können jeweils durch Trochäen (–v) ersetzt werden 1254 . Den entscheidenden Durchbruch bei der Einführung des<br />

Hexameters in die deutsche Literatur bedeutete das Epos Der Messias (1748/1773) von Friedrich Gottlieb<br />

Klopstock (1724-1803) 1255 ; es folgten beispielsweise die wegweisenden Homerübersetzungen (1781/1794) und<br />

Idyllen (Luise, 1782-84 1256 ) von Johann Heinrich Voß (1751-1826), Johann Wolfgang Goethes epische<br />

Dichtungen, beginnend 1794 mit Reineke Fuchs 1257 , und Friedrich Schillers philosophische Lyrik 1258 .<br />

1244 Zur Lebensgeschichte des Landvogts siehe Rögele: Dr. Valentin von Schwab.<br />

1245 Disch: Chronik Wolfach, 330.<br />

1246 Bischoff: Chronik Hausach, 179.<br />

1247 Bischoff: Chronik Hausach, 179.<br />

1248 Bischoff: Chronik Hausach, 180.<br />

1249 F. F. Hofbibliothek Donaueschingen, Standnummer: I UC 4, Josef M. – Vgl. Möring: Bredelin schrieb Singspiel zur Fastenzeit.<br />

1250 Zur Bedeutung und Geschichte der Göttin Athena, die von den Römern mit Minerva gleichgesetzt wird, siehe Moormann / Uitterhoeve:<br />

Lexikon der antiken Gestalten, 137-141, s. v. Athena.<br />

1251 Fußnoten zu Huldigungsgedichten mit Erklärungen und Verweisen waren im 18. Jahrhundert durchaus üblich; dies zeigt beispielsweise<br />

der von Johann Anton Mylius verfasste Text zu der im Mai 2005 aufgefundenen Strophenarie Alles mit Gott und nichts ohn’ ihn BWV<br />

1127 von Johann Sebastian Bach. Faksimile im Bach-Magazin Nr. 6/05, 19.<br />

1252 Disch: Chronik Wolfach, 514.<br />

1253 Schmid: Der fürstenbergische Staatskalender von 1779, 238.<br />

1254 Im antiken griechischen Hexameter konnten die Daktylen durch Spondeen (– –) ersetzt werden; erst in den deutschen Nachahmungen des<br />

18. Jahrhunderts wurden dafür in der Regel Trochäen benutzt.<br />

1255 Klopstock: Der Messias.<br />

1256 <strong>Die</strong> 1784 im Novemberheft des Teutschen Merkurs erschienene Idylle Luise fand besondere Beachtung bei den literarischen Zeitgenossen.<br />

Goethe verehrte dieses Werk leidenschaftlich und trug es gerne vor; Schiller notiert in seiner theoretischen Schrift Über naive<br />

und sentimentalische Dichtung, dass die Luise die deutsche Literatur nicht bloß bereichert, sondern auch wahrhaft erweitert habe. In<br />

den Xenien der beiden Dichter findet sich das Distichon „Luise“ von Voß. Goethe: Campagne in Frankreich 1792, 178.862f.; Deutsche<br />

Literatur von Luther bis Tucholsky, 475.205, 479.283f.<br />

1257 Goethe erinnert sich in seinem 1822 erschienenen autobiographischen Werk Campagne in Frankreich 1792, wie er dazu kam, seinen<br />

Reinecke Fuchs in Hexametern zu dichten:<br />

Schon seit vielen Jahren schrieb man in Deutschland nach Klopstocks Einleitung sehr läßliche Hexameter; Voß, indem er sich wohl<br />

auch dergleichen bediente, ließ doch hie und da merken, daß man sie besser machen könne, ja er schonte sogar seine eigenen vom<br />

Publikum gut aufgenommenen Arbeiten und Übersetzungen nicht. Ich hätte das gar gern auch gelernt, allein es wollte mir nicht glücken.<br />

Herder und Wieland waren in diesem Punkte Latitudinarier*, und man durfte der Vossischen Bemühungen, wie sie nach und nach<br />

strenger und für den Augenblick ungelenk erschienen, kaum Erwähnung tun. Das Publikum selbst schätzte längere Zeit die Vossischen<br />

früheren Arbeiten, als geläufiger, über die späteren; ich aber hatte zu Voß, dessen Ernst man nicht verkennen konnte, immer ein stilles<br />

Vertrauen und wäre, in jüngeren Tagen oder andern Verhältnissen, wohl einmal nach Eutin gereist, um das Geheimnis zu erfahren;<br />

denn er, aus einer zu ehrenden Pietät für Klopstock, wollte, solange der würdige, allgefeierte Dichter lebte, ihm nicht geradezu ins Gesicht<br />

sagen: daß man in der deutschen Rhythmik eine striktere Observanz einführen müsse, wenn sie irgend gegründet werden solle. Was<br />

er inzwischen äußerte, waren für mich sibyllinische Blätter. Wie ich mich an der Vorrede zu den »Georgiken« abgequält habe, erinnere<br />

ich mich noch immer gerne, der redlichen Absicht wegen, aber nicht des daraus gewonnenen Vorteils.<br />

Da mir recht gut bewußt war, daß alle meine Bildung nur praktisch sein könne, so ergriff ich die Gelegenheit, ein paar tausend Hexameter<br />

hinzuschreiben, die bei dem köstlichsten Gehalt selbst einer mangelhaften Technik gute Aufnahme und nicht vergänglichen Wert<br />

verleihen durften. Was an ihnen zu tadeln sei, werde sich, dacht’ ich, am Ende schon finden; und so wendete ich jede Stunde, die mir


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 159<br />

Als ein Vermittler zur zeitgenössischen literarischen Moderne mit ihrem Hang zur griechischen und<br />

römischen Antike könnte in Bredelins persönlichem Umfeld der von 1760 bis 1768 in Biberach / Riß als Senator<br />

und Kanzleiverwalter tätige Dichter Christoph Martin Wieland (1733-1813) fungiert haben 1259 , der in seiner<br />

Jugend ein großer Verehrer Klopstocks war und 1761 für ein Jahr die Direktion der evangelischen<br />

Komödiantengesellschaft übernahm 1260 . Es ist zwar kaum vorstellbar, dass Bredelin bereits mit neun Jahren<br />

direkten Kontakt zu Wieland gehabt haben könnte, doch dürfte ihm zu späterer Zeit Wielands Wirken nicht<br />

entgangen sein, zumal Sebastian Sailer, den Bredelin in seiner Obermarchtaler Schulzeit kennen lernte, zu<br />

Wielands Bekanntenkreis zählte 1261 .<br />

<strong>Die</strong> Hausacher Schule befand sich in der Stadtmühle. Nachdem sich Bredelin darum bemüht hatte, in der<br />

Einbacher Schule die vorgeschriebene neue Lehrart einzuführen, es dabei aber zu Problemen mit dem von ihm<br />

eingesetzten 22-jährigen Lehrer Franz Xaver Ilg kam, verfügte Bredelin 1785, dass die 60 Schüler aus Einbach<br />

künftig zu ihm in die Hausacher Schule kommen müssten 1262 . Als Reaktion auf die Kritik der Talbewohner<br />

schrieb er im Januar 1786 in seinen Reflexionen 1263 :<br />

Wenn das Schulwesen in den Tälern wieder in seinen vorigen Zustand zurückversetzt würde (als die Schüler noch nicht nach Hausach<br />

kamen), muß ich ganz unbefangen sagen, daß der Einbachische Lehrer nicht mehr als Lehrer geduldet werden könnte. Ich gab ihm die<br />

Bestätigung in seinem Lehramt nur in der Hoffnung und mit der Bedingung, daß er, als so nahe bei mir, an Sonn- und Feiertagen, das<br />

was ihm von dem ihm zustehenden Wissen noch fehlt, sich zu eigen mache und meine Ermahnungen, die ich ihm im Winter 1784/85 jede<br />

Woche bei meinen freiwilligen und unentgeltlichen Besuchen in seiner Schule in Einbach machte, Folge leisten werde. Da dieses aber<br />

nicht geschah und Ilg mein Haus nie betreten hat, müßte die Gemeinde Einbach in einem solchen Fall bald einen Lehrer von auswärts<br />

anstellen oder einem Einbacher die vorgeschriebene Lehrart mit neuen Kosten erlernen lassen. Es ist mir aber kein geeigneter Einheimischer<br />

bekannt. Daher wundert es mich sehr, daß die guten Leute im Tal über eine Sache schimpfen, die doch für sie und ihre<br />

Kinder erleichternd und nützlich ist.<br />

Nach dem Sommerkurs 1787 wurde Franz Xaver Ilg schließlich durch den aus Bollenbach stammenden Lehrer<br />

Johann Michael Wagner ersetzt.<br />

Der Hausacher Pfarrer Karl Kayser nannte Bredelin einen Meister-Lehrer und schrieb in einem Schulbericht:<br />

Wie zu Hausach werden in den fürstenbergischen Landen wenig Schulen angetroffen werden 1264 . Bredelins<br />

hervorragende Leistungen führten zu seiner Ernennung zum ersten nichtgeistlichen fürstenbergischen Schulvisitator.<br />

Seine Aufgabe bestand darin, zumindest einmal jährlich am Ende des Winterhalbjahres um die Osterzeit<br />

die Schulen genau zu untersuchen und über deren Zustand der fürstlichen Regierung einen Bericht vorzulegen;<br />

er erhielt dafür eine Tagesgebühr von 1 fl 30 kr 1265 . Über seine eigene Schule darf Bredelin selbsten<br />

referieren 1266 . <strong>Die</strong> fürstenbergische Schulordnung von 1790 schrieb vor, dass die Visitatoren gehörige Klugheit,<br />

Bescheidenheit, Achtung und Freundlichkeit gegen Beamte, Pfarrer, Ortsvorgesetzte, Schulaufseher und Lehrer<br />

beobachten und lieber alles erst auf die gelindeste Art versuchen sollen, als durch übertriebenen, unzeitigen<br />

Ernst betreiben 1267 . Nach der Prüfung verteilte der Visitator Prämien an die besten Schüler. Alle Lehrer mussten<br />

durch die von ihrem Lehrmeister und Schullehrer Georg Anton Brödelin in Hausach erhaltenen Attestate nachweisen,<br />

dass sie sich zum Lehramt vollkommen qualifiziert befinden 1268 . Wurden während der Visitation beim<br />

Unterricht eines Lehrers schwerwiegende Fehler festgestellt, erhielt dieser die Anweisung, sich bei einem benachbarten<br />

guten Schulmann in den Ferien weiterzubilden. Bredelins Notiz im Visitationsbericht von 1794 zeigt<br />

die Notwendigkeit der Lehrerfortbildung: Mit Ausnahme der Lehrer in Wolfach, Seebach und Rippoldsau<br />

machen alle orthographische Fehler und wissen oft nicht, was Hauptwörter sind 1269 . In besonders schwierigen<br />

Fällen wurden dem Lehrer vom Visitator wohl unterrichtete Subjekte als Gehilfen zugegeben, die so lange<br />

sonst übrig blieb, an eine solche schon innerhalb der Arbeit vorläufig dankbare Arbeit, baute inzwischen und möblierte fort, ohne zu<br />

denken, was weiter mit mir sich ereignen würde, ob ich es gleich gar wohl voraussehen konnte.<br />

Goethe: Campagne in Frankreich 1792, 178.887-178.889. – *Latitudinarier ‚jemand, der nicht allzu strenge Grundsätze hat, der duldsam,<br />

tolerant ist, z. B. alles, was gefällt, als ästhetisch gelten lässt’. Duden. Das Fremdwörterbuch, s. v. Latitudinarier.<br />

1258<br />

Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Hexameter. – Ein wichtiger Wegbereiter für die Rezeption der griechischen Antike in der<br />

deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts war der Archäologe und Kunstgelehrte Johann Joachim Winckelmann (1717-1768). Zur<br />

literarischen Auseinandersetzung über dessen Leben und Werk siehe Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen Päderastie, 174-231. – <strong>Die</strong> Werke<br />

der sich an der griechischen Klassik orientierenden Schriftsteller wurden im 19. Jahrhundert von den Anhängern der Romantik, die ihren<br />

Bezugspunkt im Mittelalter hat, als philologische Poesie verspottet, die mehr an Form als an Inhalt interessiert sei und die deutsche<br />

Dichtung des Mittelalters verachte, siehe beispielsweise Eichendorff: Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands, 113.599-<br />

113.601.<br />

1259<br />

Zur Wahl Wielands zum Biberacher Senator und Kanzleiverwalter am 30.4. bzw. 24.7.1760 und den Einwänden dagegen von<br />

katholischer <strong>Seite</strong> siehe <strong>Die</strong>mer: Simultaneum und Parität, 44. – Zu Wielands Rolle bei der Vermittlung der antiken Literatur siehe<br />

Derks: <strong>Die</strong> Schande der heiligen Päderastie, 232-246.<br />

1260<br />

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 577.360.<br />

1261<br />

Zwischen 1761 und 1764 gehörte Sailer zu den Gästen des Grafen Stadion in Warthausen, wo er mit Wieland und dessen Jugendliebe<br />

Sophie von La Roche (1731-1807) zusammen traf. Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Sailer, Sebastian.<br />

1262<br />

Heim: Schulversuch in der guten Stube vom Jägerhaus.<br />

1263<br />

Zitiert nach Heim: Schulversuch in der guten Stube vom Jägerhaus.<br />

1264<br />

Disch: Chronik Wolfach, 337.<br />

1265<br />

Disch: Chronik Wolfach, 338.<br />

1266<br />

Disch: Chronik Wolfach, 337.<br />

1267<br />

Disch: Chronik Wolfach, 326f.<br />

1268<br />

Barth, J.: Geschichte der fürstenbergischen Schulen, 803.<br />

1269<br />

Zitiert nach Disch: Chronik Wolfach, 327 Anmerkung *.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 160<br />

blieben, bis der Lehrer sich zur nützlichen Abhaltung der Schule gebildet, und die nothwendigen Kenntnisse<br />

erworben hatte; er musste den Gehilfen auf eigene Kosten verpflegen und ihm ein mäßiges Gehalt bezahlen 1270 .<br />

Der Dorfweber und Lehrer Volk in Bollenbach verfasste 1786 anlässlich einer Schulvisitation für den Schulvisitator<br />

und die Ortsvorgesetzten eine kurze Ansprache, die sein Schüler Lorenz Neumaier aus Bollenbach im<br />

Namen aller Schulkinder verlesen musste 1271 :<br />

Dem wohlgelehrten, uns von <strong>Seite</strong> hoher Stelle verordneten Visitator Bredelin, dem hochgelehrten Herrn<br />

Pfarrer, den ortsvorgesetzten Vögten entbieten wir, unseres besten Fürsten Kinder, den Willkommgruß. Wir<br />

schmeicheln uns zwar nicht, in allem Genugtuung zu leisten, bitten aber zum voraus um Vergebung und versprechen<br />

künftighin uns zu bessern.<br />

Um 1787 schrieb Bredelin sein bekanntestes Werk, <strong>Die</strong> Weibermühle. Ein musicalisches Nachspiel in 1. Aufzuge<br />

1272 , das in Wolfach von der von ihm wahrscheinlich gegründeten und geleiteten Commedianten-Compagnie<br />

erstmals gespielt worden sein dürfte, da in Hausach wegen der ärmlichen Verhältnisse keine Möglichkeit dazu<br />

bestand 1273 . Ein solches Nachspiel wurde im Anschluss an ein geistliches Schuldrama aufgeführt, hatte meist<br />

einen humoresken Charakter und bildete damit einen für die Zuschauer erholsamen Kontrast zur ernsten und<br />

meist tragischen Haupthandlung, zu der es nicht immer einen thematischen Bezug gab 1274 . Oft trat in dieser Form<br />

des Schauspiels, wie auch in der Weibermühle, der Hanswurst auf, eine im 18. Jahrhundert in der deutschen<br />

Literatur umstrittene Figur. 1737 hatte Johann Christoph Gottsched (1700-1766) in seinem Bestreben, das<br />

deutsche Drama zu reformieren, in einem eigens dafür geschriebenen Stück den Hanswurst förmlich von der<br />

Bühne verbannt. Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) bezeichnete 1759 im siebzehnten seiner Briefe, die<br />

neueste Literatur betreffend, diese Verbannung selbst als die größte Harlekinade, die jemals gespielt worden 1275 .<br />

Zwei Jahre später sprach sich Justus Möser (1720-1794) in seiner Schrift Harlekin, oder Vertheidigung des<br />

Groteske-Komischen für die Beibehaltung dieser Figur aus und verfasste zudem das Nachspiel <strong>Die</strong> Tugend auf<br />

der Schaubühne; oder: Harlekin’s Heirath 1276 . Schließlich schrieb selbst Goethe 1775 ein Lustspiel über den<br />

Hanswurst 1277 .<br />

Bredelin knüpft mit der Typisierung der Personengestaltung in seinem Stück an die Tradition der Fastnachtspiele<br />

an 1278 .<br />

<strong>Die</strong> Commedianten-Compagnie führte 1788 im Rathaus die vermutlich ebenfalls aus Bredelins Feder<br />

stammende Fuxen-Commedie auf 1279 , vielleicht basierend auf dem bekannten Versepos Reineke Fuchs in der<br />

Prosabearbeitung Gottscheds von 1752 1280 . Es ist anzunehmen, dass aus der Compagnie zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

die Freie Narrenzunft Wolfach hervorging, die ab 1803 deren Spieltradition und somit auch die<br />

Weibermühle übernahm.<br />

Um seine weiterhin bestehende große finanzielle Not zu lindern, richtete Bredelin 1788 eine Bittschrift an<br />

den Fürsten von Fürstenberg 1281 :<br />

Das Elend, in dem ich mich mit meiner Familie wirklich befinde, ist so groß, daß ich es in dem engen Raum<br />

dieser unterthänigen Bittschrift ganz zu beschreiben nicht im Stande bin.<br />

Er musste seinen Gläubigern seine Kleider und Hausgeräte preisgeben. Der 1786 zum Abt von Schuttern gewählte,<br />

aus Oberkirch stammende Placidus III. Bacheberle (1745-1824) 1282 , der ein guter Violonist und feiner<br />

Beurtheiler von Tonkunstsachen war 1283 , erkannte den Wert des dichtenden Schulmannes, beglich dessen<br />

Schulden in Höhe von 334 fl 46 kr (≈ 21 090,30 €) und gewährte ihm als Professor der lateinischen Sprache an<br />

der Klosterschule freie Kost und ein Gehalt von 100 fl (≈ 6300 €). Auch in Schuttern wurde, ähnlich wie in<br />

Obermarchtal, das Theaterspiel gepflegt; vom Spielrepertoire hat sich aber fast nichts erhalten 1284 . Bredelins<br />

Stiefsohn Fidel Knupfer übernahm die Hausacher Schulstelle, die er jedoch durch einen Fehltritt mit Katharina<br />

Wölfle verlor; schließlich kam er als Provisor ‚Verwalter, Verweser’ 1285 nach Zell a. H. 1286 .<br />

1270<br />

Disch: Chronik Wolfach, 327.<br />

1271<br />

Hansjakob: Ausgewählte Erzählungen IV, 121f.<br />

1272<br />

Zur Weibermühle siehe Abschnitt 5.2 Bredelins „Weibermühle“.<br />

1273<br />

Wie bescheiden die Hausacher Lebensverhältnisse damals gewesen sein müssen, zeigt sich daran, dass dort über die <strong>Fasnet</strong>zeit 1789 nur<br />

15 Köpfe masquiert herum liefen, in Wolfach hingegen 154. Disch: Chronik Wolfach, 444.<br />

1274<br />

Oberst: Alles zur größeren Ehre Gottes, 207.<br />

1275<br />

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 347.747.<br />

1276<br />

Literaturlexikon VIII, 191-193, s. v. Möser, Justus; Möser: <strong>Die</strong> Tugend auf der Schaubühne.<br />

1277<br />

Goethe: Hanswursts Hochzeit. – Zu Form und Inhalt dieses Lustspiels äußert sich Goethe im 18. Buch seiner autobiografischen Schrift<br />

Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Goethe: Aus meinem Leben, 177.558-177.562. – Vgl. hierzu auch Borchmeyer: DuMont<br />

Schnellkurs Goethe, Kapitel 3.<br />

1278<br />

Vgl. hierzu Abschnitt 1.4.4 Festspiel.<br />

1279<br />

Disch: Chronik Wolfach, 116.<br />

1280<br />

<strong>Die</strong> bekanntere Nachdichtung des Epos in Hexametern von Johann Wolfgang Goethe entstand erst 1794.<br />

1281<br />

Barth, J.: Geschichte der fürstenbergischen Schulen, 831.<br />

1282<br />

Ein Portrait von Abt Placidus III. und weitere Informationen über dessen Lebenslauf finden sich in Ruch: Placidus III.<br />

1283<br />

Böcklin von Böcklinsau: Beyträge zur Geschichte der Musik, 119. Zitiert nach Trenkle: Ueber die Musik in den ortenauischen Klöstern,<br />

173.<br />

1284<br />

Trenkle: Ueber süddeutsche geistliche Schulcomödien, 150.<br />

1285<br />

Duden. Das Fremdwörterbuch, s. v. Provisor.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 161<br />

Bereits 1789 kehrte Bredelin wegen der Auflösung der Klosterschule wieder nach Hausach zurück, wo er<br />

noch acht Jahre segensreich wirkte. 1794 übernahm er abermals das Amt des Schulvisitators zusammen mit dem<br />

Schenkenzeller Pfarrer Joseph Gratian Hoßner (1733-1815) 1287 , der in den Visitationsakten bemerkte: <strong>Die</strong><br />

Hausacher Schule gewinnt immer mehr unter der fortdauernden Anstrengung des vortrefflichen Lehrers Georg<br />

Anton Bredelin.<br />

1796 plante Bredelin, ein Buch mit dem Titel Biblische Beyspiele über die vornehmsten Gegenstände der<br />

Religionslehre, zum Gebrauche der Katecheten, Eltern, Lehrer und Kinder zu veröffentlichen, für das in der<br />

Nummer 59 der Karlsruher Zeitung ein Subskriptionsaufruf erschien 1288 . Im Bestand des ehemaligen<br />

Prämonstratenserklosters Rot an der Rot haben sich sechs gedruckte Subskriptionsangebote für das Buch erhalten<br />

1289 . Es ist nicht bekannt, ob das Buch tatsächlich erschienen ist; jedenfalls ließ sich bislang kein Exemplar<br />

nachweisen.<br />

Seinen letzten Visitationsbericht verfasste Bredelin am 31. Juli 1797, denn drei Wochen zuvor hatte ihn der<br />

katholische Rat in Biberach / Riß zum Nachfolger des flüchtig gegangenen Magisters Kasimir Böhm an der<br />

katholischen Teutschen Schule ernannt 1290 . Landvogt von Schwab schrieb am 9. November 1797 dem Fürsten:<br />

Im Anschluß folget ihr erst ihm [...] vorigen Monaths daher eingetroffenen Schulvisitationsbericht des nacher<br />

Biberach als Magister abgekommenen Hausachischen Lehrers und Schulvisitators Bredelin 1291 . Nachdem<br />

Bredelin die Stadt Hausach gebeten hatte, die Nachfolgefrage seiner Stieftochter Maria Anna Knupfer zu überlassen,<br />

was ihm wegen der Verdienste um die Stadt bewilligt wurde, übernahm sein zweiter Stiefsohn Joseph<br />

Knupfer die vakante Präzeptorenstelle, die er 40 Jahre lang ausübte 1292 .<br />

Durch seine außergewöhnlichen Leistungen in seiner Hausacher Zeit wurde Bredelin selbst zu einer<br />

literarischen Figur. Der Haslacher Pfarrer und Heimatschriftsteller Heinrich Hansjakob (1837-1916) beschreibt<br />

im 9. Kapitel seiner überwiegend auf historischen Quellen und Anekdoten basierenden Erzählung „Madonna“<br />

das Schulwesen in Haslach und Umgebung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und bezeichnet darin<br />

Bredelin als den König der Schulmeister, der großen Wert auf gutes Deutsch legte und gegen den Dialekt zu<br />

Felde zog 1293 .<br />

5.1.3. Als Magister und Musikdirektor in Biberach / Riß<br />

In Bredelins Heimatstadt Biberach / Riß, die Ende des 18. Jahrhunderts etwa 4600 Einwohner hatte und noch<br />

stark unter den Folgen der französischen Revolutionskriege litt 1294 , gab es drei deutsche Schulen, von denen zwei<br />

zum Unterricht der Knaben und eine für die Mädchen bestimmt waren 1295 . Der Hochlöbliche katholische<br />

Magistrat hiesiger freien Reichsstadt verabschiedete 1790 eine detaillierte, aus 20 Paragraphen bestehende Allgemeine<br />

Verordnung über die biberachischen deutschen katholischen Schulen 1296 , die die Schulverordnungen<br />

von 1688 und 1743 verbesserte und vermehrte, um einen nach gegenwärtiger Zeit erforderlichen systematischen<br />

Unterricht in der Normal-Lehre 1297 und andern nützlichen Wissenschaften einzuführen.<br />

<strong>Die</strong> Verordnung legt fest, dass der Lehrer der untern Knabenschule, der das Prädikat eines Präzeptors erhält,<br />

seinen Schülern nach dem hiesigen Lehrbuche die Grundlagen des Lesens, Schreibens und Rechnens, der Sitten-<br />

und christlichen Lehre sowie das Verfassen von kleinen Aufsätzen für das tägliche Leben (Briefe, Rechnungen<br />

usw.) zu unterrichten habe. Der Lehrer der obern Knabenschule 1298 , dem das Prädikat Magister zukömmt, setzt<br />

die Arbeit des Präzeptors aus den ersten drei Klassen fort und lehrt jene Schüler, die zu einigen Studien Lust und<br />

Fähigkeit haben, die ersten Grundregeln der lateinischen Sprache im Deklinieren, Konjungieren und so weiters,<br />

damit diese, falls sie in die lateinischen Schulen der Herren Professoren aufsteigen sollten 1299 , in der sogenannten<br />

Rudiment 1300 ohne Schwierigkeit fortkommen können. Den acht die obere Knabenschule besuchenden<br />

1286 Barth, J.: Geschichte der fürstenbergischen Schulen, 831.<br />

1287 Hund, A.: Das Gymnasium Donaueschingen, 199; Disch: Chronik Wolfach, 337.<br />

1288 Bischoff: Chronik Hausach, 198b.<br />

1289 Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Signatur: B 487 Bü 29.<br />

1290 Aus dem Leben des Musikdirektors Georg Anton Bredelin.<br />

1291 In den Visitationsakten im F. F. Archiv.<br />

1292 Bischoff: Chronik Hausach, 198c.<br />

1293 Hansjakob: Ausgewählte Erzählungen IV, 121-124. – Der Wortlaut des Textes findet sich im Abschnitt 5.3.6.<br />

1294 Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 44.<br />

1295 Zur Biberacher Schulgeschichte siehe <strong>Die</strong>mer: ... ein gewißes Etwas. – Ausführliche Verzeichnisse über die in der Stadt vorhandenen<br />

Schulen und die Besetzung ihrer Ämter bieten die gedruckten offiziellen Staats- und Adresshandbücher aus jener Zeit. Auch Bredelin<br />

wird darin mehrfach als katholischer Magister und Musikdirektor der Teutschen Schule erwähnt. Staats- und Addresshandbuch des<br />

Schwäbischen Reichskraises 1799, 173; Königlich-Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch 1813, 466.<br />

1296 <strong>Die</strong> Verordnung befindet sich im Katholischen Pfarrarchiv St. Martin Biberach / Riß, Neuere Akten Büschel 26; Nachdruck in <strong>Die</strong>mer:<br />

Allgemeine Verordnung, 80-82.<br />

1297 Es handelt sich dabei um die auch im Fürstentum Fürstenberg eingeführte Schulreform nach österreichischem Vorbild, siehe Abschnitt<br />

5.1.2.<br />

1298 <strong>Die</strong> obere Knabenschule befand sich in einem vor 1531 erbauten Gebäude in der Waaghausstraße 13, in dem später die Mädchen- bzw.<br />

Gewerbeschule untergebracht wurde. Preiser: Biberacher Bauchronik, 81-83.<br />

1299 1775 gründete der katholische Magistrat eine höhere lateinische Lehranstalt, die katholische Professoratsschule, und brachte sie im<br />

Ochsenhausener Hof in der Gymnasiumsstraße 28 unter, der ursprünglich dem Kloster Ochsenhausen gehörte. Preiser: Biberacher Bauchronik,<br />

84-86 (mit Abbildungen des Gebäudes in ursprünglichem und heutigem Aussehen).<br />

1300 Zur Klasseneinteilung in Lateinschulen siehe Abschnitt 5.1.1.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 162<br />

Alumnen (Sängerknaben) aus dem im 17. Jahrhundert gegründeten Biberacher Alumnat im ehemaligen Heiliggeistspital,<br />

das besonderen Wert auf eine gute musikalische Ausbildung legte 1301 , gibt der Magister zudem für<br />

das gewöhnliche Quartal-Geld Anweisung in der Choral-Musik und, falls von einem Schüler gewünscht, auch<br />

Figural-Musik 1302 . <strong>Die</strong> Alumnen sollen jeden Morgen beim Amte in der Pfarrkirche unter der Leitung des<br />

Magisters das Choral absingen.<br />

<strong>Die</strong> Gesamtzahl der Schüler einschließlich der Alumnen darf 18 nicht überschreiten. Außerdem dürfen aus<br />

der unteren Schule des Präzeptors nur jene Schüler in die obere Schule wechseln, die von einer löblichen Schuldeputation<br />

die Erlaubnis dazu erhalten haben. Ein guter Alumne kann ausnahmsweise zu den Herren<br />

Professoren gelassen werden, muss jedoch dem Magister, solange er den Alumnats-Genuß beziehet, das gewöhnliche<br />

Schulgeld bezahlen.<br />

Der Lehrer der Mägdchenschule hat seine Schülerinnen nach oberwähntem hiesigen Lehrbuch wie der<br />

Präzeptor die Knaben vollkommen zu unterrichten. <strong>Die</strong> tägliche Unterricht dauerte für die Mägdchen und untere<br />

Knabenschule morgens von 8 bis 11 Uhr und nachmittags von 12:30 Uhr bis 15:30 Uhr, für die obere Knabenschule<br />

vormittags nach geendigtem Pfarrgottesdienste bis 11 Uhr, nachmittags im Winter von 13 bis 15 Uhr, im<br />

Sommer bis 15:30 Uhr. Der Musikunterricht des Magisters für die Alumnen fand jeweils von 12 bis 13 Uhr statt.<br />

Der Mittwoch- und Freitagnachmittag waren frei; falls es jedoch in einer Woche ein oder zwei Feiertage gab, so<br />

fiel der jeweils nächstgelegene freie Nachmittag aus. Ausgenommen von dieser Regelung waren die Tage der<br />

Fasching, Jahrmärkte, Kirchweihe, Schützen-Feier und die Vorabende heiliger Tagen, auch der erste<br />

Aderlaßtag eines Lehrers. <strong>Die</strong> jährliche Haupt- oder Herbst-Vakanz dauerte von Jakobi (25.7.) bis Maria<br />

Himmelfahrt (15.8.). Der Besuch der Gottesdienste durch die Schüler war in acht Paragraphen genauestens geregelt<br />

1303 . Der Mägdchenschulmeister hatte in der Kirche alle deutschen, der Magister mit seinen Alumnen alle<br />

lateinischen Gesänge und die Figuralmusik zu besorgen und anzufangen. Den Lehrern wird aufgetragen, an<br />

denen Feierabenden, Sonn- und Festtagen bei allen gottesdienstlichen Handlungen als Vespern, Metten, Ämtern,<br />

Prozessionen, Rorate, Salve, Miserere etc. zu erscheinen, mit denen Herren Geistlichen zu betten, singen und<br />

sowohl auf dem obern als untern Chor die Figuralmusik nach des Magisters Anweisung, als welcher jederzeit<br />

das Direktorium herbei führet, mitzumachen. In Abwesenheit des Magisters führte jeweils der Mägdchenlehrer<br />

das Direktorium beim Choral, der Präzeptor aber beim Figural; in allen anderen Angelegenheiten vertrat der<br />

Mägdchenlehrer den Magister. War auch der Mägdchenlehrer verhindert, trat der Präzeptor an seine Stelle. Im<br />

Krankheitsfalle erhielten die Vertreter des Magisters jeweils die Hälfte seiner Einkünfte; fehlte der Magister aus<br />

anderen Gründen, bekamen sie den gesamten Betrag.<br />

Tabelle 12: Einnahmen des Magisters an Geldmitteln in Biberach / Riß ab 1790<br />

Herkunft Frequenz Betrag pro Jahr<br />

Stadtrechnereiamtung wöchentlich 0 fl 36 kr 31 fl 12 kr<br />

Stadtrechnereiamtung vierteljährlich<br />

1 fl 18 kr 5 fl 12 kr<br />

Hospitalamtung vierteljährlich<br />

6 fl 30 kr 26 fl 00 kr<br />

Pfarrpflegamtung vierteljähr- 14 fl 15 57 fl 00 kr<br />

lich<br />

kr<br />

Kapellpflegamtung vierteljährlich<br />

8 fl 15 kr 33 fl 00 kr<br />

Akzidenzien Scholarchatskasse 1304 - - 10 fl 00 kr<br />

von den acht Alumnen vierteljährlich<br />

1 fl 12 kr 38 fl 24 kr<br />

von jedem Schüler (maximal 10) vierteljähr- 0 fl 15 kr max. 2 fl 30<br />

lich<br />

kr<br />

von 5 großen Jahrtagen - 0 fl 30 kr 2 fl 30 kr<br />

von 17 andern Jahrtagen - 0 fl 20 kr 5 fl 40 kr<br />

von 15 Familien-Beneficiat-Jahrtagen - 0 fl 15 kr 3 fl 45 kr<br />

von jedem Quatemberjahrtag 1305 vierteljährlich<br />

0 fl 24 kr 1 fl 36 kr<br />

von jeder Leiche - 0 fl 25 kr -<br />

von jeder Hochzeit - 0 fl 25 kr -<br />

Summe (ohne Leichen und Hochzeiten)<br />

- - 216 fl 49 kr<br />

<strong>Die</strong> Bezahlung des Magisters setzte sich aus einem festen Grundgehalt sowie Naturalien und Akzidenzien 1306<br />

zusammen. Der Jahresverdienst von 216 fl 49 kr entspricht etwa 13 659,45 €. Dazu kamen Einnahmen aus dem<br />

1301 Zur Geschichte des Biberacher Alumnats siehe Schlegel: Justinus Heinrich Knecht, 9-11.<br />

1302 Choral-Musik bezeichnet den einstimmigen unbegleiteten Choralgesang der römischen Kirche (Gregorianischer Choral), Figural-Musik<br />

die mehrstimmige, mit kontrapunktischen Figuren verzierte Musik. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 830, s. v. Choral, 1301, s. v.<br />

Figuralmusik.<br />

1303 Einzelheiten dazu siehe im Abschnitt 5.3.2 Allgemeine Verordnung über die biberachischen deutschen katholischen Schulen, 1790.<br />

1304 Scholarchat ‚Bezeichnung der Städtischen Schulbehörde’.<br />

1305 Quatember ‚erster Tag eines Vierteljahres; jeweils der Mittwoch, Freitag und Samstag von vier Wochen im Jahr, die ungefähr mit dem<br />

Beginn der vier Jahreszeiten zusammenfallen’. Meyerscout 2003, s. v. Quatember.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 163<br />

Extragottesdienst, exequiae solennes ‚feierlichen Leichenbegräbnissen’ 1307 , Monatstabellengeld usw. sowie<br />

andere Accidentien aus Privatunterricht usw. Das Schützen- und Maiengeld zu fordern war dem Magister<br />

verboten.<br />

Tabelle 13: Einnahmen des Magisters an Naturalien in Biberach / Riß ab 1790<br />

Herkunft Art Menge heutiges Maß 1308<br />

Spitalamtung Kernen 1309 11 Viertel 9 Vierteil ≈ 1320 l<br />

Spitalamtung Roggen 11 Viertel 9 Vierteil ≈ 1320 l<br />

Pfarrpflege Roggen 24 Viertel ≈ 2880 l<br />

Kapellpflege Roggen 16 Viertel ≈ 1920 l<br />

Stadtrechnereiamtung Brennholz 10 Klafter<br />

Spitalamtung Brennholz 5 1/3 Klafter<br />

von einer Spitalleiche - 1 Maß Wein, 1 Laib Brot 1,905 l<br />

bei der Schulvisitation - 2 Maß Wein, 1 Laib Weißbrot 3,81 l<br />

an der Spitalkirchweih - 1 Maß Wein 1,905 l<br />

in der Karwoche aus dem Spital - 8 Maß Wein 15,24 l<br />

von der Corporis Christi-<br />

Woche 1310<br />

- 2 Maß Wein, 2 Brot 3,81 l<br />

- jährlich 1 bis 2 Fische -<br />

Der Senator Joseph Ignaz Scherrich von Aurdorf und der katholische Stadtpfarrer Gabriel Josef Braun von<br />

Lengenfeld wurden 1801 vom Katholischen Rat zu Deputierten für das deutsche Schulwesen ernannt. Scherrich<br />

verfasste in dieser Funktion am 3. August 1801 einen Bericht mit dem Titel Monita 1311 über die Schulen, in dem<br />

er mit den drei Lehrern der katholischen deutschen Schule – Magister Georg Anton Bredelin, Präzeptor Karl<br />

Josef Eichele und Schulmeister Josef Fidel Bayrhof – hart ins Gericht geht. Er bemängelt vor allem den puren<br />

Mechanismus, mit dem der Stoff aus den Lehrbüchern den Schülern vermittelt werde, die, von wenigen Ausnahmen<br />

abgesehen, durchweg schlechte Leistungen erbrächten. Bei Bredelin hebt er hervor, dass dieser ein geschickter<br />

und die Lehrstunden sowohl als Gegenstände genau beobachtender Schulmann sei, aber auch gleichgültig<br />

gegenüber den Leistungen seiner Schüler.<br />

Bredelin widmete sich in seiner freien Zeit weiterhin dem Dichten und Komponieren und engagierte sich in<br />

der katholischen Komödiantengesellschaft 1312 . In Biberach / Riß lässt sich seit dem 16. Jahrhundert eine Theaterspieltradition<br />

nachweisen 1313 . Von 1655 bis 1858 fanden alle Aufführungen in der alten Schlachtmetzig in der<br />

Viehmarktstraße 8 statt 1314 , deren Innenansicht die erste Biberacher Theatertafel aus dem Jahre 1749 zeigt 1315 .<br />

Am 8. Oktober 1686 gründeten 18 Bürger 1316 die Bürgerliche Komödiantengesellschaft beider Konfessionen mit<br />

zunftartigen Einrichtungen, in der aber zu Beginn des 18. Jahrhunderts keine katholischen Bürger mehr vertreten<br />

waren. 1725 gründete sich eine eigene katholische Gesellschaft. Der Hochedle und Hochweise Catholische<br />

Magistrat erkaufte 1732 von der evangelischen Gesellschaft für 200 Gulden und 10 Gulden zu einem gemeinsamen<br />

Vergleichstrunk für die Katholiken das Recht, ebenfalls auf der Schlachtmetzig spielen zu dürfen 1317 .<br />

Zugleich wurde bestimmt, dass künftighin die Evangelischen die Weihnachten bis auf die Hl. Drei König Tage<br />

inclusive, item von Lichtmeß bis 8 Tag nach der Faßnacht, die Catholischen aber sodann in der Fasten und<br />

wiederum in der Vancanzen, und also zwar eine jede Compagnie des Jahrs 2 Stück, jedes zu 2 oder 3 Malen, zu<br />

spielen haben 1318 . Am 7. September 1733 legte die katholische Gesellschaft eine neue Ordnung für sich fest 1319 .<br />

Ihr Spielplan mit zwei Aufführungen pro Jahr ist nur sehr lückenhaft überliefert, weil die meisten Akten verloren<br />

gingen. Im Klosterarchiv Obermarchtal haben sich aber zumindest 15 Textdrucke aus der Zeit zwischen 1751<br />

und 1767 erhalten, die belegen, dass es zwischen dem Kloster und der Gesellschaft eine enge personelle Zusammenarbeit<br />

gab 1320 .<br />

Das Wirken der evangelischen Gesellschaft ist wesentlich besser dokumentiert; sie zeigte zunächst häufig<br />

Schauspiele mit biblischen und historischen Themen, später auch Dramen bekannter Dichter, beispielsweise<br />

1306 Akzidenz ‚Nebeneinnahme aus unregelmäßigen Gelegenheitsaufträgen’. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 328, s. v. Akzidenz.<br />

1307 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 1213, s. v. Exequien, 3418, s. v. solenn.<br />

1308 Umrechnung der Maße nach Disch: Chronik Wolfach, 492-494.<br />

1309 Kernen < mhd. kërne ‚Kern von Getreide, besonders von Dinkel und Spelz’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 106, s. v. kërne.<br />

1310<br />

Corporis Christi ‚Fronleichnam’.<br />

1311<br />

Monitum, Plural Monita ‚Mahnung, Rüge, Beanstandung’. Duden. Das Fremdwörterbuch, s. v. Monitum. – Der genaue Wortlaut des<br />

Berichts findet sich im Abschnitt 5.3.3 Bericht über die katholische deutsche Schule in Biberach / Riß, 1801.<br />

1312<br />

Zur Biberacher Theatergeschichte siehe Ofterdinger: Geschichte des Theaters in Biberach; <strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in<br />

Biberach.<br />

1313<br />

<strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in Biberach, 9-11.<br />

1314<br />

Zur Baugeschichte der Schlachtmetzig siehe Preiser: Biberacher Bauchronik, 70-72. – Abbildung in Schlegel: Justinus Heinrich Knecht,<br />

15.<br />

1315 Insgesamt gibt es drei Biberacher Theatertafeln, siehe Hoffmann, H.: Städtische Sammlungen, 37f. – Auf Wunsch des badischen Oberamtes<br />

wurden 1804 die beiden Komödiantengesellschaften zusammengelegt. Ofterdinger: Geschichte des Theaters in Biberach, 234.<br />

1316 <strong>Die</strong> Gründungsmitglieder sind namentlich verzeichnet in <strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in Biberach, 12 Anmerkung 9.<br />

1317 <strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in Biberach, 15.<br />

1318 <strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in Biberach, 15.<br />

1319 <strong>Die</strong>se neue Ordnung ist erhalten geblieben. <strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in Biberach, 15.<br />

1320 Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 164<br />

1761 unter der Leitung von Christoph Martin Wieland erstmals in Deutschland ein Werk Shakespeares in<br />

deutscher Übersetzung 1321 . Allerdings geriet sie in große finanzielle Schwierigkeiten; um deren Auflösung zu<br />

verhindern, erklärte sich 1762 das katholische Komödiendirektorium dazu bereit, die Schuld auszulösen, insofern<br />

man die Lade, Schlüssel etc. hiergegen zustellen werde 1322 . Zur Verschönerung des Theaters veranstalteten<br />

beide Gesellschaften im Jahre 1800 eine Kollekte 1323 .<br />

<strong>Die</strong> Namen und Wappen von elf Mitgliedern der katholischen Gesellschaft, darunter auch Bredelin als 2.<br />

Vorsteher, sind auf der 1800 entstandenen Biberacher Theatertafel <strong>Die</strong> Tragische und die Komische Muse zu<br />

sehen, die vermutlich von Joseph Anton Neher (1776-1832) gemalt wurde 1324 . Als Direktor amtierte damals der<br />

Senator und Oberbaumeister Cloos. Unterhalb der beiden Musen ist der womöglich von Bredelin stammende<br />

Sinnspruch zu lesen:<br />

Der wahre Weise schenkt der edeln Schauspielkunst<br />

In jeglichem Gewand von Herzen seine Gunst<br />

Und der Thaliens Scherz nach seiner Nase mißt,<br />

Der zeigt, sagt Cicero, daß Er getroffen ist.<br />

Am 16. und 23. Mai 1802 führten unter der Leitung des evangelischen Stadtammans von Heider beide<br />

Komödiantengesellschaften gemeinsam das von Bredelin komponierte dreiaktige Singspiel <strong>Die</strong> Wilden auf 1325 .<br />

Der Theaterzettel dieser Vorstellung nennt als Verfasser des Librettos einen Herrn Schmieder. Dabei handelt es<br />

sich um Dr. Heinrich Gottlieb Schmieder (1763-1828) 1326 , der seit 1788 als Theaterdichter in Mainz lebte, nach<br />

Aufenthalten in Mannheim und Stuttgart von 1795 bis 1798 als Regisseur und Direktor am Nationaltheater in<br />

Altona tätig war, nach einigen geschäftlichen Misserfolgen von 1804 bis 1805 als Übersetzer und Restaurateur<br />

am Deutschen Theater in St. Petersburg wirkte und danach nur noch als Romancier hervortrat. Er veröffentlichte<br />

eine große Anzahl von Theaterstücken und Romanen und übersetzte mehrere Opern aus dem Französischen ins<br />

Deutsche. Schmieders 1791 in Frankfurt / Main im Druck erschienenes Libretto <strong>Die</strong> Wilden. Singspiel aus dem<br />

Französischen erntete in der Literaturzeitschrift Allgemeine Deutsche Bibliothek eine vernichtende Kritik:<br />

Eine höchst mittelmäßige Verdeutschung einer äusserst dürftigen französischen Operette. <strong>Die</strong> eingemischten<br />

Verse, besonders die komischseynsollenden, sind weniger noch als mittelmäßig, sind elend 1327 .<br />

Der Text geht zurück auf die am 3. Mai 1787 an der Comédie Italienne 1328 in der Rue Favart in Paris aufgeführte,<br />

sehr erfolgreiche Oper Azémia ou Les Sauvages 1329 , eine comédie comique mêlée d’ariettes, die der seinerzeit<br />

beliebte französische Komponist Nicolas Dalayrac (d’Alayrac, 1753-1809) 1330 auf einen Text des mit ihm befreundeten<br />

Schriftstellers Auguste Etienne Xavier Poisson La Chabeaussière (1752-1820) 1331 komponierte. (<strong>Die</strong><br />

Erstfassung wurde unter dem Titel Azémia ou Le nouveau Robinson am 17. Oktober 1786 in Fontainebleau uraufgeführt<br />

1332 .) Das Donaueschinger Hoftheater spielte 1795 diese Oper in Schmieders deutscher Übersetzung<br />

1333 ; dies lässt vermuten, dass Bredelin, zu jener Zeit noch als fürstenbergischer Schulvisitator in Hausach<br />

1321<br />

Zwischen 1731 und 1804 sind für jedes Jahr ein bis zwei Stücke bekannt, die von der evangelischen Gesellschaft aufgeführt wurden.<br />

Verzeichnis der Stücke in Ofterdinger: Geschichte des Theaters in Biberach.<br />

1322<br />

<strong>Die</strong>mer: Zur Geschichte des Theaters in Biberach, 15; Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft,<br />

Heft 1, 48. – Auf Drängen des neuen badischen Oberamtes kam es 1804 zur Vereinigung der beiden Gesellschaften; Kriegskassier von<br />

Zell wurde zum neuen Direktor ernannt. Ofterdinger: Geschichte des Theaters in Biberach, 234.<br />

1323<br />

Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft, Heft 1, 48.<br />

1324<br />

Abbildung in Johner: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft, Heft 2, 45.<br />

1325<br />

Ofterdinger: Geschichte des Theaters in Biberach, 234. (Auf <strong>Seite</strong> 231 wird hier der Textdichter Schneider genannt.)<br />

1326<br />

ADB XXXII, 29-30, s. v. Schmieder, Heinrich; Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 6289, s. v. Schmieder, Heinrich Gottlieb;<br />

Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 43.<br />

1327<br />

Rezension von <strong>Die</strong> Wilden, 102.<br />

1328<br />

<strong>Die</strong> Comédie Italienne nannte sich später Théâtre de la Rue Favart und schließlich Opéra Comique. Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon,<br />

7691.<br />

1329<br />

<strong>Die</strong> gedruckte Partitur erschien in Paris zwischen 1787 und 1795. d’Alayrac: Azémia.<br />

1330 2<br />

Einige Nachrichten von dem Leben Dalayrac’s; MGG II, 1859-1869, s. v. Dalayrac (d’Alayrac), Nicolas; MGG ( Finscher) V, 274-280,<br />

s. v. Dalayrac, Nicolas-Marie; Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 3017, s. v. Dalayrac (d’Alayrac), Nicolas. – Dalayrac<br />

schrieb innerhalb von 28 Jahren 56 Opern. Vollständiges Verzeichnis in: Einige Nachrichten von dem Leben Dalayrac’s, 222-227.<br />

1331<br />

Grand Larousse VI, s. v. La Chabeaussière, Ange Etienne Xavier Poisson.<br />

1332 2<br />

MGG ( Finscher) V, 276. – <strong>Die</strong> Oper blieb bis 1828 auf dem Pariser Spielplan. Weitere Aufführungen: Liège 1789; Brüssel 1795; Köln<br />

1796/97; Hamburg 1797; Moskau 1810; New York 1827; in Schmieders deutscher Übersetzung: Mainz 1789; Hamburg 1789; Berlin<br />

1790; München 1791; Köln 1791; Wien 1795; Budapest 1797; Wien 1805; Petersburg 1808. Seeger: Das große Lexikon der Oper, 53, s.<br />

v. Azémia ou Le nouveau Robinson.<br />

1333<br />

d’Alayrac: <strong>Die</strong> Wilden; Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 54. – Der für diese Aufführung benutzte gedruckte<br />

Klavierauszug der Oper aus der F. F. Hofbibliothek Donaueschingen befindet sich heute in der BLB Karlsruhe, Mus. Druck.<br />

3079, 773. Katalog der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek III, 572. – Am 6.1.1796 wurden in Donaueschingen die Stücke <strong>Die</strong><br />

eheliche Probe und <strong>Die</strong> beiden Savoyarden, Singspiel in einem Aufzug aus dem Französischen von Schmieder mit der Musik von<br />

Dalayrac gegeben. Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 54. – Ein Beleg für die große Beliebtheit von<br />

Dalayracs Opern ist, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts selbst in dem kleinen Ort Gutenzell mit seinen damals gut 1200 Einwohnern<br />

die Ouverture zu den beiden Savoyarden gespielt wurde. Günther: Ad Chorum Bonacellensem, 469, 477 Anmerkung 68. – <strong>Die</strong><br />

in Günther: Lump oder Bettler, 180f., scharf kritisierte geistliche Parodierung weltlicher Vokalmusik in den oberschwäbischen Klöstern<br />

war in der Barockmusik ein alltäglicher Vorgang. Berühmtestes Beispiel ist Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, dessen Arien


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 165<br />

tätig, diese Aufführung besuchte und dabei eine Ausgabe von Schmieders Text erwarb, den er dann sieben Jahre<br />

später selbst vertonte.<br />

In seiner Funktion als katholischer Musikdirektor war Bredelin 1802 zusammen mit dem evangelischen<br />

Musikdirektor und Komponisten Justin Heinrich Knecht (1752-1817) 1334 an zwei Aufführungen des zwischen<br />

1796 und 1798 entstandenen Oratoriums <strong>Die</strong> Schöpfung von Joseph Haydn (1732-1809) beteiligt 1335 . <strong>Die</strong><br />

Konzerte wurden von dem Bürger, Säkler, Chor u. Stadtmusikus Johann Maximilian Kick (1746-1812)<br />

organisiert, der seit 1783 eine Musicalien und Instrumenten Handlung 1336 betrieb und zusammen mit dem Schullehrer<br />

J. Bopp zum Zwecke der Kirchen-, Turm- und Tanzmusik eine kleine Instrumentalvereinigung gegründet<br />

hatte, die Zenken und Possaunen spielte 1337 . Ins Rechnungsbuch der evangelischen Pfarrgemeinde trug Kick<br />

unter der Überschrift Vorgänge und große Verhandlungen machen Vorsichtig, das man solche durch Thatsachen<br />

beweißen kan ein ausführliches Protokoll über die Vorgeschichte dieser Aufführungen ein 1338 . Am 6. August<br />

1802 weilte Kick in Musikalischen Geschäften im Kloster Ochsenhausen. Dort fragten ihn die Herren Patres<br />

Anselm, Gerard, Philipp und andere, warum Haydns Schöpfung nicht in Biberach / Riß aufgeführt würde. Er<br />

antwortete, dass es keinen Grund dafür gäbe, außer dass der rest, den die Ravenspurger bekommen, den Musikdirektor<br />

Knecht abschrecken könnte. Es ist nicht ganz klar, was damit gemeint ist, aber vermutlich gab es bei<br />

einer Aufführung der Schöpfung in Ravensburg einen größeren Verlust, denn die Herren Patres erwiderten, dass<br />

bei Biberach der Fall nicht so eintretten könne, da die Klostermusiker aus Ochsenhausen, Marchtal und<br />

Schussenried unentgeltlich mitwirken würden. Kick gab zu bedenken, dass es nicht genügend Sänger und<br />

Sängerinnen gäbe in Biberach, doch wurde ihm versichert, dass dieses Problem mit Hilfe der drei Abteyen gelöst<br />

werden könne. Kick bekam nun den Auftrag, mit Knecht zu reden, damit dieser das Directorium übernehme. <strong>Die</strong><br />

erforderlichen Kosten könnten die Biberacher Musikanten gemeinsam tragen. Kick versprach den Herren alles,<br />

was ihm möglich wäre, zu tun. Auf dem Rückweg musste er seinen siebenjährigen Sohn Jacob Friedrich (1795-<br />

1882) 1339 , der ihn begleitete, abwexlend tragen, da dieser sich wund geloffen hatte.<br />

Am 10. August, einem <strong>Die</strong>nstag, traf sich Kick abends im Keller des Schwanenwirts in Gegenwart des Hrn<br />

Apoteckers Stechers und noch andrer honetten Bürgers mit Knecht und trug ihm den Vorschlag der Ochsenhausener<br />

Mönche vor. Knecht antwortete, dass er zwar dirigieren wolle, aber sich sonst wegen seiner Beschäftigung<br />

um nichts kümmern könne; die Herren in den Klöstern hätten mehr Zeit dafür. Kick gab sich mit<br />

dieser Zusage zufrieden und hoffte, dass sich unter der hießigen Zahl Musiker gewiss einige fänden, mit denen er<br />

den Kostenaufwand bestreiten könne. Johann Jakob Braun stand sogleich auf und bot sich an, mit ihm Gewinn<br />

und Verlust zu teilen. Anderntags schrieb Kick diese Nachricht sogleich nach Ochsenhausen und nach Ravensburg<br />

an den Registrator Steub, von dem er sich die Partitur zur Schöpfung auslieh.<br />

Kick unterhielt sich am darauffolgenden Sonntagmorgen (15. August) mit Hr Cantor, dem Bruder Justin<br />

Heinrich Knechts. <strong>Die</strong>ser verlangte, die Kosten zu wissen, die Kick aufsezen sollte, und an was man sich anschließen<br />

könte. Kick gab zur Antwort, dass ihm wie jedem anderen die sich ergebenden Kosten unbekannt<br />

seien; seine Absicht bestünde nur darin, die Schöpfung aufzuführen, die nicht nur hießiger Stadt und denen<br />

hießigen Musiker Ehre, sondern der Stadt selbst durch den zufluß der frembden auch Nutzen brächte. Wenn alle<br />

Musiker beisammen seien, so Kick, könne man einen Überschlag machen und es so gut wie möglich berechnen.<br />

Nachmittags ließ Kick sowohl die evangelischen als auch die katholischen Musikanten Hr Magister Bredelin,<br />

Fischer, Hr Körner, Thurner 1340 Pflug, Michael Bopp, SchulLehrer Bopp, Abdias Bopp, Jacob Kick 1341 und<br />

Lerch junior zu sich kommen. Hr Cantor Knecht erschien jedoch nicht. Kick machte ihnen das an ihn begehrte<br />

ansinnen bekannt, sagte ihnen ferner, dass Hr Musik D. Knecht das Directorium übernommen habe, und bat<br />

dieselben, sich an ihn und den Säckler Braun anzuschließen. <strong>Die</strong> Mitwirkung versprachen alle, auf Gewinn und<br />

Verlust wollten sie sich aber nicht anschließen. Alle gratulierten den beiden Organisatoren Kick und Braun zu<br />

und Ensemblesätze überwiegend auf weltlichen Kantaten Bachs beruhen. Erst durch die preußisch-protestantische Musikwissenschaft<br />

des 19. Jahrhunderts geriet diese musikalische Bearbeitungstechnik in Misskredit.<br />

1334<br />

Zu Knechts Leben und Werk und seine Beziehung zu Haydn siehe Schlegel: Justinus Heinrich Knecht; Ladenburger: Zum Verhältnis<br />

Joseph Haydns zu Wieland und Knecht, 20-23.<br />

1335<br />

<strong>Die</strong> ersten Aufführungen der Schöpfung fanden vor eingeschränkter Öffentlichkeit am 30.4., 7. und 10.5.1798 sowie am 2. und 4.3.1799<br />

im Wiener Palais Schwarzenberg statt. <strong>Die</strong> erste öffentliche Darbietung folgte am 19.3.1799 im Wiener Burgtheater. Günther: Singt dem<br />

Herrn alle Stimmen, 43. – Christoph Martin Wieland schrieb 1800 ein Gedicht auf Haydn, nachdem er dessen Schöpfung gehört hatte.<br />

Haydn bemühte sich in der Folge darum, dass Wieland ihm einen Oratorientext über das Jüngste Gericht schriebe, hatte aber keinen<br />

Erfolg. Ladenburger: Zum Verhältnis Joseph Haydns zu Wieland und Knecht, 23f.<br />

1336<br />

Das Aushängeschild der Firma von 1783, gemalt von Johann Martin Klauflügel, befindet sich heute im Museum Biberach / Riß. Abbildung<br />

in <strong>Die</strong>mer: Simultaneum und Parität, 45.<br />

1337<br />

Zenken = Zinken. Schlegel: Türmer, Stadtpfeifer, Ratsmusiker, 89.<br />

1338<br />

Rittau: Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht, 88-90. – Der genaue Wortlaut findet sich im Abschnitt 5.3.4 Protokoll von Johann<br />

Maximilian Kick über die Aufführung von Josph Haydns Schöpfung, 1802. – Weitere Quellen zur Aufführung der Schöpfung sind die<br />

Gemeinderatsprotokolle im Stadtarchiv Biberach / Riß vom 20. und 27.8.1802, <strong>Seite</strong>n 567f. und 601, die nicht eingesehen werden<br />

konnten; sie werden erwähnt in Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 216 Anmerkung 68.<br />

1339<br />

Jakob Friedrich Kick wurde später Schüler Knechts und nach dessen Tod von 1817 bis 1876 Musikdirektor in Biberach / Riß. Rittau:<br />

Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht, 90 Anmerkung 1.<br />

1340<br />

Thurner ‚Türmer, Turmwächter’. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 234, s. v. turner, türner.<br />

1341<br />

Vermutlich handelt es sich dabei nicht um den erst siebenjährigen Sohn von Maximilian Kick, sondern um den später nochmals erwähnten<br />

Bortenmacher Kick. – Bortenmacher ‚Hersteller von textilen Besatzartikeln (Borte, Schnur, Quasten)’. Adelung: Grammatischkritisches<br />

Wörterbuch III, 811, s. v. Posamentirer.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 166<br />

ihrem Vorhaben. Hr Magister Bredelin erklärte sich unentgeldlich zur Information der Singstimmen bereit, wenn<br />

er helfen könnte, und die Musik, also das Notenmaterial, bei der Hand wäre, die Kick aber erst noch aus Ravensburg<br />

erwartete.<br />

Sonntagabends gegen 4 oder 5 Uhr ging jedoch schon ein anderer Wind, den der Cantor Knecht auf Befehl<br />

seines Bruders Justin Heinrich blasen muste, wie Kick schreibt. Der Wind sei zwar nicht stark gewesen, denn Hr<br />

Cantor kränkelt schon lange an der Lunge, aber desto beißender: Hr Bucher (Organist), Fischer und<br />

SchulLehrer Bopp fragten im Wirthshauß im Mond den Cantor, warum Er nicht zu Mittag beim Max Kick<br />

geweßen seie. Der Cantor Knecht antwortete, auch sein Hr Bruder Justin Heinrich hätte ihn gefragt, ob er bei<br />

dem Complott geweßen seye, denn dieser habe das Directorium nicht übernommen. Weitere Einzelheiten über<br />

dieses Wirtshausgespräch nennt Kick nicht, verweist jedoch darauf, dass die Herren noch mehr darüber wüssten,<br />

die dabei gewesen seien.<br />

Vom 16. August an war allerhand elendes geschwäz in den Kellern und bei andern Gelegenheiten zu hören.<br />

Beispielsweise sagte Justin Heinrich Knecht, die hiesigen Musikanten seien dazu aufgelegt, das Caos zu spielen,<br />

wenn aber das Licht eintrette, so müsten dieselbe aufhören. Das ist eine Anspielung auf die Orchestereinleitung<br />

der Schöpfung, in der Haydn das Chaos vor der Erschaffung der Welt musikalisch schildert und das dann am<br />

ersten Tag der Schöpfung dem göttlichen Licht weicht. Als Ohrenzeugen für diese abschätzige Bemerkung<br />

Knechts über die Biberacher Musiker nennt Kick den Hr Verleger Ostermaier und Bortenmacher Kick 1342 . Einer<br />

der Söhne des Hrn Knechts, von Beruf Buchdrucker, antwortete auf die Frage, wer die Schöpfungs Texte abdrucken<br />

werde, dass aus dieser Arbeit nichts werde, weil sein Vater die Direktion nicht übernehme.<br />

Am 19. August ging mit dem Allumn. Müller ein fehler weegen dem ansagen an den Braun, zum Posaunen<br />

blaßen vor. Hr D. Knecht sagte dazu: gleich will ich klagen, wenns eine andre Musik wär, da wäre man gleich<br />

parat, und diese wollen die Schöpffung aufführen. ja ja. Sie sollen nur vorher fl 200 Caution stellen. Als Zeugen<br />

für diese Äußerung nennt Kick Hr Apot. Stecher und SchulLehrer Bopp. Einen Tag später reiste Kick nach<br />

Marchtal, um die Herren dort einzuladen. Am 22. August erhielt er das Notenmaterial aus Ulm. Am 31. August<br />

lud er vor Ort die Musiker aus den Klöstern Mönchsroth (Rot an der Rot) und Ochsenhausen zur Mitwirkung<br />

ein. Noch am 9. September, als er ins Kloster Schussenried fuhr, wusste er nicht, woran er mit dem Director<br />

daran wäre.<br />

Drei Tage später ging Kick zu Hrn Bürger-Mstr Doct. Stecher und bat Hr Burg, den Hr M. D. Knecht<br />

kommen zu lassen, um ihn weegen dem Directorium zu fragen. 1000senderley Ausflüchte brachte Knecht vor,<br />

bis er sich endlich dazu entschloss, eine nochmalige Zusammen berufung zu veranstalten, um die Schöpfung<br />

gemeinsam zu geben. <strong>Die</strong>se Versammlung fand am Abend des 12. Septembers statt. Als Grund für Knechts<br />

zögerndes Verhalten gibt Kick an, dass dieser den Veranstaltern den möglichen Gewinst missgönnte und zugleich<br />

Angst davor hatte, einen möglichen Verlust mittragen zu müssen. Knechts Absicht, so Kick, sei es gewesen,<br />

dies den Veranstaltern auf jeden fall zu erschweren oder es gar zu verhindern. Kick verweist als Beleg<br />

für seine Behauptung auf das Versammlungsprotokoll des Hrn Magisters Bredelin. Darin steht, dass Hr<br />

MusikDirector Knecht auf einer Subscription für das Konzert bestehe, um frembde Sänger und Sängerinen<br />

engagieren zu können. <strong>Die</strong> versammelten hießigen Musik Collegiaten beeder Religionen ließen sich diesen Vorschlag<br />

gefallen, obgleich zuvor keine rede davon gewesen war, dass sie die Kosten nicht übernehmen wollten.<br />

Nun äußerten sich die Anwesenden reihum zu Knechts Vorschlag und gaben ihr Votum ab; es kristallisierten<br />

sich vier Parteien heraus, wobei sich eine Mehrheit für den Vorschlag des Organisten Bucher ergab (siehe<br />

Tabelle 14).<br />

Anschließend gaben die Organisatoren Kick und Braun ihre Stellungnahmen ab: Kick bedauert, dass der<br />

Vorschlag Knechts abgelehnt wurde, obwohl er und Braun gegen den Vorschlag hätten protestieren können,<br />

denn er, Kick, erinnere sich wohl, was am 15. August die anwesenden Musiker gesagt hätten. Für ihn und Braun<br />

seien zudem bereits einige Kosten entstanden durch die Einladung der Konventualen in den Klöstern. Sie wären<br />

jedoch nicht abgeneigt, jeden, der sich ihnen anschließen wolle, aufzunehmen. Deshalb wundere es sie, dass<br />

Musikdirektor Knecht so etwas noch vorbringen könne. Auch die Speculation der Subscript. ließen sie sich gefallen,<br />

falls Hr M. D. Knecht schriftlich die Versicherung erteile, dass auf jeden Fall die Schöpfung aufgeführt<br />

werden sollte. Ihre Speculat. gehe nicht auf Gewinnsucht, sondern dieses Unternehmen werde zu Biberachs Ehre<br />

gereichen. Falls es nun platzen sollte, so müsste er, Kick, von den Konventualen, die er und Braun bereits eingeladen<br />

hätten, als ein Lügner und schlechter Mann angesehen werden. Er verlange deshalb von Hrn Director<br />

die Übernahme der Direction und müsse gegen die Specul. d. Subscript. protestieren. Falls die Aufführung<br />

dadurch ins Stocken gerate, sei doch seine Ehre bei denen Auswärtigen gerettet.<br />

Tabelle 14: Abstimmungsverhalten am 12.9.1802 über die Aufführung der „Schöpfung“<br />

1342 Zum Bortenmacher Kick siehe Anmerkung 1341.<br />

Vorschlag Knecht Bucher Bredelin Klock<br />

Name<br />

Bopp, Christian x<br />

Bopp, Johann Michael (x)<br />

Bredelin, Magister x<br />

Brogle x


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 167<br />

Vorschlag Knecht Bucher Bredelin Klock<br />

Name<br />

Bronner, Johannes x<br />

Bronner, Lorenz x<br />

Bucher, Organist und seine Frau x<br />

Fischer x<br />

Kerner x<br />

Kick, Jacob x<br />

von Klock, Stadtamman x<br />

Knecht, Cantor x<br />

Knecht, Justin Heinrich x<br />

Kraiß, Conrector x<br />

Lerch junior x<br />

Lerch, Buchhalter x<br />

Ilg x<br />

Pflug, Türmer x<br />

Schelle, Reinhold x<br />

Weingart x<br />

Summe 3 9 4 4<br />

Kick legte nun eine Liste der Klostermusiker vor, von denen er eine Zusage bekommen hatte. Hr D. Knecht las<br />

sich die aufgeschriebenen Herren von Marchtal durch und vermisste den Pater Sixt Bachmann (1754-1825) 1343 .<br />

Er wunderte sich, dass dieser nicht da stand; da bemerkte Kick die Verlegenheit von Knecht und sagte ihm, dass<br />

die Schöpfung doch müsste gegeben werden, es werde schon einer das Directorium übernehmen. Kick drängte<br />

zu einer Entscheidung, denn die Herren in den Klöstern durften nur ihre Vakanz Zeit zu den Proben und der<br />

Aufführung verwenden, und stellte Knecht ein Ultimatum bis zum künftigen Morgen 10 Uhr. Am 13. September<br />

erhielt Kick die schriftliche Antwort Knechts, in der er die Übernahme der Direktion an vier Bedingungen<br />

knüpfte 1344 , deren Erfüllung Kick und Braun einen Tag später schriftlich zusagten.<br />

Als Abschluss seines Protokolls führt Kick noch eine kleine Anekdote an:<br />

Hr Musik D. Knecht, welcher immer gewohnt ist zu critisiren, fieng in der Stadt beim Bier, wo auch der ältere Lerch zu gegen war, an zu<br />

critisiren. Hr Lerch sagte endlich ihm ins Gesicht: Hrr sie kommen mir wie ein scheinholz 1345 für, wo man bei Nacht glaubt es sey was,<br />

und im grund nichts ist 1346 .<br />

Am 22. September 1802 wurden die beiden Konzerte im Nützlichen und unterhaltenden Wochenblatt öffentlich<br />

angekündigt 1347 :<br />

An Polyhymnias Freunde.<br />

Welchem Verehrer der göttlichen Tonkunst könnte Joseph Haydns Name – welchem Manne von nur einiger Bildung das Meisterstück<br />

dieses großen Tonsetzers »die Schöpfung« unbekannt seyn? Mehrere Orte haben sich schon den reinen Genuß dieses Kunstwerkes durch<br />

eine verhältnißmäßige Besetzung des Orchesters verschafft, und diese Vorgänge sind es, welche Unterzeichnete bestimmt haben, auch<br />

hier in Biberach das schon bemerkte Oratorium<br />

<strong>Die</strong> Schöpfung<br />

nach erhaltener obrigkeitlicher Genehmigung in Vereinigung mit einigen Herren Kapitularen der Gotteshäuser Ochsenhausen,<br />

Marchtall und Schussenried unter Leitung beider hiesigen Musikdirectoren Knecht und Bredelin aufzuführen. Der in jeder Rücksicht<br />

schicklichste Ort zu dieser musikalischen Darstellung ist die Hauptkirche zum h. Martin; die Tage der Aufführung sind der 30. Sept. und<br />

1. Okt. 1348 jedesmal Punkt 2 Uhr Nachmittags.<br />

<strong>Die</strong> Preise der Plätze sind: Erster Platz (Eingang beim großen Portal), 1 fl. – Zweiter Platz (derselbe Eingang), 36 kr. – Dritter Platz,<br />

(besteht aus den <strong>Seite</strong>nhallen, wozu der Eingang bei dem sogenannten Nonnenschopfe und der von Pflaummernschen Capelle ist) 15 kr.<br />

Für den obern Chor, (oder Orgel), werden des Platzes wegen nicht mehr als 30, und für das Kloster-Frauen-Chörle 1349 nur 18 Billets<br />

nach dem Preiß des ersten Platzes abgegeben, und können die resp. Herren Liebhaber solche bei Johann Maximilian Kick ablangen<br />

lassen.<br />

1343 Bachmann, geboren in Kettershausen, trat 1766 in einem Orgelwettspiel in Markt Biberach gegen den 10-jährigen Mozart an, ging 1771<br />

ins Kloster Obermarchtal und wurde 1803 Pfarrer in Reutlingendorf. Günther: Ad Chorum Bonacellensem, 223. – Eines seiner Stücke<br />

wird ausführlich besprochen in Oberst: „<strong>Die</strong> Klagende Musicalische Instrumenten“.<br />

1344 Zu den Bedingungen Knechts siehe den Wortlaut von Kicks Protokoll im Abschnitt 5.3.4.<br />

1345 Scheinholz ‚faules Holz, das im Finstern »scheint«, phosphoresziert’. Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 2453, s. v. Scheinholz; Baum:<br />

Alem. Taschenwörterbuch, 182, s. v. Schiholz. – Das modernde Holz wird durch das Myzel (Wurzelgeflecht) des Hallimaschs zum<br />

Leuchten gebracht: Im Verlauf von Stoffwechselprozessen entstehen Substanzen, die enzymatisch verändert werden. Dabei entsteht<br />

Energie, die bis zu 80% als sichtbares Licht frei wird. Meyerscout 2003, s. v. Leuchtpilze. – Das Leuchten des vermodernden Holzes ist<br />

ein beliebtes Motiv in der Literatur, siehe beispielsweise: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 72.506 (Brentano: Italienische<br />

Märchen), 79.462f. (Büchner: Woyzeck), 105.265 (Droste-Hülshoff: <strong>Die</strong> Elemente), 123.725 (Fontane: Sir Walter Raleighs letzte<br />

Nacht), 201.719 (Grillparzer: Der Traum ein Leben), 277.993 (Hölderlin: Hyperion), 295.385, 296.420 (Jean Paul: Siebenkäs / Titan),<br />

316.934 (Kleist: Der zerbrochene Krug), 390.627 (Meyer: Der Heilige), 520.137 (Stifter: Studien).<br />

1346 Vgl. hierzu das Sprichwort: Heuchler sind wie faules Holz, das des Nachts einen Schein gibt, aber nicht wärmt. Das große Buch der<br />

Sprichwörter, 142. – Das Scheinholz hat also eine ähnliche Bedeutung wie der Sodomsapfel, siehe Abschnitt 1.4.1 Das „Narroo<br />

Gassenlaufen“ mit Larven.<br />

1347 Zitiert nach Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 45f.<br />

1348 <strong>Die</strong> Aufführungen fanden demnach an einem Donnerstag und Freitag statt.<br />

1349 Das Kloster-Frauen-Chörle ist eine Empore unterhalb der Orgel, die für die Nonnen des Biberacher Franziskanerinnen-Klosters gebaut<br />

wurde.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 168<br />

<strong>Die</strong> Musiktexte sind beim Eingange oder bei den Unternehmern für 8 kr. zu haben. – Biberach am 18. Sept. 1802. – <strong>Die</strong> Unternehmer,<br />

Johann Maximilian Kick – Johann Jakob Braun, im Namen beider Musikchöre 1350 .<br />

<strong>Die</strong> Formulierung, dass sich bereits mehrere Orte den Genuß dieses Kunstwerks verschafften, bezieht sich<br />

vielleicht auf die Aufführungen der Schöpfung in Donaueschingen am 20. April 1800 1351 und im Kloster Ottobeuren<br />

am 16. November 1801 1352 . <strong>Die</strong> Musiktexte für die Konzerte zum Preis von 8 kr erschienen unter dem<br />

Titel <strong>Die</strong> Schöpfung, / In Musik gesetzt / von / Haydn / Biberach 1802 bei den Gebrüdern Knecht, Johann Georg<br />

(1776-1824) und Justin Heinrich (1780-1817), den Söhnen des Komponisten, in deren Druckerei auch das<br />

Wochenblatt erschien 1353 .<br />

Der Veranstaltungsort, die Pfarrkirche St. Martin, wurde seit 1649 als Simultankirche von beiden<br />

Konfessionen zu Gottesdiensten benutzt 1354 . Um vor dem Altar genügend Platz für alle an der Schöpfung beteiligten<br />

Personen zu schaffen, wurde letztmals die Schwörbrücke aufgeschlagen, die früher beim seit dem 16.<br />

Jahrhundert belegbaren und alle drei Jahre stattfindenden Schwörtag benützt worden war. Der Schwörtag galt<br />

einst als der höchste Festtag der Stadt, an dem die Obrigkeit ihren Treueeid und die Bürger den Huldigungseid<br />

ablegten und der mit einer Freinacht bei Tanz und Trunk endete 1355 .<br />

Am 25. September 1802, also fünf Tage vor der ersten Aufführung, nahm der Regierungskommissär des<br />

Markgrafen von Baden, der Geheime Rat und Hofgerichtsdirektor Rheinhardt, im Auftrag des neuen Landesherrn<br />

die freie Reichsstadt feierlich in Besitz; die Übernahme wurde drei Monate zuvor im Pariser Indemnisationsplan<br />

festgelegt und am 29. August offiziell angekündigt 1356 . Der Biberacher Maler Johann Baptist<br />

Pflug (1785-1866) berichtet in seinen Erinnerungen, dass kurz danach ein Conzert, welches Meister Knecht<br />

dirigirte, der Feier ein würdiges Ende machte 1357 . Es ist jedoch nicht ganz klar, ob Pflug damit die Darbietung<br />

der Schöpfung meinte, an der er selbst als Alt-Sänger beteiligt war und die er an anderer Stelle ausführlich beschreibt<br />

1358 :<br />

Ich erinnere mich noch recht lebhaft, wie Haydns Schöpfung gegeben wurde und [Knecht] das Direktorium darüber führte, welche Ehre<br />

ihm von Conventualen vom Kloster Ochsenhausen, Schussenried, Marchtal, Weingarten und Wiblingen u.s.w. zu Teil wurde. In der<br />

Pfarrkirche ward ein hohes Gerüst aufgeschlagen, auf welchem die Musiker in geordneter Weise gegeneinandergestellt wurden, und<br />

welches nach damaligem Geschmack so viel als möglich schön verziert war. Nach beendigter Produktion dankte Herr Knecht den sämtlichen<br />

Musikern, die mitgewirkt hatten, besonders erwähnte er die Herrn Conventualen. <strong>Die</strong>se umringten darauf Herrn Knecht und<br />

überhäuften ihn mit Lobreden. Es war lustig anzusehen, wie Herr Knecht unter diesen Mönchen stand, welche mit weißen und<br />

schwarzen Habiten 1359 um ihn versammelt waren, um seinen Dank und Ehrbezeugung gegen sie zu antworten. Ich habe damals selbst bei<br />

dieser Aufführung als Sänger mitgewirkt und war [17] Jahre alt.<br />

Im Biberacher Wieland-Museum befindet sich ein handschriftliches Verzeichnis der bei der Schöpfung mitwirkenden<br />

Personen 1360 . Das zweimal gefaltete Blatt im Format 38 cm * 23,5 cm ist beidseitig beschrieben. Aus<br />

den Nachträgen und Verbesserungen in der Auflistung der Mitwirkenden auf der Vorderseite lässt sich<br />

schließen, dass diese bereits vor dem 18. September 1802, dem in der oben zitierten Zeitungsannonce genannten<br />

Datum, entstanden sein müsste und sich dann in der gut zweiwöchigen Probenzeit noch einige Änderungen in<br />

der Besetzung ergaben: Während in der gedruckten Ankündigung die beiden Musikdirektoren Knecht und<br />

Bredelin erwähnt werden, wurde im handschriftlichen Verzeichniß der Name Bredelin von anderer Hand nachgetragen<br />

– offensichtlich eine Reaktion darauf, dass Knecht sich entgegen der ursprünglichen Absicht nur zur<br />

Übernahme der Direktion überreden ließ und Bredelin deshalb die Einstudierung des Chores leiten musste.<br />

Auf der Rückseite wurden von späterer Hand in den vier durch die Faltung entstandenen Feldern genaue Angaben<br />

über die Provenienz des Blattes und die Umstände der Aufführung eingetragen 1361 :<br />

Verzeichniß der musicierenden Personen bei der Schöpfung, aufgeführt in Biberach 1802.<br />

1350<br />

Es gab, wie bei allen offiziellen Institutionen in Biberach / Riß, je einen katholischen und evangelischen Musikchor.<br />

1351<br />

Strauß-Németh: Johann Wenzel Kalliwoda, 15; Tumbült / Dollinger: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater, 60; Baser: Musikheimat<br />

