Der Kreistag - Landkreis Miltenberg
Der Kreistag - Landkreis Miltenberg
Der Kreistag - Landkreis Miltenberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
.10 | 40 JAHRE LANDKREIS MILTENBERG<br />
»<strong>Landkreis</strong>reform war nötig«<br />
Drei politische Urgesteine erinnern sich an die Diskussionen rund um die <strong>Landkreis</strong>reform 1972<br />
40 Jahre ist es her, dass der<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong> offiziell<br />
aus der Taufe gehoben wurde,<br />
doch bereits 1971 begannen<br />
die Diskussionen: Sollen die<br />
<strong>Landkreis</strong>e <strong>Miltenberg</strong> und<br />
Obernburg selbstständig bleiben?<br />
Wenn nicht, wo soll der<br />
Sitz des Landratsamts sein? Es<br />
ist nicht einfach, Kreispolitiker<br />
zu finden, die von den Anfangsjahren<br />
des <strong>Landkreis</strong>es<br />
erzählen können. Lokalpolitiker<br />
aus dem südlichen <strong>Landkreis</strong>,<br />
die zu jener Zeit das<br />
politische Geschehen entscheidend<br />
mitbestimmten wie<br />
Hans Reffel, Ludwig Büttner,<br />
Albrecht Wörner und Hermann<br />
Schwarz, leben nicht<br />
mehr. Glücklicherweise gibt es<br />
aber noch Politiker wie Alois<br />
Kirchgäßner (Erlenbach) und<br />
Ludwig Ritter (Mömlingen),<br />
beide <strong>Kreistag</strong>smitglieder der<br />
ersten Stunde. Aber auch Dr.<br />
Heinz Kaiser, der 1976 in den<br />
<strong>Kreistag</strong> nachrückte, hat noch<br />
viele Eindrücke aus jener Zeit.<br />
»Habe dafür gekämpft«<br />
Ludwig Ritter, der 1970 für die<br />
CSU in den Landtag eingezogen<br />
war, spricht davon, dass<br />
Innenminister Merk im Jahr<br />
1971 eine große Chance darin<br />
sah, eine Gebietsreform in<br />
Angriff zu nehmen. Für Ritter<br />
selbst gab es nie einen Zweifel<br />
daran, dass die <strong>Landkreis</strong>reform<br />
notwendig war. »Ich habe<br />
dafür gekämpft«, blickt er zurück,<br />
»auch wenn es zu Hause<br />
manchmal auf die Ohren gab.«<br />
Alois Kirchgäßner (CSU) hat<br />
sich ebenfalls für den neuen<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong> eingesetzt.<br />
»Die größeren <strong>Landkreis</strong>e<br />
sind finanziell besser<br />
gerüstet für die anstehenden<br />
Aufgaben«, hatte er damals<br />
beobachtet. Und Dr. Heinz<br />
Kaiser (SPD), der zu jener Zeit<br />
an der Universität Würzburg<br />
am Lehrstuhl für Geografie<br />
promovierte und 1976 in den<br />
<strong>Kreistag</strong> nachrückte, führt als<br />
ein Argument für die Reform<br />
an, dass auch die Fachleute in<br />
der Landesplanung in wissenschaftlichen<br />
Publikationen für<br />
eine Reform der <strong>Landkreis</strong>e<br />
plädiert hätten. »Die <strong>Landkreis</strong>reform<br />
war unumgänglich«,<br />
ist Kaiser überzeugt.<br />
Doch wie war die Stimmung<br />
in der Bevölkerung? Ludwig<br />
Alois Kirchgäßner, Ludwig Ritter, Heinz Kaiser<br />
Zum Thema »40 Jahre <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Miltenberg</strong>« äußern sich<br />
diese drei <strong>Landkreis</strong>politiker –<br />
zwei sind noch heute im<br />
<strong>Kreistag</strong> aktiv, einer ist im<br />
Ruhestand. Sie haben die<br />
Entstehung des <strong>Landkreis</strong>es<br />
entweder als damalige Mitglieder<br />
des <strong>Kreistag</strong>s miterlebt<br />
(Alois Kirchgäßner und Ludwig<br />
Ritter) oder sind kurz nach<br />
der Entstehung des neuen<br />
Gebildes zum <strong>Kreistag</strong> gestoßen<br />
(Dr. Heinz Kaiser).<br />
Alois Kirchgäßner (84, Erlenbach)<br />
war von 1966 bis 1972<br />
Kreisrat im <strong>Landkreis</strong> Obernburg,<br />
von 1972 bis 1984<br />
Kreisrat im <strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong>.<br />
Er war zudem von 1964<br />
Ritter dazu: »Die Menschen im<br />
Nordlandkreis waren für die<br />
Reform, aber der Kreissitz<br />
sollte im Norden des <strong>Landkreis</strong>es<br />
liegen.« Für ihn persönlich,<br />
so Ritter, wäre Erlenbach<br />
der ideale Standort für<br />
das neue Landratsamt gewesen<br />
–auch wenn das einen Neubau<br />
bedeutet hätte. Alois Kirchgäßner<br />
erinnert sich, dass die<br />
Reform »in der allgemeinen<br />
Bevölkerung kein großes Thema<br />
war.« Nur in den Gebietskörperschaften<br />
und in der Politik<br />
sei diskutiert worden. Und<br />
auch Dr. Heinz Kaiser kann<br />
sich nicht an größere Diskussionen<br />
der Bürger erinnern –<br />
