Dr. Georg Schreiber 2009 Medien- preis
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Text: Martin Anetzberger, Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian<br />
Mehr<br />
Respekt,<br />
bitte<br />
Junge Mütter haben es doppelt schwer. Sie müssen<br />
sich um ihre Kinder kümmern und hören ständig,<br />
sie seien dafür nicht reif genug.<br />
Rebecca hält ihre Tochter Hannah an der Hand,<br />
während sie mit ihr durch das Fotostudio geht. „Gefällt<br />
es dir hier?“, fragt sie. Die Kleine nickt. Sie weiß<br />
nicht, dass sie schon einmal mit ihrer Mutter in einem<br />
Fotostudio war. Damals, zwei Jahre zuvor, war<br />
Rebecca erst 18 Jahre alt und mit Hannah im neunten<br />
Monat schwanger.<br />
Jetzt will Rebecca festhalten, wie beide sich seither<br />
entwickelt haben. Die blonde Hannah fühlt sich<br />
schnell wohl und turnt auf der Lehne des Sessels herum.<br />
Eine Sekunde später flitzt sie mit ihrem Stoffpferd<br />
durch das Fotostudio. Rebecca schaut ihr gelassen<br />
zu.<br />
Junge Mütter wie Rebecca werden seltener in<br />
Deutschland. Im Jahr 2000 kamen noch rund<br />
29 000 Kinder zur Welt, deren Mütter jünger als 20<br />
waren. Heute sind es etwa 6 000 weniger.<br />
Ein <strong>Dr</strong>ittel der jungen Schwangeren treibt ab. Die,<br />
die ihr Kind bekommen, haben nicht selten mit<br />
Vorurteilen zu kämpfen.<br />
Angeblich wollen sie nur Stütze<br />
vom Staat, haben keine Lust, eine<br />
Ausbildung zu machen und hausen<br />
in verdreckten Einzimmerwohnungen<br />
– überfordert und asozial.<br />
„Es gibt viele ernsthafte und verantwortungsvolle Mädchen“, sagt dagegen<br />
Beraterin Hermine Baumann von Pro Familia. Sie spricht von Frauen<br />
wie Rebecca, Carmen und Nicole. Carmen kommt aus der Nähe von Hagen.<br />
Sie bekam ihr erstes Kind mit 19. Obwohl es ungeplant war, wollte<br />
sie nicht abtreiben. „Das wäre irgendwie Mord gewesen“, sagt sie. Mit 20<br />
wurde sie wieder schwanger – diesmal absichtlich: „Ich wollte immer zwei<br />
Kinder, die vom Alter her nicht so weit auseinander sind“, sagt Carmen.<br />
Die Ausbildung war schon abgeschlossen. Während sie davon erzählt,<br />
klappt ihre zweijährige Tochter die Schranktür auf und zu. Die Kleinen<br />
spielen Verstecken im Wohnzimmer. Carmen sagt ganz ruhig: „Katja, deine<br />
Schwester ist nicht im Schrank.“<br />
Nicole lebt im ostfriesischen Leer. Sie war 18, als sie schwanger wurde. Von<br />
Anfang an stand für sie fest, dass sie ihr Kind behalten will. „Ich bin stolz<br />
darauf, eine junge Mutter zu sein“, sagt Nicole. „Auch Teenager haben das<br />
Zeug dazu.“ Sie lebt heute mit der vier Monate alten Marie-Johanna in ihrer<br />
eigenen Wohnung. Wenn Nicole davon erzählt, schwingt auch ein bisschen<br />
Stolz mit.