Impulsreferat von Prälat Dr. T. Schächtele - Evangelische ...
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PFAR FAR FARRAMT FAR AMT AMT, AMT HAUPTAMT AUPTAMT AUPTAMT, AUPTAMT EHRENAMT HRENAMT –<br />
EINBLICKE INBLICKE IN IN EINE EINE SCH SCHWIERIGE<br />
SCH WIERIGE DREIECKSBEZIEHUNG REIECKSBEZIEHUNG IM IM LICHT ICHT ICHTE ICHT DES AL ALLGEMEINEN<br />
AL<br />
GEMEINEN PRIESTERTUMS<br />
RIESTERTUMS<br />
IMPULSREFERAT MPULSREFERAT BEIM BEIM ZUKUNFTSKONGRESS<br />
UKUNFTSKONGRESS DER EVANGELISCHEN<br />
VANGELISCHEN LANDESKIRCHE ANDESKIRCHE IN IN BADEN ADEN<br />
GEMEINSAM<br />
EMEINSAM<br />
EMEINSAM. EMEINSAM GLAUBEN LAUBEN LAUBEN. LAUBEN GESTALTEN ESTALTEN AM SAMSTAG AMSTAG AMSTAG, AMSTAG DEN DEN 22. OKTOBER KTOBER 2011 IN IN KARL ARL ARLSRUHE ARL RUHE RUHE<br />
22.<br />
2011<br />
Hinführung<br />
Hinführung<br />
Die Kirche ist ohne Ehrenamtliche nicht zu denken. Sie übernehmen als Älteste oder Synodale<br />
Verantwortung in der Leitung. Sie dirigieren Kirchen- und Posaunenchöre. Sie leiten Jugendgruppen<br />
und Frauenkreise. Fast 500 <strong>von</strong> ihnen sind als Prädikantinnen und Prädikanten predigend<br />
unterwegs.<br />
In ihrem ehrenamtlichen Betrag sind sie unverzichtbar. Was unterscheidet sie dann aber <strong>von</strong><br />
denen, die, als Pfarrerin oder Pfarrer, als Gmeindediakon oder Gemeindediakonin, als Kantor<br />
oder Kantorin oder mit welchem Beruf auch immer, ihren Broterwerb in der Kirche finden? Nur<br />
das Gehalt? Oder gibt es noch andere Differenzierungen?<br />
Mein Beitrag hat zum Ziel, das Verhältnis <strong>von</strong> allgemeinem Priestertum und Ehrenamt zu klären.<br />
Und ich will dadurch helfen, ein Missverständnis aus der Welt zu schaffen. Das Missverständnis<br />
nämlich, dass Ehrenamtliche aufgrund des allgemeinen Priestertums in der Kirche<br />
aktiv sind; die Hauptamtlichen oder Beruflichen aber dazu gewissermaßen noch besondere<br />
Weihen haben und in besonderer Weise priesterlich aktiv sind.<br />
Ich will so vorgehen, dass ich zunächst kläre, was denn der Ausdruck allgemeines Priestertum<br />
mein. Danach will ich einige Grundpfeiler des Verständnisses des Ehrenamtes in der Kirche<br />
vorstellen, ehe ich dann mit ein paar Thesen zum Schluss komme.<br />
1 Was Was bedeutet bedeutet „allgemeine allgemeine allgemeines allgemeine Prieste Priestertum Prieste tum tum“? tum<br />
Die Rede vom allgemeinen Priestertum gehört in den Kernbestand der theologischen Beschreibung<br />
dessen, was der Protestantismus – oder unser Evangelischsein - will. Martin Luther<br />
schreibt in seiner Schrift „An den Adel christlichen Nation“ im Jahre 1520 folgendes:<br />
Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes und ist unter ihnen kein Unterschied denn der<br />
des Amts halben allein. Das macht, dass wir eine Taufe, ein Evangelium, einen Glauben haben<br />
und gleich(berechtigt) Christen sind. Denn die Taufe, das Evangelium und der Glaube, die machen<br />
allein geistlich und ein Christenvolk. Darum denn alles, was aus der Taufe gekrochen ist,<br />
das mag sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht sei. 1<br />
Die Rede <strong>von</strong> der priesterlichen Würde aller Getauften beschreibt aber nicht einfach schon die<br />
Wirklichkeit der evangelischen Kirche. Ihr kommt vielmehr die Rolle einer Leitperspektive zu,<br />
an der sich die evangelischen Kirchen auszurichten und immer neu kritisch zu prüfen haben.<br />
Als am 20. April 2005 die Bildzeitung mit der Schlagzeile aufgemacht hat: „Wir sind Papst!“,<br />
konnte ich eine gewisse Genugtuung nicht verbergen. Na also, sagte ich mir. Endlich hat es<br />
auch BILD kapiert! Dass wir alle Priester, Bischof und Papst sind - diesen Gedanken, den ich<br />