Baden-Württemberg, 168.<br />

1352<br />

Zeidler: Aus dem Schul- und Theaterleben von Ottenbeuren, 137.<br />

1353<br />

Ladenburger: Zum Verhältnis Joseph Haydns zu Wieland und Knecht, 22. – Es ließ sich bislang kein Exemplar der Musiktexte auffinden.<br />

1354<br />

Zur Geschichte der Parität und Simultankirche in Biberach / Riß siehe Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 30-40, 65-97. – Zur baulichen<br />

Entwicklung der Kirche St. Martin siehe Preiser: Biberacher Bauchronik, 108-127.<br />

1355<br />

Günther: Singt dem Herren alle Stimmen, 48f.<br />

1356<br />

Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 42; Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 21 (1998), Heft 2, 20. – <strong>Die</strong> vom Biberacher Rat<br />

am 25.9.1802 beschlossene Verordnung zur Übernahme durch Baden ist abgebildet in <strong>Die</strong>mer: Simultaneum und Parität, 47.<br />

1357<br />

Günther: Singt dem Herren alle Stimmen, 46.<br />

1358<br />

Zitiert nach Schlegel: J. H. Knecht und die Aufführung der „Schöpfung“, 89. – <strong>Die</strong> Beschreibung der Biberacher Aufführung der<br />

Schöpfung von Georg Luz in seinen 1876 erschienenen Beiträgen zur Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Biberach (zitiert in<br />

Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 60f.) basiert auf Pflugs Erinnerungen. <strong>Die</strong> Angabe von Luz, dass es noch weitere Aufführungen<br />

der Schöpfung in Ochsenhausen, Schussenried, Marchtal und Weingarten gab, beruht offensichtlich auf einem Missverständnis von<br />

Pflugs Formulierung über die Ehre, die Knecht mit dem Direktorium der Biberacher Aufführung von den Conventualen der genannten<br />

Klöster zu Teil wurde. Auch eine Aufführung in Wiblingen, wie in Ladenburger: Zum Verhältnis Joseph Haydns zu Wieland und<br />

Knecht, 22, behauptet wird, lässt sich nicht nachweisen, siehe weiter unten.<br />

1359<br />

<strong>Die</strong> Benediktiner aus Ochsenhausen trugen schwarze, die Prämonstratenser aus Obermarchtal und Schussenried weiße Gewänder.<br />

1360<br />

Signatur WM Hs. 1883. Der Wortlaut des Verzeichnisses findet sich im Abschnitt 5.3.5 <strong>Die</strong> Besetzung von Haydns Schöpfung in<br />

Biberach / Riß, 1802. Das Verzeichnis wurde nicht von Knecht geschrieben, wie ein Handschriftenvergleich belegt. Ausführlich beschrieben<br />

ist es in Günther: Singt dem Herren alle Stimmen; Günther: Ad Chorum Rothensem, 191f.<br />

1361<br />

Wortlaut des Textes und Anmerkungen dazu nach Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 47f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 169<br />

Dem Wieland-Museum Biberach an der Riss [Stempel] / November 1922 / gewidmet aus dem Nachlaß des am 11/IV/1922 †<br />

Kommerzienrathes Friedrich Lieb 1362 in Biberach.<br />

Direktorium:<br />

Musikdirektor Justin Heinrich Knecht (1752-1817) / Magister Georg Ant. Bredelin [1752-1814 1363 ]<br />

Joseph Haydn,<br />

1732 geb. in Rohrau Nieder-Oesterreich / 1809 † [in] Wien, Sohn eines armen Stellmachers, das älteste von 20 Kindern 1364 .<br />

<strong>Die</strong> Schöpfung,<br />

1798 vollendet und in Wien erstmals aufgeführt. Der Text stammt aus England.<br />

Aufführungen in Biberach,<br />

am 30 e Septbr. und 1 Oktober 1802 in der Pfarrkirche; beidemal nachmittags 2 Uhr. Unternehmer: Maxim. Kick, Saklermeister [!] u.<br />

Com ie Musikalien- u. Instrumentenhändler. / Benützt wurde die sogenannte Schwörbrücke vor dem vorderen Altar und noch ein (gutes)<br />

großes Stück an sie gesetzt.<br />

Aus dem Tagebuch des Musik-Direktors Christoph Braun.<br />

Der gemalte Firmenschild des Maximilian Kick befindet sich in der Städtischen Sammlung.<br />

R.<br />

Der Hinweis auf das Tagebuch des Biberacher Komponisten Christoph Braun (1828-1898), der seinen Musikunterricht<br />

bei Jacob Friedrich Kick, dem Sohn Maximilians 1365 , absolvierte, seit 1876 Musikdirektor in Biberach<br />

/ Riß war und 1877 den evangelischen Kirchenmusikverein gründete 1366 , lässt vermuten, dass diese Beschreibung<br />

auf der Rückseite erst nach dem Tode Brauns 1898 entstand 1367 . Womöglich gehörte das Blatt ursprünglich<br />

dem Initiator der Konzerte, Johann Maximilian Kick, und gelangte dann über seinen Sohn an dessen<br />

Schüler Braun. Denkbar wäre auch, dass der in der Zeitungsannonce von 1802 genannte Mitunternehmer Johann<br />

Jakob Braun mit Christoph verwandt ist und das Blatt innerhalb der Familie tradiert wurde.<br />

<strong>Die</strong> gewissenhafte Auflistung aller Beteiligten an diesem kulturellen Großereignis ermöglicht einen<br />

detaillierten Blick auf die damaligen musikalischen Gepflogenheiten und ist somit zugleich für die Musik Joseph<br />

Haydns ein wichtiges Dokument zur zeitgenössischen Aufführungspraxis. <strong>Die</strong> 104 Mitwirkenden stammen aus<br />

19 verschiedenen Orten 1368 . <strong>Die</strong> 29 Konventualen aus den drei Klöstern Marchtal, Schussenried und Ochsenhausen<br />

sowie sechs weitere geistliche Herren aus der Umgebung 1369 bilden neben den Biberachern die stärkste<br />

Gruppe und kamen vor allem als Bassisten und Streicher zum Einsatz. Es ist anzunehmen, dass sich unter den<br />

anderen Musikern auch einige Schüler aus diesen drei Klöstern befanden 1370 . Für die Marchtaler Mönche dürfte<br />

dies das letzte musikalische Projekt gewesen sein, denn am 23. September 1802, also eine Woche vor dem ersten<br />

Konzert, ordnete Fürst Carl Anselm von Thurn und Taxis durch seinen Regierungspräsidenten Graf Alexander<br />

Ferdinand von Westerholt die provisorische Besitzergreifung der Reichsabtei Marchtal als Entschädigungsgut<br />

für die verlorenen linksrheinischen Besitzungen an 1371 .<br />

Tabelle 15: <strong>Die</strong> Herkunft der Mitwirkenden an Haydns „Schöpfung“ in Biberach / Riß<br />

Ort Personen Ort Personen<br />

Aulendorf 2 Neuchâtel 1<br />

Bad Buchau 4 Ochsenhausen 10<br />

Bad Schussenried 8 Ravensburg 3<br />

Bad Waldsee 1 Reinstetten 1372 1<br />

Bellamont 1373 1 Reute 1374 1<br />

1362 Lieb war Besitzer einer Feuerwehrrequisitenfabrik.<br />

1363 In der Handschrift steht die falsche Angabe ( -1815). <strong>Die</strong> in Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 47 Anmerkung 19, unter Bezug auf<br />

Schlegel: Justinus Heinrich Knecht, 17, angegebenen Lebensdaten 1752-1804 stimmen nicht.<br />

1364 Haydn war das zweite von zwölf Kindern eines Schmiedemeisters. Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 3201, s. v. Haydn,<br />

Joseph; Meyerscout 2003, s. v. Haydn, Franz Joseph.<br />

1365 Zu Jacob Friedrich Kick vgl. Anmerkungen 1339.<br />

1366 Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 48 Anmerkung 23; Herzog: Der Biberacher Komponist Christoph Braun.<br />

1367 Der zweite Absatz mit der Datumsangabe 1922 ist von anderer Hand nachgetragen, die Beschriftung der Rückseite muss also früher<br />

entstanden sein.<br />

1368 Bei der in Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 58 Anmerkung 98, genannten Gesamtzahl aller Personen von 101 wurden die drei<br />

Schwestern Knecht nur einfach gezählt und der Cantor Knecht mit dem Musikdirektor Knecht gleichgesetzt. <strong>Die</strong> Liste ist nicht immer<br />

ganz eindeutig: Bei Pater Augustin fehlt eine Ortsangabe, doch spielte er zusammen mit Pater Philipp aus Ochsenhausen das Violoncello<br />

und wird deshalb hier in der Tabelle unter Ochsenhausen gezählt. Ein Pater Aurelius aus Schussenried wird zweimal erwähnt, doch<br />

dürfte es sich dabei um dieselbe Person handeln; er wird deshalb nur einmal gezählt. In Günther: Singt dem Herrn alle Stimmen, 57<br />

Anmerkung 89, wird vermutet, dass sich die bei den Klarinetten nachträglich hinzugefügte Zeile Müllers Sohn von Reinstädten auf den<br />

zuvor genannten Hr. Weingart beziehen könnte; aus Kicks Protokoll zur Vorgeschichte der Aufführung geht jedoch eindeutig hervor,<br />

dass Weingart ein Biberacher Bürger ist. – Eine ausführliche Liste aller Mitwirkenden sortiert nach ihrer Herkunft findet sich am Ende<br />

des Abschnitts 5.3.5.<br />

1369 Bellamont, Buchau, Munderkingen, Schemmerberg (2) und Stafflangen. Vermutlich handelt es sich dabei ebenfalls um Konventualen der<br />

drei Klöster, die die jeweilige Pfarrstelle betreuten.<br />

1370 Erinnert sei an Bredelins Hayinger Singspiel Das Ziel und End des Menschen, bei dem mehrere Principisten, also Schüler der ersten<br />

Klasse einer Klosterschule, mitwirkten.<br />

1371 Schöntag: Das deutsche und lateinische Schulwesen, 45. – Der Unterricht an der Klosterschule wurde für die letzten 17 Schüler noch bis<br />

zum Ende des Schuljahres im August 1803 fortgesetzt.<br />

1372 Gehört jetzt zu Ochsenhausen.<br />

1373 Gehört jetzt zu Steinhausen.<br />

1374 Gehört jetzt zu Mittelbiberach.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 170<br />

Biberach / Riß 49 Schemmerberg 1375 3<br />

Marchtal 11 Stafflangen 1376 1<br />

Meersburg 1 Uttenweiler 1<br />

Mönchsroth 1377 1 Wolfegg 1<br />

Munderkingen 4<br />

Tabelle 16: <strong>Die</strong> Besetzungsstärke der einzelnen Stimmen in Haydns „Schöpfung“<br />

Herkunft Biberach Marchtal Ochsen- Schussen- Sonstige Gesamt<br />

Stimme<br />

/ Riß<br />

hausen ried Orte<br />

Diskant 13 - - - 4 17<br />

Alt 5 - - - 2 7<br />

Tenor 4 2 - - 1 7<br />

Bass - 4 1 2 4 11<br />

1. Violine 2 - 5 3 3 13<br />

2. Violine/Bratschen 6 3 2 - 5 16<br />

Violoncello - - 2 - - 2<br />

Kontraviolone/Bass 1378 4 2 1 2 - 9<br />

1., 2. Oboe 2 - - 1 1 4<br />

1., 2. Flöte 1 - - 1 1 3<br />

1., 2. Klarinette 1 - - - 2 3<br />

1., 2. Fagott 1 - - - 2 3<br />

1., 2. Waldhorn 2 - - - - 2<br />

1., 2. Trompete 1 - 1 - - 2<br />

Kontrafagott/Serpent 1 - - - - 1<br />

Posaune 1379 3 - - - - 3<br />

Pauken 1 - - - - 1<br />

Direktion 2 - - - - 2<br />

Mitdirektor - - - - 1 1<br />

Summe 49 11 12 9 26 107<br />

Sänger<br />

Streicher<br />

22 6 1 2 11 42<br />

1380 11 5 10 5 8 39<br />

Bläser 12 - 1 2 6 21<br />

Flügel 1 - - - - 1<br />

Pauken/Direktion 3 - - - 1 4<br />

<strong>Die</strong> Gesamtzahl der Stimmen ist größer als die der Personen, weil drei Personen mehrfach genannt sind: Pater<br />

Aurelius (Bassist, 1. Violine) sowie Pater Augustin und Philipp (2. Violine oder Bratsche, Violoncello). <strong>Die</strong> 17<br />

Sopranstimmen wurden mit fünf Knaben, zehn Mädchen (Jungfern) und zwei Frauen besetzt, die sieben Altstimmen<br />

mit einer Frau, einem Mädchen und fünf Knaben oder Männern 1381 . In der Tenor- und Basslage sind<br />

sieben bzw. zehn Sänger vermerkt. Nicht klar gekennzeichnet ist, welche Sänger die fünf Solopartien (Gabriel<br />

und Eva, Sopran; Uriel, Tenor; Adam und Raphael, Bass) übernahmen. Alle Instrumentalstimmen sind mit<br />

Männern (oder Klosterschülern) besetzt, denn zu jener Zeit war den Frauen das öffentliche Musizieren, falls<br />

überhaupt, nur im vokalen Bereich erlaubt 1382 . <strong>Die</strong> Besetzung der unter der Überschrift Contra Violone/Bäss.<br />

zusammengefassten Continuogruppe lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Jedenfalls gehörte dazu ein Flügel.<br />

Des weiteren könnten je ein Violone, Violoncello und Fagott zum Einsatz gekommen sein.<br />

Aus der am 12. Oktober 1802 erstellten Endabrechnung des Projektes in den evangelischen Rechnungsbücher<br />

geht hervor, dass das Notenmaterial in Ravensburg bei Herrn Steub und in Ulm bei Herrn Öchslen ausgeliehen<br />

wurde 1383 . Alle Mitwirkenden werden namentlich mit ihrer jeweiligen Bezahlung genannt und alle weiteren<br />

Kosten genau verzeichnet, beispielsweise für vier zerschlagene Gläser, Wegzehrung, Porto, Fahrten, Trinkgelder<br />

Kutscher, Soldaten, Knechte, Boten, Handzettel, Textzettel, Billetts, Zeitungsanzeigen und das Notenschreiben;<br />

selbst die Männer bei den Türen das Geld einzunehmen und der Schultheiß, der den Violon nach Ochsenhausen<br />

hin und her getragen hat, werden bezahlt. Ein weiterer wichtiger Kostenpunkt waren die Anschaffung oder<br />

Reparatur von Instrumenten (der Flügel bekommt beispielsweise einen neuen Fuß) und Notenpulten. Musikdirektor<br />

Knecht erhält, wie von ihm verlangt, 16 fl 30 kr, Magister Bredelin für die Einstudierung des Chores<br />

1375<br />

Gehört jetzt zu Schemmerhofen.<br />

1376<br />

Gehört jetzt zu Biberach / Riß.<br />

1377<br />

Kloster Mönchsroth in Rot an der Rot.<br />

1378<br />

Zu den unter diesem Punkt zusammengefassten Generalbassinstrumenten in der Schöpfung zählt zumindest auch ein Flügel.<br />

1379<br />

Alt-, Tenor- und Bassposaune. – <strong>Die</strong> Posaune wurde früher anscheinend in erster Linie in der weltlichen Musik, insbesondere für die<br />

städtische Turmmusik, eingesetzt; in den Beständen der oberschwäbischen Klöster lassen sich jedenfalls keine Posaunen nachweisen.<br />

Brockhaus Riemann Musiklexikon III, 318f., s. v. Posaune; Günther: Lump oder Bettler, 181.<br />

1380<br />

Unter den Streichern sind auch alle Continuoinstrumente mit Ausnahme des Flügels gezählt, die nicht explizit in der Liste genannt<br />

werden.<br />

1381<br />

<strong>Die</strong> Angaben im Verzeichnis lassen nicht immer eine genaue Bestimmung des Alters zu.<br />

1382<br />

Eine Ausnahme bildete hier nur die Musikpflege in Frauenklöstern. Ein gut belegtes Beispiel dafür ist das Zisterzienserinnenkloster<br />

Gutenzell. Günther: Ad Chorum Bonacellensem, 458f.<br />

1383<br />

Zu dieser Rechnung siehe Rittau: Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht, 87f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 171<br />

jedoch nur 6 fl. <strong>Die</strong> auswärtigen Solisten bekommen außer Zehrung und Übernachtung noch ein Douseur, beispielsweise<br />

Jungfer Häspelin und ihr Vater aus Meersburg 16 fl 30 kr.<br />

Am 12. Oktober schickt der Kirchenrechner und Initiator Kick die geliehenen Noten nach Ulm und Ravensburg<br />

zurück. Ihm bleiben bei Einnahmen von 343 fl und Ausgaben von 329 fl 7 kr fast 6 fl weniger als zugesagt<br />

übrig, weshalb er in der Rechnung abschließend notiert: Wenn die Schöpfung noch einmal aufgeführt werden<br />

sollte, so muß ich meinen Regress dort sehen zu bekommen.<br />

Am 20. Juni 1806 übernahmen die beiden Musikdirektoren, der katholische Bredelin und der evangelische<br />

Knecht, gemeinsam den Musikunterricht am zwei Monate zuvor neu gegründeten Gymnasium beider<br />

Konfessionen im Gebäude der katholischen Professoratsschule in der Gymnasiumsstraße 28 und erhielten dafür<br />

eine Jahresvergütung von jeweils 25 fl 1384 . Im Nützlichen und unterhaltenden Wochenblatt, das in der Druckerei<br />

von Knechts Söhnen erschien, schrieben die beiden Musiklehrer, dass jedem Gymnasiasten und jedem anderen<br />

gebildeten jungen Menschen der Zutritt zu diesem öffentlichen Musikinstitut gestattet sei 1385 .<br />

Bredelin zählte, zusammen mit seinem Vater, zu den Subskribenten des 1801 erschienenen Buches Tagebuch<br />

über diejenigen Begebenheiten, welche die Reichsstadt Biberach während des französischen Krieges vom Jahre<br />

1790. an bis zum Jahre 1801, erfahren hat von Johann Konrad Krais 1386 . ( 1387 .<br />

Im Schwäbischen Landesmusikarchiv an der Universität Tübingen, in dem zahlreiche Kompositionen aus<br />

oberschwäbischen Klöstern archiviert sind 1388 , findet sich im Bestand des Zisterzienserinnenklosters Gutenzell<br />

bei Biberach / Riß unter der Signatur Gg 131 ein <strong>Die</strong>s Iræ mit lateinischem u. deutschem Texte, 4. stimmig allein<br />

oder in Begleitung mehrerer Blaseinstrumente 1389 . Compose Bredelin 1390 . Den Besitzvermerk Ad chorum<br />

Bonae 1391 . 1842. ein Geschenk von Biberach auf dem Titelblatt schrieb vermutlich der Gutenzeller Pfarrer Alois<br />

Soherr (1783-1861) 1392 . <strong>Die</strong> Jahreszahl gibt also nicht das Entstehungsjahr der Komposition an, sondern den<br />

Zeitpunkt, zu dem der handschriftliche Stimmenauszug nach Gutenzell kam 1393 . <strong>Die</strong>ser besteht aus acht Blättern:<br />

S1. Canto. [deutscher Text]<br />

S2. Alto. [deutscher Text]<br />

S3. Tenore. [deutscher Text]<br />

S4. Basso. [deutscher Text]<br />

S5. <strong>Die</strong>s iræ. Canto. v. Bredelin. [lateinischer Text]<br />

S6. <strong>Die</strong>s iræ. Alto. v. Bredelin. [lateinischer Text]<br />

S7. <strong>Die</strong>s iræ. Tenor. v. Bredelin. [lateinischer Text]<br />

S8. <strong>Die</strong>s iræ. Basso. comp. v. Bredelin. [lateinischer Text]<br />

1384 Wöhrle, K.: Aus der Geschichte der höheren Knabenschule, 35f. – Zur katholischen Professoratsschule siehe Anmerkung 1299.<br />

1385 Ladenburger: Justin Heinrich Knecht, 97. – Das Buch konnte nicht eingesehen werden, es wird zitiert in: Zur Geschichte der Biberacher<br />

Musikschule.<br />

1386 Krais: Tagebuch über diejenigen Begebenheiten, welche die Reichsstadt Biberach während des französischen Krieges ... erfahren hat,<br />

Subskribentenverzeichnis. – In einem Zeitungsbericht der „Schwäbischen Zeitung“ vom 10.6.1961 über Bredelin wird erwähnt, dass am<br />

29. Dezember 1806 seine Bibliothek mit 600 Bänden versteigert wurde. Möglicherweise beruht diese Angabe jedoch auf einer Verwechslung<br />

mit Georg Antons Bruder, dem Pfarrer Johann Baptist Bredelin, der am 4. August 1806 starb, denn es wäre recht ungewöhnlich,<br />

wenn Georg Anton seine Bibliothek bereits zu seinen Lebzeiten hätte versteigern lassen. Das Nachlassverzeichnis von Johann<br />

Baptist, das bisher nicht eingesehen werden konnte, befindet sich im Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur D 130 Bü 15. – Zur Genealogie<br />

der Familie Bredelin siehe Abschnitt 5.3.1 Genealogische Übersicht zur Familie Bredelin.<br />

1387 Schrader: Georg Anton Bredelin, 598.<br />

1388 Zum Landesmusikarchiv siehe Kaufmann: Klingendes Erbe; Günther: Ad Chorum Bonacellensem, 454f.; Das schwäbische Landes-<br />

musikarchiv.<br />

1389 Im Instrumentenverzeichnis des Klosters finden sich sechs Trompeten zum Geigen (Nonnentrompeten bzw. Trumscheite, die in Nonnenklöstern<br />

als Trompetenersatz dienten) und ein Serpent (Holzbass), die vermutlich bei der Aufführung von Bredelins <strong>Die</strong>s Iræ den Chor<br />

begleiteten. Der französische Komponist Hector Berlioz schrieb 1843 über den Serpent: Der wirklich barbarische Ton dieses<br />

Instruments hätte sich viel besser für den blutigen Götzendienst der Druiden, als für den katholischen Kultus geeignet, bei dem es noch<br />

immer in Anwendung gebracht wird. [...] Nur der eine Fall ist auszunehmen, wo der Serpent in den Totenmessen dazu dient, den furchtbaren<br />

Chorgesang des ‚<strong>Die</strong>s Iræ’ zu begleiten. Günther: Ad Chorum Bonacellensem, 465.<br />

1390 RISM ID no. 455012122. http://opac.rism.info/search?documentid=455012122 (17.1.2011); Briefl. Mitteilung von A. Traub, Universität<br />

Tübingen, vom 12.11.2001; Schrader: Ein „<strong>Die</strong>s Iræ“ von Georg Anton Bredelin. – Zwar wird der Vorname des Komponisten nicht genannt,<br />

doch kommt aufgrund der Herkunftsangabe und der Seltenheit des Nachnamens nur Georg Anton Bredelin als Urheber infrage.<br />

Von dessen Bruder, der als Pater Ambrosius im Kloster Weißenau als Cantor tätig war, ist nicht bekannt, ob er auch komponierte. Der<br />

Notentext ist abgedruckt in Schrader: Ein „<strong>Die</strong>s Iræ“ von Georg Anton Bredelin, 88 (durch ein Versehen sind hier die Noten der Tenorstimme<br />

falsch wiedergegeben. Der oktavierte Violinschlüssel muss durch einen Tenorschlüssel, der das eingestrichene c auf der vierten<br />

Notenlinie festlegt, ersetzt und die Vorzeichen für die Noten b, es und as entsprechend versetzt werden. Briefl. Mitteilung von Berthold<br />

Büchele, Ratzenried, vom 8.10.2005). – Zum Musikleben im Kloster Gutenzell siehe Günther: Ad Chorum Bonacellensem.<br />

1391 Bonae. ist die lateinische Abkürzung für Gutenzell.<br />

1392 Nach der Auflösung des Gutenzeller Klosters 1803 erhielten die Nonnen das Recht, in ihrer angestammten Behausung zu bleiben, da sie<br />

nicht in andere Pfarreien als Priester wechseln konnten, und trugen in der Folgezeit maßgeblich zum örtlichen Musikleben bei, um das<br />

sich Pfarrer Soherr sehr bemühte: er verwaltete den Musikalienbestand und erschloss ihn mit einem Inventarbuch. Günther: Ad Chorum<br />

Bonacellensem, 456, 468-470.<br />

1393 Ein Anhaltspunkt dafür, auf welchem Wege Bredelins <strong>Die</strong>s Iræ nach Gutenzell gelangt sein könnte, ist eventuell der bei der Aufführung<br />

von Haydns Schöpfung unter Bredelins Leitung 1802 als Violinist mitwirkende Ochsenhausener Chorregent Georg Loritz (1777-1862),<br />

von dem im Gutenzeller Inventarbuch zwei Kompositionen mit dem Hinweis Präsent vom Auctor 1819 verzeichnet sind, der also<br />

sowohl mit Bredelin als auch mit Pfarrer Soherr, dem Verwalter des Gutenzeller Notenbestandes, in persönlicher Verbindung stand.<br />

Günther: Ad Chorum Bonacellensem, 469, 477 Anmerkung 72.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 172<br />

<strong>Die</strong> Stimmen S1 bis S4 unterscheiden sich in Notenform und Texthandschrift deutlich von den Stimmen S5 bis<br />

S8, wobei sie einen durchweg älteren Eindruck hinterlassen und vielleicht von Bredelin selbst geschrieben<br />

wurden; dafür spricht, dass hier jeweils der Komponistenname fehlt. S5 bis S8 wurden möglicherweise erst 1842<br />

für eine lateinische Aufführung des Stückes in Gutenzell angefertigt. Der Notentext stimmt zwischen beiden<br />

Fassungen überein. Ein Indiz dafür, dass das Stück vor 1800 entstanden sein dürfte, ist die Bezeichnung der<br />

Oberstimme als Canto, die bereits im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts überwiegend von dem heute üblichen<br />

Begriff Sopran abgelöst worden war 1394 . <strong>Die</strong> originale Partitur blieb vermutlich in Biberach / Riß, konnte bislang<br />

aber nicht aufgefunden werden.<br />

Das 19-strophige <strong>Die</strong>s Iræ ist als Sequentia Teil des Requiems, der katholischen Totenmesse. <strong>Die</strong> deutsche<br />

Textversion der Stimmen S1 bis S4 weicht wesentlich von den in Gesangbüchern abgedruckten Fassungen ab 1395<br />

und umfasst nur die Strophen 1 bis 5 und 16. Es ist jedoch nicht ganz auszuschließen, dass Bredelin ursprünglich<br />

den gesamten Text übersetzte und die Auslassungen in den Gutenzeller Stimmen durch den fehlenden Platz<br />

zwischen den Notenzeilen bedingt sind. In den lateinischen Stimmen S5 bis S8 fehlen, vermutlich aus dem<br />

gleichen Grund, die Strophen 10 bis 17 und 19.<br />

Bredelins <strong>Die</strong>s Iræ wurde am 16. März 2005 im <strong>Wolfacher</strong> Rathaussaal von dem Friesenheimer Musiker<br />

Franz Schüssele auf einem Stockserpent der Stadtkapelle Wolfach aus dem Jahre 1818, auf dem Klavier begleitet<br />

von dem aus Oberwolfach stammenden Organisten Karl Echle, erstmals seit 1842 wieder aufgeführt 1396 .<br />

Ein von Dr. Anke Brügmann aus St. Roman geleiteter Kammerchor studierte das Stück im Jahre 2007 erstmals<br />

wieder in der originalen Vokalbesetzung ein, es kam bislang aber nicht zu einer öffentlichen Aufführung.<br />

1825 kam Bredelins große Oper Der Berggeist, deren genaue Entstehungszeit nicht bekannt ist, nochmals auf<br />

die Biberacher Bühne 1397 . Während Text und Musik verschollen sind, ist in der handschriftlichen Chronik der<br />

Bürgerlichen Schauspieler-Gesellschaft in Biberach an der Riß eine Aktorenliste der Aufführung vom 13. März<br />

1825 überliefert 1398 :<br />

Der Berggeist<br />

Der Fürst von ... ............................................. Herlinger<br />

Bergmeyster Möllner ...................................... Schwalb<br />

Eduard seyn Sohn ........................................... Wenzel<br />

Malchen deßen Tochter ................................... Jgfr Fuchs<br />

Hermann ein Bauer ......................................... Brunner<br />

August seyn Pflegsohn .................................... Jgfr Fuchs<br />

Lisette seyne Tochter ...................................... Jgfr Bopp<br />

Lene ................................................................ Jgfr Näher<br />

Ruppel ein alter Bergmann ............................. Angele<br />

Wenzel ein junger Bergmann .......................... Fuchs<br />

Ein Bergbothe ................................................. Adolf Lieb<br />

Mehrere Bergleute.<br />

<strong>Die</strong> Einnahm betrug auf 3mal 200 f. 38 + 1399 .<br />

Wovon die dritte Einnahm als Benific mit 69 f. 33 + Herrn Fuchs gehörte.<br />

<strong>Die</strong> Angaben auf dem gedruckten Theaterzettel weichen von der handschriftlichen Fassung etwas ab 1400 :<br />

Biberach, den 13. März 1825.<br />

Mit hoher Genehmigung / wird die hiesige / b ü rgerli che Schauspiel erGes ellschaft / unter der Direction des Herrn Friedrich<br />

Stecher 1401 / die Ehre haben aufzuführen:<br />

Der B er g gei st.<br />

Große romantische Oper in 3 Akten von Herrn Magister Bredelin.<br />

Personen.<br />

Karl, Fürst ............................................................. Herrlinger.<br />

Bergmeister Möller ................................................ Schwalb.<br />

Eduard, sein Sohn .................................................. Wenzel.<br />

Malchen, dessen Tochter........................................ Jgfr. Fuchs, älter.<br />

Herrmann, Staabsvogt ............................................ Brunner.<br />

1394 Brockhaus Riemann Musiklexikon IV, 174, s. v. Sopran.<br />

1395 Römisches Sonntagsmeßbuch, 567f.<br />

1396 Schrader: Beat ginge sogar den alten Rittern in die Beine; Buchta: Kleine Geschichte der Blasinstrumente. – Zum <strong>Wolfacher</strong> Stock-<br />

serpent siehe auch Anmerkung 956.<br />

1397 <strong>Die</strong> 1825 in Kassel uraufgeführte Oper Der Berggeist von Louis Spohr (1784-1859) nach einem Text von Georg Doering hat mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit inhaltlich nichts mit Bredelins Werk zu tun, da die Besetzungsliste der beiden Werke nicht übereinstimmt. Spohr /<br />

Döring: Arien und Gesänge aus: Der Berggeist. – Der schwedische Komponist Ivar Christian Hallström (1826-1901) komponierte 1874<br />

ebenfalls eine Oper mit diesem Titel. Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 7042.<br />

1398 Bürgerliche Schauspieler-Gesellschaft, 48.<br />

1399 f. = fl = Gulden, + = kr = Kreuzer.<br />

1400 Eine Fotografie des Theaterzettels findet sich in: http://www.dramatischer-verein-biberach.de (13.1.2011).<br />

1401 Der Apotheker Friedrich Stecher leitete die SchauspielerGesellschaft von 1818 bis 1828. Ofterdinger: Geschichte des Theaters in<br />

Biberach, 235f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 173<br />

Lisette, ............................................................. Jgfr. Bopp.<br />

dessen Töchter.<br />

Rose, ............................................................. Jgfr. Neher.<br />

August, sein Pflegsohn........................................... Jgfr. Fuchs, jünger.<br />

Ruppel, ein alter Bergmann ................................... Angele.<br />

Frize, dessen Sohn ................................................. Hr. Schenk.<br />

Wenzel Sappold, ein junger Bergmann .................. Fuchs.<br />

Der Bergbote .......................................................... Lieb.<br />

Ein Corporal .......................................................... Wenzel, älter.<br />

Zwei Hundtläufer 1402 .............................................. Bucher, jgr.<br />

............................................................. Hildebrandt jgr.<br />

Der Berggeist ......................................................... ...<br />

Gefolge des Fürsten. Bergleute.<br />

Der Anfang ist punkt 6 Uhr.<br />

Von der dritten Aufführung hat sich ebenfalls ein gedruckter Theaterzettel erhalten 1403 :<br />

Biberach, Freitag den 25. März 1825.<br />

Mit hoher Genehmigung / wird heute die hiesige / b ü rgerli che Schauspiel erGes ellschaft / unter der Direction des Herrn Friedrich<br />

Stecher / zu m Best en d es U n t er zei chnet en / nochmals die Ehre haben aufzuführen: / Der B er gg ei st / Große Oper von<br />

Herrn Magister Bredelin.<br />

Verehrungswürdige!<br />

Da die heutige Einnahme zu meinem Besten bestimmt ist; so schmeichle ich mir eines gütigen und zahlreichen Besuchs. / Johannes<br />

Fuchs.<br />

Ein Wort verharrt, indeß die andern schwinden,<br />

Der Strom der Zeit reißt alle mit sich fort.<br />

Ein Wort verharrt, ich will es laut verkünden,<br />

Ein ewig unvergeßlich, nie besiegtes Wort:<br />

<strong>Die</strong> Wohltat die wir andern freundlich zugemessen,<br />

Wird nie verlohren, nimmermehr vergessen.<br />

Im Biberacher Braith-Mali-Museum befindet sich ein Portrait Bredelins, gemalt von Karl Joseph Bernhard<br />

Neher d. Ä. (1743-1801) in Öl auf Leinwand im Format 84,5 cm * 60,8 cm, das 1909 vom Biberacher Kunst-<br />

und Altertumsverein in Bad Buchau erworben wurde 1404 : Der Dargestellte steht in grünem Rock und weißer<br />

seidener Weste mit Goldstickerei vor roter Draperie; er trägt eine kurze Perücke und hält in den Händen eine<br />

Schnupftabaksdose 1405 .<br />

1813 ging Bredelin unter Beibehaltung eines Teils seiner Besoldung in den Ruhestand. Das Amt des Musikdirektors<br />

übernahm der Uhrmacher Joseph Brogle, seine Schulstelle bekam Joseph Augustin Epple 1406 . Einem<br />

Verwandten schrieb Bredelin im gleichen Jahr ins Stammbuch:<br />

Von einem invaliden Lehrer<br />

Nimm diese kranken Zeilen hin,<br />

Ich bleib als Vetter Dein Verehrer<br />

Und heiß: Magister Bredelin 1407 .<br />

Am 15. November 1814 starb Bredelin im Alter von 62 Jahren 1408 .<br />

Ein besonders enges Lehrer-Schüler-Verhältnis bestand zwischen Bredelin und dem in Biberach a. d. Riß geborenen,<br />

im 19. Jahrhundert als schwäbischer Dialektdichter bekanntgewordenen Joseph Epple (1789-1841), der<br />

ab 1815 in Schwäbisch Gmünd als Lehrer wirkte 1409 . Epple veröffentlichte in seinem 1821 erschienenen Buch<br />

Vermischte Gedichte in schwäbischer Mundart und in reindeutscher Sprache ein Gedicht auf den Tod seines<br />

väterlichen Freundes 1410 :<br />

1402<br />

Hundtläufer ‚diejenigen Arbeiter, die Schutt und Erz mit einem Hund, also einem Laufkarren im Bergwerk, fortschaffen’. Adelung:<br />

Grammatisch-kritisches Wörterbuch II, 1324, s. v. Hundsläufer.<br />

1403<br />

Bürgerliche Schauspieler-Gesellschaft, 51.<br />

1404<br />

Abbildung in Schlegel: Justinus Heinrich Knecht, 17; Klein: <strong>Die</strong> Weibermühle des fürstlichen Schulvisitators, 70; <strong>Die</strong>mer: Simultaneum<br />

und Parität, 46. – Eine Fotografie des Gemäldes befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/10. Das Gemälde wurde<br />

2010 in der Großen Landesausstellung „Vom Minnesang zur Popakademie“ im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe ausgestellt. Vom<br />

Minnesang zur Popakademie, 108, Nr. II.11 (mit Abbildung). Vgl. hierzu auch: Vom Minnesang zur Popakademie, 375 (Nr. VI.58:<br />

Textheft Weibermühle), 204 (Nr. III.46/47: Biberacher Theatertafeln).<br />

1405<br />

Hoffmann, H.: Städtische Sammlungen, 64.<br />

1406<br />

Aus dem Leben des Musikdirektors Georg Anton Bredelin.<br />

1407<br />

Zitiert nach: Kunst und Wissenschaft.<br />

1408<br />

Eine Nachlassteilung Bredelins ist im Stadtarchiv Biberach / Riß nicht vorhanden. Briefl. Mitteilung von Dr. Kurt <strong>Die</strong>mer, Kreiskulturund<br />

Archivamt Biberach / Riß, vom 20.3.1989.<br />

1409<br />

Ein Portrait Epples befindet sich im Städtischen Museum Schwäbisch Gmünd.<br />

1410<br />

Epple: Vermischte Gedichte in schwäbischer Mundart, 216f. – Vgl. hierzu Schrader: Bredelin ist berühmter als gedacht.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 174<br />

Am Grabe meines Lehrers, Freundes und Wohlthäters, des verstorbenen Hrn. Magisters und<br />

Chordirektors G. A. Bredelin 1411 . 1814.<br />

Als Lehrer war Dein thätig Wirken<br />

Der Achtung aller Edeln we[r]th;<br />

Und in der Wissenschaft Bezirken<br />

Hat jeder Kenner Dich geehrt!<br />

Ja, Deine Compositionen!<br />

Sie werden unvergeßlich seyn.<br />

Du lebst in andern Regionen,<br />

Und stimmst ins Halleluja ein!<br />

Als Dichter wirst Du nie vergessen;<br />

Manch Lied hat fröhlich uns gemacht,<br />

Das uns – gesungen und gelesen –<br />

Von Dir zur Freude ward gebracht.<br />

Doch mehr als dieses – eine Blume<br />

Wird stets in meinem Herzen blüh’n:<br />

„Das ist der größt’ von jedem Ruhme,<br />

„Wenn Herzen dankbar für uns glüh’n!“<br />

Als zweiter Vater, Freund und Lehrer<br />

Wirst Du mir unvergeßlich seyn.<br />

Ich bin Dein innigster Verehrer,<br />

Und wein’ an Deinem Leichenstein.<br />

In einer Fußnote zu seinem Gedicht weist Epple darauf hin, dass Bredelin herrliche Musikstücke für Kirche und<br />

Theater komponierte. In seinem Vorwort beschreibt Epple seinen dichterischen und musikalischen Werdegang,<br />

der zeigt, welch großen Einfluss Bredelin als Lehrer auf ihn gehabt hat 1412 :<br />

Schon aus der Ankündigung dieser Gedichte konnte man ersehen, was die Hauptursache war, die mich bewog,<br />

sie unter das Publikum zu bringen: „<strong>Die</strong> Unterstützung meiner armen Aeltern!“ – als Knabe schon<br />

zeigte ich Anlagen zur Musik und Poesie, und nichts war mir lieber als ein Buch in Versen geschrieben; aber<br />

als Kind zu armer Aeltern mußte ich alle schönen Gefühle und Anlagen beinahe mit Gewalt unterdrücken.<br />

Mein Vater konnte mir keine angemessene Erziehung geben, noch durch Andere mich bilden lassen. – Der<br />

Arme ist ohnehin auch meistens verachtet; und deßhalb fand ich auch sonst keine Unterstützung, die es mir<br />

möglich gemacht hätte, zu einer solchen Bildung zu gelangen, die meinen Anlagen mehr angemessen gewesen<br />

wäre.<br />

Mein Vater nahm mich deßhalb zu seiner Profession und ich musste ihm am Hobelbanke helfen. – Ich hatte<br />

aber dazu weder Lust noch Freude. Daher kam es, daß ich mehr in der Musik, als in dem, was die Profession<br />

meines Vaters betraf, mich übte; und endlich durch einige guten Freunde unterstützt widmete ich mich dem<br />

Schulfache.<br />

In frohen Stunden, deren aber der harte Schulstand wenige zählt, verfasste ich nun verschiedene Gedichte,<br />

theils in schwäbischer, theils in reindeutscher Sprache, und die bessern davon hab’ ich in dies Werkchen<br />

aufgenommen.<br />

Da es jedem Freunde und Mitbruder meines Standes bekannt ist, dass die Schullehrer lauter Jesus-Märtirer<br />

sind, die nicht viel Capitalien an Zinns legen können, und da sich täglich die Leiden meiner guten Aeltern<br />

mehrten; so kam ich auf den Gedanken, meine verfassten Gedichte zu sammeln, und dieselben drucken zu<br />

lassen, nur damit ich etwa eine Quelle finden möchte, aus der wieder einige Unterstützung den Meinigen zufließen<br />

könnte.<br />

Da ich sie Alle zusammen geordnet hatte, gab ich sie einem Kenner und Menschenfreunde zur Einsicht und<br />

Ausfeilung.<br />

Nun werden dieselben zum Drucke befördert, und zwar auf dem Wege der Subskription.<br />

Was die Gedichte im schwäb. Dialekte betrifft, so fand ich in dem Orte, wo ich lebe, und in der Gegend<br />

Niemanden, der sie korrigen konnte oder mochte. Ich gab mir also selbst Mühe, sie so ordentlich als möglich<br />

ins Reine zu bringen. –<br />

Wenn also ein bescheidener Kenner in denselben Fehler findet, woran ich gar nicht zweifle; so bitte ich auf<br />

das Besagte Rücksicht zu nehmen und zu bedenken, dass der Verfasser selbst nicht jeden Fehler einsieht, und<br />

das, was etwa fehlerhaft ist, hauptsächlich auch deßwegen stehen blieb, weil ich Niemanden fand, der es vor<br />

1411 Anmerkung von Joseph Epple: „Componirte herrliche Musikstücke für Kirche und Theater.“<br />

1412 Epple: Vermischte Gedichte in schwäbischer Mundart, III-VIII. – Im Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd befinden sich keine Werke<br />

Bredelins und auch ein Nachlass von Joseph Epple existiert nicht. E-Mail des Schwäbisch Gmünder Stadtarchivars Dr. Klaus J. Herrmann<br />

vom 5.6.2009.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 175<br />

dem Drucke weggeschafft hätte. – Freilich wird es sehr über mich losgehen; doch das thut nichts! Größere<br />

Männer wurden gehechelt, zerfetzt, gehauen und zerrissen; warum soll ich armes Schulmeisterlein eine Ausnahme<br />

machen wollen, da ich ja ohnehin meine Gedichte an die geringsten Produkte der Poesie gerne selbst<br />

anreihe! –<br />

Noch eine Bemerkung muß ich machen: <strong>Die</strong> meisten dieser Gedichte, besonders der schwäbischen, sind nach<br />

Anekdoten verfasst. – Einer vorgefallenen Begebenheit, oder dem Wunsche eines Freundes, über diesen oder<br />

jenen Gegenstand Etwas zu dichten, hat auch ein Theil derselben seine Entstehung zu verdanken. –<br />

Das Gedicht „Der Kukuk“ ist nach einer prosaischen Erzählung gemacht. – Ich habe, nachdem ich das<br />

meinige schon gedichtet hatte, ein gleiches über den nämlichen Gegenstand zu lesen bekommen, welches in<br />

der Hauptsache viel ähnliches mit dem meinigen hatte.<br />

Ob Eines der Art im Drucke erschienen ist, weiß ich nicht.<br />

Ein guter Freund gab mir ein Paar Gedichte, mit der Bitte, dieselben zu ordnen, sie verbessern zu lassen,<br />

und diese in meine Sammlung aufzunehmen.<br />

Daß ich seinem Wunsche entsprochen habe, wird er finden.<br />

Eine freundliche Zurechtweisung wird mir, von wem sie auch sein mag, immer willkommen seyn, weil sie<br />

mich belehrt, und aufmerksam auf das Fehlerhafte oder Unvollkommne meiner Dichtungen macht.<br />

Rezensenten hingegen, die mit dem Zirkel der genauesten Genauigkeit jedes Pünktchen 99mal ausmessen,<br />

und jedes Wort mit zwei Blättlein Fließpapier – etwa in der Größe eines Dreikreuzerstücks, auf der Goldwaage<br />

wägen, werden so viel zu thun bekommen, daß sie vor Verdruß Zirkel und Wage zum „Behüt-uns-<br />

Gott“ werfen.<br />

Um sie diesem traurigen und langwierigen Geschäfte zu entheben, erlaube ich Allen – sammt und sonders<br />

einen blauen Montag! –<br />

Ich weiß, daß ich nie studirt, sondern das sehr Wenige, welches ich etwa verstehe, größten Theils meiner<br />

eigenen Bildung zu verdanken habe. – Und nochmal sei es gesagt: „Meinen armen Aeltern zur Unterstützung<br />

ist das Honorar, das ich vom Verleger bekam, gewidmet.“ – Freilich ist mir der wahre Satz wohl bekannt:<br />

„Der Zweck heiligt die Mittel nicht!“ – Allein ich denke, hier leidet er, wie Alles in der Welt, eine Ausnahme.<br />

Wenn ich also dem bittern Spott in die Hände fallen sollte, so muß ich es frei gestehen, daß ich mir gar nichts<br />

daraus mache, weil es nur Spott ist. – Gründliche und liebevolle Belehrung, – die freilich in unsern Tagen<br />

eine seltene Erscheinung – rara avis – ist, werde ich mit Dank und tiefer Verehrung aufnehmen.<br />

Den Freunden des Gesangs zeige ich noch an, daß ich zu Vielen dieser Gedichte, besonders zu den<br />

schwäbischen, Melodien gesetzt habe, und zwar entweder mit Begleitung eines Claviers, einer Guitarre, oder<br />

mit dreistimmigen Accompagnement, nämlich 2 Violinen und Baß.<br />

Sollten sich mehrere verehrliche Liebhaber finden, so wäre ich nicht abgeneigt, dieselben durch Steindruck<br />

herauszugeben.<br />

Zum Schlusse danke ich den resp. Herren Subskribenten und Allen, die mir Liebes und Gutes erwiesen, auch<br />

zur Herausgabe dieser Gedichte mitgewirkt haben, recht herzlich – so wie auch im Namen meiner Aeltern!<br />

„Der Herr segne Sie Alle!“<br />

<strong>Die</strong>s wünschet der<br />

Verfasser.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 176<br />

5.2. Bredelins „Weibermühle“<br />

5.2.1. Entstehung und geschichtlicher Hintergrund<br />

<strong>Die</strong> genaue Entstehungszeit des ältesten und schönsten <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>spieles, <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

von Georg Anton Bredelin, ist unbekannt 1413 . Jedenfalls schrieb Bredelin sie während seiner Hausacher <strong>Die</strong>nstzeit<br />

zwischen 1784 und 1797, denn sonst wäre das Stück wohl kaum nach Wolfach gelangt 1414 . Da Wolfach<br />

zwischen 1792 und 1797 stark unter den Auswirkungen des 1. Koalitionskrieges zu leiden hatte 1415 und Bredelin<br />

1789 in Schuttern an der Klosterschule wirkte, dürfte eine Aufführung unter Bredelins Leitung nur 1788, als es<br />

den <strong>Wolfacher</strong>n erstmals nach fast 250 Jahren wieder offiziell erlaubt war, die <strong>Fasnet</strong> zu feiern 1416 , oder<br />

zwischen 1790 und 1792 möglich gewesen sein. Eine wesentliche Rolle spielte dabei vermutlich die vielleicht<br />

von Bredelin sogar speziell für diesen Anlass gegründete und 1788 erstmals in den Quellen erwähnte <strong>Wolfacher</strong><br />

Commedianten-Compagnie 1417 . Der sich heute im Bestand des Museums Schloss Wolfach befindliche älteste<br />

handschriftliche Spieltext aus dem Besitz der Familie Straub ist mit 2. März 1803 datiert 1418 . 1803 fiel der<br />

Aschermittwoch auf den 23. Februar, die Aufführung der Weibermühle wäre also in die Fastenzeit gefallen. Ein<br />

Jahr zuvor war jedoch der <strong>Fasnet</strong>zieschdig am 2. März. Laut mündlicher Überlieferung wurde die Weibermühle<br />

bereits 1802 aufgeführt.<br />

Bredelins musikalisches Nachspiel 1419 , ein letztes Relikt des mit der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

schlagartig untergegangenen klösterlichen Musiklebens, verbindet die seit dem Mittelalter in Populärgraphik<br />

1420 und Dichtung thematisierte Verjüngungsmühle mit der im Sinne eines Utopia oder Narragonien verwendeten<br />

Ortsbezeichnung Tripstrill (gelegentlich auch Treffentrill geschrieben 1421 ).<br />

Der Historiker Christian Friedrich Sattler schreibt in seinem 1757 erschienenen Buch <strong>Die</strong> Geschichte des<br />

Herzogtums Württemberg 1422 :<br />

Dann wer sollte glauben daß jemahls ein Tripstrill in der Welt gewesen und dennoch kann man mit Bestand<br />

sagen, daß es so seye. Es hat schon mancher die Worte im Mund geführet, daß dieser oder jener zu Tripstrill<br />

auf der Belz-Mühlin gewesen. Sie sollten Scherz seyn, weil sich niemand vorgestellt, daß in Wahrheit ein Ort<br />

in der Welt seyn könne, welcher diesen wunderlichen Namen führen sollte.<br />

Sattler führt den Namen Tripstrill über die Form Trephetrill auf einen vom römischen Hauptmann Trepho im<br />

Jahr 258 angelegten Ort zurück. <strong>Die</strong>se Herleitung griff der Pädagoge Friedrich Wilhelm Klump 1423 in einer 1837<br />

erschienenen Erzählung auf 1424 :<br />

O, einen weiß ich auch, sagte Otto, du hast mir vor längerer Zeit schon davon gesagt, als ich einmal glaubte,<br />

Tripstrill mit seiner Pelzmühle, wie sich unser Volkswitz ausdrückt, liege blos im Mährchenland. Da sagtest<br />

du mir zu meiner großen Verwunderung: es sei ein Meierhof an jenem Berge, und habe seinen Namen von<br />

einem Landhause, welches ein römischer Befehlshaber Trephon seiner Gemahlin Truilla erbaut habe. Aus<br />

Trephonis Truilla sei denn unser Tripstrill geworden.<br />

Allerdings, erwiederte der Vater, erzählt man es sich also, und die vornehme Römerin, welche vor mehr als<br />

anderthalbtausend Jahren von diesem Landsitze aus auf das schöne, unter ihr liegende Gau herabschaute,<br />

hat wohl schwerlich daran gedacht, daß die Nachkommen derjenigen Bewohner, welche sich damals, gottlob!<br />

nur vorübergehend, unter das Römerjoch beugen mußten, ihre Villa mit ihrem Namen noch in später<br />

1413<br />

Zu Bredelins Weibermühle siehe Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1955), 141; Krausbeck: Aus der Geschichte der<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1956), 55-60; Krausbeck: <strong>Die</strong> Altweibermühle; Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in Geschichte und Dichtung, 25-44;<br />

Krausbeck: Nach 90 Jahren wieder; Krausbeck: 200 Jahre „Altweibermühle“ in Wolfach; Krausbeck: Zum Glück gabs die<br />

„Commedianten-Compagnie“; Schrader: <strong>Die</strong> „Weibermühle von Tripstrill“ in Wolfach. – Zur Ideengeschichte der Weibermühle siehe<br />

Bolte: <strong>Die</strong> Altweibermühle; Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Die</strong> Altweibermühle, 4-7.<br />

1414<br />

Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass das Spiel aus dem 15. Jahrhundert stammen könnte, wie es in Hund, D.: Küchle erinnern an die<br />

alten Fasnachtsbräuche behauptet wird. Nur das Motiv einer Verjüngungsmühle lässt sich auf jene Zeit datieren; der <strong>Wolfacher</strong> Spieltext<br />

geht zweifelsfrei auf das 18. Jahrhundert zurück.<br />

1415<br />

Disch: Chronik Wolfach, 668-680.<br />

1416<br />

Disch: Chronik Wolfach, 116, 444.<br />

1417<br />

Disch: Chronik Wolfach, 116.<br />

1418<br />

Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/12. – Das Textheft wurde 2010 in der Großen Landesausstellung „Vom Minnesang zur<br />

Popakademie“ im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe ausgestellt. Vom Minnesang zur Popakademie, 375 (Nr. VI.58). – Zur Berechnung<br />

des Osterdatums und damit auch des <strong>Fasnet</strong>termins siehe Abschnitt 1.1; Grotefend: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters<br />

und der Neuzeit.<br />

1419<br />

Zum Begriff Nachspiel siehe Anmerkungen 241, 270.<br />

1420<br />

Zu den graphischen Darstellungen der Weibermühle siehe Bolte: <strong>Die</strong> Altweibermühle, 242-247. – Etwa 1910 schuf die Künstlerin Anna<br />

Klein (1883-1945) eine Lithographie mit dem Titel Altweibermühle. Klein, A.: Altweibermühle.<br />

1421<br />

Nhd. treffen < mhd. trëffen ‚betreffen, treffen, zusammentreffen’ < ahd. treffan* ‚treffen’ < germ. *drepan ‚streichen, stoßen, schlagen’<br />

< idg. *d h reb h - ‚zerbrechen, zermalmen, töten’. Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *d h reb h -. – Es könnte auch sein, dass der erste Wortteil<br />

auf idg. *trep- ‚trippeln, trampeln, zittern, treten’ > germ. *trep- ‚treten’ zurückgeht. Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v. *trep- (1); Köbler:<br />

Germ. Wörterbuch, s. v. *trep-.<br />

1422<br />

Sattler: Geschichte des Herzogthums Würtenberg I, 527, zitiert nach Bacmeister: Alemannische Wanderungen, 116. – Vgl. hierzu Bolte:<br />

<strong>Die</strong> Altweibermühle, 249 Anmerkung 3; Historie Erlebnispark Tripsdrill, 1.<br />

1423<br />

Zu Klump siehe: ADB XVI, 253-255, s. v. Klump, Friedrich Wilhelm.<br />

1424 Beschäftigungen für die Jugend, 135f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 177<br />

Folgezeit zu einem Schwabenwitze benützen würden. So wechselt es in der Geschichte; alle bloße Menschengröße<br />

fällt einmal und verschwindet oft spurlos, und wenn man so an manchen Denkmälern ehemaliger<br />

Größe und Macht, welche jezt in Trümmern liegen, vorübergeht, so kann man wohl recht wehmüthig gestimmt<br />

werden und fragen: was denn bleibt und dauert? Da richtet der Christ mit freudiger Zuversicht seinen<br />

Blick aufwärts und sagt sich: wer den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewigkeit.<br />

Auch wenn diese Geschichte nicht unbedingt überzeugen kann, so wird doch das im Landkreis Heilbronn bei<br />

Cleebronn gelegene Tripstrill in der näheren Umgebung heute manchmal noch die Trulla genannt 1425 .<br />

1787 wurde ein Kupferstich mit einer Belz-Mühle in der Zeitung „Schwäbische Chronik“ von Christian Gottfried<br />

Elben (1754-1829) abgedruckt 1426 . Ursprünglich bezeichnete Trips Trill im gesamten deutschen Sprachgebiet<br />

einen törichten Menschen oder Dummkopf 1427 . Das legt die Vermutung nahe, dass der zweite Teil des<br />

Wortes mit mhd. trüller ‚Gaukler, Spielmann’ 1428 , trüllen = trollen ‚gaukeln, spielen; betrügen, betören’ 1429 , trulgast,<br />

trol-gast ‚ungeladener Gast, der durch seine lächerliche Kleidung und Possen die Gesellschaft belustigt’ 1430<br />

zusammenhängen könnte 1431 . Erst später wandelte sich Tripstrill im ober- und mitteldeutschen Sprachgebiet zur<br />

Kennzeichnung eines Ortes, dessen törichte Einwohner sich übergescheit glauben und deshalb lauter Narreteien<br />

begehen. Im Mittelhochdeutschen bedeutet trülle ‚Kebsweib, Hure’, trüllerinne ‚Kupplerin’ 1432 und würde somit<br />

ebenfalls zu einem Ort passen, an dem alte Weiber wieder jung und attraktiv gemacht werden.<br />

5.2.2. Text und Melodie der Weibermühle<br />

Der Text von Bredelins Weibermühle besteht aus 33 Strophen, von denen 14 auf mehrere Rollen aufgeteilt sind.<br />

Jede von ihnen folgt dem siebenzeiligen Reimschema ababccx; die Zeilen 1, 3, 5 und 6 sind vierhebige Jamben,<br />

die anderen dreihebige, die Versschlüsse durchgehend männlich. <strong>Die</strong>se Strophenform wird auch als<br />

Lutherstrophe bezeichnet, denn Martin Luther verfasste zahlreiche Kirchenlieder nach diesem Schema 1433 .<br />

Notenbeispiel 19: Vergleich zwischen Bredelins Weibermühlenmelodie und J. S. Bachs Violinkonzert BWV 1042<br />

Alle Strophen werden auf dieselbe Liedmelodie gesungen 1434 , die im Melodienkatalog des Deutschen Volksliedarchivs<br />

nur aus Wolfach belegt ist 1435 . Erst 1950 hielt der Stadtkapellmeister Eugen Lang ihren Notentext schriftlich<br />

fest, nachdem Georg Straub sie ihm vorgesungen hatte. In einem Aufsatz im <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle von<br />

1972 äußerte Josef Krausbeck die sehr gewagt erscheinende Vermutung, dass Schwung und Eleganz dieser<br />

Melodie „einem Haydn oder Mozart entsprungen sein möchte“ 1436 . Im Jahre 2011 stellte sich nun heraus, dass<br />

tatsächlich eine Verbindung zu einem bedeutenden Komponisten besteht 1437 , denn die ersten beiden Notenzeilen<br />

finden sich mit Ausnahme der 9. und 13. Note bereits im Violinkonzert BWV 1042 in E-Dur 1438 von Johann<br />

Sebastian Bach (1685-1750), das er vermutlich in seiner Köthener Kapellmeisterzeit zwischen 1717 und 1723<br />

1425 Historie Erlebnispark Tripsdrill, 1.<br />

1426 Bolte: <strong>Die</strong> Altweibermühle, 245 Anmerkung 2. – Zu Elben siehe ADB VI, 1-3, s. v. Elben, Christian Gottfried.<br />

1427 Zur Bedeutung von Tripstrill siehe Bolte: <strong>Die</strong> Altweibermühle, 249-253; Grimm: Deutsches Wörterbuch XXII, 652f., s. v. Tripstrill. –<br />

Bei Bolte und Grimm nicht erwähnt ist ein Brief von Wolfgang Amadé Mozart, den er am 28.2.1778 an seine Cousine schrieb: Nu, das<br />

ist endlich ein ding, ob es tribsterill wo der dreck ins meer rinnt, oder burmesquick wo man die krummen arschlöcher dräht, war; mit<br />

einem wort, es war halt ein ort. Mozarts Bäsle-Briefe, 118. – Der Hinweis auf diese Stelle stammt von Prof. Paul Derks, Essen.<br />

1428 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 232, s. v. trüller.<br />

1429 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 232, s. v. trüllen.<br />

1430 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 232, s. v. trul-, trol-gast.<br />

1431 Vgl. dazu germ. *trulljan ‚zaubern’ > an. try-l-l-a ‚verzaubern’, ae. dr8 ‚Zauberer’, drýlic ‚zaubernd’. Köbler: An. Wörterbuch, s. v. tryl-l-a;<br />

Köbler: Ae. Wörterbuch, s. v. dr8; Searchable Old English-Modern English Dictionary, s. v. drýlic.<br />

1432 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 232, s. v. trülle, trüllerinne.<br />

1433 Meid: Reclams elektronisches Lexikon, s. v. Volkslied. – Bekannte Beispiele für die Lutherstrophe, in der auch weibliche Versschlüsse<br />

und längere Jamben erlaubt sind, sind Luthers Kirchenlieder Ach Gott vom Himmel sieh darein und Aus tiefer Not schrei ich zu dir, die<br />

J.S. Bach in seinen gleichnamigen Choralkantaten BWV 2 und 38 benutzte. Dürr: <strong>Die</strong> Kantaten von Johann Sebastian Bach II, 453, 667.<br />

1434 <strong>Die</strong>se Form des Singspiels, in dem alle Strophen einer dialogischen Handlung auf nur eine Liedmelodie gesungen werden, findet sich<br />

bereits im 16. Jahrhundert, beispielsweise in dem Nürnberger Fastnachtspiel <strong>Die</strong> Erziehung des bösen Weibes von Jakob Ayrer (1544-<br />

1605). Fastnachtspiele des 15. und 16. Jahrhunderts, 288-309.<br />

1435 Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Die</strong> Altweibermühle, 10. – <strong>Die</strong> von Josef Krausbeck festgestellten Anklänge der Weibermühlenmelodie<br />

an das Lied E Burebiebli mag i nit (Melodie abgedruckt in: Alemannisches Liederbuch, 40f.) halten sich in engen<br />

Grenzen und lassen deshalb nicht auf eine direkte Abhängigkeit der beiden Melodien schließen.<br />

1436 Krausbeck, J.: <strong>Die</strong> Altweibermühle.<br />

1437 Schrader: <strong>Die</strong> Melodie geht auf Komponisten Bach zurück.<br />

1438 Neue Bach-Ausgabe, Serie VII, Bd. 3. – Vgl. J. S. Bachs Werke, Bd. 21.1 (Digitalisat).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 178<br />

komponierte 1439 und 1738 in einer Bearbeitung als Cembalokonzert BWV 1054 mit seinem Leipziger Collegium<br />

Musicum erneut zur Aufführung brachte 1440 . Es lässt sich heutzutage nicht mehr eindeutig belegen, auf welche<br />

Weise es zu dieser verblüffenden Verwandtschaft zwischen Bredelins Melodie und Bachs Violinkonzert gekommen<br />

ist. Da bei einer Bewegung auf der Durtonleiter ohne Modulationen die Wahrscheinlichkeit von<br />

Parallelen relativ hoch ist 1441 , erscheint dies zunächst nur wie ein Zufall. Allerdings findet sich auf der Internetseite<br />

„The Electronic Dictionary of Musical Themes” 1442 , auf der 9825 musikalische Themen von über 150<br />

Komponisten verzeichnet sind, nur genau diese eine Übereinstimmung zwischen Bredelin und Bach. Deshalb<br />

könnte es durchaus sein, dass Bredelins Melodie auf einem älteren Lied beruht, das auch Bach als Vorlage für<br />

sein Violinkonzert benutzte. Nicht ganz auszuschließen ist auch die Vermutung, dass Bredelin Bachs Violinkonzert<br />

kannte und seine eigene Melodie daraus ableitete.<br />

<strong>Die</strong> Weibermühlenmelodie war und ist in Wolfach sehr beliebt und fand auch für Moritaten beim Schnurren<br />

Verwendung. Um 1870 entstand auf die Melodie ein Schnurrtext, der die Preußische Gewerbe-Ordnung, nach<br />

der die Frauen handwerksberechtigt wurden, verulkte 1443 .<br />

<strong>Die</strong> Handlung der Weibermühle lässt sich in einen Prolog, sechs Szenen und einen Epilog gliedern 1444 .<br />

Nachdem der Müllermeister Cyprian seine Wundermühle angepriesen hat, bringen nacheinander fünf Männer –<br />

ein Weber, ein Schneider, ein Schuster, ein Bauer und ein Schreiber – ihre alten Weiber zur Mühle und klagen<br />

dem Müller ihr Leid, wobei sich gelegentlich auch der Hanswurst Stolprian mit spöttischen Kommentaren einmischt.<br />

<strong>Die</strong> alten Weiber landen trotz Gegenwehr in der Mühle. Bei jedem Mahlvorgang stimmt Cyprian sein<br />

Zauberlied an, damit die Verwandlung auch gelinge. Nach ihrer Verjüngung will nun das Weib nichts mehr von<br />

ihrem alt gebliebenen Mann wissen, der sich darum lebhaft beschwert, doch bleibt ihm nur der Spott des<br />

Müllermeisters oder Hanswursts für sein törichtes Handeln. Nachdem der Hanswurst gesehen hat, wohin die<br />

Verjüngung der Weiber führt, bringt auch er sein Weib zur Mühle in der Hoffnung, dass dieses ihn danach verlassen<br />

werde, doch wendet sich das Schicksal gegen ihn. Es folgen als Epilog drei Strophen, in denen die<br />

Männer, der Hanswurst und die Weiber ihre jeweils eigenen Schlüsse aus der Handlung ziehen 1445 .<br />

Tabelle 17: Aufbau und Rollenverteilung von Bredelins „Weibermühle“<br />

Szene Prolog Szene 1 Szene 2 Szene 3 Szene 4 Szene 5 Szene 6 Epilog Gesamt<br />

Person<br />

Müllermeister Cyprian 7 14 17 18 9 14 14 - 93<br />

Hanswurst Stolprian - 3 - - 4 4 16 7 34<br />

Weber - 12 - - - - - - 12<br />

verjüngte Weberin - 6 - - - - - - 6<br />

Schneider - - 13 - - - - - 13<br />

Durathä, Schneiderin - - 5 - - - - - 5<br />

Schuster - - - 11 - - - - 11<br />

verjüngte Schusterin - - - 6 - - - - 6<br />

Bauer - - - - 16 - - - 16<br />

verjüngte Bäuerin - - - - 6 - - - 6<br />

Schreiber - - - - - 5 - - 5<br />

Lieserl, Schreiberin - - - - - 5 - - 5<br />

Hanswurstweib - - - - - - 6 - 6<br />

Chor der Männer - - - - - - - 7 7<br />

Chor der Weiber - - - - - - - 7 7<br />

Zeilenzahl 7 35 35 35 35 28 36 21 232<br />

Strophenzahl 1 5 5 5 5 4 5 3 33<br />

Für den Müllermeister wählte Bredelin vermutlich ganz bewusst den Namen Cyprian 1446 , denn er bezieht sich<br />

damit auf eine alte Sagengestalt, den heiligen Cyprian von Antiochien († 304 n. Chr.) 1447 , der einst als ein be-<br />

1439 Boyd: Johann Sebastian Bach, 343.<br />

1440 Neue Bach-Ausgabe, Serie VII, Bd. 4. – Vgl. J. S. Bachs Werke, Bd. 17. (Digitalisat). – Datierung der Cembalofassung nach Kobayashi:<br />

Zur Chronologie der Spätwerke Johann Sebastian Bachs, 41.<br />

1441 Auskunft von Dr. Anke Brügmann, Wolfach-St. Roman. Eine vergleichbare Vermutung äußert auch der Cembalist und Musikwissenschaftler<br />

Robert Hill (Musikhochschule Freiburg i. Brsg.) in einer E-Mail vom 27.1.2011, zumal auch keine keine rhythmische Übereinstimmung<br />

vorhanden ist.<br />

1442 http://www.multimedialibrary.com/barlow/index.asp (16.1.2011).<br />

1443 Siehe Anhang 2: Moritat von 1870 über die Preußische Gewerbeordnung. – Der von Adolf Neef lithographierte Text für diese Moritat<br />

befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2008/319. Vgl. Krausbeck: <strong>Die</strong> Altweibermühle.<br />

1444 In der letzten Strophe der sechsten Szene gibt es für den Hanswurst und sein Weib jeweils eine eigene siebte Zeile, deshalb beträgt die<br />

Gesamtsumme der Zeilen in dieser Szene 36.<br />

1445 Zur Erweiterung des originalen Spieltextes durch Josef Krausbeck siehe weiter unten.<br />

1446 Lat. Cyprianus ‚Mann aus Cypern’. Linnartz: Unsere Familiennamen II, 181, s. v. Cyprian(us).<br />

1447 Es lässt sich keine historische Gestalt bestimmen, auf die die Sage, die bereits im 4. Jahrhundert entstanden ist, zurückgehen könnte. Zur<br />

Cyprian-Sage siehe: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon IV, 869f., s. v. Kyprianos von Antiochia; Handwörterbuch des<br />

deutschen Aberglaubens II, 111f.; Kamp: Leben der Heiligen, 539f. – Cyprians Feiertag ist der 26. September. – Dass Bredelin sich gut<br />

in der Geschichte von Heiligen auskannte, zeigt sein Hayinger Singspiel Das Ziel und End des Menschen, in dessen Prose er den<br />

Heiligen Arsenius auftreten lässt. Möglicherweise entstammt sein Wissen über Cyprian der gleichen Quelle, die er schon für sein Singspiel<br />

benutzte.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 179<br />

rühmter Zauberer galt, bevor er zum Christentum bekehrt wurde. Er kannte die magischen Künste der Ägypter<br />

und Chaldäer und stand in dem Ruf, die Elemente zu beherrschen, die Kunst der Nekromantie ‚Weissagung<br />

durch Geister- und Totenbeschwörung’ auszuüben und die Gabe der Verwandlung zu besitzen 1448 , wie sie sich<br />

geradezu beispielhaft in der Weibermühle zeigt. Ein Jüngling, der ein christliches Mädchen namens Justina, die<br />

Tochter eines Götzenpriesters, die dauernde Jungfräulichkeit gelobt hatte, liebte, beauftragte Cyprian, diese<br />

durch einen Liebeszauber für ihn zu gewinnen, doch scheiterte der Versuch. <strong>Die</strong>ses Handlungsmotiv der Sage<br />

dürfte Bredelin veranlasst haben, seinem Müllermeister diesen Namen zu geben.<br />

Cyprians eigene Liebe zu Justina blieb ebenfalls unerwidert. Ihr starker christlicher Glaube besiegte die von<br />

Cyprian ausgeschickten Dämonen. Er erkannte nun die größere Macht des christlichen Glaubens an, ließ sich<br />

taufen und wurde später zum Bischof von Antiochia geweiht. Zuvor vernichtete er noch sein Zauberbuch, das in<br />

Sagen der Volksüberlieferung eine besondere Bedeutung hat und mit blutroten Buchstaben geschrieben gewesen<br />

sein soll 1449 . Wegen seiner Macht über Dämonen wird der Heilige in mehreren Zaubersprüchen und Segen erwähnt.<br />

Beispielsweise nennt Eduard Mörike in seiner 1836 erschienenen Novelle Der Schatz den Vers:<br />

Was dir an Gorgon wird gestohlen,<br />

Vor Cyprian kannst’s wieder holen;<br />

Jag nit darnach, mach kein Geschrei,<br />

Und allerdings fürsichtig sei 1450 .<br />

Zudem gilt Cyprian als Heiliger gegen das vor allem bei älteren Menschen auftauchende Zipperlein ‚Gicht’ 1451 .<br />

Cypria(n) bzw. Cypris ist auch ein gebräuchlicher Beiname der Liebesgöttin Venus, da diese auf Zypern geboren<br />

wurde; ihr Sohn Amor wird als Cypripor bezeichnet 1452 .<br />

Der spanische Dramatiker Pedro Calderón de la Barca (1600-1681) verband die Cyprian-Legende 1637 in<br />

seinem Schauspiel El Mágico Prodigioso ‚Der wundertätige Magier’ mit der spanischen Version der Faustsage<br />

1453 :<br />

Den heidnischen Philosophen und Gelehrten Cyprianus im Antiochia des 4. Jh. will der Teufel durch sinnliche<br />

Begierde nach weiblicher Schönheit von seiner unerbittlichen Wahrheitssuche und vom Weg zum<br />

rechten Glauben, auf dem er sich bewegt, und der Erkenntnis eines einzigen, christlichen Gottes ablenken; er<br />

läßt ihn zum Zeugen eines Zweikampfes um die schöne Christin Justina werden, den Cyprianus unterbricht,<br />

indem er seine Vermittlung bei Justina verspricht. Dabei jedoch verliebt er sich selbst in ihre Schönheit, wird<br />

aber als Werber in eigener Sache wie alle anderen abgewiesen. Nachdem alle seine Annäherungsversuche<br />

gescheitert sind und seine Leidenschaft ins Maßlose wächst, veranlassen gekränkte Liebe und Eifersucht ihn<br />

zum Bund mit einem Dämon, der sich ihm durch die Erzählung vom gefallenen Engel verhüllt als Teufel zu<br />

erkennen gibt und dem er für den Besitz Justinas in einem blutigen Pakt seine Seele verschreibt. Doch auch<br />

teuflische Magie kann die standhafte Justina nicht in Versuchung führen und scheitert an ihrer gottgegebenen<br />

Willensfreiheit und der Macht ihres Christenglaubens. Cyprianus, der sie beschwört, hält nur ein<br />

Phantom mit ihrer Gestalt in seinen Armen, das sich als Skelett entpuppt. Im Streit mit dem Dämon über den<br />

gebrochenen Pakt muß dieser Cyprianus den Namen des stärkeren Gottes preisgeben; Cyprianus ruft in<br />

höchster Not den Christengott um Hilfe an und wird erhört. Der Teufel erreicht damit das Gegenteil seiner<br />

Absicht und wird selbst zum Verkünder der Macht Gottes. Nach der Einsicht in die Nichtigkeit irdischer<br />

Werte und teuflischer Versprechungen und leidenschaftlicher Selbstanklagen wegen seiner Sünde bekennt<br />

Cyprianus sich endgültig zum Christentum, wird zum furchtlosen Verkünder der neuen Lehre und stirbt gemeinsam<br />

mit Justina, die ihn im Sinne einer höheren Liebe liebt, den Märtyrertod. Der Teufel muß öffentlich<br />

seine Niederlage und die Errettung der Seele seines Opfers eingestehen.<br />

Das Stück wurde in Deutschland von Lessing, Herder und Goethe sehr geschätzt 1454 .<br />

Der Germanist Karl Müllenhoff (1818-1884) überliefert in seiner 1845 erschienenen Sammlung von Sagen,<br />

Märchen und Liedern aus Schleswig-Holstein eine ihm von Herrn Storm in Husum 1455 mitgeteilte Sage 1456 :<br />

1448 Tuczay: Magie und Magier im Mittelalter, 108.<br />

1449 Das Motiv eines mit Blut geschriebenen Buches, das seinen Besitzern Tod und Verderben bringt, diente 2006 als Handlungsgerüst für<br />

einen Tatort-Krimi. Gies / Jancke: Tatort. Blutschrift.<br />

1450 Mörike: Der Schatz, 398.974.<br />

1451 Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch IV, 1724, s. v. Das Zipperlein.<br />

1452 CYPRIA, æ, ein gemeiner Beynamen der Venus, welchen sie von der Insel Cypern hat, entweder, weil ihr in derselben der erste Tempel<br />

zu Ehren erbauet, Festus lib. III. p. 1140. oder sie auch daselbst gebohren worden; Hesiod. Theog. v. 199. oder weil sie in solcher Insel<br />

zuerst ihre Buhlschaften gehabt, auch die andern Weiber zu dergleichen vermocht, damit sie nicht allein für eine Hure möchte gehalten<br />

werden. Ennius ap. Lact. Inst. lib. I. c. 17. §. 10. Es wollen zwar einige sie von κύειν, gebähren, also benannt wissen, weil sie den<br />

Gebährerinnen vorstehe: Festus l. c. ein jeder sieht aber, daß solche Ableitung gezwungen heraus komme. Hederich: Gründliches<br />

mythologisches Lexikon, 846. – Zu Cypripor vgl. Johann Sebastian Bachs Hochzeitsquodlibet BWV 524 sowie das Gedicht Amors Geburt<br />

von Heinrich Wilhem von Gerstenberg. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 160.326-160.330.<br />

1453 Lexikon der Weltliteratur, 24.255-24.257.<br />

1454 Calderón de la Barca: El Mágico Prodigioso (spansich); Calderón de la Barca: Der wundertätige Magus (deutsch); Kindlers Literatur<br />

Lexikon VIII, 5902f., s. v. El Mágico Prodigioso. – Inhaltsangabe in Schmidt, F. W. V.: <strong>Die</strong> Schauspiele Calderon’s, 436-441. – Vgl.<br />

Lexikon für Theologie und Kirche VI, 701f., s. v. Kyprianos von Antiochien; <strong>Die</strong> Religion in Geschichte und Gegenwart I, 1892, s. v.<br />

Cyprian von Antiochien; Frenzel: Stoffe der Weltliteratur, 207, 209; Zahn: Cyprian von Antiochien.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 180<br />

In alter Zeit lebte auf einer dänischen Insel ein Mann namens Cyprianus; der war schlechter als der Teufel.<br />

Deshalb ward er, als er gestorben und zur Hölle gefahren war, vom Teufel wieder hinausgeworfen und auf<br />

seine Insel zurück versetzt. Hier schrieb er neun Bücher in altdänischer Sprache mit Hexereien und Zaubersprüchen.<br />

Wer diese Bücher alle neun durchliest, ist dem Teufel verfallen. Von diesem Original sollen drei<br />

(oder neun) Exemplare von einem Mönche abgeschrieben und dann zerstückelt über die ganze Welt verbreitet<br />

worden sein. Ein vollständiges Exemplar soll von einem Grafen, der auf dem Plöner Schloß wohnte,<br />

in Ketten geschmiedet und unter das Schloß vergraben sein, weil ihm nach Durchlesung der ersten acht<br />

Bücher so angst ward, daß er sie vor den Augen der Welt zu verbergen beschloß. – Eins dieser Bücher<br />

existiert noch in Flensburg. Einzelne Zaubereien aus den neun Büchern sind noch vielen alten Leuten<br />

bekannt. Will man aber darin eingeweiht werden, muß man zuerst das Christentum verschwören. [...] In<br />

Flensburg soll man noch mehr vom Cyprianus zu erzählen wissen.<br />

Storm selbst griff dieses Thema in seiner 1866 erschienenen Erzählung Der Spiegel des Cyprianus auf 1457 :<br />

Ihr wisset wohl, gnädige Gräfin, daß der Name Cyprianus später im ganzen Norden als eines mächtigen<br />

Zauberers bekannt geworden ist. <strong>Die</strong> Bücher, die er geschrieben, hat man nach seinem Tode in dem unterirdischen<br />

Gewölbe eines Schlosses an Ketten gelegt, weil man geglaubt hat, es seien böse, das Heil der Seele<br />

gefährdende Dinge darin enthalten. Aber die das getan, haben sich geirrt, oder sie sind selbst nicht reinen<br />

Herzens gewesen; denn – wie Cyprianus während seines Aufenthalts in diesem Hause oft gesagt haben soll –<br />

»die Kräfte der Natur sind niemals böse in gerechter Hand«.<br />

Auch in Umberto Ecos 1980 erschienenem Roman Der Name der Rose wird das okkulte Buch des Sankt Cyprian<br />

erwähnt 1458 . Da mutet es fast wie eine Ironie der Geschichte an, dass Bredelins Spiel über des Müllermeister<br />

Cyprians Weibermühle ein ähnliches Schicksal ereilte wie Cyprians Zauberbuch und nach der Aufführung von<br />

1892 über 80 Jahre lang nicht mehr zu sehen war.<br />

Da sich Bredelin gut in der Tradition der klösterlichen Schulkomödie auskannte und selbst eine Klosterschule<br />

besuchte, könnte der Name des Müllermeisters auch eine Anspielung sein auf die Cœna Cypriani, das Gastmahl<br />

des heiligen Kirchenvaters und Bischofs von Karthago Cyprianus (200/210-258) 1459 . <strong>Die</strong> Cœna ist eine mittelalterliche<br />

