11.05.2012 Aufrufe

pk20010828 medikamente im Internet

pk20010828 medikamente im Internet

pk20010828 medikamente im Internet

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Pressekonferenz am 28. August 2001<br />

Abenteuer Cyberapotheke -<br />

Medikamente <strong>im</strong> <strong>Internet</strong><br />

Das Online-Angebot der <strong>Internet</strong>-Apotheken <strong>im</strong> Test der<br />

AK-Konsumentenschützer<br />

„<strong>Internet</strong>-Apotheken können Ihre Gesundheit und Ihr Geldbörsl<br />

gefährden.“ Zu diesem Schluss kommen die AK-<br />

Konsumentenschützer, nachdem sie Cyberapotheken genau unter<br />

die Lupe genommen haben. Die Bestellung bei Apotheken <strong>im</strong><br />

<strong>Internet</strong> ist eine Lotterie: Die Arzneien sind meistens teurer, Infos<br />

über Nebenwirkungen fehlen, deutschsprachige Beipacktexte<br />

sucht man vergebens, das volle Risiko trägt der Konsument. „Wir<br />

können den Konsumenten derzeit nur raten: Hände weg vom Kauf<br />

von rezeptpflichtigen Medikamenten <strong>im</strong> <strong>Internet</strong>“, sagt AK-<br />

Konsumentenschützer Harald Glatz.<br />

Eine Chance könnte das <strong>Internet</strong> für frei verkäufliche Arzne<strong>im</strong>ittel<br />

bieten. Aber: Das Angebot ist sehr gering und die Arzneien sind<br />

häufig teurer als in der Apotheke.<br />

„Mit wirklichen strengen Sicherheits-Standards könnten <strong>Internet</strong>-<br />

Apotheken den Konsumenten aber auch Vorteile bringen“, sagt<br />

Glatz. Der Kauf ist bequem, wenn es mehr Wettbewerb gibt, sollte<br />

er auch preiswerter sein. Die AK-Konsumentenschützer fordern<br />

daher einen EU-weit geltenden Kriterienkatalog, der<br />

verbraucherfreundliche Standards für <strong>Internet</strong>apotheken vorgibt:<br />

+ <strong>Internet</strong>apotheken müssen von Pharmazeuten geführt werden<br />

und eine qualifizierte Online- und Telefonberatung durch<br />

Pharmazeuten anbieten.<br />

+ Rezeptpflichtige Arzneien dürfen nur gegen Originalrezept<br />

geliefert werden.<br />

+ Das Sort<strong>im</strong>ent sollte jenem öffentlicher Apotheken gleich sein.<br />

+ Produktgerechte Lagerung und Lieferung muss sicher gestellt<br />

sein.<br />

+ Eine unabhängige Kontrollstelle soll <strong>Internet</strong>apotheken<br />

zertifizieren und die Einhaltung der vorgegebenen Kriterien<br />

regelmäßig überprüfen.<br />

Es informieren Sie:<br />

Harald Glatz, Leiter der AK-Abteilung Konsumentenschutz<br />

Petra Lehner, Abteilung Konsumentenschutz


Rezeptpflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel<br />

Das Angebot besteht fast ausschließlich aus so genannten „Lifestyle-<br />

Medikamenten“ – Mittel zur Gewichtsreduktion, gegen Depressionen,<br />

zur Raucherentwöhnung, Mittel gegen Herpes, Viagra.<br />

Insgesamt haben die AK-Konsumentenschützer 21-mal Arzne<strong>im</strong>ittel<br />

