zitat - DVDFilmspiegel
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Menschengeschichten – schön und hässlich<br />
Filme des Regisseurs Andreas Dresen<br />
Vor Jahren titelte eine der auflagenstärksten<br />
Berliner Tageszeitungen:<br />
„Die Mauer ist weg<br />
– der Graben wird tiefer!“ Und<br />
tatsächlich: Auch bald zwei Jahrzehnte<br />
nach Öffnung der Grenzen<br />
zwischen Ost und West trifft<br />
das böse Wort. Dabei mühen sich<br />
doch alle um Besserung, ob in<br />
Politik, Wirtschaft oder Kunst.<br />
Auch der deutsche Film mogelt<br />
sich um das Thema nicht herum,<br />
hat sich erstaunlich schnell<br />
mit der DDR und ihren Folgen<br />
befasst. Allerdings wird dabei<br />
die Herkunft der siebten Kunst<br />
überaus augenfällig: der Rummelplatz.<br />
Das Leichte, das leicht<br />
zu Konsumierende überwiegt.<br />
Ernst zu Nehmendes findet sich<br />
kaum zwischen Albernem, wie<br />
den zwei „Go Trabi Go!“-Klamotten<br />
(1991/92), und pseudoengagiertem<br />
Kitsch, den bisherigen<br />
Tiefpunkt markiert „Das Leben<br />
der Anderen“ (2006).<br />
Eine Ausnahmestellung in<br />
der einheimischen Filmlandschaft<br />
nimmt da das Werk von<br />
Andreas Dresen ein. Einen vordergründigenDDR-Auseinandersetzungsfilm<br />
hat er nicht<br />
vorgelegt. Aber mehrere Filme,<br />
die das mit der eingangs zitierten<br />
Schlagzeile benannte neu-deutsche<br />
Lebensgefühl so genau wie<br />
tiefgründig reflektieren. Das bereits<br />
mit seinem 1992 uraufgeführten<br />
ersten abendfüllenden<br />
Spielfilm, dessen Geschichte<br />
der aus einer Theaterfamilie<br />
stammende Regisseur und seine<br />
später mehrfache Drehbuchautorin<br />
Laila Stieler, Tochter einer<br />
Filmfamilie, im Theater-Milieu<br />
angesiedelt haben: „Stilles Land“;<br />
jetzt in der verdienstvollen Reihe<br />
„Debütfilme“ der Filmgalerie<br />
451 erstmals auf DVD zu haben.<br />
Menschen, die in der „alten“ BRD<br />
aufgewachsen sind und die darüber<br />
lamentieren, dass sie „die von<br />
drüben einfach nicht verstehen“,<br />
sollten sich diesen Film unbedingt<br />
ansehen. Er macht einiges<br />
verständlich.<br />
„Stilles Land“ führt in die ostdeutsche<br />
Provinz, die so trist ist<br />
wie jede Provinz, auch in Hessen<br />
oder Bayern. Es ist Herbst 1989.<br />
Die Leute am Theater von Anklam,<br />
damals zum DDR-Bezirk<br />
Neubrandenburg, heute zum<br />
Bundesland Mecklenburg-Vorpommern<br />
gehörend, verstehen<br />
sich als kreativer Trupp jenseits<br />
aller Konvention. Doch das ist nur<br />
selbst gebastelte Illusion. Die Nebel,<br />
die auf dem flachen Land im<br />
Norden lasten, sind das beredte<br />
stumme Bild der alltäglichen<br />
Resignation des Künstlerhau-<br />
fens. Von Aufbruch keine Spur.<br />
Ein neuer junger Regisseur versucht,<br />
dagegen anzugehen, hofft<br />
auf den sprichwörtlichen neuen<br />
Wind mit seiner Inszenierung<br />
von „Warten auf Godot“, dem<br />
vielleicht berühmtesten Endzeit-<br />
Stück der Theatergeschichte.<br />
Die Arbeit wird zum Spiegel des<br />
Zeitgeschehens. Als dann auch<br />
noch ein schnieker Typ aus dem<br />
Westen auftaucht, wird das Spiel<br />
auf der Bühne zur Generalprobe<br />
für den Ernstfall Leben. Leben in<br />
einer Welt, die offenbar aus den<br />
Fugen geraten ist.<br />
Keine Larmoyanz einerseits,<br />
kein platter Witz andererseits –<br />
das fällt als erstes auf an diesem<br />
leisen Porträt von Menschen, die<br />
sich in den Wirren der Zeit verlieren.<br />
Mit kleinen Details zeigt der<br />
Film, was damals wohl für die<br />
Mehrheit der in der DDR sozia-