Posse, in der die Bibelgestalten zu einer fröhlichen Tafelrunde versammelt sind und die zur Tradition<br />

der klösterlichen Osterspiele und mönchischen Späße gehörte 1460 .<br />

Der Hanswurst wird von Bredelin, vielleicht in Anlehnung an ein Fastnachtspiel von Hans Sachs (1494-<br />

1576) 1461 , als Stolprian ‚ein tölpischer Mensch, der über alles stolpert’ bezeichnet 1462 , was hier wohl auch als<br />

eine Verballhornung von Cyprian zu deuten ist und den Hanswurst zu einer Parodie seines Meisters macht,<br />

dessen Zauberkraft er für sich auszunutzen gedenkt, dabei aber sozusagen über seine eigenen Füße stolpert. Im<br />

18. Jahrhundert bedeutete in den niedrigen Sprecharten der Begriff Stolprian bildlich ‚Fehler’ und einen<br />

Stolprian machen ‚stolpern’ 1463 .<br />

<strong>Die</strong> Klage des Hanswursts, dass ihn sein Plunders Weib um Geld und Gut, um Seel und Leib bringe, erscheint<br />

fast als ein selbstironischer Bezug auf Bredelins eigene Frau, die ihn durch ihre Unhäuslichkeit in eine schier<br />

ausweglose finanzielle Lage gebracht hatte.<br />

5.2.3. Aufführungsgeschichte der Weibermühle<br />

Nachweislich aufgeführt wurde die Weibermühle in Wolfach 1803, 1836, 1858, 1892 1464 , 1952 1465 , 1973, 1977,<br />

1982, 1987, 1992, 1997, 2002 und 2007. Von 1892 ist ein Teil der Besetzungsliste überliefert: Johann Georg<br />

Straub, Ochsenwirt (in dessen Besitz sich die Handschrift der Weibermühle von 1803 befand), als Müller; Adolf<br />

Gißler, Fruchthändler, als Weber; Stefan Lorenz, Hammerschmied, als Hanswurst; Wilhelm Vollmer,<br />

Schreinermeister, als altes Hanswurstwieb; Josef Haas, Branntweinbrennerei, sowie Julius Sattler und Eduard<br />

Kleinbub als Hanswurste am Mühlrad; Xaver Lorenz, Sattlermeister, als Schneider; Adlerwirt Rudolf Neef als<br />

Bauer 1466 .<br />

1455<br />

Gemeint ist der Schriftsteller Theodor Storm (1817-1888), der zusammen mit Theodor Mommsen (1817-1903) und Müllenhoff Sagen<br />

seiner Heimat sammelte.<br />

1456<br />

Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder, 403.569.<br />

1457<br />

Storm: Der Spiegel des Cyprianus, 526.407.<br />

1458<br />

Eco: Der Name der Rose, 514.<br />

1459<br />

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon I, 1178-1183, s. v. Cyprian, Thascius Caecilius; Kamp: Leben der Heiligen, 519f. –<br />

Cyprians Feiertag ist der 16. September, zwei Tage vor Bredelins Geburtstag. In Mittelbiberach, drei Kilometer von Biberach / Riß entfernt,<br />

gibt es die katholische Stadtkirche St. Cornelius und St. Cyprian.<br />

1460<br />

Modesto: Studien zur Cena Cypriani und zu deren Rezeption; Eco: Der Name der Rose, 574f., 578.<br />

1461<br />

Das 69. Fastnachtspiel von Hans Sachs heißt Sankt Stölprian. Fastnachtspiele des 15. und 16. Jahrhunderts, 423.<br />

1462<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch XIX, 230, s. v. Stolprian.<br />

1463<br />

Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch IV, 401, s. v. Stolpern.<br />

1464<br />

Das Plakat der Aufführung von 1892 ist abgedruckt in Krausbeck: Nach 90 Jahren wieder, 21. Das Plakat wurde 1982 leicht abgewandelt<br />

wiederverwendet, siehe Krausbeck: 1892-1982. <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Weibermühle.<br />

1465<br />

<strong>Die</strong> Aufführung 1952 war eine verkürzte, modernisierte Inszenierung von Georg Straub.<br />

1466 ANK 4 (1952), Nr. 4.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 181<br />

Am 14. Februar 1892 veranstaltete der Katholische Gesellen-Verein einen großen „humoristischen<br />

Narrengesellschafts-Abend“ im Gasthaus „Zur Schütte“. Auf dem Programm stand in der „I. Abtheilung“ an<br />

zweiter Stelle: „<strong>Die</strong> Welt ein Buch der Lieder (Aus der Oper: <strong>Die</strong> Weibermühle v. Trippsdrill.) Solovortrag mit<br />

Radaubegleitung v. Reifsteckenkomiker. (NB. No. 2 lässt man so zwischen No. 1 herumrumoren.)“ 1467 .<br />

Sonderaufführungen der Weibermühle gab es in der Festhalle am 23. Oktober 1982 bei der Herbsttagung der<br />

VSAN im Rahmen eines Unterhaltungsabends für die Zunftvertreter und aus Anlass des 200-jährigen Bestehens<br />

des Stückes am 8. Februar 1987. Eine für den 22. Juli 1973 geplante Aufführung der Weibermühle, in deren<br />

Rahmen auch das restliche <strong>Fasnet</strong>brauchtum vorgestellt werden sollte, wurde wegen Terminüberschneidungen<br />

abgesagt 1468 . Gedruckte Textbüchle erschienen 1858 und 1892 mit Lithographien von Adolf Neef (1823-<br />

1893) 1469 sowie 1973 und 1986 mit ausführlichen Anmerkungen von Josef Krausbeck. Zum damals vermuteten<br />

150. Jubiläum kam 1952 eine auf 20 Minuten verkürzte und durch Georg Straub modernisierte Version 1470 auf<br />

die Festspielbühne vor dem Rathaus in Verbindung mit den Närrischen Olympischen Ausscheidungskämpfen,<br />

dem eigentlichen Festspiel nach einer Idee von Hugo Vivell. In einigen <strong>Fasnet</strong>spielen wirkte die Mühle<br />

außerdem ohne Bredelins Text und Musik mit, beispielsweise 1937 1471 und 1949.<br />

<strong>Die</strong> 81-jährige Spielpause der Originalfassung geht auf einen alten Aberglauben zurück: Nachdem 1892 die<br />

Weibermühle aufgeführt worden war und noch im gleichen Jahre das alte Rathaus abbrannte, beschlossen die<br />

Narren 1893 in der Gastwirtschaft „Zum Ochsen“ in ihrer ersten Versammlung, das Spiel künftig nicht mehr<br />

aufzuführen. Als Begründung dafür war im Kinzigtäler zu lesen: Merkwürdigerweise ist auch jedesmal im selben<br />

Jahre, in welchem diese ‚verhängnisvolle Mühle’ gespielt wurde, also 1802, 1836 und 1858, ein größerer Brand<br />

in unserer Stadt ausgebrochen 1472 . (In der Chronik von Wolfach von Franz Disch sind für die Jahre 1802 und<br />

1858 keine Stadtbrände verzeichnet 1473 .) Wer später für das Stück eintrat, wurde gar als möglicher Brandstifter<br />

verdächtigt 1474 . Als Josef Krausbeck in den 1930er-Jahren eine Aufführung vorschlug, entgegnete der damalige<br />

Narrenvater Erwin Haas: Und was ist, wenn ein Brand ausbricht?<br />

Wie der Zufall so will, blieb beim großen Schlossbrand 1947, als fast alle größeren Requisiten der Narrenzunft<br />

verbrannten, ausgerechnet der 1937 angeschaffte hölzerne Kasten der Weibermühle vom Feuer verschont<br />

1475 .<br />

5.2.4. Rezeptionsgeschichte der Weibermühle<br />

Der Südwestfunk verwendete die Straub’sche Kurzfassung 1952 als Grundlage für ein Hörspiel, verfasst von<br />

SWF-Redakteur Horst Scharfenberg (1919-2006) 1476 , das am <strong>Fasnet</strong>samschtig 1954 wiederholt wurde 1477 :<br />

<strong>Die</strong> Rahmenhandlung führt einen Fremden (Horst Scharfenberg) in das nächtliche Wolfach, wo er, erstaunt über den <strong>Fasnet</strong>lärm in den<br />

Gasthäusern, sich von einem Nachtwächter (Georg Straub) über die begonnene <strong>Fasnet</strong> aufklären lässt. Anschließend lernt er eine junge<br />

<strong>Wolfacher</strong>in (Elsbeth Sattler) kennen, die ihn nun durch das ganze Brauchtum der hiesigen <strong>Fasnet</strong> führt: zu hören sind Ausschnitte aus<br />

dem Schnurren und den Elfemessen mit dem Michelesmarsch, der Wohlauf, das Ausrufen der <strong>Fasnet</strong>sprüche durch die Kinder sowie der<br />

Sang der <strong>Fasnet</strong>lieder durch die Narren in den Wirtschaften. Alte Weiblein (Sofie Schrempp, Marie Wörner, Berta Vollmer) huschen<br />

über die Straße und bereiten den staunenden Fremden auf das kommende große <strong>Fasnet</strong>geschehen vor. Den Höhepunkt bildet die Aufführung<br />

der Altweibermühle, deren Müller (Hans Hermann) den Wechselgesang einleitet. Den Abschluss der Handlung bildet eine<br />

Szene, in der sich der Fremde plötzlich von seiner jungen Begleiterin verlassen sieht und an deren Stelle ein altes Weiblein steht, das<br />

dem Erstaunten gesteht, dass sie die junge Begleiterin gewesen sei; im vergangenen Jahr habe sie sich durch die Altweibermühle verjüngen<br />

lassen, deren bezaubernde Wirkung jedoch nur ein Jahr anhält.<br />

Scharfenberg verfilmte sein Hörspiel an der <strong>Fasnet</strong> 1962 in leicht abgewandelter Form 1478 . Der Film wurde an<br />

der <strong>Fasnet</strong> 1963 im ersten Fernsehprogramm der ARD bundesweit ausgestrahlt 1479 .<br />

Der bekannte <strong>Fasnet</strong>forscher Wilhelm Kutter erkannte den Wert des Bredelin’schen Originaltextes und<br />

brachte im Süddeutschen Rundfunk Stuttgart eine Aufnahme, die er 1960 in Wolfach machte; Josef Krausbeck<br />

schrieb dazu verbindende Texte für einen Sprecher, denn sonst hätte der Hörer kein richtiges Bild der Handlung<br />

bekommen. Trotz der großen Beachtung, die die Weibermühle außerhalb Wolfachs fand, gab es weiterhin großen<br />

Widerstand gegen eine Aufführung, insbesondere in den Reihen des Kleinen Narrenrates. Einer der Narrenräte<br />

1467<br />

Das Plakat mit dem ausführlichen Programmablauf für diesen Abend befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/34.<br />

1468<br />

ANK 24 (1973-07-07) Nr. 27.<br />

1469<br />

Über Neef, der 1865 die <strong>Wolfacher</strong> Heimatzeitung Der Kinzigtäler gründete, und seine Lithographische Anstalt und Steindruckerei siehe<br />

Sandfuchs, W.: <strong>Die</strong> Geschichte des „Kinzigtäler“, 10-32.<br />

1470<br />

Das maschinenschriftliche Manuskript aus dem Nachlass von Georg Straub befindet sich im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr.<br />

2009/515-094. Straub: „<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripsdrill“. – Der Text der modernisierten Fassung ist abgedruckt im Anhang zum Abschnitt<br />

5.4.2 <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill.<br />

1471<br />

Ein Bild der Weibermühle von 1937 ist abgedruckt in: Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern [2003], 122; Schrader: <strong>Die</strong><br />

„Weibermühle von Tripstrill“ in Wolfach, 28.<br />

1472<br />

Zitiert nach Klein: Weibermühle 1893 abgesagt. – Über den Rathausbrand von 1892 siehe Disch: Chronik Wolfach, 552f. – <strong>Die</strong>ser<br />

Aberglaube wird auch erwähnt in Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

1473<br />

Disch: Chronik Wolfach, 546-553.<br />

1474<br />

Krausbeck: 200 Jahre „Altweibermühle“ in Wolfach, 358.<br />

1475<br />

Krausbeck: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in Geschichte und Dichtung, 26. – Siehe auch Anmerkung 1471.<br />

1476<br />

Zu Scharfenberg siehe Anhang 2 zu diesem Abschnitt.<br />

1477<br />

<strong>Die</strong> Inhaltangabe basiert auf einem Bericht im ANK 4 (1952), Nr. 4.<br />

1478<br />

Der Wohlauf wurde am Schellementig, den 5. März 1962, aufgenommen. Bericht im Schwabo vom 6.3.1962.<br />

1479<br />

Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 36.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 182<br />

meinte gar, den alde Schissdreck, den will doch heut niemand mehr sehen 1480 . Erst 1973 gelang es Krausbeck,<br />

Bredelins musikalisches Nachspiel in 1 Aufzuge wieder in Originalfassung auf die Bühne auf dem Marktplatz zu<br />

bringen. Er ergänzte dabei das Spiel durch gedichtete Sprechertexte und zwei Strophen seines 1955 entstandenen<br />

Liedes über die Weibermühle, um ein leichteres Verständnis zu ermöglichen; 1986 veröffentlichte er in der<br />

Ortenau eine überarbeitete Version des Sprechertextes, um ihn besser der Dramaturgie des Stückes anzupassen.<br />

Das Deutsche Volksliedarchiv Freiburg machte am Ostermontag 1973 in Wolfach im Schulhaus eine Tonbandaufnahme<br />

der Weibermühle, zu der Josef Krausbeck eine historische Einführung gab 1481 .<br />

<strong>Die</strong> Aufführung von 1977 filmte das Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) aus Göttingen auf<br />

Initiative des Volkskundlers Prof. Rolf-Wilhelm Brednich 1482 , sodass Bredelins Spiel nun an allen europäischen<br />

Hochschulen betrachtet und studiert werden kann 1483 . <strong>Die</strong> Uraufführung des Films war am 7. Januar 1979 in der<br />

<strong>Wolfacher</strong> Festhalle 1484 . Angeregt durch das große Interesse, das dieser Film erzeugte, drehte Brednich 1983<br />

einen zweiten Film, der alle <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>bräuche dokumentiert 1485 . Beide Filme wurden in das von Hans-<br />

Karl Galle herausgegebene internationale wissenschaftliche Filmprojekt Encyclopaedia Cinematographica des<br />

IWF aufgenommen 1486 , das 1952 u. a. von Gotthard Wolf und dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz initiiert<br />

wurde; es umfasst mehrere tausend, meist zweiminütige Filme, die ursprünglich, angeordnet in einer Art Matrix,<br />

die gesamte belebte Welt, gegliedert nach Arten und Gattungen und deren spezifischem Bewegungsspektrum,<br />

systematisch erfassen sollten. <strong>Die</strong> EC hat in 17 Nationen Voll- oder Teilarchive eingerichtet.<br />

Am Schellementig 1982 wollte der Südwestfunk Baden-Baden die Weibermühle aufnehmen und im Jahr<br />

darauf am Schmutzige Dunnschtig im Fernsehen zeigen. Eine der beiden dafür vorgesehenen Kameras platzierte<br />

das SWF-Team um Regisseur Hubertus Brock auf dem Balkon über dem Eingang zum Salmen. Ein durchfahrender<br />

Lkw verfing sich nach der Elfemess am Schellementig jedoch in der Leitung, die über der Hauptstraße<br />

zum Übertragungswagen gespannt war, und riss die Kamera samt dem Balkongeländer herunter. Durch einen<br />

glücklichen Zufall wurde niemand verletzt. Mit nur einer Kamera wurde das Spiel dann zwar aufgezeichnet, aber<br />

nicht gesendet.<br />

Zum 200. Jubiläum der Weibermühle entstand am 7. und 8. Februar 1987 in der Festhalle eine Verfilmung<br />

des Stückes durch das Videostudio Beurovision auf Initiative von Narrenrat Ditmar „Stocher“ Beu. <strong>Die</strong> Kamera<br />

und Bildregie führte Konrad A. Frick 1487 . <strong>Die</strong> Uraufführung auf einer Großleinwand fand am 7. Mai 1988 im<br />

Rathaussaal im Rahmen des <strong>Wolfacher</strong> Maifestes statt 1488 . <strong>Die</strong> Tonspur des Filmes mitsamt den <strong>Fasnet</strong>liedern<br />

aus dem grünen Büchle erschien außerdem auf Tonkassette.<br />

Bredelins Weibermühle und deren 200-jährige Aufführungstradition in Wolfach war in dessen Heimatstadt<br />

Biberach / Riß lange Zeit völlig unbekannt. Erst durch die Nachforschungen Josef Krausbecks im Vorfeld der<br />

Jubiläumsaufführung 1987 drang die Kunde davon nach Oberschwaben 1489 . Dass Bredelins Leben und Werk in<br />

der ehemals freien Reichsstadt kaum Beachtung fand, liegt zum Teil in deren besonderen Geschichte begründet.<br />

Nach der Übernahme Biberachs durch Baden 1802 bzw. Württemberg 1806 und dem offiziellen Ende der jahrhundertealten<br />

Konfessionsparität 1825 konnte sich die evangelische Bürgerschaft im Wirtschaftsleben und vielen<br />

davon abhängigen Bereichen besser entwickeln als die katholische, obwohl sie im Laufe der Zeit die Bevölkerungsmehrheit<br />

verlor 1490 ; den Katholiken fehlte ein ausreichend starkes Handwerks-, Bildungs- oder Wirtschaftsbürgertum,<br />

weil der Zuzug von Katholiken ohne Nachweis einer ausreichenden Existenzgrundlage gefördert<br />

wurde. Von den ursprünglich 60 Schülern des 1806 gegründeten Gymnasiums beider Konfessionen<br />

blieben zwei Jahre später nur noch 28 überwiegend katholische Schüler übrig, denn die Protestanten wurden von<br />

evangelischen Schulen, beispielsweise in Ulm, abgeworben, die nach Ansicht der Eltern eine bessere Ausbildung<br />

boten 1491 . Trotz einer Vielzahl von Schulstiftungen studierten immer weniger Biberacher Katholiken an den<br />

Universitäten; das Fehlen gut ausgebildeter katholischer Bürger wurde deshalb seit den 1820er-Jahren immer<br />

deutlicher. <strong>Die</strong> Protestanten avancierten hier zur tragenden Gesellschaftsschicht, die nun immer stärker nicht nur<br />

das wirtschaftliche, sondern vor allem auch das kulturelle Leben prägten 1492 . <strong>Die</strong>s zeigt sich nicht zuletzt darin,<br />

1480<br />

Krausbeck: 200 Jahre „Altweibermühle“ in Wolfach, 358.<br />

1481<br />

Deutsches Volksliedarchiv: Feldforschungsaufnahmen des Deutschen Volksliedarchivs, Mag340. (Aufnahme ist als MP3-Datei im<br />

Internet frei zugänglich: http://swbdepot.bsz-bw.de/dva/danok/danok_audio_archivierungsobjekte/dva_mag340-1.mp3;<br />

http://swbdepot.bsz-bw.de/dva/danok/danok_audio_archivierungsobjekte/dva_mag340-2.mp3. Internet, 28.8.2011.)<br />

1482<br />

Zu Brednich siehe: Prof. Dr. Rolf Wilhelm Brednich.<br />

1483<br />

Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Die</strong> Altweibermühle.<br />

1484<br />

Bericht im OT vom 9.1.1979. – Eine weitere Aufführung gab es am 17. Januar 1980 im Großen Rathaussaal.<br />

1485<br />

Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. – Der Film wurde am 6. November 1983 in der Festhalle in einer Rohfassung<br />

um 11, 15 und 17 Uhr uraufgeführt. In einer begleitenden Ausstellung in der Sparkasse wurden Bilder des Göttinger Instituts über die<br />

Entstehung des Filmes und die <strong>Fasnet</strong> gezeigt. Beim Narrenhock nach dem <strong>Fasnet</strong>usrufe am 29.2.1984 übergab Brednich an Narrenvater<br />

Albert Wöhrle eine Kopie des Filmes für das Archiv der Narrenzunft. Bericht im OT vom 2.3.1984.<br />

1486<br />

Keller, C.: Encyclopaedia Cinematographica. – Zur Problematik des volkskundlichen Films siehe Pech: „Solange der Michel steht“.<br />

1487<br />

Frick / Beu: 200 Jahre Altweibermühle in Wolfach.<br />

1488<br />

Berichte im Schwabo vom 4. und 10.5.1988.<br />

1489<br />

Vgl. hierzu den Bericht Auf nach Wolfach! in der Schwäbischen Zeitung vom 28.2.1987.<br />

1490<br />

1802 lebten in Biberach / Riß 2706 Protestanten (62,3%) und 1640 Katholiken (37,7%), 1879 betrug das Verhältnis 3528 P. (48,3%) zu<br />

3780 K. (51,7%) und 1901 3609 P. (43,1%) zu 4771 K. (56,9%). Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 53.<br />

1491<br />

Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 56.<br />

1492<br />

Zur demographischen und soziologischen Entwicklung Biberachs im 19. Jahrhundert siehe Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 53-61.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 183<br />

dass im 19. Jahrhundert überwiegend Protestanten Chroniken und historisch fundierte Arbeiten über Biberach<br />

verfassten. So wurden beispielsweise die Geschichte der evangelischen Komödiantengesellschaft sowie Leben<br />

und Werk des evangelischen Komponisten Justin Heinrich Knecht ausführlich beschrieben und gewürdigt 1493<br />

und blieben deshalb bis heute im Bewusstsein der Biberacher Bevölkerung präsent, während Bredelin als Vertreter<br />

der katholischen Komödiantengesellschaft nahezu völlig in Vergessenheit geriet. Eine Rolle mag dabei<br />

auch gespielt haben, dass der in der deutschen Literaturgeschichte einen wichtigen Platz einnehmende<br />

evangelische Dichter Christoph Martin Wieland einen Großteil der historisch-kulturellen Aufmerksamkeit der<br />

Biberacher auf sich zog und somit keinen Raum für weniger berühmte Geistesgrößen ließ.<br />

Franz Disch schreibt in seiner Chronik der Stadt Zell / Harmersbach, dass dort Bredelins Weibermühle aufgeführt<br />

worden sei 1494 . Das ist möglicherweise ein Irrtum, da sich eine Aufführung in Zell / Harmersbach in<br />

anderen Quellen nicht nachweisen lässt 1495 . Vielleicht ergänzte Disch die Liste der Zeller <strong>Fasnet</strong>spiele um Titel,<br />

die er schon in seiner <strong>Wolfacher</strong> Chronik genannt hatte 1496 , denn es gibt viele Stellen in seiner Zeller Chronik,<br />

deren Formulierung er aus der <strong>Wolfacher</strong> Chronik übernommen hat. Allerdings ist eine Aufführung der Weibermühle<br />

in Zell nicht undenkbar, denn dort amtete Bredelins Stiefsohn Fidel Knupfer als Provisor 1497 , der das Spiel<br />

von seinem Stiefvater übernommen haben könnte.<br />

Bei einem Gottesdienst der reformierten Kirche an der Hochschule Zürich im Jahre 2007 diente Bredelins<br />

„Weibermühle“ als einleitendes Beispiel für das Thema Anders werden – der neue Mensch 1498 :<br />

Liebe Hochschulgemeinde,<br />

Kennen Sie Georg Anton Bredelin? Wohl kaum. 1787 schrieb er ein im Schwarzwald bis heute aufgeführtes Fastnachtssingspiel mit dem<br />

Titel ‹<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill›. <strong>Die</strong> Handlung dreht sich um ein technisches Wunderwerk, das den Innovationspreis der<br />

ecomomiesuisse verdient hätte:<br />

Der Müllermeister Cyprian betreibt in Tripstrill eine Wundermühle, die aus alten Frauen – Weiber werden sie damals noch genannt –<br />

junge macht. <strong>Die</strong> Männer aus dem Dorf bringen ihre alten Weiber zur Mühle und klagen dem Müller ihr Leid. Trotz Gegenwehr landen<br />

die Frauen in der Mühle. Und der Mahlvorgang tut seine erhoffte Wirkung: Wo alt und runzelig war, ist jetzt jung und straff. Eitel<br />

Freude auf allen <strong>Seite</strong>n. So weit, so gut.<br />

Doch die Freude der Männer währt nur kurz. Nach ihrer Verjüngung wollen die Frauen nichts mehr von ihren alten Männern wissen,<br />

und den aufgebrachten Männern bleibt nur der Spott des Hanswursts für ihr törichtes Handeln.<br />

Aber auch der Spott über die Dummheit der anderen ist keine Garantie dafür, dass man sich nicht selbst zum Trottel macht. Nachdem<br />

der Hanswurst gesehen hat, wohin die Verjüngung der Weiber führt, will er besonders schlau sein und bringt sein ihn ständig nervendes<br />

Weib auch zur Mühle in der Hoffnung, dass dieses ihn dann verlassen werde. Doch er hat Pech. <strong>Die</strong> Frau wird zwar jung, denkt aber<br />

gar nicht daran wegzugehen 1499 . Und so hat er nach der wundersamen Verjüngung zwar keine nervende Alte, dafür aber eine noch viel<br />

nervendere Junge an seiner <strong>Seite</strong>.<br />

Sie sehen, mit dem Jung- und Neuwerden ist es so eine Sache: Nicht immer ist das Neue so, wie man erhofft hat. Oft bleibt alles mehr<br />

oder weniger beim Alten. Und manchmal meint man, alles sei ganz neu und anders geworden. Aber niemand merkt es.<br />

5.2.5. <strong>Die</strong> Weibermühle außerhalb Wolfachs<br />

Es gibt neben Bredelins Singspiel noch einige weitere musikalische und theatralische Realisierungen des<br />

Themas. Bereits 1440 lässt sich in Thorn (heute Toruń / Polen) ein Fastnachtspiel nachweisen, in dem alte<br />

Weiber werden sollen 1500 . 1807 schrieb der österreichische Komponist Wenzel Müller (1767-1835) 1501 die Musik<br />

zu der grotesk-komischen Pantomime in einem Aufzuge <strong>Die</strong> Windmühl von Tripstrill, oder die Art, alte Weiber<br />

jung zu machen von Philipp Karl Hasenhut 1502 , die abgesehen von der Grundidee inhaltlich nichts mit Bredelins<br />

Weibermühle zu tun hat. In den Szenen 5 bis 7 des 4. Aktes der Tragödie Faustine, der weibliche Faust von<br />

Wilhelm Schäfer, die 1898 in Druck erschien, verwandelt das teuflische Genie Praktinski, ein Wissenschaftsverflüchtiger,<br />

die Titelheldin Faustine mit Hilfe des Müllers einer Altweibermühle mit der Inschrift: „Der Frühling<br />

schließt sich an den Winter an“ in eine junge Frau 1503 . Der Komponist Fritz Baselt schrieb 1906 die Musik zu<br />

dem Ballett „<strong>Die</strong> Altweibermühle“ 1504 . Der österreichische Schriftsteller Franz Theodor Csokor (1885-1969)<br />

schrieb 1932 die Komödie <strong>Die</strong> Weibermühle 1505 . 1951 entstand das Ballett <strong>Die</strong> Weibermühle des Schweizer<br />

Komponisten Paul Burkhard (1911-1977), Leiter der Musikabteilung des Zürcher Schauspielhauses, der mit dem<br />

Chanson Oh, mein Papa aus der musikalischen Komödie Das Feuerwerk weltberühmt wurde 1506 . Der ost-<br />

1493 1883 erschien beispielsweise Ofterdingers ausführliche Geschichte des Theaters in Biberach.<br />

1494 Disch: Chronik der Stadt Zell am Harmersbach, 260.<br />

1495 Telefonische Mitteilung von Bernhard Stelzer, Wolfach, vom 26.11.1994.<br />

1496 Disch: Chronik Wolfach, 443.<br />

1497 Barth, J.: Geschichte der fürstenbergischen Schulen, 831.<br />

1498 Dalferth: Anders werden – der neue Mensch.<br />

1499 Irrtum des Pfarrers: Das Hanswurstwieb wird nicht verjüngt, sondern kommt noch älter aus der Mühle. Das ändert aber nichts an der<br />

Schlussfolgerung in der Predigt.<br />

1500 Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates, 196.091f. (gedruckte Ausgabe Bd. II, 536f.)<br />

1501 Wenzel Müller machte zu Lebzeiten in Wien mit seinen mehr als 200 Zauberopern, Possen und Singspielen Furore; auch am<br />

Donaueschinger Hoftheater wurden seine Werke aufgeführt. MGG IX, 865-870, s. v. Müller, Wenzel; Seeger: Das große Lexikon der<br />

Oper, 381, s. v. Müller, Wenzel; Schuler, M.: <strong>Die</strong> Fürstenberger und die Musik, 156.<br />

1502 Müller, W. / Hasenhut: <strong>Die</strong> Windmühle von Tripstrill. – Vgl. Grimm: Deutsches Wörterbuch XXII, 653, s. v. Tripstrill.<br />

1503 Schäfer, W.: Faustine, der weibliche Faust, 10.783-10.792.<br />

1504 MGG XV, 530, s. v. Baselt, Fritz.<br />

1505 Literaturlexikon II, 485f., s. v. Csokor, Franz Theodor.<br />

1506 MGG II, 484, s. v. Burkhard, Paul. – Zu Burkhard siehe Fath: Reclams elektronisches Opernlexikon, 2957, s. v. Burkhard, Paul.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 184<br />

deutsche Komponist Karl Rudi Griesbach (1916-2000) komponierte 1959 das Singspiel <strong>Die</strong> Weibermühle; das<br />

Libretto von Tom Zahn basiert auf dem Stück „Der Talisman“ von Johann Nestroy 1507 . Der Studienrat und<br />

Dialektdichter Paul Wanner (1895-1990) schrieb das im Freilichttheater am Feuersee in Stuttgart uraufgeführte<br />

Stück <strong>Die</strong> Altweibermühle 1508 .<br />

In Tirol ist das Weibermühlenmotiv weit verbreitet und wird beispielsweise beim Telfer Schleicherlaufen,<br />

beim Schemenlaufen in Imst sowie in Sterzing, Thaur, Brixlegg, Prutz, Stilfs und Glurns dargestellt 1509 .<br />

Beim ladinischen Karneval im Südtiroler Fassatal 1510 findet am letzten Karnevalssonntag ein Umzug statt, an<br />

dem sowohl schöne weibliche und männliche Masken, als auch häßliche Masken als Symbole vulgärer ländlicher<br />

Gesellschaft getragen werden. Der Umzug endet mit der Altweibermühle. Ein ganz besonderes<br />

Instrumentarium. Es stellt ein höllisches Mühlrad dar, das sich in entgegengesetzter Richtung dreht. Alte Weiber<br />

werden hierbei zu schönen jungen Mädchen. <strong>Die</strong> tanzen dann mit den Teufeln, ihren neuen Liebhabern 1511 .<br />

Im Südtiroler Weindorf Tramin an der Weinstraße 1512 wird jeweils in den ungeraden Jahren am<br />

<strong>Fasnet</strong>zieschtig der Egetmann-Umzug veranstaltet 1513 :<br />

Den Abschluss des traditionellen Teils bildet die „Alt-Weibermühle“ mit den dazugehörigen Wagen. <strong>Die</strong>se<br />

„Figur“ besteht aus zwei Gruppen: den „Müllern“ und den „Alt-Weibelen“. Hergang des Geschehnis: <strong>Die</strong><br />

„Alt-Weibelen“ (mit geschwärztem Gesicht) werden von den „Müllern“ eingefangen und zu einer Verjüngungskur<br />

gezwungen. <strong>Die</strong>se jedoch wollen nichts davon wissen und sträuben sich dagegen. Sobald aber<br />

ein „Alt-Weibele“ eingefangen ist, wird dieses von mehrerer Müllern unter Geschrei und Gegenwehr zur<br />

Mühle gebracht. Als Transportmittel dient ein Schubkarren, welcher jedoch keinen Reifen, sondern nur eine<br />

Felge hat. Dementsprechend ist auch der Lärm, den dieses Fahrzeug auf den Pflastersteinen der Traminer<br />

Gassen erzeugt. Das „Alt-Weibele“ wird dann auf die Mühle gezogen und zu ihrem Glück gezwungen. Nach<br />

der Kur, verlässt das „Alt-Weibele“ als junges Mädchen die Mühle.<br />

Begleitet wird die Alt-Weibermühle von dem dazugehörigen Wagen der jungen Mädchen und dem Wagen der<br />

„Zenzi“. <strong>Die</strong> „Zenzi“, sie ist die hässlichste und die einzige alte Frau, die auf keinen Fall jung werden will.<br />

Nach vielem Häschen und mit etwas Gewalt wird sie am Ende, als allerletzte, am Hauptplatz doch in die<br />

Mühle gesteckt.<br />

<strong>Die</strong> mobile Altweibermühle von Tramin soll noch viel größere Wunder tun als die feste von Tripps Drill. Mit<br />

etwas Gewalt werden die geifernden Alten von den mehlstreuenden Müllern nach oben gehievt. Nach<br />

längerem Rickeracke der Mühle geschieht dann das, was die medizinische Wissenschaft in Jahrtausenden<br />

von Quacksalberei nicht zu Wege gebracht hat: <strong>Die</strong> ewige Jugend!<br />

<strong>Die</strong> erste Aria eines Spieles von 1814 aus dem Tiroler Stubaital steht im selben Versmaß wie Bredelins Text, nur<br />

die wiederholte Schlusszeile fehlt hier 1514 :<br />

Der Müller-Mayster Joß bin i<br />

Auf meiner Weibermühl,<br />

I mahl die Weiber jung und schien,<br />

wie man sie haben will.<br />

Und sein sie nur so schiech sie will,<br />

So werden sie schien auf meiner Mühl.<br />

Auch stimmen zwei der Frauennamen überein: Tirol: Lißl und Durl, Wolfach: Lieserl und Durathä 1515 . Vielleicht<br />

hatte also die Tiroler die <strong>Wolfacher</strong> Weibermühle als Vorbild, oder beide gehen auf ein nicht mehr vorhandenes<br />

älteres Spiel zurück.<br />

Weitere Belege für die Weibermühle finden sich in Österreich in Mülln bei Salzburg, Bad Aussee, Krain<br />

sowie im Burgenland; in der Schweiz ist sie unter dem Begriff Maitli-Rölli im 19. Jahrhundert in den Kantonen<br />

Schwyz, Thurgau und Oberaargau nachweisbar 1516 .<br />

In Deutschland zeigten die Stockacher Narren in den Jahren 1835, 1848, 1878, 1885 und 1901 ein <strong>Fasnet</strong>spiel<br />

über die Weibermühle; 1878 wirkten 15 verschiedene Paare nebst 15 ausgemahlenen Altenweiber mit 1517 .<br />

Demnach handelte es sich hier nicht um Bredelins Singspiel, da in diesem nur sechs Ehepaare zur Mühle<br />

kommen. In Elzach führten die Narren nach mündlicher Überlieferung ebenfalls ein <strong>Fasnet</strong>spiel <strong>Die</strong> Altweibermühle<br />

auf, von dem sich jedoch kein Spieltext erhalten hat 1518 . Um 1928 zogen die Elzacher einen Wagen mit<br />

1507 Griesbach / Zahn: <strong>Die</strong> Weibermühle; Seeger: Das große Lexikon der Oper, 238, s. v. Griesbach, Karl-Rudi; 577, s. v. Weibermühle.<br />

1508 Gräter: Wanner, Paul. – Zu Wanner siehe auch Wanner: Mein Lebensbericht.<br />

1509 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 106.<br />

1510 Ital. Val di Fassa, das Tal des oberen Avisio (Etschzufluss) in den Dolomiten, zwischen Rosengarten und Marmolada, Südtirol, Italien.<br />

1511 Versuch eines Prologs.<br />

1512 Ital. Termeno sulla strada del vino, Provinz Bozen, Südtirol, Italien. <strong>Die</strong> Stadt hat etwa 3 100 Einwohner.<br />

1513 Egetmann Verein Tramin. – <strong>Die</strong> Weibermühle in Tramin wurde aus dem benachbarten Sterzing übernommen.<br />

1514 Bolte: <strong>Die</strong> Altweibermühle, 255.<br />

1515 Bolte: <strong>Die</strong> Altweibermühle, 254.<br />

1516 Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>, 106.<br />

1517 Meyer: Badisches Volksleben im 19. Jahrhundert, 205f.; Bettinger: <strong>Die</strong> Stockacher Fastnacht, 40, 42, 59, 62.<br />

1518 Weber: <strong>Die</strong> Elzacher <strong>Fasnet</strong> und ihre Narrengestalten, 241; Briefl. Mitteilung von Josef Weber, Elzach, vom 21.12.1995.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 185<br />

einem Verjüngungsinstitut durch die Straßen. Der <strong>Fasnet</strong>umzug in Rottweil stand 1875 unter dem Motto Altweibermühle<br />

1519 . In Hüfingen war an der <strong>Fasnet</strong> 1928 auf einer Bühne im Freien die Darstellung einer Weibermühle<br />

zu sehen 1520 . In Bürgstadt im Landkreis Miltenberg in Bayern wird alle fünf Jahre ein Faschingsumzug<br />

mit der dort erstmals 1860 erwähnten Altweibermühle veranstaltet; ihr fährt ein Wagen mit dem Femgericht<br />

voraus, das an mehreren Stellen eine Verhandlung abhält, in deren Anschluss in einer kleinen Aufführung die<br />

Metamorphose von einem alten Weib zu einer jungen Dame, von Männern gespielt, gezeigt wird 1521 .<br />

In Reckendorf / Oberbayern im Landkreis Bamberg beschlossen im Winter 1904 der Präses Kaplan Simon<br />

und die Vorstandschaft des kurz zuvor gegründeten Katholischen Arbeitervereins, eine Altweibermühle aufzuführen<br />

1522 . <strong>Die</strong>ses Faschingsgaudium sollte der Bevölkerung Freude und Abwechslung vom kargen Alltag<br />

bringen. <strong>Die</strong> erste Altweibermühle war auf einem Leiterwagen aufgebaut. Der Prinz in Begleitung von zwei<br />

Bajazzos verkörperten Frohsinn und heitere Lebenseinstellung. Eine weitere Altweibermühle gab es hier 1929.<br />

Seit 1955 wird sie alle 10 Jahre zur Faschingszeit dargestellt und findet in der näheren und weiteren Umgebung<br />

große Beachtung.<br />

Im 19. Jahrhundert brachte der Müller Ferdinand Gärtner ein Fest der Altweibermühle aus dem Südharz in<br />

das zwischen Naumburg und Weißenfels gelegene, zu Uichteritz im Landkreis Weißenfels (Sachsen-Anhalt)<br />

gehörende Lobitzsch, das bis heute gefeiert wird 1523 .<br />

In der zu Bad Langensalza im Unstrut-Hainich-Kreis (Thüringen) gehörenden Stadt Thamsbrück 1524 , etwa 40<br />

km von Erfurt entfernt, wird jeweils am ersten Juliwochenende im Rahmen des seit 1501 nachweisbaren dreitägigen<br />

Ablassfestes eine Weibermühle dargestellt 1525 :<br />

Dann aber, für einen Neuling ein ganz seltsamer Anblick, beginnt sich am hellen Tage die Stadt mit allerlei<br />

vermummten Gestalten zu füllen, mit alten Weibern, die von der Jugend geneckt werden, dafür aber diese<br />

weidlich strafen. Auch ein „Schneider“ taucht im phantastischen Anzug auf, ein Bügeleisen an der <strong>Seite</strong>. Da<br />

plötzlich kommt um die nächste Straßenecke ein Wagen gefahren, sein Inneres ist verdeckt und verhüllt, an<br />

der <strong>Seite</strong> sind durch kreuzweise übereinander genagelte Bretter Windmühlenflügel nachgeahmt. Ein Teufel<br />

mit dickem Pelz und feuerroter Maske springt von dem Wagen und beginnt eine wilde Jagd auf die Hexen,<br />

die jede einzeln und von oben durch einen riesigen Trichter in die „Altweibermühle“ geworfen werden und<br />

nachher verjüngt, d.h. aber immer noch recht häßlich mit Larven und falschen Zöpfen geschmückt, wieder<br />

erscheinen. Allmählich verlieren sie sich, wie sie gekommen sind und nachdem endlich der „Schneider“, ja<br />

der Teufel selbst durch den Trichter in die Mühle gestürzt und der Müllerbursche allein übrig geblieben ist,<br />

fährt der Wagen schnell um eine Ecke auf den nächsten Hof. Auch dieses Spiel ist aus. Tanz und andere Belustigungen<br />

wie am Vortag dauern an, meist bis in den Morgen des vierten Tages hinein.<br />

Der Schreiber-Verlag in Esslingen produzierte von 1860 bis zum ersten Weltkrieg mechanische Kartonmodelle,<br />

darunter auch eines der Altweibermühle, das 1980 in überarbeiteter Form als Reprint erschien 1526 . In diesem<br />

Modell drehen zwei Männer ein Handrad, drei alte Damen fallen oben in die Mühle und drei verjüngte Damen<br />

drehen sich rechts vor den Augen eines eleganten Herrn.<br />

Friedrich Schleeweiß aus Cleebronn erbaute 1798/99 am Fuße des Michaelsberges in der Nähe seines<br />

Heimatortes einen Hof und nannte ihn Treffentrill 1527 . 1833 zog Paul Fischer mit seiner Familie dorthin; sein<br />

Sohn Friedrich Adam eröffnete im Hof eine Gastwirtschaft. Eugen Fischer, ein Enkel von Paul, erbaute in der<br />

Nähe 1929 die erste Altweibermühle in Tripsdrill, die aus einem Turm und einer Rutsche bestand. Nach deren<br />

Zerstörung durch Blitzschlag wurde sie 1950 erneuert und 1957 durch einen Tierpark ergänzt. In der Folgezeit<br />

entstand daraus der Erlebnispark Tripsdrill mit etwa 100 Attraktionen, Fahrgeschäften, zoologischen Anlagen<br />

sowie einem Weinbau- und Heimatmuseum (Vinarium; Trillarium). Ein Modell der Tripsdriller Altweibermühle<br />

für Modelleisenbahnen im H0-Maßstab 1:87 bietet die Stuttgarter Modellbaufirma Vollmer an 1528 .<br />

In Philadelphia (USA) gründeten 1873 deutsch-amerikanische Geschäftsleute den Cannstatter Volksfest-<br />

Verein. <strong>Die</strong> Ziele des Vereins bestehen in der Pflege deutscher Kultur und Geselligkeit; der Erlös des alljährlich<br />

vom Verein organisierten Festes, das an die Tradition des Cannstatter Volksfestes anknüpft, dient zur Unterstützung<br />

bedürftiger Institutionen und Personen. Im Rahmen dieses Festes wird auch eine Weibermühle dargestellt<br />

1529 .<br />

1519<br />

Lambrecht: Der Fasnachtszug von 1910, 1.<br />

1520<br />

Abbildung der Hüfinger Weibermühle in: Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern [2003], 25. – Im Hüfinger Stadtarchiv finden<br />

sich keine schriftlichen Belege für diese Aufführung. Briefl. Mitteilung von Nadja Hartmann, Stadtverwaltung Hüfingen, vom<br />

16.2.2006.<br />

1521<br />

Stolz: 130 Jahre Altweibermühle, 25-33.<br />

1522<br />

Zur Reckendorfer Altweibermühle siehe: http://www.altweibermuehle.info (nicht mehr im <strong>Netz</strong>; 13.1.2011).<br />

1523<br />

Zur Lobitzscher Altweibermühle siehe: http://www.altweibermühle.net (13.1.2011).<br />

1524<br />

Thamsbrück gilt als die älteste Kleinstadt in Thüringen und hat etwa 1 100 Einwohner.<br />

1525<br />

Das Thamsbrücker Ablassfest.<br />

1526<br />

Eine Abbildung des Modells findet sich in: http://www.walterruffler.de/Galerie/Schreiber/altweib1.html (13.1.2011).<br />

1527<br />

Zur Tripsdriller Altweibermühle siehe: Historie Erlebnispark Tripsdrill; Tripsdrill.<br />

1528 Vollmer, Artikel-Nr. 3628.<br />

1529 Scarboro: Cannstatter Volksfest-Verein.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 186<br />

Größere Bekanntheit erlangte die Weibermühle durch das 1837 entstandene Gedicht Erzengel Michaels<br />

Feder von Eduard Mörike. Der erste Teil endet mit den Zeilen:<br />

Zu guter Letzt ich melden will:<br />

Da bei dem Berg liegt auch Tripstrill,<br />

Wo, wie ihr ohne Zweifel wißt,<br />

<strong>Die</strong> berühmte Pelzmühl ist 1530 .<br />

In seiner Erzählung Der Schatz schreibt Mörike: »Du wärst ein Kerl«, sprach ich, »für den Ewigen Juden, dem<br />

es wenig verschlägt, ob er in Tripstrill oder Herrnhut zur Kirchweih ankommt.« 1531<br />

Anhang 1: Horst Scharfenberg (1919-2006)<br />

Der in Frankfurt / Main geborene SWF-Fernsehchefredakteur und Rundfunkpionier Horst Scharfenberg 1532<br />

(eigentlich Paul Arthur Berg; 1919-2006) begann seine Karriere beim Reichssender Frankfurt, wo 1935 sein<br />

erstes Hörspiel mit dem Titel <strong>Die</strong> Fahrt zum Schreckenstein entstand. Er studierte Soziologie an der Columbia<br />

University New York und arbeitete von 1946 bis 1973 beim SWF Baden-Baden. Ab 1948 ging er für ein Jahr als<br />

Auslandsreporter nach Amerika und machte sich später vor allem mit seinen Reportagen aus der arabischen Welt<br />

einen Namen. Sein selbst gedrehter Fernsehfilm Bergsteiger am Battert wurde 1960 bei der Triennale der Bergfilme<br />

in Trient mit Gold ausgezeichnet. Er konzipierte und moderierte die Fastnachtssendung Mainz, wie es singt<br />

und lacht, für die er rund zwei Jahrzehnte verantwortlich zeichnete. Zugleich war er Hauptabteilungsleiter des<br />

Zeitfunks. Als begeisterter Hobbykoch schrieb und übersetzte er mehr als 30 Bücher über das Kochen und den<br />

Wein und hielt auch zahlreiche Vorträge darüber. Am 5. Mai 1962 startete im SWF-Fernsehen der Koch-Klub,<br />

den Scharfenberg bis 1970 leitete; er begründete damit als erster Fernsehkoch die Tradition der Kochsendungen<br />

beim SWF. Als Rezitator trug er Balladen vor, die er selbst kommentierte.<br />

Anhang 2: Moritat von 1870 über die Preußische Gewerbeordnung<br />

Hallo! Hallo! Ihr Handwerksleut!<br />

Jetzt seyd Ihr gut daran,<br />

Wir sind durch Freiheit wohl erfreut,<br />

Macht jeder was er kann,<br />

Und Eure Weiber sind auch frei,<br />

Das ist für Euch nicht einerlei!<br />

/: Juhe! Juhe! Juhe! rep. :/<br />

Und wenn der Mann ein Esel ist,<br />

Und gar nicht denken kann,<br />

So ist die Frau dann voller List,<br />

Und macht statt ihn den Mann,<br />

Sie macht dann g’wiß die Arbeit recht,<br />

Er bleibt sodann der Frau ihr Knecht.<br />

/: Hoho! hoho! hoho! rep. :/<br />

<strong>Die</strong> and’re Hälfte heißen wir,<br />

Viel wahrer als zuvor;<br />

Wir geh’n in Zukunft auch zum Bier,<br />

Und singen mit im Chor.<br />

Wir trinken dann, wie Ihr so viel<br />

Und reiben einen [Krokodill?]<br />

/: Hura! Hura! Hura! :/<br />

Denn wer da säget oder backt,<br />

Es ist nun Alles Wurst<br />

Wer auch das Fleisch, die Kotlett hackt<br />

Der kriegt halt sicher Durst,<br />

Ihr kommt dann g’wiß recht bald nach Haus,<br />

Denn d‘ Frau ist mit beim Biere d’raus<br />

/: Ex ex! Ex ex! Ex ex! rep. :/<br />

Man kann jetzt treiben was man will,<br />

Wenn s Hand und Kopf nur hat,<br />

1530 Mörike: Erzengel Michaels Feder, 398.145.<br />

1531 Mörike: Der Schatz, 398.980.<br />

1532 Deutschlands erster Fernsehkoch; Autorinnen und Autoren in Baden-Württemberg, s. v. Scharfenberg, Horst; Geschichte des SWR<br />

(1961-1980).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 187<br />

<strong>Die</strong> Welt steht ja kein Weilchen still,<br />

Sie dreht sich wie ein Rad.<br />

Wenn einer klotzt mit off’nem Maul,<br />

Der kommt sein Lebtag auf kein Gaul<br />

/: Ja ja! Ja ja! Ja ja! rep. :/<br />

Der Schuster der bleibt nicht beim Leist‘,<br />

Er kann ja Glaser werd’n<br />

Wie oft hat sich ein kühner Geist,<br />

Emporgeschafft auf Erd’n<br />

Wenn einer Grieß im Kopfe hat,<br />

Der macht aus Binsen gar Spagat!<br />

/: Hoho! Hoho! Hoho! rep. :/<br />

Friseur, der Flinke, kann auf Ehr,<br />

<strong>Die</strong> Gerberei studir’n,<br />

Und wenn er stinkt, so kann ja er<br />

Sich anders parfümir’n,<br />

Der Seiler greift zum Zuckerbrod,<br />

Der Maurer statt zum Kalk, zum Koth!<br />

/: O o! O o! O o! rep. :/<br />

Der Wagner der kann in der That,<br />

<strong>Die</strong> Uhr zu rechte mach’n,<br />

Und wenn ihm übrig bleibt ein Rad,<br />

So ist das nicht zum lachen;<br />

Wie Mancher hat ein Rad zuviel<br />

Und bleibt ein Dummkopf, unmobil<br />

/: Tick tack! Tick tack! Tick tack! rep. :/<br />

Nur Müller laßt das Molzern1533 nicht<br />

D’rum will er Müller bleib’n<br />

Und will die Haar – der arme Wicht,<br />

Am Arme sich abreiben;<br />

Das geht die Welt ein Pfiffer an<br />

Wenn er nur tüchtig molzern kann!<br />

/: Klapp klapp! Klapp klapp! Klapp klapp! rep. :/<br />

Wir Weiber sind Euch gleichgestellt,<br />

Man heißts emanzipirt<br />

Drum sind wir hier (einen Knix machend) wenns Euch gefällt,<br />

Im Handwerk exerzirt,<br />

Wir sind Euch gleich zu jeder Zeit,<br />

Darüber sind wir hoch erfreut,<br />

/: Juhe! Juhe! Juhe! rep. :/<br />

Und wenn ihr wieder resonirt,<br />

Daß Freiheit Euch gegeb’n,<br />

So seid Ihr öffentlich blamirt<br />

Durch Euer ganzes Leb’n,<br />

Denn nur die Freiheit bringt uns Glück<br />

Seht nur auf d’Finsterniß zurück<br />

/: Ade! Ade! Ade! rep. :/<br />

1533 molzern ‚miltern = den Lohn geben; Milter = Müllerlohn, der an Mehl entrichtet wird‘. von Schmid, J. C.: Schwäbisches Wörterbuch,<br />

385, 389.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 188<br />

5.3. Quellen zu Bredelins Lebenslauf<br />

5.3.1. Genealogische Übersicht zur Familie Bredelin<br />

Veit Lorenz Bredelin 1534 ; k, Senator, Kriegskassier,<br />

Kaufmann, Schmid-Zunftmeister, Bierschauund<br />

Armenkassen-Deputierter in Biberach /<br />

Riß 1535 ; ihm gehörte 1802 das Haus Marktplatz<br />

14 1536<br />

∞<br />

Barbara Rauch<br />

---------a.<br />

Georg Anton Bredelin; k, Präzeptor, Schulvisitator,<br />

Magister, Musikdirektor<br />

* 18.09.1752 in Biberach / Riß<br />

† 15.11.1814 in Biberach / Riß<br />

∞ 1) 26.05.1778 in Hayingen<br />

a1. Maria Anna Knoll; k, Tochter von Jakob<br />

Knoll, Bauer in Sulmetingen, und Elisabeth<br />

NN.<br />

* 29.06.1738 in Sulmetingen<br />

† 07.05.1809 in Biberach / Riß<br />

∞ 1)<br />

a11. Aegydius Knupfer 1537 ; k, Lehrer in<br />

Hayingen<br />

*<br />

† 1775/1778<br />

---------a11a.<br />

Fidelis Knupfer; k, 1788 Lehrer in<br />

Hausach, 1789 Provisor in Zell a. H. 1538<br />

* 1765 in Hayingen<br />

†<br />

o-o<br />

Katharina Wölfle; k, aus Hausach<br />

a11b. Maria Anna Knupfer; k<br />

* 11.01.1767 in Hayingen<br />

† 21.08.1810 in Biberach / Riß<br />

a11c. Joseph Knupfer; k, 1797-1837 Oberlehrer<br />

in Hausach, Gründer der<br />

Türkischen Musik 1539<br />

aa. Laurentius Sebastian Bredelin; k<br />

* 12.10.1779 in Hayingen<br />

†<br />

ab. Maria Walburga Katharina Bredelin; k<br />

* 10.11.1780 in Hayingen<br />

† 14.10.1848 in Biberach / Riß<br />

∞ 1)<br />

ab1. Joseph Anton Brogle; k<br />

∞ 2) 08.10.1810 in Biberach / Riß<br />

ab2. Franz Philipp Haller; k, aus Altdorf,<br />

Uhrmacher<br />

* 04.10.1785 in Biberach / Riß<br />

† 25.10.1843 in Biberach / Riß<br />

---------aba.<br />

Theresia Brogle; k, 2 Kinder<br />

* 27.07.1806 in Biberach / Riß<br />

† 20.06.1862 in Biberach / Riß<br />

∞<br />

aba1. Joseph Nepomuk Schmutzer; k,<br />

Uhrmacher<br />

ab2b. Franz Joseph Crescentius Haller; k<br />

* 15.10.1817 in Biberach / Riß<br />

† 24.10.1818 in Biberach / Riß<br />

---------a2c.<br />

Franciscus Aloisius Bredelin; k<br />

* 16.01.1783 in Hayingen (illegitim)<br />

†<br />

---------b.<br />

Johann Baptist Bredelin; 23.08.1780 Priesterweihe,<br />

1784 als Pater Ambrosius im<br />

Prämonstratenserkloster Weißenau Vestarius<br />

und Cantor, um 1787 Pfarrer in<br />

(Ober)Eisenbach (Kreis Tettnang), um 1804<br />

Stadtpfarrer von St. Jodok in Ravensburg<br />

* 1775 in Hayingen<br />

†<br />

---------o-o<br />

2)<br />

a2. = a11b. Maria Anna Knupfer; k<br />

∞ 3) 08.10.1810 in Biberach / Riß<br />

a3. Maria Anna Renz; k, Tochter von<br />

Bartholomäus Renz, Chirurg in Altshausen,<br />

und Maria Anna Schaich<br />

* 25.05.1751 in Altshausen<br />

†<br />

----------<br />

1540<br />

* 24.06.1754 in Biberach / Riß<br />

† 04.08.1806 in Biberach / Riß<br />

c. Franz Xaver Bredelin; k, Kaufmann 1541<br />

* 15.01.1758 in Biberach / Riß<br />

† 24.02.1802 in Biberach / Riß<br />

∞ 20.04.1787 in Biberach / Riß<br />

c1. Walburga Bognato; k, aus Altshausen<br />

* 07.09.1765<br />

†<br />

---------ca.<br />

Franz-Carl Anton Bredelin; k<br />

* 22.04.1788 in Biberach / Riß<br />

† nach 1801<br />

cb. Lorenz Veit Bredelin; k<br />

* 03.08.1790 in Biberach / Riß<br />

† 01.01.1791 in Biberach / Riß<br />

1534 <strong>Die</strong> Daten stammen überwiegend aus: Familienregister der<br />

kath. Pfarrei St. Martin Biberach; Aus dem Leben des<br />

Musikdirektors Georg Anton Bredelin.<br />

1535 Staats- und Addresshandbuch 1799, 170.<br />

1536 Preiser: Biberacher Bauchronik, 184 (mit Abbildung).<br />

1537 <strong>Die</strong> Daten aus Hayingen beruhen auf Mitteilungen von<br />

Pfarrer Bühner, Hayingen, vom 21.7. und 8.8.1988.<br />

1538 Schneider-Strittmatter: Chronik der Stadt Hausach, 126f.<br />

1539 Bischoff: Chronik Hausach, 179.<br />

1540<br />

Nachlassverzeichnis im Staatsarchiv Ludwigsburg, Signatur<br />

D 130 Bü 15.<br />

1541<br />

Ein gedrucktes Bücherzeichen (Exlibris) aus dem 18. Jahrhundert<br />

mit der Aufschrift Aus denen Buchern des Franz<br />

Xaver Bredelin in Biberach wird erwähnt in Warnecke: <strong>Die</strong><br />

deutschen Bücherzeichen, 41 Nr. 259.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 189<br />

cc. Barbara Franziska Bredelin; k<br />

* 17.05.1793 in Biberach / Riß<br />

† 09.09.1793 in Biberach / Riß<br />

cd. Franz Xaver Karl Aloys Bredelin; k, Kaufmann<br />

* 12.05.1798 in Biberach / Riß<br />

† 11.01.1852 in Biberach / Riß<br />

∞ 19.02.1836 in Biberach / Riß<br />

cd1. Sabine Barbara Schmalzing; e<br />

* 01.11.1810 in Biberach / Riß<br />

† 28.10.1891 in Biberach / Riß<br />

----------<br />

cda. Karl Anton Bredelin; e, verheiratet,<br />

1868-1898 Schützendirektor, seine<br />

Nachfahren leben heute bei Düsseldorf<br />

* 28.06.1836 in Biberach / Riß<br />

† 28.08.1898 in Biberach / Riß<br />

----------<br />

d. Maria Anna Bredelin<br />

∞<br />

d1. Anton Georg von Braunendal; Senator,<br />

Kirchen-, Kapellen- und Waisenpfleger,<br />

katholischer Kassier in Biberach / Riß<br />

* 1741<br />

† 1805<br />

----------<br />

da. Lorenz von Braunendal<br />

∞<br />

da1. Kreszentia von Krafft<br />

----------<br />

5.3.2. Allgemeine Verordnung über die biberachischen deutschen katholischen Schulen, 1790<br />

Da von guter Erziehung der Jugend sowohl die Ehre Gottes und Aufrechterhaltung der heiligen Religion als auch<br />

das Wohl des ganzen Staates und dessen einzelner Gliedern abhanget, dieses aber nur durch vorhandene und<br />

wohleingerichtete Schulen, in welchen gute, gesittete, christliche und nützliche Bürger erzogen und gebildet<br />

werden, zu erzielen ist 1542 :<br />

Als fande sich ein Hochlöblicher katholischer Magistrat hiesiger freien Reichsstadt Biberach bewogen, unter<br />

andern landesväterlichen Bemühungen sein Augenmerk auf das allhiesige Schulwesen besonders zu nehmen, die<br />

hierüber von denen Jahren 1688 und 1743 vorhandenen Verordnungen so viel nötig zu verbessern und durch<br />

Zusätze zu vermehren, auch einen nach gegenwärtiger Zeit erforderlichen systematischen Unterricht in der<br />

Normal-Lehre und andern nützlichen Wissenschaften einzuführen und vorzuschreiben, diesemnach aber aus<br />

folgender Verordnung denen samtlichen Lehrern ihre Instruktionen verfertigen und zu künftiger genauer Befolgung<br />

zustellen zu lassen. Es solle dahero<br />

§1<br />

bei der bisherigen Anzahl der vorhandenen drei deutschen Schulen, deren zwei zum Unterricht der Knaben, eine<br />

aber für die Mädchen bestimmt ist, sein ferneres Verbleiben haben.<br />

§2<br />

Der Lehrer der untern Knabenschule, dem wir das Prädikat eines Präzeptors beilegen, hat seine Schüler nach<br />

dem hiesigen Lehrbuche, der dabei angenommenen Weise und denen hiebei nötigen Einteilungen von dem<br />

Buchstaben-Kenntnis bis ans Ende im Lesen, Schreiben, Rechnen, Sitten- und christlichen Lehre, auch in denen<br />

einem jeden Bürger höchst notwendigen Kenntnissen in Formierung einiger kleinen Aufsätzen, z. B. Briefen,<br />

Verfassung Waisen-, Laden-, Haus-Rechnungen, Quittungen, Schuldscheinen und Konto etc. vollkommen zu<br />

unterrichten.<br />

§3<br />

Der Lehrer der obern Knabenschule, dem das Prädikat Magister zukömmt, übet seine Schüler in dem fort, was<br />

sie bei dem Präzeptor in der 3. Klasse allbereits gelernet haben und lehret jene, welche zu einigen Studien Lust<br />

und Fähigkeit haben, die ersten Grundreglen der lateinischen Sprache in Deklinieren, Konjungieren und so<br />

weiters, so daß sie die sogenannten kleinen Exempel zu machen im Stande sind und im Falle einer dieser in die<br />

lateinischen Schulen der Herren Professoren aufsteigen sollte, daselbst in der sogenannten Rudiment ohne<br />

Schwierigkeit fortkommen kann.<br />

Denen acht Alumnen hingegen, welche derzeit in seine Schule gehören, gibt er noch überdies für das gewöhnliche<br />

Quartal-Geld Anweisung in der Choral- und Figural-Musik, in letzerer jedoch nur im Fall als einer<br />

dieser Knaben hiezu Verlangen und Anlage bezeiget.<br />

§4<br />

Was aber die Anzahl der in diese obere Schule gehenden Knaben betrifft, so sollen deren mit Einschluß der<br />

Alumnen niemals mehr dann achtzehen sein und aus der Schule des Präzeptors keine andern Schüler hieher<br />

aufgenommen werden, als welche von einer löblichen Schuldeputation die Erlaubnis hiezu erhalten haben. Sollte<br />

einer aus den Alumnen im Studieren fortmachen wollen und sich als ein gutes Subjectum zeigen, so kann es<br />

1542 <strong>Die</strong> Verordnung befindet sich im Katholischen Pfarrarchiv St. Martin Biberach, Neuere Akten Büschel 26. Zitiert nach <strong>Die</strong>mer: All-<br />

gemeine Verordnung, 80-82.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 190<br />

dispensando zu den Herren Professoren gelassen werden, jedoch mit der Bedingnis, daß er dem Magister, solange<br />

er den Alumnats-Genuß beziehet, das gewöhnliche Schulgeld bezahle.<br />

§5<br />

Der Lehrer der Mägdchenschule hat seine Schülerinnen nach oberwähntem hiesigen Lehrbuch und in allen<br />

denen Gegenständen wie der Präzeptor die Knaben vollkommen zu unterrichten.<br />

§6<br />

Samtliche Lehrer aber sollen ihre Schuljugend nicht nur gegenwärtig vorgeschriebene, sondern auch alle von<br />

einer löblichen Schuldeputation künftig vorgeschrieben werdende Gegenstände zu lehren verbunden sein.<br />

§7<br />

Belangend nun die gewöhnliche und tägliche Schulzeit, so sollen die Mägdchen und untere Knabenschulen<br />

jederzeit vormittags mit 8 Uhr ihren Anfang und mit 11 Uhr ihr Ende nehmen, nachmittags aber zu jeder Jahreszeit<br />

von halb 1 Uhr bis halb 4 Uhr gehalten werden.<br />

<strong>Die</strong> obere Knabenschule hingegen fange jederzeit vormittags nach geendigtem Pfarrgottesdienste an und<br />

dauere bis 11 Uhr; nachmittags hingegen nehme sie ihren Anfang mit 1 Uhr und ende sich Winterszeit mit 3,<br />

Sommerszeit mit halb 4 Uhr.<br />

Was den Musikunterricht der Alumnen betrifft, so solle jeglich eine Stunde und zwar jedesmal die von 12 bis<br />

1 Uhr von dem Magister hiezu verwendet werden.<br />

§8<br />

Bei allen diesen drei Schulen werden in jeder ganzen Woche zwei halbe Tage zur Vakanz gestattet, und diese<br />

sind nunmehro Mittwoch und Freitags Nachmittag zu geben.<br />

Sollten aber in der Woche ein oder zwei Feiertage einfallen, so schließen sie den ihnen nähern gewöhnlichen<br />

Vakantztag aus. Außer dieser zur Vakanz bestimmten Tagen haben sich die Lehrer keinen andern selbst zu erlauben.<br />

Wohl aber mögen die Tage der Fasching, Jahrmärkte, Kirchweihe, Schützen-Feier und die Vorabende<br />

heiliger Tagen, auch der erste Aderlaßtag eines Lehrers hievon eine Ausnahme machen.<br />

<strong>Die</strong> jährliche Haupt- oder Herbst-Vakanz hingegen hat auf jedesmaliges Ansuchen der Lehrer von Hl. Jakobi<br />

(25. 7.) bis Maria Himmelfahrt (15. 8.) ihr Verbleiben.<br />

§9<br />

<strong>Die</strong> Lehrer sollen rechtmäßige Gewalt über ihre Schuljugend haben, solche nach Erfordernis ohne der Eltern<br />

Widerrede straffen; und im Fall sich diese dagegen beklagten, ihre Kinder eigenmächtig und zu ungewöhnlicher<br />

Zeit aus der Schule nehmen, die gebührende Schul-Gelder zu bezahlen sich waigern oder auch ihren Kindern,<br />

um sie in die bestimmte Schule nicht zu schicken, Hauslehrer halten, sie wohl gar in lutherische Schulen<br />

schicken würden, so haben die Lehrer solches einer verordneten Schuldeputation zu weiterer Verfügung und<br />

Maßgebung anzuzeigen.<br />

Es ist demnach auch ausdrücklich verbotten, daß ein Lehrer ein Schulkind eines andern Lehrers zu sich in<br />

seine Schule nehme, widrigenfalls demjenigen Lehrer, in dessen Schule das Kind eigentlich gehöret, das Schulgeld<br />

dennoch zu entrichten sein solle.<br />

§10<br />

Wohl aber mögen samtliche Lehrer, insofern es ohne Nachteil ihrer Amtsverrichtungen und außer der bestimmten<br />

Schulzeit geschehen kann, Privatunterricht sowohl in Schulgegenständen als Musik erteilen.<br />

§11<br />

Sowohl die Mägdchen als Knaben der untern Schule sollen täglich um halb 8 Uhr die für sie bestimmte Heilige<br />

Messe in der Spitalkirche mit ihren Lehrern anhören, der Magister aber mit denen Alumnen und seinen übrigen<br />

Schülern dem Amte in der Pfarrkirche beiwohnen und bei solchen mit erstem das Choral absingen.<br />

An Sonn-, Feier- und Festtagen haben samtliche Schüler und Schülerinnen bei der Predig, Prozessionen,<br />

Amt, christlichen Lehre und Vesper, in letzterer auch Vorabends, so auch zur heiligen Fastenzeit bei denen<br />

Miserere und solcherlei Andachten jederzeit zu erscheinen, vor solchen aber jedesmal auf ihrer Schule zusammen<br />

zu kommen und von da aus unter jedesmaliger Begleitung ihres Lehrers, sodann in gehöriger Ordnung<br />

und Stille in die Kirche zu ziehen und daselbst sich in ihre angewiesene Stühle zu stellen.<br />

§12<br />

Während der Predig sollen die Knaben beeder Schulen, worunter auch die Alumnen verstanden, bei dem sogenannten<br />

Lutherischen Pulte sowie die Mägdchen auf der Kanzelseite in den vorderen Stühlen unter der Aufsicht<br />

ihrer Lehrer stehen, deren letzterer vor Anfang der Predig das gewöhnliche Gesang zum Heiligen Geist<br />

anzustimmen und mit den übrigen Lehrern und gesamter Schuljugend abzusingen hat.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 191<br />

Übrigens hat der Mägdchenschulmeister alle deutsche, der Magister aber alle lateinische Gesänge zu besorgen<br />

und anzufangen.<br />

§13<br />

Nach geendigter Predig sollen die Knaben in aller Ordnung und Stille unter Begleitung eines Gassenknecht in<br />

den Chor einziehen, wo sie dann in die hierin angebrachte Schiebstühle zu stehen kommen, auch während dem<br />

Amte oder Heiliger Mess von diesem in Ordnung und Andacht zu halten wie auch bei Prozessionen und andern<br />

Kreuzgängen zu begleiten sind.<br />

<strong>Die</strong> Mägdchen verbleiben wie unter der Predig in ihrem vorangewiesenen Ort, in sofern keine Klag- oder<br />

Hochzeitleute anwesend sind, denen solcher jederzeit einzuräumen ist.<br />

Bei Prozessionen und Kreuzgängen werden sie wie die Knaben guter Ordnung wegen von einem Gassenknecht<br />

begleitet.<br />

§14<br />

Vor der christlichen Lehre wird jeder Schüler auf seiner Schule erscheinen und da von dem Lehrer aus der<br />

Predig gefragt werden. Nach diesem gehen die Knaben und Mägdchen, welche noch nicht zum zweitenmale zur<br />

österlichen Heiligen Kommunion gegangen sind, mit ihren Lehrern in die Spitalkirche und wohnen da in denen<br />

ihnen angewiesenen Stühlen der christlichen Lehre bei. <strong>Die</strong> zu diesem heiligen Genuß schon im zweiten Jahre<br />

gehende Schul-Jugend aber verfieget sich zu diesem Ende in die Pfarrkirche und stehen auf beeden <strong>Seite</strong>n unter<br />

der Aufsicht des Magisters.<br />

Nach geendeter christlichen Lehre ziehet jeder Schüler auf seine Schule wieder zurück, wo der Lehrer eine<br />

kurze Wiederholung des in der Kirche abgehandelten christlichen Gegenstandes zu machen und seiner Schuljugend<br />

hierüber Fragstücke zur Beantwortung vorzulegen hat.<br />

§15<br />

Sowohl in der Vesper als andern Andachten behalten die Schüler und Schülerinnen ihren Standort wie unter dem<br />

Amte.<br />

Noch kömmt hiezu besonders zu bemerken, daß nach Beendigung aller pfarrlichen Gottesdiensten die<br />

Knaben jederzeit den Ausgang aus der Kirche bei der Sebastianskapelle, die Mägdchen aber bei dem<br />

katholischen Taufstein zu nehmen haben, um welch zu haltender Ordnung wegen der Lehrer eines seiner Schulkinder<br />

zu deren Beobachtung zu bestellen hat.<br />

§16<br />

<strong>Die</strong>jenigen Knaben und Mägdchen, denen der Genuß der Heiligen Sakramenten der Beicht und Kommunion<br />

gestattet worden, sollen sich dessen jährlich fünfmal teilhaft machen, welch hiezu vorgeschriebene Tage aber<br />

jedesmal von der Kanzlei zu verkünden und die Schuljugend zu solcher Beobachtung und Erfüllung von ihren<br />

Lehrern, die in der Handwerkslehre stehenden Knaben hingegen von ihren Eltern, Vögten oder Meistern hiezu<br />

alles Ernstes anzuhalten sind.<br />

§17<br />

Überdies haben samtliche Lehrer auf das Wohl- und Übelverhalten ihrer Schuljugend nicht nur in der Schule,<br />

sondern auch bei den Gottesdiensten und auf den Gassen ein wachsames Auge zu halten und hierüber, wie auch<br />

über die Geldeinnahm für abgegebene Schulbücher, Vorschriften etc. die vorgelegte Monats- und Quartal-<br />

Tabellen genauest zu führen und solche jederzeit einer verordneten Schuldeputation in normalmäßiger Schreibart<br />

zu übergeben.<br />

§18<br />

Annoch wird solchen besonders aufgetragen, an denen Feierabenden, Sonn- und Festtagen bei allen gottesdienstlichen<br />

Handlungen als Vespern, Metten, Ämtern, Prozessionen, Rorate, Salve, Miserere etc. zu erscheinen, mit<br />

denen Herren Geistlichen zu betten, singen und sowohl auf dem obern als untern Chor die Figuralmusik nach des<br />

Magisters Anweisung, als welcher jederzeit das Direktorium herbei führet, mitzumachen.<br />

Bei Begleitung der Leichen sollen sie niemals anderst außer mit dem Priester zurückgehen; deren sich aber<br />

der Präzeptor keiner anzumaßen hat, außer er werde hiezu besonders verlangt oder es wären zwei Herren Geistliche<br />

dabei oder aber es wäre die Leiche eines Fremden. Ebenso hat er nur bei Seelenämtern und Jahrtägen,<br />

wobei Figuralmusik gemacht wird, zu erscheinen.<br />

§19<br />

In Abwesenheit des Magisters führet jederzeit der Mägdchenlehrer das Direktorium beim Choral, der Präzeptor<br />

aber beim Figural. Bei andern Vorfallenheiten hat jederzeit bei Abwesenheit des Magisters der Mägdchenlehrer<br />

dessen Stelle zu vertretten. Sollte der Mägdchenlehrer hingegen nicht anwesend sein oder soeben für den<br />

Magister vicarieren 1543 , so hat solcher den Präzeptor, um seine Stelle zu versehen, anzugehen, wobei auch der<br />

1543 Für etwas vikariieren (< lat. vicarius ‚stellvertretend; Stellvertreter’) ‚stellvertretend für etwas stehen’. Wahrig-Burfeind: Wahrig<br />

Fremdwörterlexikon, s. v. vikariieren.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 192<br />

Stellvertretter, wenn die Ursache der Abwesenheit Krankheit ist, die Hälfte der eingehenden Akzidenzien, bei<br />

andern Ursachen hingegen das Ganze hievon zukommen solle.<br />

§20<br />

Was nun endlichen deren Einkommen betrift, so ist die jährliche Besoldung des Magister an baarem Geld,<br />

gesezte Einnahm von löblicher Stadtrechnereyamtung wöchentlich 36 xr – 31 fl 12 xr, ebendaher quartaliter 1 fl<br />

und 18 xr – 5 fl 12 xr, von löblicher Hospitalamtung quartaliter 6 fl 30 xr – 26 fl, von löblicher Pfarrpflegamtung<br />

quartaliter 14 fl 15 xr – 57 fl, von löblicher Kapellpflegamtung quartaliter 8 fl 15 xr – 33 fl, an Accidentien von<br />

löblicher Scholarchatskasse 10 fl, von jedem der 8 Alumnen quartaliter 1 fl 12 xr – 38 fl 24 xr, von jedem<br />

Schüler Quartalgeld 15 xr, von einem großen Jahrtag, deren zur Zeit 5 sind 30 xr, von 17 andern Jahrtägen jeden<br />

per 20 xr, von 15 Familien-Beneficiat-Jahrtägen, jeden mit 15 xr, von jedem Quatemberjahrtag 24 xr, von jeder<br />

Leiche 25 xr, von jeder Hochzeit 25 xr, ferners Extragottesdienst, exequiae solennes, Monatstabellengeld etc.<br />

etc., ohne anderer Accidentien als Privatunterricht etc. zu gedenken.<br />

Das Schützen- und Mayengeld aber ist zu fordern verbotten. An Früchten von löblicher Spitalamtung<br />

Kernen 1544 11 Viertel 9 Vierteil, ebendaher Roggen 11 Viertel 9 Vierteil, von löblicher Pfarrpfleg Roggen 24<br />

Viertel, von löblicher Kapellpfleg Roggen 16 Viertel, an Brennholz von löblicher Stadtrechnereyamtung 10<br />

Klafter, von löblicher Spitalamtung 5 1/3 Klafter, ferners von einer Spitalleiche 1 Maaß Wein und 1 Laible Brod,<br />

bey der Schulvisitation 2 Maaß Wein, 1 Laible Weißbrod, an der Spitalkirchweyh 1 Maaß Wein, in der<br />

Charwoche aus dem Spital 8 Maaß Wein, von der Corporis Christi-Woche 2 Maaß Wein und 2 Brod, jährlich 1<br />

bis 2 Fische.<br />

Besoldung des Präceptors an baarem Geld, gesetzte Einnahm von löblicher Stadtrechnerey quartaliter 4 fl –<br />

16 fl, von löblicher Pfarrpfleg quartaliter 12 fl 30 xr – 50 fl, von löblicher Kapellpfleg quartaliter 8 fl 30 xr –<br />

34 fl, Addition von löblicher katholischer Kasse 10 fl, an Accidentien von löblicher Scholarchatskasse 8 fl 30 xr,<br />

von jedem Schüler Quartalgeld 15 xr, von dermalen zwey gestifteten Jahrtägen, jeden mit 20 xr, von 8 Jahrtägen,<br />

jeden zu 15 xr, von jedem Quatemberjahrtag 18 xr, von jeder Leiche 20 xr, von jeder Hochzeit 20 xr, ferners<br />

Extragottesdienst, exequiae sollennes ect., ohne anderer Accidentien zu gedenken.<br />

Das Schützen- und Mayengeld kann nicht gefordert werden. An Früchten von löblicher Pfarrpfleg Roggen 24<br />

Viertel, von löblichem Scholarchat Roggen 12 Viertel, von löblicher katholischer Kasse statt 8 Viertel Kernen<br />

dessen Wert an Geld, an Brennholz von löblicher Stadtrechnerey 10 Klafter, von löblicher Spitalamtung 3 1/3<br />

Klafter, ferners bei der Schulvisitation 2 Maaß Wein und 1 Laible Weißbrod, in der Corporis Christi-Oktav 2<br />

Maaß Wein und 2 Brod, jährlich 1 Fisch.<br />

Besoldung des Mägdchen-Lehrers an baarem Geld, gesetzte Einnahm von löblicher Stadtrechnerey wöchentlich<br />

24 xr — 20 fl 48 xr, ebendaher quartaliter 1 fl 3 xr – 4 fl 12 xr, von löblicher Pfarrpfleg quartaliter 18 fl 45 xr –<br />

75 fl, Addition von löblicher katholischer Kasse 37 fl 30 xr, an Accidentien von löblicher Scholarchatskasse 9 fl,<br />

von jeder Schülerin Quartalgeld 15 xr, von einem gestifteten großen Jahrtag 30 xr, von vier Jahrtägen, jeden zu<br />

20 xr, von 17 Jahrtägen, jeden zu 15 xr, von 15 dito, jeden zu 12 xr, von jedem Quatemberjahrtag 18 xr, von<br />

jeder Leiche 20 xr, von jeder Hochzeit 20 xr, ferners Extragottesdienst, exequiae solennes ect., ohne anderer<br />

Accidentien zu gedenken.<br />

Das Schützen- und Mayengeld darf nicht gefordert werden. An Früchten von löblicher Pfarrpfleg Veesen 1545<br />

8 Viertel oder statt deren 2 Viertel 11 Vierteil Kernen, von gedachter Amtung Roggen 8 Viertel, von löblicher<br />

Kapellamtung Roggen 4 Viertel, von löblichem Scholarchat auf Weynachten Roggen 8 Viertel, von löblicher<br />