von 16 verschiedenen Anbietern bestellt.<br />

Zwei Bestellungen wurden vom Versender nicht angenommen, weil<br />

nach Österreich (aus den USA) nicht versendet wird. Von den<br />

restlichen 19 Bestellungen kamen sieben erst gar nicht an, abgebucht<br />

wurde aber trotzdem. Bei vier wurde der bezahlte Betrag nicht<br />

zurückgebucht. Jede zweite Reklamation bei Nichtlieferung verschwand<br />

<strong>im</strong> weltweiten Datennirvana – Geld weg, Ware weg!<br />

„Geisteranbieter“ – mit wem habe ich es eigentlich zu tun?<br />

+ Bei jedem zweiten Anbieter erfährt der Besteller nicht, mit wem er es<br />

zu tun hat.<br />

+ In jedem vierten Fall ist die einzige Information über den Anbieter eine<br />

E-Mail-Adresse.<br />

+ In zwei weiteren Fällen gibt es zur E-Mail-Adresse nur noch eine<br />

Telefonnummer.<br />

+ Drei Mal ist die Adresse nur ein Postfach, das sich oft als „totes Ende“<br />

entpuppt, weil nicht zu eruieren ist, wer dahinter steckt.<br />

Eine erfolgreiche Intervention bei Nicht- oder Falschlieferung bzw. bei<br />

Abrechnungsfehlern ist in all diesen Fällen vom guten Willen des<br />

Anbieters abhängig. Zur Durchsetzung von Konsumentenrechten ist<br />

aber eine exakte Postadresse notwendig.<br />

Geschäftsbedingungen sind selten<br />

Die Bestellungen <strong>im</strong> <strong>Internet</strong> sind meist nicht benutzerfreundlich:<br />

wichtige Informationen (Gesamtpreis, Lieferinformationen) müssen sich<br />

die Konsumenten erst mühsam zusammensuchen – wenn sie<br />

überhaupt fündig werden.<br />

+ Mehr als die Hälfte der Anbieter hält keine Geschäftsbedingungen<br />

bereit.<br />

+ Informationen über die Rücktrittsmöglichkeit (sieben Werktage nach<br />

Erhalt einer <strong>im</strong> <strong>Internet</strong> bestellten Ware) fehlen <strong>im</strong>mer. Meistens ist der<br />

Rücktritt sogar ausdrücklich ausgeschlossen.<br />

+ Bei jeder dritten Bestellung wurde keine E-Mail-Bestätigung<br />

zugesendet.<br />

+ Alle Anbieter schließen Haftungen für Schäden durch die<br />

Medikamenteneinnahme ausdrücklich aus. Wird kein Rezept verlangt,<br />

fällt die sonst geltende Arzthaftung weg.<br />

Seite 2 / 6


Keine Infos über Wirkungen und Nebenwirkungen<br />

Die Beschreibung der Produkte ist für Laien in den meisten Fällen nicht<br />

ausreichend. Die Produkte werden übermäßig beworben – in manchen<br />

Fällen finden sich sogar dezidierte Falschaussagen.<br />

Nebenwirkungen werden oft verschwiegen oder heruntergespielt.<br />

Deutsche Beipacktexte fehlen in allen Fällen.<br />

1.170 Schilling für eine „Online-Untersuchung“<br />

Bei jeder zweiten Bestellung wurde eine „Online-Untersuchung“<br />

vorgenommen – Kunden müssen einen Fragebogen ausfüllen. Fragen<br />

zu bisherigen Krankheiten, sonstigen Medikamenteneinnahmen und<br />

persönliche Daten (Alter, Gewicht, Größe) sollen einen seriösen<br />

Eindruck vermitteln.<br />

Die Mehrkosten dieser „Online-Untersuchung“ können bis zu 1.170<br />

Schilling ausmachen, sie können eine Untersuchung durch den Arzt<br />

aber nicht ersetzen.<br />

Oft werden wichtige Fragen nicht gestellt oder sie können vom<br />

medizinischen Laien nicht beantwortet werden.<br />

In einem konkreten Fall waren die Voraussetzungen zur Verschreibung<br />

für das Gewichtsreduktionsmedikament Xenical nicht gegeben –<br />

verschrieben und geliefert wurde es trotzdem.<br />

Zuerst Geld, dann (vielleicht) Ware<br />

Zwei Drittel der Anbieter akzeptieren nur Kreditkartenzahlung.<br />

Durchwegs wurde das Kreditkartenkonto schon am Tag nach der<br />

Bestellung belastet. Kein Anbieter liefert gegen Rechnung, zwei bieten<br />

die Zahlungsart „per Nachnahme“. Bei zwei Anbietern ist nur eine teure<br />

Auslandsüberweisung möglich. Nur ein Anbieter ermöglicht die<br />

Bezahlung durch Überweisung auf ein Konto in Österreich.<br />

Zu wenig Datensicherheit<br />

Auf Datenschutzvorkehrungen wird generell kaum geachtet.<br />

Kreditkarten- und Gesundheitsdaten wurden unverschlüsselt übers<br />

<strong>Internet</strong> verschickt. Bei jeder dritten Bestellung ist damit zu rechnen,<br />

dass der Konsument mit Werbung belästigt wird.<br />

Nur die Hälfte originalverpackt<br />

Nur die Hälfte der Produkte war originalverpackt (englisch, italienisch<br />

oder niederländisch beschriftet).<br />

Der Rest wurde entweder nur als Blister, in etikettierten Plastikdosen<br />

oder einfach <strong>im</strong> Plastiksackerl versandt. Ein deutscher Beipacktext war<br />

in keiner Sendung enthalten. Nur jede vierte Sendung enthielt<br />

zumindest eine kurze Gebrauchsanleitung in deutsch.<br />

Seite 3 / 6


Teurer als in österreichischen Apotheken<br />

Die Gesamtkosten für eine <strong>Internet</strong>bestellung setzen sich aus<br />