eben mit dem Zitat vorgestellt habe, findet sich bei Martin Luther häufiger. Dabei ist die Rede<br />
vom allgemeinen Priestertum nicht hilfreich. Sie lässt nämlich das Missverständnis zu, es könne<br />
neben dem allgemeinen Priestertum noch ein besonderes geben. Das ist die offizielle Posi-<br />
1 WA 6,407
tion der römsch-katholischen Kirche seit dem 2. Vatikanischen Konzil. 2 Die Inhaber des besonderen,<br />
höherwertigen Priestertums, das sind dann die geweihten Priester.<br />
Um hier mehr Klarheit zu haben, sollten wir stattdessen vom gemeinsamen Priestertum oder<br />
vom Priestertum der Getauften sprechen.<br />
Die zentrale Aufgabe eines Priesters ist es, den Kontakt zum Heiligen herzustellen, insbesondere<br />
dadurch, dass er Opfer darbringt. Während nach der Definition des doppelten – des allgemeinen<br />
und des besonderen - Priestertums die Gemeinde uneigentliche Opfer in Gestalt ihrer<br />
Mitwirkung in der Liturgie und in der <strong>von</strong> Taten der Nächstenliebe darbringt, ist es die Aufgabe<br />
des Priesters, in jeder Messfeier den Tod bzw. das Oper Christi zu wiederholen.<br />
Priester sind dann deshalb nötig, weil sie der Gemeinde die Sakramente austeilen und sie etwa<br />
in der Eucharistie oder in der Buße aus dem „Schatz der Verdienste Christi und der Heiligen“<br />
austeilen. Ohne Priester bleiben die Gläubigen ohne sakramentale Vergebung und ohne Eucharistie.<br />
Ohne Priester kann es darum die Kirche nicht geben.<br />
Diese Definition eines Priesters wird dem evangelischen Verständnis nicht gerecht. Das evangelische<br />
Verständnis geht stattdessen da<strong>von</strong> aus, dass jeder bzw. jede sich unmittelbar selber<br />
an Gott wenden kann. Priester sind so nicht nötig. Dazu kommt: Es gibt hinsichtlich des Zugangs<br />
zu Gott keine Voraussetzungen. Einzige Voraussetzung, so die Väter und Mütter der<br />
Reformation, ist die Taufe. Sie ist die Urweihe aller Christinnen und Christen. Diese sind durch<br />
die Taufe allesamt zu Priesterinnen und Priestern geweiht, wenn es denn das Vorrecht der<br />
Priesterinnen und Priester ist, mit Gott in unmittelbaren Kontakt zu kommen.<br />
Der Gedanke vom Priestertum aller Getauften entspricht im Grunde dem biblischen Befund. In<br />
ihrem Anfangsjahrhundert kennt die Kirche darum kein besonderes Priestertum. Diese Einsicht<br />
gerät in der Folgezeit in Vergessenheit bzw. sie ist theologisch und praktisch schon ab der<br />
Mitte des 2. Jahrhunderts nicht mehr wirksam. Die Sehnsucht nach priesterlichen, stellvertretend<br />
handelnden Personen hatte sich als stärker erwiesen als die Grundlagen der eigenen Religion.<br />
Die Reformation, insbesondere Martin Luther, erfüllte den Gedanken des Priestertums aller neu<br />
mit Leben, weil die katholischen Priester und Bischöfe ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen.<br />
Der Gedanken vom allgemeinen Priestertum, der ausdrücklich in Abwehr gegenüber der<br />
Vorstellung einer besonderen priesterlich-klerikalen Gruppe formuliert wurde, enthält deshalb<br />
immer auch Anteile des Protestes gegen die Herrschaft einer herausgehobenen kirchlichen<br />
Hierarchie.<br />
Übrigens: Die Rede vom Priestertum aller Getauften macht es für mich unmöglich, im Raum<br />
der evangelischen Kirche <strong>von</strong> Laien zu sprechen. Der Ausdruck Laie geht da<strong>von</strong> aus, dass es<br />
eine gegenüberstehende priesterliche Gruppe gibt. Wenn es ein Kennzeichen des Protestantismus<br />
ist, dass alle Priester sind, kann es folglich auch keine Laien geben.<br />
Die Erkenntnis, dass jeder Christ bzw. jede Christin kraft der Taufe auch predigen, lehren und<br />
die Sakramente spenden darf, führt der Reformation unerwartet gefährliche Gegner am eigenen<br />
„linken Flügel“ zu, die sogenannte Täuferbewegung. Sie verzichten auf jegliche kirchliche<br />