Stadtrechnerey auf Martini Roggen 4 Viertel, von löblicher Kapellamtung Haaber 4 Viertel, an Brennholz von<br />

löblicher Stadtrechnerey 8 Klafter, von löblicher Spitalamtung 9 1/3 Klafter, ferners bei der Schulvisitation 2<br />

Maaß Wein und 1 Laible Weißbrod, an der Spitalkirchweyh 1 Maaß Wein, in der Charwoche aus dem Spital 6<br />

Maaß Wein, in der Corporis Christi-Oktav 2 Maaß Wein und 2 Brod, jährlich 1 Fisch.<br />

Schließlich behaltet sich Hochlöblicher katholischer Magistrat vor, diese Verordnung aus oberherrlicher Macht<br />

nach Gutbefinden in einem oder allen Punkten zu ändern, zu mindern und zu mehren.<br />

Zu Urkund dessen hat Hochderselbe sein gewöhnliches Ratsinsigel vordrucken lassen. So geschehen in<br />

Biberach. Decretum in senatu catholico de dato 29. October 1790.<br />

5.3.3. Bericht über die katholische deutsche Schule in Biberach / Riß, 1801<br />

Monita Generalia über die deutschen Schulen.<br />

I. Ist die ganze dermalige Lehrart ein purer Mechanismus, ein trocknes Auswendiglernen ohne zu<br />

wissen warum so und nicht anderst, welches gleich auffällt, wenn man die Kinder auf andere Art fragt<br />

als im Lehrbuch steht.<br />

1544 Siehe Anmerkung 1309.<br />

1545 Veesen ‚Getreideart Spelz, Dinkel’ < mhd. vëse ‚Hülse des Getreidekorns’. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 65, s. v. Fes(e); Lexer:<br />

Mhd. Taschenwörterbuch, 287, s. v. vëse.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 193<br />

II. Zeigt sich bey sämmtlichen Lehrern kein Fleiß und Ehrgeiz, daß die Kinder etwas mehr als die<br />

trockne Fragen des Lehrbuchs wissen und hiedurch die Denkkraft geübt werde.<br />

III. Ist kein besonderer Nutzen bey dem Miteinanderaufsagen und Zusammenschreyen abzusehen,<br />

welches einer Synagoge gleich kömmt.<br />

IV. Im Lesen ist ein merklicher Fehler, daß beynahe alle Kinder einen widrigen, eintönigen, singenden<br />

Laut und gleichförmige Stimme haben, kein Punkt, Komma etc. beobachten, immer in einem Ton<br />

fortlesen und der Zuhörer Ohren sehr beleidigen.<br />

V. <strong>Die</strong> Schriften sind meines Erachtens nicht ganz so, wie sie für einen künftigen Bürger seyn sollten;<br />

einige zwar befleißen sich, besonders gut und schön zu schreiben; allein ich wünschte eine leichte<br />

kurrente leserliche Schrift zu sehen.<br />

VI. In der Ortographie sind allem Anschein nach auch die Lehrer zurück; denn ich sah sogar fehlerhaft<br />

aus einem Lehrbuch die Vorschrift herausschreiben, welches die Lehrer nicht dulden sollen.<br />

VII. Wie es im Rechnungsfache steht, kann ich nicht mehr sagen, als was ich bey der Prüfung sah: etwa 3-<br />

4 mögen es villeicht ein wenig oder gar auswendig können.<br />

VIII. Den Katechismus betreffend, muß ich die 1., 2. und 3. Erinnerung wiederholen und noch anmerken,<br />

daß allem Anschein nach diese wichtige Lehrgegenstände von den Lehrern nicht mit der erforderlichen<br />

Überzeugung und Nachdruck vorgetragen werden.<br />

Monita Particularia<br />

und<br />

1. des Magisters Schule<br />

a) Herr Magister [Bredelin] mag ein geschickter und die Lehrstunden sowohl als Gegenstände genau beobachtender<br />

Schulmann seyn; allein bey der Prüfung waren seine Schüler die schlechtesten.<br />

b) Sein Hauptfehler scheint mir die Gleichgültigkeit, ob und wie viel und gut seine Schüler lernen; auch<br />

der Mechanismus ist sehr stark in dieser Schule.<br />

c) <strong>Die</strong> rohen Sitten der Alumnen sowohl als anderer seiner Schüler kann man täglich beobachten, da doch<br />

einige darunter sind, die nicht viel jünger als manche junge Bürger scheinen.<br />

d) Ob die Schüler auch Pensa über Haus an Sonn-, Feyer- und Vacanztägen haben, weiß ich nicht; es soll<br />

aber geschehen, damit diese ganzen Täge nicht mit Herumlaufen etc. zugebracht werden.<br />

e) Der Accent im Lateinlesen und die richtige unanstößige Aussprache desselben sind bey den Schülern<br />

nicht die besten; ohne zu stottern ließt gewiß villeicht nur einer.<br />

f) Außer ein oder zwey Schülern habe ich bey der Prüfung keinen bemerkt, der die regulas fundamentales<br />

bei den Conjugationen etc. gleich wußte, welches sich auch bey dem ihnen dictirten Penso sogleich in<br />

praxi zeigte.<br />

Ich getraute mir als Lehrer keinen sogleich in die erste Schule der Herren Professorum zu transferiren.<br />

2. <strong>Die</strong> Schule des Präzeptors<br />

a. Der Lehrer in dieser Schule [Eichele] soll die Kinder nicht mit ,Allons’ etc. zum Antworten auffordern,<br />

wodurch man von seiner Lehrart keine vortheilhafte Begriffe erhält.<br />

b. Er ist überhaupts zu rasch, hudelte was herunter und scheint auch nicht sich viel um das Lehramt zu bekümmern,<br />

wenn nur die Stunde bald schlägt und er loßkömmt.<br />

g. Wie der Lehrer, so die Kinder; sie plappern was herunter, treiben mitunter Possen, und das Herz weiß<br />

nicht, was der Mund redet.<br />

d. <strong>Die</strong> Schüler schreiben in dieser Schule gut; nur muß ich das Monitum Generale 5., 7. et 8. wiederholen.<br />

e. Der Lehrer scheint nicht die liebvolle Art und Gedult zu haben, den Kindern die Lehrgegenstände<br />

beybringen zu wollen; das Geschrey beym Gesammtlesen und Antworten ist hier unausstehlich und<br />

eckelhaft.<br />

3. <strong>Die</strong> Schule des Deutschen Schulmeisters<br />

I. Hier fehlt es, wo nicht überall, doch an den meisten Stücken; Mechanismus, Unachtsamkeit,<br />

Nachläßigkeit und ein gewißes Etwas, das ich mit Träg- oder Faulheit benennen könnte, ist sichtbar.<br />

II. Der Lehrer [Bayrhof] scheint zufrieden zu seyn, wenn seine Schülerinnen de verbo ad verbum die<br />

Fragen und Antworten wissen, ohne darauf zu sehen, daß sie selbe auch verstehen.<br />

III. <strong>Die</strong> Bequemlichkeit, daß der Lehrer nicht selbst die Frage stellt, sondern vom Nächstfolgenden sagen<br />

läßt, welches das weitere Kind beantwortet, gefällt mir nicht.<br />

IV. In dieser Schule fehlt das Rechtschreiben sehr, und im Dictando-Schreiben sollte der Lehrer Gegenstände<br />

wählen, die den Mädchen als künftigen Bürgerinnen nützlich sind.<br />

V. Vom Rechnen, glaube ich, weiß niemand viel; im Katechismus sind einige gut, aber wie die Papagayen<br />

gelehrt, ohne Kraft und Denkkraft. Hier muß ich besonders alle Erinnerungen in generalibus wiederholen;<br />

allein non ex quolibet trunco fit mancius [nicht von jedem beliebigen Stamm wird es noch verstümmelter],<br />

möchte ich vom Lehrer sagen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 194<br />

<strong>Die</strong>ß sind meine unmaßgebliche Gedanken, worüber ich aber, sobald möglich, weitere Verbesserungsvorschläge<br />

mündlich zu verabreden nicht entstehen werde.<br />

Den 3. August 1801<br />

Deputatus Senator von Scherrich.<br />

5.3.4. Protokoll von Johann Maximilian Kick über die Aufführung von Josph Haydns<br />

Schöpfung, 1802<br />

Vorgänge und große Verhandlungen machen Vorsichtig, das man solche durch Thatsachen<br />

beweißen kan.<br />

Anno 1802. d. 6. aug 1546 .<br />

muste in Musikalischen Geschäften nach Ochsenhaußen. <strong>Die</strong> Herren Patres, Anselm, Gerard, Philipp und<br />

noch mehrere fragten mich um die Ursache, warum die Schöpfung von Haidn nicht aufgeführt würde.<br />

Meine Antwort.<br />

ich wüste keine ursach anzugeben, außer der rest den die Ravenspurger bekommen möchte auch unsern H. D.<br />

Knecht abschrecken.<br />

wurde erwiedert.<br />

bei Biberach könne der fall nicht so eintretten, da sich die Herren alle mitzumachen anbothen, und nichts annehmen,<br />

und nichts kosten könne, welches sie auch von denen Herren aus Marchtall, und Schussenried<br />

vermuthen lasse.<br />

Antwort von mir.<br />

es werde an Sängern und Sängerinnen fehlen.<br />

in denen 3 Abteyen finde sich gewieß Rath dazu. ich wurde ersucht mit dem auftrag mit Hrn D. Knecht zu<br />

reden, dß er dß Directorium übernehme, und die erforderliche Kosten, könten die Biberacher Musikanten,<br />

gemeinsam miteinander übernehmen. worauf ich denen Herren alles, was mir möglich wäre zu thun, versprochen.<br />

ich hatte meinen kleinen Knaben Jacob Fried. 1547 bei mir, der sich wund geloffen, und den ich<br />

abwexlend tragen muste.<br />

d. 7. passirte nichts.<br />

d. 8.ten. kam Hr. OberAmtman von Schemmerberg mit der nehmlichen Aufmunterung. am Sontag glaubte mit<br />

Hrn Musik D. Knecht sprechen zu können.<br />

d. 9.ten. Montag. wurde mein kleiner Knabe krank. diß hinderte mich dß ich zum Hrn Direct. Knecht ins Hauß<br />

gehen konte.<br />

d. 10.ten. <strong>Die</strong>nstag abends kamen wir in des Schwanenwirths Keller zusammen, ich entledigte mich in<br />

gegenwart des Hrn Apoteckers Stechers und noch andrer honetten Bürgers meines auftrags von<br />

Ochsenhaußen. Herr Musik. D. Knecht gab zur antwort, dirigiren will ich, aber sonst kan ich mich weegen<br />

meiner beschäftigung, um nichts annehmen, die Herren in denen Klöstern haben mehr Zeit, ich habe viel<br />

Arbeit, und so weiter.<br />

Nun sagte, ich bin schon zu frieden, wenn Sie nur dß Directorium übernehmen, mit dem andren hofte ich solte<br />

doch auch Rath geschaffen werden, in deme ich die Hoffnung hege, daß unter der hießigen Zahl Musiker sich<br />

gewieß einige finden, die sich an mich anschließen, und den kosten aufwand miteinander bestreitten würden.<br />

Der Mstr Braun, der zu gegen war stund sogleich auf, und bot sich an, mit mir Gewinn und Verlust zu<br />

theilen.<br />

d. 11. aug. schrieb ich diese nachricht so gleich nach Ochsenhaußen. eben so auch nach Ravenspurg, an Hrn<br />

Registrator Steub, den ich um die Schöpffungs Musik bittend angehen muste. voller Angst wartete auf den<br />

Empfang, weil alles daran gelegen.<br />

am Sontag als d. 15. aug. ließ ich die Evangel. als Catholische Musikanten zu mir kommen. am Morgens redete<br />

selbst mit Hr Cantor. er verlangte die Kosten zu wissen die ich aufsezen solte, und an was man sich anschließen<br />

könte.<br />

Mir wie jedem anderen waren die sich ergebenden kosten unbekandt, meine absicht war nur, die Schöpfung<br />

aufzuführen, die nicht nur hießiger Stadt und denen hießigen Musiker Ehre bringen, und der Stadt selbst,<br />

durch den zufluß der frembden Nutzen auch bringen würde, wenn alle Musiker beisammen seien sagte ich<br />

Hrn Cantor, könte man einen überschlag machen, und es berechnen so gut man könte.<br />

Hr Cantor Knecht kam am Mittag nicht, wohl aber folgende Herrn als Hr Magister Bredelin. – Fischer, Hr<br />

Körner 1548 , und Thurner Pflug 1549 . Michael Bopp, SchulLehrer Bopp. Abdias Bopp. Jacob Kick, und Lerch<br />

junior.<br />

1546 Zitiert nach Rittau: Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht, 88-90.<br />

1547 Zu Jacob Friedrich Kick siehe Anmerkung 1339.<br />

1548 In Rittau: Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht, 88, wird der Name Kröner geschrieben, doch dürfte dies ein Versehen sein, da weiter<br />

unten in Kicks Protokoll der Name Kerner erwähnt wird. Im Verzeichnis der Mitmusizierenden wird ein Herr Körner genannt, siehe<br />

untern.<br />

1549 Zum Begriff Thurner siehe Anmerkung 1340.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 195<br />

Ich machte Ihnen, das an mich begehrte ansinnen bekandt, sagte Ihnen ferner dß Hr Musik D. Knecht, das<br />

Directorium übernommen, und ersuchte dieselbe sich an mich und den Säckler Braun anzuschließen.<br />

<strong>Die</strong> Mitwürckung versprachen alle, auf Gewinn und Verlust wolten Sie sich aber nicht anschließen, und alle<br />

gratulirten uns zu unserm Vorhaben.<br />

Hr Magister Bredelin, trug sich zur Information der Singstimmen unentgeldlich an, wenn er helfen könte, und<br />

die Musik bei der Hand wäre, die ich erst erwartete.<br />

Abends 4 Uhr od. 5.<br />

gieng schon ein anderer Wind, den der Cantor, auf ordre seines Bruders blasen muste, er war aber nicht stark,<br />

dan Hr Cantor kränkelt schon lange an der Lunge, aber desto beissender. im Wirthshauß im Mond, ward Hr<br />

Bucher Organist, Fischer, SchulLehrer Bopp, und Hr Cantor wurde gefragt, warum Er nicht zu Mittag beim<br />

Max Kick geweßen seie.<br />

die Antwort des H. Cantors war, eben so habe ihn auch sein Hr Bruder D. Knecht gefragt, ob er auch bei dem<br />

Complott geweßen seye. und er habe dß Directorium nicht übernommen, und ... wißen die Herren noch mehr<br />

die dabei waren.<br />

Vom<br />

d. 16. aug. an hörte man allerhand elendes geschwäz, in den Kellern, und bei andern Gelegenheiten. zum<br />

Exempel sagte Hr D. Knecht, die hießige Musikanten seien dazu aufgelegt das Caos zu spielen, wenn aber dß<br />

Licht eintrette, so müsten dieselbe aufhören.<br />

Zeugen hiervon.<br />

Hr Verleger Ostermaier und<br />

Bortenmacher Kick<br />

Ein Buchdrukker, ein Sohn des Hrn Knechts, gab auf frage, wer die Schöpfungs Texte abdrucken werde, die<br />

antwort, aus dieser Arbeit werde nichts, weil sein Vater die Direktion nicht übernehme.<br />

d. 19. aug. gieng mit dem Allumn. Müller ein fehler weegen dem ansagen an den Braun, zum Posaunen blaßen<br />

vor.<br />

Hr D. Knecht sagte gleich will ich klagen, wenns eine andre Musik wär da wäre man gleich parat. und diese<br />

wollen die Schöpffung aufführen. ja ja. Sie sollen nur vorher fl 200 Caution stellen. Hr Apot. Stecher und<br />

SchulLehrer Bopp sind Zeugen hievon.<br />

d. 20. aug. 5 nach Marchtall gereist und die Herren eingeladen.<br />

d. 22. aug. die Musik erhalten von Ulm<br />

d. 31. aug. in Münchroth 1550 und Ochsenhaußen eingeladen.<br />

d. 9. 7br nach Schussenried,<br />

in dieser Woche wuste noch nicht, woran ich mit dem Director daran wäre.<br />

d. 12. 7br gieng ich zu Hrn Bürger-Mstr Doct. Stecher, bittete Hr Burg. den Hr M. D. Knecht kommen zu lassen<br />

und ihn weegen dem Directorium zu fragen. 1000senderley Ausflüchten kamen vor. endlich aber resolvirte,<br />

daß Er eine nochmalige Zusammen berufung veranstalten wolte die Schöpfung gemeinsam zu geben,<br />

welches auch d. 12. 7br abends geschehen wie die Beilage lautet.<br />

Der Grund des Hrn Direct Knechts wird aus der Verhandlung jedem in die Augen fallen, was er haben wolte.<br />

nehmlich er mißgönte uns den Gewinst, im fall es glücklich für uns ausfiel, und die angst zu verliehren ließ<br />

ihm nicht zu, sich an uns anzuschließen, dahero seine absicht war uns solches auf jeden fall zu erschweren,<br />

od. es gar zu verhindern, dß leztere fand nicht statt, wie dß aufgenommene protocoll des Hrn Magisters<br />

Bredelin beweißet.<br />

Hr MusikDirector Knecht trägt den versammelten hießigen Musik Collegiaten beeder Religionen vor, daß Er auf<br />

eine Subscription der Meynung seye, anzutragen, um frembde Sänger und Sängerinen zu beschicken. wir<br />

ließen uns alles gefallen obgleich keine rede es war daß wir die kosten nicht übernehmen wolten.<br />

Hr Magister Bredelin erwartet für Unterricht und condirection ein angemeßenes douseur, wan die einnahm sich<br />

gut zeigen werde, im gegentheil wolle er von allem abstehen, wenn wir schaden leiden solten.<br />

Hr Cantor confirmirt sich mit seinem Hrn Bruder.<br />

Hr Conrector Kraiß 1551 wie Hr Musik D. Knecht.<br />

Hr Stadtamman von Klock votirte zu einer Subscript. eines hinterhaltes, verlange aber für seine beihülffe nichts.<br />

Buchhalter Lerch confirmirt sich mit Hr Stadtamman von Klock.<br />

Hr Organist Bucher und seine Frau engagirt sich unentgeldlich mit zu machen, hoffen jedoch beim Gewinn ein<br />

Douseur, verwahre sich aber aller Kosten.<br />

Hr Fischer – will alles helfen mit musiciren, verwahret sich für unkosten<br />

Hr Brogle – wie Hr Fischer.<br />

Hr Johannes und Lorenz Bronner confirmiren sich mit des Hrn Buchers voto<br />

Hr Kerner und Pflug mit Hrn Bucher.<br />

Lerch junior trägt auf Subscription an, will aber weed. an Gewinn noch Verlust Theil nehmen.<br />

Ilg – mit Hrn Bucher.<br />

1550 Kloster Mönchsroth in Rot an der Rot.<br />

1551 Der Konrektor Johann Konrad Krais verfasste eine handschriftliche Chronik von Biberach / Riß.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 196<br />

Johan Michael Bopp hilft die Musik mit machen, um aber an Verlust od. Gewinn theil zu nehmen, will er erst dß<br />

resultat der Subscrib. einsehen.<br />

Hr Weingart 1552 will gegen andere Gefälligkeiten, gerne umsonst mit machen.<br />

Christian Bopp confirmirt sich mit Hrn Bucher.<br />

Reinhold Schelle deßgleichen<br />

Jacob Kick das nehmliche vota<br />

Hr D Knecht. 2 vota<br />

Hr Bucher. 8 vota<br />

Biberach d. 12. 7br 1802 abends nach 4 Uhr<br />

ich und der Braun gaben dan unsere vota wie folgen wird<br />

Es ist uns laid, daß die proposition des Herrn Musik D. Knechts, bei denen anweßenden Musiker durchgefallen,<br />

obgleich wir dagegen hätten protestiren können, weil ich mich noch wohl errinnere. was am 15. aug.<br />

die Herren uns zu gestanden, und unsere übernahm schon mit kösten verbunden seye, weil wir die auswärtige<br />

Heren in den Klöstern zum theil selbst invitirt hatten. wir sind aber doch nicht abgeneigt jeden, der sich an uns<br />

anschließen will auf zu nehmen, und es wundere uns, dß Hr Musik D. so etwas noch vorbringen könte. auch<br />

ließen wir uns die Speculation der Subscript. immer gefallen, wen uns der Hr M. D. Knecht die Versicherung<br />

schriftlich ertheile, daß auf jeden fall die Schöpfung aufgeführt werden solte. im fall aber die Subscript. nicht<br />

ausfiel wie die Herren wünschten, ob sie dan glaubten, dß wir froh sein würden, uns dem zu unterziehen, wo alle<br />

sich dafür fürchteten Antheil zu nehmen. unsere Speculat. gehe nicht auf Gewinnsucht, sondern unsre übernahm<br />

desselben werde zu Biberachs Ehre gereichen. und wan es dan nicht gegeben würde so müßte ich bei denen<br />

auswärtigen Herren, der Klöster, die ich und Hr Braun dazu noch invitirt hätte, und die uns die Chor Regenten,<br />

in Marchtall und Schussenried, alle mit musicirende Herren, schriftlich aufgesezt mit gegeben hatten, vor diesen<br />

müste ich ja als ein Lügner und ein schlechter Mann angesehen und gehalten werden. ich verlange von Hrn<br />

Director entweder die übernahm der Direction, und müsse gegen die Specul. d. Subscript. protestiren. wen dann<br />

die Aufführung dadurch ins stocken gerathe, so seye doch meine Ehre bei denen Auswärtigen gerettet: ich zeigte<br />

beede Aufsäze der frembden Hern Geistlichen. Nun solte ich sagen, ob die auswärtige Herren, auch etwas kosten<br />

würden.<br />

Meine Antwort war sie müsten so dan selbst fragen. so unverschämt hätte ich nicht gefragt, obgleich die<br />

Herren mein erster Vortrag hätte belehren sollen.<br />

Hr D. Knecht durch gieng die aufgeschriebene Herren von Marchtall. da fehlte ihm der Pat. Sixt 1553 . Er<br />

wunderte sich, daß dieser nicht da stund, da merckte ich auch seine Verlegenheit, und sagte ihm daß die<br />

Schöpffung doch müste gegeben werden, es werde schon einer dß Directorium übernehmen. endlich war mir an<br />

der Zeit so wohl zum probiren, als zur Aufführung gelegen, weil die Herren in den Klöstern nur ihre Vakanz Zeit<br />

dazu verwenden dürften, dahero war ich eingeschrenckt, und muste nun Hrn Knecht die Zeit zur resolution vorschreiben,<br />

daß ich nicht länger als bis d. zu künftigen Morgen 10 Uhr abwarten könne, wen er mit seiner Frau<br />

darüber sprechen wolle. den 13. 7br erhielte dan sein Rescript, wie solches also lautet:<br />

Da bei der gestrigen Zusammenkunft der hießigen Herren Musiker unerachtet meines zur Sicherheit der<br />

großen mit der Aufführung der Haydnschen Schöpfung verknüpften Unkosten gemachten Antrags auf die Eröffnung<br />

einer allgemeinen Subscription, welchen vorzügl. J. Herr Stadtamman von Klock billigte, aber Herr<br />

Maximil. Kick aus mir unbegreiffl. gründen verwarf, doch die meisten sich dahin äußerten, daß sie wohl diese<br />

Musik mitmachen, aber in Absicht der Unkosten nicht mit anliegen wollen, so lasse ich mir zwar gefallen, daß<br />

Hr Kick und sein Theilnehmer, trotz der gegenwärtigen politischen und sehr ungünstigen Zeitumstände den<br />

Risico der Unkosten allein übernehmen wollen, erkläre aber hiermit, daß ich die angetragene Hauptdirection<br />

dieser großen Musik nur unter folgenden ausdrücklichen Bedingungen übernehmen kan und will.<br />

1) Müssen die Unternehmer irgend eine taugliche auswärtige Discantsolo-Sängerin und einen auswärtigen<br />

stattlichen Solo Bassisten, auch, wo möglich, einen auswärtigen Solo Tenoristen zur Unterstützung des Herrn<br />

Buchers herbeischaffen: weil an der guten Besezung dieser Hauptsingrollen alles – Ehre und Beifall – gelegen<br />

ist.<br />

2) Müssen dieselben selbst dafür sorgen, das alle andern auswärtigen concurrirende Musiker sich bei der<br />

Hauptprobe und Hauptproduction auf dem hießigen Plaze gehörig einstellen, und überhaupt alles andere Nöthige<br />

selbst besorgen, so daß ich mich um gar nichts anders, als um die Direction und um die damit verbundenen<br />

Informationen und Proben, wie auch um die zweckmässige Anlegung des Orchestersgerüstes, annehmen dürfe.<br />

3) Müssen sie mir die vollständige Partitur, die bei der Hauptprob unentbehrlich ist, verschaffen. Und endlich<br />

4) Verlange ich für meine sämtliche Mühe und Zeitversäumniß, die Einnahm mag ausfallen, wie sie will, nur<br />

6 Federnthaler fl 16.30 x – Solte aber die Hauptproduction dieses Oratoriums durch unvermuthet eintretende<br />

fatale Umstände, ohne mein Verschulden, unterbleiben müssen, so verlange ich für die dennoch gehabte Bemühung<br />

und Zeitversäumniß wegen der Informationen und Proben, die ich mir äußerst werde angelegen sein<br />

lassen, 2. Federnthl als fl. 5.30 x.<br />

1552 1806 unterrichtete am Biberacher Gymnasium ein Professor Weingart. Wöhrle, K.: Aus der Geschichte der höheren Knabenschule, 36.<br />

1553 Zu Bachmann siehe Anmerkung 1343.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 197<br />

<strong>Die</strong> Garantie der Erfüllung dieser 4 Punkte fordere ich von den Unternehmern ebenfalls schriftlich, ohne<br />

welche dieselbe keine Kraft haben.<br />

Biberach, d. 13. 7br 1802<br />

J. H. Knecht<br />

mit dem original gleichlautend.<br />

Um das Nöthigste gestern und Heute zu besorgen, müste Ihr Resolutum von gestern als d. 13. biß jezo verschieben.<br />

Das uns die Bestellung des 1. und 2. Punkt selbst daran liegen muß, beweist unsere Übernahm, und bisherige<br />

Besorgung der Sache selbs.<br />

3tens ligt die ganze Partitur schon bei mir und komt noch einmal.<br />

4tens Werden wir die verlangte 6 Federnthl. nach denen Proben und Aufführungen in der Ordnung entrichten.<br />

Biberach, d. 14. 7br 1802<br />

J. M. Kick J. J. Braun<br />

Als eine Anectode verdient noch beigesezt zu werden, die wahrhaft geschehen.<br />

Hr Musik D. Knecht, welcher immer gewohnt ist zu critisiren fieng in der Stadt beim Bier, wo auch der ältere<br />

Lerch zu gegen war, an zu critisiren. Hr Lerch sagte endlich ihm ins Gesicht: Hrr sie kommen mir wie ein<br />

scheinholz 1554 für, wo man bei Nacht glaubt es sey was, und im grund nichts ist.<br />

1554 Zum Begriff Scheinholz siehe Anmerkung 1345.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 198<br />

5.3.5. <strong>Die</strong> Besetzung von Haydns Schöpfung in Biberach / Riß, 1802<br />

Verzeichniß der mit musicierenden Persohnen, bei der Schöpffung. 1802.<br />

Directorium 1555<br />

Herr Musik-Director [Justin Heinrich] Knecht.<br />

und Magister [Georg Anton] Bredelin.<br />

Discantisten.<br />

• Jungfer Haffnerin von Wolffegg:<br />

• od. Jungfer Häspelin von Mörspurg 1556 .<br />

— Bronnerin 1557 .<br />

— 3 Knechtinne 1558 .<br />

— Grotzin.<br />

• Frau Fuchsin 1559 .<br />

• Frau Martini.<br />

• Hr Syndicus Töchterlen<br />

von Munterkingen.<br />

• Hr Canzl: Verwalters Sohnle<br />

von Aulendorf.<br />

• Alumnus 1560 Müller.<br />

— Göbel.<br />

— Bopp<br />

— Strudl [?]<br />

• Jgfr. Tischlerin<br />

— Herrlingerin<br />

Altisten.<br />

• Frau Bucherin<br />

• Allumnus [!] Dollinger<br />

• Jacob Braun.<br />

• [Johann Baptist] Pflug [* 1785,<br />

† 1866] 1561 , Bortenmacher 1562<br />

• Ferdinand Lieb von Aulendorf.<br />

• eine Jungfer von Munterkingen.<br />

• Moriz Schaffhüttle.<br />

Tenoristen.<br />

• Hr Bucher [Organist].<br />

• Pater Franz Salesius [Jäger; * 1758 Türkheim,<br />

† 1819 Hausen am Bussen].<br />

von Marchtall<br />

1555<br />

Wortlaut des Textes und Anmerkungen dazu nach Günther:<br />

Singt dem Herren alle Stimmen, 50-58. Originale Handschrift<br />

im Wieland-Museum Biberach / Riß, Signatur WM<br />

Hs. 1883. – Einige Stellen wurden ergänzt und berichtigt<br />

nach dem Faksimile der Handschrift in Schlegel: Justinus<br />

Heinrich Knecht, 40 und dem Protokoll zur Vorgeschichte<br />

von Maximilian Kick (siehe oben). Text und Interpunktion<br />

folgen exakt dem Original, nicht aber die Textanordnung.<br />

1556<br />

Mörspurg = Meersburg.<br />

1557<br />

Das Auslassungszeichen „—“ bedeutet, dass jeweils die<br />

darüber stehende Orts- oder Personenangabe (Jungfer usw.)<br />

zu wiederholen ist.<br />

1558<br />

Vermutlich sind damit die drei Töchter aus Justin Heinrich<br />

Knechts erster Ehe gemeint.<br />

1559<br />

Späterer Nachtrag zwischen Jungfer Häspelin und<br />

Bronnerin.<br />

1560<br />

Zu den Alumnen siehe Anmerkung 1301.<br />

1561<br />

Pflug machte sich später in Biberach / Riß einen Namen als<br />

Genremaler. Seine Lebenserinnerungen sind eine wichtige<br />

Quelle für die Geschichte Biberachs im 19. Jahrhundert,<br />

siehe Pflug: Erinnerungen eines Schwaben.<br />

1562<br />

Zur Erklärung des Begriffs Bortenmacher siehe Anmerkung<br />

1341.<br />

• Pater Bernhard [Liebherr; * 1778 Scheer,<br />

† 1838 ebd.]. —<br />

• [Johannes] Bronner Schloßer,<br />

• Schelkle, Buchbinder.<br />

• H. N. von Buchau.<br />

• H. Freÿ.<br />

Bassisten.<br />

• Hr SubPrior 1563 von Marchtall<br />

— P: Hugo [Heel; * 1752 Witschwende,<br />

† 1804 Unterwachingen]. —<br />

• P: Joseph [Mayer; * 1769 Gundelfingen,<br />

† 1819 Gößlingen bei Rottweil]. —<br />

• P: [Josef] Benedict [Beckler; * 1773 Ottobeuren,<br />

† 1850 <strong>Die</strong>terskirchen?]. —<br />

• P: Anselm [Härle; * 1768 Winterrieden,<br />

† 1843 Mittelbuch?].<br />

von Ochsenhaußen<br />

• H: Martini in Reute.<br />

• H: Apotecker [!] in Waldsee.<br />

• Pater Aurelius [Forstenhäusler; * 1767 Rot<br />

an der Rot, † 1811 Eggmannsried] 1564 .<br />

v. Schussenried<br />

• Pater Ephermod [Schmied; * 1759<br />

Schussenried, † 1817 ebd.]. —<br />

• [gestrichener Name]<br />

• Pater Guilbertus Helfer in Stafflangen<br />

• Hr. Hofkaplan Schmid in Buchau<br />

1. Violin.<br />

1. Pater Stephan 1565 , in Bellemond [!].<br />

2. — Gerard [Haller; * 1772 Gundelfingen,<br />

† 1842 Rottenburg]. von Ochsenhaußen.<br />

3. Titl: Hr Schmid. —<br />

4. Hr [Johann Georg] Loriz [* 1777 Ochsenhausen,<br />

† 1862 ebd.] 1566 , Kammerdiener<br />

von Ochsenhaußen.<br />

5. Pat: Odo [Müller; * 1773 Schwäbisch<br />

Gmünd, † 1841 Saulgau]. —<br />

6. P: Emilian [Rosengart; * 1757 Kirchheim,<br />

† 1810 Tannheim] 1567 . —<br />

7. P: Benedict [Wenz; * 1758 Kenzingen,<br />

† 1827 Frauenfeld (Schweiz)],<br />

von Schussenried.<br />

8. P: Aloÿsius [Bachmann; * 1760 Kirchhaslach,<br />

† 1805 Schussenried]. —<br />

1563<br />

Vermutlich Leopold Schmid (* 1763 Scheer, † 1845 Obermarchtal?).<br />

1564<br />

Er spielte vermutlich auch die 1. Violine.<br />

1565<br />

Vermutlich Stephan Strobl (* 1758 Mietingen, † 1812<br />

Biberach / Riß); er war nach Auflösung des Stifts einige Zeit<br />

Hofmusikus in Stuttgart. – <strong>Die</strong> Nummerierung der<br />

Violinisten entspricht dem Original.<br />

1566<br />

Lori[t]z trug ein umfangreiches Notenarchiv zusammen, das<br />

sich heute im Schwäbischen Landesmusikarchiv Tübingen<br />

befindet.<br />

1567<br />

Rosengart war ein bedeutender Klosterkomponist in Ochsenhausen,<br />

von dem sich gut 100 Werke im Schwäbischen<br />

Landesmusikarchiv Tübingen erhalten haben. Zu ihm siehe<br />

Günther: Ein zur Musik taugliches Subjekt.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 199<br />

9. Hr Cooprb: Sager, Biberach<br />

10. Hr Fischer.<br />

11. Pater Otto 1568 , von Munterkingen.<br />

12. Pater Aurelius 1569 von Schussenried.<br />

13. H. [Matthäus] Espenmüller [Komponist<br />

und Organist; * 1780, † ?]<br />

von Ravensburg.<br />

2.tes Violin und Bratschen.<br />

• Pater Anton [Grange; * 1768 Hechingen,<br />

† 1843 Hausen?]. von Marchtall.<br />

— Edmund [Bisle; * 1778 Buchau?,<br />

† 1809 Buchau]. —<br />

— Ullrich. —<br />

• Hr Körner. Biberach<br />

• [Lorenz] Bronner junior.<br />

• Christianus Bopp:<br />

• Michael Bopp:<br />

• Pater Pfleger von Schemmerberg:<br />

— Protasius. —<br />

• Organist Hörger 1570 v. Munterkingen.<br />

• Jacob Kick 1571 .<br />

• [Reinhold] Schelle, Bortenmacher.<br />

• Pater Augustin: auch zu Violoncello<br />

• P: Philipp [Neri Kiene; * 1777 Bingen,<br />

† 1814 Ringschnait]. von Ochsenhaußen<br />

auch zu Violoncello<br />

• Hr Müller von Ravensburg.<br />

• Mons. Kartus von Neuchatel.<br />

Contra Violon & Bäss.<br />

• Pater Cunrad [Johann Hörmann; † 1850<br />

Unterwachingen?] v. Marchtall<br />

— Thadeus [Bacher; * 1776 Gundelfingen,<br />

† 1804 ebd.?]. —<br />

— Ambrosius [(Ludwig) Haunstetter;<br />

* 1775 Meßkirch, † 1827 Hürbel]<br />

von Ochsenhaußen<br />

• Hr Cantor Knecht 1572 .<br />

— Brogle 1573 .<br />

— Ilg.<br />

• Pater SubPrior Maximilian 1574<br />

von Schussenried.<br />

1568 Vermutlich Otto Sager (* 1750 Biberach / Riß, † 1815<br />

Munderkingen?).<br />

1569 Er sang vermutlich auch Bass, siehe oben.<br />

1570 Vielleicht handelt es sich hier um Xaverius Hörger, dem<br />

1790 ein Notenkonvolut gehörte, das sich heute im<br />

Schwäbischen Landesmusikarchiv Tübingen befindet.<br />

1571 In Maximilian Kicks Protokoll zur Vorgeschichte der Aufführung<br />

werden ein Bortenmacher Kick und ein Jacob Kick<br />

erwähnt, der bei einer Abstimmung sein eigenes Votum abgab.<br />

Es ist daher unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um<br />

den erst sieben Jahre alten Sohn Maximilians handelt.<br />

Rittau: Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht, 88f.; vgl.<br />

hierzu Anmerkung 1339.<br />

1572 Hr Cantor Knecht ist der Bruder von Justin Heinrich Knecht,<br />

siehe das Protokoll zur Vorgeschichte der Aufführung im<br />

Abschnitt 5.3.4.<br />

1573 Katholischer Chormeister und Uhrmacher, vermutlich der<br />

erste Mann von Bredelins Tochter Walburga, siehe Abschnitt<br />

5.3.1 Genealogische Übersicht zur Familie Bredelin.<br />

1574 Vermutlich Max Bregenzer (* 1757 Buchau, † 1832<br />

Zogenweiler).<br />

• Pater Fidelis [Una; * 1765 Haigerloch,<br />

† 1851 Schussenried; ab 1799 Chorregent].<br />

—<br />

• Hr Eichelen 1575 .<br />

1. und 2. Hoboe.<br />

• Pater Anton [Sailer; * 1746 Dillingen an<br />

der Donau, † 1818 Michelwinnaden 1576 ]<br />

von Schussenried.<br />

• Hr ConRect: [Johann Konrad] Kraiß<br />

[† 1835].<br />

— Fuchs. von Buchau.<br />

• Andreas Kuhn.<br />

1. und 2te Flauto.<br />

• Hr OberAmtman von Schemmerberg.<br />

— StadtAmman [Karl Joseph Anton] von<br />

Klock [aus Biberach / Riß; * 1760,<br />

† 1834] 1577 .<br />

• Pat: Innocent: von Schussenried.<br />

1. und 2. Clarinett.<br />

• Hr Faß von Münchroth 1578 :<br />

• Hr. Weingart 1579 .<br />

• Müllers Sohn, von Reinstädten.<br />

1. und 2ter Fagott.<br />

• Hr Eißenschmidt von Buchau.<br />

— Stadthalter von Uttenweiler.<br />

— Abdias Bopp:<br />

1. und 2tes Waldhorn.<br />

• Bischoff. und<br />

• Braun.<br />

1. und 2. Trompette.<br />

• Hoff Trompetter, Anhofer<br />

von Ochsenhaußen<br />

• Pflug. Thurner 1580 .<br />

Contra Fagott oder Serpent 1581<br />

• Hr Stark.<br />

[Posaune]<br />

• Alt Posaune Hr SchulL: Bopp:<br />

1575 Vermutlich handelt es sich um den 1801 als Präzeptor an der<br />

deutschen katholischen Schule angestellten Karl Josef<br />

Eichele. <strong>Die</strong>mer: „... ein gewißes Etwas“, 58, 61.<br />

1576 Sailer wirkte bereits bei der Aufführung des Singspiels Das<br />

Blut des Lammes von Franz Neubaur im Kloster Weißenau<br />

am 9., 11. und 15.9.1783 als Oboist mit, scheint also über<br />

die Mauern seines Klosters hinaus einen sehr guten Ruf als<br />

Instrumentalist genossen zu haben. Oberst: Alles zur<br />

größeren Ehre Gottes, 205f. – Zum Komponisten Neubauer<br />

siehe Klär: Musikpflege im Kloster Ettenheimmünster, 324.<br />

1577 Von Klock war von 1804 bis 1819 katholischer Bürgermeister.<br />

Gründig: Verwickelte Verhältnisse, 44 Anmerkung<br />

19.<br />

1578 Kloster Mönchsroth in Rot an der Rot.<br />

1579 <strong>Die</strong> Lesart Steingart in Günther: Singt dem Herrn alle<br />

Stimmen, 57, beruht auf einer Verwechslung des deutschen<br />

W mit .<br />

1580 Zum Begriff Thurner siehe Anmerkung 1340.<br />

1581 Möglicherweise wurde das Serpent nur an zwei kurzen<br />

Stellen der Partitur (Satz 21, Takt 8-13; Satz 22, Takte 40<br />

und 44) eingesetzt, um jeweils einen besonderen klangmalerischen<br />

Effekt zu erzeugen. Günther: Singt dem Herrn<br />

alle Stimmen, 57f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 200<br />

• Tenor. Hr Lerch [Buchhalter].<br />

• Bass: Max. Kick.<br />

Paucken<br />

• Hr Lerch junior.<br />

MitDirector, und Gehülfe zum ganzen<br />

• Hr Steub von Ravensburg<br />

Verzeichnis der Musiker nach ihrer Herkunft<br />

Aulendorf<br />

• Hr Canzl: Verwalters Sohnle<br />

• Ferdinand Lieb<br />

Bad Buchau<br />

• Hr Eißenschmidt<br />

• Fuchs<br />

• H. N.<br />

• Hr. Hofkaplan Schmid<br />

Bad Schussenried<br />

• P: Aloÿsius Bachmann; * 1760 Kirchhaslach,<br />

† 1805 Schussenried<br />

• Pater Aurelius Forstenhäusler; * 1767 Rot<br />

an der Rot, † 1811 Eggmannsried<br />

• Pat: Innocent<br />

• Pater SubPrior Maximilian<br />

• Pater Anton Sailer; * 1746 Dillingen,<br />

† 1818 Michelwinnaden<br />

• Pater Ephermod Schmied; * 1759<br />

Schussenried, † 1817 ebd.<br />

• Pater Fidelis Una; * 1765 Haigerloch,<br />

† 1851 Schussenried; ab 1799 Chorregent<br />

• P: Benedict Wenz; * 1758 Kenzingen,<br />

† 1827 Frauenfeld (Schweiz)<br />

Bad Waldsee<br />

• H: Apotecker<br />

Bellamont<br />

• Pater Stephan<br />

Biberach / Riß<br />

• Bischoff<br />

• Bopp<br />

• Abdias Bopp<br />

• Christianus Bopp<br />

• Hr SchulL: Bopp<br />

• Michael Bopp<br />

• Braun<br />

• Jacob Braun<br />

• Magister Bredelin<br />

• Brogle<br />

• Lorenz Bronner junior<br />

• Johannes Bronner, Schlosser<br />

• Bronnerin<br />

• Hr Bucher, Organist<br />

• Frau Bucherin<br />

• Alumnus Dollinger<br />

• Hr Eichelen<br />

• Hr Fischer<br />

• H. Freÿ<br />

• Frau Fuchsin<br />

• Göbel<br />

• Grotzin<br />

• Herrlingerin<br />

• Ilg<br />

• Jacob Kick<br />

• Max. Kick


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 201<br />

• StadtAmman Karl Joseph Anton von<br />

Klock<br />

• Hr Cantor Knecht<br />

• Justin Heinrich Knecht<br />

• 3 Knechtinne<br />

• Hr Körner<br />

• Hr ConRect: Johann Konrad Kraiß<br />

• Andreas Kuhn<br />

• Hr Lerch, Buchhalter<br />

• Hr Lerch junior<br />

• Frau Martini<br />

• Alumnus Müller<br />

• Johann Baptist Pflug, Bortenmacher<br />

• Pflug, Türmer<br />

• Hr Cooprb: Sager<br />

• Moriz Schaffhüttle<br />

• Schelkle, Buchbinder<br />

• Reinhold Schelle, Bortenmacher<br />

• Hr Stark<br />

• Strudl<br />

• Jgfr. Tischlerin<br />

• Hr. Weingart<br />

Marchtal<br />

• Thadeus Bacher; * 1776 Gundelfingen,<br />

† 1804 ebd.?<br />

• P: Josef Benedict Beckler; * 1773 Ottobeuren,<br />

† 1850 <strong>Die</strong>terskirchen?<br />

• Edmund Bisle; * 1778 Buchau?, † 1809<br />

Buchau<br />

• Pater Anton Grange; * 1768 Hechingen,<br />

† 1843 Hausen?<br />

• P: Hugo Heel; * 1752 Witschwende,<br />

† 1804 Unterwachingen<br />

• Pater Cunrad Johann Hörmann; † 1850<br />

Unterwachingen?<br />

• Pater Franz Salesius Jäger; * 1758 Türkheim,<br />

† 1819 Hausen<br />

• Pater Bernhard Liebherr; * 1778 Scheer,<br />

† 1838 ebd.<br />

• P: Joseph Mayer; * 1769 Gundelfingen,<br />

† 1819 Gößlingen bei Rottweil<br />

• Hr SubPrior<br />

• Ullrich<br />

Meersburg<br />

• Jungfer Häspelin<br />

Münchroth siehe Rot an der Rot<br />

Munderkingen<br />

• eine Jungfer<br />

• Organist Hörger<br />

• Pater Otto<br />

• Hr Syndicus Töchterlen<br />

Neuchâtel (Schweiz)<br />

• Mons. Kartus<br />

Ochsenhausen<br />

• Hoff Trompetter Anhofer<br />

• Pater Augustin<br />

• Gerard Haller; * 1772 Gundelfingen,<br />

† 1842 Rottenburg<br />

• P: Anselm Härle; * 1768 Winterrieden,<br />

† 1843 Mittelbuch?<br />

• Ambrosius (Ludwig) Haunstetter; * 1775<br />

Meßkirch, † 1827 Hürbel<br />

• P: Philipp Neri Kiene; * 1777 Bingen,<br />

† 1814 Ringschnait<br />

• Hr Johann Georg Loriz * 1777 Ochsenhausen,<br />

† 1862 ebd., Kammerdiener<br />

• Pat: Odo Müller; * 1773 Schwäbisch<br />

Gmünd, † 1841 Saulgau<br />

• P: Emilian Rosengart; * 1757 Kirchheim,<br />

† 1810 Tannheim<br />

• Titl: Hr Schmid<br />

Ravensburg<br />

• H. Matthäus Espenmüller; Komponist und<br />

Organist; * 1780, † ?<br />

• Hr Müller<br />

• Hr Steub<br />

Reinstetten<br />

• Müllers Sohn<br />

Reute<br />

• H: Martini<br />

Rot an der Rot (Kloster Mönchsroth)<br />

• Hr Faß<br />

Schemmerberg<br />

• Hr OberAmtman<br />

• Pater Pfleger<br />

• Protasius<br />

Stafflangen<br />

• Pater Guilbertus Helfer<br />

Uttenweiler<br />

• Stadthalter<br />

Wolfegg<br />

• Jungfer Haffnerin


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 202<br />

5.3.6. Bredelin in Hansjakobs Erzählung „Madonna“<br />

Beim Toweis hatten auch einzelne Dorfschulmeister jener Tage ihre ständige Einkehr, vorab der Schneider<br />

Denzlinger von Hofstetten und die zwei Weber, Wölfle von Weiler und Volk von Bollenbach, die alle drei die<br />

Elemente des Wissens in ihren Gemeinden lehrten 1582 . [...]<br />

Der älteste der Dorfschulmeister war der Mathis; er lehrte schon, als die Schulmeister noch von den Bauern<br />

»umgeäzt« wurden und die zwölf Kreuzer jährliches Schulgeld pro Kopf selber einziehen mußten. Erst der Fürst<br />

Josef Wilhelm hob dies auf und entbot anno 1746 »allen Räten, Beamten, Schultheißen, Burgermeistern, Vögten<br />

und allen Untertanen und Inwohnern Gruß und Gnad und tat ihnen zu wissen,« daß das Schulgeld in die »Gemeindelade«<br />

zu zahlen sei und für arme Väter aus dieser genommen werde. Falls aber ein solcher Vater am<br />

Sonntag ins Wirtshaus gehe und zeche, müsse er das Schulgeld der Gemeindelade wieder ersetzen.<br />

Trotzdem traf es dem Wölfle-Mathis und dem Weber in Bollenbach nur 40 Gulden jährliches Gehalt, dem<br />

Schneider in Hofstetten sogar nur 26. Außerdem erhielt noch jeder alljährlich von jedem Bauer zwei Laibe Brot,<br />

einen auf Weihnachten, den andern auf Sommer-Johanni.<br />

Dazu kamen noch die winzigen Einkünfte als Organisten, die meist auch aus Brot bestanden, so für das<br />

Singen bei einer Kindsleich einen Laib, bei Beerdigung einer erwachsenen Person mit nachherigem Orgelschlagen<br />

drei Laibe.<br />

Am täglichen Brot im buchstäblichen Sinn fehlte es demnach den Schulmeistern nicht.<br />

Der König derselben saß damals im Städtle Husen und hieß Bredelin. Er war ein »verstickter Student« und<br />

somit der einzige studierte Lehrer der Herrschaft. Drum ernannte ihn die Regierung zum Prüfungskommissär<br />

aller Dorfschulen, und er machte auf das Geburtsfest des Fürsten schwungvolle Verse.<br />

Mit wahrem Respekt erzählten die eben genannten Handwerker und Schulmeister von seiner Weisheit. Ich<br />

habe von seinen Prüfungsbescheiden gelesen. <strong>Die</strong> würden heute noch jedem Kreisschulrat Ehre machen.<br />

Der Meister Bredelin war schon so modern, daß er gar zu viel auf gutes Deutschsprechen hielt und gegen<br />

den Dialekt zu Felde zog.<br />

Und der Dorfweber und Lehrer in Bollenbach schwang sich unter seinem Szepter so weit hinauf, daß er –<br />

was heute noch nicht erreicht ist – anno 1786 den Prüfungskommissär und die Ortsvorgesetzten von einem<br />

Schüler im Namen aller Schulkinder also anreden ließ: »Dem wohlgelehrten, uns von <strong>Seite</strong> hoher Stelle verordneten<br />

Visitator Bredelin, dem hochgelehrten Herrn Pfarrer, den ortsvorgesetzten Vögten entbieten wir,<br />

unseres besten Fürsten Kinder, den Willkommgruß. Wir schmeicheln uns zwar nicht, in allem Genugtuung zu<br />

leisten, bitten aber zum voraus um Vergebung und versprechen künftighin uns zu bessern.«<br />

Wer diese kurze Rede nicht, wie ich, der Schreiber dieses Büchleins, selbst gelesen, würde kaum glauben,<br />

daß ein Dorfweber des 18. Jahrhunderts diese klassisch kurze und doch alles besagende Rede gemacht und ein<br />

Bauernbüblein von Bollenbach an der Kinzig, Lorenz Neumaier benamset, sie gesprochen habe.<br />

Es ist eben die alte Geschichte, daß die Menschen früher im Verhältnis zum Grad ihrer Bildung viel vernünftiger<br />

waren als heutzutag, wo die Ueberkultur den gesunden Menschenverstand vielfach unterdrückt. –<br />

<strong>Die</strong> Lorbeeren, welche der Schulmeister von Husen errang, ließen die Haslacher Senatoren nicht schlafen.<br />

Ich glaub', wenn der Bredelin angewiesen worden wäre, auch in Hasle zu prüfen, es hätte eine neue Revolte<br />

abgesetzt.<br />

Den alten Franz Antoni Bechtiger, der die ganze Generation erzogen, wollten sie nicht absetzen, um einen<br />

Rivalen Bredelins zu bekommen. Aber ein »studierter« städtischer Provisor (Unterlehrer) sollte ihm an die <strong>Seite</strong><br />

gegeben werden. Es war kurze Zeit vor seiner eigenen Absetzung, da der Toweis den obgenannten Dorfschulmeistern<br />

den Beschluß des Rates, dem Bredelin Konkurrenz zu machen, mitteilte.<br />

Direkt von der hohen Schule in Freiburg, wo eben für die königlich kaiserlichen Normalschulen Studenten<br />

als Lehrer herangezogen wurden, sollte ein Provisor bestellt werden. Ein gewisser Rieger von dort ist bereit, als<br />

solcher nach Hasle zu kommen; aber er verlangt 300 Gulden Gehalt, also nicht viel weniger, als ein Obervogt<br />

hat.<br />

An dieser Riesensumme verschlägt sich seine Berufung.<br />

Ein Jakob Bruder von Löffingen meldet sich an seiner Statt um billigeres Geld und verspricht, »auch im<br />

Singen, Orgelschlagen und Geigen Satisfaktion zu geben«. Aber der Senat traut seiner Wissenschaft nicht, und<br />

auch der Jakob Bruder wird nicht Provisor.<br />

Da empfiehlt der Erzpriester Schmauz in Hofweier seinen Unterlehrer Nikolaus Blum aus Oberschwarzach<br />

im Würzburgischen. Der will dem Bredelin die Wage halten um 190 Gulden Jahreslohn und schickt als Schriftund<br />

Wissensprobe eine Abhandlung über den Römer Fabius Flaccus.<br />

Das imponiert den Haslacher Ratsherren mit Macht, und sie erhoffen sich von diesem Römerbeschreiber den<br />

Sieg über den Meister Bredelin von Husen.<br />

Er wird (1775) als Provisor angestellt, heiratet ein Jahr später des alten Bechtigers Tochter und wird dessen<br />

Nachfolger als Oberlehrer, muß aber dem Schwiegervater Kost und Wohnung geben für jährliche 85 Gulden und<br />

dessen Sohn als Provisor annehmen.<br />

1582 Hansjakob: Ausgewählte Erzählungen IV, 121-124.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 203<br />

So will und genehmigt es der Senat, obwohl der Nikolaus kein fürstenbergischer Untertan ist und die<br />

gnädigste Herrschaft deshalb Einsprache erhebt. <strong>Die</strong> Senatoren sagen dagegen, die Stadt hätte das Recht, Hirten<br />

und Hirtenmeister für ihre Kühe und Schweine zu ernennen und alle ihre <strong>Die</strong>ner, also auch den Hirten ihrer<br />

Kinder.<br />

Der alte Franz Antoni Bechtiger war, abgesehen von seiner zunehmenden Körper-und Geistesschwäche, den<br />

Ratsherren, die vielfach noch seine Schüler gewesen, unliebsam geworden, weil er einen ihrer Beschlüsse<br />

mißachtet hatte, was seine Pensionierung beschleunigte.<br />

Er hatte einen Taubenschlag, dessen Ausflug in die Kirchgasse hinabschaute. <strong>Die</strong> Tauben beschmutzten<br />

drum bisweilen irgend ein Wibervolk, das zur Kirche ging oder aus derselben kam. Es wurde dies den Vätern der<br />

Stadt geklagt und daraufhin dem Schulmeister der Taubenschlag auf dieser <strong>Seite</strong> seines Schulhauses abdekretiert.<br />

Der Alte achtete des Verbotes nicht. Da kommt ein zweiter Ukas, der ihn zu 1 Gulden 36 Kreuzer Strafe<br />

verurteilt, und wenn er bis morgen früh den Ausflug seiner Tauben nicht aus der Kirchgasse weg getan, hat er für<br />

je 24 Stunden der Verzögerung die gleiche Strafe zu erlegen.<br />

Den Franz Antoni ficht das abermals nicht an, und jetzt läßt der Senat, empört über eines Schulmeisters<br />

Frevel, von Stadt wegen den Ausflug wegnehmen: dem Frevler aber wird sein <strong>Die</strong>nst entzogen, doch in obiger<br />

milder Weise.<br />

Das geschah anno 1776. Nur zwei Jahre überlebte der Franz Antoni seine Zurücksetzung. Oft aber kam er in<br />

seinen letzten Tagen dann zum Toweis, der noch zu ihm in die Sonntagsschule gegangen war, trank bei ihm<br />

einen Frei-Schnaps und schimpfte mit ihm über die Herren.<br />

Sein Schwiegersohn Nikolaus aber, dessen Sohn noch mein Lehrer war, trat vollauf in Konkurrenz mit dem<br />

Bredelin. Er teilte sich bald mit ihm in die Prüfung der Dorfschulen und nahm mit demselben dem Sohn des<br />

Wölfle-Mathis, der auch Weber war, das Staatsexamen ab, damit er Nachfolger seines Vaters werden konnte.<br />

Ja, als der Bredelin das Zeitliche gesegnet hatte, war der Nikolaus der einzige Kreisschulrat in der Herrschaft<br />

Hasle, und auf Befehl der Regierung mußten die Dorfschulmeister jede Woche einmal nach Hasle, um von ihm<br />

weiter ausgebildet zu werden.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 204<br />

5.4. <strong>Die</strong> Werke Georg Anton Bredelins<br />

5.4.1. Alphabetische Übersicht<br />

Der Berggeist. Oper. Biberach / Riß o. J. [Text und Musik nicht erhalten, nur Aktorenliste bekannt.]<br />

Biblische Beyspiele über die vornehmsten Gegenstände der Religionslehre, zum Gebrauche der Katecheten,<br />

Eltern, Lehrer und Kinder. [Donaueschingen] 1796. [Lehrwerk, nicht erhalten 1583 .]<br />

<strong>Die</strong>s Iræ mit lateinischem u. deutschem Texte, 4. stimmig allein oder in Begleitung mehrerer Blaseinstrumente.<br />

Biberach / Riß o. J. [Schwäbisches Landesmusikarchiv in der Universität Tübingen, Bestand Gutenzell Gg<br />

131.]<br />

<strong>Die</strong> Fuxen-Commedie. Wolfach 1788 1584 . [Text nicht erhalten. Autorschaft Bredelins nicht gesichert.]<br />

Minervens letztes Fest. [Donaueschingen] 1786. [F. F. Hofbibliothek Donaueschingen, Standnummer I UC4,<br />

Josef M.]<br />

<strong>Die</strong> Weibermühle. Ein musikalisches Nachspiel in 1. Aufzuge. [Wolfach] 1803. [Handschrift im Museum<br />

Schloss Wolfach. Nachdruck in Krausbeck: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> (1956), 55-59.]<br />

<strong>Die</strong> Wilden. Singspiel in drei Akten. Musik von G. A. Bredelin, Text von Heinrich Gottlieb Schmieder 1585 .<br />

Biberach / Riß 1802. [Bredelins Musik nicht erhalten.]<br />

Das Ziel und End des Menschen. Theatralische Betrachtung. Donaueschingen 1781. [Textdruck: F. F. Hofbibliothek<br />

Donaueschingen, Standnummer I UB 3g. Musik nicht erhalten.]<br />

5.4.2. <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

Ein musikalisches Nachspiel in einem Aufzug von Georg Anton Bredelin, 1973 ergänzt durch verbindende Texte<br />

für einen Sprecher und zwei Liedstrophen von Josef Krausbeck, verbesserte Fassung von 1986, 2004 überarbeitet<br />

von Frank Schrader 1586 .<br />

Personen<br />

• Der Müllermeister Cyprian<br />

• Ein Weber und sein Weib<br />

• Ein Schneider und sein Weib Durathä<br />

• Ein Schuster und sein Weib<br />

• Ein Bauer und sein Weib<br />

• Ein Schreiber und sein Weib Lieserl<br />

• Stolprian oder Hanswurst und sein Weib<br />

• <strong>Die</strong> stummen Rollen der alten Weiber<br />

• <strong>Die</strong> sechs jungen Cavaliere der verjüngten Weiber<br />

• Ein Chor der Männer<br />

• Ein Chor der Weiber<br />

• Der Gesamtchor aller Mitwirkenden und Zuschauer<br />

• Der Sprecher<br />

• <strong>Die</strong> musikalische Begleitung<br />

• <strong>Die</strong> mithelfenden Müller und Mühlarzten sowie die technischen Mithelfer<br />

1583 Es ist nicht bekannt, ob das Buch tatsächlich erschienen ist; jedenfalls ließ sich bislang kein Exemplar nachweisen. Ein Subskriptionsaufruf<br />

für das Buch erschien in der Karlsruher Zeitung, Jg. 1796, Nr. 59. Bischoff: Chronik Hausach, 198b. – Sechs gedruckte Subskriptionsangebote<br />

aus dem Bestand des ehemaligen Prämonstratenserklosters Rot an der Rot befinden sich heute im Hauptstaatsarchiv<br />

Stuttgart. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Signatur: B 487 Bü 29.<br />

1584 Disch: Chronik Wolfach, 116.<br />

1585 Schmieder: <strong>Die</strong> Wilden. – Das Libretto ist eine deutsche Übersetzung von La Chabeaussière: Azémia ou les Sauvages.<br />

1586 Bredelin: <strong>Die</strong> „Weibermühle“ von Tripstrill (1986). – <strong>Die</strong> von Josef Krausbeck stammenden und nach dessen mündlichen Angaben von<br />

Frank Schrader an einigen Stellen verbesserten Sprecher- und Liedtexte sowie die Regieangaben in Klammern sind kursiv gesetzt, um<br />

sie von Bredelins Originaltext abzuheben. <strong>Die</strong> Worterklärungen sind in einem Glossar am Ende des Spieltextes zusammengefasst, um<br />

eine bessere Lesbarkeit zu erreichen und das Druckbild nicht durch Fußnoten zu beeinträchtigen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

Der Spieltext<br />

Sprecher:<br />

Ich grüß euch all, ihr liebe Litt,<br />

<strong>Die</strong> ihr zu uns sin kumme hitt<br />

In dere schöne <strong>Fasnet</strong>zitt!<br />

Hitt wellemer e Spiel euch zeige,<br />

Des ganz un gar isch z’ Wolfe eige.<br />

Chor der Männer und Weiber:<br />

Mer kenne z’ Wolfe, ‘s isch jo wohr,<br />

Was ich euch sage will,<br />

Sit alter Zitt un viele Johr<br />

<strong>Die</strong> Mühle von Tripstrill.<br />

Was do in unserm <strong>Fasnet</strong>spiel<br />

Voll Lust goht in der Wiebermühl,<br />

Goht hit au no voll Schwung:<br />

‘s wurd alles wieder jung!<br />

Sprecher:<br />

Des Spiel, , des hot e Zaubergwalt,<br />

Macht wieder jung, was krumm un alt<br />

Un schö, wie mers nu wünsche wott.<br />

Des ischs jo, was d’ ganz <strong>Fasnet</strong> sott:<br />

Verjünge möcht se, wer nu kunnt<br />

Un wer eso e Gspass sich gunnt.<br />

Doch was debi passiere ka,<br />

Des zeigt des luschtig Spiel euch uch a.<br />

Do isch se also! Merkes recht!<br />

<strong>Die</strong> Mühl, die euch verjünge mecht.<br />

Un gli gohts los! Dirt, gucke na:<br />

De Müller preist si Gschäft scho a:<br />

Notenbeispiel 20: <strong>Die</strong> Melodie der „Weibermühle“<br />

<strong>Seite</strong> 205


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 206<br />

<strong>Die</strong> Weiber Mühle 1587 ,<br />

ein Musikalisches Nachspiel in 1. Aufzuge<br />

1. Müller.<br />

Herbey! herbey, ihr Männer all!<br />

ich komme von Tripstrill,<br />

zu Trösten euch für dieses mal,<br />

da ich euch zeigen will,<br />

wie meine Mühl auf einen Sprung,<br />

was alt ist, machet wieder jung;<br />

Herbey! herbey, herbey.<br />

Sprecher:<br />

Als Erster kunnt de Weber gli<br />

Mit sinem Leiterwägele ri.<br />

Si Wieb isch druf! Mer siehtsre a,<br />

Daß do e Kur nit schade ka.<br />

D’ Schönst isch se nimme! D’ Jüngst au nit.<br />

Jetz passe n uf, was des do git!<br />

2. Weber.<br />

Ach lieber Meister Cyprian,<br />

da bring ich meinen Wust;<br />

wenn deine Kunst soll gehen an,<br />

ein Tag lang fegen must!<br />

so nimm dann die Runkgunkel mein,<br />

in die kunstreiche Mühl hinein,<br />

ich bitt, ich bitt, ich bitt<br />

3. Müller.<br />

Ganz recht! ganz gerne dien ich dir,<br />

und mach mir draus ein Ehr.<br />

So bring nur deine Alte mir<br />

zu meiner Mühle her!<br />

Es gschieht dir nichts, sey unverzagt,<br />

schon viele haben es gewagt;<br />

nur her! nur her! nur her!<br />

(Das alte Weib jammert, schreit und wehrt sich)<br />

Sprecher:<br />

Scho wurd se packt! Des goht gar flott!<br />

D’ Schteg nuf! In Trichter! Wie mers wott!<br />

Kopfunter gohts, trotz Gschrei un Weh!<br />

Nu d’ Beiner gucke no in d’ Höh!<br />

De Hanswurst goht ans Mühlrad num,<br />

Er mueß es trille um un um.<br />

De Müller stimmt scho a si Lied,<br />

Daß alles guet un richtig gschieht.<br />

4. Müller.<br />

Allo! mein Mühlrad! wie der Wind<br />

dich hurtig trill herum!<br />

nimm sie nur wacker bei dem Grind!<br />

die ganz Natur kehr um!<br />

Weibermühle von Tripstrill 1588<br />

aufgeführt in Wolfach 1858<br />

Müllermeister.<br />

Erste Abtheilung.<br />

Herbei, herbei! ihr Männer all’,<br />

Ich komme von Tripstrill,<br />

Zu trösten euch für dieses mal,<br />

Was ich euch zeigen will,<br />

Wie meine Mühl’ auf einen Sprung,<br />

Was alt ist mach’ ich wieder jung.<br />

Herbei! herbei! herbei!<br />

Weber.<br />

Ach lieber Meister Ciprian<br />

Da bring ich meinen Wuast,<br />

Wen [!] deine Kunst soll gehen an<br />

Drei Tag lang fegen muast.<br />

So nimm den [!] die Runkunkel mein<br />

In deine kunstreiche Mühl’ hinein.<br />

Ich bitt! ich bitt! ich bitt!<br />

Müller<br />

Ganz recht! ganz gerne dien’ ich dir,<br />

Und mach mir draus ein Ehr’,<br />

So bring nur deine Alte mir<br />

Zu meiner Mühle her,<br />

Es g’schieht ihr nichts, sei unverzagt,<br />

Schon viele haben es gewagt,<br />

Nur her! nur her! nur her!<br />

Allo mein Mühlarzt wie der Wind<br />

Dich hurtig trill herum,<br />

Nimm sie nur wacker bei dem Grind<br />

<strong>Die</strong> ganz’ Natur kehr’ um,<br />

1587 Der von Bredelin stammende Textteil des Spieles folgt buchstabengetreu der Handschrift von 1803. Der Verdoppelungsstrich über den<br />

Buchstaben m und n wurde zu mm und nn aufgelöst. – <strong>Die</strong> Regieanweisungen in Klammern gehören nicht zum originalen Text.<br />

1588 Der Text in der rechten Spalte folgt buchstabengetreu der Ausgabe Bredelin: Weibermühle von Tripstrill (1858). – Der Verdoppelungsstrich<br />

über den Buchstaben m und n wurde zu mm und nn aufgelöst. Der Text stimmt überwiegend mit der Handschrift von 1803<br />

überein. Auffällige Unterschiede finden sich vor allem in der vom Müller gesungenen Allo-Strophe, erste Zeile: statt Mühlrad steht<br />

Mühlarzt; 5. Zeile: statt jung steht hübsch. Zum Sinn der ersten beiden Zeilen scheint der Begriff Mühlrad wesentlich besser zu passen,<br />

dürfte also jedenfalls Bredelins Absicht entsprechen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

mach daß sie sauber, er, Jung, und fein Mach, daß sie sauber, hübsch und fein,<br />

aus einer alten Hex erschein<br />

Aus einer alten Hex’ erschein,<br />

Allo! Allo! Allo!<br />

Allo, allo, allo!<br />

(Der Müller singt die erste Zeile allein, danach stimmen alle mit ein.)<br />

Sprecher:<br />

Es goht! Es rumplet! ‘s hot se packt!<br />

Un hot se gnudelt, zwickt un zwackt!<br />

Am Kleiekotzer, gucke num!<br />

Dirt tuet sich ebbis! Weber, kumm!<br />

‘s kunnt ebbis rus! Jo, was isch do?<br />

Potzblitz! Des kaa sich sehne loh!<br />

5. Weberinn.<br />

Sieh! ich bin Jung, hübsch, fein, scharmant.<br />

Weber.<br />

Jezt, jezt ist gholfen mir!<br />

Weberin.<br />

Du wirst von mir nicht mehr erkannt;<br />

ey bhüt mich Gott vor dir!<br />

um einen Cavalier ich buhl;<br />

ich brauche keinen Weberstuhl,<br />

geh Weber! flieh von mir.<br />

(Ein junger Cavalier tritt während der letzten Strophe auf und umwirbt die verjüngte Weberin.)<br />

6. Weber.<br />

Das ist, bey Tausend schlapperment<br />

ein nagel neues Gfriß!<br />

Hanns Wurst.<br />

hätst bald, mein Weber, d Naß ver verbrennt<br />

host gmoyt, sie sey dir gwiß.<br />

Weber.<br />

einmal ich hab sie theur erkauft.<br />

Hß Wurst.<br />

spring nohi, daß sie it vertlauft!<br />

Weber.<br />

i will, i will, i will.<br />

(Sie läuft mit ihrem Cavalier davon, er rennt verzweifelt nach.)<br />

Sprecher:<br />

Er rennt re noch! Sie isch dervo!<br />

Jo, lach’ nen us! Doch gucke do:<br />

Gli kunnt au scho de nächste Ma<br />

Un möcht sie Wieb verschönert ha.<br />

De Schnieder ischs! Er lädt scho ab.<br />

Wie rutscht denn die vom Handkarre rab!<br />

7. Schneider.<br />

Komm her, mei lieba Durathä!<br />

komm für das letzte Gricht!<br />

wenn i dir schon neu Plez aufnähh<br />

uf dei verrunzlets Gsicht;<br />

so ist, wenns sagen därf mit Gunst,<br />

all meine ganze Schneiderkunst<br />

Weberin.<br />

Sieh, ich bin jung, hübsch, fein, charmant.<br />

Weber.<br />

Potz, jetzt ist g’holfen mir.<br />

Weberin.<br />

Du wirst von mir nicht mehr erkannt,<br />

Ei b’hüt mich Gott vor dir,<br />

Um einen Cavalier ich buhl<br />

Ich brauche keinen Weberstuhl,<br />

Geh’ Weber flieh’ von mir.<br />

Weber.<br />

Das ist beim tausend Schlapprament.<br />

Ein nagelneues G’friß.<br />

Hanswurst.<br />

Hät’st bald dein Webernas verbrennt<br />

Hast g’meint, sie sey dir g’wiß;<br />

Weber.<br />

Einmal, ich hab sie theuer erkauft!<br />

Hanswurst.<br />

Spring nohe, daß sie dir nit verdlauft.<br />

Weber.<br />

Ich will, ich will, ich will.<br />

Schneider.<br />

Zweite Abtheilung.<br />

Komm her mei’ liebe Dorothe,<br />

Komm für das lezte G’richt,<br />

Denn wenn ich dir schon Plätz aufnäh,<br />

Auf dei verrunzelt G’sicht,<br />

So ist, man sagen kann mit Gunst<br />

All’ meine ganze Schneiderkunst<br />

<strong>Seite</strong> 207


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

umsunst, umsunst, umsunst.<br />

8. Müller.<br />

der Sach soll bald geholfen seyn,<br />

was braucht es Klagen viel,<br />

wenn du nur flickst die Hosen mein,<br />

so gieb sie in die Mühl!<br />

Schneider.<br />

ich gieb sie dir aufs Gwißen dann,<br />

Müller.<br />

ich nehm sie auf parolen an;<br />

nur gschwind! nur gschwind! nur gschwind!<br />

Sprecher:<br />

Scho packese die Mühlknecht a<br />

Un helfe fescht dem arme Ma.<br />

In Trichter ni! Wie sie au schtrambelt<br />

Un mit de Bei umnanderbambelt.<br />

Müller und alle:<br />

Allo, mein Mühlrad, x wie oben<br />

Sprecher:<br />

So recht, ihr Little! Singe mit!<br />

Un gucke, was es dirt danne git!<br />

‘s kunnt ebbis rus! Potz Element!<br />

So jung, daß mer es nimme kennt!<br />

Kei Wunder, wo so Zügs isch gfloge<br />

Und Staub wie Rauch um d’ Mühle zoge.<br />

9. Schneiderinn.<br />

Wer bin ich nun, wer bin ich, wer?<br />

da ich ganz lebe neu?<br />

Schneider.<br />

ach, Durathä, kennst mi nicht mehr,<br />

daß ich dein Schneider sey?<br />

Schneiderinn.<br />

ich nichts von Scheer und Nadel weiß,<br />

ich brauche keine Schneidergeiß;<br />

gut Nacht, Meck meck! gut Nacht!<br />

10. Müller.<br />

Geh Schneider! lauf ich rath es dir,<br />

mit Nasen nimm vorlieb!<br />

Schneider.<br />

ich protestier, ich Appelier<br />

du Müller bist ein <strong>Die</strong>b:<br />

ich laß es glangen auf den Kreiß:<br />

Müller.<br />

reit hin; wo d willst auf deiner Geiß,<br />

reit hin, meck meck, reit hin!<br />

(Ein junger Cavalier tritt während der letzten Strophe auf und umwirbt die verjüngte Schneiderin. <strong>Die</strong> beiden<br />

verlachen den Schneider und machen ihm »eine lange Nase«.)<br />

Sprecher:<br />

Nix hilft do ‘s Schelte, nix hilfts Flueche!<br />

<strong>Die</strong> wurd sich wohl en Junge sueche.<br />

Renn noch! O wenns au helfe wott!<br />

Umsonst, Umsonst, Umsonst.<br />

Müller.<br />

Der Sach’ wird bald geholfen sein<br />

Was braucht das Klagen viel<br />

Wenn du nur flickst lickst die Hosen mein<br />

So gib sie in die Mühl.<br />

Schneider.<br />

Ich gib sie dir auf Gewissen dann,<br />

Müller.<br />

Ich nehm sie auf Parolen an<br />

Nur g’schwind, Nur g’schwind, nur g’schwind.<br />

Allo mein Mühlarzt xx.<br />

Schneiderin.<br />

Wer bin ich nun, wer bin ich denn,<br />

Das ich ganz lebe neu?<br />

Schneider.<br />

Ach Dorothe kennst mi nit mehr,<br />

Daß ich dein Schneider sei.<br />

Schneiderin.<br />

Ich nichts von Scheer und Nadel weiß<br />

Ich brauche keine Schneidergeis,<br />

Gut nacht, gut nacht, gut nacht.<br />

Müller.<br />

Geh Schneider, lauf’, ich rath’ es dir,<br />

Mit Nasen nim verlieb.<br />

Schneider.<br />

Ich protestir und appellier,<br />

Du Müller bist ein <strong>Die</strong>b,<br />

Ich laß es g’langen an den Kreis.<br />

Müller.<br />

Reit hin, wo d’willst, auf deiner Geis<br />

Reit hin meck, meck reit hin.<br />

<strong>Seite</strong> 208


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 209<br />

Wer Schade hot, der kriegt no Spott!<br />

Do kunnt au scho en Dritter a!<br />

I glaub, e Schuster isch der Ma!<br />

Uf si Schubkarre hot er bunde<br />

Si Wieb, sunsch läg sie längscht scho dunte!<br />

So döweret un brüehlt doch die!<br />

Do mueß e Kur recht nötig si!<br />

11. Schuster.<br />

Was Raths? was fang ich doch noch an,<br />

mit diesem Affen Gsicht?<br />

ich hab ihr schon alls Böß gethan<br />

und dennoch stirbt Sie nicht.<br />

ich glaube gar, das plunders Weib<br />

hat eine eisne Seel im Leib;<br />

einmal sie stirbt mir nicht.<br />

12. Müller.<br />

was nützt das stete Klagen dann,<br />

es giebt ja Rath dafür!<br />

Herr Schuster! da bin ich der Mann<br />

geb er sein Alte mir!<br />

ich werf sie in die Mühl hinein,<br />

dann wird sie bald recht sauber seyn<br />

nur gschwind! nur gschwind! nur gschwind!<br />

(Sie kommt unter viel Spektakel in die Mühle.)<br />

Sprecher:<br />

Scho wurd sie nuffgschafft! Wehr di nu!<br />

De Ma hilft düchtig no dezu!<br />

Er stampft gar mit em Bei no mit!<br />

Will helfe, daß es ebbis git!<br />

‘s Mühlrad goht rum! Litt stimme i!<br />

Es kaa do nu zuem Nutze si!<br />

Schuster.<br />

Dritte Abtheilung.<br />

Was raths, was raths, was fang ich an<br />

Mit diesem Affengesicht.<br />

Ich hab ihr all’s schon bos’ gethan<br />

Und dennoch stirbt sie nicht,<br />

Ich glaube gar das plunders Weib<br />

Hat eine eiserne Seel’ im Leib,<br />

Einmal sie stirbt mir nicht.<br />

Müller.<br />

Was nüzt das stete Klagen das,<br />

Es gibt ja rath dafür;<br />

Herr Schuster da bin ich der Mann,<br />

Geb’ er seine Alte mir,<br />

Ich werf’ sie in die Mühl’ hinein,<br />

Da wird sie bald recht sauber sein,<br />

Nur g’schwind, nur g’schwind, nur g’schd.<br />

Müller und alle:<br />

Allo. mein Mühlrad xx wie oben Allo mein Mühlarzt xx.<br />

Sprecher:<br />

Do fliegt bigoscht e Dreck in d’ Höh<br />

Un Flick un Fleck! ‘s isch nimme schö!<br />

De Schuster rennt ganz ufgregt rum,<br />

Kaas kaum verwarte bis se kumm’.<br />

Jetz! Jetz! O kaa des wirklig si?<br />

So jung! So sufer isch jetz die?