lediglich in den Gebieten am<br />
Rand des neuen <strong>Landkreis</strong>es<br />
wie etwa im Südspessart. Bemühungen,<br />
im südlichen<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong> mit einem<br />
Volksbegehren die <strong>Landkreis</strong>reform<br />
doch noch zu verhindern,<br />
scheiterten –und so<br />
kam die <strong>Landkreis</strong>reform doch.<br />
<strong>Kreistag</strong> neu gewählt<br />
Das Gremium mit 60 Sitzen<br />
wurde neu gewählt und kam<br />
erstmals am 31. Juli 1972 im<br />
ehemaligen Sitzungssaal des<br />
<strong>Miltenberg</strong>er Landratsamts<br />
zusammen. Als Landrat wurde<br />
Karl Oberle vereidigt, sein<br />
Stellvertreter wurde Richard<br />
Galmbacher. Stellvertreter<br />
Oberles im Amt war Anton<br />
Vogel, damals noch Beamter<br />
im Landratsamt, später Bürgermeister<br />
von <strong>Miltenberg</strong>.<br />
Oberle (CSU) war damals der<br />
einzige Kandidat; die anderen<br />
Parteien hatten auf Gegenkandidaten<br />
verzichtet.<br />
<strong>Der</strong> neue <strong>Kreistag</strong> wuchs<br />
relativ schnell zusammen –<br />
vielleicht auch deshalb, weil<br />
die »großen« Entscheidungen,<br />
wie die Wahl des Kreissitzes<br />
(<strong>Miltenberg</strong>) und die des<br />
<strong>Landkreis</strong>namens (<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Miltenberg</strong>) von der Staatsregierung<br />
getroffen wurden und<br />
der <strong>Kreistag</strong> hierzu nur gehört<br />
wurde. »Die Parteien mussten<br />
sich zusammenraufen«, erinnert<br />
sich Heinz Kaiser –vor<br />
allem, als es um die Verteilung<br />
der Listenplätze ging. Aber<br />
auch dieses Problem habe man<br />
gut gelöst. Alois Kirchgäßner<br />
verweist in seinem Rückblick<br />
an das »ein oder andere<br />
Spannungsfeld« –etwa als es<br />
um die Investitionen in die<br />
Kreiskrankenhäuser in Erlenbach<br />
und <strong>Miltenberg</strong> ging.<br />
27. SEPTEMBER 2012<br />
Drei politische Urgesteine, die das Entstehen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Miltenberg</strong> in den Jahren vor und nach 1972 hautnah miterlebt haben: Dr. Heinz<br />
Kaiser (links), Alois Kirchgäßner (Mitte) und Ludwig Ritter. Alle sind sich in ihrer Einschätzung einig, dass die <strong>Landkreis</strong>reform unumgänglich<br />
war.<br />
bis 1988 Bürgermeister der<br />
Stadt Erlenbach.<br />
Ludwig Ritter (77, Mömlingen)<br />
war von 1966 bis 1972 Kreisrat<br />
im <strong>Landkreis</strong> Obernburg,<br />
seit 1972 bis heute ist er<br />
Mitglied des <strong>Kreistag</strong>s im<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong>. Von<br />
1970 bis 2003 vertrat der die<br />
Belange des <strong>Landkreis</strong>es im<br />
Landtag.<br />
Dr. Heinz Kaiser (71, Erlenbach)<br />
rückte 1976 für den<br />
verunglückten Kreisrat Hubert<br />
Bierbichler in den <strong>Kreistag</strong><br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Miltenberg</strong><br />
nach und ist hier bis heute<br />
tätig. Von 1978 bis 2008 war<br />
er Mitglied des Bayerischen<br />
Landtags.<br />
Wie der <strong>Kreistag</strong> wuchs<br />
auch der <strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong><br />
in den nächsten 40 Jahren zusammen.<br />
Dass sich im <strong>Kreistag</strong><br />
ein gutes Klima entwickelte,<br />
führen Ritter, Kirchgäßner und<br />
Kaiser auch auf die Person des<br />
Kreisrats und CSU-Fraktionsvorsitzenden<br />
Eduard Schmitt<br />
zurück, der mit seiner ausgleichenden<br />
Art auch überparteilich<br />
für gute Stimmung<br />
sorgte.<br />
»Eine Rivalität wie etwa die<br />
im <strong>Landkreis</strong> Main-Spessart<br />
zwischen Marktheidenfeld,<br />
Lohr, Gemünden und dem<br />
Kreissitz Karlstadt gibt es im<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Miltenberg</strong> nicht«,<br />
meint Dr. Heinz Kaiser auf die<br />
Frage nach der Einheit des<br />
<strong>Landkreis</strong>es <strong>Miltenberg</strong>. »Im<br />
<strong>Landkreis</strong> gibt es keine Grenzen«,<br />
findet auch Alois Kirchgäßner.<br />
Für Ludwig Ritter ist<br />
es keine Frage, dass das Zusammenwachsen<br />
gelungen ist.<br />
»Die Einzigen, die sich heute<br />
etwas zurückgesetzt fühlen,<br />
sind die Leute aus dem Südspessart«,<br />
schränkt Ritter ein,<br />
»aber das stimmt nicht.«<br />
Schließlich habe der <strong>Landkreis</strong><br />
schon viel für den Südspessart<br />
getan, sagt Ritter.