Spiel und Spaß rund um die Wildbadquelle - TGE-Akademie
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mitgehen #7 | August 2010<br />
Aus der Provinz Deutschland <strong>und</strong> Österreich<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Was halten Sie vom Qualitätsmanagement<br />
(QM)? „Was für eine Frage?“<br />
werden Sie mir antworten, „Das<br />
machen doch mittlerweile alle, das<br />
ist allgemein anerkannter Standard,<br />
<strong>und</strong> sind wir nicht auch gesetzlich<br />
dazu verpflichtet? Und im Übrigen:<br />
Wer könnte denn gegen eine Verbesserung<br />
unserer Qualität sein?“<br />
QM ist in der Tat allgegenwärtig:<br />
Ka<strong>um</strong> eine unserer Institutionen, <strong>die</strong><br />
kein QM hätte oder nicht z<strong>um</strong>indest<br />
an dessen Aufbau arbeitete.<br />
Viele sind schon zertifiziert, <strong>die</strong><br />
übrigen streben <strong>die</strong>s an. Und sinnvoll<br />
erscheint es ja allemal, unsere<br />
Arbeitsabläufe zu überprüfen <strong>und</strong> zu<br />
vereinheitlichen. Es läuft dann vieles<br />
glatter, Fehler <strong>und</strong> Missverständnisse,<br />
unwirtschaftlicher Aufwand von<br />
Personal <strong>und</strong> Sachmitteln werden<br />
vermieden, unsere „K<strong>und</strong>en“, <strong>die</strong> Kooperationspartner<br />
<strong>und</strong> wir selbst sind<br />
so zufriedener. Ist also alles gut beim<br />
QM? Nicht ganz: Das QM bezieht<br />
seine Logik aus naturwissenschaftlich-technischenSteuerungsprozessen<br />
<strong>und</strong> wurde zuerst in den vierziger<br />
Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts im<br />
Bereich der produzierenden Industrie<br />
angewandt. Ziele waren zunächst,<br />
Fehler in der industriellen Produktion<br />
zu vermeiden, später <strong>die</strong> wirtschaftlichere<br />
Arbeitsweise in solchen<br />
Bereichen. Mit der Standardisierung<br />
von Abläufen <strong>und</strong> der Orientierung<br />
an dem kybernetischen Mehrschritt<br />
von: „Plan-Do-Check-Act“ lassen<br />
sich tatsächlich solche Prozesse<br />
erfolgreich optimieren.<br />
Mit zunehmender Ausbreitung des<br />
QM in soziale, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />
Erziehungseinrichtungen wurden<br />
seine Grenzen deutlich: Menschliche<br />
Dienstleistungen sind oft nur z<strong>um</strong><br />
Teil – oder mit großem Aufwand<br />
– standardisierbar. Überregulierung<br />
wirkt sich eher hinderlich (auf<br />
Phantasie, Initiative, außergewöhnlichen<br />
Einsatz von Mitarbeitern...) als<br />
hilfreich aus.<br />
Ein ursprünglich ökonomischer Qualitätsbegriff<br />
bedarf angesichts der<br />
Arbeit mit kranken, scheiternden, auf<br />
Umwegen befindlichen Menschen<br />
unbedingt der Ergänzung durch<br />
einen philosophisch-anthropologischen<br />
<strong>und</strong> letztlich christlichen: Die<br />
Individualität uns anvertrauter Menschen<br />
entzieht sich immer wieder<br />
unseren Bemühungen <strong>um</strong> Standardisierung<br />
<strong>und</strong> Normierung; sie bedarf<br />
viel mehr einer Gr<strong>und</strong>haltung der<br />
akzeptierenden Beziehungsbereitschaft.<br />
Alle Menschen brauchen (von<br />
uns) Ra<strong>um</strong> <strong>und</strong> Zeit für Beziehungen,<br />
Respekt <strong>und</strong> Aufmerksamkeit. Führte<br />
QM zu einer Einschränkung <strong>die</strong>ser<br />
Zeit, wäre ein Weniger an wirklicher<br />
Qualität <strong>die</strong> Folge.<br />
QM ist für <strong>die</strong> Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter in unseren Einrichtungen<br />
mit einem hohen Aufwand an Zeit<br />
<strong>und</strong> Energie verb<strong>und</strong>en; <strong>die</strong>se Zeit<br />
fehlt für <strong>die</strong> Arbeit mit unseren Bewohnerinnen,<br />
Schülern <strong>und</strong> Patienten.<br />
Der Einsatz der Mitarbeiter, aber<br />
auch <strong>die</strong> Berater, Schulungen, EDV-<br />
Ausrüstungen, <strong>die</strong> das QM mit sich<br />
bringt, sind für unsere Unternehmen<br />
ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.<br />
Welchen direkten Nutzen<br />
das QM für unsere Arbeit hat, wird<br />
ka<strong>um</strong> untersucht.<br />
Wir werden weiterhin QM betreiben!<br />
Lassen Sie uns dabei aber immer im<br />
Blick haben, <strong>um</strong> welche Qualität es<br />
uns geht. Wir wollen mit Augenmaß<br />
den Aufwand, den wir betreiben<br />
gegen den Nutzen abwägen. Wir<br />
wollen uns im Zweifel immer für<br />
unsere hauptsächliche Aufgabe <strong>und</strong><br />
gegen noch ein Projekt entscheiden.<br />
Und wir wollen nicht vergessen, dass<br />
wir alle schon vor QM unsere Arbeit<br />
immer wieder kritisch überprüft <strong>und</strong><br />
vor den Standards am Vorbild des<br />
kompetenten <strong>und</strong> erfahrenen Kollegen<br />
<strong>und</strong> Vorgesetzten gelernt haben.<br />
Herzlich<br />
Ihr<br />
Dr. Jörg Breitmaier<br />
Mitherausgeber