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

13. Schusterinn.<br />

seht, wie ich jezt so sauber bin,<br />

so weiß, wie Marcipan;<br />

die Stirn ist heiter, klatt das Kin.<br />

Schuster.<br />

seht doch mein Weible an!<br />

Schusterinn.<br />

Was? ich dein Weib? schaut wie so frech!<br />

Pfui Alter! geh du stinkst nach Pech!<br />

Pfui Alter! geh, du stinkst!<br />

14. Schuster.<br />

Beym Wetter! was soll dieses seyn<br />

veracht sie mich so sehr?<br />

Müller.<br />

ein Weib, das wieder jung und fein,<br />

liebt keinen Alten mehr.<br />

Schuster.<br />

O wär sie alt, wie wär ich froh!<br />

Müller.<br />

Du wolltest es ja selber so,<br />

jezt geh! jezt geh! jezt geh.<br />

(Ein junger Cavalier tritt während der letzten Strophe auf und umwirbt die verjüngte Schusterin. <strong>Die</strong>se stößt<br />

jedoch auch den Cavalier weit von sich und flüchtet allein vor den beiden Männern.)<br />

Sprecher:<br />

Hosch Pech gha, Schuster, Pech grad gnu!<br />

Renn noch! Jetz keit er no derzu!<br />

Stand uf un renn! Renn, wie ‘s nu goht!<br />

O je! Für des Wieb isch es z’ spot!<br />

(Ein Bauer bringt sein Weib am Seil.)<br />

Sprecher:<br />

Wer kunnt denn do un hot am Seil<br />

Abunde ‘s ander Eheteil?<br />

Der klöpft gar mit de Geißel no!<br />

Meint der, si Wieb sott schneller goh?<br />

E Bur vom Schwobe drus isch des!<br />

Un was hot der für e Karess!<br />

Kei Wunder, daß er’s kaum verschleipft!<br />

<strong>Die</strong> hot em’s Lewe ewe gnueg iigseipft!<br />

15. Bauer.<br />

Hoi alta! hoi! sonst brichst da Fuß!<br />

do wärs jo Touset schad!<br />

A zwor, as wär nur au koi Buß,<br />

sie sind so numma grad.<br />

un d zäh, die fällst dir au it nui,<br />

du host scho 40 Johr koini moi,<br />

fall nu! as ist koi schad.<br />

16. Herr Müller! helfet mir do au<br />

as ist mei Sechs a grauß,<br />

so kann is oimol numma hau;<br />

Schusterin.<br />

Seht wie ich jetzt so sauber bin,<br />

So weiß wie Marzipan.<br />

<strong>Die</strong> Stirn ist heiter glatt das Kinn,<br />

Schuster.<br />

Seht doch mein Weib’chen an.<br />

Schusterin.<br />

Was ich dein Weib, schau’ wie so frech<br />

Pfui! Alter geh’ du stinkst nach Pech<br />

Pfui Alter geh’ du stinkst.<br />

Schuster.<br />

Beim Wetter was soll dieses sein,<br />

Veracht sie mich so sehr?<br />

Müller.<br />

Ein Weib das wieder jung u. fein<br />

Liebt keinen Alten mehr.<br />

Schuster.<br />

O! wär sie alt, wie wär ich froh!<br />

Müller.<br />

Du wolltest es ja selber so!<br />

Jetzt geh, jetzt geh, jetzt geh.<br />

Bauer.<br />

Vierte Abtheilung.<br />

Hoi Alte, hoi, sonst brichst ichst a Fuaß<br />

Des wär jo tausig Schad’<br />

Es wär dabi zwar au koi Buaß,<br />

Sie sind do nimme g’rad<br />

Und d’Zähn, die fall’ner au nit ei<br />

Sie hot scho’ vierz’g Johr koine mai.<br />

Fall nu es isch koi Schad’.<br />

Herr Müller helfet mir do’ au<br />

Es isch mei Sechs a Graus<br />

So kann n i’s’ eimol nimma hau,<br />

<strong>Seite</strong> 210


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

i ständs koi Johr mai aus:<br />

wie! thand sie au in d mühle nui!<br />

Müller.<br />

in alle Weg das kann schon seyn,<br />

nur her! nur her! nur her!<br />

(Sie tobt wild und schlägt um sich.)<br />

Sprecher:<br />

Jetz uf, ihr Müller! Helfen alle!<br />

Sie hebt sich fescht mit ihre Kralle!<br />

Was wehrsch di au? Was willsch nit ni?<br />

So kaas doch nimme länger si!<br />

Litt, singe zu, mit Luscht un Macht!<br />

Derwil die Mühle knarrt un kracht!<br />

Müller und alle:<br />

17. Allo, mein Mühlrad x wie oben : Allo mein Müharzt xx.<br />

Sprecher:<br />

Doch jetz gen acht! Scho kunnt se rus!<br />

Oho! <strong>Die</strong> guckt ganz sufer us!<br />

Lauf, Bur! Potzblitz! Kriegsch du e Frau!<br />

E Maidle, stramm un buschber au!<br />

Mer mueß grad gucke, was do wurd!<br />

‘s hot drin jo au gnueg kracht un gsurrt!<br />

Bäurinn.<br />

jez bin i grad, jez bin i fei,<br />

jez springe wie a Reh,<br />

Bauer.<br />

O Weible, jez bist wieder moi<br />

Bäurinn<br />

i mag di numa me.<br />

moist, i wer mai in d ställ nui gau?<br />

noi, noi, a Herra will i hau.<br />

gang weg! gang weg! gang weg!<br />

(Ein junger Cavalier tritt während der letzten Strophe auf und umwirbt die verjüngte Bäuerin.)<br />

18. Baur.<br />

O Weible, O, was fangst gau a,<br />

des wär jetzt au verflucht.<br />

Hß: Wurst.<br />

si machts halt jez, wie vor der Ma,<br />

der au a junga gsucht.<br />

Bauer.<br />

wo soll i mir jez helfa lau?<br />

Hß Wurst.<br />

O oifalt, du must nochi gau.<br />

lauf Bäurle, lauf, gang furt!<br />

(Er rennt ihr nach.)<br />

Sprecher:<br />

Er rennt re noch! Holt se nit i!<br />

Sie isch halt z’ jung jetz für ihn gsi!<br />

Do klöpft er mit der Geißel no!<br />

Meint wohl, sie blibt wie früher jetz stoh!<br />

I’ g’stand’s koi Johr me aus,<br />

Wir thuen sie au in d’Mühl’ hinei,<br />

Müller.<br />

In alle Weg des kann schon sei.<br />

Nur her, nur her, nur her.<br />

Bäuerin.<br />

Jetzt bin i g’rad’, jetzt bin i fei,<br />

Jetzt spring’ i wie na Reh.<br />

Bauer.<br />

O, Weible jetzt bist wieder mei,<br />

Bäuerin.<br />

I’ mag di nimma me’,<br />

Und moinst i wär in’ Stall nei gau<br />

Noi, noi a Herrle will i hau,<br />

Gang weg, gang weg, gang weg.<br />

Bauer.<br />

O Weible, o was fang’st au a<br />

Des wär jetzt au verfluacht.<br />

Hanswurst.<br />

Sie macht’s halt jetzt wie vor’ der Ma’<br />

Der au a junge g’sucht.<br />

Bauer.<br />

Wo soll i mier jetzt helfa lau,<br />

Hanswurst.<br />

Du Eselskopf, muast nohe gau<br />

Lauf Bäuerle, lauf gang furt.<br />

<strong>Seite</strong> 211


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 212<br />

Hättsch selwer zerscht in d’ Mühle müeße!<br />

No däts di jetz nit so verdrieße!<br />

(Ein Schreiber trägt sein altes und sehr dickes Weib auf dem Rücken zur Mühle.)<br />

Sprecher:<br />

Doch do kunnt wieder einer a!<br />

I glaub, e Schriewer isch der Ma!<br />

Bringt ufem Buckel, rund un schwer,<br />

Si alt un bruddlig Wieb doher.<br />

Wenn d’ Kleider au no recht nett sin,<br />

‘s könnt si, ‘s steckt doch e Drache drin!<br />

Do blibt er stoh un stellt se na.<br />

No schnuft er un fangt endlig a.<br />

19. Schreiber. Schreiber.<br />

wer hilft mir da von meinem [Kreuz] 1589 ,<br />

das 100 Centner schwer?<br />

Hß: Wurstel.<br />

Narr wirft da Bettel gar beyseits<br />

so machst da Buckel leer!<br />

Schreiber.<br />

Sie ist mir halt doch annoch lieb :<br />

Hß Wurstel.<br />

ey! ey! du alter Rübendieb!<br />

gelt, d ursach ist halt Sgeld?<br />

20. Müller.<br />

Herr Schreiber! wie, was bsinnt ihr euch,<br />

ich dien euch ja umsonst!<br />

und will ein Fräulein alsogleich<br />

herstellen nach der Kunst.<br />

ich will anheut gut Nachbar seyn,<br />

gebt nur eur alte Frau herein,<br />

nur gschwind! ÷ ! ÷ !<br />

Fünfte Abtheilung.<br />

Wer hilft mir doch von meinem Kreuz<br />

Das hundert Zentner schwer,<br />

Hanswurst.<br />

Narr wirf der Bettel gar bei seid,<br />

Und mach den Buckel leer.<br />

Schreiber.<br />

Sie ist mir halt auch noch lieb,<br />

Hanswurst.<br />

Ei, ei du alter Rüebadieb<br />

Gelt, Ursach ist das Geld.<br />

Müller.<br />

Herr Schreiber wie, was b’sinnt ihr Euch<br />

Ich dien’ euch ja umsonst,<br />

Und will ein Fräulein wie man’s will<br />

Herstellen nach der Kunst.<br />

Ich will auch guter Nachbar sein<br />

Gebt nur eu’r alte Frau herein.<br />

Nur g’schwind, nur g’schwind, nur g’schd:<br />

(Das alte Weib des Schreibers geht freiwillig zur Mühle, es braucht ihr niemand zu helfen, auch in den Trichter<br />

steigt sie ohne fremde Hilfe.)<br />

Sprecher:<br />

Jetz gucke nu! <strong>Die</strong> sträubt sich nit!<br />

Weiß selber wohl, daß ‘s höchste Zitt!<br />

<strong>Die</strong> wills uf alle Fäll probiere<br />

Un wieder neu de Maa traktiere.<br />

‘s brucht niemerd helfe d’ Stege nuff!<br />

In Trichter stiegt sie au no druf!<br />

No goht es nab, wie immer scho.<br />

Ihr Litt! Mir welle singe no!<br />

Derwil des Wieb Verjüngung kriegt<br />

Un ihr alts Zügs zum Loch nusfliegt.<br />

Müller und alle:<br />

Allo mein : Allo mein Mühlarzt xx.<br />

Sprecher:<br />

Was rennsch au, Schriewer? Goht ders z’ lang?<br />

Bisch freudvoll oder isch ders bang?<br />

Sie kunnt! Guck na! Jo bisch du ‘s gwiß?<br />

Bisch du si alde fette Lis?<br />

1589 In der Handschrift steht hier statt des Wortes ein gemaltes Kreuz.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

21. Schreiberinn.<br />

Schaut, wie so schön, ja von Gestallt<br />

ein Fräulein, wie mans will!<br />

Schreiber.<br />

mir niemand, als mein Liserl gfallt.<br />

Schrbrinn.<br />

Schweig, alter! schweige still!<br />

Schreiber.<br />

ach gieb mir doch h die Hand ich bitt!<br />

Schrbinn.<br />

ich brauch kein alten Narren nitt,<br />

gut Nacht, Alter! gut Nacht.<br />

(Zwei junge Cavaliere treten während der letzten Strophe auf und umwerben die verjüngte Schreiberin, die mit<br />

ihnen verschwindet.)<br />

Sprecher:<br />

O Schriewer, was isch dir passiert!<br />

<strong>Die</strong> Wieb isch jung un du blamiert!<br />

Probiers un renn, was renne magsch!<br />

Des Wieb wärs wert, daß du es wagsch!<br />

Er faßt ‘s schier nit, ‘s verschlägt em d’ Sprooch!<br />

No packt er ‘s endlig un rennt noc noch.<br />

Doch die holt er ganz gwiß nit i!<br />

Do müßt er au verjüngt scho si!<br />

(Schreiber rennt davon.)<br />

Sprecher:<br />

Doch jetz gen acht! Was isch au des?<br />

De Hanswurst bringt e Kinderschees!<br />

Drin isch si Hanswurstwieb verpackt,<br />

Der Kaib, wo ihn sunscht krallt un zwackt.<br />

Er bringt se her wie d’ Andre au.<br />

Denkt er vielliecht, er kennt si Frau<br />

Wie d’ Andre so verjünge loh,<br />

Daß sie derno ihm ging dervo?<br />

Kunnts ihm so uf d’ Verjüngung a,<br />

Daß er si Plog verjüngt möcht ha?<br />

Er hot doch bi de Andre glacht.<br />

Worum ers jetz so selwer r macht?<br />

22. H: Wurst.<br />

Da bring ich endlich mein Karreß.<br />

seht doch dieß Muster an!<br />

es steht schon längstens im Proceß Proceß,<br />

ob ich sie lieben kann<br />

es bringt mich noch das Plunders Weib<br />

um Geld und Gut, um Seel und Leib;<br />

was Raths? ÷ ÷<br />

23. Müller.<br />

Ich ein Mitleiden hab mit dir,<br />

und ganz weichherzig bin,<br />

so bringe nur dein Alte mir,<br />

zu meiner Mühle hin.<br />

Sie muß nicht nur frisch, zart und fein,<br />

Schreiberin.<br />

Schau wie so schön, ja von Gestalt<br />

Ein Fräulein, wie man’s will<br />

Schreiber.<br />

Mir Niemand als mei Lisel g’fällt<br />

Schreiberin.<br />

Schweig Alter, schweig du still.<br />

Schreiber.<br />

Ach gib mir doch die Hand ich bitt’<br />

Schreiberin.<br />

Ich brauche keinen Narren nit<br />

Gut nacht, gut nacht, gut nacht.<br />

Hanswurst.<br />

Sechste Abtheilung.<br />

Da bring i endli mei Kareß’<br />

Seht doch das Muster an,<br />

Es isch scho’ längstens im Prozeß<br />

Ob i sie lieba ka,<br />

Es bringt mi no das plunders Weib<br />

Um Geld, um Gut, um Seel, um Leib,<br />

Was raths, was raths, was raths.<br />

Müller.<br />

Ich ein Mitleid’, mit dir hab’<br />

Und ganz weichherzig bin,<br />

So bring’ nur deine Alte mir<br />

Zu meiner Mühle hin<br />

Sie muß nicht nur zart, hübsch u. fein,<br />

<strong>Seite</strong> 213


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 214<br />

Sie muß mir noch die Schönste seyn,<br />

nur her! ÷ ÷ .<br />

Sie muß mir auch die schönste sein<br />

Nur her, nur her, nur her.<br />

(Sie wird unter wilden Gebärden die Treppe hinauf und in den Trichter gebracht.)<br />

Sprecher:<br />

Er schiebt se d’ Stege nuf mit Gwalt.<br />

Mer meint gar nit, sie wär scho alt!<br />

Sie wehrt sich, döweret un schreit!<br />

Doch wurd se au in d’ Mühle keit.<br />

Jetz singe mer mitnand no ‘s Lied!<br />

Doch gucke, höre, was dirt gschieht!<br />

Es rumpelt, boldert drin im Hus!<br />

D’ ganz Mühle zittert! ‘s isch e Grus!<br />

(Unheimliche Geräusche aus der Mühle, Rauch und auffliegende Fetzen, alles immer mehr und lauter gesteigert,<br />

gesteigert auch das Lied.)<br />

Müller<br />

Allo mein : Allo mein Mühlarzt xx.<br />

(Bei der Wiederholung des »Allo« dröhnt ein Donnerschlag, dem der grelle Schrei aller Zuschauenden folgt.)<br />

Sprecher:<br />

So hots do drin no nie schbekdakelt!<br />

So hot die Mühle no nie gewackelt!<br />

Es raucht un faucht un qualmt umher,<br />

Als ob de Deufel drinne wär!<br />

Hanswurst! Was hosch in d’ Mühle gewe?<br />

Paß uf! I glaub, kaasch ebbs erlewe!<br />

(Das Hanswurstweib, noch älter und häßlicher als zuvor, kommt still aus dem Kleiekotzer und hockt wild umher<br />

glotzend auf der Rutsche.)<br />

Sprecher:<br />

Was kunnt do rus? No häßlicher<br />

Isch ‘s Hanswurstwieb! No gräßlicher!<br />

E Drache! Schlimmer no als je!<br />

O Hanswurst! O herrjemineh!


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

(Der Hanswurst, der am Drillen war, hört auf und guckt vorsichtig ums Eck. Da stößt er mit seiner häßlichen<br />

Alten zusammen!)<br />

24. Weib.<br />

ju he, ju he, komm her, mein lieber Stolprian<br />

H: Wurst.<br />

gang tausend Schritt von mir!<br />

Weib.<br />

i bi dei Weib, du bist mei Ma<br />

H: Wurst.<br />

i hau jo noits mit dir.<br />

jezt kommt der Tropf no wüster raus<br />

als vor, o des ist jo a graus<br />

Gang, Wüsta, pack dich furt!<br />

25. Weib.<br />

was wehrst di lang, du Esels Kopf!<br />

i bring dir Gut und Geld.<br />

Hß: Wurst.<br />

Oi mol des will mir it in Kopf<br />

as lacht di ganze Welt<br />

so sag mir do au, wer du bist<br />

Weib.<br />

I d Mutter bi vom Antichrist<br />

Beyde Zugleich<br />

Hß: Wurst:<br />

Au weh! ÷ ! ÷ !<br />

Weib:<br />

So komm! ÷ ! ÷ !<br />

(Sie packt ihn anschließend um m den Hals und zerrt ihn zum Verschwinden in den Hintergrund. Derweil stellen<br />

sich alle Spieler, Müller, jung und alt in offenem Halbkreis um die Mühle. Bis alle stehen spricht der Sprecher.)<br />

Sprecher:<br />

So isch es jetz dem Hanswurst gange,<br />

Der gmeint hot, er r häb ‘s Glück iigfange!<br />

Hosch z’ viel rumdrillt? Hosch letzrum draiht?<br />

Hosch alles durchenander keit!<br />

Hot dir de Müller Spott aa-due?<br />

I glaub, du hosch für immer gnue!<br />

Jetz hosch, wie alle, wo do gspielt,<br />

E Lehr us unserm Spiel rusgfühlt!<br />

Ob Wieb es oder Mannsbild sei:<br />

<strong>Die</strong> Sach, die isch nit einerlei!<br />

So höre denn, was d’ Männer singe<br />

Un was sie euch zu Nutze bringe.<br />

(<strong>Die</strong> alten Männer treten gemeinsam vor die Mühle und singen zusammen mit allen anderen Männern.)<br />

Chor der Männer.<br />

Adieu ihr Herrn! nun nehmts vorlieb<br />

mit unserm Weiberspiel,<br />

so lustig euchs die Zeit vertrieb,<br />

lernt man dabey doch viel!<br />

man lernt, wie zu der Weibertreu<br />

die Schönheit oft gefährlich sey<br />

manch wünschen Narrethey!<br />

Hanswurstsweib.<br />

Ju he, Ju he, komm her, mei liaber Stolbria<br />

Hanswurst.<br />

Gang tausend Schritt von mir.<br />

Hanswurstsweib.<br />

I bi dei Weib, du bist mei Ma.<br />

Hanswurst.<br />

I hau jo ninnt mit dir<br />

Jetzt kommt der Tropf no wüaster raus,<br />

Als vorher, das ist ja a Graus,<br />

Gang Wüaste pakte fort.<br />

Hanswurstsweib.<br />

Was wehrste lang, du Eselskopf<br />

I bring dir Gut und Geld,<br />

Hanswurst.<br />

Eimol, des will mer nit in Kopf,<br />

Es lacht die ganze Welt,<br />

So sag mer nu au wer du bist<br />

Hanswurstsweib.<br />

I bi di Muetter vom Antichrist Antichrist.<br />

Hanswurst.<br />

Au wai! au wai! au wai!<br />

Beide Zugleich.<br />

So komm, so komm, so komm.<br />

Chor der Männer.<br />

Adie ihr Männer nehmt verlieb<br />

Mit unsrem Weiberspiel<br />

So lustigs euch die Zeit vertrieb,<br />

Lernt man dabei doch viel<br />

Man lernt wie zu der Weibertreu<br />

<strong>Die</strong> Schönheit oft gefährlich sei<br />

Manch’ Wunsch a Narrathei.<br />

<strong>Seite</strong> 215


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> t und ihre Gestalten<br />

Sprecher:<br />

Doch wer am meiste glehrt drus hot,<br />

Un no am Schluß hot kriegt de Spott,<br />

De Hanswurst kunnt au nomol her<br />

Un bringt für euch si eigne Lehr:<br />

Hanns Wurst.<br />

Ja, ja, man lernt und ich lern auch,<br />

der Guckuk holl die Lehr<br />

ich lernt der itzgen Weltgebrauch,<br />

und weiß nun immer mehr,<br />

daß List, Betrug, Spitzbüberey<br />

itzt überall gewöhnlich sey;<br />

[die] Schönheit Narrethey.<br />

(Das Hanswurstweib stürzt herbei und zerrt ihn hinter die Mühle!)<br />

Sprecher:<br />

Au d’ Wieber welle euch no künde<br />

Was sie für Lehr im Spiel rusfinde:<br />

(<strong>Die</strong> verjüngten Weiber treten gemeinsam vor die Mühle und singen zusammen mit allen anderen Weibern.)<br />

Chor der Weiber.<br />

[Adie]u, ihr Frauen n nehmts vorlieb,<br />

– – – x wie oben.<br />

man lernt, wie zu der Männertreu<br />

die Schönheit nur der Antrieb sey,<br />

Ihr Lieb nur Heucheley.<br />

Sprecher:<br />

Doch gits au no en andre Schluß,<br />

Der euch kaa schütze vor Verdruß,<br />

Daß d’ Kur wär richtig no am End:<br />

Wenn beide mer verjünge könnt,<br />

<strong>Die</strong> Wieber wie die Männer au,<br />

Daß jung de Maa un jung si Frau.<br />

Eso e Mühle für all Beid<br />

Kann ich euch nenne hit zur Freid.<br />

E Kur us Winterzitt un Sorge<br />

Wie zume Stückle Frühlingsmorge,<br />

<strong>Die</strong> helfe will, euch all verjünge.<br />

Des wenn mir euch als s Schlußlied singe:<br />

Alle Spieler, auch der Hanswurst und sein Weib:<br />

Will einer wisse, wo die Mühl<br />

Für uns au hitt no goht,<br />

Un obs nit nu isch in Tripstrill,<br />

Wo so e Mühle stoht:<br />

<strong>Die</strong> Mühl, die isch die <strong>Fasnet</strong>zitt,<br />

<strong>Die</strong> duet verjünge all Litt!<br />

Drum mache mit voll Schwung!<br />

‘s wurd alles wieder jung!<br />

Narro! Narro!<br />

d 2 te März 1803.<br />

Hanswursth.<br />

Ja, ja man lernt und ich lern auch<br />

Der Kukuk hol’ die Lehr’<br />

Ich lern der jez’ge Weltgebrauch<br />

Und weiß nun nimmer mehr,<br />

Das List, Betrug, Spitzbuberei<br />

Jetzt überal gefährlich sei<br />

<strong>Die</strong> Schönheit Narrathei.<br />

Chor der Weiber.<br />

Adie, ihr Frau’n und nehmt verlieb,<br />

Mit uns’rem Männerspiel,<br />

So lustig’s uns die Zeit vertrib’<br />

Lernt man dabei doch viel,<br />

Man lernt wie zu der Männertreu<br />

<strong>Die</strong> Schönheit oft gefährlich sei,<br />

<strong>Die</strong> Lieb’ nur Heuchelei.<br />

<strong>Seite</strong> 216


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 217<br />

<strong>Die</strong> erweiterte Straub-Fassung von 1952<br />

Erweiterung des historischen Spieles von 1802. Inszenierung von Georg Straub 1951 1590 .<br />

Aufzug: Der Fastnachtszug kommt vom Tore her und bestaunt das auf dem Marktplatz aufgestellte „Etwas“<br />

Der Erste fragt: Ei sagt mir nur, in aller Welt,<br />

wer hat dies Monstrum aufgestellt? –<br />

Ist‘s eine Art „Trojan’sches Pferd"<br />

das uns der Feind als Fall beschert?<br />

Beschaut es nur einmal von Innen,<br />

ob Feinde nicht Erobrung sinnen!<br />

Schau ich in dies Gehäuse rein<br />

ich sehe keinen Feind,<br />

es muß schon etwas Andres sein<br />

ein Radgetrieb es scheint.<br />

Zahnräder nur und Wellenbaum<br />

doch eine Uhre ist es kaum!<br />

Kein Pendel kein Gewicht,<br />

ein Uhrwerk ist es nicht.<br />

Der 2.) Na, ich versteh’ von der Mechanik<br />

ja nicht gerad besonders viel;<br />

doch wenn ich diesen Kasten anblick,<br />

kommt er mir vor, wie eine Mühl’.<br />

Der 3.) Ist’s ne Papiermühl, sag Mensch Maier!<br />

um z’drucken Zettel für die Steuer? –<br />

Der 4.) Ist’s eine Kaffeemühl’ etwa!<br />

vom Onkel aus Amerika?<br />

Der 5.) Ist’s eine Pfeffermühle, na!<br />

ein Kriegsgewinn aus Korea 1591 ?<br />

Der 6.) Ist’s eine neue Industrie,<br />

die hier florieret, wie noch nie? –<br />

Der 7.) Ha Saprament, was fällt uns ein,<br />

könnt es wohl der Kreminski 1592 sein.<br />

Der 8.) Hat er denn ein’ge Weiber mit? –<br />

Narr 9.) Mein lieber Schwan, das weiß i’ nit.<br />

Der 10.) Ist’s jene Mühl’, die langsam mahlt<br />

und man zum Schluß die Zech bezahlt? –<br />

Narr. Wir haben hier grad’ nicht viel Korn,<br />

Tannzapfen nur und Hagedorn.<br />

Ein Schwabe sitzet in der Sonne<br />

und trinkt vom bad’schen Wein mit Wonne.<br />

Der bringt mit diesem Möbelstück<br />

gewiß uns heut das Weststaat-Glück 1593 !<br />

Narr weiter: ‘S isch Wurst. Bringt er nur bess’re Zeit,<br />

denn schlechter war sie nie, wie heut’,<br />

Sei’s was es will, wir wollen geh’n,<br />

die Vorstadt will den Festzug seh’n.<br />

(gehen weiter.)<br />

Der Narrenzug kommt wieder auf dem Marktplatz an und der Müller beginnt mit dem „Historischen Spiel“<br />

Herbei, herbei ihr Männer all, ich komme von Tripsdrill usw.<br />

1590 Straub: „<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill“. – Rechtschreibung und Interpunktion folgen dem Originalmanuskript. Offensichtliche Rechtschreibfehler<br />

wurden stillschweigend verbessert, die Zeichensetzung vereinheitlicht.<br />

1591 Anspielung auf den Koreakrieg 1950-53.<br />

1592 Kreminski ist ein Familienname, es konnte bislang jedoch keine Person identifiziert werden, auf die hier verwiesen wird.<br />

1593 <strong>Die</strong> Bundesrepublik Deutschland wurde zu jener Zeit auch als Weststaat bezeichnet. Fischer Weltgeschichte, 26.138.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 218<br />

Nachdem der historische Teil beendet ist, kommen die neuen Figuren:<br />

Der Kraftfahrer beginnt. Es folgen die weiteren neuen Ergänzungen.<br />

(Neue Figuren.)<br />

Kraftfahrer: Per Kraftrad komme ich daher,<br />

seht hier den Schmarren an.<br />

<strong>Die</strong> ist für die Maschin’ zu schwer,<br />

die’s nicht verkraften kann.<br />

Mach mir ein Weibchen, hübsch und schlank,<br />

ich zahl’ Dir was Du willst zum Dank,<br />

Ich bitte Dich gar sehr. (wiederholen)<br />

Müller: So bring’ sie mir zur Mühle ran,<br />

Dein Bitten wird erhört<br />

Wohl staunen wirst Du, lieber Mann,<br />

Dein Kraftrad, unbeschwert<br />

saust durch das Tal und durch die Au‘,<br />

mit einer federleichten Frau,<br />

wie Du sie hast begehrt (wiederholen)<br />

Kraftfahrer: Mein hübsches Weib, komm zu mir her<br />

und laß umarmen Dich,<br />

fürwahr ich kenn Dich fast nicht mehr,<br />

so nett und jugendlich<br />

bist Du, mein allerliebster Schatz,<br />

empfange einen süßen Schmatz,<br />

wie süß, wie süß, wie süß,<br />

ich bin im Paradies 1594<br />

Frau: So komm! mach mit mir eine Tour,<br />

nichts merkst Du von der Last<br />

nicht mehr ist‘s eine Kugelfuhr,<br />

was hinter Dir Du hast.<br />

Wir rasen über Tal und Höh‘n,<br />

herrjeh, wie wird das wunderschön!<br />

Zum Schluß gibt‘s süße Rast (wiederholen)<br />

Narr: <strong>Die</strong> Welt, die ist ein Narrenhaus,<br />

die Menschheit ist gehetzt.<br />

Ein jeder rast, wie Windsgebraus<br />

und was ist dran zuletzt!?<br />

Man merkt das eil‘ge Tempo kaum<br />

und endet dann – an einem Baum,<br />

doch d‘Narrheit stirbt nicht aus. (wiederholen)<br />

Der Arzt: Der Arzt macht jetzt die Sache auch,<br />

doch kost‘ mir’s zu viel Geld.<br />

Ich bin ja nur ein armer Gauch 1595 ,<br />

der wirklich schlecht bestellt,<br />

drum dreh sie durch die Mühl‘ geschwind,<br />

mach aus ihr doch ein halbes Kind,<br />

ein Thaler rück‘ ich dran. (wiederholen)<br />

Müller: So bring die alte Schachtel her<br />

ich mache, was ich kann,<br />

verlangen tu ich sonst viel mehr,<br />

doch Dir, Du armer Mann<br />

will helfen ich in Deiner Not,<br />

mit Lippen und mit Wangen rot<br />

griegst Du sie, wie gemalt (wiederholen)<br />

1594 Gestrichenes Wort: (wiederholen)<br />

1595 Gauch ‚Schelm; Narr, Betrogener, armer Tropf‘.Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 1438f., s. v. Gauch.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 219<br />

Teufel: Komm her, Hanswurst, laß mich mal drehn,<br />

ich dreh ein Teufelsstück.<br />

<strong>Die</strong> Menschenkinder sollen seh‘n,<br />

daß ich die Welt beglück.<br />

Ich hab‘ den Doktor Faust betört,<br />

als er das schönste Weib begehrt,<br />

durch meine Teufelskunst. (wiederholen)<br />

(Es kommt ein hypermodernes Scheusal heraus, ganz braun, roter Negergosche und Sonnenbrille.)<br />

Mann: Herrje, – was kommt aus Deiner Mühl‘!<br />

die reinste Vogelscheuch‘<br />

Des Guten ist das viel zu viel,<br />

drum bitte ich Dich gleich:<br />

Mach doch für mich ein sauber Weib,<br />

doch nicht zu andrer Zeitvertreib<br />

ein Stück so recht für mich (wiederholen)<br />

Müller: Was willst Du für ‘nen Thaler noch,<br />

mein‘ Kunst ist viel zu gut<br />

und hat Dein Geldsack doch ein Loch,<br />

so zähme Deinen Mut.<br />

Komm‘ her ich dreh‘ sie nieder rum<br />

dann hast Du sie, samt dem Gebrumm,<br />

wie Du sie mir gebracht (wiederholen)<br />

Narr: Von reizender Pariserkunst,<br />

verführerisch und schön,<br />

verstehst Du Büffel keinen Dunst,<br />

die griechische Hellen –<br />

ist gegen der aus Afrika<br />

ein Pfifferling, ein Paprika,<br />

der Teufel tat sie drehn (wiederholen).<br />

Mann: Mein lieber Teufel, nimm sie mit<br />

ein Braten für die Höll<br />

ist sie, drum Teufel bitte, bitt!<br />

verschon mich vor dem Gstell!<br />

Hätt‘ ich die Alte doch zurück,<br />

ich laß‘ Dir gern‘ Dein Meisterstück,<br />

wär ich doch Junggesell (wiederholen)<br />

Narr: Mein lieber Alter, gib sie her<br />

wenn sie Dir nicht gefällt.<br />

Mein schönes Frauchen, hab die Ehr,<br />

wir wandern durch die Welt.<br />

Du bist ein echtes Narrenstück<br />

ich mach mit Dir gewiß mein Glück,<br />

mein Närrchen komm zu mir,<br />

all Lieben weih’ ich Dir.<br />

Alter: Ich hab die Sach‘ mir überlegt<br />

so langsam mir die Mode schmeckt.<br />

(nimmt sie dem Narren wieder ab)<br />

Tennisspielerin mit ihrem Mann:<br />

Mann: Meine Alte liebt den Tennissport,<br />

doch lahm, als wie ein Schneck<br />

bewegt sie schnaufend sich vom Ort<br />

und kommt fast nicht vom Fleck.<br />

Mach’ sie beweglich, fesch und flott,<br />

daß sie nicht aller Leute Spott<br />

ist auf dem Ballspielplatz (wiederholen).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 220<br />

Müller: Fürwahr! ‘s ist keine Sportfigur,<br />

die Du zur Mühl‘ gebracht.<br />

Mann, ich bedauere dich nur,<br />

der steht in solcher Macht.<br />

Komm her ich nach’ aus ihr ein Weib,<br />

elastisch, schlank am ganzen Leib,<br />

so recht zum Sport gemacht (wiederholen).<br />

Mann: Für Deine Kunst ich herzlich dank!<br />

ein Meisterstück ist das,<br />

wie eine Schwarzwaldtanne schlank<br />

ist nun mein Weib, – die Stas –<br />

Nun fängt sie sicher jeden Ball<br />

und schlägt in den Turnieren all<br />

als wahre Sportfigur (wiederholen).<br />

Frau: Ja glaubst Du alter Kracher nun<br />

ich geh‘ mit Dir nach Haus?<br />

Ich bin doch kein so dummes Huhn,<br />

jetz leb‘ in Saus und Braus<br />

ich mit den Jungen alle Tag,<br />

ich fühl’s, daß mich manch Junger mag<br />

geh – scher dich altes Haus (wiederholen).<br />

Narr: <strong>Die</strong> Lehr ist für Dich, alter Geck,<br />

wünsch nicht zu jung Dein Weib,<br />

denn die frägt nach Dir einen Dreck,<br />

mit ihrem schlanken Leib.<br />

Drum merket Euch, ihr alten Herrn,<br />

man soll das gute Alter ehrn<br />

ob Mann, ob Kind, – ob Weib (wiederholen).<br />

Alte Jungfern: Wir armen, alten Jüngferlein,<br />

wir wollen auch gern jünger sein.<br />

Wir sind doch, – Gott sei es geklagt<br />

schon alle unschön – und betagt.<br />

So dreh uns durch die Mühle,<br />

still unsere Gefühle!<br />

Müller: Was alt ist, mach ich wieder jung,<br />

drum waget ihr auch einen Sprung<br />

aus einer Alten mach ich acht,<br />

die strahlen in der Jugend Pracht.<br />

Dreh Hansel dreh es lohnet sich,<br />

der Anblick ist ja fürchterlich.<br />

Narr: Mein lieber, guter Müllersmann,<br />

ich drehe, was ich drehen kann,<br />

und trief‘ ich auch, vor lauter Schweiß,<br />

der Narrensamen ist der Preis.<br />

(es kommen kleine Mädel aus der Mühle. Sie singen: „Lirem larem Löffelstiel“ und „Alte Rungunkel hat<br />

d’Schäfe verbrennt“)<br />

<strong>Die</strong> Weiber rufen den Junggesellen:<br />

Nun sollen auch die Junggesellen<br />

sich gütigst zur Verfügung stellen<br />

und für den Narrensamen sorgen,<br />

es strahl aus dunkler Nacht der Morgen<br />

so blühe auf der Narrensamen<br />

der nie versieg in Wolfach – Amen!


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 221<br />

Glossar zum Text der „Weibermühle“<br />

aa-due ...................... angetan<br />

abunde ..................... angebunden<br />

Affen-Gsicht ........... hässliches oder närrisches<br />

Gesicht<br />

Aktennarren ............. Spottname für Schreiber 1596<br />

Allo ......................... Los! Gehe! (< frz. allons!) 1597<br />

anheut ...................... von heute an<br />

annoch ..................... dennoch<br />

Antichrist................. Widerchrist, der Teufel 1598<br />

Bettel ....................... minderwertiges Zeug, Kram<br />

(ursprünglich ‚Bettelei’) 1599<br />

bigoscht ................... bei Gott, wahrhaftig 1600<br />

bruddlig ................... nörgelnd 1601<br />

sie brüehlt ................ sie schreit, heult<br />

Buckel ..................... Rücken<br />

buschber .................. munter, gesund, hellwach 1602<br />

derno ....................... danach<br />

dervo ....................... davon<br />

sie döweret .............. sie tobt (< alem. töbere ‚toben,<br />

schimpfen, schelten’ 1603 ; oder<br />

< mhd. dewen, döuwen,<br />

douwen ‚verdauen, bildl. die<br />

Nachwehen von etwas spüren,<br />

büßen’? 1604 )<br />

er draiht ................... er dreht<br />

dunte ........................ drunten<br />

Durathä .................... Dorothea<br />

Eselskopf ................. Narr<br />

eso ........................... einen solchen<br />

gau ........................... auch, gehen<br />

Geißel ...................... Peitsche<br />

gen ........................... gebt<br />

gewe ........................ gegeben<br />

Gfriß ........................ roher Ausdruck für Gesicht 1605<br />

gha ........................... gehabt<br />

gmoynt .................... gemeint<br />

gnu, gnue, gnueg ..... genug<br />

Grind ....................... Schorf; verächtlich für<br />

Kopf 1606<br />

1596<br />

In der Handschrift von 1803 steht alten Narren.<br />

1597<br />

Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 15, s. v. allee, alloo.<br />

1598<br />

Zur Bedeutung und Geschichte des Antichristen siehe Abschnitt<br />

2.2.1 Wohlauf.<br />

1599<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 128, s. v.<br />

betteln.<br />

1600<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 135, s. v. bigott.<br />

1601<br />

Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 39, s. v. bruttle.<br />

1602<br />

Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 43, s. v. buschber;<br />

Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 812, s. v. busper. – In<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch II, 569, s. v. busper, wird es<br />

auf bewuschpert ‚geschäftig, rührig, munter’ zurückgeführt.<br />

<strong>Die</strong> Vermutung, es könnte mit buschbar ‚wenn die Hecken<br />

buschig werden und die Vögel darin nisten’ zusammenhängen,<br />

wird hier als wenig wahrscheinlich eingestuft.<br />

Grimm: Deutsches Wörterbuch I, 1790. – Das Wort<br />

buschber könnte auch eine -bar-Ableitung des idg. b h eud h -<br />

‚wach sein, wecken’ sein. Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v.<br />

b h eud h -.<br />

1603<br />

Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 204, s. v. töbere.<br />

1604<br />

Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 32, s. v. döuwen.<br />

1605<br />

Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 81, s. v. Gfriß; verwandt<br />

mit Gfräß ‚Gesicht’ < mhd. ge-vræae ‚das Fressen’. Lexer:<br />

Mhd. Taschenwörterbuch, 69, s. v. ge-vræae. – Vgl. Fresse<br />

‚Mund, Maul’, zu fressen.<br />

Gspass ..................... Spaß<br />

gucke ....................... schauen<br />

hau ........................... haben<br />

Hoi .......................... Fuhrmannsruf zu Kühen 1607<br />

hosch ....................... hast du<br />

iigseipft ................... eingeseift (im übertragenen<br />

Sinn)<br />

it .............................. nicht<br />

itzgen ....................... jetzigen<br />

itzt ........................... jetzt<br />

kaa ........................... kann<br />

Kaib ......................... gemeiner Mensch (< mhd.<br />

keibe ‚Leichnam; Mensch, der<br />

den Galgen oder Schelte verdient’,<br />

vgl. nhd. keiben < mhd.<br />

kīben ‚scheltend zanken’) 1608<br />

Karess, Karreß ......... Geliebte (< frz. caresser ‚liebkosen,<br />

streicheln, hätscheln’)<br />

er keit ...................... er fällt (< alem. gheie ‚schwer<br />

hinfallen, stürzen’) 1609<br />

sie wurd keit ............ sie wird geworfen<br />

Kinderschees ........... Kinderwagen (alem. Schees<br />

< Chaise ‚Kutsche mit Halbverdeck’<br />

< frz. chaise ‚Stuhl,<br />

Sessel’) 1610<br />

Kleiekotzer .............. ein gemaltes oder geschnitztes<br />

Gesicht an einer Mühle,<br />

dessen Mund die Öffnung<br />

bildet, aus der die Kleie, also<br />

die vom Getreide abgefallenen<br />

Schalen und Hüllen, herauskommt<br />

1611<br />

er klöpft ................... er peitscht, knallt mit einer<br />

Peitsche (< mhd. klepfen<br />

‚knallen’) 1612<br />

Kreis ........................ Gericht, eingehegter Gerichtsplatz<br />

1613<br />

Kreuz ....................... Mühsal, Not, Marter, Qual 1614<br />

lau............................ lassen<br />

letzrum .................... verkehrt herum 1615<br />

Lewe ........................ Leben<br />

Lis ........................... Liserl<br />

1606 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 478, s. v. Grind.<br />

1607 Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 116, s. v. Hoi.<br />

1608 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 105, s. v. keibe, 107, s. v.<br />

kîben; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 646, s. v.<br />

keifen.<br />

1609 Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 81, s. v. gheie. – <strong>Die</strong> von<br />

Baum für gheie angegebene idg. Wurzel *©ei- ‚liegen,<br />

Lager, vertraut’, aus der u.a. ahd. hîwo ‚Gatte’ und mhd.<br />

hien ‚sich heiraten’ entstand, klingt wenig wahrscheinlich.<br />

Es gibt aber eine (nicht sicher erschlossene) idg. Wurzel<br />

*keid- ‚fallen’ > germ. *hitt- ‚auf etwas treffen’, ae. hit-t-an<br />

‚treffen’, für die jedoch im Ahd. und Mhd. keine Weiterführung<br />

zu existieren scheint. Köbler: Idg. Wörterbuch, s. v.<br />

*keid-?.<br />

1610 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 821, s. v. Chaise.<br />

1611 Im Bestand des Museums Schloss Wolfach befinden sich<br />

zwei Kleiekotzer, Inventar-Nr. 1988/773, 1988/774.<br />

1612 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 110, s. v. klepfen (nicht zu<br />

verwechseln mit klopfen).<br />

1613 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 730, s. v. Kreis.<br />

1614 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2228, s. v. Kreuz.<br />

1615 Zu letz siehe Anmerkung 710.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 222<br />

loh ........................... lassen<br />

mai .......................... mehr<br />

meck ........................ Lautnachahmung der Ziege<br />

(< mhd. mecke ‚Ziegenbock’)<br />

1616<br />

wie mers .................. wie man es<br />

moi .......................... mein; mehr<br />

moinst ...................... meinst du<br />

Müllarzten ............... Mühlarzt = Mühlzeugarbeiter,<br />

‚ein Müller, der den Mühlenbau<br />

versteht, Mühlen anzulegen<br />

und auszubessern<br />

weiß‘ 1617<br />

Muster ..................... < mhd. muster ‚das äußere<br />

Aussehen, Gestalt’ 1618<br />

mit Nasen nimm vorlieb... sich damit abfinden, dass<br />

andere einem eine (lange)<br />

Nase machen ‚schadenfroh<br />

auslachen, indem man den<br />

Daumen an die Nase hält und<br />

mit gespreizten Fingern auf<br />

ihn zeigt’; oder auch: er<br />

musste mit langer Nase abziehen<br />

‚erfolglos, enttäuscht<br />

weggehen’ 1619<br />

noits ......................... nichts<br />

nui ........................... hinein<br />

num ......................... hinüber<br />

numme .................... nicht mehr<br />

oimol ....................... einmal<br />

auf parolen annehmen... auf Ehrenwort, Versprechen<br />

annehmen (< frz.<br />

parole ‚Versprechen, Ehrenwort)<br />

1620<br />

Plätz ........................ < mhd. blez ‚Lappen, Flicken,<br />

Fetzen’ 1621<br />

Plog ......................... Plage, Weib<br />

plunders Weib ......... plünderndes, ausnehmendes<br />

Weib<br />

Rungunkel ............... altes runzliges Weib 1622<br />

schlapprament ......... Ausruf des Erstaunens<br />

Schteg ...................... Treppe<br />

moi Sechs ................ meine Seele 1623 , scherzhafte<br />

Art der Beteuerung im Sinne<br />

von wahrhaftig 1624 ; as ist moi<br />

Sechs a grauß ‚es ist wahrhaftig<br />

ein Graus’<br />

ich ständs ... aus ...... ich hielte es ... aus<br />

Stege ........................ Treppe<br />

1616 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 136, s. v. mecke.<br />

1617 Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch III, 301, s. v.<br />

Mühlarzt. – Zu Müller vgl. Etymologisches Wörterbuch des<br />

Deutschen, 896, s. v. Müller.<br />

1618 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 147, s. v. muster.<br />

1619 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2617f., s. v. Nase.<br />

1620 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 974, s. v. Parole<br />

1621 Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 23, s. v. blez.<br />

1622 Zur Erklärung des Wortes Rungunkel siehe Abschnitt 2.1.8<br />

Alde Rungunkeln und Müller.<br />

1623 Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 192, s. v. Sex.<br />

1624 Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch IV, 2, s. v.<br />

Sechs; Wörterbuch der elsässischen Mundarten II, 324, s. v.<br />

minsechs; Grimm: Deutsches Wörterbuch XV, 2780f., s. v.<br />

sechs, f. (2).<br />

Stolprian .................. im 18. Jahrhundert bedeutete<br />

in den niedrigen Sprecharten<br />

der Begriff Stolprian figürlich<br />

‚Fehler’ und einen Stolprian<br />

machen ‚stolpern’ 1625<br />

sufer ........................ < mhd. sûfer ‚sauber’ 1626<br />

sunsch ...................... sonst<br />

thand ........................ tun<br />

traktiere ................... plagen, quälen<br />

Tropf ....................... einfältiger, geistig beschränkter,<br />

bedauernswerter<br />

Mensch; unbedeutend wie ein<br />

Tropfen 1627<br />

umnanderbambelt .... umeinander baumelt 1628<br />

verschleipft .............. verschleift<br />

wellemer .................. wollen wir<br />

des wenn mir ........... das wollen wir<br />

Wust ........................ Durcheinander, ungeordnete<br />

Menge, Unrat, Schmutz<br />

(< mhd. wuost ‚Verwüstung,<br />

Trümmer’) 1629<br />

Wüste ...................... hässliche Frau<br />

1625<br />

Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch IV, 401, s. v.<br />

Stolpern. – Der Name wird bereits im 16. Jahrhundert in<br />

einem Fastnachtspiel von Hans Sachs erwähnt. Fastnachtspiele<br />

des 15. und 16. Jahrhunderts, 423.<br />

1626<br />

Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 217, s. v. sûfer.<br />

1627<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1464f., s. v.<br />

Tropf.<br />

1628<br />

Alem. bambeln wohl wie nhd. bammeln ‚baumeln’ entstanden<br />

aus dem lautmalerischen Bimbam ,Glockenschlag’.<br />

Wasserzieher: Woher?, 130, s. v. Baum.<br />

1629<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1586, s. v. Wust.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten<br />

5.4.3. Das Ziel und End des Menschen<br />

vorgestellet / in einer theatralischen /<br />

Hochfl. Fürstenbergischen Stadt / Hayingen<br />

Aprillens / 1781 1630 vorgestellet / in einer theatralischen / Betrachtung / von einer Gesellschaft verbürgerter / Schauspielern / der<br />

Hayingen / zur heiligen Fastenzeit, und zwar / den en 1ten, 3ten und 8ten des<br />

.<br />

Vorbericht<br />

N<br />

Nur eines ist nothwendig. Luk. 10 K. 42 V.<br />

Gedruckt bey Joh. Matthäus Mieth, Hofbuchdruckern.<br />

ur eines ist nothwendig: Nämlich daß wir uns bestreben, Gott auf dieser Welt zu dienen, welches unser<br />

erstes, – und dann Ihn einstens im Himmel zu besitzen, welches unser letztes Ziel und Ende ist: denn nur<br />

deßwegen hat uns 1) Gott der Vater erschaffen, 2) Der Sohn erlöset, und 3) der heil. Geist geheiliget: We Welche<br />

drey Beweise die drey Theile unsers gegenwärtigen Singspiels geben werden.<br />

In der Prose wird uns der große Verachter der Welt, der heil. Arsen, der die wahre Christen Christen-Philosophie nach<br />

ihrem ganzen Umfange besaße, ausführlich unterrichten, wie sehr wir jene Dinge zu fliehen haben, die uns von<br />

unserm erst- und letzten Ziel und Ende abhalten, – und auf Irrwege führen können.<br />

Wir wählten diesen Stoff zu unsrer heurigen Fastenbetrachtung, und arbeiteten ihn nach unsern Kräften zum<br />

Verstande eines jeden Zusehers hers aus, weil – nichts wichtiger, als das Wichtigste seyn kann.<br />

Seye es gleich nicht mehr Mode, dergleichen Schauspiele aufzuführen! Wenn es nur nützlich ist.<br />

<strong>Die</strong> Handlung gehet vor zu Konstantinopel im Palaste des Kaisers.<br />

<strong>Die</strong>ses wiederum ganz neue Stück samt dem Musiksatze ist abermal von dahiesigen Stadtpräceptor Bredelin.<br />

Personen des Singspieles<br />

• <strong>Die</strong> Religion ................................<br />

............................................. Fidel Knupfer.<br />

• Uranie, oder die menschliche Seele ......... M. Anna Knupferinn.<br />

• Der Verstand ................................<br />

............................................ Fr. Ant. Poppele, von Dürmentingen, Principist<br />

• Der Wille ................................................. ................. Fr. Ant. Vöringer, von Munderkingen, Principist.<br />

• <strong>Die</strong> Gedächtniß ................................<br />

........................................ M. Eva Schnellinn.<br />

• Der Geruch ................................<br />

............................................... M. Anna Buckinn.<br />

• Der Geschmack ................................<br />

........................................ Ferdinand Falkensteiner, von Waldsee<br />

• Das Gehör ................................................<br />

• Das Gesichte ................................<br />

• <strong>Die</strong> Fühlung ................................<br />

1632 Fr. Ant. Poppele, von Dürmentingen, Principist<br />

, Principist.<br />

................ Elisabetha Mayenfelsinn.<br />

............................................ Joseph Knupfer.<br />

............................................. Rosina Kuoninn.<br />

1631 .<br />

Ant. Vöringer, von Munderkingen, Principist.<br />

, Principist.<br />

Personen der Prose<br />

Mit Genehmhaltung der Obern.<br />

Donaueschingen.<br />

• Theodosius, römischer Kaiser .................. Peter Vogelsang.<br />

• Arkadius ................................<br />

............................................ Georg Fidel Falkensteiner, von Waldsee, Principist.<br />

Prinzen des Kaisers<br />

• Honorius ................................<br />

............................................ Joh. Nepomuck Poppele, von Dürmentingen, Principist.<br />

• Arsenius, römischer Ratsherr und Hof Hofmeister der Prinzen. Fr. Joseph Schick.<br />

• Salvian ................................<br />

............................................ Johannes Buck.<br />

und Höflinge<br />

• Firmin ................................<br />

............................................ Matthias Kräutle.<br />

• Zween redende Sclaven ........................... Joh. Michael Lämmle und Johannes Schreck.<br />

<strong>Seite</strong> 223<br />

1630<br />

<strong>Die</strong> in den Text eingefügten Querstriche geben in modifizierter Form die originale Textaufteilung wieder. <strong>Die</strong> Zeichnungen wurd wurden aus<br />

dem originalen Textdruck übernommen.<br />

1631<br />

Als Principst wird ein Schüler der 2. Klasse einer Klosterschule bezeichnet.<br />

1632<br />

Bad Waldsee.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 224<br />

Der Anfang ist jedesmal Nachmittag pünktlich um halb 2 Uhr.<br />

Der Schauplatz und das Einganggeld sind bekannt.<br />

NB. Den __ten dieses [Monats] werden den dahiesigen Schulkindern mehrere – in nützlichen Büchern bestehende<br />

Prämien feyerlich ausgetheilet werden.<br />

Des Singspieles I. Theil<br />

Der Mensch ist erschaffen, damit er Gott diene, – und selig werde.<br />

<strong>Die</strong> Religion führet die Seele in das Paradiese.<br />

Uranie und die Ihrigen schießen von ihren Herzen aus Pfeile nach einer Scheibe, welche die Weltkugel vorstellet.<br />

Chor.<br />

Treffet ihr Pfeile nach unserm Verlangen,<br />

Selbst diese Scheibe sehnt euch zu empfangen:<br />

Treffet, wohin unsre Sehnsucht euch schickt! –<br />

Liebliche Scheibe! so lang wir schon leben,<br />

Trachtet nach dir unser ganzes Bestreben<br />

Auf dich sind all unsre Pfeile gedrückt.<br />

Religion:<br />

Welch abgötterisches Spiel treibst du, o Tochter, hier?<br />

Uranie:<br />

Wie! Mutter, dieß mißfällt wohl dir?<br />

Wir schießen da zum Zeitvertreibe.<br />

Religion:<br />

Ihr schießet, doch auf welche Scheibe? –<br />

<strong>Die</strong> Pfeile sind Begierden eurer Herzen;<br />

<strong>Die</strong> Scheibe ist die Welt. – Mit welchem Schmerzen<br />

(Urtheilet selbst) muß wohl die Mutter sehen,<br />

Der Tochter Sehnsucht nur nach ihren Feinden gehen? –<br />

Hier 1633 ! Auf diese Scheibe soll ein Christenherze zielen.<br />

Wenn du dieß Herze triffst, wirst immerhin<br />

Den göttlichen Gewinn<br />

Im eignen Herzen fühlen.<br />

Arie.<br />

O Seele, gieb ja nicht mehr zu,<br />

Daß dich der Reiz der Welt verblende:<br />

Gott ist alleinig deine Ruh;<br />

Dein erst- und letztes Ziel und Ende.<br />

Was hilfts, wenn du die ganze Welt<br />

Mit ihrem Geld und Gut gewinnest;<br />

Und dir dein letztes Ziele fehlt:<br />

Wo du der Hölle nicht entrinnest 1634 ?<br />

Gott ist dein Ziel; dorthin laß deine Seufzer fliegen:<br />

Er ist der Weg und Wahrheit selbst; So kann kein Irrweg dich betrügen. –<br />

Doch da du dich vielleicht von diesem Wege trennest,<br />

Weil du dein Ziel noch nicht recht kennest,<br />

Will ich dich heute dieser schweren Pflichten<br />

An drey Oertern unterrichten. –<br />

Komm! folge mir;<br />

Zuerst will ich mit dir<br />

Ins Paradiese gehen:<br />

Dort wirst du sehen,<br />

1633 „Sie steckt eine andere Scheibe auf, auf welcher ein Crucifix und das Herz Jesu der Mittelpunkt ist.“ [<strong>Die</strong> Fußnoten innerhalb des Spiel-<br />

textes stammen von Bredelin.]<br />

1634 „Matth. 16.“ [Evangelium nach Matthäus.]


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 225<br />

Daß du von Gott erschaffen seyest,<br />

Daß du Ihm zeitlich dienest und ewig dich mit Ihm erfreuest. –<br />

Arie von 2.<br />

Religion: Wer ists, der hier den Menschen schafft?<br />

Uranie: Gott selbst.<br />

Religion: Und wer giebt ihm des Lebens Kraft?<br />

Uranie: Sein Geist.<br />

Religion: Wem sieht der Seele Bildniß gleich?<br />

Uranie: Gott selbst.<br />

Religion: Wer macht sie so an Gaben reich 1635 ?<br />

Uranie: Gott selbst.<br />

Religion:<br />

Kömmt nun der Mensch von Gott, muß er auch nur allein<br />

Für Gott geschaffen seyn;<br />

Sonst seh ich nicht, was man für eine Absicht fände: –<br />

Wenn also Gott des Menschen Anfang ist; so ist Er auch sein Ende. –<br />

Ist nun der Mensch von und für Gott geschaffen;<br />

So kann Er jenen billig strafen,<br />

Der Seiner Absicht widerstrebt,<br />

Und dem, nicht lebt, von dem er lebt.<br />

Arie.<br />

Ein Herr und Vater hat das Recht,<br />

Dem Kind und <strong>Die</strong>ner vorzuschreiben:<br />

<strong>Die</strong>ß soll gescheh’n, dieß unterbleiben!<br />

Nun bist du Sein, als Kind und Knecht:<br />

Wirst sein Gesetz nicht gern vollbringen;<br />

So wird dich seine Allmacht zwingen.<br />

Und sieh! Alles, was immer die Schöpfung bewohnet,<br />

Folgt seiner Bestimmung und erfüllet unbelohnet,<br />

Gern und gänzlich seine Pflicht;<br />

Der Mensch alleinig nicht.<br />

Arie.<br />

<strong>Die</strong> Sonn’ ist geschaffen, zu wärmen und leuchten;<br />

Sie thuts.<br />

Der Mond, um mit kühlendem Thau zu befeuchten;<br />

Er thuts.<br />

Thier, Saaten und Früchten, die Menschen zu nähren;<br />

Sie thuns.<br />

Unfruchtbare Bäume der Hitze zu währen;<br />

Sie thuns.<br />

2.<br />

Der Wolken Bestimmung ist Blitzen und Regnen;<br />

Sie thuns.<br />

Der Bäche die Wiesen mit Feuchte zu segnen;<br />

Sie thuns.<br />

Was immer geschaffen, erfüllt seine Pflicht,<br />

Und nur der vernünftige Mensch thut es nicht.<br />

Uranie:<br />

Ach ja! – Ich seh das göldene Gesetz, das Er,<br />

Der unumschränkte Herr,<br />

Dem neugeschaffnen Menschen vorgeschrieben:<br />

„Du sollst“, spricht Er, „Gott deinen Herrn lieben,<br />

Und Ihm alleinig dienen 1636 .“<br />

Sollt ich mich länger noch erkühnen,<br />

1635 „Ipsius enim sumus factura, creati in Christo Jesu in operibus bonis, quæ præparavit Deus ut in illis ambulemus. Ephes. 2. v. 10.“ [Sind<br />

wir doch sein Gebilde, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott im voraus bereitgestellt hat, damit wir darin wandeln..<br />

Epheserbrief 2, 10. – Im Textheft steht nur die lateinische Version. <strong>Die</strong> deutschen Übersetzungen basieren auf: <strong>Die</strong> Bibel (1977).]<br />

1636 „Luc. 10.“ [Evangelium nach Lukas, recte: 4, 8.]


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 226<br />

Dem nicht zu dienen, der mich schuf;<br />

Das doch mein einziger Beruf?<br />

Arie (zu ihrem Gefolge).<br />

Auf, Kinder! helft die süße Bürde<br />

Der Christenpflicht mir willig tragen.<br />

Laßt uns der Welt den Abschied sagen!<br />

Erkennt mit mir die große Würde,<br />

Hier <strong>Die</strong>ner eines Herrn zu seyn,<br />

Mit dem wir uns einst ewig freu’n.<br />

*<br />

O dienen wir Ihm stets und gern;<br />

Denn es giebt keinen bessern Herrn;<br />

Mit dem wir einst selbst herrschen können,<br />

Weil wir zugleich Ihn Vater nennen;<br />

Der ewig lohnt für kurze Müh: –<br />

Nein! So belohnt ein Weltherr nie.<br />

Verstand:<br />

Ja Mutter, mit sammtlichen Kräften wollen wir uns bestreben,<br />

Unserm Ziel und Ende fleißigst nachzuleben.<br />

Terzet.<br />

Verstand, Wille und Gedächtniß.<br />

Alle drey: Wir wollen dich Alle mit Macht unterstützen,<br />

<strong>Die</strong> weiseste Absicht des Schöpfers zu nützen.<br />

Verstand: Gott stets mehr zu kennen soll künftig allein<br />

Der Gegenstand meiner Betrachtungen seyn.<br />

Gedächtniß: An Gott zu gedenken soll künftig allein<br />

Mein einzigs Geschäft, meine Seligkeit seyn.<br />

Wille: Zu Gott zu gelangen soll künftig allein<br />

Das einzige Ziel meiner Handlungen seyn.<br />

Religion:<br />

Nun gehen wir hier fort<br />

Und hin, an jenen Ort,<br />

Wo ich euch zeigen werde, warum ihr seyd erlößt.<br />

Uranie:<br />

Ich folge stets; Mein Herz ist nun von allem Zeitlichen entblößt;<br />

Ich sehne mehrer zu erfahren. – – (Zu den 5. Sinnen) Was sagt dann ihr?<br />

Geht euch des Glaubens Lehr nicht ein?<br />

Einer der 5. Sinne:<br />

Ach! wir? –<br />

Wir sagen dieß allein.<br />

Chor:<br />

I. Aufzug<br />

Gott! Schöpfer! Vater! ach vergiebe<br />

Uns unsre eitle Erden Liebe!<br />

Verdammst du uns als faule Knechte,<br />

O Gott, so thust du es mit Rechte:<br />

Doch lieber Vater gehe nicht<br />

Mit deinen Kindern ins Gericht.<br />

* *<br />

*<br />

Arsen wird in seinem Entschlusse, die Welt zu verlassen, um sein Ziel und Ende desto ehender zu erreichen,<br />

vorbereitet.<br />

*


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 227<br />

Des Singspieles II. Theil<br />

Der Mensch ist erlöset, damit er Gott diene und selig werde.<br />

<strong>Die</strong> Religion führet die Seele auf den Kalvarie Berg.<br />

Uranie:<br />

Wo bin ich? – Welch schauervolle Finsterniß bedeckt die Welt am hellen Mittage? – –<br />

Himmel! = Hier stürzen Felsen ein! = =<br />

Ach Mutter sage,<br />

Was soll dann dieses seyn? = = =<br />

Gott! wie bebt die ganze Natur! – Ich fliehe = = =<br />

Religion:<br />

Nein! Bleibe nur und hör und siehe!<br />

Arie.<br />

Es feyert der ganze Erden Runde,<br />

Itzt jene schauervolle Stunde,<br />

Wo Gottes Sohn am Kreuz verblich,<br />

Daß Er verlorne Seele, dich<br />

Dem Joch des Fluches und der Sünde<br />

Durch seinen Martertod entbinde.<br />

2.<br />

Selbst die Gestirn’ und Felsen scheinen,<br />

Des Heilands Tode zu beweinen,<br />

Der doch für sie noch litt, noch starb:<br />

Und der, dem Er das Heil erwarb,<br />

Der Mensch, scheint, wie wenn er das Ziele<br />

Der großen Gutthat gar nicht fühle.<br />

Denn jener Mensch, der sich mit einer Sünd befleckt,<br />

Zeigt offenbar, daß er das Ziele des Todes JESU nicht erwägt:<br />

Denn dieser starb, ihn von der Sünde zu befrey’n,<br />

Und jener stürzt sich selbst darein.<br />

Heißt dieses nicht sein Blut mit kühnen Füßen treten,<br />

Wenn man noch jenen Ketten,<br />

Von denen Er uns losgemacht,<br />

Gottsräuberisch entgegen lacht? – –<br />

Was säumest also noch, dem ganz allein zu dienen,<br />

Der blos deßwegen nur in Knechtsgestalt erschienen,<br />

Damit der Mensch von jedem andern Joche freye,<br />

Allein seiner <strong>Die</strong>ner seye?<br />

Uranie:<br />

Ja, nun erkenne ich den Hochverrath der Seelen,<br />

<strong>Die</strong> untreu ihrem Herrn das Recht der Herrschaft stehlen.<br />

Arie.<br />

Wie Jesus sollte mich erkaufen,<br />

Und ich nach fremden Göttern laufen?<br />

Er macht mich von der Sclaverey<br />

Des Teufels und der Sünde frey;<br />

Und ich, ich sollte mich erkühnen,<br />

Nicht Ihm, nur seinem Feind zu dienen?<br />

2.<br />

Was hat den Heiland angetrieben,<br />

Mich bis zum Tod sogar zu lieben,<br />

Als nur, daß ich Ihn wiederum<br />

Soll lieben als Sein Eigenthum. –<br />

Wär ich verdammt, – auch ungebohren,<br />

Was hätt dann Gott dabey verloren? –


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 228<br />

Gedächtniß:<br />

Nichts; Wie auch nichts sein Glück verkürzte,<br />

Da Er so viele Engelschaaren,<br />

<strong>Die</strong> einer einz’gen Sünde schuldig waren,<br />

Auf ewig in die Hölle stürzte:<br />

Für die Er nicht gestorben. – Nichts hätte seine Macht<br />

Im mindsten nur unvollkommener gemacht,<br />

Wenn auch das ganze himmlisch Heere<br />

Verdammet worden wäre.<br />

Verstand:<br />

Allgütiger! – Wie? – Deine Engel lässest du in ewiger Verdammnis schmachten,<br />

<strong>Die</strong> Dir vorher so viele Ehr, so manche Lobesopfer brachten;<br />

Und für den Menschen wirst du Mensch und stirbst,<br />

Womit du ihm das Heil erwirbst.<br />

Wille:<br />

Von keinem Herrn, dessen wir bisher so treue <strong>Die</strong>ner waren,<br />

Haben wir die große Gnad erfahren,<br />

Daß er sein eignes Leben<br />

Für unser Beßtes hergegeben:<br />

Nein, keiner hat uns je noch so viel Guts gethan:<br />

So nehmen wir dann JESUM nur zu unserm höchsten Herrscher an!<br />

Arie von 2.<br />

Verstand und Gedächtniß.<br />

Verstand: <strong>Die</strong>ß ist sehr klug gewählt;<br />

Denn was hat uns die Welt<br />

Bisher für unsre <strong>Die</strong>nst vergolten,<br />

<strong>Die</strong> wir ihr doch so treue zollten?<br />

Gedächtniß: Nichts als Verachtung, Quaal und Spott.<br />

Verstand: Und was thut uns dagegen Gott?<br />

Den wir dem Teufel nachgesetzet,<br />

So oft die schuld’ge Pflicht verletzet? –<br />

Beyde: Ach! der hat uns, als seinen Feinden,<br />

Schon ungleich mehrer Guts gethan,<br />

Als Welt und Hölle ihren Freunden<br />

Wenn sie auch wollt’, erweisen kann.<br />

Wille:<br />

So ists; fort dann mit jenen Herren, die uns bisher befahlen!<br />

<strong>Die</strong> ihre <strong>Die</strong>ner nur mit falscher Münz bezahlen!<br />

Arie.<br />

Der <strong>Die</strong>nst der Welt bringt Tod und Spott:<br />

Dem sollt ich mich ergeben? –<br />

Nein! lieber dien ich meinem Gott:<br />

Sein <strong>Die</strong>nst bringt Ehr und Leben.<br />

Der <strong>Die</strong>nst der Welt ist so voll Müh;<br />

Und doch bringt er Verderben:<br />

Und die Gott dienen, – ach! für die<br />

Stirbt Er, daß sie nicht sterben.<br />

Gehör:<br />

Auch wir erkennen, da wir eure Schlüsse hören,<br />

Daß jeder aus uns neuerlich Gott nur allein zu ehren<br />

Auch wegen der Erlösung schuldig seye. –<br />

Gesichte:<br />

Wech Menschen Auge sollt am Kreuze seinen Heiland sehen,<br />

Und nicht in Thränen übergehen? – –


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten<br />

Arie.<br />

Nach nichts mehr will ich mich getrauen,<br />

Als nur nach diesem Bild zu schauen;<br />

Das uns zu unserm Heile rühret,<br />

Und darum uns auch nützlich ist,<br />

Weil man darüber gern vergißt,<br />

Was uns bisher zur Sünd verführet.<br />

Religion:<br />

So werft euch nun zu seinen Füßen,<br />

Und bittet Ihn mit bittern Thränen Güssen,<br />

Daß Er euch gnädiglich verzeihe,<br />

Daß ihrs bishero nicht gethan,<br />

Und biethet euch durch eine neue<br />

Huldigung Ihm ganz zu seinen <strong>Die</strong>nsten an:<br />

Sodann werd ich euch noch zeigen, wie sehr auch eure Heiligung, unter der größten Sünde,<br />

Zum <strong>Die</strong>nste Gottes euch verbinde.<br />

Uranie:<br />

Kommt Kinder! daß unsre Seufzer einig seyn,<br />

So stimmet mit mir ein.<br />

Chor.<br />

II. Aufzug<br />

JESU! unser beßtes Gut!<br />

Der Du uns mit deinem Blut<br />

Aus der Hölle Schlund gerissen;<br />

Wo wir hätten schmachten müßen:<br />

Laß, o beßter Herrscher Du,<br />

Künftighin ja nicht mehr zu,<br />

Daß wir Dich so wenig achten,<br />

Und nach fremden <strong>Die</strong>nsten trachten.<br />

Arsen erkennet seine Bestimmung der Vorsicht immer näher, und verläßt endlich den Hofe und die Welt.<br />

Des Singspieles III. Theil<br />

*<br />

Der Mensch ist geheiliget, daß er Gott diene und selig werde.<br />

<strong>Die</strong> Religion führet die Seele zum Taufsteine.<br />

Es wird zugleich ein Hause mit sieben Säulen vorgestellet, welche die heil. Sakramente andeuten 1637 .<br />

Religion:<br />

Nun sind wir endlich hier,<br />

Wo ich, o Seele, dir<br />

Mit Mehrerm werde zeigen,<br />

Daß du dem Herrn auch seyest eigen,<br />

Weil Er dich geheiligt hat:<br />

Damit du nämlich sehest, daß Er alles that,<br />

Was dich zu deinem Ziel nur immer führen kann;<br />

Nimmt sich die heiligste Dreyfaltigkeit vereinigt deines Heiles an.<br />

Arie.<br />

Du bist als Kind des Zorns gebohren<br />

Und wärst auch ewiglich ver<br />

1638 ,<br />

Und wärst auch ewiglich verloren,<br />

<strong>Seite</strong> 229<br />

1637<br />

„Sapientia Sapientia ædificavit sibi Domum, excidit columnas septem. Prov. 9. 1.“ [<strong>Die</strong> Weisheit hat ihr Haus gebaut, hat ihre sieben Säulen au aufgerichtet.<br />

Sprüche 9, 1.]<br />

1638<br />

„Eramus naturâ filii iræ. Eph. [2]. v. 3.“ “ [Wir waren von Natur auch Kinder des Zornes. Epheserbrief 2, 3.]


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 230<br />

Hätt Gott dir nicht der Gnade Leben<br />

Und seiner Kindern Geist gegeben 1639 ;<br />

Welcher Geist das Zeugniß ist 1640 ,<br />

Daß der ungebohrne Christ<br />

Alsdann von der Erbsünd freye<br />

Sein wahrhafter Erb auch seye 1641 .<br />

Was nützte dich, erschaffen und erlößt zu seyn,<br />

Wärst du nicht von der Erbsünd rein?<br />

Wärst du nicht durch das Bad der Taufe im heil’gen Geiste neugebohren 1642 ,<br />

Wärst du in jener Zahl der Thoren,<br />

<strong>Die</strong> keinen Glauben haben,<br />

Im Greuel der Bosheit, des Hasses und Neids begraben;<br />

Ein <strong>Die</strong>ner böser Lüste,<br />

Und sögest an des Irrthums Brüste<br />

Stets unerfahren, schwach und klein,<br />

Gleich Millionen Menschen das Gift der Gottesläugnung ein 1643 . –<br />

Was hat dann aber Gott bewogen,<br />

Daß Er aus diesem Greuel dich<br />

So väterlich<br />

Vor andern hat hervorgezogen? –<br />

Uranie:<br />

Ach Er that es nur allein,<br />

Damit ich sollte selig seyn.<br />

Arie.<br />

Ja, mein Heil ist Gottes Wille 1644 ;<br />

O! daß ich ihn stets erfülle! –<br />

Hätte mancher arme Heyde<br />

Das, was ich, von Gott empfangen;<br />

O! mit welcher Lust und Freude<br />

Würd’ er Sein Gesetz umfangen.<br />

Religion:<br />

Ja, Seine Liebe gieng so weit,<br />

Daß, wenn der Mensch aus Schwächlichkeit,<br />

Auch nach der Taufe Bös gethan,<br />

Er sich noch durch die Buße retten kann.<br />

Und daß Er dir Seine Lieb im höchsten Grad erweise,<br />

Giebt Er sich dir sogar noch selbst zur Speise.<br />

<strong>Die</strong> Gnad der Taufe muß die Firmung stärken;<br />

Und daß dich ein Mensch von deinen bösen Werken<br />

Durch die Buße könn’ befrey’n,<br />

Setzt Er die Priesterweihe ein.<br />

In Krankheit dich an Seel und Leib zu heilen,<br />

Läßt Er den heil’gen Chrisam dir ertheilen,<br />

Damit ihr endlich auch in jedem Stande selig werden könnt,<br />

Macht Er euch Menschen auch die Eh’ zum Sakrament.<br />

Uranie:<br />

Ach Gott! wie viele Heiligungen! –<br />

Und die sind deiner Güte doch an mir bisher,<br />

1639 „Accepistis spiritum adoptionis filiorum. Rom. 8. v. 15.“ [Ihr habt den Geist der Sohnschaft empfangen. Römerbrief 8, 15.]<br />

1640 „Ipse enim spiritus testimonium reddit spiritui nostro, quod sumus filii Dei. Rom. 8. v. 16.“ [Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist,<br />

dass wir Kinder Gottes sind. Römerbrief 8, 16.]<br />

1641 „Si autem filii & hæredes. ibid. v. 17.“ [Wenn aber Kinder, dann auch Erben. Römerbrief 8, 17.]<br />

1642 „Secundum suam misericordiam salvos nos fecit per lavacrum regenerationis & renovationis Spiritus Sancti. Tit. 3. 5.“ [Er hat uns zum<br />

Heile geführt – nicht auf Grund von gerechten Werken, sondern nach seiner Erbarmung durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung<br />

im Heiligen Geist. Titusbrief 3, 5.]<br />

1643 „Eramus enim aliquando & nos insipientes, increduli, errantes, servientes desideriis & voluptatibus variis, in malitia, & invidia agentes,<br />

odibiles, odientes, invicem. ibid. v. 3.“ [Denn auch wir waren einst unverständig, ungehorsam, im Irrtum befangen, Sklaven mannigfacher<br />

Begierden und Lüste, in Schlechtigkeit und Neid lebten wir dahin, hassenswert und voller Hass gegeneinander. Titusbrief 3, 3.]<br />

1644 „Hæc est voluntas Dei, sanctificatio vestra. 1. Tes. 4. v. 3.“ [Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung. 1. Thessalochinerbrief 4, 3.]


