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Das Chaos Computer Buch - Monoskop

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<strong>Das</strong> <strong>Chaos</strong> <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

Trojanische Pferde,<br />

Viren, Logische Bomben<br />

Krieg der<br />

<strong>Computer</strong>programme<br />

von Matthias Lehnhardt<br />

Nicht nur die Boulevardblätter, denen man bekanntlich nicht allzu viel<br />

Sachverstand bei anspruchsvolleren <strong>Computer</strong>themen nachsagen kann,<br />

sondern auch die Fachpresse erging sich in Horrorvisionen einer<br />

zusammenbrechenden <strong>Computer</strong>gesellschaft. «Hacker» und < Rote<br />

Armee Fraktion» wurden in einem Atemzug genannt.<br />

Gewiss können die <strong>Computer</strong>programme, die als Virus oder Trojanisches<br />

Pferd bezeichnet werden, Schäden anrichten, Schäden, die<br />

nicht einmal der Schreiber eines Virusprogramms überschauen kann.<br />

Riesige Datenbestände können gelöscht oder, weit schlimmer, systematisch<br />

verfälscht werden. Einerseits.<br />

Viren könnten aber auch als Expertensysteme diskutiert werden - sie<br />

können Positives leisten und Routinearbeiten wesentlich erleichtern.<br />

Die unbestreitbare Stärke eines Virus ist seine Selbständigkeit. Ein<br />

«Kompressions-Dekompressions-Virus» zum Beispiel könnte alle<br />

Dateien beim Sichern «schrumpfen», sie verdichten, damit sie weniger<br />

Speicherplatz beanspruchen. Wird die Datei aufgerufen, wird sie automatisch<br />

wieder dekomprimiert. Wer diese Prozedur immer «per<br />

Hand» macht, wäre über den «Schrumpf-Virus» hocherfreut. Auto-<br />

Seite 66<br />

<strong>Das</strong> <strong>Chaos</strong> <strong>Computer</strong> <strong>Buch</strong><br />

matisch, im Hintergrund, prüft dieser Helfer eigene, fremde oder per<br />

Leitung übermittelte Dateien und bearbeitet sie speicherfreundlich.<br />

<strong>Computer</strong>viren sind also auch nur Programme, von Menschen geschrieben<br />

und eingesetzt, ob nun zu hilfreichen oder destruktiven<br />

Zwecken. Indes neigen die Medien dazu, dem staunenden Publikum<br />

kühle Schauder des Entsetzens über den Rücken laufen zu lassen, gewürzt<br />

mit einer Prise Schadenfreude: Die ach so perfekte <strong>Computer</strong>technologie<br />

zeigt sich anfällig. Der «häufig wechselnde Diskettenverkehr<br />

mit unbekannten Partnern» schädigt sie. <strong>Das</strong> Wort «<strong>Computer</strong>-<br />

Aids» machte die Runde. Ein selten dummer Vergleich.<br />

Was war passiert? Prof. Fred Cohen, der heute als Vater der <strong>Computer</strong>viren<br />

gilt, veröffentlichte im August 1984 seine Untersuchung<br />

«<strong>Computer</strong> Viruses, Theory and Experiments». Dabei stützte er sich<br />

auf die Arbeit des amerikanischen Mathematikers Baily, «Mathematical<br />

Theory of Epidemics» aus den Soer Jahren sowie auf die Arbeiten<br />

von Gunn, ((Use of Virus Functions to Provide a Virtual APL Interpreter<br />

Under User Control» (1974), und Shoch, «The Programs<br />

-Early Experience with a distributed Computation>> (1982).<br />

Bundesdeutsche Hacker entdeckten die Viren 1985. Die Bayrische<br />

Hockerpost (4 / 85) veröffentlichte die erste deutsche Übersetzung des<br />

Artikels von Cohen und wurde dafür heftig gescholten. Eine Fachzeitschrift<br />

für Kommunikations- und EDV-Sicherheit nannte die<br />

Veröffentlichung unverantwortlich. Kriminelle könnten angeregt<br />

werden. Für die eigenen Berichte reklamierten sie<br />

Verantwortungsbewusstsein, zumal der «scharf umrissene Leserkreis»<br />

einen Anspruch darauf habe, «die Tricks der Gegenseite zu kennen,<br />

um angemessene Sicherheits-Entscheidungen treffen zu können».<br />

Anders sahen das die Hacker. Sie beanspruchten ein Recht auf Information<br />

und Aufklärung für alle <strong>Computer</strong>benutzer, insbesondere<br />

für die eigene Szene. Auf dem <strong>Chaos</strong> Communication Congress I985><br />

des <strong>Chaos</strong> <strong>Computer</strong> Clubs wurde in Kooperation mit den Bayern von<br />

der Hockerpost die Virenproblematik diskutiert und auf einem<br />

nachfolgenden Virenforum vertieft. Zum CCC-Kongreß im Dezember<br />

1986 waren die ersten Testviren einsatzbereit, zum Beispiel das<br />

Programm VIRDEM.COM.<br />

Die mutmaßlich erste Virusinfektion in einem Großrechner wurde<br />

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