Produktpreis, Versandkosten und sonstigen Kosten („Online-<br />

Untersuchung, Spesen für Auslandsüberweisungen) zusammen.<br />

Bei jeder dritten Bestellung werden die Gesamtkosten nicht<br />

ausdrücklich angegeben. Ein Preisvergleich zwischen mehreren<br />

Anbietern ist dadurch unmöglich.<br />

In den meisten Fällen sind die tatsächlichen Kosten höher als die bei<br />

Bestellung angegebenen.<br />

Cyber<strong>medikamente</strong> sind überwiegend teurer als ein Einkauf in der<br />

Apotheke – teils sind die Mehrkosten beträchtlich. Das Antidepressivum<br />

Prozac kostet in Österreich 704 Schilling, der billigste Netzanbieter<br />

verlangt 1.546 Schilling, der teuerste 3.320 Schilling.<br />

Nur ein Anbieter (Doc Morris) ist merklich billiger (rund 30 Prozent), ein<br />

weiterer ist etwa gleich teuer.<br />

Jedes zweite bestellte Produkt ist mindestens doppelt so teuer wie in<br />

der österreichischen Apotheke.<br />

Frei verkäufliche Medikamente<br />

Die AK hat auch nicht rezeptpflichtige Medikamente bestellt und die<br />

Preise verglichen.<br />

Bei diesen so genannten OTC-Produkten (Over the counter) – Aspirin,<br />

Imodium, Zovirax - spielt die Beratung durch Apotheken weniger Rolle.<br />

Sie sind überwiegend vom Konsumenten selbst zu zahlen. Hier könnte<br />

man davon ausgehen, dass das <strong>Internet</strong> günstigere Angebote liefert.<br />

Tatsächlich ist das aber nicht der Fall.<br />

Im <strong>Internet</strong> werden OTC-Produkte kaum angeboten. Die AK-<br />

Konsumentenschützer haben nur vier Anbieter gefunden. Die großen<br />

amerikanischen Anbieter liefern nicht nach Österreich.<br />

EU-Apotheken, die sich <strong>im</strong> Netz darstellen, halten sich an das<br />

Versandhandelsverbot von Medikamenten, das nur in den Niederlanden<br />

und Großbritannien nicht gilt, und bieten daher nur<br />

Nahrungsergänzungen zum Kauf an.<br />

Seiten, die frei verkäufliche Produkte anbieten, bieten darüber hinaus<br />

auch ein sehr eingeschränktes OTC-Sort<strong>im</strong>ent. Aufgrund des dürftigen<br />

Angebots wurde daher der Preisvergleich mit Preisen aus der Schweiz,<br />

USA, Spanien und Deutschland ergänzt, der je nach Produkt<br />

unterschiedliche Ergebnisse liefert.<br />

Preise<br />

Ein Vergleich der Preise ohne Versandkosten zeigt, dass nur die<br />

Schweiz teurer als Österreich war.<br />

Mit Berücksichtigung der Versandkosten liegt Österreich an dritter<br />

Stelle – zwei Anbieter sind geringfügig billiger, zwei erheblich teurer.<br />

Bei zwei Produkten ist der österreichische Apothekenverkaufspreis<br />

selbst nach Berücksichtigung der Versandkosten am höchsten.<br />

Seite 4 / 6


Obwohl die niederländische <strong>Internet</strong>apotheke Doc Morris keine<br />

Versandspesen verrechnet und daher als günstig gilt, ist dieser<br />

<strong>Internet</strong>anbieter nicht <strong>im</strong>mer billiger als die österreichische Apotheke.<br />

Zwei von neun Produkten sind in Österreich billiger. Bei vier von neun<br />

Produkten hat Doc Morris aber das günstigste Angebot unter allen<br />

Anbietern. Auch eine zweite <strong>Internet</strong>apotheke (EG-Medikamente) hat<br />

durch die niedrigen Versandkosten von 35 Schilling interessante Preise.<br />

Dieser Anbieter ist neben Doc Morris auch jener, der bei<br />

rezeptpflichtigen Medikamenten die Übersendung eines Rezepts<br />

verlangt.<br />

Tipps der AK-Konsumentenschützer<br />

+ Derzeit ist von einem Kauf rezeptpflichtiger Medikamente <strong>im</strong> <strong>Internet</strong><br />

abzuraten. Es ist weder billiger noch bequemer und birgt viele Risiken.<br />

+ Bei vielen rezeptpflichtigen Arzneien übern<strong>im</strong>mt die Krankenkasse die<br />