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 231<br />

O Gott, so sehr, –<br />

So oft mißlungen!<br />

Duett.<br />

Uranie: Nein Hölle, du bist nicht zu viel<br />

Für einen Menschen, der sein Ziel<br />

Bey so viel Mitteln noch verfehlet.<br />

Religion: Und wer ist, der die Gnaden zählet,<br />

So dir der Herr durch seinen Geist<br />

In stillen Trieben oft erweißt?<br />

Da Er dich bald ermahnt, bald schreckt,<br />

Dich selbst zu guten Thaten weckt;<br />

Dir seinen Willen nicht verheelet;<br />

Beyde: So ist die Höll dann nicht zu viel<br />

Für einen Menschen, der sein Ziel<br />

Bey so viel Gnaden noch verfehlet.<br />

Uranie:<br />

Nun ist festgestellt,<br />

Von nun an sey der <strong>Die</strong>nst der Welt,<br />

Den ich bisher so sehr gesuchet,<br />

Auf immerhin verfluchet.<br />

Hier ist der Stein,<br />

Wo ich dem Herrn wiedergebohren,<br />

Den ersten Eid der Treu geschworen.<br />

Heut will ich ihn erneun. –<br />

Du Wille stimme mit mir ein!<br />

Duett.<br />

Uranie: Vergieb, o Gott, den Meyneid mir,<br />

Den ich an Dir,<br />

Der Du mich stets so sehr geliebt,<br />

Bisher verübt.<br />

Ich widersage nun der Welt,<br />

<strong>Die</strong> mich von Dir zurückehält,<br />

Auf meine Lebenstage.<br />

Wille: Ich widersage.<br />

Uranie: Ich widersag des Fleisches Reiz,<br />

Dem Zorn, Stolz, Trägheit, Neid und Geiz<br />

Auf meine Lebenstage.<br />

Wille: Ich widersage.<br />

Uranie: Ich widersag des Satans List,<br />

Und allem, was ihm eigen ist,<br />

Auf meine Lebenstage.<br />

Wille: Ich widersage.<br />

Geschmack:<br />

Auch wir stimmen sammtlich in diese Gelübde ein:<br />

Und wollen künftighin, bessere Knechte seyn.<br />

Gedächtniß:<br />

Stets will ich diesen Eid in der Gedächtniß fassen,<br />

Verstand:<br />

Und ich mich nimmermehr von unsern Feinden täuschen lassen.<br />

Religion:<br />

So lobet dann mit mir den Herrn, der euch durch mich zu euerm Heil belehret,<br />

Daß ihr zu euerm wahren Ziel nun seyd zurückgekehret.<br />

Chor.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten<br />

Uranie mit den Ihrigen:<br />

Herr, deine Güte sey gepriesen,<br />

Durch die Du uns heut unterwiesen,<br />

Daß Dir der Mensch der Knechtschaft Treue<br />

Aus so viel Titeln schuldig seye.<br />

Religion: Des höchsten Güte sey gepriesen,<br />

Durch die Er euch heut unterwiesen,<br />

Daß Ihm der Men Mensch der Knechtschaft Treue<br />

Aus so viel Titeln schuldig seye.<br />

Alle: Sollt er Dir, Höchster! nicht zu dienen<br />

Meyneidig sich jemals erkühnen,<br />

Der Dir so vielmal eigen ist;<br />

So sündigt er als Mensch und Christ.<br />

*<br />

Ende des ganzen Spieles<br />

<strong>Seite</strong> 232


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 233<br />

5.4.4. Minervens letztes Fest<br />

besungen / auf die höchsten Namenstage / der / Durchleuchtesten des heil. röm. Reichs / Fürsten und Herrn<br />

Herrn / Joseph Maria Benedikts / regierenden Fürsten von / Fürstenberg etc. etc. / und / Joseph<br />

Wilhelm Eugens / regierenden Fürsten von / Hohenzollern-Hechingen etc. etc. / von Georg Anton<br />

Bredelin, / Lehrer zu Hausach im Kinzingerthal 1645 . / 1786.<br />

D<br />

Voll Eintracht unter Sich, sind Ihre stärksten Triebe<br />

Der Unterthanen Wohl, Gerechtigkeit und Liebe.<br />

ie du einst dem edeln Gehirne des Vaters der Götter<br />

Himmlisch entstiegst 1646 , du Fürstinn der Weisheit 1647 , Mutter der Künste 1648 ,<br />

Holde Minerva, stehe mir bey, den Festtag zu besingen,<br />

Wo dich der Höchste gebahr; Den Tag, den einst deine Römer<br />

Feyerlich hielten! O sey nicht entgegen 1649 dem wicht’gen Beginnen,<br />

Das meine Feder itzt wagt! – Zwar willst du nicht festliche Tag mehr,<br />

Willst keine Priester, noch Tempel, seit dem du sie deinen Verehrern<br />

Mütterlich räumtest, und dich zur ewig göttlichen Stille<br />

Hin in den hohen Olymp 1650 an Jupiters <strong>Seite</strong> zurückzogst 1651 :<br />

Doch weil du mir befahlst, von dieser wichtigen Handlung,<br />

Und vom letzten desjenigen Festes nach Kräften zu singen,<br />

Das dir Jahrhunderte fey’rten, und dieß deine größten Verehrer<br />

Angeht, so lehre mich würdig, was du mir befahlest, vollziehen.<br />

Schon war alles bereit, Minervens fünftägige Feyer 1652<br />

Auf den gesetzten Tag nach altem Brauch zu beginnen.<br />

Reinstes Liliengewand 1653 umfloß die entblößeten Füße<br />

Wie frische Kränze von Oliven 1654 die heiligen Schläfe der Priester:<br />

Und schon gähnten vom prächtigen Kapitole 1655 die offnen<br />

Flügel der Porte dem wallenden Volk mit Erwartung entgegen;<br />

Wo in einer Entfernung bang und feyerlich schnaubend<br />

Seine vergöldeten Hörner der Schlachtstier glänzend empor streckt 1656 .<br />

Wirklich befiehlt schon der Priester dem Volke die heilige Stille 1657 ,<br />

Und überstreu’t mit geröstetem Mehl und Salze das Opfer 1658 ,<br />

Schlürft aus dem hölzernen Becher 1659 etliche Tropfen von Weine 1660 ,<br />

Und empfropfet der Stirne des Schlachtviehes einige Haare 1661 ,<br />

<strong>Die</strong> er ins Feu’r wirft; Und schon dämpft der andächtige Weyhrauch 1662<br />

Majestätisch empor, dem Auge der lüsternen Priester<br />

Wichtig 1663 . Nun führen die halb entkleideten Popen 1664 das Opfer,<br />

Das ihnen willig nachtrappt, heran (sie habens an Stricken<br />

Von so ziemlicher Länge 1665 , zu sehen, ob es sich nicht sträube 1666 )<br />

1645 <strong>Die</strong> Fußnoten innerhalb des Gedichts stammen von Bredelin. <strong>Die</strong> abgekürzten Literaturangaben werden im nächsten Abschnitt aufgelöst.<br />

1646 „<strong>Die</strong> Dichter sagen, daß Minerva aus dem Hirne des Jupiters (welcher der Vater aller Götter genennet wird) gebohren worden sey. Lu-<br />

cian. Deor. Dial. 8.“<br />

1647 „und“<br />

1648 „Minerva wird für die Erfinderinn der Wissenschaften und Künste gehalten. Ovid. Fast. III. 832.“<br />

1649 „Nach dem alten gewöhnlichen Ausdrucke: Invita, vel crassa Minerva aliquid facere, Horat. de arte 385. Cic. Famil. III. 1.“<br />

1650 „Olymp ist in der Dichtersprache der Himmel.“<br />

1651 „Sie ist dem Jupiter in der Würde die nächste. Horat. Od. I. XII. 19. sed vid. ibi cl. Bentlejum.“<br />

1652 „<strong>Die</strong>ses Fest nahm bey den Römern den 19ten Tag des Märzen seinen Anfang, und dauerte fünf Tage: daher nannten sie es: Quinquartus,<br />

oder auch Quinquartia. Ovid. Fast. III. 810.“<br />

1653 „<strong>Die</strong> Priester trugen im Tempel weiße Kleider. Tibull. – Ovid. Amor. II. XIII. 23.“<br />

1654 „Sie trugen auch Kränze von jenem Baume, den sie jener Gottheit, welcher geopfert wurde, der angenehmste zu seyn glaubten. Stat.<br />

Theb. III. 466.“<br />

1655 „Minerva wurde in dem Kapitole oder römischen Rathhause so, wie Jupiter und die Juno verehret. Liv. III. 17.“<br />

1656 „<strong>Die</strong> Hörner der Opferthiere wurden vergöldet. Virg. Æneid. IX. 627. Liv. XXV. 12.“<br />

1657 „Ehe das Opfer anfieng, befahl der Priester das engeste Stillschweigen allen Anwesenden. Plut. Coriol. Virg. Horat. Fest. Eurip. Iphig. in<br />

Aul. Arist. et plures alii.“<br />

1658 „Senec. Oed. 335. Ovid. Fast. I. 337. Horat. Od. III. 23. Virg. &c.“<br />

1659 „Juven. VI. 343.“<br />

1660 „Virg. Æneid. XII. 174.“<br />

1661 „Hom. Iliad. v. 273. Virg. Æneid. VI. 245. seqq.“<br />

1662 „Ovid. Fast. IV. 419. Tibull. II. 3.“<br />

1663 „Weil die Priester aus dem Rauche und dem Geräusche des brennenden Weyherauches künftige Dinge abnahmen. Senec. Oedip. vers.<br />

306. seqq. Lactant, ad Stat. Theb. IV. Vers. 411. 468.“<br />

1664 „<strong>Die</strong> Popen waren Götzenpfaffen, die das Schlachtviehe banden, herbey führten und schlachteten. Propert. IV. III. 62.“<br />

1665 „Juven. XII. 5.“


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 234<br />

Und schon rufet der Schlachter zum öftern das tödtliche: „Soll ich? 1667 “<br />

Als auf einmal vom lichten Olymp eine mächtige Stimm schallt:<br />

„Nein!“ – Wie vom Donner getroffen, so sinket der Schlachter zur Erde,<br />

Priester und Volk erbeben vor Schrecken, und ringen die Hände;<br />

Einige stürzen von Ohnmacht betäubt zum heißen Altar hin;<br />

Andere nehmen die Flucht, und wallen wie Wogen des Meeres<br />

Zu dem Tempel hinaus: Als schnell eine sanftere Stimme<br />

(Jedem doch hörbar) die frommen Flüchtlinge gütig zurückruft:<br />

Fey’rliche Stille läßt ihnen Zeit, sich bald zu erholen;<br />

Und nun rollt der ätherischen Wolke lazurblaue Säule<br />

Langsam auf den Altar hin: Strahlen durchbrechen den Nebel:<br />

Mitten in diesem zeigt sich Minerva mit heiterern Mienen,<br />

Als sie sonst als Göttinn der Waffen 1668 mit gräulichem Schilde 1669 ,<br />

Und mit Jupiters Keule versehen 1670 bey Schlachten erschiene. –<br />

<strong>Die</strong>ser Anblick treibet sogleich mehr Blut in die Wangen<br />

Des vor banger Erwartung noch ganz übertüncheten Volkes. –<br />

„Höret, ihr Sterblichen!“ rufet nun Pallas 1671 , „hört meinen Willen!<br />

„Nimmermehr sollt ihr dieß Fest nur mir zur Ehre begehen:<br />

„Feyert es meinen Verehrern; so werd’ ich in ihnen verehret.<br />

„Liebet die nützlichen Künste, und übt euch zum Beßten des Landes,<br />

„Künftigen Feinden zum Trotz als wackere Bürger in Waffen!<br />

„Nein, wie der Anzug der Priester seyen hiebey eu’re Zwecke;<br />

„Rein eu’re Herzen, mild und friedsam, wie meine Oliven 1672 ,<br />

„Wenn es die Noth nicht erheischt, sey eure stete Gesinnung!<br />

„Und, statt wie ihr bisher mir hier im erhabenen Rathhaus<br />

„<strong>Die</strong>se Altäre erricht’, so wehl ich zur Ehre der Menschheit<br />

„Jeden Thron eines Menschenbeherrschers, und jeden Gerichtsstuhl<br />

„Künftig zu meinem Altare. Anstatt der blutigen Opfer<br />

„Weyhet die göldene Zeit zum Flor und Verbreiten der Künste!<br />

„Denket in Stille und Ruh auf Mittel, euch selbst zu beglücken!<br />

„Fröhlichen Sinn, ohne welchen ihr sonst zu Erfindungen schlapp seyd,<br />

„Schlürfet, wie cyprischen Wein, stets aus dem Becher der Weisheit!<br />

„So wird die Frucht eurer Müh, wie der aromathische Weyhrauch, –<br />

„Mir weit heilger, – euch selbst, und auch eu’re Brüder erquicken 1673 .<br />

„Ihr aber, Länder, die ihr die göttliche Wonne genießet,<br />

„Daß ihr Fürsten gehorcht, die meine Bedingniß erfüllen;<br />

„Fürsten, welche den Reiz der bildenden Künste verehren;<br />

„Fürsten, denen das Wohl durch Weisheit gebildeter Staaten,<br />

„Denen das einzelne Glück von meinen Verehrern am Herz liegt,<br />

„Feyrt doch das heutige Fest mit tausendfach größerer Freude!<br />

„Feyert es fünf volle Tag! – Den ersten begeh’ die Familie<br />

„Euers Regenten, zum Ruhm’ des nahe vergötterten Stammes.<br />

„Den Dikasterien sey, wie Priestern, der zweyte Tag heilig!<br />

„Handelnde, Künstler, und Ihr, die nützliche Manufakturen,<br />

„Wie zum Beßten des Herrn, so auch des Landes, betreiben,<br />

„Feyert den Dritten des Fest’s! – Und du, gemeinnützliches Landvolk!<br />

„Heil’ge den Vierten für Den, Dem du deine Güter verdankest!<br />

„Jugend! beschließe die Fey’r, und schick’ die unschuldigen Bitten<br />

„Für Deines Fürsten und Staats nie zu unterbrechendes Wohlseyn<br />

„Um so brünst’ger zu uns, je mehr wir diejenigen lieben,<br />

„<strong>Die</strong> schon in euere Seel den Saamen von unserer Ehre,<br />

„In der wir erst das Gefühl von unserer Gottheit genießen,<br />

„Väterlich streu’n! – So wird (glaub mir es, geheiligtes Volke!)<br />

1666<br />

„Denn wenn sich die Opferthiere nicht willig führen ließen, hielten sie es für eine üble Vorbedeutung. Senec. Oedip. Vers 337. seqq.<br />

Daher führten sie dieselben an längern Stricken, damit es nicht scheine, als würden sie gezwungen geführet.“<br />

1667<br />

„Agone? – So rief der Schlachter öfter, eh’ er die Schlachtung vornahm. Serv. ad. Virg. Æneid. II. Ovid. Fast. I. 321. &c.“<br />

1668<br />

„Minerva wurde auch für die Göttinn des Krieges und der Waffen gehalten. Virg. Æneid. II. 425.“<br />

1669<br />

„Weil auf demselben das schlangenhaarigte Haupt der Höllengöttinn Medusa gemalet war. Virg. Æneid. VIII. 435.“<br />

1670<br />

„Ibid. I. 42.“<br />

1671<br />

„Minerva wurde auch Pallas genennet. Serv. ad Virg. Æneid. I. 39.“<br />

1672<br />

„Der Oelbaum ist ein Sinnbild des Friedens und der Milde.“<br />

1673<br />

„Alle diese Anwendungen spielen auf die obbeschriebenen Opfergebräuche der Heyden an.“


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten<br />

„Ja, so wird mir fürwahr ein derley einziger Festtag<br />

„Fröher als tausende seyn: Ich ruh’ im sichern Olympus;<br />

„Steinerne Gottheit theit allein, ohne Vortheil meiner Verehrer,<br />

„Will ich, und werd ich nie seyn. Wer wahrhaft Götter verehret,<br />

„Ehrt sie nur dann, wenn er sich auch ihren Gesinnungen nähert:<br />

„Und dem, so dieses thut, schenkt nach uns die erste Verehrung!“<br />

Himmel! – Wie wird mir! Wo bin ich? – Auf einmal verschwindet die Scene!<br />

Tempel und Göttinn, die Priester und Opfer, und Volke verlier ich;<br />

Und erwach an dem Tag, wo viel hievon eh’mal geschahe;<br />

Wo es nun nicht mehr geschieht: Doch ich sah dieses im Traume,<br />

Hörte Minervens Ermahnung, und hört sie am Tage Josephens,<br />

Den zween Fürsten begeh’n, bey Denen Minervens Gemälde<br />

Vollkommen eintrift. Glückliche Fügung, ich kenn’ deine Winke!<br />

Fürstenberg, Hechingen! Hört! und leset sie nochmal, die Schild’rung!<br />

– Nicht nur ein einzelnes Herz schlägt väterlich für unser Beßtes;<br />

Eidam und Schwäher theilen die Sorgen fürs Wohl Ihrer Länder:<br />

Und zu dem heilsamen Zwecke schmilzen auch Mutter und Tochter<br />

Ihre gemeinsame Liebe hinzu: Zwo Mütter der Länder.<br />

O so stehet mit mir, ihr doppelt beglü beglückete Staaten!<br />

Flehet mit vollem Vertrau’n zum gütigen Gotte der Christen:<br />

„Schenk Sie uns Beyde noch lang, die weis weis- und erhabenen Fürsten,<br />

Denen das endlose Wohl Ihrer Länder Ihr einziges Glück ist!<br />

Hauch deinen weisesten Geist, wie bisher, in Ihre Gesetze!<br />

Brenne das Feu’r deiner Lieb’, nach der Sie uns immer regierten,<br />

In Ihre Herzen, – die du als Väter verordnetest, tief ein!<br />

Stete Gesundheit laß’ Sie in Ihren Geschäften ermuntern!<br />

Segne (du segnest ja gern) o segne doch Ihre Bemühung!<br />

Segne, du Herrscher her der Welt, zugleich auch den zärtlichen Einfluß<br />

Unserer Mütter, den Sie zu diesen Bemühungen haben!<br />

Laß Sie die Früchte davon im Glück Ihrer Länder genießen!<br />

Weisheit beseele Sie stets! Sie beseel auch den Untherthan! Denn nur<br />

Jene sind Länder des Glücks, s, wo Fürst und Unterthan weis sind.<br />

Lasse den heutigen Tag mit so einer seligen Wonne,<br />

<strong>Die</strong> der unsrigen gleicht, o Gott, uns noch lange begehen!<br />

Und wenn endlich der Tod uns alle zur Ewigkeit hinruft,<br />

Sey dieser festliche Tag noch lang den Durchleuchtesten Häusern<br />

Unserer Fürsten, – er sey noch unsern Nachkömmlingen heilig!“<br />

<strong>Seite</strong> 235


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 236<br />

Erläuterungen zu „Minervens letztes Fest“<br />

Abkürzungen und Begriffe<br />

&c........................................ etc., usw.<br />

ad ......................................... zu<br />

cl. ........................................ citato loco ‚am angeführten Ort’<br />

Dikasterien .......................... altgr. Gerichtshöfe; in der römisch-katholischen Kirche die mit der Leitung beauftragten<br />

Zentralbehörden der Kurie.<br />

Eidam .................................. Schwiegersohn<br />

et plures alii ......................... und andere mehr<br />

ibi ........................................ dort<br />

ibid. .................................... ibidem ‚ebenda’<br />

Invita, vel crassa Minerva aliquid facere ... Der Satz wird gewöhnlich in der verkürzten Form Invita Minerva<br />

zitiert und bedeutet ‚gegen den Willen Minervas’, im übertragenen Sinne ‚etwas<br />

ohne entsprechende Veranlagung tun’ 1674 .<br />

Schwäher ............................. Schwiegervater (auch Schwager)<br />

sed vid. ibi cl. ..................... aber man sehe dort nach am angeführten Ort<br />

seqq. ................................... sequentes ‚die folgenden (<strong>Seite</strong>n)’<br />

vid. ..................................... videatur ‚man sehe nach’<br />

Verzeichnis der Autoren und Literatur<br />

Arist. .................................. vermutlich Aristarchos von Samothrake (gr. Philologe; 217-145 v. Chr.) 1675 :<br />

kommentierte griechische Dichter, besonders Homer; oder dessen Lehrer<br />

Aristophanes von Byzanz (gr. Philologe, 204–189 v. Chr.) 1676 .<br />

Bentlejum ............................ Bentley, Richard (britischer Philologe, 1662-1742) 1677 : ein Kenner der antiken<br />

Metrik und Meister historischer und literarischer Kritik; seine 1711 erschienene<br />

Horaz-Ausgabe 1678 galt bis ins 19. Jahrhundert hinein als die beste seiner Zeit.<br />

Cic. Famil. .......................... Cicero, Marcus Tullius (römischer Politiker, Redner und Philosoph; 106-43 v. Chr.):<br />

Epistolae ad familiares ‚Briefe an seine Freunde’.<br />

Eurip. Iphig. in Aul. ........... Euripides (gr. Tragiker; ca. 485-406 v. Chr.): Iphigenie in Aulis (Tragödie).<br />

Fest. .................................... Festus, Sextus Pompeius (römischer Grammatiker; 2. Jh.), verfasste einen Auszug<br />

aus dem lexikographischen Werk des Verrus Flaccus mit wichtigen Informationen<br />

über die ältere lat. Sprache und altrömische Einrichtungen 1679 : Epitoma de verborum<br />

significatu.<br />

Hom. Iliad. ......................... Homer (gr. Dichter; 8. Jh. v. Chr.): Ilias (Epos).<br />

Horat. de arte ....................... Horaz (Quintus Horatius Flaccus, römischer Dichter; 65-8 v. Chr.): De arte poetica<br />

‚Über die Dichtkunst’ (aus dem 2. Buch der Episteln).<br />

Horat. Od. ........................... Horaz: Oden (1. Buch, 12. Kapitel: Roms Götter und Helden).<br />

Juven. ................................. Juvenalis, Decimus Iunius (römischer Redner und Dichter; ca. 60-128): Saturae<br />

‚Satiren’.<br />

Lactant. ad Stat. Theb. ....... Lactantii Placidi in Statii Thebaida commentum ‚Lactantius Placidus: Kommentar<br />

zu Thebais von Statius’ (Neuausgabe: Stuttgart, Leipzig 1997).<br />

Liv. ..................................... Livius, Titus (römischer Geschichtsschreiber; ca. 59 v. Chr. - 17 n. Chr.): Ab urbe<br />

condita ‚Von der Gründung der Stadt an’ (Römische Geschichte in 142 Büchern).<br />

Lucian. Deor. Dial. ............. Lukian (Lucianus, gr. Schriftsteller; ca. 120-180): Theōn dialogoi ‚Göttergespräche’<br />

(Kapitel 8: Minervens Geburt aus Jupiters Haupt).<br />

Ovid. Amor. ....................... Ovid (Publius Ovidius Naso, römischer Dichter; 43 v. Chr. - ca. 17 n. Chr.): Amores<br />

‚Liebeselegien’.<br />

Ovid. Fast. .......................... Ovid: Fasti (Fastorum libri) ‚<strong>Die</strong> Fasten’ (groß angelegte Erklärung des römischen<br />

Festkalenders sowie damit verknüpfter Sagen, Namen und Kultbräuche).<br />

Plut. Coriol. ........................ Plutarchos (gr. Philosoph und Historiker; ca. 46-120): Coriolanus, aus: Bioi<br />

Parallēloi ‚Parallelbiographien’.<br />

Propert. ............................... Properz (Sextus Propertius, römischer Elegiendichter; ca. 50-16 v. Chr.).<br />

Senec. Oed. / Oedip. ........... Seneca der Jüngere, Lucius Annaeus (römischer Dichter und philosophischer<br />

Schriftsteller; ca. 4 v. Chr. - 65 n. Chr.): Oedipus (Tragödie).<br />

1674<br />

Zoozmann: Der Zitatenschatz der Weltliteratur, 523.<br />

1675<br />

<strong>Die</strong> Angaben zu den Autoren und Werken stammen überwiegend aus: Meyerscout 2003; Moormann / Uitterhoeve: Lexikon der antiken<br />

Gestalten, XIII-XXI.<br />

1676<br />

Wegen der Vielzahl antiker Autoren, deren Name mit Arist. beginnt, lässt sich Bredelins Angabe nicht mit Sicherheit bestimmen.<br />

1677<br />

Classic Encyclopedia, s. v. Richard Bentley (Scholar).<br />

1678<br />

Zu Bentleys Horaz-Ausgabe siehe: Horatius (Bentley); Bartholomew: Richard Bentley, 45-50 Nr. 149-163.<br />

1679 dtv-Lexikon V, 279.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 237<br />

Serv. ad Virg. Æneid. ......... Servius Maurus Honoratus (antiker Vergil-Philologe; 360-420): Commentarius in<br />

Vergilii Aeneida ‚Kommentar zu Vergils Aeneis’.<br />

Stat. Theb. .......................... Statius, Publius Papinius (römischer Dichter; ca. 40-96): Thebais (Zug der Sieben<br />

gegen Theben; Epos).<br />

Tibull. ................................. Tibull (Albius Tibullus, römischer Elegien-Dichter; ca. 50-17 v. Chr.).<br />

Virg. Æneid. ....................... Vergil (Publius Vergilius Maro, römischer Dichter; 70-19 v. Chr.): Aeneis<br />

(Nationalepos der Römer in 12 Büchern).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten<br />

5.4.5. <strong>Die</strong>s Iræ mit lateinischem und deutschem Texte<br />

Lateinische Textfassung<br />

1. <strong>Die</strong>s iræ, dies illa<br />

solvet seclum in favilla,<br />

teste David cum Sibilla.<br />

2. Quantus tremor est futurus,<br />

quando judex est venturus,<br />

cuncta stricte discusurus.<br />

3.Tuba mirum spargens sonum,<br />

per sepulchra regionum,<br />

coget omnes ante thronum.<br />

4. Mors stupebit et natura,<br />

cum resurget creatura,<br />

judicanti responsura.<br />

5. Liber scriptus proferetur,<br />

in quo totum continetur,<br />

unde mundus judicetur.<br />

6. Judex ergo cum sedebit,<br />

quidquid latet, apparebit,<br />

nil inultum remanebit.<br />

7. Quid sum miser tunc c dicturus?<br />

quem patronum rogaturus,<br />

cum vix justus sit securus?<br />

8. Rex tremendæ majestatis,<br />

qui salvandos salvas gratis,<br />

salva me, fons pietatis.<br />

Notenbeispiel 21: Georg Anton Bredelins „<strong>Die</strong>s Iræ“<br />

9. Recordare, Jesu pie,<br />

quod sum causa tuæ viæ,<br />

ne me perdas illa die.<br />

[18.] Lacrimosa dies illa,<br />

qua resurget ex favilla,<br />

judicandus homo reus.<br />

Deutsche Textfassung<br />

1. Schreckenstag und Trauer Stunde,<br />

da die Erd’ im Feuerschlunde<br />

glühen wird nach Davids Munde.<br />

2. Welch ein Zittern und Erbeben!<br />

wird im Glanz der Richter schweben,<br />

streng zu sichten aller Leben!<br />

3. Der Posaune Schall wird klingen,<br />

und durch ferne Grüfte dringen,<br />

Alle vor den Thron zu zwingen!<br />

4. Tod, Natur, ihr sehet bebend<br />

das Geschöpf der Gruft entschwebend,<br />

Rechenschaft dem Richter gebend.<br />

5. Gottes Buch wird aufgeschlagen,<br />

treu enthält es eingetragen ragen<br />

jede That aus diesen Tagen.<br />

[16.] Tief zerknirscht im Staube wende<br />

ich zu dir mein Herz, o spende,<br />

spend, o Gott! ein selig’s Ende.<br />

<strong>Seite</strong> 238


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 239<br />

6. Übersichten<br />

6.1. Narrenväter der Freien Narrenzunft Wolfach<br />

Bis etwa 1890 war der Begriff des Narrenvaters noch nicht genau gefasst, deshalb lässt sich vor dieser Zeit auch<br />

keine definitive Liste angeben. Meist wurden zu jener Zeit alle Mitglieder des Närrischen Comités, das die<br />

<strong>Fasnet</strong> organisierte, als Narrenväter bezeichnet.<br />

vor 1860 Johann Armbruster, Herrengartenwirt und Schiffer 1680<br />

um 1865 Theodor Armbruster (1815-1898), Seifensieder<br />

um 1870 Heinrich Ruf, Schützenwirt und Bierbrauer<br />

1880-1888 Max Armbruster 1681 , Hechtenwirt<br />

1889-1890 Vinzenz Springmann 1682 , Löwenwirt<br />

1891-1894 Johann Georg Straub (1849-1911) 1683 , Ochsenwirt und Dekorationsmaler<br />

1895-1896 Rudolf Neef, Adlerwirt<br />

1897-1902 Adolf Gißler, Fruchthändler<br />

1903-1908 Anton Gißler, Fruchthändler (Vater seines Vorgängers)<br />

1908-1910 Rudolf Neef<br />

1911-1929 Friedrich Schmidt († 1948), Blechnermeister, 1931 zum Ehrennarrenvater ernannt<br />

1929-1945 Erwin Haas (1896-1974), Industriekaufmann<br />

1948-1949 Georg Straub (1882-1959) 1684 , Glasmaler<br />

1950-1958 Erwin Haas 1685<br />

1959-1979 Erich Steinhauser sen. 1686 , Kreisamtmann<br />

1980-1991 Albert Wöhrle (1922-2004) 1687 , Dörlebeck 1688 , Bäckermeister, 1991 zum Ehrennarrenvater ernannt<br />

1991-2002 Heiner Oberle 1689 , Friseurmeister<br />

2002-2004 Werner Armbruster 1690 , Diplom-Betriebswirt<br />

seit 2004 Hubert „Vitus“ Kessler<br />

6.2. Wohlaufsänger<br />

19. Jh. Vinzenz Springmann, Löwenwirt und Narrenvater<br />

ab 1903 Anton Gißler, Fruchthändler und Narrenvater 1691<br />

1920-1931 Albert Schmider (1879-1957), Bahnhofwirt<br />

1932-1971 Rudolf Blattner (1898-?), Schuhmachermeister<br />

1972 Rudolf „Thedörle“ Armbruster (1910-1996), Lebensmittelkaufmann<br />

1973-1990 Walter Schmider, Zollamtmann<br />

1991 Hubert Kiefer, Automateneinrichter 1692<br />

1680 Bericht im ANK 11 (1960-01-01).<br />

1681 Liste der Narrenväter von 1881 bis 1995 nach Schrempp, O.: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 42.<br />

1682 Bericht im ANK 18 (1967-02-03).<br />

1683 Straubs Spitzname lautete Scherbenschorsch, weil er sich sehr für die Geschichte seiner Heimatstadt interessierte.<br />

1684 Zur Wahl Straubs zum Narrenvater siehe Schmider, W.: Narrogeist vor 50 Jahren wiedergeboren. – Sein Vater war Johann Georg Straub,<br />

der von 1891-1894 amtierte.<br />

1685 In der Narrenversammlung am 7.1.1950 wurde Haas auf Vorschlag von Georg Straub wieder zum Narrenvater gewählt. Nach seinem<br />

Rücktritt ernannte ihn die Narrenzunft am 7.1.1959 zum ersten und bis heute einzigen Präsidenten der Narrenzunft auf Lebenszeit. Bis<br />

1959 war es üblich, dass der Narrenvater von der Narrenkapelle an seinem Haus abgeholt und zu den Narrenversammlungen begleitet<br />

wurde.<br />

1686 An der <strong>Fasnet</strong> 1958 war Steinhauser stellvertretender Narrenvater. Nach dem Rücktritt von Narrenvater Haas leiteten bis zum Aschermittwoch<br />

1959 Erich Steinhauser, Engelbert Belli und Fritz Baur die Zunft in einem Triumvirat. Bericht im ANK 11 (1960-01-01). Zum<br />

neuen Narrenvater gewählt wurde Steinhauser am 11.11.1959. Von 1975 bis 1987 war Steinhauser Präsidialmitglied der VSAN als Vertreter<br />

der Landschaft Schwarzwald, seit 1987 ist er Ehrenpräsidialmitglied auf Lebenszeit. – Vgl. Steinhauser: 20 Jahre „Narrevadder<br />

zue Wolva“; Kovac: Verdienste nicht nur um die <strong>Fasnet</strong> erworben.<br />

1687 An der <strong>Fasnet</strong> 1980 leitete Wöhrle die Zunft zunächst kommissarisch, gewählt wurde er am 23.10.1980. – Zu Wöhrles Verdiensten um<br />

die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> siehe: Zwei <strong>Die</strong>nst-Jubilare im kl. Narrenrat; Abschied von Ehrennarrenvater Albert Wöhrle; Nachruf im<br />

Narrenblättle 35 (2005).<br />

1688 Beim Dörlebeck ‚Bäcker am Tor’ in der Vorstadtstraße 33 befand sich bis zum Stadtbrand 1762 das untere Vorstadttörle. Disch: Chronik<br />

Wolfach, 190. – <strong>Die</strong> Dörlebecks lassen sich bis 1606 namentlich zurückverfolgen. Das Dörlebeck-Haus fiel 1995 der Vorstadtsanierung<br />

zum Opfer. Auf dem Grundstück wurde 1997 eine Grünanlage angelegt, das auf Vorschlag von Gemeinderat Franz Armbruster nach<br />

Bürgermeister Gottfried Moser benannte Mosermättle. <strong>Die</strong> offizielle Taufe des Platzes durch Narrenvater Heiner Oberle im Beisein des<br />

Namengebers mit viel Freibier und einem eigenen Straßenschild fand nach der Elfemess am Schmutzige Dunnschtig 1998 statt. Bericht<br />

im Schwabo vom 20.2.1998.<br />

1689 Zur Wahl und Amtszeit Oberles siehe Wöhrle, A.: Wolfach hat einen neuen Narrevadder; Laudatio auf den „alten“ Narrenvadder.<br />

1690 Armbruster trat nach zweijähriger Amtszeit aus beruflichen Gründen am 14.4.2004 überraschend zurück. Bericht im Schwabo vom<br />

20.4.2004. – Bis zur Wahl eines neuen Narrenvaters am 29.6.2004 übernahm Narrenrat Wilfried Schuler kommissarisch das Amt des<br />

Narrenvaters.<br />

1691 Von Gißlers Wohlaufgesang 1903 existiert eine phonographische Aufnahme, siehe Müller, V.: Tondokumente über die <strong>Wolfacher</strong><br />

<strong>Fasnet</strong>.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 240<br />

1992-1998 Walter Schmider<br />

seit 1999 Roland Schamm, Glasermeister<br />

6.3. Nasezuganführer<br />

bis 1939 Rudolf Schmidt (1902-1976), Blechnermeister<br />

1949-1959 Josef Krausbeck (1909-2000), Textilkaufmann<br />

1960 Walter Schmider, Zollamtmann<br />

1961 Josef Krausbeck<br />

1962-1990 Walter Schmider<br />

1991 offiziell ausgefallen 1693<br />

1992-2000 Walter Schmider<br />

seit 2001 Wilfried Schuler, Lehrer<br />

6.4. Träger des Blechernen Wohlaufordens am silbernen Kettlein<br />

1954 Erwin Haas (1896-1974)<br />

1956 Georg Straub (1882-1959)<br />

1960 Hermann Armbruster (1893-1977)<br />

1960 Otto Schmidt (1898-1977)<br />

1964 Engelbert Belli (1899-1969)<br />

1968 Rudolf Blattner (1898-?)<br />

1968 Albert Sandfuchs (1903-1980)<br />

1971 Josef Krausbeck (1909-2000)<br />

1980 Erich Steinhauser sen.<br />

1984 Ewald Fritsch 1694<br />

1988 Walter Schmider<br />

1992 Werner Lorenz 1695<br />

1992 Raimund Schuler (1919-2000) 1696<br />

1992 Albert Wöhrle (1922-2004)<br />

1997 Norbert „Messing“ Jehle<br />

2000 <strong>Die</strong>ter Buss<br />

2008 Franz Storz 1697<br />

6.5. Dirigenten der Stadt- und Narrenkapelle<br />

1808-1834 Anton Lueger, Oberamtsassessor († 1834) 1698<br />

1834-1849 Sebastian Moser, Kupferschmied<br />

1849-1867 Lehrer Dufner, Aktuar Schmid, Friedrich Armbruster, Bürgermeister († 1903)<br />

1867-1870 Leopold Hamburger, Oberlehrer (1824-1870)<br />

1870-1900 Florian Schmider, Textilkaufmann (1846-1903)<br />

1900-1908 Josef Fuchsschwanz, Wirt zum Herrengarten (1867-1931)<br />

1908-1914 Albert Schmider, Bahnhofwirt (1879-1957)<br />

1914-1925 Josef Fuchsschwanz<br />

1925-1934 Albert Schmider<br />

1934-1945 Engelbert Belli, Schumachermeister (1899-1969)<br />

1945-1951 Albert Schmider<br />

1951-1952 Eugen Lang, Finanzbeamter<br />

1952-1967 Engelbert Belli<br />

1967-1969 Alfred Oberfell (1921-2002), Interimsdirigent<br />

1969-1980 Günther Belli, Vermessungstechniker<br />

1980-1991 <strong>Die</strong>ter Küstler, Dirigent, Musiklehrer (1953-1996)<br />

1991-1993 Stephan Alletsee, Dirigent 1699<br />

1993-1994 Christoph Schillinger (Interimsdirigent)<br />

1994-1996 <strong>Die</strong>ter Küstler<br />

1692<br />

Bei der offiziell abgesagten <strong>Fasnet</strong> 1991 gab es einen wilden Wohlauf, bei dem etwa 35 Narren mitmachten und der Wohlaufsänger<br />

Hubert Kiefer in einem Leiterwagen von <strong>Die</strong>ter Buss um die Stadt gezogen wurde.<br />

1693<br />

Bei der offiziell abgesagten <strong>Fasnet</strong> 1991 gab es einen wilden Nasezug, bei dem Schmider nicht als Anführer auftrat.<br />

1694<br />

Über ihn vgl. Wöhrle, A.: Erwin Fritsch.<br />

1695<br />

Über ihn vgl. Zwei <strong>Die</strong>nst-Jubilare im kl. Narrenrat.<br />

1696<br />

Über ihn vgl. Kovac: Mit Humor und Witz den Narren verschrieben.<br />

1697<br />

Über ihn vgl. Buchholz: Hebamme, Vater und Kindskopf in einem.<br />

1698<br />

Verzeichnis nach: 175 Jahre Stadtkapelle Wolfach, passim.<br />

1699<br />

Zum Amtsantritt und zur überraschenden Kündigung von Alletsee nach nur zwei Jahren siehe Berichte im Schwabo vom 4.10.1991, 12.<br />

und 18.5.1993.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 241<br />

seit 1997 Joachim „Jo“ Riester<br />

6.6. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>spiele<br />

1803 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill 1700<br />

1836 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

1840 ........ <strong>Die</strong> Jungfrau von Orléans, frei nach Schiller<br />

1848 ........ Krähwinkler Landsturm (abgesagt wegen Revolutionsgefahr 1701 )<br />

1849 ........ Don Quijote und Sancho Pansa<br />

1858 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill 1702<br />

1862 ........ Wampum, genannt die große Schlange, oder: Siegestanz des Indianerstammes der Papuaner nach<br />

einem Kampfe mit den Engländern 1703<br />

1865 ........ Der Munderkinger Landsturm 1704<br />

1866 ........ Belagerungsmanöver bei Munderkingen<br />

1867 ........ Schellementig: Grünwinkler Jahrmarkt; <strong>Fasnet</strong>zieschtig: Eine Dorfschulmeisterei (große Oper in 4<br />

Akten von Wanzenhirn und Bettstollenkratzer) 1705<br />

1869 ........ Hanswursteltanz (es nahmen 150 Harlekine teil)<br />

1871 ........ Kein Festspiel (Deutsch-Französischer Krieg)<br />

1873 ........ Schellementig: Luftballonfahrt des Prinzen Karneval; <strong>Fasnet</strong>zieschtig: Schützenfest in Nudelhausen<br />

1875 ........ Kein Festspiel<br />

1881 ........ Krautskopfhausener Jahrmarkt<br />

1882 ........ Wampum, die große Schlange (siehe 1862)<br />

1883 ........ Kein Festspiel<br />

1884 ........ Cirkus Cervantes<br />

1885 ........ Große närrische Galavorstellung der weltberühmten pudelnärrischen Künstlergesellschaft Schonko am<br />

Konko in Klein-Poppo 1706<br />

1886-87 ... Kein Festspiel<br />

1888 ........ Belagerung und Erstürmung der Burg Lichtenstein, frei nach Wilhelm Hauff<br />

1889 ........ Jagdzug des Grafen Walter von Hohengeroldseck anno Domini 1264 1707<br />

1890 ........ Volksfest mit Jahrmarkt von Zipfelkapphausen 1708<br />

1892 ........ Schellementig: <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill 1709 ; <strong>Fasnet</strong>zieschtig: Eine schwäbische Dorfschulmeisterei<br />

aus dem 17. Jahrhundert<br />

1893 ........ Kein Festspiel<br />

1897 ........ Wallensteins Lager, frei nach Schiller<br />

1898 ........ Jagdzug des Grafen Walter von Hohengeroldseck anno Domini 1264<br />

1899 ........ Kein Festspiel<br />

1900 ........ Wallensteins Lager<br />

1901-03 ... Kein Festspiel<br />

1904 ........ Jagdzug des Grafen Walter von Hohengeroldseck anno Domini 1264 (wegen Sudelwetter und orkanartigem<br />

Wind ausgefallen 1710 )<br />

1905 ........ Jagdzug des Grafen Walter von Hohengeroldseck anno Domini 1264 1711<br />

1906-07 ... Kein Festspiel<br />

1909 ........ Großes Volksfest mit Vergnügungs- und Schießbuden und dem Anflug des LZ I vom Luftschiff-<br />

Flottenverein Wolfachshafen<br />

1910 ........ Internationaler Sängerwettstreit<br />

1911 ........ Großes Künstler- und Spezialitätentheater Strandelli<br />

1912 ........ Manöver des Weiberregiments<br />

1913 ........ Der Munderkinger Landsturm<br />

1914 ........ Zier-Kuss Hagenbeck<br />

1915-23 ... Kein Festspiel<br />

1700<br />

Textbuch im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/12. – Verzeichnis der <strong>Fasnet</strong>spiele von 1803 bis 2002 basiert auf Schrader:<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder, 195-197 (mit einzelnen Fehlern); siehe auch: <strong>Wolfacher</strong> Fastnachtsspiele einst und heute.<br />

1701<br />

Schrader: 1848/49, 328.<br />

1702<br />

Textbuch im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/13.<br />

1703<br />

Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/30.<br />

1704<br />

Handschriftlicher Text in Krausbeck, J. A.: Liedersammlung.<br />

1705<br />

Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/29.<br />

1706<br />

Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/28.<br />

1707<br />

Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/313.<br />

1708<br />

Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/312.<br />

1709<br />

Textbuch und Festspielplakat im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/14; 1989/27.<br />

1710<br />

Klein: Das romantische Festspiel.<br />

1711<br />

Eine Beschreibung des Festspieles sowie eine Fotografie des am Festzug teilnehmenden Galawagens des Markgrafen von Baden findet<br />

sich im Führer durch Wolfach und Umgebung, 6f.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 242<br />

1924 ........ Schellenmontagsgala Vorstellung des Zirkus Futsch<br />

1925 ........ Großes Volksfest mit Vergnügungs- und Schießbuden<br />

1926 ........ ?<br />

1927 ........ Völkertagung am Hofe Graf Konrad des Durstigen<br />

1928 ........ <strong>Die</strong> Eroberung der Burg Wolva durch Graf Stephan<br />

1929 ........ Internationales Musikfest<br />

1930 ........ Das <strong>Wolfacher</strong> Schützenfest<br />

1931 ........ ein Festspiel, in dem u.a. die Weibermühle dargestellt wurde 1712<br />

1932 ........ Kein Festspiel<br />

1933 ........ <strong>Die</strong> Befreiung der Freude oder <strong>Die</strong> geraubte Braut<br />

1934 ........ Zirkus Wohlauf<br />

1935 ........ Der Krach im Mond<br />

1936 ........ Wolfach als Kurstadt im Jahr 2000<br />

1937 ........ Der Narrogeist im Faß<br />

1938 ........ Weltflughafeneröffnung<br />

1939 ........ Der Weiberstreit<br />

1940-48 ... Kein Festspiel<br />

1949 ........ <strong>Die</strong> Neugeburt des Narrogeistes<br />

1950 ........ Weltkongreß der verruckten Völker und vereinten Nationen<br />

1951 ........ Der Heiratsmarkt<br />

1952 ........ Kurzfassung der Weibermühle (Georg Straub) 1713 , Große närrische Olympiade<br />

1953 ........ <strong>Die</strong> Befreiung der Freude<br />

1954 ........ Kein Festspiel (Festzug: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalten)<br />

1955 ........ Fliegende Untertassen landen in Wolfach<br />

1956 ........ Groß-Varieté „Schnuppdiwupp“ (wegen großer Kälte in der Schlosshalle)<br />

1957 ........ Uranfunde in Wolfach? 1714<br />

1958 ........ Der Narrogeist im Faß (wegen Regens ausgefallen)<br />

1959 ........ Der Narrogeist im Faß<br />

1960 ........ 1003 Nächte. <strong>Die</strong> Tochter des Maharadscha<br />

1961 ........ Weltmeisterschaften, Sporttypen aus aller Welt<br />

1962 ........ Der Tanz ums Goldene Kalb<br />

1963 ........ Der Narrogeist im Faß<br />

1964 ........ Närrisches Tanzfestival<br />

1965 ........ Wilhelm Busch<br />

1966 ........ <strong>Die</strong> Befreiung der Freude<br />

1967 ........ Internationaler Musiker-Wettstreit<br />

1968 ........ Närrisches Spiel ohne Grenzen<br />

1969 ........ Lachendes Wolfach, NFW (Närrischer Fernsehsender Wolfach) – Live-Show<br />

1970 ........ Brunnen- und Dammfest: <strong>Wolfacher</strong> Jahrmarktsrummel; Einweihung des Narrenbrunnens<br />

1971 ........ Invasion auf dem Narrenplaneten Wolva<br />

1972 ........ Wilder Westen in Wolfach<br />

1973 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

1974 ........ Römer in Wolfe<br />

1975 ........ Brunnen- und Dammfest<br />

1976 ........ <strong>Die</strong> Befreiung der Freude<br />

1977 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

1978 ........ Räder in Wolfach<br />

1979 ........ Märchenzauber<br />

1980 ........ Brunnen- und Dammfest: Opern und Operetten<br />

1981 ........ Jahrmarkt<br />

1982 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

1983 ........ <strong>Die</strong> Befreiung der Freude<br />

1984 ........ Forscher- und Erfinderkongreß<br />

1985 ........ Brunnen- und Dammfest: 901 Jahre Luftschnabber in Wolfe<br />

1986 ........ Opern- und Operettenparade<br />

1987 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill (Festzugthema: Närrische Jubiläen)<br />

1988 ........ Manege frei – Närrisches Varieté<br />

1712 Foto der Aufführung in: Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern [2003], 122.<br />

1713 Straub: „<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripsdrill“.<br />

1714 Das Festspielthema nimmt Bezug auf die Uranfunde im Witticher Bergbaurevier, die 1951 im Hamburger Nachrichtenmagazin „Der<br />

Spiegel“ und 1957 in der Wochenzeitung „<strong>Die</strong> Zeit“ für bundesweite Schlagzeilen sorgten. Uran im Gestein; Steinert: Auf der Jagd nach<br />

Uran.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 243<br />

1989 ........ Klappe auf in Wollywood<br />

1990 ........ Brunnen- und Dammfest: Brunnen- und andere Geister<br />

1991 ........ Närrische Berufe (ausgefallen wegen Golfkrieg)<br />

1992 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill (Festzugthema: Mühlen – Versionen und Visionen)<br />

1993 ........ Wolympische Spiele<br />

1994 ........ Närrische Statt-Planung<br />

1995 ........ 180 zünftige Jahre<br />

1996 ........ Brunnenfest 25+1 Jahre Narrenbrunnen mit Dammfestspiel um die Gunst der Brunnenfee<br />

1997 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill (Festzugthema: Närrischer Jahrmarkt und Trödelei)<br />

1998 ........ Tohuwabohu im All<br />

1999 ........ Vom U(h)rsprung zum Narrensprung<br />

2000 ........ Brunnenfest mit Dammfestspiel „<strong>Die</strong> ganze Welt gratuliert zum 30. Geburtstag des Narrenbrunnens“<br />

2001 ........ Närrisches Wettrennen um den Graf-Konrad-Ring<br />

2002 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill (Festzugthema: Närrische Miss-Gestalten)<br />

2003 ........ Udilhilt Jungfrau von Wolva<br />

2004 ........ Auf der Suche nach Wolantis<br />

2005 ........ Brunnenfest mit Dammfestspiel „Brunnen- und andere Märchen“<br />

2006 ........ Karl-May-Festspiele von Bad Wolfeberg: Winnetou und die Kuh der Hatschipu<br />

2007 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

2008 ........ Bairisches Volkstheater<br />

2009 ........ Da wo die <strong>Fasnet</strong> magisch wird (<strong>Die</strong> Magie der Narretei)<br />

2010 ........ Närrischer Tanztee<br />

2011 ........ De Wibergrabe<br />

2012 ........ <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill<br />

6.7. Besuche bei Nachbarzünften am <strong>Fasnet</strong>sunntig<br />

1974 ........ Hausach<br />

1975 ........ Halbmeil<br />

1976 ........<br />

1977 ........ Hausach<br />

1978 ........ Oberwolfach<br />

1979 ........ Steinach<br />

1980 ........ Halbmeil<br />

1981 ........ Oberwolfach<br />

1982 ........ Hausach<br />

1983 ........ Halbmeil<br />

1984 ........ Oberwolfach<br />

1985 ........ Hausach<br />

1986 ........ Halbmeil<br />

1987 ........ Oberwolfach<br />

1988 ........ Hausach<br />

1989 ........ Halbmeil<br />

1990 ........ Hausach<br />

1991 ........ Hornberg (ausgefallen wegen Golfkrieg)<br />

1992 ........ Zell a. H.<br />

1993 ........ Oberwolfach<br />

1994 ........ Halbmeil<br />

1995 ........ Schiltach<br />

1996 ........ Hausach<br />

1997 ........ Zell a. H.<br />

1998 ........ Schwenningen<br />

1999 ........ Steinach<br />

2000 ........ Oberwolfach<br />

2001 ........ Hornberg<br />

2002 ........ Haslach i. K.<br />

2003 ........ Hausach<br />

2004 ........ Oberwolfach<br />

2005 ........ Hornberg<br />

2006 ........ Gengenbach<br />

2007 ........ Zell a. H.<br />

2008 ........ Oberwolfach<br />

2009 ........ Hausach


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 244<br />

2010 ........ Steinach<br />

6.8. <strong>Wolfacher</strong> Gastwirtschaften und Cafés<br />

Name Adresse 1715 seit bis Anmerkung<br />

Adler Vorstadtstraße 42 alter Zeit - hieß von 1997 bis 2003 La Lucania 1716<br />

Alibaba, Bistro Hauptstraße 12 2001 - vormals Edy’s Grill<br />

Alter Simpel Vorstadtstraße 44 1993 - zeitweise geschlossen<br />

Badhotel siehe Funkenbad<br />

Badsaal siehe Funkenbad<br />

Bahnhof Bahnhofstraße 14 1876 1977 von 1977 bis 1996 als Hotel garni betrieben<br />

1717<br />

Bolero Kinzigstraße 10 2000 2004 vormals Herrengarten, nun Petra’s Inn<br />

Café am Tor Hauptstraße 49 1979 1990 vormals Milchbar; geschlossen<br />

Café Armbruster Hauptstraße 13 1921 1999 vormals Konditorei Neef / Armbruster; nun<br />

Café Waidele<br />

Café Schmidt 1718 Hauptstraße 32 1928 1974 geschlossen<br />

Café Stöhr 1719 Vorstadtstraße 23 1904 < 1966 geschlossen<br />

Café Waidele Hauptstraße 13 2000 - vormals Café Armbruster<br />

Café Zürcher Zienestraße 8 1961 < 1966 umbenannt in Waldblick<br />

Dolce Vita Event House Hauptstraße 34 2008 - vormals Vangelis und Tiffany<br />

Edy’s Grill Hauptstraße 12 1979 2000 umbenannt in Alibaba<br />

Engel Vorstadtstraße 30 alter Zeit 1882 geschlossen; seit 1892 Engelschulhaus 1720<br />

Flößerpark (Bistro Café) Am Mühlengrün 1 2004 -<br />

Forelle Vorstadtstraße 57 ? 1877 umbenannt in Löwen<br />

Fortuna Hauptstraße 8 19. Jh. - von 1981 bis 1985 geschlossen<br />

Funkenbad Funkenbadstraße 7 1595 1938 umbenannt in Kurgartenhotel 1721<br />

Grüner Baum Hauptstraße 20 1803 1990 geschlossen<br />

Hecht Hauptstraße 51 alter Zeit 1722 -<br />

Herrengarten Kegeltreff Kinzigstraße 10 1838 - entstanden aus der Herrengarten-Kegelbahn<br />

Herrengarten Kinzigstraße 10 1731 2000 umgebaut zu Bolero / La Brasserie<br />

Herrengarten Kinzigstraße 10 2004 - vormals La Brasserie<br />

Hirsch Vorstadtstraße 48 alter Zeit 1919 Gebäude 1988 abgerissen 1723<br />

Hula-Bar siehe Weinstube Decker<br />

Konditorei Armbruster Hauptstraße 13 1888 1923 umbenannt in Café Armbruster<br />

Konditorei Neef Hauptstraße 13 1861 1888 umbenannt in Konditorei Armbruster<br />

Kranz Vorstadtstraße 54 19. Jh. 1969 vormals Lamm, Gebäude 1970 abgerissen<br />

1724<br />

Kreuz Hauptstraße 18 1775 - 2001 und 2006-2007 geschlossen 1725<br />

Krone Hauptstraße 33 1715 1726 -<br />

Kurgartenhotel Funkenbadstraße 7 1938 - bis 1969 mit Café und Restaurant, danach<br />

nur noch als Kurhotel genutzt 1727<br />

1715 Zur Lage der Straßen im Stadtplan siehe: Wolfach. Oberwolfach. Ortsplan.<br />

1716 Der „Adler“ gehört neben dem „Engel“, dem „Roten Löwen“ und dem „Ochsen“ zu jenen Gastwirtschaften in der Vorstadt, die nach den<br />

vier Evangelisten Johannes (symbolisiert durch den Adler), Matthäus (Engel), Markus (Löwe) und Lukas (Stier) benannt wurden und<br />

deshalb vermutlich auch die ältesten, bereits im 12. Jahrhundert entstandenen Wirtschaften in Wolfach sind. Mitteilung von J. Krausbeck<br />

vom 20.2.1995, nach Angaben von Adolf Nauwerck. – Zu den Evangelisten und ihren Symbolen siehe Kamp: Leben der Heiligen, 232,<br />

530, 584, 724. – Zur Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> Gastwirtschaften siehe Disch: Chronik Wolfach, 101-133.<br />

1717 Der letzte Bahnhofwirt Hermann Busch (1911-1996) war verheiratet mit Hildegard Schmider (1920-2005), der Tochter des Wohlaufsängers<br />

Albert Schmider. Der „Bahnhof“ diente nach der Umwandlung in ein Hotel garni lange Jahre als Vereinslokal für den Clube<br />

Português.<br />

1718 In dem Gebäude befand sich seit 1600 der „Behrbeck“, von 1777 bis 1928 der „Fischerbeck“. Konditormeister Otto Schmidt machte aus<br />

der Bäckerei 1928 eine Konditorei mit Café. (<strong>Die</strong>se Jahreszahlen sind in einem in ein Fenster des Cafés zur Kirchstraße hin eingelassenen<br />

Bild verzeichnet.)<br />

1719 Das Café Stöhr wurde von Konditormeister Rolf Stöhr (1921-1991) geleitet.<br />

1720 Der „Engel“ wurde 1882 geschlossen und an die Stadt verkauft, die darin nach dem Brand des alten Schulhauses neben dem Rathaus<br />

1892 vorübergehend die Volksschule unterbrachte; seither trägt das Gebäude den Namen Engelschulhaus. Bis zum Neubau der Realschule<br />

1976 wurde das Gebäude noch für einzelne Grundschulklassen benutzt. Disch: Chronik Wolfach, 124, 336.<br />

1721 Zur Geschichte des Funkenbads siehe Schrempp, O.: Wolfach – Fremdenverkehrsort mit Tradition.<br />

1722 Zur Geschichte des „Hechts“ siehe Schrempp, H.: „Hecht“ fünfzig Jahre in Familienbesitz.<br />

1723 Das Gebäude des „Hirschs“ fiel 1988 der Vorstadtsanierung zum Opfer. Zur dessen Geschichte siehe Schrempp, O.: Häuser und<br />

Menschen, 23f. – Eine chronologische Übersicht zur Vorstadtsanierung findet sich in: Wolfach zeigt sich in neuem Glanz, 19-21.<br />

1724 Zur Geschichte des „Kranzes“ siehe: Der „Kranz“ wird abgebrochen.<br />

1725 Zur Geschichte des „Kreuzes“ siehe Sandfuchs, A.: Das Gasthaus „Zum Kreuz“.<br />

1726 Zur Geschichte der „Krone“ siehe Schrempp, H.: <strong>Die</strong> „Krone“ am <strong>Wolfacher</strong> Marktplatz; Sandfuchs, A.: Hotel „Krone“ begeht<br />

250jähriges Bestehen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 245<br />

La Brasserie Kinzigstraße 10 2000 2002 vor- und nachmals Herrengarten<br />

La Lucania Vorstadtstraße 42 1997 2003 vor- und nachmals Adler<br />

Lamm Vorstadtstraße 54 alter Zeit 19. Jh. umbenannt in Kranz<br />

Löwen siehe Roter Löwen<br />

Löwen Vorstadtstraße 57 1877 - vormals Forelle<br />

Milchbar Hauptstraße 49 > 1945 1978 umbenannt in Café am Tor<br />

Ochsen Vorstadtstraße 25 alter Zeit 1979 geschlossen, vormals Roter Ochsen<br />

Petra’s Inn Kinzigstraße 10 2004 - vormals Bolero / Herrengarten<br />

Pizzeria bei Pietro Zienestraße 8 ? 1985 vor- und nachmals Waldblick; ursprünglich<br />

Café Zürcher<br />

Ratsstube Hauptstraße 30 < 1929 1959 vormals „Zum Lustigen Bruder“ 1728 ; geschlossen<br />

Roter Löwen Vorstadtstraße 50 alter Zeit 1835/40 umbenannt in Zähringer Hof<br />

Salmen Hauptstraße 34 1648 -<br />

Schlupfwinkel Hauptstraße 7 1984 -<br />

Schütte Hauptstraße 1 1810 1939 geschlossen 1729<br />

Schützen Vorstadtstraße 45 ? 1894 am Schützeneck 1730 ; geschlossen<br />

Schützenstübchen Vorstadtstraße 39 > 1945 -<br />

Siedlerbahnhof siehe Zähringer Hof (neu)<br />

Sonne Hauptstraße 24 alter Zeit 1889 geschlossen 1731<br />

Straßburger Hof Saarlandstraße 12 1750 1732 -<br />

Stube (im Rathaus) Hauptstraße 41 alter Zeit 1867 geschlossen 1733<br />

Tiffany Hauptstraße 34 1971 1990 nachmals Treffpunkt, Vangelis, Dolce Vita<br />

Eventhaus<br />

Treffpunkt Hauptstraße 34 1990 1999 vormals Tiffany, nachmals Vangelis, Dolce<br />

Vita Eventhaus<br />

Vangelis Hauptstraße 34 2000 2007 nachmals Dolce Vita Eventhaus<br />

Waldblick Zienestraße 8 < 1966 - vormals Café Zürcher; hieß zeitweise<br />

Pizzeria bei Pietro<br />

Weinstube Decker Schlossstraße 1 ? ? im Volksmund „Hula-Bar“ genannt; geschlossen<br />

1734<br />

Zähringer Hof (alt) Vorstadtstraße 50 1835/40 1909 vormals Roter Löwen, 1909 in Vorstadtstraße<br />

100 verlegt; das Gebäude hieß dann<br />

Alter Zähringer; 1988 abgerissen 1735<br />

Zähringer Hof (neu) Vorstadtstraße 100 1909 1999 im Volksmund „Siedlerbahnhof“ genannt<br />

1736 ; siehe auch Roter Löwen<br />

Zum Lustigen Bruder Hauptstraße 30 1835 < 1929 zwischen 1920 und 1929 umbenannt in<br />

Ratsstube 1737<br />

6.9. <strong>Die</strong> in der Herrschaft Wolfach regierenden Grafen und Fürsten von Fürstenberg<br />

6.9.1. Regierungszeiten<br />

1280-1296 Friedrich I. Graf von Fürstenberg 1738<br />

1296-1305 Udilhilt von Wolva, Gräfin von Fürstenberg (Tochter von Friedrich von Wolva (erwähnt<br />

1263-1280), Witwe von Friedrich I.)<br />

1305-1337 Heinrich II. Graf von Fürstenberg (Sohn von Friedrich I.)<br />

1337-1365 Johann I. Graf von Fürstenberg (Sohn von Heinrich II.)<br />

1727 Zur Geschichte des Kurgartenhotels siehe Schrempp, O.: Das Kurgartenhotel.<br />

1728 <strong>Die</strong> Ratsstube wurde 1959 zum Modehaus Kühn umgebaut.<br />

1729 Zur Geschichte der Schütte siehe: <strong>Die</strong> Schütte geschlossen.<br />

1730 Haus Krausbeck an der Ecke Kirch- und Vorstadtstraße.<br />

1731 <strong>Die</strong> „Sonne“ war ursprünglich Eigentum der Grafen von Fürstenberg und gilt als ältestes Wirtshaus in Wolfach. Zu deren Geschichte<br />

siehe Disch: Chronik Wolfach, 107f.; Sandfuchs, A.: <strong>Die</strong> Herberge zur Sonne.<br />

1732 Zur Geschichte des „Straßburger Hofs“ siehe Sandfuchs, A.: Vom Gutshof zum Stadtteil.<br />

1733 Zur Geschichte der „Stube“ im alten Rathaus, das 1892 abbrannte, siehe Disch: Chronik Wolfach, 108-116.<br />

1734 In der Zunftballnacht 2002 wurde die Hula-Bar von einer der Zunftballgruppen für einige Stunden wiederbelebt. An der <strong>Fasnet</strong> 2006<br />

reaktivierten die Musloch-Singers die Hula-Bar mit großem Erfolg am <strong>Fasnet</strong>fritig, zum Zunftball am <strong>Fasnet</strong>samschtig sowie am<br />

Schellementig unter dem Motto Beschdof Musloch-Singers.<br />

1735 Das Gebäude des „Roten Löwen/Alten Zähringers“ fiel 1988 der Vorstadtsanierung zum Opfer. Zur dessen Geschichte siehe Sandfuchs,<br />

A.: 50 Jahre neuer „Zähringerhof“; Schrempp, O.: Häuser und Menschen, 24.<br />

1736 Im „Zähringer Hof“ kehrten viele Bewohner der seit 1937 entstandenen Siedlung bei der Weihermatte ein.<br />

1737 Zum „Lustigen Bruder“ siehe Anmerkung 944.<br />

1738 Regierungszeiten und Lebensdaten nach: Europäische Stammtafel V, Tafeln 10-19; Tumbült: Das Fürstentum Fürstenberg, Fürstenbergische<br />

Stammtafel; Disch: Chronik Wolfach, passim.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 246<br />

1365-1367 Heinrich III. Graf von Fürstenberg (Sohn von Heinrich II.)<br />

1367-1398 Heinrich IV. Graf von Fürstenberg (Sohn von Heinrich III.)<br />

1398-1407 Konrad und Heinrich V. Grafen von Fürstenberg (Söhne von Heinrich IV.)<br />

1407-1419 Konrad Graf von Fürstenberg <br />

1419-1432 Heinrich V. und Egen I. Grafen von Fürstenberg (Söhne von Heinrich IV.; als<br />

Vormünder von Heinrich VI.)<br />

1432-1490 Heinrich VI. Graf von Fürstenberg (Sohn von Konrad)<br />

1490-1506 Wolfgang Graf von Fürstenberg (Enkel von Heinrich V.)<br />

1506-1540 Elisabeth von Solms, Gräfin von Fürstenberg (Witwe von Wolfgang)<br />

1540-1547 Wilhelm Graf von Fürstenberg (Sohn von Wolfgang)<br />

1547-1559 Friedrich II. Graf von Fürstenberg (Sohn von Wolfgang)<br />

1559 Christoph I. Graf von Fürstenberg (Sohn von Friedrich II.)<br />

1559-1580 Heinrich VIII. und Joachim Grafen von Fürstenberg (Söhne von Friedrich II.; als<br />

Vormünder von Albrecht I.)<br />

1580-1599 Albrecht I. Graf von Fürstenberg (Sohn von Christoph I.)<br />

1599-1609 Christoph II. Graf von Fürstenberg (Sohn von Albrecht I.)<br />

1609-1631 Wratislaus I. Graf von Fürstenberg (Sohn von Albrecht I.)<br />

1631-1635 Egon Graf von Fürstenberg (Urenkel von Friedrich II.; als Vormund von Albrecht II.<br />

(1616-1640))<br />

1635-1642 Wratislaus II. Graf von Fürstenberg (Sohn von Christoph II.)<br />

1642-1655 Friedrich Rudolf Graf von Fürstenberg (Sohn von Christoph II.)<br />

1655-1681 Maximilian Franz Landgraf von Fürstenberg (Sohn von Friedrich Rudolf)<br />

1681-1704 Prosper Ferdinand Landgraf von Fürstenberg (Sohn von Maximilian Franz)<br />

1704-1724 Anton Maria Friedrich Landgraf von Fürstenberg (Sohn von Maximilian Franz)<br />

1724-1762 Joseph Wilhelm Ernst Fürst von Fürstenberg (Sohn von Prosper Ferdinand)<br />

1762-1783 Joseph Wenzel Fürst von Fürstenberg (Sohn von Joseph Wilhelm Ernst)<br />

1783-1796 Joseph Maria Benedikt Fürst von Fürstenberg (Sohn von Joseph Wenzel)<br />

1796-1804 Karl Joachim Fürst von Fürstenberg (Sohn von Joseph Wenzel)<br />

1804-1806 Karl Egon II. Fürst von Fürstenberg (Urenkel von Joseph Wilhelm Ernst)


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 247<br />

6.9.2. Genealogische Daten<br />

0. Friedrich I. Graf von Fürstenberg (1280-1296)<br />

† 1296<br />

∞ vor 19.12.1291<br />

01. Udilhilt von Wolva (1296-1305); Tochter<br />

von Friedrich von Wolva (erwähnt 1263-<br />

1280)<br />

† 1305<br />

----------<br />

a. Heinrich II. Graf von Fürstenberg (1305-1337)<br />

† 14.12.1337<br />

∞ vor 05.02.1308<br />

a1. Verena von Freiburg, Erbin von Wartenberg<br />

und Hausach<br />

† 25.12.1320<br />

----------<br />

aa. Johann I. Graf von Fürstenberg (1337-1365)<br />

† 1365<br />

∞ 08.08.1348<br />

aa1. Johanna von Signau<br />

† nach 1358<br />

ab. Heinrich III. Graf von Fürstenberg (1365-1367)<br />

† 1367<br />

∞<br />

ab1. Anna von Montfort<br />

† 27.10. nach 1373<br />

----------<br />

aba. Heinrich IV. Graf von Fürstenberg (1367-<br />

1398)<br />

† 1408<br />

∞ 2) vor 15.06.1372<br />

aba1. Sophie von Zollern<br />

† 29.03. nach 1427<br />

----------<br />

abaa. Heinrich V. Graf von Fürstenberg (1398-<br />

1407 zusammen mit Konrad; 1419-1432 zusammen<br />

mit Egen als Vormund für Heinrich VI.<br />

)<br />

† 1441<br />

∞ 3) vor 14.03.1429<br />

abaa1. Elisabeth von Lupfen<br />

† 1437<br />

abab. Konrad Graf von Fürstenberg (1398-1419, bis<br />

1407 zusammen mit seinem Bruder Heinrich<br />

V.)<br />

† 1418/1419<br />

∞ (1412)<br />

abab1. Adelheid von Zweibrücken-Bitsch<br />

† nach 01.10.1452<br />

----------<br />

ababa. Heinrich VI. Graf von Fürstenberg<br />

(1432-1490)<br />

† 30.11.1490 im Schloss Ortenberg<br />

o-o<br />

ababa1. Margareta Kiefer; Bürgerstochter<br />

aus Wolfach<br />

----------<br />

ababaa. Christoph Fürstenberger, erwähnt ab<br />

1475, von ca. 1514 bis 1519 Amtmann<br />

für die fürstenbergische Hälfte der<br />

Landvogtei Ortenau, 1521 wird er als<br />

Obervogt des Grafen Wilhelm für<br />

dessen Teil der Baar erwähnt 1739<br />

ababab. Hans Fürstenberger, erwähnt 1480-<br />

1489<br />

ababac. Heinrich Fürstenberger, erwähnt<br />

1485-1489<br />

----------<br />

abac. Egen I. Landgraf in der Baar (1419-1432<br />

zusammen mit Heinrich V. als Vormund für<br />

Heinrich VI. )<br />

† 18./22.07.1449<br />

----------<br />

abaaa. Konrad II. Landgraf in der Baar (regierte<br />

nicht in der Herrschaft Wolfach)<br />

† 24.04.1484<br />

∞ vor 24.02.1462<br />

abaaa1. Kunigunde Vögtin von Matsch<br />

† 18./19.05.1469<br />

----------<br />

abaaaa. = A. Wolfgang Graf von Fürstenberg<br />

(1490-1506)<br />

* 01./03.04.1465<br />

† 31.12.1509 im Schloss Ortenberg<br />

∞ 30.09.1488 in Heidelberg?<br />

A.1. Elisabeth von Solms (1506-1540)<br />

* 21.10.1469<br />

† 24.08.1540<br />

----------<br />

A.a. Wilhelm Graf von Fürstenberg (1540-1547)<br />

* 07.01.1491<br />

† 21.08.1549 in Ortenberg<br />

∞ 22.10.1505 in Héricourt<br />

A.a1. Bonne de Neufchâtel<br />

* (1480)<br />

† (13).05.1515<br />

A.b. Friedrich II. Graf von Fürstenberg (1547-<br />

1559)<br />

* 19.06.1496 in Wolfach<br />

† 08.03.1559<br />

∞ 19.02.1516 in Ortenberg<br />

A.b1. Anna von Werdenberg<br />

† 1554<br />

----------<br />

A.ba. Christoph I. Graf von Fürstenberg (1559)<br />

* 24.08.1534<br />

† 17.08.1559 in Heiligenberg<br />

∞ 02./06.01.1556 in Tettnang<br />

A.ba1. Barbara Gräfin von Montfort<br />

† 02.12.1592<br />

1739 Asch: Verwaltung und Beamtentum, 334.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 248<br />

A.bb. Heinrich VIII. Graf von Fürstenberg (1559-<br />

1580; zusammen mit seinem Bruder Joachim als<br />

Vormund für Albrecht I. )<br />

* 09.09.1536<br />

† 12.10.1596 im Kloster Amtenhausen<br />

∞ 31.03.1560<br />

A.bb1. Amalie zu Solms-Lich<br />

* 10.09.1537<br />

† 18.06.1593<br />

A.bc. Joachim Graf von Fürstenberg (1559-1580;<br />

zusammen mit seinem Bruder Heinrich VIII. als<br />

Vormund für Albrecht I. )<br />

* 25.01.1538<br />

† 21.10.1598<br />

∞ 09.02.1562<br />

A.bc1. Anna Gräfin von Zimmern<br />

† 25.02.1602<br />

----------<br />

A.bca. Friedrich von Fürstenberg (regierte nicht<br />

in der Herrschaft Wolfach)<br />

* 09.05.1563<br />

† 08.08.1617 in Dresden<br />

∞ 1) 10.09.1584<br />

A.bca1. Elisabeth Gräfin von Sulz<br />

* 22.01.1568<br />

† 24.04.1601<br />

----------<br />

A.bcaa. Egon von Fürstenberg (1631-1635<br />

Vormund von Albrecht II. )<br />

* 21.03.1588<br />

† 24.08.1635 in Konstanz<br />

----------<br />

A.baa. Albrecht I. Graf von Fürstenberg (1580-<br />

1599)<br />

* 15.03.1557<br />

† 13.09.1599 in Prag<br />

∞ 31.08.1578 in Prag<br />

A.baa1. Elisabeth Freiin von Pernstein<br />

*<br />

† 31.08.1610<br />

----------<br />

A.baaa. Christoph II. Graf von Fürstenberg (1599-<br />

1609)<br />

* 16.11.1580 in Blumberg<br />

† 05.01.1614<br />

∞ 1600<br />

A.baaa1. Dorothea Freiin von Sternberg<br />

*<br />

† 12.06.1633<br />

A.baab. Wratislaus I. Graf von Fürstenberg (1609-<br />

1631)<br />

* 31.01.1584 in Prag<br />

† 10.07.1631 in Wien<br />

∞ 2) 07.03.1615<br />

A.baab1. Katharina Livia de la Vierda Tiera<br />

*<br />

† 01.07.1627<br />

----------<br />

A.baaba. Albrecht II. Graf? von Fürstenberg<br />

* 1616<br />

† 18.10.1640 vor Hohentwiel<br />

----------<br />

A.baaaa. Wratislaus II. Graf von Fürstenberg<br />

(1635-1642)<br />

* 1600<br />

† 27.05.1642 in Neufra<br />

A.baaab. Friedrich Rudolf Graf von Fürstenberg<br />

(1642-1655)<br />

* 23.04.1602<br />

† 26.10.1655 in Datschitz<br />

∞ 27.02.1631<br />

A.baaab1. Maria Maximiliana von Pappenheim<br />

*<br />

† 16.10.1635<br />

----------<br />

A.baaaba = AA. Maximilian Franz Landgraf von<br />

Fürstenberg (1655-1681)<br />

* 12.05.1634<br />

† 24.10.1681 in Straßburg<br />

∞ 15.05.1656<br />

AA.1. Maria Magdalena von Bernhausen<br />

*<br />

† 26.02.1702<br />

----------<br />

AA.a. Anton Maria Friedrich Landgraf von<br />

Fürstenberg (1704-1724)<br />

* 03.08.1661<br />

† 28.01.1724 in Salzburg<br />

AA.b. Prosper Ferdinand Landgraf von Fürstenberg<br />

(1681-1704)<br />

* 12.09.1662<br />

† 21.11.1704 vor Landau<br />

∞ 30.11.1690<br />

AA.b1. Sophie Gräfin von Königsegg-<br />

Rothenfels<br />

* 23.07.1674<br />

† 15.05.1727<br />

----------<br />

AA.ba. Joseph Wilhelm Ernst Fürst von Fürstenberg<br />

(1724-1762)<br />

* 12.01.1699<br />

† 29.04.1762 in Wien<br />

∞ 1) 06.06.1723<br />

AA.ba1. Maria Anna Gräfin von Waldstein und<br />

Wartenberg<br />

* 22.02.1707<br />

† 12.11.1756 in Wien<br />

----------<br />

AA.baa. Joseph Wenzel Fürst von Fürstenberg<br />

(1762-1783)<br />

* 21.03.1728 in Prag<br />

† 02.06.1783 in Donaueschingen<br />

∞ 21.07.1748<br />

AA.baa1. Maria Josepha Gräfin von Waldburg<br />

zu Trauchburg<br />

* 30.03.1731<br />

† 07.05.1782<br />

AA.bab. Karl Egon I. von Fürstenberg<br />

* 07.05.1729 in Prag<br />

† 11.07.1787 in Prag<br />

∞ 25.06.1753<br />

AA.bab1. Maria Josepha Gräfin von Sternberg<br />

* 24.06.1735<br />

† 16.01.1803 in Prag


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 249<br />

----------<br />

AA.baba. Karl Joseph Aloys von Fürstenberg<br />

(regierte nicht in der Herrschaft Wolfach)<br />

* 26.06.1760<br />

† 25.03.1799 in Liptingen<br />

∞ 04.11.1790 in Prag<br />

AA.baba1. Elisabetha Alexandrina<br />

Prinzessin von Thurn und Taxis<br />

* 30.11.1767 in Regensburg<br />

† 21.07.1822<br />

----------<br />

AA.babaa. Karl Egon II. Fürst von Fürstenberg<br />

(1804-1806)<br />

* 28.10.1796 in Prag<br />

† 22.10.1854 in Bad Ischl<br />

∞ 19.04.1818<br />

AA.babaa1. Amalie Christine Karoline<br />

Prinzessin von Baden<br />

* 26.01.1795<br />

† 14.09.1869<br />

----------<br />

AA.baaa. Joseph Maria Benedikt Fürst von<br />

Fürstenberg (1783-1796)<br />

* 09.01.1758<br />

† 24.06.1796 in Donaueschingen<br />

∞ 15.01.1778<br />

AA.baaa1. Maria Antonia Anna Eleonore<br />

Prinzessin von Hohenzollern-Hechingen<br />

* 10.11.1760<br />

† 25.07.1797 in Donaueschingen<br />

AA.baab. Karl Joachim Fürst von Fürstenberg<br />

(1796-1804)<br />

* 31.03.1771<br />

† 17.05.1804<br />

∞ 11.01.1796 in Wien<br />

AA.baab1. Karoline Sophie Landgräfin zu<br />

Fürstenberg<br />

* 20.08.1777<br />

† 25.02.1846


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 250<br />

7. Verzeichnisse<br />

7.1. Abkürzungen und Zeichen<br />

Abb. ........................ Abbildung<br />

ADB ........................ Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 1-56. Berlin 1875-1912 1740 .<br />

ae. ............................ altenglisch (bis etwa 1100)<br />

ahd. ......................... althochdeutsch (bis etwa 1100)<br />

alem. ....................... alemannisch<br />

an. ............................ altnordisch (älteste Stufe des Skandinavischen)<br />

ANK ........................ Amtliches Nachrichtenblatt für das obere Kinzigtal, Ausgabe Wolfach. Wolfach 1949-<br />

1969. Offenburg 1969-1983<br />

Bach-Magazin ......... Bach-Magazin. Hg. vom Bach-Archiv Leipzig. Leipzig 2003ff.<br />

Bd. .......................... Band<br />

Blickpunkt Kinzig ... „Blickpunkt Kinzig“. Das Mitteilungsblatt für die Gemeinden Loßburg, Alpirsbach,<br />

Schenkenzell, Schiltach, Wolfach und Oberwolfach. Oberndorf / Neckar 2007ff. [Monatliche<br />

Beilage des Schwabo]<br />

Bulletin .................... Bulletin. Geschichte und Geschichten um Wolfach und Oberwolfach. Hg. vom<br />

Historischen Verein für Mittelbaden, Ortsgruppe Wolfach / Oberwolfach e.V. Wolfach<br />

1998ff.<br />

Bürger-Info ............. Bürger-Info. Amtliches Mitteilungsblatt der Stadt Wolfach sowie der Gemeinden Oberwolfach<br />

und Bad Rippoldsau-Schapbach. Offenburg 1999ff. [Nachfolger des MBW]<br />

BWV ....................... Schmieder, W.: Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke Johann<br />

Sebastian Bachs.<br />

DM .......................... Deutsche Mark (deutsche Währung bis zum 31.12.2001; 1 DM ≈ 0,51 €, offizieller<br />

Wechselkurs 1 € = 1,95583 DM)<br />

DVA ........................ Deutsches Volksliedarchiv Freiburg<br />

€ .............................. Euro (europäische Währung ab dem 1.1.2002; 1 € = 1,95583 DM)<br />

EASMES ................. Early American Secular Music and Its European Sources.<br />

ebd. ......................... ebenda, am gleichen Ort (bei Lebensdaten)<br />

EKK ........................ Evangelisch-katholischer Kommentar zum Neuen Testament.<br />

engl. ......................... englisch<br />

f. f. / F. F. ................ fürstlich-fürstenbergisch(er)<br />

fl .............................. Florin ‚Gulden’, 1 fl = 60 kr; hatte im 18. Jahrhundert einen ungefähren Wert von 63 € 1741<br />

fnhd. ........................ frühneuhochdeutsch (etwa 1350-1650)<br />

frz. ........................... französisch<br />

germ. ....................... germanisch<br />

got. ......................... gotisch (älteste erhaltene germanische Sprache)<br />

gr. ............................ griechisch<br />

hg. / Hg. .................. herausgegeben / Herausgeber<br />

idg. ......................... indogermanisch<br />

ital. .......................... italienisch<br />

IWF ......................... Institut für den wissenschaftlichen Film / IWF Medien und Wissen gGmbH Göttingen 1742<br />

Jh. ............................ Jahrhundert<br />

Konradsblatt ............ Konradsblatt. Wochenzeitung für das Erzbistum Freiburg. Karlsruhe 1917ff.<br />

kr ............................. Kreuzer, 60 kr = 1 fl, hatte im 18. Jahrhundert einen ungefähren Wert von 1,05 € 1743<br />

Kurier ...................... Kurier. Kinzigtal-Wochenzeitung. Lahr 2011ff.<br />

lat. ........................... lateinisch<br />

MBW ...................... Mitteilungsblatt Stadt Wolfach, Gemeinde Oberwolfach, Gemeinde Bad Rippoldsau-<br />

Schapbach. Offenburg 1983-1999. (Nachfolger des ANK)<br />

MFA ........................ Mitteilungen aus dem Fürstlich Fürstenbergischen Archive. Bd. 1: 1510-1559. Tübingen<br />

1894; Bd. 2: 1560-1617. Tübingen 1902.<br />

MGG ....................... <strong>Die</strong> Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Unter Mitarbeit<br />

zahlreicher Musikforscher des In- und Auslandes herausgegeben von Friedrich<br />

Blume. Elektronische Ausgabe der ersten Auflage (1949-1986). Digitale Bibliothek Bd. 60.<br />

CD-ROM. Berlin 2001.<br />

1740<br />

Der Volltext der ADB ist im Internet frei zugänglich auf der <strong>Netz</strong>seite http://www.deutsche-biographie.de/ (13.1.2011).<br />

1741<br />

Wolff: Johann Sebastian Bach, 578.<br />

1742<br />

Das Institut wurde zum 31.12.2010 geschlossen. http://www.iwf.de (13.1.2011).<br />

1743<br />

Wolff: Johann Sebastian Bach, 578.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 251<br />

MGG ( 2 Finscher)..... <strong>Die</strong> Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Begründet<br />

von Friedrich Blume. 2., neu bearbeitete Ausgabe hg. von Ludwig Finscher. Bd. 1-26 in<br />

zwei Teilen. Kassel 1994ff.<br />

mhd. ....................... mittelhochdeutsch (etwa 1100-1350)<br />

mlat. ........................ mittellateinisch (Latein des Mittelalters)<br />

mnd. ........................ mittelniederdeutsch (älteres Niederdeutsch)<br />

N. N. ........................ lat. nomen nescio ‚den Namen weiß ich nicht’ 1744<br />

NDB ........................ Neue Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen<br />

Akademie der Wissenschaften. Berlin 1953ff. 1745<br />

nhd. ......................... neuhochdeutsch (seit etwa 1650)<br />

o. J. ......................... ohne Jahr (bei Literaturangaben)<br />

<strong>Die</strong> Ortenau ............. <strong>Die</strong> Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden. Offenburg.<br />

OT ........................... Offenburger Tageblatt. Schwarzwald Zeitung. Ausgabe Kinzigtal. Offenburg 1950ff.<br />

prov. ........................ Provenzialisch<br />

RISM ....................... Répertoire International des Sources Musicales (Internationales Quellenlexikon der Musik).<br />

http://www.rism.info/. Internet, 17.1.2011.<br />

s. u. .......................... siehe unten<br />

s. v. ......................... sub verbo ,unter dem Stichwort’<br />

Schwabo .................. Schwarzwälder Bote. Ausgabe B4 Kinzigtal. Oberndorf / Neckar 1951ff.<br />