2 Neu sind in den Konzilsdekreten des Zweiten Vaticanum nicht die Ausführungen über das Amt de<br />
geweihten Priester, sondern diejenigen Aussagen, die auch dem Volk Gottes eine priesterliche<br />
Würde zuerkennen. Freilich bleibt die grundsätzliche Differenz zwischen den Gläubigen und den<br />
Priestern bestehen.<br />
2
Anbindung. Ihre Kennzeichen sind die Glaubenstaufe, hohe ethische Standards und die Predigt<br />
aufgrund einer „inneren Berufung“.<br />
Luther versucht, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Er löst die Frage der öffentlichen Verkündigung<br />
durch ein neues Ordinationsverständnis, das <strong>von</strong> Folgendem ausgeht: Im Grundsatz<br />
haben alle Getauften Anteil am allgemeinen Priestertum. Aber um der Ordnung willen sind zu<br />
bestimmten Aufgaben nur die rechtmäßig dazu Berufenen beauftragt und berechtigt. Ihnen<br />
kommt deshalb aber keine höhere geistliche Weihe zu. Im Originalton des Augsburger Bekenntnisses<br />
heißt es (Art. 14): Vom kirchlichen Amt wird gelehrt, dass niemand in der Kirche<br />
öffentlich lehren oder predigen oder die Sakramente reichen soll ohne ordnungsgemäße Berufung.<br />
Die Ordination bzw. die Beauftragung mit der Wortverkündigung und der Sakramentsspendung<br />
setzt also das gemeinsame Priestertum aller Getauften nicht außer Kraft. Sie regelt vielmehr,<br />
auf welche Weise die Versorgung der Menschen mit Gottesdiensten (Predigt und Sakramentsspendung)<br />
gewährleistet werden kann.<br />
Die Teilhabe an der Würde des allgemeinen Priestertums ist allen Getauften eigen. Sie macht<br />
also keine hilfreiche Aussage dazu, wie sich Ehrenamt und berufliche Tätigkeit unterscheiden.<br />
Was Was Was ist ist ist ein ein Ehrenamt?<br />
Ehrenamt?<br />
Die Rede vom Ehrenamt hat derzeit Hochkonjunktur. Es wird gerühmt, wenn man sicher seiner<br />
Vorzüge bedienen will. Es wird schmerzlich vermisst, wenn sich in den Reihen derer, die es<br />
ausüben, Lücken auftun. Es wird gefürchtet, wenn sich die Ehrenamtlichen mit ihrer Kompetenz<br />
- zu Recht oder zu Unrecht - als mögliche Konkurrenten beruflicher Zuständigkeit erweisen.<br />
Man spricht heute längst nicht mehr nur vom Ehrenamt. Man spricht vom bürgerschaftlichen<br />
Engagement; <strong>von</strong> Freiwilligendiensten. Manchmal spricht man auch <strong>von</strong> zivilem, <strong>von</strong> gesellschaftlichem<br />
oder gemeinwohlorientiertem Engagement. Nach der Definition eines aktuellen<br />
Nachschlagewerks ist ein Ehrenamt ein<br />
„öffentliches Amt, für dessen Erfüllung kein Entgelt, sondern nur Ersatz der Auslagen gewährt<br />
wird. Die Ehrenämter sind teils solche, die übernommen werden müssen, teils solche, die freiwillig<br />
übernommen werden. 3<br />
Ehrenämter der ersten Kategorie, also solche, die übernommen werden müssen wie etwa die<br />
Aufgabe, bei Wahlen mitzuhelfen, gibt es im Bereich der Kirche nicht. Folgende fünf Kenzeichen<br />
charakterisieren das Ehrenamt in der Kirche:<br />
1. Eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kirche geschieht grundsätzlich freiwillig. Sie unterliegt<br />
daher weitaus stärker der eigenen Wahlmöglichkeit als der berufliche Einsatz, der durch vertragliche<br />
Regelungen und durch Ausbildungsstandards bestimmt ist.<br />
2. Eine ehrenamtliche Tätigkeit geschieht unentgeldlich. Der Verzicht auf eine der erbrachten<br />
Leistung entsprechende Vergütung dient aber nicht der Entlastung der Haushalte. Vielmehr<br />
kommt auf diese Weise der persönliche, nicht erzwungene Charakter des Engagements zum<br />
Ausdruck. Dabei stehen Auslagenersatz, Unkostenerstattung für Material und Versicherungsschutz<br />
nicht im Gegensatz zum Verzicht auf Entlohnung.<br />