Kosten. Der „normale“ Weg ist daher billiger als jener übers <strong>Internet</strong>.<br />

+ Bei rezeptpflichtigen Arzne<strong>im</strong>itteln sollte die Verschreibung durch<br />

einen Arzt mit vorangehender Untersuchung selbstverständlich sein.<br />

Bei umgangener Rezeptpflicht besteht keine Haftung.<br />

+ Wenn nicht erkennbar ist, mit wem man es zu tun hat – Hände weg.<br />

+ Erst die allgemeinen Geschäftsbedingungen lesen und dann<br />

entscheiden, ob man bestellt. Man sollte die Geschäftsbedingungen<br />

jedenfalls auch ausdrucken.<br />

+ Kreditkartendaten und sensible Gesundheitsdaten nicht<br />

unverschlüsselt versenden.<br />

+ Kreditkartenabrechnungen <strong>im</strong>mer kontrollieren.<br />

+ Sind die Informationen zu einem Arzne<strong>im</strong>ittel nur positiv – Finger weg.<br />

+ Besondere Vorsicht bei Krankheiten mit hohem Leidensdruck wie<br />

Krebs, aber auch Übergewicht: Hier tummeln sich <strong>im</strong> <strong>Internet</strong><br />

besonders viele Geschäftemacher und auch „Abzocker“.<br />

+ Sind die zugeschickten Arzneien nicht originalverpackt – nicht<br />

einnehmen.<br />

+ Vor jeder <strong>Internet</strong>bestellung, aber besonders bei Bestellung von OTC-<br />

Produkten sollten genaue Preisvergleiche angestellt werden, die auch<br />

Versandkosten und Preise in Österreich mit einschließen.<br />

So erkennen Kunden unseriöse Anbieter<br />

+ Fehlende Identität des Verkäufers<br />

Auf der Website fehlt das Impressum. Der Anbieter läßt sich weder<br />

namentlich noch postalisch identifizieren. Auch der Quellencode <strong>im</strong><br />

Netz liefert keine Informationen über die Firma.<br />

Seite 5 / 6


+ Anbieter verlangt kein Rezept<br />

Der Anbieter verlangt für rezeptpflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel kein<br />

Originalrezept oder läßt ersatzweise ein Onlineformular ausfüllen<br />

+ Allgemeine Geschäftsbedingungen fehlen<br />

Der Anbieter hält keine allgemeinen Geschäftsbedingungen bereit bzw.<br />

diese sind nur nachteilig, weil dem Besteller alle Risiken übertragen und<br />

seine Rechte verschwiegen werden.<br />

+ Keine klare Preisinformation<br />

Klare Informationen über den Gesamtpreis der Bestellung sowie eine<br />

einzelne Auflistung von Produkt- und Nebenkosten fehlen.<br />

+ Allzu positive Produktbeschreibungen<br />

Die Wirkung der Produkte wird übermäßig positiv beschrieben. Neben-<br />

und Wechselwirkungen werden nicht angegeben oder heruntergespielt.<br />

Die Mittel werden als Allheilmittel, Superdroge, Intelligenzbeschleuniger<br />

angepriesen. Auch Aussagen wie z.B. „Tausende Amerikaner haben<br />

mit diesem Produkt ...“ oder Dankesschreiben von „geheilten“ Kunden<br />

sind ein Hinweis auf unseriöse Anbieter.<br />

+ Kein sicherer Datentransfer<br />

Der Anbieter stellt kein System zur sicheren Datenübertragung zur<br />

Verfügung. Sichere Seiten sind z.B. durch ein Schloßsymbol oder „SSL“<br />

in der Adressleiste erkennbar.<br />

+ Anbieter n<strong>im</strong>mt nur Kreditkarten<br />

Bei ausschließlicher Zahlungsoption Kreditkarte ist Vorsicht geboten.<br />

Der Anbieter sollte zumindest eine sichere Seite zur Übermittlung der<br />

Kreditkartendaten bereithalten und bekanntgeben, wann abgebucht und<br />

durch wen abgebucht wird.<br />

Seite 6 / 6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!