SDR ......................... Süddeutscher Rundfunk Stuttgart<br />

SWF ........................ Südwestfunk Baden-Baden<br />

SWR ........................ Südwestrundfunk Stuttgart Baden-Baden<br />

u. a. .......................... unter anderem; und andere<br />

VSAN ...................... Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte e.V.<br />

Wolftal-Journal ....... Wolftal-Journal. Mit Veranstaltungs- und Freizeit-Tipps. Bad Rippoldsau-Schapbach.<br />

Oberwolfach. Wolfach. Hg. von den Gewerbevereinen Wolfach, Oberwolfach und Bad<br />

Rippoldsau-Schapbach<br />

WOM ...................... WOM. <strong>Die</strong> große Wochenzeitung. Kostenlos verteiltes Anzeigenblatt für die Region<br />

Kinzigtal und Offenburg. Ausgabe OG2. Offenburg 2003ff.<br />

* .............................. bezeichnet vor einem Wortansatz eine schriftlich nicht überlieferte, aber mit Notwendigkeit<br />

zu erschließende Form<br />

* .............................. geboren (bei Personen)<br />

[!] ............................ sic! ‚so!’; weist bei Zitaten auf eine ungewöhnliche Schreibung eines Wortes hin.<br />

^............................... bezeichnet über einem Vokal die Länge<br />

¯ .............................. bezeichnet über einem Vokal die Länge<br />

< .............................. entstanden aus; bei Zeitangaben: vor<br />

> .............................. wird zu; bei Zeitangaben: nach<br />

† .............................. gestorben (bei Personen)<br />

∞ .............................. verheiratet (bei Personen)<br />

7.2. Quellenverzeichnis<br />

In den Anmerkungen wird auf die hier verzeichnete Literatur mit dem Familiennamen des Autors und einem<br />

Kurztitel verwiesen 1746 . Das Verzeichnis ist alphabetisch sortiert, wobei Artikel sowie der Adelstitel von bei der<br />

Sortierung unberücksichtigt bleiben (auch bei fremdsprachlichen Werken). Zahlen zu Beginn eines Titels sind<br />

als Zahlwort unter dem entsprechenden Buchstaben zu finden („100“ entspricht „hundert“). Werke mit mehr als<br />

zwei Autoren sind unter ihrem Sachtitel eingeordnet, Herausgeber werden grundsätzlich dem Titel nachgestellt.<br />

Bei mehr als zwei Verlagsorten wird nur der erste genannt. Bei einer unselbstständigen Veröffentlichung ist das<br />

Hauptwerk, in dem diese erschien, gewöhnlich in das Verzeichnis als eigener Eintrag aufgenommen, auf den mit<br />

einem Kurztitel verwiesen wird. In eckigen Klammern stehen Ergänzungen zu Autoren und Titeln, außerdem<br />

gelegentlich Schlagwörter zum Inhalt, falls der Originaltitel, insbesondere bei Zeitungsberichten, nicht aussagekräftig<br />

ist. Bei seltenen Werken und Manuskripten ist meist auch der Standort angegeben. Bei Internetquellen ist<br />

nach der <strong>Netz</strong>adresse das Datum angegeben, an dem diese zuletzt genutzt wurde. <strong>Netz</strong>adressen sind blau und<br />

durch Fettdruck hervorgehoben. Satzzeichen, die am Ende einer <strong>Netz</strong>adresse stehen, gehören nicht zur Adresse<br />

selbst.<br />

7.2.1. Quellen A<br />

Abadie, Louis: Saïda de ma jeunesse. Nizza 2004.<br />

1744 Es gibt mehrere Deutungen dieser Abkürzung, sie dient aber jedenfalls zur Kennzeichnung von Namen, die nicht bekannt sind.<br />

1745 Der Volltext der NDB ist bis Band XXII im Internet frei zugänglich auf der <strong>Netz</strong>seite http://www.deutsche-biographie.de/ (13.1.2011).<br />

1746 <strong>Die</strong> Gestaltung der Literaturangaben folgt den Regeln in Derks: Hinweise für Textgestaltung.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 252<br />

Abschied von Ehrennarrenvater Albert Wöhrle. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht. Narrenbote 28<br />

(2004), 68.<br />

Adam, Charles: La guerre d’Italie. Histoire complète des opérations militaires dans la péninsule. Paris 1859 1747 .<br />

Adelung, Johann Christoph: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Elektronische<br />

Volltext- und Faksimile-Edition nach der Ausgabe letzter Hand Leipzig 1793-1801. 2. Auflage. Digitale<br />

Bibliothek Bd. 49. CD-ROM 1748 . Berlin 2 2004.<br />

Airs à Deux Chalumeaux, Deux Trompettes, deux haubois, deux violons, deux flutes, deux clarinettes ou cors de<br />

chasse. The Favorite Short Troop. Hg. von Estienne Roger und Michel-Charles Le Cène. Amsterdam [1716].<br />

(EASMES Nr. W132; Standort: Conservatoire Royale de Musique, Brüssel, 32-5606. Ein Faksimile erschien<br />

1992 in Facsimile Series, IV/4. 1749 )<br />

Aktion „5 Streifen“. Ein voller Erfolg. 17 neue Erwachsene und einige Kinder. In: Narrenblättle 38 (2008).<br />

Alemannische Sagen. Heimelige und unheimliche Geschichten aus Baden, Vorarlberg, der Schweiz und dem<br />

Elsaß. Hg. von Ulf <strong>Die</strong>derichs und Christa Hinze. Frankfurt / Main, Berlin 1987.<br />

Alemannisches Liederbuch. De Hans im Schnoogeloch. Hg. von Franz Schüssele. Friesenheim 4 1996.<br />

Algérie – Bugeaud. http://wiki.geneanet.org/index.php/Algérie_-_Bugeaud. Internet, 13.7.2007.<br />

Alte Klöster, neue Herren. <strong>Die</strong> Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Hg. von Hans Ulrich Rudolf. Ostfildern<br />

2003.<br />

Altes <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lied. Manuskript aus dem Nachlass von Georg Straub. Wolfach o.J.<br />

Althochdeutsches Wörterbuch. Hg. von Rudolf Grosse. Bd. 4: G-H. Leipzig 1986-2002.<br />

Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582 1750 . Hg. von Joseph Bergmann. Stuttgart 1845. In: Deutsche Literatur<br />

von Luther bis Tucholsky, 978-1690.<br />

Ambrosius: Hymni. http://www.fh-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost04/Ambrosius/amb_hy01.htm.<br />

Internet, 9.7.2007.<br />

American Volunteers in the French Foreign Legion, 1914-1917: Henry Weston Farnsworth.<br />

http://www.scuttlebuttsmallchow.com/farnsworth.html. Internet, 15.7.2006.<br />

Annuaire des Titulaires de l’Ordre de la Légion d’Honneur. http://www.legihonneur.org/. Internet, 15.7.2006.<br />

Annuaire militaire de 1851.<br />

http://web.genealogie.free.fr/Les_militaires/France/Annuaires_militaires/Annuaire_militaire_1851.htm.<br />

Internet, 15.7.2006.<br />

Armbruster, August: Das alte <strong>Wolfacher</strong> Rath- und Schulhaus (u. was drum und dran hängt). Historischhumoristische<br />

und charakteristische Beschreibung desselben u. zugleich der Stadt, und Allerlei lustige<br />

Anekdoten aus dem früheren <strong>Wolfacher</strong> Stadtleben. Handschrift im Stadtarchiv Wolfach 1751 . Wolfach 1892-<br />

1895.<br />

L’Armée d’Afrique. Les Zouaves. http://perso.orange.fr/4dmm/les_zouaves.htm. Internet, 16.7.2006.<br />

Army Heritage Collection Online. Hg. von der United States Army. http://www.ahco.army.mil/site/index.jsp.<br />

Internet, 18.7.2006.<br />

ars musica. Ein Musikwerk für höhere Schulen. Bd. IV: Chorbuch für gemischte Stimmen. In Zusammenarbeit<br />

mit Renate Krokisius hg. von Gottfried Wolters. Wolfenbüttel, Zürich o. J.<br />

As tu vu la casquette? http://www.lelutin.com/As-tu-vu-la-casquette.html. Internet, 18.7.2006.<br />

Asch, Ronald: Verwaltung und Beamtentum. <strong>Die</strong> gräflich fürstenbergischen Territorien vom Ausgang des<br />

Mittelalters bis zum schwedischen Krieg 1490-1632. Stuttgart 1986.<br />

Auf nach Wolfach! Dort spielen sie am Rosenmontag „<strong>Die</strong> Altweibermühle von Tripstrill“ des Biberachers<br />

Johann G. [recte Georg Anton] Bredelin. In: Schwäbische Zeitung vom 28.2.1987.<br />

d’Aumale, Henri Eugène d’Orleans duc: Les zouaves et les chasseurs à pied. Esquisses historiques. 2. Auflage.<br />

Paris 1855. http://heureux-qui.com/telepdf/aumale01.html. Internet, 25.6.2007.<br />

Aurbacher, Ludwig: Ein Volksbüchlein. München 1827 / 1829. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky,<br />

36.374-37.150.<br />

Aus dem Leben des Musikdirektors Georg Anton Bredelin (1752-1814). In: Schwäbische Zeitung vom<br />

10.6.1961.<br />

Aus dem Ordensbuch der Freien Narrenzunft Wolfach. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 26 (1996).<br />

Autorinnen und Autoren in Baden-Württemberg. http://www2.karlsruhe.de/Autoren/. Internet, 17.6.2007.<br />

Azan, Paul: Les grands soldats de l’Algérie. Cahiers du Centenaire de l’Algérie IV. Algier 1930. <strong>Netz</strong>ausgabe.<br />

http://aj.garcia.free.fr/Livret4/PageGardeLivret4.htm. Internet, 15.7.2006.<br />

7.2.2. Quellen B<br />

Baader, Bernhard: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851. In:<br />

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 38.008-38.785.<br />

1747 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (30.6.2007).<br />

1748 Digitalisate: http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/adelung/; http://katalog.ub.uni-bielefeld.de/title/1873343. Internet, 10.1.2011.<br />

1749 Der Druck konnte nicht eingesehen werden. <strong>Die</strong> Airs stammen möglicherweise von J. Ph. Dreux.<br />

1750 Der Erstdruck des Liederbuches von 1578 ist verschollen.<br />

1751 Ein zweiteiliger Bericht von Otto Schrempp über die Entstehung der Handschrift erschien im Schwabo vom 12./13.6.1995.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 253<br />

The Bach Cantatas. Hg. von Walter F. Bischof. http://www.cs.ualberta.ca/~wfb/bach.html. Internet, 24.07.2007.<br />

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[Bredelin, Georg Anton]: Weibermühle von Tripstrill, aufgeführt in Wolfach 1892. Wolfach 2 1892. [Museum<br />

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Cinematographica. Göttingen 1978. Publikation von R. W. Brednich. Publikationen zu Wissenschaftlichen<br />

Filmen, Sektion Ethnologie, Serie 9, Nr. 3 / E 2455 (1979).<br />

1755 Falls die Druckversion eines Artikels des Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikons bereits erschienen ist, wird hier auf diese mit<br />

Bandangabe und <strong>Seite</strong>nzahl verwiesen. <strong>Die</strong> jeweils aktuelle Version sowie noch nicht erschienene Artikel sind im Internet unter dem<br />

jeweiligen Stichwort zu finden.<br />

1756 Zu Emil Bischoff (1867-1938) und dessen Hausacher Chronik siehe Bericht im Schwabo vom 21.1.1988.<br />

1757 Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Es wird mehrfach zitiert in Trenkle: Ueber die Musik in den Ortenauischen Klöstern; Klär:<br />

Musikpflege im Kloster Ettenheimmünster. – Zu Böcklin von Böcklinsau siehe Schmider, C.: Der Ruster „Musikbaron“.<br />

1758 Weitere Exemplare befinden sich im Besitz der Buchbinderfamilie Moser und der Familie Straub.<br />

1759 IWF Infothek, http://www.iwf.de/iwf/medien/infothek?Signatur=E+2455 (13.1.2011).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 255<br />

Brednich, Rolf Wilhelm / Simon, Franz: Mitteleuropa, Baden. <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. Film E 2801 des IWF 1760 .<br />

Göttingen 1984. Aufgenommen in die von Hans-Karl Galle hg. Reihe Encyclopaedia Cinematographica.<br />

Publikation von R. W. Brednich. Publikationen zu Wissenschaftlichen Filmen, Sektion Ethnologie, Serie 14,<br />

Nr. 1 / E 2801 (1984).<br />

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Heinrich Eggebrecht und Kurt Oehl. 2. Auflage. Mainz 1995. Digitale Bibliothek Bd. 38. CD-ROM. 2. Ausgabe.<br />

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1760 IWF Infothek, http://www.iwf.de/iwf/medien/infothek?Signatur=E+2801 (13.1.2011).<br />

1761 Brown wird in dem Manuskript als Fife Major of the Fourth Connt Regt. bezeichnet.<br />

1762 Quelle konnte nicht eingesehen werden.<br />

1763 Quelle konnte nicht eingesehen werden.<br />

1764 Quelle konnte nicht eingesehen werden. Repertorium der Werke in Kastner: Manuel général de musique militaire, App. 17.<br />

1765 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (26.6.2007).<br />

1766 Der Aufsatz konnte nicht eingesehen werden.


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1767 Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Es wird erwähnt in Deloncle: La Vie et les Mœurs en Algérie, 88.<br />

1768 Das Buch konnte nicht eingesehen werden; es wird zitiert in: Sonneries et batteries réglementaires.<br />

1769 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (26.6.2007).<br />

1770 Katalog der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek III, 572.<br />

1771 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (30.6.2007).


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Deutsches Volksliedarchiv: Feldforschungsaufnahmen des Deutschen Volksliedarchivs, Mag340. DANOK<br />

Projekt. Online-Ressource. 1 Tonband Altweibermühle, Fastnachtsspiel Ostermontag, Wolfach, Freie<br />

Narrenzunft. Aufnahme nach Fastnacht Mag 340 Nr. 11445 - im Schulhaus. Aufgen. v. <strong>Die</strong>ter Buss, Wolfach<br />

19 cm/sec. Freiburg i. Brsg. 2007. http://pollux.bszbw.de/DB=2.1/CMD?ACT=SRCH&IKT=12&TRM=315910577.<br />

(Digitalisat: http://swbdepot.bszbw.de/dva/danok/danok_audio_archivierungsobjekte/dva_mag340-1.mp3;http://swbdepot.bszbw.de/dva/danok/danok_audio_archivierungsobjekte/dva_mag340-2.mp3.<br />

Internet, 28.8.2011.)<br />

Deutsches Volksliedarchiv: Feldforschungsaufnahmen des Deutschen Volksliedarchivs, Mag191. DANOK<br />

Projekt. Online-Ressource. Tonbandaufnahme vom Tagansingen, Fasnachtsumzug (mit den verschiedenen<br />

Umzugsmärschen) und sonstigem Narrentreiben in Wolfach am 24. und in Rottweil am 26.II.1968.<br />

Aufgenommen von Klaus Roth (DVA); Leitung Dr. R.W. Brednich (DVA). Mag 191, lfde Nrn. 5986 - 6019.<br />

[Zählzeiten entstehen aus Abspielen von Spule 12,5 cm auf Spule 14,5 cm.] Geschw.: 9,5 cm/sec. Ausführende:<br />

1 Tagansinger (Tenor - Bariton); das Fasnachtsvolk mit Schellenkleidung, Blas- bzw. Tuut-<br />

Instrumenten, Schlagzeugen; mehrere Blaskapellen (+ Trommeln u. Pauken): z. B. die Jugendkapelle von<br />

Wolfach mit dem Alt-Jägermarsch (alle Spieler mit weißen Kappen und weißen Gewändern); eine Kapelle<br />

(in roten Gewändern): die Stadtkapelle mit dem Michelismarsch; die Hornbläserkapelle aus Haslach und eine<br />

vierte aus Westdorf? <strong>Die</strong>se und auch die Haslacher Kapelle spielen, wie die <strong>Wolfacher</strong> Stadtkapelle, den<br />

Michelesmarsch. Schließlich noch die Rottweiler Kapelle mit dem Rottweiler Narrenmarsch (26.2.68). Freiburg<br />

i. Brsg. 2007.<br />

http://pollux.bsz-bw.de/DB=2.1/CMD?ACT=SRCH&IKT=12&TRM=315909021. (Digitalisat:<br />

http://swbdepot.bsz-bw.de/dva/danok/danok_audio_archivierungsobjekte/dva_mag191-1.mp3;<br />

http://swbdepot.bsz-bw.de/dva/danok/danok_audio_archivierungsobjekte/dva_mag191-2.mp3. Internet,<br />

28.8.2011.)<br />

Deutschlands erster Fernsehkoch Horst Scharfenberg gestorben. http://www.swr.de/presseservice/archiv/2006/-<br />

/id=1073728/nid=1073728/did=1131518/w4b8v8/index.html. Internet, 17.6.2007.<br />

Dewald, Markus: <strong>Die</strong> Zahl der Narren ist unendlich. Fastnacht in Neuhausen. Von der Dorffastnacht zur<br />

organisierten Narrenschau. Dissertation Universität Tübingen, 2001. http://w210.ub.unituebingen.de/dbt/volltexte/2001/218/.<br />

Internet, 15.7.2006.<br />

<strong>Die</strong>mer, Kurt: Allgemeine Verordnung über die biberachischen deutschen katholischen Schulen. In: Heimatkundliche<br />

Blätter für den Kreis Biberach 10 (1987), Heft 2, 79-82.<br />

<strong>Die</strong>mer, Kurt: Ausgewählte Quellen zur Biberacher Geschichte 1491-1991. Stuttgart 1991.<br />

<strong>Die</strong>mer, Kurt: „... ein gewißes Etwas, das ich mit Träg- oder Faulheit benennen könnte“. Geschichte der Volksschule<br />

in Biberach. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 20 (1997), Heft 1, 58-66.<br />

<strong>Die</strong>mer, Kurt: Simultaneum und Parität. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 21 (1998), Heft 1,<br />

32-47.<br />

<strong>Die</strong>mer, Kurt: Zur Geschichte des Theaters in Biberach. In: Stadt und Theater, 9-18.<br />

<strong>Die</strong>terle, Margarete: Skandal-Hexen. In: OT vom 2.2.2004.<br />

Dilger, N. N.: [Jahresrückblick 1880]. Furtwangen 1880.<br />

Dinkel, Thilo: Akademiker in Stammbäumen. In: Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde 21<br />

(1995), Heft 3, 121-126.<br />

Disch, Franz: Chronik der Stadt Wolfach. Wolfach, Karlsruhe 1920.<br />

Disch, Franz: Chronik der Stadt Zell am Harmersbach. Lahr 1937.<br />

Disch, Franz: Einstige Verordnungen gegen die <strong>Wolfacher</strong> Fastnacht. In: <strong>Die</strong> Ortenau 26 (1939), 190.<br />

Disch, Franz: Fürstenbergische Herrschaft Kinzigtal. 1:200 000. In: Disch: Chronik Wolfach, Anhang. [Landkarte.]<br />

Dold, Wilfried / Heim, Armin: Zur Geschichte der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte. In: Zur<br />

Geschichte der organisierten Fastnacht, 48-71.<br />

Donaueschinger / Bräunlinger / Furtwanger / Geisinger / Hornberger / Hüfinger / Triberger Narrenmarsch.<br />

http://www.narren-spiegel.de/Texte/narrenmarschbaar.htm. Internet, 1.8.2006.<br />

Dörfliche Fasnacht zwischen Neckar und Bodensee. Beiträge des Tübinger Arbeitskreises für Fasnachtsforschung.<br />

Tübingen 1966.<br />

[Dreißig] 30 Jahre Dick und Doof. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 16 (1986).<br />

[Dreißig] 30 Jahre Musloch-Singers 1974-2004. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 34 (2004).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 258<br />

Drewes, Reiner: Großes Narrentreffen Offenburg. Fernsehfilm des SWF. Baden-Baden 1988.<br />

dtv-Lexikon in 20 Bänden. Mannheim, München 1990.<br />

Duden. Das Fremdwörterbuch. CD-ROM. Mannheim 1995.<br />

Duprat, Philippe: Gaston Marot, vaudevilliste rochefortais (1837-1916). In: Roccafortis, 3 e série, tome IV n° 27<br />

(janvier 2001), 281.<br />

Durliat, Marcel: Romanische Kunst. Freiburg / Brsg. 1983.<br />

Dürr, Alfred: <strong>Die</strong> Kantaten von Johann Sebastian Bach. Mit ihren Texten. München 5 1985.<br />

7.2.5. Quellen E<br />

Early American Secular Music and Its European Sources, 1589-1839. An Index 1772 . Compiled by Robert M.<br />

Keller, Raoul F. Camus, Kate Van Winkle Keller, and Susan Cifaldi.<br />

http://www.colonialdancing.org/Easmes/. Internet, 12.7.2006.<br />

Eco, Umberto: Der Name der Rose. Roman. Deutsch von Burkhart Kroeber. München 16 1993.<br />

Egetmann Verein Tramin. http://www.egetmann.com/. Internet, 9.2.2007.<br />

Ehemaliges Gasthaus zum Rappen. Gedenktafel am ehemaligen Rappen in Bruchsal. Bruchsal 2007.<br />

Eichberger, Theodor: Alte, brave Schulkameraden. Zur 25. Erinnerungsfeier der Boudin-Schüler 1899.<br />

http://theodor.eichberger.info/portrait/der_lehrer_boudin/310_schulkameraden.html. Internet, 30.5.2007.<br />

von Eichendorff, Joseph: Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands. Paderborn 1857. In: Deutsche<br />

Literatur von Luther bis Tucholsky, 113.582-114.295.<br />

Eichler, Ulrike: Bänkelsang und Moritat. Ausstellung der Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, vom<br />

14. Juni bis 24. August 1975. Katalog. Stuttgart 1975.<br />

Einige Nachrichten von dem Leben Dalayrac’s, nebst dem vollständigen Verzeichnisse seiner Compositionen.<br />

In: London und Paris 1773 . 1798-1815. 1810, 24. Bd., 209-227.<br />

Einwohnerbuch für den Landkreis Wolfach. Ausgabe 1939. Vollständiges Einwohnerbuch sämtlicher Gemeinden<br />

des Landkreises Wolfach. Stuttgart 1939.<br />

Einwohnerbuch Landkreis Wolfach. Haslach, Hausach, Hornberg, Schiltach, Wolfach, Zell a. H. 1966.<br />

Karlsruhe 1966.<br />

The Electronic Dictionary of Musical Themes. http://www.multimedialibrary.com/barlow/index.asp. Internet,<br />

16.1.2011.<br />

Engels, Friedrich: Marschall Bugeaud über den moralischen Faktor im Kampf. Erschienen in The Volunteer<br />

Journal, for Lancashire and Cheshire, Nr. 23 vom 9. Februar 1861. In: Marx / Engels: Werke XV, 246-254.<br />

Entstehungsgeschichte der „Alden Rungunkeln“. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 28 (1998).<br />

Epple, Joseph: Vermischte Gedichte in schwäbischer Mundart und in reindeutscher Sprache. Schwäbisch Gmünd<br />

1821 1774 .<br />

Erk, Ludwig / Böhme, Franz Magnus: Deutscher Liederhort. Auswahl der vorzüglicheren deutschen Volkslieder,<br />

nach Wort und Weise aus Vorzeit und Gegenwart. Gesammelt und erläutert von Ludwig Erk, nach Erk’s<br />

handschriftlichen Nachlasse und auf Grund eigener Sammlung neu bearbeitet und fortgesetzt von Franz M.<br />

Böhme. 3. Nachdruckauflage der Ausgabe Leipzig 1893-1894. Hildesheim 1988.<br />

Erwin Haas in die Ewigkeit abberufen. In: ANK 25 (1974-02-02) Nr. 5, 3.<br />

Es Villinger Burgerlied (als <strong>Fasnet</strong>lied z’singe). http://www.alemannisch.de/gruppen/rg_brige/burgerlied.htm.<br />

Internet, 21.6.2009.<br />

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Erarbeitet unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer. Taschenbuchausgabe.<br />

München 6 2003.<br />

Europäische Stammtafeln. Neue Folge. Hg. von Detlev Schwennicke. Marburg 1980ff.<br />

Éva Gauthier, mezzo-soprano and voice teacher (1885-1958). In: The Virtual Gramophone,<br />

http://www.collectionscanada.ca/gramophone/m2-1009-e.html. Internet, 19.7.2006.<br />

Exilpresse digital. http://info-deposit.d-nb.de/digitalisate/exilpr_digi.htm. Internet, 22.2.2007.<br />

7.2.6. Quellen F<br />

Falch, Hagen: „Wunderbarliche Gebräuche“ schon seit dem Jahr 1600. In: Schwäbisch-alemannischer Narrenbote<br />

11 (1987), 39f. [Zur Munderkinger <strong>Fasnet</strong>.]<br />

<strong>Die</strong> Fallers. Eine Schwarzwaldfamilie 1775 . Narri Narro III. Buch: Ralph Ströhle; Regie: Sebastian Monk. Fernsehserie<br />

des SWF. Baden-Baden 1997.<br />

1772<br />

Da die gewöhnliche Notenschrift wegen der unterschiedlichen Tonarten zum Vergleich von Melodien nicht besonders gut geeignet ist,<br />

werden im EASMES-Index die Noten durch einfache Zahlenfolgen dargestellt: Zunächst wird die Tonart des Stückes bestimmt und der<br />

Grundton mit einer „1“ innerhalb einer Dreioktavenskala bezeichnet: 1- 2- 3- 4- 5- 6- 7- 1 2 3 4 5 6 7 1+ 2+ 3+ 4+ 5+ 6+ 7+. <strong>Die</strong><br />

anderen Noten werden nun entsprechend ihrer Position zum Grundton ebenfalls durch Ziffern ersetzt. Taktstriche werden durch „//“ dargestellt,<br />

halbe Takte durch „/“. (Im 3/4-Takt gibt es keine Halbtakte, im 9/8-Takt zwei.) Am Beginn steht ein „//“; falls es einen Auftakt<br />

gibt, steht zuvor ein „/“. <strong>Die</strong> erste Zeile des Michelesmarsches ergibt beispielsweise die Zahlenfolge:<br />

//13//5-13//5531//55555//13//5-13//55-5-5-5-//1//.<br />

1773<br />

Der Volltext der Zeitschrift London und Paris findet sich auf der <strong>Netz</strong>seite http://www.ub.uni-bielefeld.de/diglib/aufklaerung/suche.htm<br />

(13.1.2011).<br />

1774<br />

Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Epple_Gedichte_1821.djvu (13.1.2011)


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 259<br />

<strong>Die</strong> Fallers. Eine Schwarzwaldfamilie. Narri Narro VI. Buch: Ralph Ströhle, Marcus Rauch; Regie: Axel Bock,<br />

Sebastian Monk, Jochen Nitsch, Adalbert Plica. Fernsehserie des SWR. Baden-Baden, Stuttgart 1999.<br />

<strong>Die</strong> Fallers. Eine Schwarzwaldfamilie. Narri Narro VIII. Buch: Cordula Behrendt, Tobias Jost; Regie: Karsten<br />

Wichniarz. Fernsehserie des SWR. Baden-Baden, Stuttgart 2004.<br />

Familienregister der kath. Pfarrei St. Martin Biberach / Riß.<br />

Farnsworth, Henry Weston: Letters. Boston 1916 1776 .<br />

Fas(t)nacht in Geschichte, Kunst und Literatur. Hg. von Horst Sund. Konstanz 1984.<br />

Fasnacht. Beiträge des Tübinger Arbeitskreises für Fasnachtsforschung. Tübingen 1964.<br />

Fassmalerzeichen. http://www.narrenzunft.rottweil.de/zeichen.htm. Internet, 6.9.2007.<br />

Fastnacht in Brusl. Narrenzeitung 2007. <strong>Die</strong> Narrenzeitung zur Kampagne 2006/2007. 13. Ausgabe. Hg. von der<br />

Großen Karnevalsgesellschaft 1879 Bruchsal e.V.<br />

Fastnachtspiel. Commedia dell’arte. Gemeinsamkeiten – Gegensätze. Akten des 1. Symposiums der Sterzinger<br />

Osterspiele (31.3.- 3.4.1991). Hg. von Max Siller. Innsbruck 1992.<br />

Fastnachtspiele des 15. und 16. Jahrhunderts. Hg. von <strong>Die</strong>ter Wuttke. Stuttgart 6 1998.<br />

Fastnachtspiele. Weltliches Schauspiel in literarischen und kulturellen Kontexten. Hg. von Klaus Ridder.<br />

Tübingen 2009.<br />

Fath, Rolf: Reclams elektronisches Opernlexikon. Digitale Bibliothek Bd. 52. CD-ROM. Stuttgart 2001.<br />

Faust. Anthologie einer deutschen Legende. Ausgewählt von Nicola Uther. Digitale Bibliothek Bd. 120. CD-<br />

ROM. Berlin 2006.<br />

Fautz, Hermann: Burg und Herrschaft Waldstein. In: <strong>Die</strong> Ortenau 50 (1970), 422-434.<br />

Fautz, Hermann: <strong>Die</strong> Ritter und Edelknechte von Gippichen. In: <strong>Die</strong> Ortenau 49 (1969), 194-218.<br />

Feigenbutz, Thomas: Der Brusler Dorscht. http://www.th-feigenbutz.homepage.tonline.de/HomepageClassic01/dorscht.htm.<br />

Internet, 11.2.2007.<br />

Feinäugle, Norbert: Einführung. In: Weitzmann: Gesammelte Werke, getrennte <strong>Seite</strong>nzählung.<br />

Festschrift [Hundert] 100 Jahre Kath. Frauengemeinschaft Wolfach. Hg. von der Frauengemeinschaft Wolfach.<br />

Wolfach 1998.<br />

Fétis, François-Joseph: Biographie universelle des musiciens et bibliographie générale de la musique. Paris<br />

1866-1868. <strong>Netz</strong>ausgabe. http://gallica2.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k69718c. Internet, 4.1.2009.<br />

Feydeau, Georges: La dame de chez Maxim. Pièce en 3 actes. <strong>Netz</strong>ausgabe.<br />

http://www.grosmots.com/x/3577/1.html. Internet, 15.7.2006.<br />

Les Fils du Soleil. http://www.cinefil.com/cinefil2005/fichefilm.cfm?ref=7157. Internet, 18.7.2006.<br />

Finkbeiner, Gerhard: Le complot d’amour de Geisberg. http://www.badischezeitung.de/template/_nwas_vorlagen/load_ole_pdf.php?ref=DOLE/2xddz_8so5ysn4lema57e.<br />

Internet,<br />

15.7.2006.<br />

Fischer Weltgeschichte. Vollständige Ausgabe. Digitale Bibliothek Bd. 119. CD-ROM. Berlin 2004.<br />

Fischer, Hermann: Schwäbisches Wörterbuch. Tübingen 1904-1936.<br />

Floh-Lied. Manuskript. Erste Strophe ergänzt um die Notennamen von J. Krausbeck. Wolfach o.J.<br />

Fouqué, Friedrich de la Motte-: Ausgewählte Dramen und Epen. 9 Bd. Hg. von Christoph F. Lorenz. Hildesheim,<br />

Zürich, New York 1994-2000.<br />

Fouqué, Friedrich de la Motte-: Historie vom edlen Ritter Galmy und einer schönen Herzogin von Bretagne.<br />

Nachdruck der Ausgabe von 1806. In: Fouqué: Ausgewählte Dramen und Epen II [eigene <strong>Seite</strong>nzählung].<br />

François Certain Canrobert. Général et aide de camps de Louis Napoléon Bonaparte.<br />

http://quercy.net/hommes/canrobert.html. Internet, 15.7.2006.<br />

Franz Schüssele lässt eine Rarität erklingen. In: Schwabo vom 10.3.2005. [Stockserpent von 1818.]<br />

Frei, Walter: Comoedia Sacra. <strong>Die</strong> Theaterpflege in den Klöstern des schwäbischen Oberlandes im 17. und 18.<br />

Jahrhundert. In: Schwabenspiegel II, 195-211.<br />

Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 3., überarbeitete<br />

und erweiterte Auflage. Stuttgart 3 1970.<br />

Frick, Konrad A. / Beu, Ditmar: 200 Jahre Altweibermühle in Wolfach 1787-1987. Videofilm der Beurovision<br />

Studio für Videotechnik. Wolfach 1987.<br />

Frohn, Christina: „Löblich wird ein tolles Streben, Wenn es kurz ist und mit Sinn“. Karneval in Köln, Düsseldorf<br />

und Aachen. 1823-1914. Dissertation Universität Bonn 1999. http://hss.ulb.unibonn.de/diss_online/phil_fak/1999/frohn_christina.<br />

Internet, 15.7.2006.<br />

Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Berlin, New York 1986ff.<br />

Fuchs, Franz: Der Kreuzfidele Kupferschmied. http://www.stammtischmusik.at/noten/text_kupferschmied.shtml.<br />

Internet, 22.2.2007.<br />

Fuchs, Franz: Kupferschmiedpolka. http://www.stammtischmusik.at/noten/kupferschmiedn.shtml. Internet,<br />

22.2.2007.<br />

1775 Zu den Fallers vgl. http://www.diefallers.de (13.1.2011).<br />

1776 Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Es wird zitiert in Morse: The Vanguard of American Volunteers; American Volunteers.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 260<br />

Führer durch Wolfach und Umgebung. Hg. vom Schwarzwald- und Verschönerungsverein Wolfach. Wolfach<br />

1906.<br />

[Fünfundsiebzig] 75 Jahre Narrenpolizei. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 35 (2005).<br />

[Fünfundzwanzig] 25 Jahre Gullerreiter. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 31 (2001).<br />

[Fünfundzwanzigtausend] 25.000 Meisterwerke. Gemälde, Zeichnungen, Grafiken. 2., verbesserte Ausgabe. The<br />

Yorck Project Bd. 9. DVD-ROM. Berlin 2005.<br />

<strong>Die</strong> Fürstenberger. 800 Jahre Herrschaft und Kultur in Mitteleuropa. Schloß Weitra. Niederösterreichische<br />

Landesausstellung 1994. Korneuburg 1994.<br />

Fuffzg Johr Alde Rungunkeln und Müller. In: Narrenblättle 38 (2008).<br />

7.2.7. Quellen G<br />

Gagnière, Claude: Pour tout l’or des mots. Au bonheur des mots suivi de ‘Des mots et des merveilles’. Ed. Robert<br />

Laffont. [Paris?] 1998 1777 .<br />

Gall, Johann Michael: 14 Schauspiele. Handschrift. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Signatur A III<br />

34.<br />

Gamillscheg, Ernst: Etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache. Heidelberg 2 1969.<br />

Gaul, Ilona: <strong>Die</strong> Rolle des Wächters im mittelhochdeutschen Tagelied. Hausarbeit Universität Marburg, 2005.<br />

http://www.grin.com/de/preview/54279.html. Internet, 08.07.2007.<br />

Gauß, Carl Friedrich: Berechnung des Osterfestes. In: Gauß: Werke VI, Astronomische Abhandlungen, 73-79.<br />

(Digitalisat: http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN235957348. Internet, 30.7.2011.)<br />

Gauß, Carl Friedrich: Berichtigung zu dem Aufsatze: Berechnung des Osterfestes. In: Gauß: Werke XI, Abteilung<br />

I: Nachträge zur Physik, Chronologie und Astronomie, 201f. (Digitalisat: http://resolver.sub.unigoettingen.de/purl?PPN236020595.<br />

Internet, 30.7.2011.)<br />

Gauß, Carl Friedrich: Werke. Göttingen 1863. (Digitalisat: http://resolver.sub.unigoettingen.de/purl?PPN235957348.<br />

Internet, 30.7.2011.)<br />

Gauthier, Eva: La Casquette du Père Bugeaud; La Mist’ en Laire; Frère Jacques; En passant par la Lorraine.<br />

Mezzo-soprano with piano. Issue no.: 72166. Matrix no.: 21952. Aufnahme: 21.6.1918, Victor Talking Machine<br />

Co. Camden (New Jersey). Erschienen im Januar 1919.<br />

Geese, Uwe: Romanische Skulptur. In: <strong>Die</strong> Kunst der Romanik, 256-345.<br />

Le General Bugeaud. http://bivouac-legion.com/Bugeaud.php. Internet, 16.7.2006.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte der <strong>Fasnet</strong> in Triberg. Aufgezeichnet zum Jubiläum vom 6.1.-5.3.2003. 75 Jahre Narrenzunft<br />

Triberg im Schwarzwald. Hg. von der Narrenzunft Triberg e.V., bearbeitet von Klaus Nagel. Triberg,<br />

Villingen 2003.<br />

Geschichte des SWR. <strong>Die</strong> Jahre 1961-1980. http://www.swr.de/unternehmen/geschichte/-<br />

/id=3476/nid=3476/did=219016/196freu/index.html. Internet, 17.6.2007.<br />

Gesellschaft zur Erhaltung Buchener Bräuche und Sitten ‚Fasenachtsgesellschaft Narrhalla e.V.’<br />

http://www.huddelbaetze.com/. Internet, 18.2.2007.<br />

Gies, Hajo / Jancke, Holger: Tatort. Blutschrift. Fernsehfilm des MDR. Leipzig 2006.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. In: Deutsche Literatur von Luther bis<br />

Tucholsky, 176.417-177.664.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Campagne in Frankreich 1792. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky,<br />

178.611-178.892.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Ein Fastnachtsspiel, auch wohl zu tragieren nach Ostern, vom Pater Brey, dem<br />

falschen Propheten. http://www.wissen-im-netz.info/literatur/goethe/fasnacht/index.htm. Internet,<br />

14.11.2006.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Faust. Eine Tragödie. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 170.874-<br />

171.499.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Hanswursts Hochzeit oder Der Lauf der Welt. Ein mikrokosmisches Drama.<br />

http://www.wissen-im-netz.info/literatur/goethe/hanswurst/index.htm. Internet, 14.11.2006.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: <strong>Die</strong> Leiden des jungen Werther. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky,<br />

171.501-171.692.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Neueröffnetes moralisch-politisches Puppenspiel. Das Jahrmarktsfest zu<br />

Plundersweilern. http://www.wissen-im-netz.info/literatur/goethe/puppen/index.htm. Internet, 14.11.2006.<br />

Goethe, Johann Wolfgang: Wilhelm Meisters Lehrjahre. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky,<br />

172.896-173.905.<br />

Göggel, Klaus: <strong>Die</strong> Sandsteinmaske am Jägerhaus. In: http://www.narrenzunft-rottenburg.de. Internet, 1.8.2006.<br />

Göggel, Klaus: Von der „Originalmaske“ zum „Ahland“. Der Ahland und sein Häs. In: http://www.narrenzunftrottenburg.de.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Graf Konrad zu Wolva. Nachruf für Werner Wiegand. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 39 (2009).<br />

Grand Larousse encyclopédique. En dix volumes. Bd. 6. Paris 1962.<br />

1777 Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Es wird zitiert in: As tu vu la casquette?


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 261<br />

Grässe, Johann Georg Theodor: Sagenbuch des Preußischen Staates. Bd. 1, 2. Glogau 1868 / 1871. In: Deutsche<br />

Literatur von Luther bis Tucholsky, 191.290-197.981.<br />

Gräter, Carlheinz: Wanner, Paul. http://www.pro-region.de/web/media/proregion/pdf/persoenlichkeiten/wanner.pdf.<br />

Internet, 17.8.2007.<br />

Greder, Werner: Bruchsaler Fastnacht. Dokumentation über die Geschichte der Großen Karneval Gesellschaft e.<br />

V. Bruchsal. Große Bruchsaler Karneval Gesellschaft e.V. 1879. Bruchsal 1978.<br />

Greder, Werner: Heiteres Bruchsal. Geschichte der Fastnacht in Bruchsal. Begebenheiten und heitere Erlebnisse<br />

in Bruchsal aus Vergangenheit und Gegenwart. Hg. von der Großen Karnevalsgesellschaft e. V. 1879 Bruchsal<br />

anläßlich des 111jährigen Bestehens der Gesellschaft im Jahre 1990. Bruchsal 1990.<br />

Griesbach, Karl-Rudi / Zahn, Tom: <strong>Die</strong> Weibermühle. Singspiel in 4 Bildern. Musik von Karl-Rudi Griesbach.<br />

Text frei nach Nestroys „Talisman“ von Tom Zahn. Klavierauszug. Berlin 1959.<br />

Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch auf CD-ROM. Der Digitale Grimm. Frankfurt / Main 2004.<br />

GroKaGe Bruchsal 1879 e.V. Geschichte. http://www.landmiliz.de/grokage/geschichte.html. Internet, 11.2.2007.<br />

Gros Mots. Index commenté de la littérature libre. http://www.grosmots.com. Internet, 15.7.2006.<br />

Das große Buch der Sprichwörter. Hg. von Hans-Josef Meier-Pfaller. Esslingen / Neckar 1979.<br />

Großes Narrentreffen 2004 der VSAN in Singen 23.-25.01.04. Singen 2004. [Faltblatt zum Narrentreffen.]<br />

Grotefend, Hermann: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. HTML-Version der Ausgabe<br />

Hannover 1891-1898 von Horst Ruth. http://www.manuscriptamediaevalia.de/gaeste/grotefend/grotefend.htm.<br />

Internet, 8.12.2006.<br />

Gründig, Maria E.: Verwickelte Verhältnisse. Folgen der Bikonfessionalität im Biberach des 19. und<br />

beginnenden 20. Jahrhunderts. Epfendorf 2002.<br />

Gryphius, Andreas: Gedichte. Eine Auswahl. Text nach der Ausgabe letzter Hand von 1663. Hg. von Adalbert<br />

Elschenbroich. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart 1996.<br />

Guide to the Papers of the Bär-Oppenheimer Family 1841-1981. AR 7044. Processed by LBI Staff and Dianne<br />

Ritchey Oummia. http://www.cjh.org/nhprc/BaerOppenheimerFamily.html. Internet, 11.2.2007.<br />

Günther, Georg: Ad Chorum Bonacellensem. Zur Musikpflege im Zisterzienserinnenkloster Gutenzell gegen<br />

Ende des 18. Jahrhunderts. In: Cistercienser Chronik 105 (1998), Heft 3, 453-476.<br />

Günther, Georg: Ad Chorum Rothensem. Zur Musikpflege in der ehemaligen Prämonstratenserreichsabtei Rot<br />

an der Rot gegen Ende des 18. Jahrhunderts. In: Analecta Praemonstratensia, tomus LXXV, 3-4 (1999), 186-<br />

228.<br />

Günther, Georg: Ein zur Musik taugliches Subjekt. Der Komponist Aemilian Rosengart (1757-1811) aus dem<br />

Kloster Ochsenhausen (Oberschwaben). In: Kirchenmusikalisches Jahrbuch 1997, 125-158.<br />

Günther, Georg: Lump oder Bettler – wenn er nur Musik versteht. Klösterliche Musikkultur um 1800 am Beispiel<br />

Oberschwabens. In: Alte Klöster, neue Herren II.1, 177-186.<br />

Günther, Georg: Singt dem Herren alle Stimmen. Haydns „Schöpfung“ in Biberach 1802. In: Musik in Baden-<br />

Württemberg 3 (1996), 42-63.<br />

Gwinner, Rudolf: Walpurgisnacht der Löffinger Hexengruppe. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht.<br />

Narrenbote 24 (2000), 55.<br />

7.2.8. Quellen H<br />

Hahn, Reinhard: Einleitung. In: Sachs: Werke in zwei Bänden I, VII-XLIII.<br />

Haller, Peter: Fasnachtsbräuche und -termine. http://www.narren-spiegel.de/Texte/fasnachtsbraeuche.htm. Internet,<br />

21.9.2006.<br />

Haller, Peter: Narrentypen, Masken und Häser. http://www.narren-spiegel.de/Texte/narrentypen.htm. Internet,<br />

21.9.2006.<br />

Haller, Peter: Narrenutensilien und Narrenattribute. http://www.narren-spiegel.de/Texte/utensilien.htm. Internet,<br />

21.9.2006.<br />

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Hg. von Hanns Bächtold-Stäubli unter Mitwirkung von Eduard<br />

Hoffmann-Krayer. Berlin, Leipzig 1927-1942. Digitale Bibliothek Bd. 135. CD-ROM. Berlin 2006.<br />

Hans Sachs. Hg. von Adelbert von Keller und Edmund Goetze. Bd. 05. Gedruckt für den Litterarischen Verein<br />

in Stuttgart. Tübingen 1870. (Digitalisat: http://books.google.de/books?id=j5IEAAAAQAAJ. Internet,<br />

21.3.2011.)<br />

Hans Sachs. Hg. von Adelbert von Keller und Edmund Goetze. Bd. 14. Gedruckt für den Litterarischen Verein<br />

in Stuttgart. Tübingen 1882. (Digitalisat: http://www.archive.org/stream/hanssachs00unkngoog. Internet,<br />

19.3.2011.)<br />

Hansen-Lorenzen, Erika: Große Zustimmung als Landschaftsmaler. Max Köhler 60 Jahre alt. In: <strong>Die</strong> Ortenau 83<br />

(2003), 450-454.<br />

Hansjakob, Heinrich: Ausgewählte Erzählungen. 4. Band: Meine Madonna. Eine Familienchronik. Stuttgart o. J.<br />

Hansjakob, Heinrich: Theodor der Seifensieder. In: Hansjakob, Heinrich: Waldleute. Erzählungen. Haslach im<br />

Kinzigtal 11 1984.<br />

Harter, Hans: Adel und Burgen im oberen Kinziggebiet. Studien zur Besiedelung und hochmittelalterlichen<br />

Herrschaftsbildung im mittleren Schwarzwald. Freiburg / Brsg., München 1992.


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Harvolk, Edgar: Geldbeutelwaschen. Überlegungen zu einem wiederentdeckten Finalbrauch am Aschermittwoch.<br />

In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 1980/81, 149-158.<br />

Hauff, Wilhelm: Lichtenstein. Romantische Sage aus der württembergischen Geschichte. In: Deutsche Literatur<br />

von Luther bis Tucholsky, 235.498-236.128.<br />

Häufle, Ferdinand: Ortsippenbuch Wolfach. Manuskript im Stadtarchiv Wolfach. Wolfach 1969.<br />

Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Neusatz und Faksimile der Ausgabe Leipzig 1770.<br />

Digitale Bibliothek Bd. 135. CD-ROM. Berlin 2006.<br />

Heim, Wilhelm: Schulversuch in der guten Stube vom Jägerhaus. In: OT extra Schwarzwald Zeitung vom<br />

12.4.1996.<br />

Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach. BC. Hg. von der Gesellschaft für Heimatpflege (Kunst- und<br />

Altertumsverein) in Stadt und Landkreis Biberach e.V. Biberach / Riß 1978ff.<br />

Heizmann, Ronald: Furtwangens bekanntestes Lied. „Hans blib do!“. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer<br />

Fastnacht. Narrenbote 25 (2001), 50-53.<br />

Henri d’Orleans, duc d’Aumale (1822-1897). http://www.academiefrancaise.fr/Immortels/base/academiciens/fiche.asp?param=430.<br />

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Herbort von Fritzlâr: Liet von Troye. Hg. von Karl Frommann. Quedlinburg/Leipzig 1837 1778 .<br />

Herding, Otto: Geschichtsbewußtsein, Geschichtsschreibung und –forschung im Herzogtum Württemberg. In:<br />

Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 51 (1992), 205-231.<br />

Hermann, Erich: Als der „Geißehaas“ noch für den Schwarzwald warb. In: Schwabo vom 24.8.1991.<br />

Hermann, Erich: Hausschatz des Klärle war verschwunden. In: Schwabo vom 3.2.1988; Nachdruck im OT vom<br />

11.2.1999 und im Wolftal-Journal. Ausgabe Dezember 2004 / Januar 2005, 11.<br />

Hermann, Erich: Kinderball-Fahne für das Quartier I. In: Schwabo vom 26.1.1999.<br />

Hermann, Erich: Michelesmarsch in der Sahara geboren. In: Schwabo vom 28.1.1999.<br />

Hermann, Erich: Der Michelesmarsch und der General mit der Zipfelmütze. In: Wolftal-Journal. Ausgabe<br />

Februar / März / April 2004, 10.<br />

Hermann, Erich: Wenn das närrische Wolfach die Fahne hißt. In Schwabo vom 10.1.1998.<br />

Herzog, Otto: Der Biberacher Komponist Christoph Braun. Einst berühmt, heute vergessen. In: Heimatkundliche<br />

Blätter für den Kreis Biberach 24 (2001), Heft 2, 84-90.<br />

Heußler, Günther: Der Rappenstein im Kirnbachtal und seine Sage. In: Bulletin 6 (2003), 29-40.<br />

Hexen. Analysen, Quellen, Dokumente. Digitale Bibliothek Bd. 93. CD-ROM. Berlin 2003.<br />

Hildenbrand, Manfred / Krafczyk, Alois: Fasnachtsbrauchtum in Haslach im Kinzigtal. Hg. von der Narrenzunft<br />

Haslach i. K. e.V. Haslach i. K. 1987.<br />

Himmlers Hexenkartothek. Das Interesse des Nationalsozialismus an der Hexenverfolgung. Hg. von Sönke<br />

Lorenz u.a. Bielefeld 2 2000.<br />

Hirt, Gustav: Mittleres Kinzigtal im Brauchtum. Erzählungen, Sagen und Schnurren. Wolfach o. J.<br />

Historie Erlebnispark Tripsdrill. In: http://www.tripsdrill.de. Internet, 1.8.2006.<br />

Höchste Auszeichnung für Walter Schmider. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 19 (1989).<br />

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Geschichte des deutschen Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit. 2.<br />

Ausgabe. Hannover 2 1854 1779 .<br />

Hoffmann, Herbert: Städtische Sammlungen (Braith-Mali-Museum) Biberach an der Riß. Katalog der Gemälde<br />

und Skulpturen bis 1900. Unter Mitarbeit von Kurt <strong>Die</strong>mer. Band IIIa. Biberach / Riß 1975.<br />

Hoffmann, J. J.: <strong>Die</strong> Rappensteinsage. Nachdruck aus der Monatszeitschrift Vetter vom Rhein. Deutscher Volks-<br />

und Familienfreund für Stadt und Land, Ausgabe 1898, Nr. 3-7. In: Heußler: Der Rappenstein im<br />

Kirnbachtal, 30-40.<br />

Hofmann, Klaus: „Großer Herr, o starker König”. Ein Fanfarenthema bei Johann Sebastian Bach. In: Bach-<br />

Jahrbuch 1995, 31-46.<br />

Hofmann, Klaus: Nochmals: Bachs Fanfarenthema. In: Bach-Jahrbuch 1997, 177-179.<br />

Holthausen, Ferdinand: Altenglisches Etymologisches Wörterbuch. Heidelberg 2 1963.<br />

Horatius Flaccus, Q[uintus]. Ex Recensione & cum Notis atque Emendationibus Richardi Bentleii. Cambridge<br />

1711; Amsterdam 2 1713, 3 1728.<br />

Horneffer, August: Johann Rosenmüller. Nachdruck der Dissertation Charlottenburg 1898. Salzgitter 2005.<br />

Hund, Andreas: Das Gymnasium Donaueschingen 1778-1928. Donaueschingen 1930.<br />

Hund, <strong>Die</strong>ter: Küchle erinnern an die alten Fasnachtsbräuche. In: Schwabo vom 28.1.1989.<br />

Hund, <strong>Die</strong>ter: Schwarzwälder Brauchtumskalender. Oberwolfach 1990.<br />

Hund, <strong>Die</strong>ter: Das Ungeheuer vom Langenbach. In: OT vom 19.5.1995.<br />

[Hundert] 100 Jahre Jugendkapelle Wolfach 1879-1979. Hg. von der Jugendkapelle Wolfach. Wolfach 1979.<br />

[Hundertachtzig] 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach. Festschrift zum Landschaftstreffen vom 3. bis 6. Februar<br />

1995. Hg. von der Freien Narrenzunft Wolfach. Wolfach 1995.<br />

[Hundertachtzig] 180 Jahre Narrenzunft Wolfach. Sonderbeilage des Schwabo vom 3.2.1995. Wolfach 1995.<br />

1778 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (30.06.2007).<br />

1779 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (05.07.2007).


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[Hundertfünfundsiebzig] 175 Jahre Haas & Bulacher. In: ANK 11 (1960-06-18), Nr. 25.<br />

[Hundertfünfundsiebzig] 175 Jahre Stadtkapelle Wolfach, verbunden mit dem Kreismusikfest 1983. Hg. von der<br />

Stadtkapelle Wolfach. Wolfach 1983.<br />

Huysmans, Joris-Karl: Croquis Parisiens. Paris 2 1886. <strong>Netz</strong>ausgabe. http://www.huysmans.org/croquis/cp1.htm.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Hyde, James: New and Complete Preceptor for the Royal Kent or Keyed Bugle. Hg. von J. Balls. London<br />

[1818?]. (EASMES Nr. W158; Standort: Library of Congress.)<br />

7.2.9. Quellen I / J<br />

Iloinen kupariseppä. http://www.yle.fi/aanilevysto/firs2/kappale.php?Id=Iloinen+kuparisepp%E4. Internet,<br />

23.2.2007.<br />

In ehrendem Gedenken widmen wir einige Gedanken unserem langjährigen Narrenblättle-Mitglied Heinz Pape.<br />

In: Narrenblättle 38 (2008).<br />

In Memoriam... Erich Steinhauser jun. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 28 (1998).<br />

In seinen Werken lebt Josef Moser weiter. In: Schwabo vom 2.3.1985/2.3.1990.<br />

J. S. Bachs Werke. Gesamtausgabe der Bachgesellschaft. Bd. 17. Kammermusik. Bd. 2. Sieben Concerte für<br />

Clavier mit Orchesterbegleitung; Tripel-Concert für Clavier, Flöte und Violine mit Orchesterbegleitung. Hg.<br />

von Wilhelm Rust. Leipzig 1869. (Digitalisat.<br />

http://imslp.org/wiki/Harpsichord_Concerto_No.3_in_D_major,_BWV_1054_(Bach,_Johann_Sebastian).<br />

Internet, 16.1.2011.)<br />

J. S. Bachs Werke. Gesamtausgabe der Bachgesellschaft. Bd. 21.1. Kammermusik. Bd. 4. Concerte für Violine<br />

mit Orchesterbegleitung. Hg. von Wilhelm Rust. Leipzig 1874. (Digitalisat.<br />

http://imslp.org/wiki/Violin_Concerto_in_E_major,_BWV_1042_(Bach,_Johann_Sebastian). Internet,<br />

16.1.2011.)<br />

Ja der Dorscht... http://www.harmonie-buechenau.de/doc/00start_E136.htm. Internet, 11.2.2007.<br />

Jahresrückblick Westerheim 2006. www.westerheim.de/Jahresrückblick 2006.pdf. Internet, 08.06.2007.<br />

Jakel, Stephan: Der Narrenschopf Bad Dürrheim. Fernsehfilm des SWR. Baden-Baden, Stuttgart 2004.<br />

Jeggle, Utz: Fasnacht im Dritten Reich. Einige brauchgeschichtliche Aspekte. In: Narrenfreiheit, 227-238.<br />

Johann Wolfgang Goethe. Bd. 1, 2. <strong>Die</strong> großen Klassiker. Literatur der Welt in Bildern, Texten, Daten. Salzburg<br />

1980.<br />

Johner, M.: <strong>Die</strong> Beteiligung der katholischen bürgerlichen Komödiantengesellschaft an dem dramatischen Leben<br />

in der Reichsstadt Biberach. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 2 (1979), Heft 1, 48-50;<br />

Heft 2, 44-45.<br />

Johnson, Francis: General La Fayette Bugle Waltz. Für Klavier. Philadelphia 1824. (EASMES Nr. D51.209;<br />

Standort: American Antiquarian Society, Worcester (MA), Wolfe 4652. 1780 )<br />

Jones, J.: New Instructions for the Bugle. Hg. von W. Roberts. London [1805]. (EASMES Nr. W41; Standort:<br />

The British Library, London, England, a.297.a. 1781 )<br />

7.2.10. Quellen K<br />

Kaiser, Erich: Apollo im Schwarzwaldkloster. Benediktinisches Schultheater im Stift St. Peter zwischen 1750<br />

und 1806. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 151 (2003), 285-340.<br />

Kalchthaler, Peter: <strong>Die</strong> <strong>Fasnet</strong>rufer. Geschichte der Freiburger Erznarren Nr. 1. In: Oberrheinischer Narrenspiegel<br />

45 (2004), Aus den Vogteien. http://www.vononline.de/narrenspiegel/narrenspiegel_45/vogteien.htm.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Kalliwoda, Johann Wenzel: Billibambuff’s Hochzeitsreise zum Orcus und Olymp. Ein Fastnachtspiel. Musik<br />

von Schneckenfinger [= Johann Wenzel Kalliwoda]. Partiturautograph. [Donaueschingen 1840 1782 .] [Standort<br />

BLB Karlsruhe Mus. Ms. 865 a, b 1783 .]<br />

Kamp, Herm. Jos.: Leben der Heiligen, nebst praktischen Lehren für das katholische Volk. Mit besonderer Berücksichtigung<br />

der deutschen und neueren Heiligen. Dülmen i. W. 3 1911.<br />

Kasper, Bernd: Historie. In: 200 Jahre Stadtkapelle Wolfach 1808-2008, 11-90.<br />

Kastner, Georges: Les chants de l’armée française ou recueil de morceaux a plusieurs parties composés pour<br />

l’usage spécial de chaque arme et précédés d’un essai historiques sur les chants militaires des français. Paris<br />

1855. (Digitalisat: http://imslp.org/wiki/Les_chants_de_l’armée_française_(Kastner,_Jean-Georges). Internet,<br />

17.2.2011.)<br />

Kastner, Georges: Manuel général de musique militaire à l’usage des armées françaises. Paris 1848. (Digitalisat:<br />

http://imslp.org/wiki/Manuel_général_de_Musique_militaire_à_l'usage_des_Armées_françaises_(Kastner,_J<br />

ean-Georges). Internet, 17.2.2011 1784 .)<br />

1780 Quelle konnte nicht eingesehen werden.<br />

1781 Das Buch konnte nicht eingesehen werden.<br />

1782 MGG ( 2 Finscher) IX, 1406.<br />

1783 Katalog der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek XII, 557.<br />

1784 Das Werk diente als Quelle für: EASMES.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 264<br />

Katalog der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen im Bestand der Badischen Landesbibliothek<br />

Karlsruhe 1785 . Karlsruhe 2000.<br />

Katzmaier, Markus: Josef Krausbeck wird im Bild der Stadt fehlen. In: Schwabo vom 4.1.2001.<br />

Kaufmann, Michael Gerhard: Klingendes Erbe. Zur Rezeption der oberschwäbischen Klostermusik seit der<br />

Säkularisation. In: Alte Klöster, neue Herren II.2, 1343-1352.<br />

Keller, Christoph: Encyclopaedia Cinematographica. http://db.swr.de/imkp/IMKP.detail?p_lw=g&p_kwid=497.<br />

Internet, 25.12.2006.<br />

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Zweite Fassung 1878/80. In: Deutsche Literatur von Luther bis<br />

Tucholsky, 306.997-308.282.<br />

Keller, Willi: Im Schatten der Burgen. Ritter- und Burgensagen aus Mittelbaden. Oberkirch 1988.<br />

Kerjij, D.: Leçon littéraire. La satire dans Le Polygone étoilé 1786 .<br />

http://www.cpge-cpa.ac.ma/cpa/francais/kyacinelec.htm. Internet, 15.7.2006.<br />

Kilpeck Green Man. Aufnahme von Tina Manthorpe.<br />

http://farm1.static.flickr.com/197/487944136_a114baf216_o.jpg. Internet, 11.7.2007.<br />

Kindlers Literatur Lexikon im dtv. München 1986.<br />

Kindlers Malereilexikon. Digitale Bibliothek Bd. 22. CD-ROM. Berlin 1999.<br />

Klär, Bernhard: Musikpflege im Kloster Ettenheimmünster. Pater Idlefons Haas aus Offenburg. In: <strong>Die</strong> Ortenau<br />

77 (1997), 311-332.<br />

Klein, Anna: Altweibermühle. http://www.saxonia.com/galerie/001207.htm. Internet, 17.06.2007.<br />

Klein, Kurt: Ein hochgeschätzter Lehrer und Schulvisitator. In: Heimatbrief der Stadt Hausach 1989, 39-41.<br />

Klein, Kurt: Ein hochgeschätzter Schulmann und Musiker. Vor 175 Jahren starb Georg Anton Bredelin, Lehrer<br />

und Schulvisitator in Hausach. In: Schwabo vom 16.11.1989.<br />

Klein, Kurt: Georg Anton Bredelin. Ein hochgeschätzter Lehrer, Schulvisitator und Musiker. In: Heimatkundliche<br />

Blätter für den Kreis Biberach 13 (1990), Heft 2, 62f.<br />

Klein, Kurt: Das romantische Festspiel fällt regelrecht ins Wasser. In: Schwabo vom 19.2.2004.<br />

Klein, Kurt: Vor 100 Jahren regierte Prinz Karneval im Kinzigtal. In: OT vom 19.2.1998.<br />

Klein, Kurt: Weibermühle 1893 abgesagt. In: Schwabo vom 20.2.1993.<br />

Klein, Kurt: <strong>Die</strong> Weibermühle des fürstlichen Schulvisitators. <strong>Die</strong> Meriten des Hausacher Präzeptors Georg<br />

Anton Bredelin. In: Klein, Kurt: Unbekannter Schwarzwald. Erzählungen und Berichte über Landschaft,<br />

Menschen und Brauchtum. Waldkirch 1991, 67-71.<br />

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 321.624-322.947.<br />

Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage.<br />

Bearbeitet von Elmar Seebold. CD-ROM. Berlin 24 2002.<br />

Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder. Hg. von Achim von Arnim und Clemens Brentano. Heidelberg;<br />

Frankfurt / Main 1806-1808 1787 . In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 23.914-25.787.<br />

<strong>Die</strong> Knall-Erbse. Offizielles Explosionsorgan sr. Narrendurchlaucht des Prinzen Carneval. Hg. von der Freien<br />

Narrenzunft Daxlanden. 18. Ausgabe 2009. Daxlanden 2009.<br />

Kobayashi, Yoshitake: Zur Chronologie der Spätwerke Johann Sebastian Bachs. Kompositions- und Aufführungstätigkeit<br />

von 1736-1750. In: Bach-Jahrbuch 1988, 7-72.<br />

Köbler, Gerhard: Althochdeutsches Wörterbuch. http://www.koeblergerhard.de/ahdwbhin.html. Gießen / Lahn<br />

4 1993.<br />

Köbler, Gerhard: Altnordisches Wörterbuch. http://www.koeblergerhard.de/anwbhinw.html. Gießen / Lahn<br />

2 2003.<br />

Köbler, Gerhard: Germanisches Wörterbuch. http://www.koeblergerhard.de/germwbhinw.html. Gießen / Lahn<br />

2003.<br />

Köbler, Gerhard: Indogermanisches Wörterbuch. http://www.koeblergerhard.de/idgwbhin.html. Gießen / Lahn<br />

3 2000.<br />

Köbler, Gerhard: Mittelhochdeutsches Wörterbuch.<br />

http://www.koeblergerhard.de/germanistischewoerterbuecher/mittelhochdeutscheswoerterbuch/mhdwbhin.ht<br />

ml. Internet, 26.6.2009.<br />

Köhler, Anette: Das neuzeitliche Fastnachtspiel (1600-1800). In: Fastnachtspiel. Commedia dell’arte, 103-117.<br />

Köhler, Max: Beweisen, daß man kein Narr ist. In: Schwabo vom 23.1.1982.<br />

Köhler, Max: Er las Karl May und machte keine Hausaufgaben. Der Nobelpreisträger Georges Köhler ging in<br />

Kehl zur Schule. In: Schwabo vom 8.12.1984.<br />

König, Elmar: Bonzenschwarm. In: Schwabo vom 4.3.2000.<br />

König, Elmar: Eine Gehmeditation auf dem Weg zur Erleuchtung? Bemerkungen eines Anfängers zum<br />

<strong>Wolfacher</strong> Nasenzug. In: Schwabo vom 9.3.2000.<br />

König, Elmar: Erster Schnurrant 1600 schriftlich nachgewiesen. In: Schwabo vom 25.2.2000.<br />

1785<br />

Über den Ausverkauf der fürstenbergischen Hofbibliothek und Gemäldegalerie siehe Brecht-Benze: Adel verpflichtet?<br />

1786<br />

Yacine: Le Polygone étoilé.<br />

1787<br />

Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (6.10.2007).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 265<br />

Königlich-Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch auf das Jahr 1813. Stuttgart 1813 1788 .<br />

Korff, Gottfried: Wilde Masken. In: Wilde Masken, 11-26.<br />

Kovac, Kordula: Am Samstag steigt die große Fete. Halbmeiler Rindenhansele und Pechbrennerhexen kommen<br />

jetzt ins Schwabenalter. In: Schwabo vom 10.1.2007.<br />

Kovac, Kordula: Dr. Wohlauf und der <strong>Wolfacher</strong> „Wohlauf“. In: Schwabo vom 2.10.1998.<br />

Kovac, Kordula: Landespreis für Frank Schrader. 39-jähriger Informatiker schrieb 207-seitiges Skript über<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten. In: OT vom 14.10.2006.<br />

Kovac, Kordula: Mit Humor und Witz den Narren verschrieben. In: Schwabo vom 20.6.1992. [Über Raimund<br />

Schuler.]<br />

Kovac, Kordula: Verdienste nicht nur um die <strong>Fasnet</strong> erworben. In: Schwabo vom 29.2.1992. [Über Narrenvater<br />

Erich Steinhauser.]<br />

Krafczyk, Alois: Erst streng verboten, heute fröhlich gefeiert. In: Schwabo vom 21.1.2005.<br />

Krafczyk, Alois: Der Haslacher Hansel. In: Schwäbisch-alemannischer Narrenbote 19 (1995), 27f.<br />

Krafczyk, Alois: [Zum 80. Geburtstag von Josef Krausbeck.] In: Schwäbisch-alemannischer Narrenbote 13<br />

(1989), 46f.<br />

Krahe, Hans: Sprache und Vorzeit. Europäische Vorgeschichte nach dem Zeugnis der Sprache. Heidelberg 1954.<br />

Krais, Johann Konrad: Tagebuch über diejenigen Begebenheiten, welche die Reichsstadt Biberach während des<br />

französischen Krieges vom Jahre 1790. an bis zum Jahre 1801, erfahren hat. Buchau 1801 1789 .<br />

Der „Kranz“ wird abgebrochen. In: ANK 21 (1970-10-24), Nr. 43, 5f.<br />

Krausbeck, Josef Anton: Liedersammlung. Handschrift. Wolfach o. J 1790 .<br />

Krausbeck, Josef / Knauss, Frieder: Masken unserer Stadt. Wolfach. Stuttgart 1974.<br />

Krausbeck, Josef: [Achtzehnhundertzweiundneunzig] 1892-1982. <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Weibermühle. In: OT vom<br />

20.2.1982.<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Die</strong> Altweibermühle. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 2 (1972).<br />

Krausbeck, Josef: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. In: <strong>Die</strong> Ortenau 35 (1955), 130-141.<br />

Krausbeck, Josef: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. In: <strong>Die</strong> Ortenau 36 (1956), 55-62.<br />

Krausbeck, Josef: Aus der Geschichte der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 1 (1971).<br />

Krausbeck, Josef: Das Bettelmännle am <strong>Wolfacher</strong> Stadttor. In: <strong>Die</strong> Ortenau 61 (1981), 306-308.<br />

Krausbeck, Josef: Brunnensepple. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 10 (1980).<br />

Krausbeck, Josef: Eine alte <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>gestalt entstand neu. Der Gullerreiter. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle<br />

7 (1977).<br />

Krausbeck, Josef: Er lebte, aber er lebte nie! Graf Konrad von Wolva. In: Schwabo vom 21.8.1984.<br />

Krausbeck, Josef: Fasnächtliche Jubiläums-Erinnerungen im Jahr 1984. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 14 (1984).<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Fasnet</strong>erinnerungen von Adelheid Moser. Manuskript 1791 . Wolfach 1938.<br />

Krausbeck, Josef: Funde und Entdeckungen aus Wolfachs Geschichte. In: <strong>Die</strong> Ortenau 60 (1980), 344-346.<br />

Krausbeck, Josef: [Hundertsechzig] 160 Jahre <strong>Wolfacher</strong> Narrenzunft. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 7 (1977).<br />

Krausbeck, Josef: Moritaten in der <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. In: Eichler: Bänkelsang und Moritat, 62f.<br />

Krausbeck, Josef: Nach 90 Jahren wieder. <strong>Die</strong> Altweibermühle. Aufführung am <strong>Fasnet</strong>-Mentig 1982 in Wolfach.<br />

In: Schwäbisch-alemannischer Narrenbote 5 (1981), 21-22.<br />

Krausbeck, Josef: Närrisches Gedenken. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 9 (1979).<br />

Krausbeck, Josef: Noch ein Jubiläum. Neuer <strong>Wolfacher</strong> Hansel 50 Jahre alt. In: OT vom 19.2.1977.<br />

Krausbeck, Josef: Riesendame von der Bühne geholt. In: OT vom 20.2.1982.<br />

Krausbeck, Josef: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen-Hansel. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 27<br />

(1997).<br />

Krausbeck, Josef: Wohlauf bei 20 Grad minus. Instrumente eingefroren. In: Schwabo vom 3.3.1984.<br />

Krausbeck, Josef: Wohlauf-Geschichte. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 15 (1985).<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> in Geschichte und Dichtung. Wolfach 1973 1792 .<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Wolfacher</strong> Gemütlichkeit. Wolfach [zwischen 1948 und 1951].<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Wolfacher</strong> Heimatmuseum wiedereröffnet. In: <strong>Die</strong> Ortenau 39 (1959), 34-38.<br />

Krausbeck, Josef: Das <strong>Wolfacher</strong> Heimatmuseum. In: <strong>Die</strong> Ortenau 50 (1970), 94-105.<br />

1788 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (17.2.2009).<br />

1789 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (17.2.2009).<br />

1790 Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 1989/21. <strong>Die</strong> Liedersammlung enthält den Text für das <strong>Fasnet</strong>spiel „Der Munderkinger Landsturm“<br />

von 1865, muss also vor diesem Jahr entstanden sein. Josef Anton Krausbeck (1814-1868) war der Urgroßvater von Josef<br />

Krausbeck (1909-2000).<br />

1791 1938 konnte Josef Krausbeck nicht an der <strong>Fasnet</strong> teilnehmen, weil im Jahr zuvor sein Vater Alfred gestorben war. Darum besuchte er zur<br />

<strong>Fasnet</strong>zeit einige alte Närrinnen und Narren, um mehr über die <strong>Fasnet</strong>bräuche im 19. Jahrhundert zu erfahren. Allerdings lieferte ihm nur<br />

Adelheid Moser (1861-1947; Buchbinderei) zuverlässige Informationen, die anderen konnten sich nicht mehr genau genug daran erinnern.<br />

Das Haus der Buchbinderfamilie Moser, ehemals Vorstadtstraße 74, fiel 1997 der Vorstadtsanierung zum Opfer und befand sich<br />

auf dem jetzigen Vorstadtbrunnenplatz, Ecke Josefgasse.<br />

1792 <strong>Die</strong> darin enthaltenen <strong>Fasnet</strong>lieder wurden im Januar 1987 im Vorfeld der Verfilmung des Singspiels <strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill von<br />

Georg Anton Bredelin durch das Videostudio Beurovision auf Initiative des Narrenrates Ditmar Beu aufgenommen und zusammen mit<br />

dem Ton der Weibermühle auf Tonkassette veröffentlicht.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 266<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Herrengarten-Gesellschaft und ihre Moritaten. In: Eichler: Bänkelsang und<br />

Moritat, 58-61.<br />

Krausbeck, Josef: <strong>Wolfacher</strong> Narrenmarsch und seine Geschichte. Michelesmarsch und Kapuziner. Wie kam der<br />

<strong>Fasnet</strong>marsch von Frankreich nach Wolfach? In: Schwabo vom 6.3.1962.<br />

Krausbeck, Josef: Wolfachs ältester Kopf fand in Wien Beachtung. In: Schwabo vom 23.8.1984.<br />

Krausbeck, Josef: Zum Glück gabs die „Commedianten-Compagnie“. Zweihundert Jahre „Altweibermühle“ in<br />

Wolfach. In: Schwabo vom 6.2.1987.<br />

Krausbeck, Josef: Zum Verständnis des „Herrn Entechrist“. In: Schwabo vom 18.3.1965.<br />

Krausbeck, Josef: [Zweihundert] 200 Jahre „Altweibermühle“ in Wolfach. In: <strong>Die</strong> Ortenau 66 (1986), 357-376.<br />

Der Kreis Wolfach. Hg. von Konrad Theiss. Aalen 1966.<br />

Krieger, Albert: Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden. Bd. 2. Hg. von der Badischen<br />

Historischen Kommission. Heidelberg 2 1905.<br />

Künzig, Johannes: <strong>Die</strong> alemannisch-schwäbische <strong>Fasnet</strong>. Freiburg / Brsg. 1950. Veränderter Nachdruck. Freiburg<br />

/ Brsg. 1980; 3 1989.<br />

Künzig, Johannes: Das Frühjahrsbrauchtum der Ortenau (Lichtmeß bis Pfingsten). In: Badische Heimat 22<br />

(1935), 443-464.<br />

<strong>Die</strong> Kunst der Romanik. Architektur, Skulptur, Malerei. Hg. von Rolf Toman. Photographien von Achim<br />

Bednorz. Köln 1996.<br />

Kunst und Wissenschaft. In: Anzeiger vom Oberland, Biberach / Riß, No. 246, 29.10.1909.<br />

Kutter, Wilhelm / Knauss, Frieder: Schwäbisch-alemannische Fasnacht. Künzelsau 1976.<br />

7.2.11. Quellen L<br />

Ladenburger, Michael: Justin Heinrich Knecht. Dissertation. Wien 1984 1793 .<br />

Ladenburger, Michael: Zum Verhältnis Joseph Haydns zu Wieland und Knecht. In: Heimatkundliche Blätter für<br />

den Kreis Biberach 5 (1982), Heft 1, 20-24.<br />

Lambrecht, Karl: Der Fasnachtszug von 1910. In: Rottweiler Heimatblätter 52 (1991), 1-3.<br />

Land um Rhein und Schwarzwald. <strong>Die</strong> Ortenau in Geschichte und Gegenwart. Unter Mitwirkung zahlreicher<br />

Fachautoren hg. von Kurt Klein. 4. überarbeitete Auflage. Kehl 1980.<br />

Langer, Stephan: Der Mensch und seine Maske. Vom geistlichen Spiel bis zur Gasmaske – eine Ausstellung in<br />

Karlsruhe. In: Konradsblatt 89 (2005), Nr. 6 vom 6.2.2005, 20f.<br />

Langer, Stephan: Närrische Regio. Grenzübergreifendes Ausstellungsprojekt zur Fasnacht am Oberrhein. In:<br />

Konradsblatt 89 (2005), Nr. 6 vom 6.2.2005, 22.<br />

Lasso, Orlando di: Hort zu ein neus gedicht 1794 . In: Lasso, Orlando di: Der dritte Theil schöner newer teutscher<br />

Lieder mit fünff Stimmen. München 1576.<br />

Lasso, Orlando di: Sämtliche Werke. Bd. 18. Kompositionen mit deutschem Text. Teil I. <strong>Die</strong> drei Teile fünfstimmiger<br />

deutscher Lieder, München 1567, 1572 und 1576. Neu hg. von Horst Leuchtmann. Kassel usw.<br />

1970.<br />

Laßt uns singen. Ein Liederbuch für das Haus. Hg. von Fritz Jöde. Berlin 1930.<br />

Lauble, Heidrun: „Wohlauf“. In Wolfach gehen beim Umzug die Lichter aus. In: Badische Zeitung, Ausgabe<br />

Ortenaukreis, vom 18.2.1998. Nachdruck in: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 29 (1999).<br />

Laudatio auf den „alten“ Narrenvadder [Heiner Oberle]. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 33 (2003).<br />

Le Magasin pittoresque. Publié... sous la direction de M. Édouard Charton. Paris 1833-1938.<br />

http://gallica2.bnf.fr/ark:/12148/cb32810629m/date. Internet, 3.1.2009.<br />

Lebendige Hauptstraße. Hg. von der Stadt Wolfach. Wolfach 1996.<br />

Lebensbilder aus Baden-Württemberg. Hg. von Gerhard Taddey und Joachim Fischer. Fortsetzung der Reihe<br />

„Schwäbische Lebensbilder“. Stuttgart 1994ff.<br />

<strong>Die</strong> Lebenserinnerungen des Josef Schultis (1873-1957). Überarbeitet von Robert Scherer. Hg. vom Geschichts-<br />

und Heimatverein Furtwangen e.V. Furtwangen 1993.<br />

Leibbrand, Jürgen: Vom Sinn der Fastnacht. Das Spiel der Hölle. In: Scriptum Narreteium, 41-62.<br />

Lelouterel, F[rançois]-P[hilippe] 1795 : Manuel Encyclopédique et Alphabétique de L’Officier D’Infanterie, contenant<br />

généralement toutes les dispositions en vigueur sur le service, la police, la discipline, la législation et<br />

l’administration de l’arme d’infanterie; des notions élémentaires de géométrie et de fortification de campagne;<br />

un choix de feux et de manoevres non prescrits par l’ordonnance de 1791; une instruction pour les tirailleurs,<br />

etc. Paris 1825 1796 . (EASMES Nr. W159; Standort: U. S. Army, Carlisle Barracks 1797 , PA. Mil. Hist.<br />

Coll. UD155.F8.L4.1825 SWD.)<br />

1793<br />

<strong>Die</strong> Dissertation konnte nicht eingesehen werden; sie wird erwähnt in: Zur Geschichte der Biberacher Musikschule.<br />

1794<br />

Neuausgabe: http://www3.cpdl.org/wiki/index.php/Hort_zu_ein_neus_gedicht_(Orlando_di_Lasso) (Internet, 24.2.2011). – Vgl. Lasso:<br />

Sämtliche Werke. Bd. 18, 151-158.<br />

1795<br />

François-Philippe Lelouterel (* 3.8.1789 in Calvados, † 1874) war Offizier in der französischen Armee und Mitglied der Ehrenlegion.<br />

Annuaire militaire de 1851, s. v. Généraux de brigade Nr. 58, 12.6.1848; Annuaire des Titulaires, s. v. Lelouterel, François-Philippe.<br />

