Das Chaos Computer Buch - Monoskop
Das Chaos Computer Buch - Monoskop
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<strong>Das</strong> <strong>Chaos</strong> <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
Eine genaue Analyse ergab, daß ein Fehler in der ausgefeilten<br />
Abhebemechanik vorlag, die ich ersonnen hatte, um mich nicht völlig<br />
ins Gesetzesabseits des illegalen Modemeinsatzes zu begeben. Mein<br />
kleiner Roboterarm, der die Telefongabel niederdrücken sollte, wenn<br />
der Rechner es ihm befahl, hatte offenbar nicht genügend Kraft, um<br />
das Telefon sicher aufzulegen. Eine kleine technische Änderung wurde<br />
vorgenommen, und er funktionierte zufriedenstellend.<br />
Nach Beseitigung der Störung kam der erste Anruf. Gespannt<br />
verfolgte ich die Schritte, die der Anrufer in der Box unternahm.<br />
Offensichtlich war er schon an Mailboxen gewöhnt, die nach dem<br />
MCS-System arbeiteten, denn er hatte kaum Probleme, sich<br />
zurechtzufinden. Selbst die Abweichungen, die ich mir erlaubt hatte,<br />
um die schwindende Befehlslogik des Programms aufrechtzuerhalten,<br />
machten ihm nichts aus. Nach etlichen Minuten verabschiedete er sich<br />
mit dem Kommentar: «Hier steht ja noch gar nichts drin... »<br />
Mir wurde klar, daß es nicht ausreicht, einen Rechner übrig zu<br />
haben und darauf ein halbwegs funktionierendes Mailboxprogramm<br />
laufen zu lassen. Man muß sich auch darum kümmern, was in der<br />
Mailbox passiert.<br />
Ich überlegte mir also, was ich denn in meiner Box anders machen<br />
wollte als die anderen Betreiber. Leider erlaubte mir das<br />
Grundkonzept des von mir verwendeten Programms nicht, die mir<br />
vorschwebenden Änderungen durchzuführen. Hinzu kam, daß die Art,<br />
wie das Programm erstellt worden war, nicht gerade dazu animierte,<br />
eigene Änderungen und Verbesserungen durchzuführen. Noch heute<br />
sträuben sich mir die Haare, wenn ich auf ein Programm stoße, das mit<br />
dem Aufruf eines Unterprogramms beginnt, ohne daß dessen<br />
Notwendigkeit ersichtlich wird.<br />
Ich begann also, mich nach anderen Programmen umzusehen, und<br />
prüfte ihre Vor- und Nachteile.<br />
Aus dem Sammelsurium der verschiedenen Programme entstand<br />
schließlich mein erstes selbstgeschriebenes Mailboxprogramm, das<br />
meiner Meinung nach die Vorteile der verschiedensten<br />
Mailboxkonzepte vereinigte, ohne ihre Nachteile zu haben. Die<br />
Benutzer waren zunächst anderer Meinung, so gravierend waren die<br />
Abweichungen in der Bedienung von dem, was in der Mailboxszene<br />
als Standard galt.<br />
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<strong>Das</strong> <strong>Chaos</strong> <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />
Einige dieser Abweichungen waren technisch bedingt, da ich nicht<br />
einsehen konnte, warum ich wertvollen Speicherplatz für Suchroutinen<br />
verschwenden sollte; konnte sich doch jeder Benutzer die Position<br />
seiner Daten selbst merken und diese dem System beim Anruf trennen.<br />
Auch wollte ich dem Benutzer mehr bieten als einen stupiden<br />
Befehl, der ohne Berücksichtigung der Nutzerinteressen die<br />
vorhandenen Nachrichten in einem Stück abspulte. Also hatte mein<br />
Programm bereits eine Brettstruktur, die es gestattete, beliebigen<br />
Einfluß auf die Ausgabe der Texte zu nehmen. Im Laufe der Zeit<br />
wurde das neue System schließlich akzeptiert, und es gab sogar etliche<br />
andere Mailboxen, die das Programm übernahmen. Für mich wurde es<br />
langsam Zeit, mal wieder etwas Neues zu machen.<br />
Ein Jahr nachdem CLINCH ans Netz gegangen war, hatte sich die<br />
<strong>Computer</strong>welt gründlich verändert. IBM-Personal-<strong>Computer</strong> waren<br />
zum Industriestandard geworden und fanden, dank sinkender Preise<br />
und qualitativ hochwertiger Nachbauten aus Fernost, auch Verbreitung<br />
bei Privatleuten. Der erste PC kostete mich noch knapp 8ooo DM,<br />
rund dreimal soviel, wie ich bisher in <strong>Computer</strong> überhaupt investiert<br />
hatte. Dafür gelangte ich endlich in den Besitz eines Geräts, dem von<br />
der Post die Absolution in Gestalt der Zulassung für<br />
Datenfernübertragung erteilt worden war. Wenige Tage nach dem<br />
Erwerb des Geräts lagen meine Anträge für Fernsprechmodems und<br />
einen Datex-Hauptanschluß an die Post im Briefkasten. Die<br />
Beschreibung des postmodernen Melodramas, das der Antragstellung<br />
folgte, bis schließlich ein halbes Jahr später alle Anträge ausgeführt<br />
waren, möchte ich mir an dieser Stelle ersparen.<br />
War es mir beim ZX8o und beim Commodore 64 noch möglich,<br />
viel Zeit zu investieren, um auch intimste Details dieser Maschinen zu<br />
erforschen, so ging dies beim PC nicht mehr, schließlich hatte ich ja<br />
nicht diese Riesensumme aufgebracht, um ein oder zwei Stunden am<br />
Tag durch das Labyrinth eines neuen Betriebssystems zu wandern. Der<br />
<strong>Computer</strong> sollte den C64 als Mailbox ersetzen und neue<br />
Möglichkeiten für das neue Medium erschließen. Ich brach also<br />
meinen Schwur, nie wieder ein nicht von mir selbst geschriebenes<br />
Mailboxprogramm zu verwenden, besorgte mir die nötige Software,<br />
baute<br />
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