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06<br />
Fohlenhof in Wittorf Hilfe für<br />
Waisen auf vier Hufen<br />
Noch immer gibt es wenig Fachwissen und Medizin über Fohlenkrankheiten<br />
>>> Wen lässt es schon kalt, wenn ein Fohlen nach elf langen<br />
Monaten endlich auf den eigenen noch ziemlich staksigen Beinen<br />
steht? Pferdekinder bleiben bis zu sechs Monaten bei der Mutter.<br />
Die Kolostralmilch der Stute ist für sie lebenswichtig, um ihren<br />
Immunschutz aufzubauen. Neugeborene trinken von dieser Milch<br />
etwa alle 30 Minuten. Doch was tun, wenn die Stute die Geburt<br />
oder die ersten Stunden danach nicht überlebt? Aus tierärztlicher<br />
Sicht galt dies lange Zeit auch für das Fohlen als Todesurteil.<br />
Züchter hatten dann gleich einen doppelten Verlust zu tragen.<br />
„Manchmal ist der Tod der Mutter so schmerzhaft für die<br />
Kleinen, dass sie das Trinken völlig verweigern,“ weiß Karin Meyer<br />
Erich Voss mit „Pflegekind“<br />
vom Fohlenhof Voss. „Da hilft es mitunter, auf den natürlichen<br />
Futterneid zu setzen. Wir bringen das Kleine mit anderen zusammen,<br />
die trinken wie die Weltmeister.“ Zu den Problemen, die auftreten<br />
können, zählen vor allem die Infektionsanfälligkeit durch<br />
den erhöhten Stress und Schwierigkeiten mit den manchmal noch<br />
unausgereiften Lungen der Tiere. Gemeinsam mit dem Landwirt<br />
Erich Voss hat die ehemalige Vielseitigkeitsreiterin in Wittdorf<br />
einen Fohlennotdienst eingerichtet, der rund um die Uhr erreichbar<br />
ist. Hier werden die Kleinen von Profis behutsam aufgepäppelt. Zu<br />
Kräften kommen sie durch die Stutenersatzmilch, die Karin Meyer<br />
mit Wasser anmischen und in einer Spezialflasche verabreichen<br />
muss. Voraussetzung für ihre Arbeit ist neben einem Sachkundenachweis<br />
die Genehmigung vom Veterinäramt des Landkreises<br />
Lüneburg. Und es versteht sich von selbst, dass Hygieneauflagen<br />
strikt eingehalten werden müssen.<br />
Großen Wert legen Erich Voss und Karin Meyer auf die „Sozialisierung“<br />
ihrer Pferdekinder. Auf einer Fohlenweide oder in einer<br />
gemischten Herde müssen sich die Tiere ihre Position erst erarbeiten.<br />
Für alle Pferde gibt es täglichen Auslauf auf der Sommerweide<br />
und – sind die Fohlen erst etwas älter – Einzelboxen mit täglichem<br />
Auslauf in der Gruppe. Hengstfohlen werden auf Wunsch<br />
auf die Körung vorbereitet. Stutfohlen können im Herdenverband<br />
von Stutfohlen artgerecht aufwachsen. Wer möchte, kann sein<br />
Fohlen außerdem auf Fohlen- oder Zuchtschauen vorstellen lassen<br />
und darüber hinaus vermittelt der Fohlenhof „Ammenstuten“.<br />
Stieß die Idee eines „Fohlennotdienstes“ bei Züchtern, Tierärzten<br />
und Futtermittelherstellern auch zunächst eher auf ein<br />
breites Grinsen, so hängt heute bereits in jeder Deckstation des<br />
Hannoveraner Verbandes ein Plakat vom Fohlenhof Wittorf und<br />
seinem Service. Einfach ist die Aufzucht der vierbeinigen Waisenkinder<br />
dabei selbst dann nicht, wenn der Tierarzt ständig in Rufweite<br />
ist. „Noch immer gibt es wenig Fachwissen, kaum Literatur<br />
über Fohlenkrankheiten und nur wenig Fohlenmedikamente,“ bedauert<br />
Karin Meyer. „Fohlen haben eben keine Lobby.“ Auf dem Hof<br />
in Wittdorf werden seit 1998 über 30 Fohlen im Jahr betreut. „Die<br />
Schwankungen sind allerdings je nach Saison beträchtlich,“ berichtet<br />
Karin Meyer. Und reich werden will sie mit ihrer Arbeit auch<br />
nicht. Eine Rundumversorgung inklusive Futter, Boxenmiete,<br />
Betreuung bei Tag und bei Nacht, Pflege und Beschäftigung kostet<br />
nicht mehr als maximal 230 Euro im Monat. „Am schönsten ist es,<br />
zu sehen, wie sich ein Fohlen nach einem schwierigen Start in’s<br />
Leben dann doch ganz normal weiter entwickelt,“ sagt sie.<br />
>>> HILFE FÜR FOHLEN IN NOT Fohlennotdienst Hof-Voss<br />
Bardowickerstr. 6, 21357 Wittorf, Tel. 04133/7271<br />
www.fohlennotdienst.de<br />
Pferdemuseum in<br />
Verden Halten Sie sich<br />
fest - ein Ritt durch<br />
die Geschichte<br />
>>> Hilfe, ein Museumstag,“ hieß es früher, wenn es Bindfäden<br />
regnete und bei der Suche nach überdachten Ausflugszielen eben<br />
nur noch ein mehr oder weniger langweiliges Museum blieb. Heute<br />
ist das zum Glück ganz anders. Das Deutsche Pferdemuseum im<br />
niedersächsischen Verden ist bei jedem Wetter einen Ausflug wert.<br />
„Gaudemus Equis“ – wir haben Freude am Pferd, grüßt die historische<br />
Sandsteintafel und der Spruch ist Programm. Hier erfährt der<br />
Besucher alles über die Entwicklung der Pferde – vom Zeitalter der<br />
Dinos bis hin zur Gegenwart – und natürlich über die Geschichte<br />
des Reitsports sowie die Beziehung zwischen Pferden und<br />
Menschen. Eine ständige Ausstellung erstreckt sich auf einer<br />
Fläche von 1400 qm. Weitere 230 qm werden für Sonderschauen<br />
und Veranstaltungen genutzt. Doch mentales Trockenfutter ist im<br />
Pferdemuseum an der Aller verpönt. Im interaktiven Bereich können<br />
Besucher mithilfe einer Spiegeloptik die Welt mit Pferdeaugen<br />
betrachten. Ein mechanisches Reitgerät, verbunden mit einer<br />
Videoinstallation vermittelt lebensecht den Eindruck eines Ausritts<br />
über die Verdener Rennbahn. Last but not least umfasst die<br />
Bibliothek etwa 15.000 Bände an Pferdeliteratur. Im Museums-