1796<br />

Das Buch konnte nicht eingesehen werden. – Titelangaben ergänzt nach: Army Heritage Collection Online, s. v. Lelouterel, François<br />

Philippe: Manuel Encyclopédique.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 267<br />

Léon Roches. http://sandy.roche.free.fr/document/roche/leonroches.htm. Internet, 15.7.2006.<br />

Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. <strong>Netz</strong>ausgabe. http://www.MWV.unitrier.de/WBInfos.html.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Mit Nachtrag. Stuttgart 32 1966.<br />

Lexikon der Weltliteratur. Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter hg. von Gero von Wilpert. 2 Bd. 3., neu<br />

bearbeitete Auflage. Stuttgart 1988 / 1993. Digitale Bibliothek Bd. 13. CD-ROM. Berlin 1999.<br />

Lexikon für Theologie und Kirche. Freiburg / Brsg. 1961.<br />

Lieder zur Laute mit Wort und Weise und Lautensatz. Hg. von Hans Ebbecke. Stuttgart 1921.<br />

Liewald, Manfred: Geschichte der Gengenbacher Narretei. In: Unsere Fasend, 31-42.<br />

Linnartz, Kaspar: Unsere Familiennamen. Bd. I, II. Bonn 3 1958.<br />

Literaturlexikon. Hg. von Walther Killy. 15 Bände. Gütersloh, München 1988-1993. Digitale Bibliothek Bd. 9.<br />

CD-ROM. 2. Ausgabe. Berlin 2005.<br />

Loeb, Daniel / Loeb, Helen: Oppenheimer family. http://www.loebtree.com/opp.html.<br />

Lorenz, Christoph F.: Einleitung. In: Fouqué: Ausgewählte Dramen und Epen I, 1-116.<br />

Ludus de Antichristo 1798 . Das Spiel vom Antichrist. Lateinisch/Deutsch. Übersetzung und Nachwort von Rolf<br />

Engelsing. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart 2000.<br />

Ludus de Antichristo. http://www.fhaugsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost12/LudusDeAntichristo/lud_intr.html.<br />

Internet, 02.07.2007.<br />

Luschinsky, Eva: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater in Donaueschingen. In: <strong>Die</strong> Fürstenberger, 162-165.<br />

<strong>Die</strong> Luther-Bibel. Originalausgabe 1545 und revidierte Fassung 1912. 2. Ausgabe. Digitale Bibliothek Bd. 29.<br />

CD-ROM. Berlin 2004<br />

7.2.12. Quellen M<br />

Maier, Steffen: Tapfer, redlich und treu dem Papst. In: Schwabo vom 14.1.2006.<br />

<strong>Die</strong> Mainzer Fastnacht. http://www.fastnacht-mainz.de/geschichte/default.asp. Internet, 1.8.2006.<br />

Manz, <strong>Die</strong>ter: Reichsprälat Ignaz Stein. In: Manz: Rottenburger Miniaturen Bd. 3, 199-203.<br />

Manz, <strong>Die</strong>ter: Rottenburger Miniaturen. Bd. 3. Horb am Neckar 2000.<br />

La marche du 1er Zouaves. http://www.amauganou.net/chant/marches_zouaves.html. Internet, 1.8.2006.<br />

Marches et sonneries de l’armée française pour les cérémonies officielles civiles ou militaires. Musique de l’Air<br />

de Paris. Direction: Jacques Devogel, François-Xavier Bailleul. CD. Paris 1996.<br />

Marshall’s Civic Band. Library Holdings. http://skyways.lib.ks.us/orgs/mcb/library.htm. Internet, 23.2.2007.<br />

Marx, Karl / Engels, Friedrich: Werke. Bd. 1-43. Berlin 1956-1990. <strong>Netz</strong>ausgabe. http://www.mlwerke.de/me/.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Marx, Karl: Bugeaud de la Piconnerie, Thomas-Robert. Artikel für The New American Cyclopædia Bd. IV. In:<br />

Marx / Engels: Werke XIV, 213-216.<br />

Masken zwischen Spiel und Ernst. Beiträge des Tübinger Arbeitskreises für Fasnachtsforschung. (Volksleben<br />

Bd. 18.) Tübingen 1967.<br />

Maßholder, Regine: „Es war ganz schön aufregend“. Kultusminister Helmut Rau überreichte Frank Schrader<br />

zweiten Landespreis für Heimatforschung. In: OT vom 28.11.2006.<br />

Meid, Volker: Reclams elektronisches Lexikon der deutschen Literatur. CD-ROM. Stuttgart 2002.<br />

Meier, Ernst: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben. Nachdruck der Ausgabe Stuttgart 1852. Mit<br />

einem Nachwort von Hermann Bausinger. Göppingen 1983.<br />

Melchior, N. N.: Batteries et Sonneries de l’Infanterie Française. Paris 1831 1799 .<br />

Memoriam für unsere Elsa Wöhrle. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 12 (1982).<br />

Meuth, Martina / Neuner-Duttenhofer, Bernd: Baden. Küche, Land und Leute. München 1988.<br />

Meyer, Elard Hugo: Badisches Volksleben im 19. Jahrhundert. Nachdruck der Ausgabe von 1900. Stuttgart<br />

1984.<br />

Meyers Konversationslexikon. <strong>Netz</strong>version der 4. Auflage, Leipzig und Wien 4 1885-1892.<br />

http://www.retrobibliothek.de. Internet, 3.8.2008.<br />

Meyerscout 2003. 2 CD-ROMs. Mannheim 2002.<br />

Mezger, Werner / Schenk, Günter: Der Narrheit auf der Spur. Wie Eva in die Fastnacht kam. Fernsehfilm des<br />

ZDF. Mainz 1988 1800 .<br />

Mezger, Werner: „Der Ausfall von Fastnacht ist nichts Neues...“. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht.<br />

Narrenbote 24 (2000), 22f.<br />

Mezger, Werner: Fasnacht, Fasching und Karneval als soziales Rollenexperiment. In: Narrenfreiheit, 203ff.<br />

Mezger, Werner: Fastnacht – vitaler Brauch oder Pflegefall? In: Wilde Masken, 27-31.<br />

1797 Das United States Military History Institute (USMHI) in Carlisle (Pennsylvania), <strong>Netz</strong>adresse: http://carlisle-www.army.mil/usamhi/<br />

(13.1.2011), besitzt die größte Sammlung von Materialien zur Militärgeschichte der US Army.<br />

1798 Der lateinische Text des Spieles findet sich auch auf der <strong>Netz</strong>seite:<br />

http://www.fh-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost12/LudusDeAntichristo/lud_intr.html (13.1.2011).<br />

1799 Repertorium der Werke in Kastner: Manuel général de musique militaire, App. 24-26.<br />

1800 <strong>Die</strong> Erstausstrahlung erfolgte am 14.2.1988 im ZDF, siehe: Schwäbisch-alemannischer Narrenbote 11 (1987), 15.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 268<br />

Mezger, Werner: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>. Ursprünge, Entwicklungen und Erscheinungsformen<br />

organisierter Narretei in Südwestdeutschland. Stuttgart 1999, 2 2001.<br />

Mezger, Werner: Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Studien zum Fortleben des Mittelalters in der europäischen<br />

Festkultur. Konstanz 1991.<br />

Mezger, Werner: Überlinger Fastnacht und Schwertletanz. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht.<br />

Narrenbote 25 (2001), 21-30.<br />

Mezger, Werner: Vom organischen zum organisierten Brauch. <strong>Fasnet</strong> in Südwestdeutschland und die Vereinigung<br />

Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. In: Zur Geschichte der organisierten Fastnacht, 7-42.<br />

Miller, Matthias / Rebmann Martina: „...die Praecision und der grosse Effect dieses kleinen Orchesters“. Musik<br />

bei den Fürsten zu Fürstenberg in Donaueschingen. http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/besonderebestaende/musik/musik-donaueschingen.html.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Modesto, Christine: Studien zur Cena Cypriani und zu deren Rezeption. Tübingen 1992.<br />

Möllinger, Ursula / Preuss, Cissy: „Frei ist der Narr zu dieser Stunde”. <strong>Die</strong> Elzacher <strong>Fasnet</strong>. Fernsehfilm des<br />

Bayrischen Rundfunks. München 1986.<br />

Mone, Franz Joseph: Der Schauertag zu Wolfach. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 20 (1867),<br />

76-77.<br />

Monumenta Germaniae Historica digital. http://www.dmgh.de/. Internet, 14.2.2007.<br />

Moormann, Eric M. / Uitterhoeve, Wilfried: Lexikon der antiken Gestalten. Mit ihrem Fortleben in Kunst,<br />

Dichtung und Musik. Übersetzt von Marinus Pütz. Stuttgart 1995.<br />

Moos, Thomas: Auch in Wolfach wird der Dorscht besungen. Eine Parallele zu der Bruchsaler Fastnachtshymne<br />

findet man auch im Ortenaukreis. In: Bruchsaler Rundschau vom 19.2.2007.<br />

Mörike, Eduard: Der alte Turmhahn. Idylle. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 398.069-398.080.<br />

Mörike, Eduard: Erzengel Michaels Feder. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 398.142-398.152.<br />

Mörike, Eduard: Der Schatz. Novelle. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 398.964-399.069.<br />

Möring, Andreas: Bredelin schrieb Singspiel zur Fastenzeit. In: Schwabo vom 11.2.1989 1801 .<br />

Morse, Edwin W.: The Vanguard of American Volunteers. New York 1918 1802 .<br />

Moser, <strong>Die</strong>tz-Rüdiger: Ein Babylon der verkehrten Welt. Über Idee, System und Gestaltung der Fastnachtsbräuche.<br />

In: Fas(t)nacht in Geschichte, Kunst und Literatur, 9-57.<br />

Moser, <strong>Die</strong>tz-Rüdiger: Fastnacht und Fastnachtspiel. Bemerkungen zum gegenwärtigen Stand volkskundlicher<br />

und literaturhistorischer Fastnachtsforschung. In: Fastnachtspiel. Commedia dell’arte, 129-146.<br />

Moser, <strong>Die</strong>tz-Rüdiger: Fastnacht. Fasching. Karneval. Das Fest der „Verkehrten Welt“. Graz 1986.<br />

Moser, <strong>Die</strong>tz-Rüdiger: Fastnachtsbrauch und Fastnachtsspiel im Kontext liturgischer Vorgaben. In: Fastnachtspiele,<br />

151-166.<br />

Moser, Hans: <strong>Die</strong> Geschichte der Fasnacht im Spiegel von Archivforschungen. Zur Bearbeitung bayerischer<br />

Quellen. In: Fasnacht. Beiträge des Tübinger Arbeitskreises für Fasnachtsforschung, 15-41.<br />

Moser, Hans: Kritisches zu neuen Hypothesen der Fastnachtsforschung. In: Jahrbuch für Volkskunde N.F. 5<br />

(1982), 9-50.<br />

Moser, Hans: Städtische Fasnacht des Mittelalters. In: Masken zwischen Spiel und Ernst, 135-202.<br />

Möser, Justus: <strong>Die</strong> Tugend auf der Schaubühne oder Harlekin’s Heirath. Ein Nachspiel in einem Aufzuge. In:<br />

Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 401.536-401.587.<br />

Motzkus, Gerd: Fastnacht ade… Fernsehfilm des SWR. Baden-Baden, Stuttgart 2000.<br />

Motzkus, Gerd: Narrentag in Überlingen. Fernsehfilm des SWR. Baden-Baden, Stuttgart 2006.<br />

Motzkus, Gerd: Narrentreffen in Hausach. Fernsehfilm des SWF und SDR. Baden-Baden, Stuttgart 1998.<br />

Motzkus, Gerd: [Zehn] 10 Jahre schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> „live“ im SWR-Fernsehen. In: Journal<br />

Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht. Narrenbote 25 (2001), 12.<br />

Mozart, Wolfgang Amadeus: Mozarts Bäsle-Briefe. Hg. und kommentiert von Joseph Heinz Eibl und Walter<br />

Senn. Kassel 1978.<br />

Müllenhoff, Karl: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845.<br />

In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 402.839-404.679.<br />

Müller, Beatrix: Santa María la Real, Sangüesa (Navarra). <strong>Die</strong> Bauplastik Santa Marías und die Skulptur<br />

Navarras und Aragóns im 12. Jahrhundert. Rezeptor, Katalysator, Innovator? Berlin, Humboldt-Univ., Philosophische<br />

Fakultät III, Diss., 1997-09-22. http://edoc.hu-berlin.de/dissertationen/kunstgeschichte/muellerbeatrix/.<br />

Internet, 23.7.2006.<br />

Müller, Peter: „Sie stammen von den alten Germanen ab...“. Zu Wandel und Deutung der Schuddiggestalt. In:<br />

s’Eige zeige. Jahrbuch des Landkreises Emmendingen für Kultur und Geschichte 2 (1988), 35-57.<br />

Müller, Peter: „Stehn uff, stehn uff! Ihr Narre alli wißts der Maudi Schwarz euer Hauptmann isch!“ Über den<br />

Elztäler Räuber Mauthe (Maudi) und seine Beziehung zur Elzacher <strong>Fasnet</strong>. In: s’Eige zeige. Jahrbuch des<br />

Landkreises Emmendingen für Kultur und Geschichte 9 (1995), 35-42.<br />

1801 Berichtigungen dazu erschienen in einem Leserbrief von Frank Schrader im Schwabo vom 22.2.1989.<br />

1802 Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Es wird zitiert in: American Volunteers.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 269<br />

Müller, Volker: Tondokumente über die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> aus den Jahren 1903 und 1906. In: Bulletin 9 (2006),<br />

2-6.<br />

Müller, Wenzel / Hasenhut, Philipp: <strong>Die</strong> Windmühle von Tripstrill, oder: die Art, alte Weiber jung zu machen.<br />

Eine grotesk-komische Pantomime in einem Aufzuge. Für das k. k. privil. Theater in der Leopoldstadt. Wien<br />

1807. (Digitalisat: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0005/bsb00058391/images/. Internet, 27.7.2011.)<br />

Mullié, Charles: Biographie des célébrités militaires des armées de terre et de mer de 1789 à 1850. Paris 1851.<br />

(Digitalisat :<br />

http://fr.wikisource.org/wiki/Biographie_des_célébrités_militaires_des_armées_de_terre_et_de_mer_de_178<br />

9_à_1850_(Mullié). Internet, 13.7.2007.)<br />

The Music Of William Billings. And Other Early American Composers.<br />

http://www.amaranthpublishing.com/billings.htm. Internet, 15.7.2006.<br />

Music publishing in Baroque Europe. http://www.baroquemusic.org/bqxpublish.html. Internet, 15.7.2006.<br />

Musik in Baden-Württemberg. Jahrbuch. Im Auftrag der Gesellschaft für Musikgeschichte in Baden-<br />

Württemberg hg. von Georg Günther und Helmut Völkl. Stuttgart, Weimar 1994ff.<br />

7.2.13. Quellen N<br />

Nachrichtenblatt der Stadt Holzgerlingen 53 (2006-12-30), Nr. 52.<br />

www.holzgerlingen.de/dokumente/document.php?doc=331. Internet, 08.06.2007.<br />

Narrenfreiheit. Beiträge zur Fastnachtsforschung. Tübingen 1980.<br />

Narrenzunft Gole 1865 e. V. Riedlingen. http://www.gole.de/. Internet, 22.1.2007.<br />

Narrenzunft Kirnbach e.V. http://www.narrenzunft-kirnbach.de. Internet, 22.8.2006.<br />

Narri-Narro. Zeitschrift für Freunde der schwäbisch-alemannischen <strong>Fasnet</strong>. Altenriet 2001ff.<br />

National Library of Australia online. http://www.nla.gov.au/. Internet, 23.2.2007.<br />

Neue Bach-Ausgabe. Johann Sebastian Bach. Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Hg. vom Johann-Sebastian-<br />

Bach-Institut Göttingen und vom Bach-Archiv Leipzig. Serie VII, Band 3: Konzerte für Violine, für zwei<br />

Violinen, für Cembalo, Flöte und Violine (BWV 1041–1044), hg. von <strong>Die</strong>trich Kilian. Notenband 1986,<br />

Kritischer Bericht 1989. Leipzig, Kassel 1986, 1989.<br />

Neue Bach-Ausgabe. Johann Sebastian Bach. Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Hg. vom Johann-Sebastian-<br />

Bach-Institut Göttingen und vom Bach-Archiv Leipzig. Serie VII, Bd. 4: Konzerte für Cembalo (BWV<br />

1052–1059; Anhang: C. P. E. Bach, Concerto d-Moll BWV 1052a), hg. von Werner Breig. Notenband 1999,<br />

Kritischer Bericht 2001. Leipzig, Kassel 1999, 2001.<br />

Das neue Feuerwehr-Gerätehaus Wolfach. Hg. von der Freiwilligen Feuerwehr Wolfach. Wolfach 1988.<br />

<strong>Die</strong> neue Narrenkammer. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 36 (2006).<br />

Das Neue Testament. Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch. Griechischer Text nach der 26. Auflage der<br />

Nestler/Aland-Ausgabe, übersetzt von Ernst <strong>Die</strong>tzfelbinger. Neuhausen, Stuttgart 4 1990.<br />

7.2.14. Quellen O<br />

Oberst, Manuela: Alles zur größeren Ehre Gottes. Das Theater der oberschwäbischen Barockklöster. In: Alte<br />

Klöster, neue Herren II.1, 201-210.<br />

Oberst, Manuela: „<strong>Die</strong> Klagende Musicalische Instrumenten“. Ein Obermarchtaler Theaterstück von Sixtus<br />

Bachmann aus dem Jahr 1772. In: Bausteine zur Geschichte II, 21-27.<br />

Ochs, Ernst: Badisches Wörterbuch. Bd. 1: A-E. Lahr 1925-40.<br />

Oehler, Hans Albrecht: Sebastian Sailer. In: Lebensbilder aus Baden-Württemberg 20 (2001), 129-145.<br />

Les Œuvres complètes de Benjamin Péret en VII tomes. Inhaltsangabe.<br />

http://www.jose-corti.fr/titresfrancais/OC-peret-ONGL.html. Internet, 18.7.2006.<br />

Offenburger Hexenzunft e.V. In: Schwäbisch-alemannischer Narrenbote 11 (1987), 6f.<br />

Ofterdinger, L[udwig] F[elix]: Geschichte des Theaters in Biberach von 1686 bis auf die Gegenwart. In:<br />

Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte VI (1883), 36-45, 113-126, 229-242.<br />

Oldtimertreffen 1998. Feuerwehr Wolfach. Hg. von der Freiwilligen Feuerwehr Wolfach. Wolfach 1998.<br />

Oliver, José F. A.: Hausacher Narren-Codex. Hg. von der Freien Narrenzunft Hausach e.V. Hausach 1998.<br />

Oppenheimer, Otto: An die Schachecke des „Aufbau“. Willkommen. In: Aufbau 9 (1943), Nr. 19 (1943-05-07),<br />

27. <strong>Netz</strong>ausgabe in: Exilpresse digital, s. v. Otto Oppenheimer.<br />

Orledge, Robert: Satie the composer. Cambridge 1990.<br />

<strong>Die</strong> Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden. Offenburg 1910ff.<br />

von Örtzen, Viktor: Fastnacht und die Medien. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht. Narrenbote 25<br />

(2001), 12-14.<br />

7.2.15. Quellen P / Q<br />

P. Sebastian Sailers Geistliche Schaubühne des Leidens Jesu Christi, in gesungenen Oratorien aufgeführt. <strong>Die</strong><br />

Karfreitagsoratorien des Marchtaler Prämonstratensers in Neuausgabe. Hg. von Wolfgang Schürle.<br />

Weißenhorn 1997.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 270<br />

Pape, Wilhelm: Griechisch-Deutsch. Altgriechisches Wörterbuch. Neusatz und Faksimile. 2. Ausgabe. Digitale<br />

Bibliothek Bd. 117. CD-ROM. Berlin 2 2006.<br />

Pech, Frauke: „Solange der Michel steht“. Lebensgeschichtliche Erzählungen als Thema für den volkskundlichkulturwissenschaftlichen<br />

Film. http://www.uni-hamburg.de/Volkskunde/Texte/Vokus/2002-1/michel.html.<br />

Internet, 25.12.2006.<br />

Péret, Benjamin: Les Œuvres complètes en VII tomes. Paris 1969-1995 1803 .<br />

Peter, C[arl]: The Jolly Coppersmith. March. Der kreuzfidele Kupferschmied. Herrn Capellmeister C. Theil<br />

gewidmet. Melbourne 1891/1892. http://nla.gov.au/nla.mus-an22733560-s1-e-cd. Internet, 23.2.2007 1804 .<br />

Pfefferle, Rolf: Friedrich Engels in Wolfach. 2./3. Juli 1849 Übernachtung im Hotel Salmen. In: Bulletin 4<br />

(2001), 4-6.<br />

Pfefferle, Rolf: Der Hexenwahn und seine Folgen im fürstenbergischen Kinzigtal. In: Bulletin 6 (2003), 9-25.<br />

Pflug, Johann Baptist: Erinnerungen eines Schwaben. Zeit und Sittenbilder aus den letzten und ersten Tagen des<br />

18. und 19. Jahrhunderts. Hg. von Julius Ernst Günthert. Bd. I. Nördlingen 1874. Bd. II. 1877 1805 .<br />

Philadelphia Composers: Francis Johnson (1792-1844).<br />

http://www.library.upenn.edu/collections/rbm/keffer/johnson.html. Internet, 17.7.2006.<br />

Plan der Stadt Wolfach nach dem staatlichen Katasterwerk von 1881. In: Disch: Chronik Wolfach, Anhang.<br />

Plouffe, Hélène: Chartier, Louis. In: The Canadian Encyclopedia, s.v. Chartier, Louis.<br />

Plouffe, Hélène: Gauthier, Eva. In: The Canadian Encyclopedia, s.v. Gauthier, Eva.<br />

Pokorny, Julius: Indogermanisches Etymologisches Wörterbuch. Tübingen, Basel 5 2005.<br />

Post, Rudolf: Das Häß. http://omnibus.uni-freiburg.de/~post/haes.html. Internet, 14.7.2006.<br />

Preiser, Richard: Biberacher Bau-Chronik. Beiträge zu einer solchen. Fortgeführt und ergänzt vom Kunst- und<br />

Altertums-Verein Biberach, 1928. Nachdruck. Biberach / Riß 1984.<br />

[Premier] 1er Régiment de Zouaves d’Ham-sur-Heur. http://www.zouaves-hsh.be. Internet, 18.7.2006.<br />

Prof. Dr. Rolf Wilhelm Brednich. http://www.kaee.uni-goettingen.de/personal/brednich/brednich.htm. Internet,<br />

13.7.2006.<br />

Puxstaller (Burckstaller), Johann 1806 : Von Nasen. In: Schmeltzl: Guter, seltzsamer und kunstreicher teutscher<br />

Gesang, 32-36 (Nr. 4).<br />

7.2.16. Quellen R<br />

Regards français sur Abd el-Kader et sur la conquête de l’Algérie.<br />

http://www.ldh-toulon.net/rubrique.php3?id_rubrique=33. Internet, 15.7.2006.<br />

Reichert, Kristina: Fasnachtsbräuche im Land. Fernsehfilm des SDR und SWF. Stuttgart, Baden-Baden 1996.<br />

Reinhardt, Albert: Volkskundliche Streifzüge. In: Der Kreis Wolfach, 44-62.<br />

<strong>Die</strong> Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft.<br />

In Gemeinschaft mit Hans Freiherr von Campenhausen, Erich Dinkler, Gerhard Gloege und Knut E.<br />

Løgstrup hg. von Kurt Galling. 2. elektronische Ausgabe der 3. Auflage, Tübingen 1956-1965. Digitale<br />

Bibliothek Bd. 12. CD-ROM. Berlin 2004.<br />

Remling, Franz Xaver: Geschichte der Bischöfe zu Speyer. 2 Bände. Mainz 1852-54 1807 .<br />

Retcliffe, John [Goedsche, Hermann] 1808 : Sebastopol. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. Vier<br />

Bände. Englische und deutsche Original-Ausgabe 1809 . Berlin 1856. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky,<br />

163.448-166.282.<br />

La Revue des deux Mondes 20 (1850), Bd. VIII. Hg. von François Buloz. Paris 1850 1810 .<br />

[Rezension von] <strong>Die</strong> Wilden, Singspiel in drey Akten; nach dem Französischen von D. Schmieder. <strong>Die</strong> Musik ist<br />

von d’Alayrac. In: Allgemeine deutsche Bibliothek 1811 . 1765-96. 1794, 116. Bd., 1. St., 102-103.<br />

Rittau, Hildburg: Haydns „Schöpfung“ 1802 unter Knecht. „Vorgänge und große Verhandlungen...“. In:<br />

Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 21 (1998), Heft 1, 87-90.<br />

1803 <strong>Die</strong> Werkausgabe konnte nicht eingesehen werden. Zum Inhalt der Werke siehe: Les Œuvres complètes de Benjamin Péret.<br />

1804 <strong>Die</strong> originale Partitur befindet sich in der National Library of Australia, Standnummer MUS N mb 783.242 P478. National Library of<br />

Australia online. – Vgl. hierzu: http://www.harmonie-buechenau.de/extdoc/brusler_dorscht1.pdf (13.1.2011).<br />

1805 Das Buch konnte nicht eingesehen werden; es enthält im Wesentlichen die Lebenserinnerungen des Biberacher Malers Johann Baptist<br />

Pflug (1785-1866) und wird oft in der ortsgeschichtlichen Literatur zitiert.<br />

1806 In Bienenfeld: Wolffgang Schmeltzl, 105, Fußnote 2, steht, dass vom Komponisten „Puxtaller“ sonst keine weiteren Kompositionen<br />

bekannt seien. Unter dem Namen „Burckstaller“ sind jedoch in anderen Quellen des 16. Jahrhunderts weitere Kompositionen nachgewiesen,<br />

sodass es sich hier vermutlich in Schmeltzls Liederbuch um einen Schreibfehler handelt. The C.M.M.E. Project (computerized<br />

mensural music editing), http://www.cmme.org/?page=database&view=composers&id=203 (Internet, 26.2.2011); RISM, s. v. Burckstaller,<br />

Johannes.<br />

1807 Das Buch konnte nicht eingesehen werden.<br />

1808 Der deutsche Schriftsteller Hermann Goedsche (1815-1878) veröffentlichte die meisten seiner Werke unter dem Pseudonym Sir John<br />

Retcliffe. Literaturlexikon IV, 186f., s. v. Goedsche, Hermann.<br />

1809 Digitalisat, hg. von der Bibliothek digitaler Reprints klassischer Abenteuerliteratur. http://www.karl-maygesellschaft.de/kmg/abntrlit/primlit/reprints/retcliffe/index.htm.<br />

Internet, 5.8.2011.<br />

1810 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (26.6.2007).<br />

1811 Der Volltext der Allgemeinen deutschen Bibliothek findet sich auf der <strong>Netz</strong>seite http://www.ub.unibielefeld.de/diglib/aufklaerung/suche.htm<br />

(13.1.2011).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 271<br />

Robert, Claude-Maurice: Bugeaud, la ville des hortensias. http://www.piedsnoirs-aujourdhui.com/bugeaud.html.<br />

Internet, 13.7.2007.<br />

Roches, Léon: Dix ans â travers l’Islam. 1834-1844. Paris 1904 1812 .<br />

Rögele, Karl: Dr. Valentin von Schwab, f. f. geheimer Rat und Hofkanzler zu Donaueschingen und Landvogt zu<br />

Wolfach 1732-1809. In: <strong>Die</strong> Ortenau 13 (1926), 80-91.<br />

Römisches Sonntagsmeßbuch. Lateinisch und deutsch. Mit liturgischen Erklärungen. Im Anschluss an das<br />

Messbuch von Anselm Schott O.S.B. hg. von Mönchen der Erzabtei Beuron. Freiburg / Brsg. 5 1951.<br />

Rosenmüller, Johann: Sonate à 2. 3. 4 è 5. Stromenti da Arco & Altri. Hg. von Johan Tufvesson.<br />

http://www.lysator.liu.se/~tuben/scores/r1682son/. Internet, 21.06.2007.<br />

Rubank Book Of Clarinet Solos. http://www.encoremusic.com/clarinet/1050030.html<br />

Ruch, Martin: Placidus III., letzter Abt von Schuttern, seine „Geschichts-Erzählung“ von 1799 und die Meinung<br />

des Ignaz Speckle, letzter Abt von St. Peter, über seinen Amtsbruder. In: <strong>Die</strong> Ortenau 84 (2004), 293-310.<br />

7.2.17. Quellen S<br />

Sachs, Hans: Werke in zwei Bänden. Auswahl, Einleitung und Anmerkungen von Reinhard Hahn. Berlin,<br />

Weimar 1992.<br />

Sachs, Hans: Werke. Hg. von Adelbert von Keller und Edmund Goetze. Alphabetischer Registerband von Roger<br />

A. Crockett. Hildesheim, New York 1982.<br />

Sandfuchs, Albert: Ein Rückblick zum Jubiläum. 100 Jahre Jugendkapelle Wolfach. In: 100 Jahre Jugendkapelle<br />

Wolfach, [13]-[18].<br />

Sandfuchs, Albert: [Fünfzig] 50 Jahre neuer „Zähringerhof“. Aus der Geschichte eines <strong>Wolfacher</strong> Gasthofes. In:<br />

ANK 10 (1959-06-20), Nr. 25.<br />

Sandfuchs, Albert: Das Gasthaus „Zum Kreuz“. Wolfach 1973.<br />

Sandfuchs, Albert: <strong>Die</strong> Herberge zur Sonne. In: ANK 23 (1972-11-11), Nr. 46, 30-32.<br />

Sandfuchs, Albert: Hotel „Krone“ begeht 250jähriges Bestehen. In: ANK 16 (1965-10-09), Nr. 40.<br />

Sandfuchs, Albert: Orden für Witz und Narrentreue. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 7 (1977).<br />

Sandfuchs, Albert: Vom Gutshof zum Stadtteil. Der Straßburger Hof in Wolfach. In: <strong>Die</strong> Ortenau 51 (1971),<br />

125-137.<br />

Sandfuchs, Albert: Vor fünfzig Jahren Wiedergründung der Geldbeutelwäsche. In: ANK 25 (1974-02-24), Nr. 8,<br />

4f.<br />

Sandfuchs, Albert: Der <strong>Wolfacher</strong> Durscht! Wolfach [zwischen 1948 und 1951].<br />

Sandfuchs, Erich: Vorentwurf für das Fastnachtsspiel „Heiratsmarkt Wolfach 1951“. Manuskirpt im <strong>Fasnet</strong>archiv<br />

Frank Schrader. Wolfach 1951.<br />

Sandfuchs, Wilhelm: <strong>Die</strong> Geschichte des „Kinzigtäler“. Ein Beitrag zum Werden der badischen Heimatpresse.<br />

Würzburg-Aumühle 1939.<br />

Satie, Erik: Klavierwerke. Nach den Quellen hg. von Eberhardt Klemm. Bd. 2. Leipzig o.J.<br />

Sattler, Christian Friedrich 1813 : Geschichte des Herzogthums Würtenberg [!] und dessen angränzenden Gebiethe<br />

und Gegenden. Tübingen 1757.<br />

Scarboro, Russ: Cannstatter Volksfest-Verein Of Philadelphia. 1873-1942.<br />

http://www2.hsp.org/collections/balch manuscript_guide/html/canstatter.html. Internet, 30.7.2006.<br />

Schäfer, Joachim: Ökumenisches Heiligenlexikon. http://www.heiligenlexikon.de. Internet, 1.8.2006.<br />

Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst Vorspiel und Prolog. In:<br />

Faust. Anthologie einer deutschen Legende, 10.668-10.860. (Digitalisat der Erstausgabe von 1898:<br />

http://openlibrary.org/books/OL23335484M/Faustine_der_weibliche_Faust. Internet, 28.7.2011)<br />

Scharfenberg, Horst: <strong>Die</strong> Altweibermühle. Ein altes Fastnachtsspiel in neuem Gewand. Fernsehfilm des SWF.<br />

Baden-Baden 1963.<br />

Scharfenberg, Horst: [<strong>Die</strong> Altweibermühle]. Hörspiel des SWF. Baden-Baden 1952.<br />

Scharfenberg, Horst: <strong>Die</strong> deutsche Küche. Bern 1980.<br />

Schaub, Friedrich: <strong>Die</strong> Matrikel der Universität Freiburg i. Br. von 1656-1806. Bd. 2. Freiburg / Brsg. 1956.<br />

von Scheffel, Joseph Viktor: Juniperus. Erzählung. Mit einem Nachwort hg. von Wilhelm Zentner. Stuttgart<br />

1952 1814 .<br />

Schenk, Günter: „Das wird uns nicht mehr passieren“. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht.<br />

Narrenbote 24 (2000), 18-21.<br />

Schicht, Jochen: <strong>Die</strong> Rottweiler <strong>Fasnet</strong> als „heimatliches“ Symbol. Zum Einfluss städtischer Festkultur auf<br />

lokale Identität. Rottweil 2003.<br />

Schicht, Jochen: Spättle, Plätzle oder Fleckle. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht. Narrenbote 25<br />

(2005), 42-48.<br />

1812<br />

Buch konnte nicht eingesehen werden.<br />

1813<br />

Das Buch konnte nicht eingesehen werden. Zu Leben und Werk von Christian Friedrich Sattler (1705-1785) siehe Herding:<br />

Geschichtsbewußtsein.<br />

1814<br />

In Donaueschingen gibt es einen Juniperusweg, der nach Scheffels Erzählung benannt wurde.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 272<br />

Schidelko, Johannes: Tradition und Effizienz. <strong>Die</strong> Schweizergarde steht seit 500 Jahren im <strong>Die</strong>nst der Päpste. In:<br />

Konradsblatt 90 (2006), Nr. 4 vom 22.1.2006, 20f.<br />

Schiller, Friedrich: <strong>Die</strong> Piccolomini. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 477.431-477.601.<br />

Schiller, Friedrich: Reiterlied. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 474.739f.<br />

Schiltach. Schwarzwaldstadt im Kinzigtal. Bearbeitet von Hans Harter und Dr. Elfi Harter-Bachmann. Hg. von<br />

der Stadt Schiltach. Schiltach 1980.<br />

Schlaefli, Louis: Über den Werkmeister Georg Wambser aus Wolfach. In: <strong>Die</strong> Ortenau 75 (1995), 413-430.<br />

Schlegel, Franz: J. H. Knecht und die Aufführung der „Schöpfung“. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis<br />

Biberach 21 (1998), Heft 2, 89f.<br />

Schlegel, Franz: Justinus Heinrich Knecht. Ein Biberacher Komponist. Biographie und Werkverzeichnis.<br />

Biberach / Riß 1980.<br />

Schlegel, Franz: Türmer, Stadtpfeifer, Ratsmusiker in der ehemaligen Reichsstadt Biberach. In: Heimatkundliche<br />

Blätter für den Kreis Biberach 26 (2003), Heft 1, 86-90.<br />

Schmalz, Franz: Als der Sturm „Vivian“ die Narren durchwirbelte. In: Schwabo vom 15.2.2000.<br />

Schmalz, Franz: Wohlauf musste vor 70 Jahren bei minus 17 Grad singen. In: Schwabo vom 10.2.1999.<br />

Schmeller, Johann Andreas / Frommann, Georg Carl: Bayerisches Wörterbuch. Sammlung von Wörtern und<br />

Ausdrücken, die in den lebenden Mundarten sowohl, als in der ältern und ältesten Provincial-Litteratur des<br />

Königreichs Bayern, besonders seiner ältern Lande, vorkommen, und in der heutigen allgemein-deutschen<br />

Schriftsprache entweder gar nicht, oder nicht in denselben Bedeutungen üblich sind, mit urkundlichen Belegen,<br />

nach den Stammsylben etymologisch-alphabetisch geordnet. 2., mit des Verfassers Nachträgen vermehrte<br />

Ausgabe. Bearbeitet von Georg Karl Fromann. München 1872-1877. (Digitalisat:<br />

http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/schmeller. Internet, 2.4.2011.)<br />

Schmeltzl, Wolfgang: Guter, seltzsamer und kunstreicher teutscher Gesang. Veröffentlicht von Rudolf<br />

Flotzinger. Graz 1990.<br />

Schmid, Hermann: Der fürstenbergische Staatskalender von 1779. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte.<br />

Hg. von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und dem<br />

Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein. 61 (2002), 233-271.<br />

von Schmid, Johann Christoph: Schwäbisches Wörterbuch mit etymologischen und historischen Anmerkungen.<br />

Stuttgart 1831 1815 .<br />

Schmider, Christoph: Der Ruster „Musikbaron“. Franz Friedrich Böcklin von Böcklinsau (1745-1813) und die<br />

Musik in der Ortenau. In: <strong>Die</strong> Ortenau 84 (2004), 311-338.<br />

Schmider, Walter: Auf der „Kranzbühne“ flossen Tränen der Rührung. In: Schwabo vom 10.2.1999<br />

Schmider, Walter: Erste Narrenorden vor 71 Jahren verliehen. In: Schwabo vom 14.2.2004.<br />

Schmider, Walter: Narrogeist wurde vor 50 Jahren wiedergeboren. In: Schwabo vom 9.2.1999.<br />

Schmider, Walter: Neugeburt der <strong>Fasnet</strong>. In: Schwabo vom 13.2.1999.<br />

Schmidt, Friedrich Wilhelm Valentin: <strong>Die</strong> Schauspiele Calderon’s. Aus gedruckten und ungedruckten Papieren<br />

des Verfassers zusammengesetzt, ergänzt und hg. von Leopold Schmidt. Elberfeld 1857 1816 .<br />

Schmidt, Leopold: <strong>Die</strong> Schneckenmaskierung. Ein Beitrag zur Methode der volkskundlichen Maskenforschung.<br />

In: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 2 (1955), 118-163.<br />

Schmieder, Heinrich Gottlieb: <strong>Die</strong> Wilden. Singspiel aus dem Französischen. Frankfurt / Main 1791; 2 1805.<br />

[Übersetzung von La Chabeaussière: Azémia ou les Sauvages.]<br />

Schmieder, Wolfgang: Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke Johann Sebastian<br />

Bachs (Bach-Werke-Verzeichnis). 2. überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Wiesbaden 2 1990.<br />

Schneider, Hugo: Josef Ignaz Peter, ein Achtundvierziger aus Achern. In: <strong>Die</strong> Ortenau 66 (1986), 427-453.<br />

Schneider, Hugo: <strong>Die</strong> Klosterschule von Allerheiligen. Aus den Jugenderinnerungen des ehemaligen<br />

Regierungsdirektors von Konstanz Josef Ignaz Peter. In: <strong>Die</strong> Ortenau 66 (1986), 348-356.<br />

Schneider, Max: Deutsches Titelbuch. Ein Hilfsmittel zum Nachweis von Verfassern deutscher Literaturwerke.<br />

Neudruck der 2. Auflage Berlin 1927. Berlin 1965.<br />

Schneider-Strittmatter, Hermann: Chronik der Stadt Hausach. Karlsruhe 1966.<br />

Schneider-Strittmatter, Hermann: <strong>Die</strong> Stabsgemeinde Kinzigtal. Eine Heimatgeschichte. Wolfach 1962.<br />

Schöntag, Wilfried: Das deutsche und lateinische Schulwesen der Prämonstratenserreichsabtei Marchtal. Vom<br />

16. Jahrhundert bis zur Säkularisation 1802/1803. In: Bausteine zur Geschichte II, 37-51.<br />

Schrader, Frank: [Achtzehnhundertachtundvierzig] 1848/49. Revolution und Revolutionäre in Wolfach. In: <strong>Die</strong><br />

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Schrader, Frank: Alter <strong>Wolfacher</strong> Hansel wiederentdeckt. In: Schwabo vom 19.2.2004.<br />

Schrader, Frank: Alter <strong>Wolfacher</strong> Mi-parti-Hansel entdeckt. In: Narri-Narro 7 (2007), 24f.<br />

Schrader, Frank: Aschermittwochsbrauchtum in Wolfach. In: <strong>Die</strong> Ortenau 76 (1996), 627-647.<br />

Schrader, Frank: Bauliche Entwicklungen in Wolfach im 20. Jahrhundert. In: <strong>Die</strong> Ortenau 77 (1997), 647-676.<br />

1815 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (16.1.2011).<br />

1816 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (26.6.2007).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 273<br />

Schrader, Frank: Beat ginge sogar den alten Rittern in die Beine. In: Schwabo vom 19.3.2005; WOM vom<br />

23.3.2005.<br />

Schrader, Frank: Bredelin ist berühmter als gedacht. Gedicht über Autor eines <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>spiels wiederentdeckt.<br />

In: Schwabo vom 10.7.2009.<br />

Schrader, Frank: Ein „<strong>Die</strong>s Iræ“ von Georg Anton Bredelin (1752-1814). Neue Erkenntnisse über den<br />

Biberacher Musikdirektor. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 27 (2004), Heft 2, 87-89 1817 .<br />

Schrader, Frank: Ein bisschen feiern sie dann doch. Vor 20 Jahren blasen die Narren wegen des Golfkriegs die<br />

<strong>Fasnet</strong> ab. In: Schwabo vom 21.1.2011.<br />

Schrader, Frank: Fett und Mehl – fertig ist die Schminke. [120 Jahre Mehlwurmhansel.] In: Schwabo vom<br />

3.2.2005.<br />

Schrader, Frank: Fürst beendet Festspieltradition. Passionsspiele gehörten einst in Wolfach zum Osterfest dazu.<br />

In: Schwarzwälder Bote vom 26.3.2005.<br />

Schrader, Frank: Georg Anton Bredelin (1752-1814). Ein begabter Dichter und Schulmeister aus Biberach an der<br />

Riß. In: <strong>Die</strong> Ortenau 73 (1993), 595-606.<br />

Schrader, Frank: Im Kinzigtal schafft Bredelin ein Meisterstück. In: Schwabo vom 25.1.2002.<br />

Schrader, Frank: Langenbacher Tier zeigt Mesnern den Weg. In: Schwabo vom 27.1.2011.<br />

Schrader, Frank: Larven haben in Wolfach eine lange Tradition. Bunte Vielfalt der Narrenfiguren zeigt<br />

Geschichte auf. Seit 75 Jahren Schellenhansel. In: Schwabo vom 24.1.2009; Blickpunkt Kinzig vom<br />

6.2.2009.<br />

Schrader, Frank: Lenkende Hand in der <strong>Fasnet</strong>. [75 Jahre Narrenpolizei.] In: Schwabo vom 19.1.2005.<br />

Schrader, Frank: <strong>Die</strong> Melodie geht auf Komponisten Bach zurück. Neues über historisches <strong>Fasnet</strong>sspiel<br />

„Weibermühle von Tripsdrill“ von Georg Bredelin. In: Schwabo vom 18.1.2011; Kurier vom 19.1.2011, 6.<br />

Schrader, Frank: Mittelalterliche Stadtplaner greifen zu Satz des Pythagoras. In: Schwabo vom 3.3.2006.<br />

Schrader, Frank: Möglicherweise eine Karikatur auf <strong>Wolfacher</strong> Bürgermilitär. Herkunft des Michelesmarschs<br />

entdeckt? In: Schwabo vom 4.1.2007.<br />

Schrader, Frank: <strong>Die</strong> musikalischen Wurzeln reichen bis ins 14. Jahrhundert. <strong>Wolfacher</strong> Nachtwächterlied erklang<br />

bis zur Einführung der Kontrolluhren. In: Schwabo vom 12.5.2006.<br />

Schrader, Frank: Nachtwächterweise dient als Vorbild. <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf-Melodie findet nicht nur Eingang in<br />

das Wittenberger Gesangbuch. In: Blickpunkt Kinzig vom 1.6.2007.<br />

Schrader, Frank: Nanu! <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> jetzt auch im Kongo. In Afrika stationierte Einheit gibt sich närrisch.<br />

In: Schwabo vom 10.11.2006.<br />

Schrader, Frank: Neues über die Baugeschichte der Stadt Wolfach. In: <strong>Die</strong> Ortenau 75 (1995), 267-275.<br />

Schrader, Frank: Nicht immer gleich beliebt. <strong>Fasnet</strong>figur Streifenhansel um 1895 entstanden. In: Blickpunkt<br />

Kinzig Nr. 11 vom 11.1.2008.<br />

Schrader, Frank: Riesendame und Bretschelhansel. In: Schwabo vom 12.2.2011.<br />

Schrader, Frank: Schloss und Kirche richten sich am Campus aus. In: Schwabo vom 9.3.2006.<br />

Schrader, Frank: <strong>Die</strong> tapferen Recken greifen erneut zu den Turnierlanzen. In: Schwabo vom 5.3.2003.<br />

Schrader, Frank: Unerschrockene feiern trotzdem. [Ausfall der <strong>Fasnet</strong> 1991.] In: Schwabo vom 28.1.2003.<br />

Schrader, Frank: Weiber mit Runzeln am Spinnrad. „Alde Rungunkeln“ feiern ihr 50-jähriges Bestehen. In:<br />

Blickpunkt Kinzig Nr. 11 vom 11.1.2008.<br />

Schrader, Frank: <strong>Die</strong> „Weibermühle von Tripstrill“ in Wolfach. In: Narri-Narro 7 (2007), 26-28.<br />

Schrader, Frank: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lieder. In: <strong>Die</strong> Ortenau 83 (2003), 179-200.<br />

Schrader, Frank: „Zwangsumzüge“ sind jetzt endlich passé. Freie Narrenzunft Wolfach schlägt mit Kauf der<br />

Kammer ein neues Geschichtskapitel auf. In: Schwabo vom 28.9.2005.<br />

Schrage, Wolfgang: Der erste Brief an die Korinther. EKK VII, 3. Zürich 1999.<br />

Schrecklein, Sonja: Hallo Berlin, die Narren kommen. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht.<br />

Narrenbote 25 (2001), 6-11.<br />

Schrempp, Hermann: „Hecht“ fünfzig Jahre in Familienbesitz. In: ANK 12 (1961-11-04).<br />

Schrempp, Hermann: <strong>Die</strong> „Krone“ am <strong>Wolfacher</strong> Marktplatz. In: ANK 12 (1961-09-02).<br />

Schrempp, Otto: Beständig war nur die Veränderung. Ein Beitrag zur Geschichte der Hauptstraße. In: Lebendige<br />

Hauptstraße, 18-27.<br />

Schrempp, Otto: Eine kleine Chronik des <strong>Wolfacher</strong> Narrenbrunnens. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 26 (1996).<br />

Schrempp, Otto: Eine Reise in die närrische Vergangenheit. In: 180 Jahre Freie Narrenzunft Wolfach, 21-63.<br />

Schrempp, Otto: Häuser und Menschen. In: Weichenstellung für eine neue Vorstadt, 20-25.<br />

Schrempp, Otto: Klagen über Trunkenheit im <strong>Die</strong>nst und Unfleiß. In: OT vom 4.9.1998.<br />

Schrempp, Otto: Das Kurgartenhotel. In: Schwarzwaldstadt mit Tradition, 212f.<br />

Schrempp, Otto: Leben stand im <strong>Die</strong>nste Wolfachs. Bürgermeister Hans Allgeier vor 50 Jahren verstorben. In:<br />

Schwabo vom 17.2.2001.<br />

1817 Durch ein Versehen sind hier die Noten der Tenorstimme von Bredelins <strong>Die</strong>s Iræ falsch wiedergegeben. Der oktavierte Violinschlüssel<br />

muss durch einen Tenorschlüssel, der das eingestrichene c auf der vierten Notenlinie festlegt, ersetzt und die Vorzeichen für die Noten b,<br />

es und as entsprechend versetzt werden. Briefl. Mitteilung von Berthold Büchele, Ratzenried, vom 8.10.2005.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 274<br />

Schrempp, Otto: [Neunzehnhunderteinunddreißig] 1931 bis 1933 Jahre der Not. In: OT vom 2.5.1983.<br />

Schrempp, Otto: Reichstagswahl und große Politik vor 100 Jahren. In: MBW 38 (1987-03-06).<br />

Schrempp, Otto: Straßenfasnet verboten. In: MBW 38 (1987-02-20).<br />

Schrempp, Otto: Wolfach – Fremdenverkehrsort mit Tradition. In: Schwarzwaldstadt mit Tradition, 178-211.<br />

<strong>Die</strong> Schütte geschlossen. In: Schwarzwälder Tagblatt Villingen vom 11.9.1939.<br />

Schuler, Manfred: <strong>Die</strong> Fürstenberger und die Musik. In: <strong>Die</strong> Fürstenberger, 150-161.<br />

Schuler, Wilfried: Laut und Bunt... Mit zwölf Umzügen durch die <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. In: Narri-Narro 5 (2005).<br />

Schuler, Wilfried: Wer g’hört uff de Sockel nuff? In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 36 (2006).<br />

Schwabenspiegel. Literatur vom Neckar bis zum Bodensee 1000-1800. Hg. von Ulrich Gaier, Monika Küble,<br />

Wolfgang Schürle. Ulm 2003.<br />

Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern. Hg. und zusammengestellt von Wulf Wager. Tübingen 2003.<br />

Schwäbisch-alemannische <strong>Fasnet</strong> in alten Bildern. Neue Funde. Hg. und zusammengestellt von Wulf Wager.<br />

Tübingen 2005.<br />

Das schwäbische Landesmusikarchiv. http://www.uni-tuebingen.de/en/faculties/philosophischefakultaet/fachbereiche/altertums-und-kunstwissenschaften/mwi/landesmusikarchiv.html.<br />

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1988.<br />

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Schwendele, Johannes: Geschichte der Stadt und Pfarrei Hayingen. Riedlingen 1958.<br />

Scriptum Narreteium der „Freien Narrenzunft Hausach e.V.“ zum Narrentreffen vom 23. bis 25. Januar 1998.<br />

Hg. von der Freien Narrenzunft Hausach e.V. Hausach 1998.<br />

Searchable Old English-Modern English Dictionary. http://forrest.cx/projects/oe-dict/. Internet, 2004 (aktuell<br />

nicht mehr im <strong>Netz</strong>).<br />

Seeger, Horst: Das große Lexikon der Oper. Über 12.000 Stichwörter und Erklärungen. Sonderausgabe.<br />

Herrsching 1985.<br />

Seim, Andreas: Entlarvt! Von Masken und Maskeraden. [Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe,<br />

18.12.2004 - 28.03.2005.] Marburg 2004.<br />

Sheelagh-Na-Gig. http://www.unc.edu/celtic/catalogue/stbrigid/SHEELAGH.html. Internet, 11.07.2007.<br />

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Solo for tuba, written by C. Peter and arranged by William Bell.<br />

http://music.netstoreusa.com/fds/WBfds00136.shtml<br />

Le Somptier, René: Les Fils du Soleil. Une comédie dramatique. Stummfilm mit Joë Hammam, Georges Charlia,<br />

Marquisette Bosky, Marcel Vibert, Mario Nasthasio, G. Bernier, Charles Leclerc, Tahar, Melle Sioumandan,<br />

Leila Djali. Gedreht in Marokko (Atlas, Rabat, Meknès, Fès). Frankreich 1924 1818 .<br />

Sonneries de cavalerie. Direction trompette-major Eric Conrad. CD. Paris 1986.<br />

Sonneries et batteries réglementaires. Médiathèque de la défense.<br />

http://www.defense.gouv.fr/sites/defense/mediatheque/mediatheque041007/son_rep_sonn_batt.html. Internet,<br />

15.7.2006.<br />

Spohr, Louis / Döring, Georg: Arien und Gesänge aus: Der Berggeist romantische Oper in drei Aufzügen.<br />

Hamburg [ca. 1825]. (Digitalisat: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0005/bsb00053202/images/.<br />

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Steinert, Harald: Auf der Jagd nach Uran. Ende in Weißenstadt. Neuer Anfang in Ellweiler. In: <strong>Die</strong> Zeit Nr. 44<br />

vom 31.10.1957<br />

Steinhauser, Erich: [Fünfzehn] 15 Jahre Narrenbrunnen. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 15 (1985).<br />

Steinhauser, Erich: [Zwanzig] 20 Jahre „Narrevadder zue Wolva“. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 10 (1980).<br />

Steinhauser, Erich: [Zwanzig] 20 Jahre <strong>Wolfacher</strong> Narrenbrunnen. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 20 (1990).<br />

Stewart, Alison: Large Noses and Changing Meanings in Sixteenth-century German Prints. In: Print Quarterly,<br />

XII.4 (Dezember 1995), 343-360. (Digitalisat: http://digitalcommons.unl.edu/artfacpub/7/. Internet,<br />

8.4.2011.)<br />

Stiefenhofer, Christine: „Chronik wird <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> gerecht“. Kultusminister überreicht Frank Schrader<br />

Landespreis für Heimatforschung. In: Schwabo vom 28.11.2006.<br />

1818 Angaben nach: Les Fils du Soleil.<br />

1819 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (17.2.2009).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 275<br />

Stiefenhofer, Christine: <strong>Fasnet</strong> ein Eldorado für Frank Schrader. <strong>Wolfacher</strong> mit Thema Zweitplatzierter beim<br />

Landespreis für Heimatforschung. In: Schwabo vom 14.9.2006.<br />

Stiefenhofer, Christine: Frank Schrader und die Narren. <strong>Wolfacher</strong> mit Thema Zweitplatzierter beim Landespreis<br />

für Heimatforschung. In: WOM vom 20.9.2006.<br />

Stiefenhofer, Christine: Mit eisernem Willen Wunder vollbracht. In: Schwabo vom 13.10.2004.<br />

Das stille Jubiläum. [175 Jahre Narrenzunft.] In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 22 (1992).<br />

Stoll, Jürgen: Bigotphones. Närrische Musikinstrumente. In: <strong>Die</strong> Knall-Erbse 18 (2009).<br />

Stoll, Jürgen: <strong>Die</strong> Werkstatt des Prinzen Karneval. 150 Jahre Thüringer Maskenmanufakturen. In: <strong>Die</strong> Knall-<br />

Erbse 18 (2009).<br />

Stolz, Bernhard: 130 Jahre Altweibermühle. Festschrift. Bürgstadt 1990.<br />

Storm, Theodor: Der Spiegel des Cyprianus. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 526.400-526.438.<br />

Strack, Paul: <strong>Die</strong> Ahnen des Dichters Josef Viktor von Scheffel. In: Alemannisches Jahrbuch 1958, 361-384.<br />

Straub, Georg: Erzählende Steine an Türen und Toren von Wolfach. In: <strong>Die</strong> Ortenau 19 (1932), 161-171.<br />

Straub, Georg: „<strong>Die</strong> Weibermühle von Tripstrill“. Erweiterung des historischen Spieles von 1802. Maschinenschriftliches<br />

Manuskript. Wolfach 1951 1820 .<br />

Straub, Hans Jörg [Georg]: Mi’ Heimet in Wort und Bild. Basel 1919 1821 .<br />

Straub, Hansjörg [Georg]: Mi’ Handschrift. Mundart-Gedichte und Zeichnungen aus meiner Feder. Wolfach o. J.<br />

Strauß-Németh, László: Johann Wenzel Kalliwoda und die Musik am Hof zu Donaueschingen. 2 Bd. Hildesheim,<br />

Zürich 2005.<br />

Stüble, Josef / Schmider, Walter: <strong>Die</strong> katholische Pfarrgemeinde St. Laurentius in Wolfach. Geschichte und<br />

Gegenwart. Passau 1994.<br />

Swan, Timothy: [Manuskript]. 41 unnummerierte <strong>Seite</strong>n. Northfield (MA) 1775. (EASMES Nr. A31; Standort:<br />

American Antiquarian Society. 1822 )<br />

7.2.18. Quellen T<br />

Tagelieder des deutschen Mittelalters. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Ausgewählt, übersetzt und<br />

kommentiert von Martina Backes. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart 2003.<br />

Tailliart, Charles: L’Algérie dans la littérature française. Essai de bibliographie méthodique et raisonnée jusqu’à<br />

l’année 1924. Paris 1925 1823 .<br />

Tauber, Walter: Der Wortschatz des Hans Sachs. Bd. 1. Untersuchungen. Berlin, New York 1983.<br />

Telefonauskunft für den PC. Datenstand 1. September 2005. CD-ROM. Dorsten 2005.<br />

Das Thamsbrücker Ablassfest. Hg. vom Thamsbrücker Heimat- & Ablaßburschenverein 1501 e.V.<br />

http://www.ablassfest.de/. Internet, 9.2.2007.<br />

Topka, Ullrich: Ein Name, viele unterschiedliche Formen. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht.<br />

Narrenbote 28 (2004), 50f.<br />

Trenkle, J[ohann] B[aptist]: Ueber die Musik in den Ortenauischen Klöstern. Culturgeschichtliches. In: Freiburger<br />

Diöcesan-Archiv 3 (1868), 165-186.<br />

Trenkle, J[ohann] B[aptist]: Ueber süddeutsche geistliche Schulcomödien. In: Freiburger Diöcesan-Archiv 2<br />

(1866), 129-190.<br />

Tripsdrill. Der Erlebnispark. http://www.tripsdrill.de. Internet, 13.7.2006.<br />

Troupes De Marine. Site non officiel. Section MP3 et fichiers audio.<br />

http://www.troupesdemarine.org/outils/multimedia/mp3.htm. Internet, 15.7.2006.<br />

Tschira, Wilhelm Arnold: Stadt und Schloß Wolfach. In: Badische Heimat 22 (1935), 322-336.<br />

Tuczay, Christa: Magie und Magier im Mittelalter. Überarbeitete Neuausgabe. München 2003. In: Hexen, 2401-<br />

3087.<br />

Tufvesson, Johan: Free Sheetmusic. http://www.lysator.liu.se/~tuben/scores/. Internet, 21.06.2007.<br />

Tumbült, Georg / Dollinger, Fr.: Das Fürstlich Fürstenbergische Hoftheater zu Donaueschingen 1775-1850. Ein<br />

Beitrag zur Theatergeschichte. Donaueschingen 1914.<br />

Tumbült, Georg: Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis zur Mediatisierung im Jahre 1806. Freiburg<br />

/ Brsg. 1908.<br />

7.2.19. Quellen U / V<br />

Uhland, Ludwig: Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder mit Abhandlungen und Anmerkungen. 2 Bd.<br />

Stuttgart 1844/45 1824 .<br />

Uhland, Ludwig: Rath der Nachtigall. In: Germania. Vierteljahrsschrift für deutsche Alterthumskunde. 3 (1858),<br />

129-146.<br />

1820 Manuskript im Museum Schloss Wolfach, Inventar-Nr. 2009/0515-094.<br />

1821 Ein Faksimile des Büchleins findet sich in: Bulletin 9 (2006), 37-44.<br />

1822 Das Manuskript konnte nicht eingesehen werden.<br />

1823 Eine teildigitalisierte Ausgabe des Buches gibt es auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (30.6.2007).<br />

1824 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (30.06.2007).


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 276<br />

Unser Liederbuch für die Grundschule. Ausgabe für Baden-Württemberg. Hg. von Peter Fuchs und Willi<br />

Gundlach. Stuttgart 1966.<br />

Unsere Fasend. Narrenmuseum Gengenbach Niggelturm. Hg. von der Narrenzunft Gengenbach e.V. Gengenbach,<br />

Offenburg 1982.<br />

Unverfängliches wolmeinendes Geist-Recht und weltliches Bedencken oder Discurs über die Frag: Ob die<br />

Faßnacht ... in einer christlichen wohlbestellten Republic, Stadt oder Gemein ... köndten oder sollen geduldet<br />

... werden? Augspurg [circa 1650]. (Digitalisat: http://digital.slub-dresden.de/id334973406. Internet,<br />

28.8.2011.)<br />

Uran im Gestein. In: Der Spiegel 33/1951 (15.8.1951), 12f.<br />

Versuch eines Prologs. www.pikanta.de/foto/carnevale/Prolog.PDF. Internet, 9.2.2007.<br />

Verzeichnis der Nachtwächter und Türmer in Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Holland und<br />

Schweiz. Hg. von der Europäischen Nachtwächter- und Türmerzunft. Rodach 1998.<br />

Vetter, Michael: Endinger präsentieren den Altjokili. In: Journal Schwäbisch-Alemannischer Fastnacht. Narrenbote<br />

24 (2000), 56f.<br />

Der [vierzigste] 40. Geburtstag oder doch 39+1? In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 32 (2002).<br />

Villinger Burgerlied. http://www.suedkurier.de/news/dossiers/fastnacht2009/lieder/art475671,2423324,0. Internet,<br />

21.6.2009.<br />

The Virtual Gramophone. Canadian Historical Sound Recordings.<br />

http://www.collectionscanada.ca/gramophone/index-e.html. Internet, 15.7.2006.<br />

Vivell, Coelestin: Verwendung der Glocken und Schellen im Mittelalter 1825 . In: Gregorianische Rundschau.<br />

Monatsschrift für Kirchenmusik und Liturgie 9 (1910), Nr. 12, 169-171.<br />

Vollmer, Franz X.: Joseph Ignaz Peter. In: Lebensbilder aus Baden-Württemberg 18 (1994), 224-249.<br />

Vollmer. Architektur in Miniatur. http://www.vollmer-kit.de/. Internet, 9.2.2007.<br />

Vom Frauendreißiger und der Kräuterweihe. Am 15. August Mariä Himmelfahrt. In: Chiemgau-Blätter. Unterhaltungsbeilage<br />

zum Traunsteiner Tagblatt 33 (2004).<br />

http://www.traunsteiner-tagblatt.de/includes/mehr_chiemg.php?id=369. Internet, 14.7.2006.<br />

Vom Minnesang zur Popakademie. Musikkultur in Baden-Württemberg. Hg. vom Badischen Landesmuseum<br />

Karlsruhe. Katalog zur Großen Landesausstellung 16.4.-12.9.2010. Karlsruhe 2010.<br />

Vor [fünfundsiebzig] 75 Jahren wurde die Geldbeutelwäsche „wiedergeboren“. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 27<br />

(1997).<br />

Vor [vierzig] 40 Jahren „Neuauflage“ der Nußschalenhansel. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 30 (2000).<br />

7.2.20. Quellen W<br />

Wackernagel, Karl Eduard Philipp: Das deutsche Kirchenlied. Von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und<br />

Ambrosius Blaurer. Stuttgart 1841 1826 .<br />

Wager, Wulf: Musik und Tanz in der Fasnacht. In: Zur Geschichte der organisierten Fastnacht, 177-192.<br />

Wager, Wulf: Vom Hirtenbub zum Stadtkapellmeister. Josef Schultis (1873-1957). In: Musik in Baden-<br />

Württemberg 3 (1996), 143-152.<br />

Wagner, Peter M.: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>. In: Schwabo vom 22.7.1983.<br />

Wahrig, Gerhard: Deutsches Wörterbuch. Mit einem „Lexikon der deutschen Sprachlehre“. Gütersloh, Berlin<br />

1977.<br />

Wahrig-Burfeind, Renate: Wahrig Fremdwörterlexikon. 5., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage.<br />

CD-ROM. Gütersloh, München 5 2004.<br />

Walter, Johann: Wittembergisch deudsch geistlich Gesangbüchlein mit 4 u. 5 Stimmen durch Johan Walthern<br />

auffs new mit Vleis corrigirt u. mit vielen schönen Liedern gebessert u. gemehret [Stimmen]. Wittemberg<br />

1551 1827 .<br />

Walter, Johann: Wohlauf, mit lauter Stimm. In: ars musica IV, 144f.<br />

Wanner, Paul: Mein Lebensbericht. Bearbeitet von Rudolf Kieß. Stuttgart 1990.<br />

Warnecke, Friedrich: <strong>Die</strong> deutschen Bücherzeichen (Ex-libris) von ihrem Ursprunge bis zur Gegenwart. Berlin,<br />

Stargardt 1890.<br />

Wasserzieher, Ernst: Woher? Ableitendes Wörterbuch der deutschen Sprache. Überarbeitet von Werner Betz.<br />

Bonn 17 1966.<br />

Weber, Josef: <strong>Die</strong> Elzacher <strong>Fasnet</strong> und ihre Narrengestalten. In: Forschen und Bewahren. Das Elztäler Heimatmuseum<br />

Waldkirch. Kultur- und landesgeschichtliche Beiträge zum Elztal und zum Breisgau. Hg. von<br />

Heinrich Lehmann und Willi Thoma. Waldkirch 1983, 225-244.<br />

Weber, Josef: [Zweihundertfünfzig] 250 Jahre Taganrufen. Neuentdeckte Quellenbelege zur Elzacher <strong>Fasnet</strong>. In:<br />

s’Eige zeige 15 (2001), 21-26.<br />

Wehmeyer, Grete: Erik Satie. Reinbek bei Hamburg 1998.<br />

1825 Der Aufsatz konnte nicht eingesehen werden. Er wird erwähnt auf der <strong>Netz</strong>seite des Deutschen Glockenmuseums:<br />

http://www.glockenmuseum.de/Information/Page10237/dgm-x_1.html (nicht mehr im <strong>Netz</strong>; 13.1.2011).<br />

1826 Digitalisat auf der <strong>Netz</strong>seite http://books.google.de/ (05.07.2007).<br />

1827 Standort: Bayerische Staatsbibliothek München, Standnummer Mi Walt 1551 RISM 1551-07.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 277<br />

Weichenstellung für eine neue Vorstadt. Einweihung am 15./16. Mai 1993. Hg. von der Stadt Wolfach. Wolfach<br />

1993.<br />

Weitzmann, Carl Borromäus: Gesammelte Werke. Faksimiledruck der Ausgabe Ludwigsburg 1829 mit Ergänzungen<br />

aus den Ausgaben von 1803 und 1853. Hg. von der Stadt Munderkingen. Ulm 1992.<br />

Wendeler, Camillus / Bolte, Johannes: Bildergedichte des 17. Jahrhunderts. In: Zeitschrift des Vereins für<br />

Volkskunde. Begründet von Karl Weinhold. Hg. von Johannes Bolte. Jg. 15 (1905). (Digitalisat:<br />

http://www.archive.org/details/zeitschriftdesv05gergoog. Internet, 20.3.2011), 27-45.<br />

Wenn die Narren Trauer tragen. Fastnacht, Fasching, Karneval und der Golfkrieg. Ostfildern 1991.<br />

Wernet, Otto: Waldkircher Narren-Lieder und –Sprüche. In: <strong>Fasnet</strong> in Waldkirch. Hg. von der Narrenzunft<br />

„Krakeelia“ Waldkirch e.V. 1865. Waldkirch 1989, 121-135.<br />

Wickram, Georg [Jörg]: Ein schöne und liebliche History / von dem edlen und theüren Ritter Galmien / und von<br />

seiner züchtigen liebe / So er zu einer Hertzogin getragen hat / welche er in eines Münches gestalt / von dem<br />

feür / und schendtlichen todt erlößt hat / zû letst zû eim gewaltigen Hertzogen in Britanien erwölt / mit<br />

schönen figuren angezeygt. Ritter Galmy uß Schottenland. <strong>Netz</strong>ausgabe von Ulrich Harsch nach Wickram,<br />

Georg: Sämtliche Werke. Hg. von Hans-Gert Roloff. Bd. 1: Ritter Galmy. Berlin 1967.<br />

http://www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/16Jh/Wickram/wic_gal0.html. Internet,<br />

5.8.2011 1828 .<br />

Wiedling, Lieselotte: Zwei alte badische Fastnachtsrufe und ihr musikalischer Umkreis. In: Jahrbuch für Volksliedforschung<br />

16 (1971), 81-90.<br />

Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. In: Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, 578.472-<br />

579.309.<br />

Wieland, Christoph Martin: Der Sieg der Natur über die Schwärmerei oder <strong>Die</strong> Abenteuer des Don Sylvio von<br />

Rosalva. Eine Geschichte worin alles Wunderbare natürlich zugeht. In: Deutsche Literatur von Luther bis<br />

Tucholsky, 579.939-580.557.<br />

Wiesinger, Alfons: Narrenschmaus und Fastenspeise im schwäbisch-alemannischen Brauch. Konstanz 1980.<br />

Wilde Masken. Ein anderer Blick auf die Fasnacht. Begleitband zu einer Ausstellung im Haspelturm des<br />

Tübinger Schlosses. Tübingen 1989.<br />

Wingen, Thomas: <strong>Die</strong> Trommeln von Calanda. Fernsehfilm, produziert von der Avalon Film und TV-<br />

Produktion. Köln 1990.<br />

Wintermantel, Heinz: Hoorig, hoorig isch die Katz. Masken und Narren der schwäbisch-alemannischen<br />

Fasnacht. Stuttgart 1978; 2 1989.<br />

Wöhrle, Albert: Ewald Fritsch. Ein „Baumeister“ der Freien Narrenzunft Wolfach. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle<br />

14 (1984).<br />

Wöhrle, Albert: Wolfach hat einen neuen Narrevadder. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 22 (1992).<br />

Wöhrle, Karl: Aus der Geschichte der höheren Knabenschule in Biberach an der Riß. Biberach / Riß 1953.<br />

Wolf, Alois: Literarhistorische Aspekte der mittelalterlichen Tagelieddichtung. In: Tagelieder des deutschen<br />

Mittelalters, 11-81.<br />

Wolfach. Oberwolfach. Ortsplan. Hg. von der Tourist-Info Wolfach/Oberwolfach in Zusammenarbeit mit dem<br />

Verwaltungsverlag GmbH, München. München 2005.<br />

Wolfach. So war es früher. Hg. von Edgar Baur. Wolfach, Hausach 1984.<br />

Wolfach trauert um ein Original der Stadt. In: Schwabo vom 2.1.2001. [Josef Krausbeck]<br />

Wolfach zeigt sich in neuem Glanz. Stadtsanierung Hauptstraße, Vorstadtstraße, Bergstraße. Hg. von der Stadt<br />

Wolfach. Wolfach 2001.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> Biermösels. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 34 (2004).<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>s-Lieder. Hg. von der Freien Narrenzunft Wolfach. Wolfach 1955.<br />

<strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>s-Lieder. Hg. von der Freien Narrenzunft Wolfach. Wolfach 1960.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Fastnachtsspiele einst und heute. In: ANK 19 (1968-02-24), Nr. 8, 21-23.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle. Wolfach 1971ff.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Narrenzittung. Abendbeilage des „Schwarzwälder Boten“ 1958. In: Schwabo vom 13.2.1958.<br />

<strong>Wolfacher</strong> Schnurrgruppen aus unserer Guten Alten Zeit. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 7 (1977).<br />

Wolff, Christoph: Johann Sebastian Bach. Aktualisierte Neuausgabe. Frankfurt / Main 2005.<br />

Wörterbuch der elsässischen Mundarten. Bearbeitet von Ernst Martin und Hans Lienhart. 2 Bände. Straßburg<br />

1899-1907. [Nachdruck Berlin/New York 1974]. <strong>Netz</strong>ausgabe. http://germazope.unitrier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/ewb/wbgui?lemid=EA00001.<br />

Internet, 21.2.2007.<br />

Wuttke, <strong>Die</strong>ter: Versuch einer Physiognomie der Gattung Fastnachtspiel. In: Fastnachtspiele des 15. und 16.<br />

Jahrhunderts, 441-462.<br />

7.2.21. Quellen X / Y / Z<br />

Yacine, Kateb: Le Polygone étoilé. [?] 1966.<br />

1828 Von Wickrams Roman gibt es auch eine Mikrofiche-Ausgabe, München 1991. Standort BLB Karlsruhe.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 278<br />

Zahn, Theodor: Cyprian von Antiochien und die deutsche Faustsage 1829 . Erlangen 1882. (Digitalisat:<br />

http://www.archive.org/details/cyprianvonantio01zahngoog. Internet, 4.8.2011.)<br />

Zedler, Johann Heinrich [Verleger] 1830 : Grosses Vollständiges Univeral Lexicon Aller Wissenschafften und<br />

Künste. 64 Bd. Halle, Leipzig 1733-1754. <strong>Netz</strong>ausgabe. http://www.zedler-lexikon.de. Internet, 13.7.2006.<br />

Zeidler, Jakob: Aus dem Schul- und Theaterleben von Ottenbeuren. In: Diöcesan-Archiv von Schwaben 18<br />

(1900), 128-137.<br />

Zoozmann, Richard: Der Zitatenschatz der Weltliteratur. Bearbeitet von <strong>Die</strong>ter Lemke. Köln 2005.<br />

Zur Geschichte der Biberacher Musikschule. http://www.biberach-riss.de/content/lang1/int_451.658.1_0.html.<br />

Internet, 1.8.2006.<br />

Zur Geschichte der organisierten Fastnacht. Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Vöhrenbach<br />

1999.<br />

Zur Geschichte der Schiltacher Nachtwächter.<br />

http://www.schiltach.de/ceasy/modules/cms/usage.main.php5?cPageId=442. Internet, 07.06.2007.<br />

[Zwanzig] 20 Jahre Chaos-Combo. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 35 (2005).<br />

[Zwanzig] 20 Jahre <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 20 (1990).<br />

Zwei <strong>Die</strong>nst-Jubilare im kl. Narrenrat: Albert Wöhrle, Werner Lorenz. In: <strong>Wolfacher</strong> Narrenblättle 20 (1990).<br />

[Zweihundert] 200 Jahre Stadtkapelle Wolfach 1808-2008. Hg. von der Stadtkapelle Wolfach. Wolfach 2008.<br />

7.3. Verzeichnis der Notenbeispiele<br />

Notenbeispiel 1: Der <strong>Wolfacher</strong> Wohlauf ............................................................................................................. 61<br />

Notenbeispiel 2: Strukturformel des Wohlaufs ..................................................................................................... 67<br />

Notenbeispiel 3: Melodia hymnorum von Ambrosius von Mailand (339-397) .................................................... 68<br />

Notenbeispiel 4: Straßburger Parodie eines Wächterliedes ................................................................................... 69<br />

Notenbeispiel 5: „Wolauff mit lauter stimm thůt vns der wechter singen“, 1535 ................................................. 71<br />

Notenbeispiel 6: Choralsatz „Wohlauf mit lauter Stimm“ von Johann Walter ..................................................... 71<br />

Notenbeispiel 7: Das Wohlaufmotiv in J. S. Bachs Bassarie BWV 20 / 8, Takt 21f. ........................................... 71<br />

Notenbeispiel 8: La Casquette De Bugeaud (1843?) .......................................................................................... 120<br />

Notenbeispiel 9: As-tu vu la casquette? .............................................................................................................. 120<br />

Notenbeispiel 10: Das Bach’sche Fanfarenthema und der Michelesmarsch ....................................................... 120<br />

Notenbeispiel 11: Elzacher <strong>Fasnet</strong>fanfare (transkribiert von Roland Kury) ....................................................... 120<br />

Notenbeispiel 12: Erik Saties „Danse cuirassée“ (1913) .................................................................................... 120<br />

Notenbeispiel 13: Der Beginn von Johann Rosenmüllers Sonata Quarta à 3 für zwei Violinen, Viola da gamba<br />

und Basso Continuo .................................................................................................................................... 121<br />

Notenbeispiel 14: Donaueschinger Narrenmarsch (1840) .................................................................................. 130<br />

Notenbeispiel 15: Der Hans ................................................................................................................................ 135<br />

Notenbeispiel 16: Das Kaffeetantenlied (1954) .................................................................................................. 136<br />

Notenbeispiel 17: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>lied ............................................................................................................. 137<br />

Notenbeispiel 18: Das Flohlied (transkribiert von Josef Krausbeck) .................................................................. 142<br />

Notenbeispiel 19: Vergleich zwischen Bredelins Weibermühlenmelodie und J. S. Bachs Violinkonzert BWV<br />

1042 ............................................................................................................................................................ 177<br />

Notenbeispiel 20: <strong>Die</strong> Melodie der „Weibermühle“ ........................................................................................... 205<br />

Notenbeispiel 21: Georg Anton Bredelins „<strong>Die</strong>s Iræ“ ........................................................................................ 238<br />

7.4. Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong>larven aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert ............................................................ 23<br />

Tabelle 2: Schnurr-Plan 1956................................................................................................................................ 99<br />

Tabelle 3: Der Aufbau des Michelesmarsches .................................................................................................... 115<br />

Tabelle 4: Varianten des Michelesmarsches, Motiv 1 ........................................................................................ 116<br />

Tabelle 5: Varianten des Michelesmarsches, Motiv 2a ....................................................................................... 116<br />

Tabelle 6: Varianten des Michelesmarsches, Motive 2b-c .................................................................................. 116<br />

Tabelle 7: Varianten des Michelesmarsches, Motive 3a-c .................................................................................. 117<br />

Tabelle 8: Teilvarianten des Michelesmarsches, Motive 3a-c ............................................................................ 117<br />

Tabelle 9: Schulbesuch der Brüder Bredelin in Obermarchtal ............................................................................ 153<br />

Tabelle 10: Rollenverteilung der „Prose“ in Bredelins „Das Ziel und End des Menschen“ ............................... 156<br />

Tabelle 11: Rollenverteilung in Bredelins Singspiel „Das Ziel und End des Menschen“ ................................... 157<br />

Tabelle 12: Einnahmen des Magisters an Geldmitteln in Biberach / Riß ab 1790 .............................................. 162<br />

Tabelle 13: Einnahmen des Magisters an Naturalien in Biberach / Riß ab 1790 ................................................ 163<br />

1829 Vgl. Magie und Magier im Mittelalter, 385.<br />

1830 Zedlers Universal-Lexicon ist mit Abstand das größte Lexikon des 18. Jahrhunderts. Auf ca. 68.000 <strong>Seite</strong>n in 68 Foliobänden sind etwa<br />

288.000 Einträge verzeichnet. Es wurde in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekt der Bayerischen<br />

Staatsbibliothek München zwischen den Jahren 1999 und 2001 digitalisiert und inhaltlich erschlossen.


Schrader: <strong>Die</strong> <strong>Wolfacher</strong> <strong>Fasnet</strong> und ihre Gestalten <strong>Seite</strong> 279<br />

Tabelle 14: Abstimmungsverhalten am 12.9.1802 über die Aufführung der „Schöpfung“ ................................ 166<br />

Tabelle 15: <strong>Die</strong> Herkunft der Mitwirkenden an Haydns „Schöpfung“ in Biberach / Riß ................................... 169<br />

Tabelle 16: <strong>Die</strong> Besetzungsstärke der einzelnen Stimmen in Haydns „Schöpfung“ ........................................... 170<br />

Tabelle 17: Aufbau und Rollenverteilung von Bredelins „Weibermühle“ .......................................................... 178<br />

7.5. Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: <strong>Die</strong> erste schriftliche Erwähnung der Mehlwurmhansel auf dem Festspielplakat von 1885 ........... 52<br />

Abbildung 2: <strong>Die</strong> älteste bildliche Darstellung der Mehlwurmhansel von 1885 .................................................. 53<br />

Abbildung 3: Der „Endkrist“ in Sebastian Brants „Narrenschiff“ ........................................................................ 76<br />

Abbildung 4: <strong>Die</strong> erste erhaltene „<strong>Wolfacher</strong> Fasching-Zeitung“ von 1878 ...................................................... 113

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