3 Meyers online-Lexikon als Internetquelle: http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehrenamt<br />
3
3. Ehrenamtliche Mitarbeit geschieht zwar Einsatz der vorhandenen Gaben und Begabungen,<br />
aber eben nicht-beruflich. Damit ist nicht die Frage der eingebrachten Kompetenzen angesprochen.<br />
Vielmehr wird dadurch auf die eigene Entscheidungsfreiheit, die emotionale Nähe<br />
zum gewählten Feld des Engagements sowie die Freiheit <strong>von</strong> den Rahmenbedingungen beruflicher<br />
Arbeit verwiesen.<br />
4. Ehrenamtliche Mitarbeit geschieht verbindlich. Auch wenn Ehrenamtliche im strengen Sinn<br />
nicht zu ihrer Tätigkeit verpflichtet werden können, muss für die Organisation, innerhalb derer<br />
man aktiv ist, in unserem Fall die Kirche, eine Grundverlässlichkeit gewährleistet sein. Diesem<br />
Anliegen dienen im Raum der Kirche die zunehmend üblichen Verpflichtungshandlungen am<br />
Beginn der Tätigkeit.<br />
5. Ehrenamtliche Mitarbeite geschieht in Ausübung einer spezifischen Verantwortung. Wer<br />
ehrenamtlich tätig ist, darf nicht als Lückenbüßer missbraucht werden. Er oder sie hat in Inanspruchnahme<br />
der eigenen priesterlichen Würde in spezifischer Weise Anteil an der Verantwortung<br />
für den besonderen Auftrag und das Image der Kirche.<br />
Thesen Thesen Thesen zur zur zur „<strong>Dr</strong>eiecksbeziehung „<strong>Dr</strong>eiecksbeziehung „<strong>Dr</strong>eiecksbeziehung Pfarramt, Pfarramt, Pfarramt, Hauptamt, Hauptamt, Hauptamt, EEhrenamt“<br />
EE<br />
renamt“ renamt“<br />
1. Die priesterliche Würde kommt allen Getauften zu. Auf diese können sich sowohl Ehrenamtliche<br />
als auch beruflich Tätige beziehen.<br />
2. Grundsätzlich können alle Getauften mit allen Aufgaben der Kirche beauftragt werden.<br />
Alle Aufgaben können im Grundsatz sowohl ehrenamtlich als beruflich ausgeübt werden. Die<br />
berufliche Übernahme bestimmter Aufgaben und Dienste setzt in der Regel in einer Ausbildung<br />
erworbene Kompetenzen voraus. Zudem wird die Übernahme dieser Aufgaben in einem<br />
umschrieben zeitlichen Rahmen sichergestellt.<br />
3. Der besondere Auftrag derer, die mit der Wortverkündigung beauftragt sind, beruht nicht<br />
auf einer „höheren“ Weihe. Er dient dem Ziel bestimmte Funktionen der Kirche sicherzustellen.<br />
Dafür nimmt er Menschen in besonderer Weise in die Pflicht.<br />
4. Wenn Menschen mit gemeinsamer priesterlicher Würde, aber unter unterschiedlichen<br />
Rahmenbedingen, nämlich ehrenamtlich oder beruflich in ähnlichen Bereichen tätig sind, gibt<br />
es Überschneidungen und Rivalitäten. Konflikte bleiben deshalb nicht aus. Diese Konflikte sind<br />
nicht <strong>von</strong> vornherein negativ, sofern sie wahrgenommen und bearbeitet werden. Dies setzt<br />
voraus, dass die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten <strong>von</strong> ehrenamtlich<br />
und beruflich Tätigen reflektiert und geklärt werden. Die jeweiligen Unterschiede gilt es zu<br />
respektieren.<br />
5. Ehrenamt und berufliche Tätigkeit sind einander nicht in der Weise zugeordnet, dass die<br />
eine Gruppe der anderen Hilfsdienste zu leisten hat. Die in der Kirche beruflich Tätigen sind<br />
nicht ausschließlich die Service-Abteilung einer grundsätzlich ehrenamtlich strukturierten<br />
Kirche. Die Ehrenamtlichen sind nicht nur die Zuarbeiter für die beruflich Tätigen ohne eigene<br />
Verantwortung. Die Zuordnung ist vielmehr komplementär zu verstehen. Das bedeutet, dass<br />
sich die beiden Gruppen in ihrer Besonderheit jeweils ergänzen und aufeinander angewiesen<br />
bleiben.<br />
<strong>Prälat</strong> <strong>Dr</strong>. Traugott <strong>Schächtele</strong> – Kurfürstenstraße 17 – 68723 Schwetzingen<br />
traugott.schaechtele@ekiba.de<br />
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